Ernährung und Nahrungsergänzung
Jede Art von genussvoller Nahrungsaufnahme bedeutet Stressreduktion. Dann fährt unser Körper die Stresshormone Adrenalin und Cortisol nämlich herunter und die Antistress-Hormone herauf.
Der Wunsch ist weit verbreitet, und seine Erfüllbarkeit wird von der Werbung lautstark propagiert: Wir essen ein bestimmtes Nahrungsmittel oder trinken ein bestimmtes Getränk, und schon fällt sämtlicher Stress von uns ab. Würde es ein solches Nahrungsmittel oder Getränk tatsächlich geben, bräuchten wir die Stresskiller der anderen Kategorien nicht. Dann würden wir uns ab und zu einen Antistress-Riegel oder -Trunk gönnen – und könnten anschließend weiter durchs Leben hetzen wie bisher. Ohne Stress zu empfinden. Klingt unrealistisch? Ist es auch.
Durch erhöhte Ausschüttung von Antistress-Hormonen wird unser Körper auf Nahrungsaufnahme und Verdauung, auf Sexualität, Regeneration und Wachstum eingestellt – alles Prozesse, die in akuten Stresssituationen wenig Sinn machen, da sie den Kampf oder die Flucht nur behinderten. Deshalb ist es auch so kontraproduktiv, sich mitten in einer akuten Stressphase nebenbei und hektisch irgendetwas Ungesundes einzuverleiben.
Selbst für kleine Zwischenmahlzeiten lohnt es sich, kurz innezuhalten und sie bewusst zu genießen. Diese Erkenntnis müssen wir uns immer wieder vergegenwärtigen, damit sie nicht an der Oberfläche bleibt, sondern Teil unserer Lebensweise wird.
Darüber hinaus haben einige Lebensmittel und Nahrungsergänzungsstoffe tatsächlich die Eigenschaft, unser Stresssystem zusätzlich dämpfen zu können bzw. die negativen Folgen von Stress auf unseren Körper abzumildern. Vor Einnahme solcher Mittel kann es möglicherweise sinnvoll oder notwendig sein, Ihren Arzt zu konsultieren.
27 Nehmen Sie Vitamin D zu sich
Wann immer sich Ärzte und Ernährungsexperten zum Thema Nahrungsergänzungsmittel äußern, hört man sinngemäß folgende Aussage: »Wer sich gesund und abwechslungsreich ernährt, braucht keine Nahrungsergänzungsmittel und Vitaminpräparate zu sich zu nehmen.« Das gilt allerdings nicht für Vitamin D.
Wer viel Obst, Gemüse, Fisch, aber wenig Fleisch zu sich nimmt, wird in den allermeisten Fällen trotzdem einen nachweisbaren Vitamin-D-Mangel haben. Davon sind über zwei Drittel der Bevölkerung betroffen.
Um den Vitamin-D-Bedarf allein über die Nahrung zu decken, müsste man täglich entweder mehr als zehn Liter Milch trinken oder über ein Kilo Käse essen oder mindestens einen Seefisch verzehren. Klingt wenig realistisch, oder? Was können wir dennoch tun, um genügend Vitamin D zu bekommen? Bekanntlich wird es unter dem Einfluss von UV-Licht auch in unserer Haut produziert. Im Sommer reichen schon zehn Minuten pro Tag ungeschützt im direkten Sonnenlicht, um den Tagesbedarf zu erzeugen.
Und was ist mit Hautkrebs? Vor dem sollen wir uns doch mit hochfaktorigen Sonnencremes schützen. Leider kommt dabei die Vitamin-D-Produktion gleich mit zum Erliegen. Und was ist im Winter? Fragen über Fragen, die z.B. die Skandinavier, bei denen es noch ein wenig dunkler und kälter ist als bei uns, mit einer Vitamin-D-Anreicherung ihrer Nahrungsmittel beantwortet haben.
Was aber hat Vitamin D mit Stress zu tun? Zunächst einmal ist Vitamin D eine der interessantesten und am meisten erforschten Substanzen überhaupt. Bewiesen ist seine schützende Wirkung auf die Knochen, in die es den wichtigsten Baustoff, das Kalzium, einschleust.
Vitamin D scheint außerdem so etwas wie ein generelles Schutz- und Anti-Aging-Vitamin zu sein. In vielen Geweben hat Vitamin D genau den gegenteiligen Effekt des Stresshormons Cortisol, ist also dessen wichtigster natürlicher Gegenspieler. Immer klarer zeichnet sich ab, dass Vitamin D die negativen Folgen von Stress auf unsere Gesundheit begrenzt.
Wie erhält man trotz moderater Ernährungsweise und umsichtigen Sonnenkonsums einen ausreichend hohen Vitamin-D-Spiegel? Die tägliche Einnahme von Vitamin-D-Präparaten (1 000 Einheiten) aus der Apotheke oder den Drogeriemärkten stellt eine sinnvolle Maßnahme dar, um die negativen Auswirkungen von Stress auf unseren Körper abzupuffern.
Wir empfehlen jedoch, vorher beim Arzt den persönlichen Vitamin-D- und den Calcium-Spiegel bestimmen zu lassen. Der Arzt sollte dann auch entscheiden, ob in Ihrem speziellen Fall eine reine Vitamin-D-Einnahme der kombinierten aus Calcium und Vitamin D vorzuziehen ist.
28 Essen Sie eine Banane
Obst (und natürlich auch Gemüse) ist gesund, das wussten schon unsere Großmütter. Obst enthält wertvolle Vitamine, die unsere Abwehrkräfte stärken und als Radikalenfänger wirken, also den oxidativen Stress für unsere Zellen vermindern. Darunter verstehen wir die Zellabgase, die in unserem Körper bei der Verbrennung des lebenswichtigen Energieträgers Sauerstoff entstehen. Dabei fallen Abfallprodukte, freie Radikale, an. Die schädigen fortwährend unsere Zellproteine sowie die Erbsubstanz und tragen maßgeblich zum Alterungsprozess und zur Entstehung von Krankheiten bei.
Bestimmte Vitamine wie z.B. das Vitamin C oder das Vitamin E aus Obst und Gemüse können diese freien Radikale neutralisieren und unsere Zellen vor dem oxidativen Stress schützen.
Warum aber gerade Bananen? Im Gegensatz zu anderem Obst und Gemüse enthalten Bananen zusätzlich besonders viel Kalium, ein für unseren Körper sehr wichtiger Mineralsstoff.
Kalium ist – neben Magnesium – das wichtigste Mineral zur Beruhigung unserer Nervenzellen. Diese müssen wir uns als Miniimpulsgeber vorstellen, die ständig kleine Stromschläge aussenden und über ihre Endigungen zu anderen Nerven und zu anderen Organen, wie dem Herzen, oder zur unseren Schweißdrüsen weiterleiten. Kalium fährt die Nervenaktivität bei Stress ein wenig zurück und macht uns ruhiger und gelassener. Damit wir es nicht in zu großen Mengen einnehmen, empfiehlt sich die Zufuhr aus natürlichen Quellen. Wobei wir wieder bei der Banane wären: Nimmt man sich dazu noch eine Minipause, um die Banane bewusst und in aller Ruhe zu verzehren, so wirkt sie gleich auf zweifache Weise beruhigend und entspannend.
29 Gönnen Sie sich einen Magnesium-Trunk
Neben Kalium, über das wir beim Stresskiller Nr. 28 (»Essen Sie eine Banane«) schon gesprochen haben, ist Magnesium das zweite wichtige Mineral, das die Aktivität von Nervenzellen und Muskelzellen hemmen kann. Aufgrund des letztgenannten Effektes wird es erfolgreich auch in der Therapie von Muskelkrämpfen eingesetzt. Seine Wirkung auf die Nervenzellen des Gehirns äußert sich subjektiv in einer allgemein beruhigenden Wirkung.
Magnesium ist in vielen Nahrungsmitteln und Mineralwässern enthalten, allerdings in solch geringer Konzentration, dass ein Magnesiummangel durch deren Verzehr bzw. Trinken nicht zu beheben ist.
Wollen wir den beruhigenden Effekt des Magnesiums nutzen, empfiehlt sich die Einnahme als normale Tablette oder – wegen des zusätzlich beruhigenden Effektes des Trinkens – als in Wasser aufgelöste Brausetablette. Eine solche Magnesium-Tablette sollte 200–300 mg enthalten (in Stressphasen 1–2 Tabletten pro Tag). Patienten mit Schlafstörungen empfehlen wir einen solchen Magnesium-Schlummertrunk.
Nebenwirkungen sind in dieser Dosierung nicht zu befürchten. Bei größeren Mengen kann es gelegentlich zu Durchfall kommen. Wer Magnesium einnimmt, sollte aber sicher sein, dass seine Nieren richtig funktionieren, denn die scheiden überschüssiges Mineral gleich wieder aus. Im Zweifelsfall lassen Sie den Nierenwert beim Arzt bestimmen.
30 Essen Sie Walnüsse
Kennen Sie den Stoff, aus dem Ihr Gehirn besteht? Okay, es ist nicht nur ein Stoff, aber immerhin bestehen bis zu zwanzig Prozent der Nervenzellen im Gehirn aus sogenannten Omega-3-Fettsäuren. Diese gehören zu den essenziellen Nahrungsfettsäuren, d. h. der Körper kann sie nicht selbst produzieren, sondern sie müssen ihm von außen zugeführt werden.
Gut bekannt sind inzwischen die positiven Wirkungen der Omega-3-Fettsäuren auf das Herz-Kreislauf-System. Sie halten das Blut flüssiger und schützen vor Herzinfarkt und Schlaganfall. Eine ausreichende Versorgung des Gehirns mit Omega-3-Fettsäuren führt zur effizienteren Ausschüttung von Glücksbotenstoffen wie Serotonin und Dopamin und mindert somit Stress. Außerdem ist recht gut belegt, dass diese Fettsäuren vor der Alzheimerkrankheit schützen.
Woher aber bekommen wir diese Wundersubstanz? Eine wichtige Quelle für Omega-3-Fettsäuren ist fetter Seefisch. Deshalb sollte er ein bis zwei Mal pro Woche auf dem Speiseplan stehen. Wer Fisch nicht so gern mag, kann auf Omega-3-Fettsäuren pflanzlicher Herkunft ausweichen. Diese finden sich vor allem in Nüssen und vornehmlich in Walnüssen. Eine Handvoll davon deckt den gesamten Tagesbedarf eines Erwachsenen an Omega-3-Fettsäuren!
Und wenn man weder Fisch noch Walnüsse mag? Auch da gibt es eine Lösung. Omega-3-Fettsäuren gibt es als Medikament in der Apotheke. Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
31 Lassen Sie ein Stück Schokolade auf der Zunge zergehen
Das bewusste, konzentrierte Wahrnehmen von Sinneseindrücken, in fernöstlichen Religionen und Philosophien als Achtsamkeit bezeichnet, führt automatisch immer auch zu Beruhigung und Entspannung.
Das Problem für unsereins ist zumeist, dass die Gedanken schnell irgendwohin anders abgleiten und wir nicht bei der Sache bleiben. Frustriert brechen wir eine Übung dann ab und widmen uns wieder unseren Alltagsproblemen. Solche Achtsamkeitsübungen bedürfen der jahrelangen, ständigen Wiederholung, um in unserem Gehirn verankert zu werden.
Wer nicht so lange warten möchte, darf sich ruhig einiger Hilfsmittel bedienen. Eine besonders geeignete Methode, Achtsamkeit zu erlernen und nachhaltig einzuüben, führt über den Geschmackssinn. Um diesen zu stimulieren, mangelt es bei uns wirklich nicht an Hilfsmitteln. So neigen wir leider dazu, diesen Sinn immer mehr zu vernachlässigen und das Essen als eine Art Nebenbei-Tätigkeit anzusehen. Wie wäre es also, sich wieder einmal voll und ganz darauf zu konzentrieren, wie etwas schmeckt?
Dunkle Schokolade ist hierfür ganz besonders geeignet. Der Geschmack ist komplex, und der hohe Kakaoanteil (er sollte bei mindestens 70 Prozent liegen) führt dazu, dass sich die Fließfähigkeit unseres Blutes verbessert. Das wiederum senkt das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall.
Bestandteile des Kakaos führen im Gehirn zu einer Freisetzung der Glücksbotenstoffe Serotonin und Dopamin und damit zu einer weiteren Stressreduzierung. Worauf warten Sie also noch?
32 Trinken Sie eine heiße Honigmilch
In Kapitel 13 »Nehmen Sie ein heißes Duftbad« haben wir bereits über die ursprüngliche Geborgenheit gesprochen, die uns als Kind im Mutterleib zuteil geworden ist, und aus der wir mit der Geburt schmählich verstoßen wurden. Dennoch sehnt sich ein Teil von uns immer wieder dorthin zurück.
Ein Stück Geborgenheit wurde uns nach der Geburt vorübergehend zurückgegeben, indem uns unsere Mutter Milch zu trinken gab. Das wird nicht ohne Grund als »Stillen« bezeichnet. Vordergründig wird ein schreiendes, hungriges Baby gesättigt und damit ruhig gestellt. Doch die Mutter- und später die Kuhmilch können mehr: Sie enthalten die Aminosäure Tryptophan.
Aus Tryptophan bildet der Körper wiederum zwei Substanzen mit ausgeprägter Antistress-Wirkung: Serotonin und Melatonin. Serotonin ist die für das dauerhafte Glück zuständige Substanz unseres Gehirns. Melatonin hingegen ist unser Schlafhormon. Es wird von der Zirbeldrüse, einem kleinen Anhängsel unseres Gehirns, produziert und bei Dunkelheit freigesetzt. Voraussetzung dafür ist, dass wir genug Tryptophan zur Verfügung haben.
Die noch aus Großmutters Zeiten stammende Empfehlung, abends ein Glas Milch zu trinken, um gut schlafen zu können, ist wie so viele alte Volksweisheiten inzwischen wissenschaftlich belegt. Und warum Honigmilch?
Abgesehen davon, dass sie angenehme Kindheitserinnerungen weckt, bewirkt der im Honig enthaltene Zucker, dass das Tryptophan effizienter ins Gehirn eingeschleust wird. Dort wird es zu den Antistress-Substanzen Serotonin und Melatonin umgewandelt.
33 Die Kraft des Lavendels
Es gibt kaum jemanden, der Lavendel nicht mag, ihn nicht sofort mit Sommerurlaub und Lebensfreude assoziiert. Schon der Name ist reine Poesie. Provence, blühende Lavendelfelder, so weit das Auge reicht, und der unverwechselbare Duft – das verbinden die meisten Menschen mit diesem Wort.
Was gibt es Schöneres zum Entspannen als ein einfaches, aber bewusstes Händewaschen mit einer duftenden Lavendelseife, ein sinnlich-entspannendes Lavendelbad, der Duft einer Lavendelkerze, ein Lavendelstrauch auf dem Frühstückstisch oder eine Lavendelpflanze auf dem Balkon?
Daneben hat das aus Lavendel gewonnene Öl aber auch echte pharmakologische Effekte auf unser Gehirn. Und diese Effekte ähneln denen von chemischen Beruhigungsmitteln – nur ohne deren Nebenwirkungen. Zu diesem Zweck muss Lavendelöl eingenommen werden; entsprechende Kapselpräparate stehen inzwischen zur Verfügung.
Der Schein trügt also nicht: Die Lavendelpflanze ist nicht nur von sublimer Schönheit und strömt einen betörenden Duft aus, sie hat auch die Kraft einer echten Naturarznei. Die Kraft, Angst und Stress zu vermindern.
Wenn man genau darüber nachdenkt, sind Angst und Stress eng miteinander verbunden. Eine alternative Definition von Stress wäre daher auch: die Angst, einer Situation oder Aufgabe nicht gewachsen zu sein. Viele Menschen greifen in solchen Situationen zu chemischen Beruhigungsmitteln, bei denen bei längerer Einnahme die Gefahr der Abhängigkeit besteht.
Die frohe Botschaft für unser Lavendelöl lautet zudem: Seine beruhigenden Effekte sind laut einiger Studien fast so stark wie die von »chemischen Keulen«. Dabei entsteht aber kein Gewöhnungs- oder Abhängigkeitseffekt. Für besonders stressvolle Phasen kann daher die Einnahme von Lavendelöl-Kapseln aus der Apotheke sehr sinnvoll sein.
Auch wenn diese Präparate rezeptfrei erhältlich sind, konsultieren Sie zu Beginn einer solchen Behandlung am besten Ihren Arzt, um Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten oder mögliche individuelle Unverträglichkeiten zu besprechen und auszuschließen.