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Doch die Katastrophe trat nicht so ein, wie ich befürchtet hatte. Die relativ ungeübte Armee der Migla-Rekruten lieferte einen vorzüglichen Kampf.

Auch ich wirkte in diesem Kampf mit. Meine Erinnerungen an die Schlacht sind nur noch unvollkommen – an die Angriffe und herabsausenden Speere, an das Schimmern der Rüstungen und Waffen, die Wolken der Armbrustbolzen, den dumpfen Aufprall zahlreicher Männer im Nahkampf. Die Flieger auf dem Rücken ihrer Mirvols ließen die Pfeile aus der Luft herabregnen, die Migla hoben ihre Schilde, und die gegnerischen Infanterie-Armbrustschützen schossen in ihre Reihen.

Doch die Lanzen zogen manchen feindlichen Schild herab, und die Stuxes zischten gefährlich durch die Luft. Die Migla kämpften großartig. Sie waren der canoptischen Armee zahlenmäßig überlegen und griffen unerschrocken an. Immer wieder preschten sie vor, ihre Veknises schimmerten schon rot vor Blut, und immer wieder wurden sie zurückgeworfen. Und wieder leiteten sie eine Attacke ein. Der Nachschub an Stuxes, den ich mit Wagen hatte kommen lassen, verspätete sich, und als die Waffen den Kampfplatz endlich erreichten, bei dem es sich um eine große Wiese einen Dwabur westlich von Yaman handelte, gab es nur noch wenige Hände, die nach den Schäften greifen konnten.

Vier Totrixes waren unter mir zusammengebrochen. Als es keine frischen Reittiere mehr gab, war ich zu Fuß an der Spitze der Migla vorgeprescht. Dabei erwies sich der Thraxter als nützliche Waffe, wenn man ihn zusammen mit einem Schild einsetzte – und ich fand wieder einmal bestätigt, wie haltbar eine Schildmauer sein kann, wenn sie geschlossen bleibt.

Die Migla zersprengten zwei Schildmauern der Canops. Sie vernichteten zwei canoptische Brigaden. Aber ihre Kräfte waren schnell aufgebraucht, und die restlichen beiden gegnerischen Brigaden vermochten anzugreifen und ihrerseits den Migla entscheidende Verluste beizubringen.

Hart bedrängt wurden Turko und ich mit den übrigen zurückgeschlagen. Nein, ich erinnere mich kaum noch an die Einzelheiten dieses Kampfes, der später die Schlacht bei Mackee genannt werden sollte – nach dem Migla-Eigentümer einer Windmühle, die sich in der Nähe befand. Eine Erinnerung jedoch hat sich gehalten und zieht sich wie ein roter Faden durch die ganze Auseinandersetzung.

Wohin ich auch ging, Turko der Schildträger war bei mir.

Mit den blitzschnellen Reflexen des Khamorro bewegte er seinen Schild und fing einen Pfeil nach dem anderen auf. Er beschützte mich, bildete eine Barriere, die kein Feind durchdringen konnte.

Mehr als einmal wandten sich sogar Migla gegen uns – die in der Wut des Kampfes lediglich zwei verhaßte Apim in uns sahen. Dann zuckten Turkos Muskeln, wenn er den großen Schild anhob, in dem zahlreiche Pfeile steckten. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit entfernte er die gegnerischen Geschosse.

Einmal bohrte sich eine Lanze in seinen Schild. Ich weiß noch, wie ich Turko den Schild anheben sah, obwohl der Lanzenschaft eine schwere Last bildete. Einen Augenblick lang ließ das Getümmel ringsum nach. Staub und Blut und die Schreie der Verwundeten und Sterbenden bildeten den aufwühlenden Hintergrund für das tödliche Geschehen.

Turko bückte sich und riß die Lanze aus seinem Schild ...

Und dann weiß ich, wie ich zum nächtlichen Himmel emporblickte und die Zwillingsmonde umeinander kreisen sah. Turko lag reglos neben mir; Blut verklebte sein Haar. Er trug eine rote Binde um den Kopf, als Ried-Syple, und ich kannte auch den Grund.

Überall ertönte das schreckliche Stöhnen von vielen hundert Verwundeten, Migla wie Apim.

Von Zeit zu Zeit war ein schriller Schrei zu hören, der plötzlich erstarb. Canops waren unterwegs und suchten mit Laternen zwischen den Toten nach Überlebenden. Ich stellte fest, daß das Blut in meinem Haar getrocknet war. In meinem Gehirn dröhnten alle Glocken von Beng-Kishi, aber ich habe einen dicken Schädel und hatte außerdem im Taufteich des Zelph-Flusses im fernen Aphrasöe gebadet – so war ich in der Lage, mich aufzuraffen, Turko auf den Rücken zu heben und das Feld unserer Niederlage zu verlassen.

Hier gab es nichts mehr zu tun; die Katastrophe war so umfassend, daß es für uns nur noch darum ging, die eigene Haut zu retten. In diesem Augenblick schwor ich mir, daß wir eines Tages zurückkehren und vollenden würden, was uns heute nicht gelungen war.

»Ihr da drüben, Dom!« rief eine Stimme.

Bewaffnete Canops mit Samphronöllampen und flackernden Fackeln. Wenn ich jetzt die Flucht ergriff, wurden Turko und ich von gut gezielten Pfeilen durchbohrt. Ich schleppte Turko zum Feuer. Zahlreiche Canops lagen auf Decken um die Feuerstelle, und ich erblickte Canopfrauen, die sich um die Verwundeten kümmerten. Der kühle Wind trieb den Rauch des Feuers davon.

»Laß dich mal anschauen, Soldat!«

Der Mann, ein Canop mit einem faltigen, ausgemergelten Gesicht und glühenden Augen, mußte Arzt sein. Innerhalb weniger Sekunden hatte er Turko mit Akupunkturnadeln gespickt und damit seinen Schmerz gebannt, während er den Riß an seinem Kopf versorgte. Meine eigene Wunde mußte nur gesäubert und bandagiert werden.

»Ein schlimmer Riß, Soldat.« Der Arzt gab mich an eine Canopfrau weiter, ein junges Mädchen mit dunklem Haar und dunklen Augen, ein Wesen, das unter anderen Umständen sicher gern fröhlich war. Ihre langen schlanken Finger verbanden meinen Kopf. Wir waren Apim, Humanoide, und deshalb für sie Canops. Wir waren keine Migla, wir gehörten nicht zum Feind.

Die Situation war also nicht ohne pikanten Beigeschmack.

Turko atmete ruhiger. Wir trugen Rüstungsteile, die wir toten Canops abgenommen hatten, und hatten eine gute Chance, nicht entlarvt zu werden.

Vorsichtig legte man uns auf Decken und reichte uns Brühe – Vosksuppe mit Zwiebeln – und ein eingerolltes Blatt voller Palines. Wir tranken und aßen begierig. Später gab es Wein, einfachen Armeewein, der erfrischend schmeckte.

»Diese alten Cham-Gesichter«, sagte ein Soldat neben mir, der eine dicke Bandage um den Leib trug. »Sie haben mir den Bauch aufgeschlitzt. Aber sie tun mir leid!«

»Sie tun dir leid?« Ich war ehrlich überrascht.

»Na, schau dir doch die verrückten Onker an! Sie haben uns einfach so angegriffen!« Der Soldat bewegte sich und stöhnte schmerzerfüllt auf.

»Schwester!« rief ich, und das Mädchen eilte herbei und kniete nieder. Ihre gelbe Tunika schimmerte warm im Feuerschein. Auf dem Schlachtfeld flackerten zahlreiche Feuer, die von Verwundeten umgeben waren.

»Hast du wieder getrunken, Soldat?« fragte das Mädchen energisch.

Er blinzelte ihr zu.

»Du dummer Onker! Du hast einen Stich in den Bauch bekommen – kein Wein mehr, bis es der Arzt erlaubt! Verstanden?«

Sie drehte eine der Nadeln, die in seinem Bauch steckten, und seine Schmerzen ließen wieder nach. Dann wurde sie zu einem anderen Verwundeten gerufen.

»Ich verstehe deine Haltung nicht«, fuhr ich fort. »Die Migla hatten es doch auf ... äh ... uns abgesehen!«

»Na, ist das ein Wunder? Was würdest du tun, wenn dir deine Heimat fortgenommen worden wäre!«

Diese Haltung ließ sich nicht nur damit erklären, daß er mich für einen Kameraden hielt. Der nächste Soldat in der Reihe stützte sich auf einen Ellbogen. Er hatte ein gebrochenes Bein, das geschient worden war.

»Aber was haben wir davon, frage ich dich! Wir kämpfen – aye, und ich bin stolz, daß ich für Canopdrin kämpfen darf. Aber ein bißchen mehr Beute würde ich mir schon wünschen.«

Ich hatte die Männer bereits als Soldaten eingestuft, die von Patriotismus angetrieben wurden und nicht von der Geldgier des Söldners. Im weiteren Verlauf des Gesprächs begriff ich etwas von der Einstellung der canoptischen Soldaten. Sie waren ein wilder Haufen, wie fast in jeder Armee. Sie verpflichteten sich für längere Perioden und rechneten dabei mit schweren Kämpfen, denn sie hatten früher energische Auseinandersetzungen mit einer Nachbarinsel im Nebelmeer gehabt.

Als Canopdrin unbewohnbar wurde, hatten sie die Entscheidung ihres Königs und seiner Pallans begrüßt, in Migla einzufallen. Doch wie überall und immer hatten die Würdenträger das größte Stück vom Kuchen.

Der Mann mit der Bauchwunde – er hieß Naghan der Trinker, denn er war immer durstig – begann wirr zu reden, und ich hatte schon Angst, daß er ein Opfer des Fiebers werden würde. Er versuchte sich plötzlich aufzurichten. Seine Augen waren weit aufgerissen und glänzend. »Ich habe gekämpft, bei Opaz! Ich habe gekämpft!«

Daraufhin richtete sich sein Nachbar auf, schleppte sich zu Naghan und drückte ihn vorsichtig wieder auf sein Lager, eine Hand über sein Gesicht gelegt.

»Sei still, du Onker!« sagte er hastig. »Beim Herrlichen Leem, du wirst es überleben!«

Da wurde mir manches klar. Lem, der Silber-Leem, war das übernatürliche Wesen, das von den Canops angebetet wurde. Sein Abbild war überall zu finden. Der Leemkult hatte die Lehren Migshaanus überrollt. Aber Naghan der Trinker hatte im Delirium den Namen Opaz', der großen Zwillingsgottheit, angerufen, die unsichtbar und allmächtig ist, den Namen jener Gottheit, die in den Religionen Pandahems und Vallias und vieler anderer zivilisierter Völker eine Rolle spielt. Lem, der Silber-Leem, hatte also die Anhänger Opaz' unterdrückt, ehe er Migshaanu verdrängte.

Jedgul, so hieß der Mann, der dem Schwerverletzten beigestanden hatte, sah mich über Naghans Körper hinweg an. »Naghan der Trinker ist ein guter Kamerad, Dom. Du bist Soldat, du willst ihn doch nicht etwa verraten?«

»Keine Sorge«, sagte ich.

Jedgul ließ sich offenbar erleichtert zurücksinken.

»An allem sind die Offiziere schuld«, sagte er mit leiser Stimme. Diese Klage ist in jeder Armee zu vernehmen, so daß ich normalerweise nicht darauf geachtet hätte, doch Jedgul fügte hinzu: »Sie halten sich für ausgesprochen vornehm. Ein einfacher Soldat darf ihre Lem-Tempel nicht einmal betreten. Sie bekommen stets das Beste. Ich wette, deine Offiziere tun im Augenblick dasselbe wie die anderen – sie saufen sich einen an und belästigen Shishis ... Du hast mir noch gar nicht gesagt, aus welchem Regiment du kommst.«

Ich hatte seinen Schild gesehen, auf dem oben ein springender Leem abgebildet war, darunter ein schwarzer Neemu mit den Ziffern elf und eins. Er gehörte also zur ersten Pastang des elften Infanterieregiments. Zu Beginn der Schlacht hatte ich mich über die beteiligten Regimenter des Gegners informiert und suchte mir nun eine Abteilung aus, die von Jedguls Truppe weit entfernt gewesen war.

»Drittes Regiment«, sagte ich beiläufig. »Hikdar Markman hat sich bestimmt zwei Shishis gesichert!«

Jedgul lachte leise vor sich hin. »Aye, Nath«, meinte er – ich hatte mich unter diesem Namen vorgestellt. »Und König Capnon kann heute nacht ungestört in seinem Bette schlafen.«

 

Als am Feuer Ruhe eingetreten war, rollte ich mich langsam zu Turko hinüber und weckte ihn vorsichtig.

Er war sofort wach.

»Ein Arzt hat sich um dich gekümmert, und ein hübsches Mädchen hat dich versorgt – wir haben Glück gehabt, Turko. Aber jetzt müssen wir hier verschwinden.«

Er musterte mich abschätzend, richtete sich aber auf, und wir schlichen vorsichtig durch die mondhellen Schatten Kregens.

Gegen Ende des folgenden Tages holten wir die Reste der Migla-Armee ein und kehrten mit dem traurigen Haufen in das Berglager zurück. Wir hatten unvorstellbare Verluste zu beklagen. Hamp und Med waren verwundet; doch ihr Mut war ungebrochen, obwohl ich ihnen sofort die Wahrheit klarzumachen versuchte.

»Wir waren noch nicht soweit – da hattest du recht, Dray. Aber wir haben viel gelernt. Wir wissen jetzt, daß wir die Canopdrin beim nächstenmal schlagen können.«

»Es gibt kein nächstes Mal«, erwiderte ich kurzangebunden. Ich war wütend – über mich selbst. Ich hatte die große Dummheit erkannt, die ich begangen hatte. »Es gibt kein nächstes Mal, wenn ich nicht den Befehl dazu gebe.«

Daraufhin schwenkte Mog die Arme. »Ich bin hier die Hohepriesterin!« rief sie. »Wir müssen zuschlagen und immer wieder zuschlagen.«

»Richtig – aber das soll auf meine Weise geschehen. Die einfachen Soldaten der Canops sind ganz normale und vernünftige Burschen. Sie werden von ihren Offizieren in den Kampf getrieben, die die Peitsche über ihnen schwingen und sie mit dem Glanz Lems, des Silber-Leem, blenden.«

Bei diesen Worten erschauderten Mog, Mag und die anderen und hoben abwehrend die Hände, als hätte ich das Böse selbst in den Raum getragen.

»Opaz!« fuhr ich energisch fort. »Aye, Opaz ist in den Reihen der Canops bekannt, und noch mancher liebt die Unsichtbaren Zwillinge. Sie würden auch Anhänger Migshaanus willkommen heißen, wenn sich ein Weg finden ließe.«

»Sie würden uns mit den Schwertern niedermähen«, sagte Med.

»Richtig. Im Kampf darf man sich ihnen nicht gegenüberstellen, jedenfalls nicht in nächster Zeit. Damit müßt ihr euch abfinden. Aber es gibt eine Möglichkeit, die ich ausnutzen will – ich werde Hilfe holen. Ihr werdet hier warten und neue Männer anwerben und ausbilden, wie ich es euch gezeigt habe. Wenn es an der Zeit ist, wird Turko oder ein anderer Mann mit einer Nachricht von mir, Dray Prescot, zu euch kommen. Dann, meine Freunde, dann müßt ihr Yaman angreifen!«

Aufgeregt besprachen sie meinen Vorschlag; doch mehr wollte ich ihnen nicht verraten, aus Angst, mein Vorhaben könnte fehlschlagen. Ich betonte nur immer wieder, daß sie sich auf den großen Tag vorbereiten müßten. Und sie würden rechtzeitig erfahren, wann es soweit war.

Bei der Sache war mir gar nicht so wohl. Zwar hatte ich mich den Everoinye, den Herren der Sterne, nicht widersetzt, sondern hatte getan, was mir befohlen worden war. Dennoch hatte ich versagt. Was würden sie mit mir tun?

Turko sollte mich begleiten.

Ich sagte Mog und Med, Neemusbane und Hamp Remberee und machte mich auf den Weg nach Yaman. Ich trug meinen alten roten Lendenschurz und meine normalen Waffen, und Turko hatte sich das rote Band um die Stirn gelegt, sein neues Ried-Syple, und an seinem linken Arm baumelte ein neuer Schild. So erreichten wir schließlich die mondbeschienenen Ruinen des Tempels und den heiligen Hain des Sidraarga. Vorsichtig bewegte ich mich in den Schatten unter den Bäumen, und meine Klinge schimmerte im Mondlicht. Der Voller war noch an Ort und Stelle.

Es handelte sich um den Voller, der uns aus Faol hierhergetragen und den Menschenjägern von Antares entführt hatte.

Ich überprüfte das Fluggerät und stellte fest, daß alles in Ordnung war. Mit vorsichtigen Bewegungen an den Kontrollen lenkte ich den Voller unter den Bäumen hervor. Mog hatte recht behalten – niemand hatte sich in den heiligen Hain gewagt. Wir glitten zwischen den letzten Baumstämmen hindurch, und ich machte eben Anstalten, den Hebel hochzuziehen, der uns in die Luft heben mußte, als ich plötzlich den schwarzen Umriß des Gdoinye vor dem rosa Gesicht der Jungfrau mit dem Vielfältigen Lächeln erblickte.

Der Raubvogel verhielt einen Augenblick als reglose Silhouette; dann war er verschwunden.

Kein Irrtum – das war kein nächtlicher Raubvogel gewesen! Die Herren der Sterne beobachteten mich, verfolgten die negative Entwicklung ihrer Pläne.

»Wohin, Dray?« fragte Turko.

»Weißt du, wo Valka liegt?«

»Nein, ich glaube, ich habe noch nie davon gehört.«

Das überraschte mich nicht. Kregen ist eine Welt, auf der Flieger ebenso in Gebrauch sind wie Quoffakarren, auf der die Bewohner eines Kontinents kaum etwas von der Hemisphäre des Planeten wissen.

»Valka liegt ein Stück nordnordwestlich – gut zweitausend Dwaburs von hier entfernt, die mit diesem ausgezeichneten Voller kein Problem sein dürften.«

Mehr brachte ich nicht heraus – denn im gleichen Augenblick breitete sich ringsum blaues Licht aus. Ich spürte, wie die Geräusche der Umwelt leiser wurden, wie Turkos ruhige Stimme verstummte. Die blaue Strahlung nahm zu und begann sich zu der gigantischen Form eines Skorpions zu verdichten.

Waren die Herren der Sterne denn von Sinnen?

»Ihr Idioten!« tobte ich. »Ihr Onker und Calsanys! Was nützt es euch, wenn ihr mich jetzt zur Erde zurückbringt? Ich fliege nach Valka und nach Vallia, um eine Armee auszuheben, die gegen die Canops kämpft und Migla befreit! Das habt ihr mir befohlen! Seid ihr so dumm, daß ihr dies nicht versteht?«

Die blaue Strahlung flackerte, verdichtete sich nicht weiter – sie ließ aber auch nicht nach. Ich begann zu schwitzen. Wollten die hohen Herren der Sterne meinen leidenschaftlichen Appell mißachten? Oder waren sie wirklich alles andere als vollkommen und blind gegenüber meinen wahren Absichten? Ich hatte diese Wesen schon einmal getäuscht – oder jedenfalls ihre Absichten den meinen angepaßt. »Irgendwo muß ich eine Armee finden – und das Geld der Migla nützt wenig, wenn die Canops die Staatskasse verwalten!«

Das vertraute Gefühl des Fallens überkam mich, und ich spürte, wie ich schwach wurde. Sie hörten nicht auf mich! Verächtlich schleuderten sie mich zur Erde zurück! Doch ich wehrte mich. Ich brüllte und tobte, fluchte und flehte. Unsicher flackerte der blaue Umriß des Skorpions.

»Wenn ihr mich jetzt auf die Erde verbannt, ihr opazverfluchten Cramphs, befreit ihr Migla nie! Beim Schwarzen Chunkrah! Laßt mich nach Valka fliegen, wo ich meine eigenen Leute zu den Waffen rufen kann. Dann wollen wir mal sehen, wie die canoptische Armee wirklich kämpft!«

Der Skorpion ragte über mir auf, zugleich schloß er mich mit seiner blauen Strahlung ein, und sein gewaltiger Schwanz ragte gebieterisch in den Himmel. Ich spürte ein erstes Nachlassen der Kraft, eine Aufhellung des blauen Lichts. Die Strahlung zuckte in Wellen, wie sie erzeugt werden, wenn man einen Stein ins Wasser wirft – und war von einer Sekunde zur nächsten verschwunden.

Turko sah mich ungerührt an und sagte: »Das ist wirklich ein ausgezeichneter Voller, da hast du recht. Wir müßten etwa fünfzehn Dwaburs in der Bur schaffen und wären dann in dreieinhalb oder vier Tagen am Ziel, Pausen eingerechnet.«

Für ihn war gar nichts geschehen. Er hatte keine Ahnung, daß ich einen schweren Kampf ausgetragen hatte, der über mein weiteres Schicksal entschied, daß ich zwischen zwei Welten schwebte, die vierhundert Lichtjahre voneinander entfernt waren. Wie immer die Absichten der Herren der Sterne aussehen mochten – eins war klar: sie wollten, daß ich der Religion Migshaanus wieder zur Macht verhalf – und der Religion Migshendus des Stux, der im Vergleich zu Migshaanu sogar noch weiter abgerutscht war. Und die Herren der Sterne waren verzweifelt genug, daß sie sich von mir Onker und Calsanys und manches andere nennen ließen. Der Voller schwebte über dem Hain und raste über das Land dahin, das sich im Schein der kregischen Monde ausbreitete.

Ich war auf dem Weg nach Hause – nach Valka, wo Delia auf mich wartete.