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»Was befehlen die Herren der Sterne, du Unglücksbote?«
»Das klingt schon besser, Dray Prescot! Du müßtest eigentlich selbst wissen, daß dein Auftrag noch nicht abgeschlossen ist. Erst wenn Migla von den Canops befreit und Migshaanu in ihren Tempel zurückgekehrt ist, ist deine Arbeit getan – zunächst jedenfalls!«
»Ich bin fast nackt, ich habe keine Waffen und kein Geld. Zwei Mädchen sind meiner Obhut anvertraut, und das ganze Land sucht nach mir. Ihr seid unbeugsame Herren ...«
»Nicht zum erstenmal bist du nackt und waffenlos, Dray Prescot. Du wirst den Auftrag erfüllen.«
Mit einem schrillen Laut, einem zornig-triumphierenden Krächzen, flog der Raubvogel davon und verschwand in der Abenddämmerung. Zim und Genodras, die beiden Sonnen, die auf diesem verhaßten Kontinent Far und Havil genannt werden, versanken in einem letzten bunten Aufflackern am Horizont. Dunkelheit sank über Migla auf dem kregischen Kontinent Havilfar herab.
Niedergeschlagen von dem unbarmherzigen Urteil der Herren der Sterne ging ich zum Boot.
In der Dunkelheit vor dem Aufgang des ersten kregischen Mondes stieß ich das Boot vom Ufer ab und setzte mich stumm an die Ruder.
Wenn ich es tun mußte, half alles Widerstreben nichts.
Oh, meine Kinder, mein kleiner Drak, meine kleine Lela!
Und – meine Delia, meine Delia aus Delphond – wann würde ich sie wiedersehen und in den Armen halten?
Als Saenda und Quaesa meinen düsteren Gesichtsausdruck bemerkten, stellten sie ihr einfältiges Geplapper ein. Turko sah mich an und verschluckte, was er hatte sagen wollen – und dafür war ich ihm dankbar. In der Riesenhöhle der Festung Mungul Sidrath hatte er vor mir gestanden und mit seinem neuen Schild die Armbrustpfeile abgefangen. Er sollte mir ein guter Kampfgefährte werden. Seine unglaublich kräftigen Muskeln und die raffinierte Khamsterausbildung in waffenloser Verteidigung mochten mir noch gute Dienste leisten. Doch in diesem Augenblick nützte er mir am meisten durch sein Schweigen.
Er hatte sofort verstanden, daß wir nicht ohne Schwierigkeiten über den Magan-Fluß fliehen konnten – fort von der unheimlichen Stadt Yaman im Lande Migla.
Auf dem Wasser bewegten sich Lichter. Die gut gerüsteten Männer der canoptischen Armee setzten ihre Suche nach uns fort. Ich steuerte das Boot in den Strom der Ebbe. Von Zeit zu Zeit hallte ein Ruf über das Wasser. Die Mädchen zitterten und hockten tief ins Boot geduckt. Wenn wir gefangen wurden, erwartete sie ein schreckliches Schicksal.
Doch sie gingen mich nichts mehr an.
Die unerreichbaren Wesen, die Herren der Sterne, hatten mir befohlen, dieses Land von den Canops zu befreien – und mir war die unglaubliche Schwierigkeit dieser Aufgabe von Anfang an klar.
Mir stand eigentlich nicht der Sinn nach neuen Kämpfen, Taktiken und Schachzügen; ich wollte nur nach Vallia oder Valka zurückkehren – je nachdem, wo sich Delia und die Kinder im Augenblick aufhielten.
Doch wenn ich mich weigerte, Migla gegen die Canops zu helfen, wurde ich unweigerlich von dem unheimlichen blauen Schimmer des Skorpionbildes ergriffen und über vierhundert Lichtjahre hinweg auf den Planeten meiner Geburt zurückgeschleudert. Und das durfte unter keinen Umständen geschehen.
Deshalb mußte ich sofort damit beginnen, mir zu überlegen, wie ich der alten Hexe Mog, der Mächtigen Mog, helfen konnte, ihren rechtmäßigen Platz als Hohepriesterin der Allmächtigen Migshaanu zurückzugewinnen. Migla stand unter dem Einfluß der Religion. Wenn Migshaanu wirklich so allmächtig war, wie man behauptete, hätte sie nie zugelassen, daß ihre Hohepriesterin verstoßen, ihre Tempel niedergewalzt und ihre Religion verworfen worden wäre. Wenn sich Mog und ihre Freunde und Anhänger überhaupt solche Gedanken machten, schoben sie die offensichtliche Konsequenz wahrscheinlich mit all jenen Argumenten beiseite, die seit Jahrhunderten zugunsten von Religionen vorgebracht worden sind.
Lichter schimmerten auf dem Wasser. Die beiden Mädchen duckten sich zitternd noch tiefer ins Boot, und Turko musterte mich. In der mondlosen Dunkelheit lauerten zahllose Gefahren. Niemand würde uns zu Hilfe kommen. Dunkelheit und Gefahr und das zunehmende Gefühl einer bevorstehenden Katastrophe warfen ihren Schatten über das Boot, einen Schatten, den es noch nicht gegeben hatte, als ich vor wenigen Minuten ans Flußufer gestiegen war.
Unsere ganze Situation hatte sich verändert.
Jetzt mußte ich mich in neue Gefahren und Abenteuer stürzen, ohne an die Folgen zu denken – so lange, bis den Wünschen der Herren der Sterne entsprochen war. Die Ereignisse der Vergangenheit bedeuteten in diesem Zusammenhang wenig.
Ich stand vor einem Neubeginn, vor einer Wende des Geschicks, das mich auf den fantastischen Planeten Kregen unter den Sonnen Scorpios geführt hatte.
Unser kleines Boot trieb leise gluckernd dahin, ein Schatten zwischen Schatten.
»Die Lichter kommen näher«, flüsterte Turko.
»Aye.«
Alle möglichen Ideen schossen mir durch den Kopf – doch einen Ausweg aus unserer Situation fand ich nicht.
Einer der drei kleineren Monde Kregens stieg auf und streifte tief über den Horizont dahin. Der winzige Lichtfleck steigerte meine Unruhe nur noch mehr, das Gefühl, von Kräften umgeben zu sein, die ich nicht steuern oder besänftigen konnte, die ich haßte und verabscheute. In der Nähe plätscherte es, und eine Stimme stieß einen Fluch aus, eine Verwünschung im Namen Lems, des Silber-Leem.
Wir starrten in das vage Licht und machten den dunklen Umriß eines Bootes aus, das tief im Wasser lag. Ich spürte das harte Lenkholz der Bootskante unter meinen Händen und griff mit aller Kraft zu, von Verzweiflung erfüllt. Ich habe oft berichtet, daß ein Mann auf Kregen bewaffnet sein und sich mit Waffen auskennen muß, wenn er überleben will – und dies gilt gleichermaßen für die großartigen Talente der Khamorro, der Khamster, deren Taktiken waffenloser Verteidigung allgemein bekannt sind. Turko gehörte zu diesen Männern. Ich hatte Turko noch keinen reinen Wein eingeschenkt über meine Ansicht, inwieweit ein Unbewaffneter gegen geschärften Stahl ankommen konnte – und wollte auch darauf verzichten, wenn mir nicht Zair in einem Augenblick größter Gefahr etwas anderes befahl – und so haderte ich mit dem Schicksal, daß ich kein Schwert, keinen Speer oder Bogen zur Verfügung hatte.
Die Männer in dem anderen Boot, die Canops, kampferfahrene Soldaten von der verwüsteten Insel Canopdrin im Nebelmeer, die in Migla eingefallen waren und sich das Land unterworfen und das Volk unter ihre Herrschaft gezwungen hatten – sie würden nicht zögern, auch unbewaffnete Menschen zu töten. Und ich wußte, daß sie die Geschicklichkeit besaßen, auch einen großen Khamorro wie Turko zu besiegen.
Unser Boot trieb dahin, und ich, Dray Prescot, starrte über die Reling auf das andere Fahrzeug und fluchte leise.
»Bald geht die Frau der Schleier auf«, sagte Turko. Er hatte die Stimme gesenkt, damit die bewaffneten Canops ihn nicht hörten. Auch war es besser, wenn Saenda und Quaesa seine Bemerkung nicht verstanden, sonst hätten sie vielleicht erschrocken zu wimmern begonnen.
»Es treiben sich mehr von diesen opazverfluchten Cramphs herum, als ich mir vorgestellt hatte, Turko.«
»Sie schleichen sich wie Leem über den Fluß.«
Eine Zeitlang trieben wir stumm dahin, und das Boot der Canops entfernte sich mit leisem Plätschern der Ruder von uns. Der Fackelschein wurde schwächer. So ging es nicht weiter. Ich tat, als gedachte ich die beiden Mädchen in Sicherheit zu bringen – entweder nach Cnarveyl im Norden oder nach Tyriadrin im Süden. Ich war für ihre Sicherheit verantwortlich; diese Aufgabe hatte ich mir selbst gestellt, obwohl sie sich ziemlich töricht verhalten hatten. Es waren zwei dumme junge Gänschen, die ich vor der Sklaverei und vor den Menschenjägern von Antares gerettet hatte – doch gegenüber dem Befehl der Herren der Sterne waren sie ohne Bedeutung.
Ein schwacher rosa Schimmer bildete sich über dem östlichen Horizont, beleuchtete die Sümpfe und Schilfhaine, die den Magan-Fluß säumen. Ich beobachtete das Aufsteigen des Mondes und sah plötzlich eine schwarze Silhouette vor der Helligkeit – eine Erscheinung, die sofort wieder verschwunden war.
Turko hielt den Atem an. »Bei Morro dem Muskel! Ein Volrok, Dray! Ein Volrok-Yetch!«
Es gibt zahlreiche Tierwesen und Tiermenschen auf Kregen. In den Stratemsk und den Unwirtlichen Gebieten war ich auf monströse Flugwesen und Reptilien gestoßen, und hier in Havilfar gab es ebenfalls viele fliegende Ungeheuer. Ich behielt den Himmel im Auge und griff vorsichtshalber nach dem Bootshaken. Eine armselige Waffe mit einer schweren bronzenen Hakenspitze – aber etwas anderes besaß ich nicht.
Das Wesen hatte uns gesehen und schien zu Recht anzunehmen, daß wir nur eine kleine Gruppe waren. Mit rauschenden Flügeln und einem heiseren, abgehackten Schrei griff es an.
Turko hatte den Volrok einen ›Yetch‹ genannt – der havilfarische Begriff für einen Menschen –, und das hätte mich eigentlich warnen müssen. Hier hatten wir es nicht nur mit einem Vogel zu tun. Wir kämpften gegen einen fliegenden Menschen!
Der Volrok besaß Intelligenz, ein schnelles Reaktionsvermögen und enorme Körperkräfte, obwohl er ziemlich leicht gebaut war. Er hatte keine Ähnlichkeit mit einem Impiter oder Corth oder Fluttrell; er war ein Halbmensch, ein Halbling. Seine Flügel schwangen vor dem Licht der Sterne, und ich sah eine Waffe aufschimmern. Die Frau der Schleier verbreitete einen vagen rosa Schimmer, und in diesem Licht sah ich die Augen unseres Angreifers, der uns anstarrte. »Achte auf seine Füße, Dray!«
Ich knurrte und duckte mich vor dem ersten bösartigen Angriff. Flügel peitschten durch die Luft, und ich ließ den Bootshaken hochfahren und fing damit den Hieb einer langen speerähnlichen Waffe ab, die eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Toonon der Ullars hatte. Nun vermochte ich mir den Volrok auch näher anzuschauen.
Kreischend beschrieb das Wesen einen Kreis, die Flügel falteten sich ein, und es griff erneut an. Der Volrok war seiner Herkunft nach achtgliedrig. Auf dem Rücken besaß er breite, schmale Flügel, echte Flügel, die das Wesen in die Luft zu heben vermochten. Die Arme hielten den Toonon. Das dritte Gliedpaar bestand aus Beinen mit Krallen, die sie zu gefährlichen Waffen machten. Das letzte Paar war zusammengewachsen und bildete einen langen Schwanz.
Turko schwang ein Ruder über dem Kopf.
Der Volrok griff an und wich aus, und die Bronzespitze des Bootshakens krachte gegen den Toonon, und jetzt erst erkannte ich, wie gefährlich die Beine wirklich waren. Es waren keine Krallen, sondern an beiden Fersen waren lange, gekrümmte Klingen befestigt, die, als sich der Volrok kreischend wieder emporschwang, auf meinen Kopf herabzuckten. Ich duckte mich und spürte einen abgleitenden Schlag am Schädel.
Turko stieß mit seinem Ruder zu.
Saenda und Quaesa schrien aus vollem Halse. Doch ich hatte keine Zeit, mich um sie zu kümmern.
Vor uns zuckte der Volrok hin und her. Ich machte seinen schmalen Kopf aus, der sich nach unten neigte, um uns besser zu erkennen.
Die Gestalt trug eine enge, reich mit Federn geschmückte Ledertunika und einen Gürtel mit einem Schwert, dessen Scheide so am Leib festgeschnallt war, daß sie das Wesen beim Fliegen nicht behinderte. Wieder wurden die Beine angezogen, und das aufblitzen der tödlichen Sichelklingen veranlaßte mich, mir das Blut aus den Augen zu wischen und den Bootshaken fester zu packen.
Die Wunde, die ich in Mungul Sidrath davongetragen hatte, war wieder aufgesprungen, und die Bandage vermochte das Blut nicht mehr zu stillen.
Turko fluchte vor sich hin – über Muskelkraft und über Schwerter und Speere und teuflische Menschenungeheuer.
Der Volrok klappte die Flügel zusammen und stürzte sich erneut herab.
Diesmal mußte ich den Toonon ignorieren. Wir mußten dem Speer ausweichen, um uns auf die gefährlichen Fußklingen zu konzentrieren, die in der Dunkelheit kaum zu erkennen waren. Der Volrok griff an, und diesmal konnte ich erkennen, daß die Klingen an seine Hacken geschnallt waren, damit er die ganze Kraft seiner Beinmuskeln einsetzen konnte; wären sie an seinen Füßen oder Zehen befestigt gewesen, hätte er nicht mit derselben Kraft zustoßen können. Er hätte die Messer nach einem Angriff nicht so schnell wieder freimachen und davonfliegen können. Er konnte also auch nicht ohne weiteres stehen, denn die Klingen krümmten sich so, daß sie eine Fortsetzung seiner Beine bildeten.
Die dunkle Gestalt schoß auf uns zu. Der schimmernde Speer war die kleinere Gefahr. Der Angreifer gedachte im letzten Augenblick die Füße nach vorn zu nehmen, um mich aufzuspießen oder mir den Kopf zu spalten, ehe er mit gestreckten Beinen wieder Auftrieb suchte und die Klingen auf diese Weise aus mir löste.
»Runter, Turko!« brüllte ich, duckte mich und ließ den Toonon an mir vorbeizischen. Die Spitze ließ eine Lenkholzkante im Boot splittern und glitt weiter. Dann hieb ich zu. Der Bootshaken wirbelte herum, knallte aus dem vollen Schwung heraus gegen die Oberschenkel des Volrok und brach ihm beide Beine. Abrupt baumelten die Klingen kraftlos herab.
Das Wesen kreischte auf.
In diesem kurzen Augenblick vermochte ich nachzufassen und dem Angreifer die bronzene Spitze tief in den Leib zu bohren.
Turko hieb wie wild auf die Flügel des Volrok ein.
Das Wesen schrie vor Schmerz und Entsetzen. Seine Flügel peitschten durch die Luft, als es zu fliehen versuchte. Der Bootshaken hielt es fest. Ich lehnte mich zurück, zerrte es rücksichtslos herab. Das Holz des Ruders traf den Volrok am Kopf. Mit einer verzweifelten Anstrengung, die ihm in einem Blutschwall den Leib aufriß, löste sich der Volrok von meinem Haken. Er versuchte verzweifelt Höhe zu gewinnen, doch die Flügel bewegten sich nur noch kraftlos. Schwankend und taumelnd verschwand er in der mondhellen Nacht. Ich fluchte, denn das Wesen durfte nicht entkommen.
»Wir hätten seinen Toonon gebrauchen können, und auch die gefährlichen Klingen!«
»Er hat gut gekämpft ...«
»O ja, ein guter Kämpfer war er.«
»Heimtückisch sind die Volroks.« Turko wandte sich zurück und blickte ins Boot zurück. »Hört auf zu heulen! Er ist fort!«
Die Mädchen nahmen sich zusammen.
»Jagen sie zu zweit oder allein, Turko?«
»Das hängt davon ab, aus welcher Stadt oder Provinz sie stammen. Ich kann nicht behaupten, daß ich alle ihre Eigenschaften kenne. Aber es handelt sich um Menschen, sie sind intelligent ...«
»Ich verstehe.«
Ich suchte den nächtlichen Himmel ab, der vom warmen Schein der Frau der Schleier erfüllt war. Der Kampflärm hatte Aufmerksamkeit erregt. Lichter näherten sich schwankend über das Wasser.
»Beim Muskel, sie haben uns entdeckt!«
»Aye.«
Ich ließ mich auf die Ruderbank fallen, zog den Bootshaken über die Bodenbretter, was vom lauten Schrei eines Mädchens quittiert wurde, und zog die Ruder durch. Mein Training als Rudersklave an Bord der Ruderer des Binnenmeeres und an Bord der Schwertschiffe, die bei den Hobolong-Inseln nach Beute suchten, mochte mir jetzt sehr zupasse kommen – ganz zu schweigen von meinen Jugendjahren als Seemann in der englischen Marine des späten achtzehnten Jahrhunderts auf der Erde.
Die Ruderblätter bohrten sich tief ins Wasser, das sofort aufschäumte. Ich legte mich mit voller Kraft in die Riemen, ohne auf das Blut zu achten, das auf meiner Stirn gerann und sich im Nachtwind kalt anfühlte. Ich hielt auf das nördliche Ufer zu, das uns am nächsten war. Von hinten holte sehr schnell der lange flache Schatten einer Galeere auf – vor dem mondhellen Himmel war sie deutlich zu sehen, und die Ruder an Steuerbord und Backbord fielen mit solcher Präzision ins Wasser, daß das ganze Schiff nur einen Ruderbaum zu haben schien.
Ich pullte.
Aber die Migla-Sklaven an Bord der Galeere legten sich unter der Peitsche ebenfalls kräftig in die Riemen. Das Schiff in unserem Kielwasser kam unaufhaltsam und mit schäumender Bugwelle näher.
»Richtung, Turko?«
Er sprang an mir vorbei, hockte sich in den Bug. Gleich darauf rief er: »Nach links – das heißt zu deiner Rechten, Dray ...«
»Aye.«
Das kleine Fischerboot glitt über das Wasser. Wenn uns in diesem Augenblick weitere Volroks angegriffen hätten, wären unsere Chancen sehr gering gewesen. Ebenso war es um uns geschehen, wenn wir das Ufer nicht mit wenigstens soviel Vorsprung erreichten, daß wir aus dem Boot springen und in der Dunkelheit zwischen den Schilfhainen der Sumpflandschaft verschwinden konnten. Ich pullte. Wir hatten einen ruhigen Tag hinter uns, und ich war wieder etwas zu Kräften gekommen. Noch würde ich nicht ermüden; doch ein einzelner Mann in einem schwerfälligen Boot hatte keine Chance gegen eine Galeere von mindestens vierzig Rudern.
»Beim Muskel! Volroks! Unzählige Volroks!«
Ich verschwendete keine Zeit auf einen Blick nach oben – ich legte mich ins Zeug. Das Wasser platschte und zischte, und mit jedem Ruderschlag machte das Boot einen kleinen Satz. Die verfolgende Galeere zerteilte elegant das Wasser mit einem dünnen rosaschimmernden Kamm zwischen den Zähnen. Der Verfolger holte auf, doch ich ließ mich nicht beirren. Das Boot geriet ins Wanken, als Turko wieder sein Ruder zu schwingen begann – es gab zwei Ruderpaare an Bord. Er sprang auf und schwenkte das lange Holz herum.
Ein Flügel streifte mich am Kopf, und eine Sekunde lang legte sich ein dunkler Schleier vor meine Augen; doch ich kämpfte dagegen an. So durfte Dray Prescot, Krozair von Zy, Lord von Strombor – und vieles andere – nicht sterben!
Die Mädchen klammerten sich aneinander und schrien ihre Angst hinaus. Die Galeere rückte gnadenlos auf. Und die Volroks senkten sich in Wolken aus dem rosafarbenen Himmel herab.
»Das ist das Ende!« brüllte Turko und hieb mit dem Ruder um sich. »Das schaffen wir nicht mehr!«