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Der schwarzgeschnäbelte und gelbgeflügelte Flugvogel raste durch den Nebel des frühen Morgens, der durch Zim und Genodras bereits einen ersten Hauch apfelgrün und rosarot gefärbt war. Wind umspielte den Reiter, der auf dem Rücken des Flutduins saß, erzeugte aber keinerlei Geflatter von Schmuck und Zierrat, keine wehenden Tücher und Schnüre, kein wirbelndes Gewirr von Federn – nichts unterschied diesen Flutduin oder seinen Reiter von der halben Schwadron, die links, rechts, oberhalb, unterhalb und dahinter Eskorte flog.

Drak, Prinz Majister von Vallia, leitete persönlich diesen frühen Aufklärungsflug. Seine braunen vallianischen Augen schauten am gekrümmten Hals seines Flugtiers vorbei nach unten. Sein Gehirn registrierte, numerierte und katalogisierte alles, was er sah.

Der kräftige Flügelschlag trug ihn in einer langen, auf- und niedergehenden Bewegung größter Vollkommenheit vorwärts. Drak hatte leider nicht so oft Gelegenheit zum Flutduinreiten, wie er es sich gern gewünscht hätte. Im Grunde gab es nicht viel, was sich mit diesem Erlebnis messen ließ. Eine Zorca zu reiten – nun ja, das war auch toll, aber zugleich völlig anders als dieser angenehme Flug durch die dünne Luft.

Zwei Ulms* querab, ausgebreitet wie Soldaten auf Parade, war die Streitmacht Rosil Yasis zu sehen, des Stroms von Morcray, eines Katakis.

Obwohl man hier und dort Fortschritte gegen ihn machte und ihn bereichsweise besiegte, brachte der Kataki-Strom noch immer eine beängstigende Armee auf die Beine. Eiskalt überschlug Drak die Zahlen, die Formationen, die Qualität und die Art der Truppen, die sich vor ihm ausbreiteten.

Der Jiktar, der die halbe Wachschwadron führte, stieß einen Warnruf aus. Mit einer langen, biegsamen Lanze deutete er nach oben und nach vorn.

Also bei Vox! Man konnte nicht damit rechnen, einen Kundschaftsflug ohne Feindberührung durchzuführen.

Strom Rosils Flugtruppen bestanden vorwiegend aus Fluttrells und Mirvols, Vögel und Flugtiere, wie sie in der Flugkavallerie vieler Nationen eingesetzt wurden. Soweit Drak wußte, war der Flutduin, der allgemein als bester aller Sattelvögel galt, nur im Land Djanduin zu finden. Sein Vater, der in jenem fernen Land im südlichen Havilfar König war, hatte dafür gesorgt, daß diese Horde erstklassiger Flutduins in sein Inselstromnat Valka gebracht wurden, das östlich der vallianischen Hauptinsel lag.

Im Laufe der Jahresperioden war eine ziemlich große Flutduin-Kavallerie aufgebaut worden, eine frische Brut hatte man in der Provinz der Blauen Berge ausgesetzt, in der seine Mutter zu Hause war. Die störrischeren Elemente Vallias hatten sich der unheimlichen Idee widersetzt, vom Rücken großer Vögel zu kämpfen, während sie durch die Luft schwirrten; daß daran aber etwas war, hatte sich gezeigt, als die Luftkavallerie Hamals – und die anderer Nationen – Vallia unbarmherzig heimsuchte.

Drak hätte sich eine Streitmacht Djangs aus Djanduin gewünscht. Diese vierarmigen Dwadjangs verstanden sich darauf, ihre Reittiere beim Fliegen zu lenken, außerdem hatten sie ausgezeichnete Kenntnisse im Luftkampf.

So hatte er eigentlich keine Probleme mit der Patrouille, die sich nun seinem kleinen Trupp näherte. Der Aufklärungsflug war sowieso beinahe beendet, und er hatte sich die Formationen und Dispositionen des Kataki-Stroms eingeprägt – die Patrouille konnte also kehrtmachen und nach Hause fliegen.

Einige Flutswods, die auf ihren Vögeln saßen, gaben lautstark ihrer Enttäuschung Ausdruck, fanden sie doch, daß der Trupp die Flucht ergriff. Dabei bestand ihre Aufgabe darin, den Prinz Majister zu begleiten, nicht sich mit irgendwelchen Fluttrell-Reitern herumzuschlagen.

Brav flog die Aufklärungspatrouille zurück ins Lager.

Drak tätschelte seinen anmutigen Reitvogel, sprang aus dem Sattel und überließ die Zügel dem jungen Emin dem Frechen, der es kaum erwarten konnte, alt genug zu sein, um Soldat zu werden und sich als Flutswod den Reihen der Luftkavallerie anzuschließen.

»Gut gemacht!« sagte Drak zu seinem Tier.

»Aye, Jis«, sagte Emin der Freche, »du könntest gar kein besseres Tier wählen als Strahlende Feder.«

Drak bedachte den Jungen mit einem Lächeln und sagte: »Du pflegst ihn gut. Deine Strahlende Feder könnte noch vor dem zweiten Frühstück eine ganze Schwadron Fluttrells erledigen.«

»Was!« rief Emin. »Nein, Jis, vor dem ersten Frühstück!«

Drak lachte und begab sich in das Zelt, in dem die führenden Offiziere der Armee warteten. Er reichte seinem Adjutanten Nath dem Strengen sein Spionglas; Teleskope waren zwar auf Kregen ziemlich weit verbreitet und wurden oft eingesetzt, doch stellten sie einen wertvollen Besitz dar, der gut behütet werden mußte. Drak zog den Kopf ein und betrat das Zelt.

Er begrüßte die versammelten Stabschefs und umriß mit knappen Worten, was er von Yasis Armee hielt, wie sie strukturiert war und was Yasi damit erreichen wollte.

Kapt Enwood nal Venticar war der dienstälteste Offizier der Runde. Er nickte und ergriff als erster das Wort.

»Der Plan ist gut, Jis. Seit wir ihn nach Norden gelockt haben, hat sich unser Glück gewendet. Heute – nun ja, heute erleben wir vielleicht einen Sieg, auf dem wir aufbauen können.«

Der kompakt gebaute Mann in der einfachen Lanzenträger-Uniform, an der lediglich einige zusätzliche goldene Verzierungen angebracht waren, räusperte sich. Sein Gesicht sah aus, als setze es sich aus verwittertem Eichenholz, altem Stiefelleder und hartem Eisen zusammen. Seine Augen, die ein gutes vallianisches Braun aufwiesen, saßen tief in den Höhlen, und die Augenbrauen waren buschig wie zwei Dornefeu-Hecken.

»Majister«, sagte er mit knarrender Stimme. »Hast du auch einen Eindruck von der gegnerischen Phalanx gewonnen?«

»Ich konnte keine Lanzenträger ausmachen, Brytevax Thandor. Außerdem wäre es mir lieber, wenn du mich ›Jis‹ nennst.«

»Wie du befiehlst, Jis!«

Thandor Veltan ti Therfuing, ein kompakter, sturer, unbeweglicher Phalanx-Kommandeur, hatte seine Karriere bei der ursprünglichen Phalanx von Therminsax als einfacher Brumbyte begonnen. Sein Ruf war gewachsen, man hatte ihn befördert. Nun war er zum Brumbytevax ernannt worden, ein Titel, der allgemein auf Brytevax verkürzt wurde, und sollte Draks Phalanx-Streitkräfte führen. Er wurde auch Thandor der Fels genannt.

Nun begannen die Divisionskommandeure ihre Ansichten zu äußern. Drak lauschte und nickte ab und zu. Alle Anwesenden erkannten, wie wichtig die gewonnenen Erkenntnisse waren. Wenn der Kataki-Cramph keine Phalanx zur Verfügung hatte, war die heutige Aufgabe um so einfacher. Leicht würde es auf keinen Fall sein. Bei Vox, nein, einfach konnte man es sich nicht machen!

Die Armee, die bereits seit der ersten Morgendämmerung unterwegs war, würde sich jetzt in Positionen begeben, die man im Hinblick auf den größtmöglichen Vorteil bestimmt hatte. Die Ausgangsformation war von großer Bedeutung. Mit der Phalanx als Angelpunkt gedachte Drak einen Flügel etwas zurückzunehmen und den anderen in einer massiven Attacke aller Kräfte herumzuziehen, die er aufbringen konnte. Sattelkämpfer und die wenigen Flugboote, die unter seinem Kommando standen, würden den Luftraum freihalten. Wenn Opaz der Militante heute freundlich gesonnen war, konnten sie vielleicht Strom Yasi wie einen Teppich aufrollen.

Jiktar Endru und Jiktar Naghan der Bogen, Befehlshaber der Leibwache-Regimenter des Prinzen, standen an der Tür; zu einem Teil gehörten sie zu den Vorgängen am Tisch, zu einem Teil zur beständigen Wachstreitmacht.

Da die verrückte Garde seines Vaters, seine Juruk-Jikai, auf ihr eigene verquere Art organisiert war, hatte Drak sich dazu bereiterklären müssen, die beiden Regimenter von verschiedenen Leuten repräsentieren zu lassen. Dabei gab es eine Art rotierendes System für den Kommandeurswechsel. Bei ihm waren Vertreter der Schwertwache des Herrschers und der Gelbjacken des Herrschers. Eines wußte Drak – er hatte diese Männer nicht nur lieber auf seiner Seite, als gegen sie zu kämpfen – es konnte vielmehr gar kein Gedanke daran sein, jemals gegen sie kämpfen zu wollen.

Er hob die Augenbrauen und schaute sich um, dann fragte er in die Runde: »Wo ist Leone Sternenhammer?«

Stille senkte sich auf den Tisch wie ein Vorhang. Dann begannen drei oder vier gleichzeitig zu reden und hielten wieder inne. Drak zog ein verwirrtes Gesicht. Was, zum Teufel, ging hier vor?

Er wandte sich an Endru, der am Eingang stand. Wenn überhaupt jemand Bescheid wußte, dann der Kommandeur seiner anderen beiden Leibwachen.

»Endru?«

»Ja, Jis. Leone ist fort, um Königin Lushfymi zu begrüßen.«

Drak hatte das Gefühl, als wäre in seinem Kopf ein Vulkan losgegangen.

Er öffnete den Mund, konnte nicht sprechen, schloß den Mund wieder. Er schluckte trocken herunter und warf zornige Blicke. Dann ordnete er die Worte, die ihm auf die Zunge drängten.

»Königin Lust! Bei Vox! Warum muß sich diese Frau ausgerechnet den Tag einer Schlacht für ihren Besuch aussuchen!«

Endru versuchte diplomatisch zu sein. »Es liegt auf der Hand, daß sie nicht wußte, daß heute eine Schlacht stattfinden würde.«

»Ich weiß nicht«, knurrte Drak zornig. »Ich würde ihr alles zutrauen. Natürlich ist sie uns überaus willkommen. Stets und immerdar. Nur ... nur eben heute nicht ...«

Keiner der Anwesenden hielt es für angebracht, darauf hinzuweisen, daß der König die Königin mit ihrem Spitznamen bezeichnet hatte. Der alte Herrscher, den König Lushfymi hatte heiraten wollen, hatte jedem, der sie Königin Lust nannte, mit Kopfabschlagen gedroht. Und er hatte im Ernst gesprochen.

Dennoch wurde Königin Lushfymi aus Lome von den meisten Leuten insgeheim nur Königin Lust genannt.

Drak runzelte die Stirn. Er legte die Faust um den Rapiergriff und fummelte daran herum – eine für ihn untypische Verhaltensweise.

»Kapt Enwood. Du mußt den rechten Flügel übernehmen, ich führe den linken. Brytevax Thandor kommandiert die Mitte. Damit erreichen wir, daß die Königin zumindest nicht mitten im Geschehen stecken wird, wenn sie sich nicht dazu überreden läßt, die Schlacht aus sicherer Entfernung zu beobachten.«

»Mit Vergnügen, Jis!« rief Enwood und rieb sich die Hände. Er hatte schon einen langweiligen Tag vor sich gesehen. Nach dem Plan oblag dem rechten Flügel der Angriff, während der linke Flügel sich auf nichts einlassen sollte.

»Und kein Wort zur Königin über den Schlachtplan! Ist das klar?«

»Klar, Prinz!« Die Männer sprachen wie aus einem Munde.

Drak schaute sich in der Runde um, auf Männer, die für ihn nicht nur getreue Untertanen, sondern auch Freunde und Gefährten waren, die wie er das Wohl Vallias im Sinne hatten. Leicht hätte dieser Augenblick gefühlsselig werden können. Statt dessen verzichtete er darauf, seine Gefährten mit blankgezogenem Schwert zu segnen, und sagte nur: »Kämpft heute mit Vox, der euch die Waffen schärfen soll. Möge das Licht Opaz' euch und eure Soldaten begleiten, jeden einzelnen von euch. Remberee!«

»Remberee, Prinz!« sagten sie, dann empfahlen sie sich und machten sich an ihre Arbeit.

Nath der Strenge brachte auf einem Tablett eine Tasse heißen kregischen Tee und einen Silberteller Miscils und Palines – dies alles stürzte Drak herunter, ohne die Leckereien richtig zu genießen. Ihn plagten zahlreiche Zweifel, von denen er allerdings wußte, daß sie beim ersten Trompetenstoß der Schlacht verfliegen würden.

Sorgen um Königin Lust plagten ihn.

Sein kleines Juruk-Jikai, das aus Endrus Schwertwache des Prinz Majisters und Naghans Ergebenen Bogenschützen des Prinz Majisters bestand, würde dafür sorgen, daß er selbst keinen Schaden nahm. Er wußte überdies, daß die verrückten Gardisten seines Vaters, die SWH und die GJH, zwar am liebsten dem Herrscher dienten, sich aber auch ebenso intensiv um den Sohn kümmern würden.

Übrig blieben Leone Sternenhammers Jikai-Vuvushis, die frei waren, sich um die Königin zu kümmern.

Oft hatte er seinen Großvater darüber jammern hören, wie sein Hofstaat ihn bevormundete oder ihm in den Weg geriet, wenn er mit dem Gegner auf Tuchfühlung gehen wollte. Sein Vater, der ein noch wilderer Teufel war, äußerte sich ebenso, und zwar noch nachdrücklicher. Inzwischen verstand Drak, was es mit diesen Kümmernissen auf sich hatte.

Gab er Angehörigen der Leibwachen den Befehl, sich zu verziehen und den rechten Flügel zu verstärken, wie er ursprünglich vorgehabt hatte, würden sie allerlei Gegenargumente vorbringen. Letztlich weigern würden sie sich nicht, doch würden sie in Hiebweite jeder Stelle bleiben, die er während der Schlacht einzunehmen beliebte.

Verdammte Königin Lust!

Im nächsten Augenblick reute ihn seine Gereiztheit.

Sie war eine großartige Frau, die ihr Leben aus vollem Herzen Vallia widmete. Nachdem ihre Heimat von Flutsmännern und Sklavenherren und Aragorn geräumt war – unseligen Einflüssen, die im ganzen bisher unbefreiten Vallia am Wirken waren –, würde sie entscheiden müssen, wo sie wohnen wollte. In Vallia würde sie stets willkommen sein, dessen war sich Drak sicher.

Er leerte seine Tasse aus – das beste Getränk, das ein Mann sich wünschen konnte: guter, ehrlicher kregischer Tee –, nahm eine Handvoll Palines und verließ das Zelt. Den Swods in den Kampfreihen würde man kräftigen Wein reichen – die Soldaten hatten das immerhin verdient.

Vor ihm bewegte sich die Armee wie eine bunte Quiltdecke, die man auf dem Boden ausgebreitet hatte. Er zählte die Formationen ab, sah das Flattern der Flaggen, die Wimpel strahlend im zunehmenden Sonnenschein. Rüstungen und Waffen funkelten. Kapellen spielten auf. Zur Mitte hin stimmten die drei Kerchuris der Phalanx ihr Kampflied an – eine starke, feierliche Hymne. Ab und zu wechselten sie zu einem forschen und gewöhnlich nicht ganz anständigen Lied – fröhliche Verse, von denen sie auf ihrem Weg in die Hölle begleitet wurden.

Rechts von der Mitte marschierten die Ersten Vallianer. Die Mitte wurde von den Zweiten Therminsaxern gebildet. Nach links zu marschierte die Fünfte Drak-Kompanie wie eine kompakte Mauer.

Die Zweite hatte ihren Namen der Stadt entlehnt, in der der Herrscher die Phalanx gegründet hatte. Die Fünfte nannte sich nach einer halbmenschlichen, halb göttlichen Legendengestalt aus der fernen Vergangenheit Vallias.

Die andere Kerchuri der Dritten Phalanx, die Sechste, wurden die Sechste Delia genannt. Am liebsten hätte er Delia heute bei sich gehabt.

Was die Zweite Phalanx anging, die im Nordosten hinter dem Hawkwa-Land stand, so bestand sie aus der Dritten Opaz und der Vierten Velia.

Er versuchte seine Laune in den Griff zu bekommen, während er seine Zorca bestieg, die den Namen Glückliche Kalamität trug. Die Tage nach der Schlacht von Corvamsmot waren vorüber. Alloran hatte dort einen großen Sieg errungen, in Begleitung eines widerlichen Burschen, der seltsamerweise Zankov hieß. Seine Eltern hatten Drak in Briefen vor diesem Zankov gewarnt. In diesem Zusammenhang war die Andeutung besonders beunruhigend, daß seine jüngere Schwester Dayra vielleicht mit den Übeltaten des Mannes zu tun hatte. Es regte sich der Verdacht, er sei der Zahlmeister Allorans. Wie immer die Wahrheit auch aussehen mochte – eines stand fest.

Zankov hatte den alten Herrscher getötet und die Schuld Draks Vater zugeschoben, dem neuen Herrscher. Dieser Anwurf wurde durch Königin Lust widerlegt, die die Wahrheit kannte. Bei diesem Gedanken spürte Dray plötzlich den übermächtigen Wunsch, der heutige Tag würde sich nicht ereignen.

Wenn er nur – wenn er jetzt nur in Valka und Delphond sein und im Schatten der Blauen Berge Zorcas reiten könnte! Wenn er nur die Zeit hätte, die alten Bücher zu studieren ... Wenn ... Nun ja, er mußte eine Schlacht bestehen und eine Königin bei Laune halten. Vor seinem inneren Auge erschien ein Abbild Silda Segutorias und verschwand wieder – und er seufzte bei dem Gedanken, daß er, wenn sie hier wäre, keine Chance hätte, sie aus dem dichtesten Kampfgetümmel herauszuhalten.

Sein Gefolge umschloß ihn. Trompeter, Standartenträger, Kuriere – sie alle waren angespannt und fieberten den Ereignissen des Tages entgegen. Gefaßt waren sie bestimmt auf große Schrecken. Er ritt ein Stück voran, mit versteinertem Gesicht, starr und aufrecht im Sattel sitzend.

Die Masse der Soldaten, die vor ihm zielstrebig aufmarschierte, mußte heute wie ein gewaltiger Organismus funktionieren. Sie mußte Strom Rosil Yasi ein für allemal erledigen, bis nach Ovvend vorrücken und in Kaldi einfallen – um das vallianische Kernland wieder vollständig in Besitz zu nehmen.

Ein Adjutant rief außer sich vor Aufregung: »Jis! Die Königin!«

Drak wandte den Kopf und schaute hinüber.

Die Pracht der Farben, der Glanz des Goldes und Goldschmucks war geeignet, ungeschützte Augen zu blenden. Königin Lushfymi ritt an der Spitze ihres Regiments, eng flankiert von Leone und den hohen Offizieren ihrer Einheit. Die Königin saß auf einer Schimmelzorca, deren Fell gespenstisch hell aussah. Das Spiralhorn, das der Stirn des anmutigen Wesens entsprang, war zur Gänze mit Blattgold verkleidet. Die Rüstung der hohen Dame war mit Edelsteinen übersät. Riesige Federbüschel bewegten sich über ihrem Helm. Bewaffnet hatte sie sich mit dem üblichen kregischen Arsenal – und ausreichend Ersatzwaffen. Drak wußte nicht zu entscheiden, ob sie prächtig oder lächerlich aussah.

Er neigte eher dazu anzunehmen, daß sie einen positiven Eindruck machte und es wohl seiner schlechten Laune zu verdanken war, wenn er anders dachte.

Ihre Kavalkade kam zum Stillstand und zwang seine Leute, ein wenig Platz zu machen. Zorcahufe stampften auf den Boden. Grell spiegelten sich die Sonnen auf Rüstungen und Juwelen und Waffen. Das kräftige süße Parfum der Frauen machte sich bemerkbar.

»Lahal, Majestrix.«

»Lahal, mein lieber Drak. Ich bin gekommen, mein armer Dummkopf, um dafür zu sorgen, daß du dich nicht umbringen läßt.«