4. KAPITEL
Charlotte saß noch lange, nachdem Alexandre in der Dunkelheit verschwunden war, hellwach da. Immer wieder berührte sie vorsichtig die Blumen, lächelte ohne Grund und zitterte dann. Nicht vor Kälte, nicht aus Angst. Sondern vor Verlangen.
Sinnlich.
Dieser aufregende Mann fand sie sinnlich. Natürlich durfte sie ihm nicht glauben. Er war ein gefährlicher Charmeur. Wahrscheinlich sagte er das zu allen Frauen, die er in sein Bett bekommen wollte. Was sicherlich nicht schwierig war. Ein Mann wie er konnte eine Frau schon mit seinen Blicken verführen.
Wollte sie mit ihm ins Bett gehen?
Charlotte schluckte, und während sie sanft über eines der glänzenden roten Blätter strich, akzeptierte sie die Wahrheit. Seit sie ihn das erste Mal gesehen hatte, war Lust ihre ständige Begleiterin. Sie legte die Hand an ihre Lippen, die noch von Alexandres Kuss pochten. Er war heiß auf sie gewesen, doch er hatte sich beherrscht und ihr nur die Zärtlichkeit gegeben, die sie brauchte. Sie fragte sich, ob er bei jedem weiteren Schritt in diesem Tanz so zärtlich sein würde.
Konnte sie es riskieren?
Charlotte reagierte skeptisch auf reiche, welterfahrene Männer, weil sie glaubte, dass sie im Herzen niederträchtig waren. Sie hatte so viele Jahre lang miterlebt, wie Spencer Lilah demütigte und manipulierte, dass sie keinen Respekt vor diesem Typ Mann hatte. Trotzdem wehrte sie sich dagegen, Alexandre in dieselbe Schublade wie Spencer zu stecken.
Sie zog die Stirn kraus. Sie wollte Alexandre, aber für sie war der Liebesakt etwas ganz Besonders. Sie schlief nicht leichtfertig mit irgendeinem Mann. Was sie allerdings für Alexandre empfand, war alles andere als oberflächlich.
Er gab ihr das Gefühl, eine begehrenswerte Frau zu sein. Wenn er sie betrachtete, sah er Schönheit.
Sinnlich.
Charlotte ging ins Bett. Nackt legte sie sich zwischen die kühlen Laken. Und als die Laken ihre erhitzte Haut sanft streichelten, erinnerte sie sich an Alexandres Worte.
Träum von mir.
Das hätte er ihr gar nicht sagen müssen. Sie träumte von ihm, seit sie ihn das erste Mal gesehen hatte.
Am nächsten Morgen stand Charlotte schon vor Tagesanbruch auf, um letzte Hand an einige Blumengestecke zu legen. Ihre Gedanken waren bei dem Mann mit den dunklen Augen. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, als sie an die Begierde dachte, die sie in diesen Augen gesehen hatte. Würde sie damit klarkommen, wenn er dieses Verlangen bei ihr stillen wollte?
Kopfschüttelnd besprühte sie einige Blumen mit Wasser und zupfte das Mauer-Gipskraut zurecht. Die Gestecke waren für eine Hochzeit gefertigt, die heute auf dem Anwesen gefeiert werden sollte. Jetzt musste sie nur noch die Blumenlaube schmücken, unter der die Trauungszeremonie stattfinden würde. Weinblätter und zarte weiße Rosen sollten sich um die Metallrahmen ranken.
Das Herannahen der Caddys unterbrach ihre Gedanken. Lächelnd ging sie hinaus und überwachte das Verladen ihrer kostbaren Blumen auf die drei Wagen. Sie wurden von dem Personal gefahren, das Megan für die Hochzeit engagiert hatte. Charlotte ließ sich von den Männern mitnehmen und mit den Rosen und Weinblättern an der Kellerei absetzen.
Der Rahmen für die Laube war schon neben dem Gutshaus aufgebaut. Nachdem sie die Fahrer angewiesen hatte, die Blumengestecke auf den Tischen in dem großen Saal abzustellen, in dem anschließend der Empfang stattfinden sollte, arbeitete sie anderthalb Stunden an der Laube.
Megan, die sich um die Bestuhlung gekümmert hatte, trat zu ihr. “Mach nur weiter. Lass dich von mir nicht stören.”
Charlotte lächelte. Megan war seit ihrer Hochzeit mit Simon sichtlich gereift. “Ich bin fertig. Wie findest du es?”
“Toll wie immer. Ich wünschte, ich hätte deine künstlerischen Fähigkeiten.”
“Man kann nicht alles können. So, nun muss ich mich um den Blumenschmuck im Haus kümmern.”
“Bei dir weiß ich zumindest, dass du ausgezeichnete Arbeit leistest. Sorgen mache ich mir um die ganzen anderen Idioten.”
Lachend machte Charlotte sich auf den Weg ins Haus. Als sie die vier Stufen hinauflief, hielt sie Ausschau nach Alexandre. Er war nirgends zu sehen.
Gegen zehn Uhr war sie fertig. Sie setzte sich auf ihr Fahrrad, das von einem der Caddys gebracht worden war, und wollte losradeln, als ein schwarzer Ferrari die Einfahrt zum Anwesen hinauffuhr.
Neugierig, wer wohl in diesem Wagen saß, ließ sie sich Zeit mit der Abfahrt. Obwohl sie sich sonst nicht von Luxus beeindrucken ließ, wusste sie doch die schnittige Form eines Wagens zu schätzen, der einem sprungbereiten Raubtier ähnelte.
Zu ihrer Überraschung änderte der Wagen die Richtung, fuhr um den Pool herum und kam direkt auf sie zu. Dicht vor ihrem Fahrrad stoppte der Wagen. Sie runzelte die Stirn und fragte sich, ob sie die Annäherungsversuche eines reichen Gastes abwimmeln musste, der zu früh gekommen war,
Die Autotür wurde geöffnet, und ein Mann stieg aus, der einem Raubtier noch mehr ähnelte als der Wagen. “Ma chérie, sag nicht, dass du den ganzen Morgen hier warst.”
“Doch, ich habe die Harrington-Hochzeit vorbereitet.” Sie wollte ihn fragen, wo er gewesen war, doch die Worte blieben ihr im Hals stecken, als er zu ihr kam und ihre Hand nahm.
“Du bist ganz zerkratzt”, sagte er fast vorwurfsvoll.
Sie lachte. “Das kommt vor. Blumen sind zwar sehr schön, aber manchmal haben sie auch Dornen.”
“Du musst besser auf dich aufpassen.” Es klang wie ein Befehl.
“Alexandre.”
Er führte ihre Hand an seine Lippen und küsste einen langen, ärgerlichen Kratzer. “Das gefällt mir.” Er knabberte sanft an ihren Knöcheln.
“Was?”
“Mein Name auf deinen Lippen.”
Ihr wurde ganz heiß bei seinem Blick. “Ich muss los.”
“Hast du Zeit, heute Abend mit mir essen zu gehen, Charlotte?” Er lächelte charmant, kleine verführerische Grübchen zeigten sich in seinen Wangen, und er strahlte von Kopf bis Fuß Sex-Appeal aus.
Ihr Herz schmolz dahin. “Du bist einfach zu charmant.”
Er lachte nicht, wie sie erwartet hatte. Im Gegenteil, sein Lächeln verblasste. “Ich bin nicht nur charmant.”
Der flüchtige Schatten, der über sein Gesicht zog, ließ Charlotte an die bisherigen Treffen mit ihm denken. Alexandre, erkannte sie, bewahrte Distanz zwischen sich und dem Rest der Welt. Er war so charmant, dass die meisten Menschen wahrscheinlich gar nicht merkten, dass er nie eigene Gefühle zeigte.
Doch ihr war es aufgefallen, denn sie war genauso. Sie schenkte niemandem schnell ihr Vertrauen. Walker war der einzige Mensch, der ihr nahestand. Sie bewunderte ihren älteren Bruder, obwohl sie sich Sorgen wegen seiner Loyalität zu einem Mann wie Spencer machte. Doch selbst Walker kannte ihre geheimsten Gedanken und Gefühle nicht.
Da sie wusste, wie weh die Schmerzen taten, die niemand sehen konnte, sehnte sie sich danach, die Narben zu glätten, die hinter Alexandres weltmännischer Eleganz verborgen lagen. Würde er ihr jemals so vertrauen, dass er ihr seine Geheimnisse verriet? Und sie? Würde sie es auch tun?
“Dinner? Ja, ich habe Zeit”, sagte sie und ging das Risiko ein, sich mit diesem Mann zu treffen, der ihr Herz so schnell erobert hatte.
“Ich hole dich um neun ab.” Er ließ ihre Hand los, die er die ganze Zeit sanft gestreichelt hatte.
“Ist das nicht ein bisschen spät?”
Er zog eine Grimasse. “Ich habe vertrauliche Besprechungen mit dem Personal der Kellerei und anschließend mit Trace. Wartest du?”
Sie konnte nicht widerstehen. “Wir treffen uns hier.”
“Dann ist es aber schon dunkel.”
“Kein Problem.” Das Zusammenleben mit Lilah hatte Charlotte gelehrt, dass Frauen, die sich von ihren Männern alles sagen ließen, als Fußabtreter endeten. Auch wenn Lilah ein Leben in Luxus führte, war sie nichts weiter als Spencers Marionette. Wenn er an den Fäden zog, bewegte sie sich. “Wir treffen uns um neun an deinem Wagen.”
Er murmelte etwas auf Französisch. “Ja, ich glaube, meiner maman würdest du sehr gut gefallen, ma petite.”
Was meinte er damit? “Du hast zu tun.”
“Für dich habe ich immer genug Zeit.” Er nahm ihre Hand und küsste zärtlich die empfindliche Innenseite ihres Handgelenks. “Bis heute Abend, meine entzückende, sinnliche Charlotte.” Er lächelte, als sie errötete. “Absolut sinnlich.”
Alexandre sah Charlotte nach, als sie sich auf ihrem Fahrrad entfernte. Sein Blick ruhte auf ihrer aufregenden Figur, doch seine Gedanken waren bei ihren Fantasien.
Mein Geliebter,
weißt du, wovon ich träume?
Ein Picknick im Mondschein unter den ausladenden Zweigen eines majestätischen Baumes. Ich möchte wie ein Schatz behandelt werden – deine Blicke sollen bewundernd auf mir ruhen, du sollst mich mit Schmeicheleien verführen und zärtlich berühren.
Ich möchte, dass du meine Hand nimmst und mit mir zu der Musik der sich im Winde wiegenden Blätter tanzt. Kein Wort soll zwischen uns fallen, das nicht von Begierde spricht und die Sinne verführt.
Aber, nicht mehr.
Ich möchte, dass du mir diesen romantischen Moment schenkst, ohne im Gegenzug Sex zu fordern. Nur meine Gesellschaft. Und mein Lächeln.
Alexandre wurde den ganzen Tag von den Gedanken an Charlotte begleitet. Sie glaubte, dass ein Mann ihre Sehnsucht nach Romantik nur schwer erfüllen konnte. Aber da täuschte sie sich. Ihm würde es ein Vergnügen sein, sie im Mondlicht zu bezaubern.
Natürlich gab es Männer, die einfach schnell zur Sache kommen wollten. Alexandre hatte nie zu ihnen gehört. Selbst als junger Mann nicht. Er hatte immer gewusst, dass es nicht reichte, den Körper einer Frau zu verführen. Ein guter Lover widmete sich genauso intensiv ihrem Verstand, ihrem Herzen und ihrer Seele.
Bei Charlotte würde er all seinen Charme versprühen. Er bewunderte und verehrte sie, und er wollte ihr alles geben, was sie sich wünschte. Mit ihrem geheimnisvollen Wesen und ihrer unglaublichen Sinnlichkeit reizte Charlotte eine Seite in ihm, die sonst im Verborgenen schlummerte.
Charlotte war keine Frau, die jemandem schnell ihr Vertrauen schenkte. Und wenn sie mit Alexandre schlief, dann war es viel mehr als ein flüchtiges sexuelles Abenteuer, ja, weit mehr, als er je zuvor erlebt hatte.
Als sie sich am Abend an seinem Wagen trafen, begnügte er sich mit einem Kuss auf Charlottes Wange. In ihrem langen Jeansrock und der weißen Seidenbluse sah sie atemberaubend aus.
Sie verließen das Anwesen. Immer wieder warf er ihr einen Blick zu. “Du siehst fantastisch aus. Unglaublich exotisch.”
Sie lachte. “Wohin entführst du mich?”
“Zu einem geheimen Platz, wo ich dich dann vernaschen werde.”
“Wohin?”
“Das ist ein Geheimnis.”
Sie blickte hinaus in die Dunkelheit. Sie befanden sich auf einer engen Nebenstraße. “Bist du sicher, dass du weißt, wohin der Weg führt?”
“Sehr sicher.” War er das wirklich?
In der Vergangenheit war eine diskrete Affäre nie ein Problem für ihn gewesen. Er hatte sich seine Partnerinnen nach denselben Gesichtspunkten ausgesucht, wie sie ihn – weder er noch sie wollten eine feste Bindung eingehen. Wenn die Zeit der Trennung gekommen war, geschah dies mit einem Lächeln. Einige seiner früheren Freundinnen betrachteten ihn heute als engen Freund.
Bei Charlotte herrschten andere Regeln – er war anders. Er wollte sie in seine Arme schließen, und sie sollte ihm gehören. Er wollte Sex mit ihr haben, wann immer ihm danach war. Seine Gefühle für sie grenzten schon gefährlich an Besitzansprüche.
Sein Verstand spürte die Bedrohung – das erste Mal in seinem Leben könnte eine Frau ihn in die Abhängigkeit locken. Sein ganzes Leben lang hatte er dagegen angekämpft. Seine Kindheit hatte ihn gelehrt, dass er von Frauen nichts weiter als eine kurzlebige Gesellschaft erwarten konnte.
Niemals Treue. Niemals ein “für immer”.
Trotzdem wollte er Charlotte.
“Alexandre.” Ihre sanfte Stimme streichelte seinen Körper.
Er war erregt. “Oui, ma petite?”
“Du bist plötzlich so ruhig. Ist alles in Ordnung?”
Ihre Sorge rührte ihn. “Alles in Ordnung.”
Sie stöhnte frustriert. “Du bist ein Meister darin, Fragen zu beantworten, ohne etwas preiszugeben.”
“Vielleicht stellst du nicht die richtigen Fragen.” Er hatte noch nie einer Frau die Chance gegeben, die richtigen Fragen zu finden und zu stellen. Immer war er rechtzeitig ausgewichen.
“Und wenn ich die richtige stelle, wirst du sie mir dann beantworten?”
“Das hängt von meiner Stimmung ab”, neckte er. “Du musst nur den Moment finden, in dem ich dir total ausgeliefert bin. Ich schlage vor, du stellst deine Fragen im Bett.”
“Alexandre!”
Er lachte über ihren entsetzten Ausruf, und langsam begann er sich zu entspannen. Ein überraschender Gedanke ging ihm durch den Kopf. Konnte diese zierliche Frau ihm helfen, den Weg hinaus aus dem Dunkel seiner Vergangenheit zu finden? Einer Vergangenheit, die von Täuschung und Schande geprägt war – er liebte seine maman, doch er wünschte keinem Kind eine Mutter mit einem solchen Lebensstil.
Vor Charlotte hatte noch keine Frau auch nur annähernd den Weg zu seinem Herzen gefunden. Aber durfte er sie überhaupt mit seiner Vergangenheit belasten? Sie war so frisch wie der Morgentau – warum sollte er ihr die Träume von Liebe und Treue nehmen?
Er holte tief Luft und verdrängte die unerwartet auf ihn einstürzenden Fragen. Dieser Abend war für sie. Und auch er würde ihn genießen. Er war fasziniert von der Vorstellung, mit dieser bezaubernden Frau einen romantischen Abend im Mondschein zu verleben. “Sieh nach vorn, meine kleine, unschuldige Charlotte.”
“Hör auf damit, du … oh … Es sieht aus wie eine … Wiese? Wie hast du sie gefunden?” Ihr Blick wanderte über das frische Gras, das im Mondlicht silbern schimmerte.
“Ich bin ein Zauberkünstler, chérie. Ich kenne viele Dinge.”
Charlotte war begeistert von der Schönheit der Natur. Die Wiese mit den bunten Frühlingsblumen, die jetzt am Abend ihre Blüten geschlossen hatten, war ein Traum. Ihr Traum. Kaum hielt der Wagen, löste sie ihren Sicherheitsgurt und wollte aussteigen.
“Warte, ich öffne dir die Tür.”
Überrascht beobachtete sie, wie er ausstieg, um den Wagen herumging und ihr die Tür aufhielt. “Es gibt also immer noch Kavaliere”, stellte sie entzückt fest und stieg aus.
Er schloss die Tür und nahm ihre Hand. “Du hast es verdient, Charlotte.”
Sie liebte es, wie er ihren Namen aussprach. Aus seinem Mund klang er so wundervoll exotisch. “Ich wollte immer einen Lakota-Sioux-Namen”, vertraute sie ihm an. “Meine Mutter hieß Mary Little Dove – ist das nicht ein schöner Name?”
Er neigte den Kopf zur Seite. “Bist du eine Sioux?”
“Meine Mutter war eine Oglala Lakota Sioux.” Walker hatte ihr das erzählt, als sie ihn gefragt hatte, warum sie anders als die anderen Ashtons aussahen.
“Ich weiß leider nicht viel über den Stamm.”
Sie lächelte schwach. “Ich auch nicht. Ich bin mit meinen Cousinen aufgewachsen. Und niemand hielt es für notwendig, mir von der Familie meiner Mutter zu erzählen.”
Er legte die Arme um ihre Taille. “Vielleicht solltest du versuchen, mehr über deine Abstammung herauszufinden.”
Sie spürte, dass sie Alexandre vertrauen konnte. “Ich habe gehört, dass der Stamm meiner Mutter sehr abgeschirmt lebt und es äußerst schwer ist, das Vertrauen der Stammesangehörigen zu gewinnen. Was ist, wenn … wenn sie nicht mit mir sprechen wollen?”
Alexandre runzelte die Stirn. “Warum sollten sie dich zurückweisen? Du bist eine von ihnen.”
“Das ist ja das Problem. Ich gehöre nicht zu den Sioux … und auch nicht hierher. Ich stehe mittendrin, gehöre nirgendwo hin.” Bestürzt darüber, wie viel von ihrem tief sitzenden Schmerz sie mit ihren Worten verraten hatte, sprach sie nicht weiter. “Tut mir leid …”
“Es muss dir nicht leidtun, dass du mir vertraut hast.” Alexandre küsste sie. Es war eine unglaublich zärtliche Geste. “Anstatt das Gefühl zu haben, dass du nirgendwo zu Hause bist, solltest du dich vielleicht darüber freuen, zwei Welten anzugehören.”
“Ich werde darüber nachdenken. Aber nicht heute Abend. Dieser Abend gehört uns.”
Seine dunklen Augen strahlten. “Ich hole die Decke und den Picknickkorb.”
Als sie über die Wiese zu einem der großen Bäume wanderten, dachte Alexandre über Charlottes Worte nach. Sie und ihre Blumen gehörten so sehr auf das Anwesen der Ashtons, dass er nie auf die Idee gekommen wäre, dass sie sich dort nicht zu Hause fühlte. Und doch, jetzt, wo er so darüber nachdachte, erkannte er, wie anders sie war. Einzigartig.
Es lag nicht nur an ihrem atemberaubenden exotischen Aussehen. Diese langen, blauschwarzen Haare, die dunklen Augen, der honigfarbene Teint – in allem unterschied sie sich von den vornehmen Ashtons. Vor allem in ihrer Persönlichkeit, in ihrem Wesen.
Sie liebte die Pflanzen mehr als die Menschen, fuhr lieber Fahrrad als ein protziges Auto und strahlte eine Unschuld aus, die eigentlich gar nicht in die Welt passte, in der sie aufgewachsen war. Charlotte hatte etwas Reines, Unverbrauchtes an sich, eine innere Schönheit und Sinnlichkeit, die ihn mit jedem Moment, den er mit ihr verbrachte, mehr reizte.
Er stellte den Korb unter den Baum und breitete die Decke aus. “Setz dich, ma belle. Heute Abend bedient der edle Ritter die schöne Prinzessin.”
Trotz des schummerigen Lichts sah er, dass sie leicht errötete. “Du sagst immer so wundervolle Sachen.” Ihre großen, dunklen Augen strahlten.
Einen Moment bekam er ein schlechtes Gewissen, weil er in ihrem Tagebuch gelesen hatte. Doch wie konnte es falsch sein, wenn er ihr dadurch diese Glücksmomente bescheren konnte?
“Was hast du in dem Korb?”, fragte sie neugierig und beugte sich vor. Die schwarzen Haare fielen ihr über die Brust.
“Lauter leckere Sachen, um dich zu betören, damit ich dann all die schlimmen Sachen machen kann, die ich im Kopf habe”, neckte er.
Sie blickte auf und überraschte ihn mit einem verschmitzten Lächeln. “Man sollte die Frauen vor dir schützen. Du bringst sie völlig durcheinander.”
“Was willst du tun? Mich in einen Käfig sperren?”
Sie schüttelte den Kopf. Die seidigen Haare schwangen bei der Bewegung mit.
Alexandre rückte näher an sie heran und spielte mit den feinen Strähnen.
“Das wäre eine schreckliche Verschwendung.” Sie errötete und fuhr lächelnd fort: “Man sollte dich in ein Schlafzimmer sperren … wo du die wildesten Fantasien einer Frau erfüllen kannst.”