Ein bisschen Mut tut gut!

Mutiges Handeln sieht je nach Kontext und kulturellem Umfeld sehr unterschiedlich aus. Das Waghalsige ist bei Weitem nicht immer mutig.

In diesem Kapitel lesen Sie,

  • warum Mut in der Gruppe besonderen Bedingungen unterliegt,

  • was Mut von Übermut unterscheidet,

  • warum es zu mehr Lebensqualität führen kann, Risiken einzugehen,

  • wie Erziehung und Geschlechterrollen unser Verhalten beeinflussen,

  • welche konkreten Schritte Sie gehen müssen, um mutiger zu werden.

Mutgeschichten – Mut ist nicht gleich Mut

Mut hat viele Gesichter: Mal ist es eine scheinbare Kleinigkeit, wie ein offenes Wort, die Mut erfordert, ein anderes Mal ist beherztes Zupacken gefragt. Eines steht fest: Mut verschafft uns größere Handlungsspielräume und damit ein Stück mehr Freiheit und Souveränität.

Mut im Team

Beispiel

Kurz nach seiner Beförderung organisierte der neue Abteilungsleiter einen Teamtag im Hochseilgarten. Dabei lösten die Teammitglieder Aufgaben in etwa 10 m Höhe durch einen Seilparcours. Ziel des Teamtages war es, das Teamvertrauen zu fördern und die Mitarbeiter zu motivieren. Der dienstälteste Mitarbeiter, Max Huber, litt an Höhenangst. Die meisten Übungen konnte er als Sicherer vom Boden aus gut bewältigen. Bei der abschließenden Herausforderung jedoch, dem „Sprungturm“, sollte jeder Teilnehmer einen schwankenden 9 m hohen Pfahl erklettern und anschließend – von der Gruppe gesichert – abspringen. Unterstützt von den Kollegen („Max, das schaffst du!“) und aus Angst davor, als Versager dazustehen, machte er sich auf den Weg. Auf zwei Dritteln der Pfahlhöhe fing Max an, sich zu verkrampfen. Er konnte weder vor noch zurück und schon gar nicht loslassen. Erst als es einem Trainer gelang, zu ihm zu klettern, konnte die Situation gelöst werden. Schweißgebadet und zitternd kam Max wieder am Boden an.

Max Huber hat sich „zu“ mutig über seine Ängste und Bedenken hinweggesetzt. Mögliche Gründe dafür gibt es viele: Er

  • wollte die Kollegen nicht enttäuschen,

  • hatte Angst, zu versagen,

  • wollte sich selbst etwas beweisen,

  • wünscht sich Anerkennung und das Gefühl dazuzugehören

  • und wollte zuguterletzt vor dem neuen Chef keinen Gesichtsverlust erleiden.

Auch wenn die Aktion am Sprungpfahl noch einmal gut ausgegangen ist, der Preis fürs Mutigsein war hoch. Statt Bewunderung erntete er Mitleid. Die Kollegen und der Chef werden den Eindruck gewinnen, dass Max Huber seine Fähigkeiten nicht richtig einschätzen kann. Statt eines gestiegenen Selbstbewusstseins wird sich bei Max die Erkenntnis festigen: „Das kannst Du nicht!“

Was Mut im Team bedeutet

Aus der Sozialpsychologie wissen wir: Menschen verhalten sich in Gruppen anders als alleine. Wir streben nach Zugehörigkeit und Anerkennung. Viele unserer Handlungen sind darauf ausgerichtet, von den anderen gemocht zu werden. So lassen sich Aktionen und Aussagen Einzelner erklären, die im Widerspruch zur „inneren Überzeugung“ stehen. Um unsere Zugehörigkeit nicht aufs Spiel zu setzen, stellen wir eigene Bedürfnisse und Ängste in den Hintergrund. Oft unbewusst bewegen uns dabei zwei Fragen:

  • Bin ich im Team akzeptiert, wenn ich anders bin?

  • Was passiert, wenn ich mich den Teamregeln nicht unterordne?

In guten Teams wird offen mit der Unterschiedlichkeit einzelner Teammitglieder umgegangen. Und der Einzelne darf sich, auch mit anderen Überzeugungen, zugehörig fühlen. In einem Umfeld, in dem Schwächen nicht versteckt werden müssen, fällt es auch den Ängstlichen leichter, selbst zu entscheiden, wann sie mutig sind und wann nicht.

Wichtig

Manchmal braucht es mehr Mut, etwas nicht zu tun, als etwas zu tun! Mut im Team bedeutet, den Erwartungen der anderen nicht zu entsprechen, wenn eigene Überzeugungen oder Ängste dagegen stehen.

Mut und Übermut

Beispiel

Im August 2002 kletterte der Profibergsteiger Alexander Huber ohne Seil und Hilfsmittel in drei Stunden „free solo“ durch die Nordwand der Großen Zinne in den Dolomiten. Die Route gilt selbst mit Seil als eine der schwierigsten Felsklettereien der Alpen. Fünf Tage lang bereitete er sich mit Seil auf die Begehung vor, indem er die Route mehrmals kletterte. Dabei studierte er jede schwierige Passage und trainierte die nötigen Kletterzüge. Auch wusste er nach der Vorbereitung, welchen Griffen er trauen konnte und wo Gefahr drohte. Klar war bei dieser Aktion dennoch: Der geringste Fehler würde den Absturz und damit den sicheren Tod bedeuten! Eine mutige Aktion oder bodenloser Leichtsinn?

Da der bekannte Extremkletterer öffentliche Aufmerksamkeit genießt, löste die Besteigung eine kontroverse Diskussion aus: „Ist Alexander Huber ein Held oder ist er verrückt?“ Die Beiträge reichten von völliger Ablehnung („Der hat den totalen Schaden.“) bis hin zu Bewunderung („Eine fantastische Leistung.“). Seine eigene Einschätzung dazu: „Ich bin kein Hasardeur. Viele Leute denken, dass wir Bergsteiger keine Angst haben. Das ist Unsinn. Angst ist überlebenswichtig. Wenn ich völlig ohne Angst in den Bergen herumklettern würde, dann würde es nicht lange dauern, bis es mich runterhaut.“

Das klingt nicht nach einem Helden – und auch nicht nach einem Verrückten. Eher nach einem, der weiß, welche Risiken er eingeht, und bewusst damit umgeht.

Macht es überhaupt Sinn sich mit einem Extrembergsteiger zu vergleichen, wenn es um Mut geht? Ja, macht es! Weil es keine „Mut-Skala“ (0 = Feigling bis 10 = Held) gibt. Ich bin nicht weniger mutig, nur weil ich als Gelegenheitskletterer stets mit Seil klettere. Und Lebensentscheidungen, wie die Gründung einer Familie, erfordern oft mehr Mut als der Bergprofi bei seinem „Tagesgeschäft“ benötigt.

Mutiger werden, ohne übermütig zu sein

Wie geht ein „Mut-Profi“ Herausforderungen an, die im Grenzbereich der eigenen Möglichkeiten liegen? Die Grundlage dafür ist ein ausgeprägtes Vermögen, sich selbst einzuschätzen.

  • Was bin ich in der Lage zu leisten?

  • Wo fängt bei mir die Unsicherheit an?

  • Welche Stärken besitze ich?

  • Welche Schwächen habe ich?

  • Wie ausgeprägt ist mein Selbstvertrauen?

  • Reichen meine Fähigkeiten für diese Aufgabe aus?

Ein weiterer entscheidender Aspekt ist die Vorbereitung mit dem Ziel, nichts dem Zufall zu überlassen.

  • Wie sehen die Anforderungen an mich genau aus?

  • Welche Risiken gibt es?

  • Wie werde ich mit den Risiken umgehen?

  • In welchem Verhältnis stehen Chancen und Risiken für mich?

Die meisten mutigen Menschen bezeichnen sich selbst nicht als mutig. Das hat nichts mit Bescheidenheit zu tun. Denn die „Mutigen“ kennen die Voraussetzungen, um mutig zu sein:

  • eine ausgeprägte Selbstwahrnehmung,

  • Analysefähigkeit und Genauigkeit,

  • Konzentrationsvermögen und Ausdauer.

Wichtig

Mut bedeutet nicht, ohne Angst zu handeln, sondern trotz der Angst! Wenn ich zu dem Schluss komme, dass mir das Risiko in diesem Fall zu hoch ist, kann „handeln“ auch bedeuten, etwas bewusst nicht zu tun. Es gilt unsere Ängste wahr- und ernst zu nehmen. Ignorieren wir die Signale, die uns die Angst sendet, sind wir nicht mutig, sondern leichtsinnig!

Mut zum Risiko

Beispiel

Ursula Gruber arbeitet seit zehn Jahren in einem stark wachsenden Familienunternehmen. Die Mitarbeiteranzahl hat sich in dieser Zeit von 45 auf 710 entwickelt. Jährlich werden zwei bis drei neue Standorte eröffnet. Mit ihrem Wissen und der langjährigen Zugehörigkeit gehört Ursula Gruber zu den erfahrenen Mitarbeitern. Die Arbeit macht ihr Spaß und sie ist der Firma gegenüber absolut loyal. Auch die Vorgesetzten scheinen zufrieden zu sein. Negative Rückmeldungen zu ihrer Arbeitsleistung erhält sie jedenfalls so gut wie nie. Außerdem nutzt sie jede Gelegenheit zur beruflichen Weiterbildung. Es gibt nur einen Haken: Ursula Gruber würde auf der Karriereleiter gerne weiter nach oben klettern. Tatsache ist aber, dass selbst Kollegen mit weniger Erfahrung an ihr „vorbeibefördert“ werden. Für die neu eröffneten Standorte sucht das Unternehmen in- und extern laufend geeignete Standortleiter. Vergeblich wartet Ursula Gruber darauf, dass ihr der Job angeboten wird. Da bliebe nur noch, sich aktiv auf die Stelle zu bewerben. Aber für diesen Schritt fehlt ihr der Mut! Im Lauf der Zeit steigt Ursula Grubers Unzufriedenheit mit ihrem Job, ihrer Situation und schließlich auch mit sich selbst immer weiter an.

So nachvollziehbar Ursula Grubers Unzufriedenheit auch ist – den Vorgesetzten oder dem Unternehmen die Schuld zu geben, hilft nicht weiter. Andererseits liegt hier ein wirkliches Dilemma vor:

Nicht handeln: Aktiv werden:
sich nicht auf die Stelle bewerben und weiter den Frust ertragen sich auf die Stelle bewerben und eventuell eine Absage erhalten

Mögliche Ängste, die uns daran hindern, mutig neue Wege zu gehen, gibt es viele:

  • Angst vor Ablehnung: Bewerbe ich mich nicht, kann ich auch nicht abgelehnt werden!

  • Angst vor der Reaktion der Kollegen: Was sagen die Kollegen, wenn ich nicht genommen werde? Und was, wenn ich genommen werde?

  • Angst davor, unbequem zu sein: Fordere ich zu viel von meinen Chefs, wenn ich für mich die Stelle beanspruche?

In unserer Coaching-Praxis erleben wir häufig, dass Menschen unzufrieden mit sich sind, weil Ihnen der Mut zu neuen Wegen oder scheinbar risikoreichen Entscheidungen fehlt. Diese Unzufriedenheit macht die Situation dann noch schlimmer. „Jetzt stecke ich schon in einer Krise. Und dann fehlt mir auch noch der Mut, etwas dagegen zu tun.“

Risiken eingehen für mehr Lebensqualität

„Ein Risiko geht jeder ein, der auf Dauer kein Risiko eingeht“, sagt der Autor Martin Gerhard Reisenberg. Wenn wir den Verlust von Lebensqualität auch als Risiko sehen, stimmt diese Aussage vollkommen. Es geht also darum, sich bewusst für ein Risiko zu entscheiden. Dazu sollten wir wissen, wie unsere Optionen denn genau aussehen:

  1. Welche Möglichkeiten habe ich?

  2. Welche Chancen verbergen sich hinter den einzelnen Möglichkeiten?

  3. Welche Risiken sind mit den einzelnen Möglichkeiten oder Alternativen verbunden?

  4. Wie bewerte ich die Risiken für mich persönlich?

Wichtig

Es ist nicht möglich, sich nicht zu entscheiden. Auch wenn ich nichts tue, entscheide ich mich: für das Nichtstun! Da auch das „Nichtstun“ Konsequenzen hat, ist es in jedem Fall besser, sich mit den Folgen meiner Entscheidungsoptionen auseinanderzusetzen. Und dann mutig die Risiken in Kauf zu nehmen.

Mut vor dem Hintergrund von Kultur und Erziehung

Unser kultureller Hintergrund prägt, wie wir wahrnehmen, wie wir denken, welche Werte die Basis unseres Handelns sind. Mut wird in unterschiedlichen Kulturen unterschiedlich beurteilt, empfunden und verstanden. Unabhängig vom kulturellen und historischen Kontext könnte man wohl sagen: Mut ist die Fähigkeit, sich in Gefahr zu begeben. Die Differenzen ergeben sich aus dem, was in welcher Gesellschaft als Gefahr wahrgenommen wird und was nicht. Ursprünglich war Mut überlebensnotwendig.

Beispiel

Unsere Urahnen durchstreiften die Wälder, um Nahrung zu sammeln. Raschelte es im Gebüsch, schütteten sie unterschiedlichste Stresshormone aus. Das Geräusch könnte von einem Säbelzahntiger oder einem harmlosen Tier kommen. Stand er nun dem Säbelzahntiger Aug’ in Aug’ gegenüber, gab es zwei Entscheidungsalternativen, um das Ziel „Überleben“ zu erreichen: Kampf oder Flucht. Bei der Strategie Verteidigung/Kampf war mutiges Handeln gefragt.

In unserer heutigen relativ bedrohungsfreien Gesellschaft ist Mut auf ganz andere Art und Weise gefragt. Unsere Herausforderungen liegen im Bewältigen unserer Alltagsthemen: Sicherung des Arbeitsplatzes, monatliche Tilgungszahlungen für das gekaufte Haus, Klärung des Konflikts mit dem Partner, soziale und gesellschaftliche Kontakte pflegen u. v. m.

Kennzeichen von Kultur sind Werte, Glauben, Wissen, Bräuche. Menschen anderer Kulturen verfügen über ein unterschiedliches Mut-Verständnis. Was in Deutschland als mutig bezeichnet wird, gilt etwa in den Vereinigten Staaten von Amerika als selbstverständlich.

Beispiel

Im Durchschnitt zieht ein US-Amerikaner zehn Mal in seinem Leben um, ein Deutscher laut Statistik vier Mal. Die Amerikaner als sehr mobiles Volk wechseln ihren Wohnort von der Ost- zur Westküste, von Nord nach Süd oder umgekehrt.

Wie häufig sind Sie in Ihrem Leben umgezogen? Sind Sie innerhalb Ihrer Stadt umgezogen oder von Nord- nach Süddeutschland oder von den alten Bundesländern in die neuen? Was in der amerikanischen Kultur zum Lebensalltag gehört, ist in Deutschland eher noch die Ausnahme.

Mut und Erziehung

Im 19. Jahrhundert war die Erziehung geprägt von Ordnung, Disziplin, Gehorsam und Fleiß. Körperliche Strafen gehörten zum Alltag, nach dem Motto: „Eine Ohrfeige hat noch niemandem geschadet.“ Ausdrücklich erlaubt waren im Schulalltag auch harte Strafen, wie Ruten- oder Stockschläge. Gute Erziehung bedeutete strenge, autoritäre Erziehung. Es galt zu gehorchen und „die Obrigkeit“ (Eltern, Lehrer etc.) anzuerkennen, Widerspruch wurde nicht geduldet. Ziel der Erziehung war es, die Kinder an die herrschenden sozialen Strukturen anzupassen und ihnen gute Manieren zu vermitteln. Mut war da allenfalls als militärischer Gehorsam gefragt.

Im 20. Jahrhundert wandelten sich diese Grundsätze maßgeblich. Antiautoritäre Ansätze und der Laissez-faire-Stil bildeten für viele der 68er-Generation das Erziehungsmodell der Wahl. Reformschulen entstanden, die Waldorfschule, die Montessorischule und Summerhill sind die bekanntesten.

Heute im 21. Jahrhundert steht im Mittelpunkt, das Kind mit all seinen individuellen Talenten zu fördern und zu fordern, seine Bedürfnisse wahrzunehmen und klare Grenzen und Regeln zu setzen. Die Kinder sollen lernen, als Erwachsene ein selbstbestimmtes Leben in der gesellschaftlichen Gemeinschaft zu führen, mutig ihre Vorstellungen, Meinungen und Ziele zu verfolgen und dies dabei in einer teamfähigen, sozialen Art und Weise.

Alles Gender oder was?

Die Diskussionen um Gender-Mainstream sind facettenreich. Es besteht die Gefahr, dass die Gleichstellungspolitik gegen die Familienpolitik ausgespielt wird, anstatt beide offensiv anzugehen. Lernen Sie Ihre persönlichen Gender-Bilder kennen. Wichtig ist: Es gibt keine richtige oder falsche Antwort! Ihre intuitiven, spontanen Bilder sind gefragt.

Übung: Geschlechterrollen

Nehmen Sie ein DIN-A4-Blatt quer, knicken Sie es in der Mitte und schreiben Sie auf die eine Seite „Mädchen“, auf die andere „Junge“ als Überschrift. Sie haben nun zwei Minuten Zeit, sich auf die „Mädchen“-Seite zu konzentrieren und alle Eigenschaften/Begriffe aufzuschreiben, die Sie mit „Mädchen“ verbinden. Nach den zwei Minuten konzentrieren Sie sich auf die „Jungen“-Seite und notieren hier die Schlagwörter.

Auswertung: Geschlechterrollen

Welche Eigenschaften/Begriffe assoziieren Sie mit Mädchen? Eher Wörter wie „lieb“, „verspielt“, „brav“ usw. Und wie beschreiben Sie die Jungen? Stehen hier eher Aussagen wie „abenteuerlustig“, „laut“, „wild“, „kämpferisch“?

Diese Einstellungen und Erwartungen projizieren Sie unbewusst an Ihre Umwelt und an sich. Platte, festgelegte Vorstellungen wie „Frauen können nicht Auto fahren“, „Männer können keine Gefühle zeigen“, begegnen uns in großer Vielzahl im täglichen Leben und schwirren um uns herum. Mit diesen Klischees werden nicht nur die Ideen zu typischen Eigenschaften, sondern auch Bewertungen dominant. So gelten Frauen etwa als fürsorglich, emotional, ausdrucksstark, Männer eher als rational, selbstbewusst. Diese Klischees sollten uns bewusst sein, wenn wir in den folgenden Kapiteln auf dem Weg zu selbstbestimmterem und mutigerem Handeln einen Blick auf unsere persönlichen Bedingungen werfen.

Mut in der Gender-Debatte bedeutet mehr, als gängige Geschlechterbilder und männliche bzw. weibliche Verhaltensmuster zu hinterfragen. Es bedeutet, den persönlichen Umgang mit anderen Menschen bewusst wahrzunehmen und sich zu fragen, inwieweit anerzogenes Verhalten dieses bestimmt.

Mut – das Salz in der Suppe

Beispiel

Nächste Woche ist es soweit, die jährliche Großkundenveranstaltung findet statt. 800 Groß- und Einzelhändler haben für den zweitägigen Event zugesagt – bei einer Veranstaltungsgebühr von 390 EUR kein Pappenstiel. Ihre Aufgabe ist es, die maßgebliche Präsentation zu halten und für das neue Produkt zu werben. Präsentationen schütteln Sie als alter Hase aus dem Ärmel. Außerdem besitzen Sie das Mut-Rezept.

Was lernten Sie im letzten Seminar? – „Halten Sie sich nur genau an die Checkliste und nichts kann schief gehen. Viele meiner Teilnehmer haben es schon ausprobiert und sind alle total begeistert von dem Ergebnis. Es ist wie ein Rezept, ganz einfach. Weil kochen kann doch jeder, oder?“

Theorien lassen sich leicht anpreisen, doch wie schaut es in der Praxis aus, wenn das Gegenüber nicht so reagiert, wie in der Checkliste beschrieben? Hier ist Handlungskompetenz gefragt und professionelles Improvisationstalent. Es wäre schön, wenn es mit dem Mut so einfach wäre! Mit dem Mut ist es wie mit dem sprichwörtlichen „Salz in der Suppe“. Stellen Sie sich vor, Sie und fünf weitere Personen sollen nach ein und demselben Rezept kochen, nehmen wir an eine Lasagne. Jeder von ihnen erhält exakt die gleichen Zutaten und Gewürze. Jeder von Ihnen verfügt über denselben Erfahrungsschatz, wie eine schmackhafte Lasagne zubereitet wird. Was glauben Sie? Schmeckt die Lasagne bei allen Köchen identisch? Oder gibt es Unterschiede, vielleicht sogar erhebliche Unterschiede im Geschmack? Wir wagen zu behaupten, dass jede Lasagne so individuell schmeckt, wie es auch die Köche sind.

Mut-Rezept

Erwarten Sie das simple Mut-Patentrezept? Dann legen Sie dieses Büchlein gleich wieder zur Seite! Möchten Sie etwas ausprobieren, das wirklich zu Ihnen passt, das Ihre persönliche Handschrift trägt und authentisch wirkt? Dann sollten Sie weiterlesen. Das Mut-Rezept, das wir Ihnen vorschlagen, ist komplex und besteht aus vier erlesenen Zutaten:

  • Selbstvertrauen,

  • Erfahrung,

  • Planen,

  • Handeln.

Wichtig

Erkenne, wo du stehst, wohin du willst. Mach deinen Plan. Und dann geh!

Selbstvertrauen: Erkenne, wo du stehst, Teil 1

Die erste Zutat unseres Mut-Rezeptes ist das Selbstvertrauen. Wir kommen nicht mit geringem Selbstvertrauen auf die Welt. Sind wir eher schüchtern, zurückhaltend und fühlen uns gehemmt, liegt der Ursprung in unseren frühkindlichen Erfahrungen. Quelle von geringerem Selbstvertrauen sind auch unsere Vorbilder, die uns in der Kindheit prägten. Unsere innere Selbstvertrauensstimme kann als Kritiker oder als Tröster zu uns sprechen.

Je nachdem, welche Selbstvertrauensstimme das Innenleben dominiert, beeinflusst das dementsprechend Ihr Mut-Verhalten. Sendet die innere Stimme eher Botschaften wie: „Das schaffst du nie, dafür bist du sowieso zu dumm, das letzte Mal hat es auch nicht funktioniert.“, so ist der Kritiker dominant. Die Folge ist: Wir machen uns selbst klein, fühlen uns minderwertig und versuchen eher, „unsichtbar“ zu sein. Der Tröster ist aktiv, wenn die innere Stimme vermittelt: „Das hat jetzt gar nicht geklappt, aber beim nächsten Mal wird’s bestimmt besser funktionieren, was ist schon ein Fehler, hättest du es nicht probiert wärst du jetzt auch nicht schlauer!“

Seien Sie Ihr bester Freund. Ihren besten Freund machen Sie nicht klein, sondern unterstützen und motivieren ihn. Er ist immer liebenswert und wertvoll für Sie, sonst wäre er wohl nicht ihr bester Freund.

Erfahrung: Erkenne, wo Du stehst, Teil 2

„Der Mensch hat dreierlei Wege, klug zu handeln: durch Nachdenken ist der edelste, durch Nachahmen der einfachste, durch Erfahrung der bitterste.“ Konfuzius, chinesischer Philosoph

Die zweite Zutat des Mut-Rezeptes ist die Erfahrung. Unser Erfahrungsschatz wird permanent vergrößert durch Erlebnisse, Beobachtungen, Einsichten. Frühe Erfahrungen hinterlassen die einprägsamsten Eindrücke, meist auf der unbewussten Ebene. Lösen Erlebnisse aus der Vergangenheit eher Gefühle von Frustration oder von Zufriedenheit aus? Erfahrungen sind stark mit dem Selbstvertrauen und den inneren Stimmen verwoben. Es wäre jedoch fatal, den Schluss zu ziehen: „In der Kindheit habe ich so viele schlechte Erfahrungen gemacht, daran wird sich auch weiter nichts ändern.“ Mutorientiert ist dagegen die Haltung: „Trotz der schlechten Erfahrung lasse ich mich nicht in den Frustrationsstrudel ziehen, sondern lerne daraus und richte mein neues Handeln danach.“

Erfahrungen sollten immer wieder überprüft und hinterfragt werden. Frühe Erfahrungen sollten mit dem „Erwachsenenblick“ betrachtet werden. Natürlich lassen sich frühkindliche Verletzungen nicht „auslöschen“, überhandnehmen sollten sie im Erwachsenenalter nicht. Die Folge wäre ein nach urkindlichen Mustern ausgerichtetes Verhalten, das wie ein Computervirus mutiges Handeln unterlaufen würde.

Plane: Erkenne, wo du hin willst

Die dritte Zutat des Mut-Rezeptes: ein Plan. Seien Sie mutig und melden Sie sich morgen zum nächsten Marathon an. Spätestens in zwei Monaten wird irgendwo in Deutschland einer stattfinden – also, los geht’s, oder vielmehr: Laufen Sie los!

Dies ist selbstverständlich ein Schlag und kein Ratschlag – wie so vieles im Leben. Wenn Sie derzeit kein Ausdauersportler sind, werden Sie es in einer Trainingsphase von zwei Monaten nicht schaffen, einen Marathon ohne größere gesundheitliche Schäden zu überstehen. Bei einer Vorlaufzeit von einem Jahr ist das schon wesentlich realistischer. Mut bedeutet nicht, aufzustehen und zu machen, sondern Optionen abzuwägen, realistische Pläne zu entwickeln, um Ziele zu erreichen.

Wichtig

„Niemand plant zu versagen, aber die meisten versagen beim Planen.“ Lee Iacocca, früher Präsident der Ford Motor Company

Aktion: Und dann geh’!

Die vierte Zutat zum Mut-Rezept: die Aktion. Mit dem TaschenGuide erhalten Sie in den folgenden Kapiteln detaillierte Handlungsmöglichkeiten und Aktionspläne. Mut bildet das schmackhafte Gewürz unseres Lebens. Innere und äußere Hindernisse schaffen Sie selbst mit noch so ausgeklügelter Planung und dem Selbstvertrauen eines Elefanten niemals komplett aus dem Weg. Lassen Sie diese Hindernisse nicht zu Handlungsbarrieren werden, ordnen Sie sie eher ein wie einen leichten Tinnitus, den Sie wahrnehmen, der Ihre Handlungskompetenz jedoch nicht verkleinert.

Beispiel

Nachdem der Modeschöpfer Karl Lagerfeld vor ein paar Jahren viel abgenommen hatte, fragte ihn ein Journalist, wie er sein Gewicht halten könne, wo er doch ständig leckere Buffets vor der Nase habe. Lagerfeld antwortete in seiner unnachahmlichen Art: „Ich diskutiere einfach nicht mit mir.“

Diskutieren Sie nicht mit sich, wenn Sie sich wieder selbst blockieren!

Auf einen Blick: Ein bisschen Mut tut gut!
  • Mut hat viele Facetten. In der Gruppe etwa kann Mut bedeuten, den Erwartungen anderer nicht zu entsprechen.
  • Damit Mut nicht in Übermut umschlägt, müssen wir unsere Ängste ernst nehmen und unsere Fähigkeiten realistisch einschätzen.
  • Wer keine Risiken eingeht, verliert an Lebensqualität, denn auch Nichtstun hat Folgen!
  • Kultur und Erziehung prägen unser Mutverhalten und bestimmen, was wir überhaupt als Gefahr wahrnehmen.
  • Wer Mut gewinnen will, muss einen Cocktail aus vier Zutaten mischen: das Selbstvertrauen fördern, indem man sich motiviert, schlechte Erfahrungen hinterfragen, planen, wo man hin will, und in Aktion treten.