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Was hab ich bloß?

Wo tut es weh?

Etwa zwei Drittel der vermeintlichen Halswirbelsäulenpatienten mit Nackenschmerzen haben eigentlich ein Problem im Schultereckgelenk. Verursacht durch Alltägliches wie das Tragen von schweren Taschen, langes Arbeiten am Computer oder auch alte Verletzungen. Rund 50 Prozent aller Bandscheibenpatienten haben keine Schmerzen im Rücken, sondern lediglich im Bein oder im Arm. Sie merken: Die Stelle, an der der Schmerz empfunden wird, muss nicht immer der Ort der Schmerzursache sein. Ich habe für Sie clevere Selbstfinder zusammengestellt, mit denen Sie herausfinden können, was die Ursache Ihrer Schmerzen sein könnte bzw. welche Erkrankung dahinterstecken könnte.

Auf den folgenden Seiten finden Sie drei Checklisten, und zwar für die Halswirbelsäule (HWS), die Brustwirbelsäule (BWS) sowie die Lendenwirbelsäule (LWS), um der Ursache Ihres Rücken-, Nacken- oder Schulterschmerzes auf die Spur zu kommen. Leitsymptome, die sehr eindeutig auf eine bestimmte Erkrankung hinweisen, haben wir dabei mit einem Punkt gekennzeichnet. Machen Sie jeweils einen Kringel um jeden Punkt, wenn die Beschwerden auf Sie zutreffen. Bei mindestens vier Punkten (beim Selbstfinder BWS drei) in einer Spalte ist es wahrscheinlich, dass Sie unter der Rückenerkrankung, die Sie unten in der Spalte finden, leiden. Bei fünf und mehr Punkten (beim Selbstfinder BWS vier) sogar sehr wahrscheinlich.

Eine ausführliche Erklärung der Erkrankungen, was Sie selbst dagegen tun können, wie die Behandlung beim Arzt aussieht, wie Sie vorbeugen können und bei welchen Warnsymptomen Sie unverzüglich zum Arzt gehen sollten, finden Sie im 4. Kapitel.

Selbstfinder Halswirbelsäule

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Selbstfinder Brustwirbelsäule

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Selbstfinder Lendenwirbelsäule

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Den richtigen Arzt finden

Würden Sie als Frau zu einem Friseur gehen, der ausschließlich Kurzhaarschnitte macht und diese zudem als das einzig Wahre überhaupt anpreist? Oder möchten Sie als Mann in einem Geschäft einkaufen, das nur graue Anzüge führt? Weil die eben »zeitlos« sind … Vermutlich nicht, denn schließlich möchten Sie sowohl bei Haarschnitt als auch bei Kleidung etwas, das vor allem zu Ihrem Typ passt, und keinen Einheitslook von der Stange.

Dieser Variantenreichtum sollte auch für die Behandlung von Rückenerkrankungen gelten. Denn die eine Therapie, die für alle Wirbelsäulenprobleme richtig ist, gibt es einfach nicht. Dazu sind diese Erkrankungen viel zu komplex, das Schmerzempfinden ist viel zu individuell, und auch die Lebensumstände der Betroffenen sind viel zu unterschiedlich.

Werden Sie deshalb misstrauisch bei einem Arzt, der sich auf eine bestimmte Therapie spezialisiert hat und diese auch fast ausschließlich anwendet. Das erinnert dann schnell an den beliebten Verkäufersatz: »Das wird immer sehr gerne genommen …« Wichtig ist eine maßgeschneiderte Behandlung, die der Arzt mit Sorgfalt aus einem Therapiespektrum mit einer großen, aber sinnvollen Bandbreite für Sie persönlich zusammenstellt.

Vorsichtig sein sollten Sie als Patient auch bei Rückenzentren, die sich sowohl auf Schmerztherapie als auch auf Operationen spezialisiert haben. Das ist ein wenig so, als ob ich ein vegetarisches Restaurant betreibe, auf die Frage eines Gastes nach einem Stück Fleisch aber sage: »Gehen Sie hier durch die Tür, gleich nebenan haben wir auch noch ein ebenfalls exzellentes Steakrestaurant.« Bei solchen Kombi-Zentren erscheint mir die Schmerztherapie dann eher als Feigenblatt, um den Patienten schlussendlich doch auf den Operationstisch zu bekommen.

Momentan schießen Schmerzzentren für Wirbelsäulen wie Pilze aus dem Boden. Manchmal leider betrieben von Ärzten, die bisher auf Hüftleiden abonniert waren … Als wir vor 20 Jahren mit der interventionellen Schmerztherapie begannen, gab es in Deutschland gerade mal vier Zentren, die sich dieser Thematik verschrieben haben. Inzwischen gibt es erfreulicherweise fast überall Schmerzzentren. Und auch die großen Kliniken, die uns anfangs belächelt haben, wurden durch die Nachfrage von Patienten dazu gezwungen, ebenfalls solche Zentren aufzubauen. Die Qualität dieser Zentren hängt allerdings entscheidend von der Qualifikation, der Erfahrung der Ärzte, die dort arbeiten, und der notwendigen Ausstattung ab.

Falls Sie das schlecht einschätzen können: Bitten Sie um Kontakt zu Patienten mit dem gleichen Krankheitsbild. Ein seriöser Arzt wird Ihnen das nicht verweigern – ganz im Gegenteil. Auch über die großen Schmerzgesellschaften bekommen Sie Adressen von guten Schmerztherapeuten, die auf Rückenleiden spezialisiert sind. Häufig ist es sinnvoll, einen Physiotherapeuten nach einem Experten zu fragen. Denn diese sehen einen repräsentativen Querschnitt von Patienten und haben zudem Zeit, sich mit dem Patienten länger zu unterhalten.

Und: Fragen Sie den Kollegen einfach mal, ob er seine Frau, seine Mutter oder seine Kinder genauso behandeln würde. Holen Sie sich im Zweifel eine zweite oder auch dritte Meinung durch einen konservativ oder minimalinvasiv behandelnden Kollegen ein. In Amerika ist so eine »second opinion« absolut üblich – und kein Kollege dort würde sich dadurch brüskiert fühlen.

Checkliste: Wie finde ich einen seriösen, guten Arzt?

  • Einige Orthopäden haben sich auf bestimmte Gebiete spezialisiert. Was nützt Ihnen bei Rückenleiden ein Knie- oder Hüftgelenkspezialist? Bei Ärztevereinigungen können Sie sich danach erkundigen.
  • Falls ein Eingriff unumgänglich ist: Fragen Sie den Arzt, wie oft er ihn schon durchgeführt hat.
  • Ein guter Arzt wird Ihnen das Gefühl geben, Sie ernst zu nehmen und sich in Ihr Problem hineindenken zu können.
  • Ein seriöser Arzt wird kein Problem damit haben, Ihnen Kontakte zu Patienten zu vermitteln, die die Behandlungsmethode oder den Eingriff schon hinter sich haben und darüber berichten können.
  • Lassen Sie sich das Therapieverfahren genau erklären, fragen Sie nach Risiken und nach der Haltbarkeit des Ergebnisses. Scheuen Sie sich nicht, noch mal rückzufragen, wenn Sie etwas nicht verstanden haben. Lassen Sie sich nicht mit lateinischen Fachausdrücken bombardieren, fragen Sie einfach nach der Übersetzung.
  • Werden Sie misstrauisch, wenn ein Arzt Ihnen perfekte Ergebnisse verspricht oder Sie gleich zu einer ganz großen Operation überreden will.
  • Lassen Sie sich von einem Arzt nicht zu einem Eingriff drängen, indem er bei Ihnen Ängste schürt. Ein guter Arzt wird Ihnen gerade an der Wirbelsäule immer Bedenkzeit geben und eher zu Besonnenheit als zu überschnellen Entscheidungen raten.
  • Vorsicht bei Ärzten, die sich bei der Behandlung auf eine einzige Methode spezialisiert haben wie Hitzesonde oder Kryotherapie und diese als Allheilmittel anpreisen. Denn: So vielfältig wie Rückenleiden sind, so individuell und maßgeschneidert sollte auch das Therapieangebot sein.
  • Lassen Sie sich nicht unabhängig von der Diagnose eine ganze Therapiekaskade aufschwatzen, weil man das in der Praxis »immer so macht«.
  • Wenn Sie sich bei einem Arzt nicht wohl fühlen, sollten Sie unbedingt einen zweiten oder dritten aufsuchen, schließlich geht es um Ihren Körper und Ihre Lebensqualität.

Checkliste: Fragen für Ihren Arztbesuch

Diese Fragen sollten Sie sich für Ihren Arztbesuch bereitlegen:

  • Ist meine Idealvorstellung realistisch?
  • Welche Möglichkeiten gibt es, mein Rückenproblem zu lösen?
  • Wie wird das Ergebnis im besten Fall ausfallen, wie im schlechtesten?
  • Wird es bei einem Eingriff bleiben oder sind mehrere zu erwarten?
  • Welches sind die Risiken des Eingriffs oder der Operation, wie häufig treten sie auf?
  • Gibt es im Notfall eine sofortige notärztliche Versorgung?
  • Ist eine Narkose oder ein Dämmerschlaf für den Eingriff erforderlich? In welchen Räumlichkeiten wird er durchgeführt?
  • Wie lange dauert der Eingriff durchschnittlich? Kann er ambulant durchgeführt werden oder ist ein Klinikaufenthalt nötig?
  • Wie stark werden die Schmerzen sein, wie lange halten sie in der Regel an?
  • Wie verläuft die Phase danach, wie lang dauert sie, wann kann ich wieder arbeiten, wann wieder Sport treiben?
  • Was muss ich vor dem Eingriff, was in der Phase danach beachten (Sport, Medikamente etc.)?
  • Was kostet der Eingriff, handelt es sich um einen Komplettpreis inklusive Honorar für den Anästhesisten, den Krankenhausaufenthalt, die Nachuntersuchungen etc.? Was zahlt die Kasse?