4 Sessel

Sie ging hin.

Sie kämpfte drei Tage lang mit sich, aber dann ging sie hin.

Der Freitagabend waberte lau durch die Straßen, und sie ließ sich von ihm tragen wie von einem sanften Fluss.

Das sonnengelbe Fahrrad fuhr beinahe von selbst. Nashville lag zu Hause unter dem Bett, abgefüttert mit Butterbroten, versorgt mit Saft, Svenjas Taschenlampe und ihrem Histologiebuch, das er selbst ausgesucht hatte. So könnte es gehen: Ich lebe ein bisschen, ab und zu, und er liest meine Bücher.

In den kalten Schatten der Unterführung kauerten ein paar Penner. Sie war verdammt abgebrannt, sie konnte ihnen nichts geben. Sie nahm die Brücke über die Bahngleise. Mitten darauf stand ein alter Herr, eine Papiertüte in der Hand, und streute ab und zu etwas hinunter in die Tiefe: Brotkrümel.

»Was … machen Sie da?«, fragte Svenja und bremste neben ihm.

Der alte Mann sah auf. Es war derselbe grauweiß-langhaarige alte Mann, den sie schon zweimal gesehen hatte. Na prima, dachte sie, sie nahm die Brücke, um den Pennern nicht zu begegnen, und wem begegnete sie …? Immerhin hatte er keine Mütze vor sich liegen, die Münzen von ihr forderte. Zu seinen Füßen standen mehrere Plastiktüten, aus denen seine heutige Sammlung an Pfandflaschen ragte.

»Ich?«, fragte er, griff in die Tüte und streute mehr Krümel in den Wind. »Ich füttere Züge.«

»Wie?«, fragte Svenja verwirrt.

Der alte Mann beugte sich übers Geländer, schnalzte mit der Zunge und rief: »Koo-omm!«

Unten setzte sich ein ICE in Bewegung, glitt langsam durch das Abendblau auf die Brücke zu, fuhr unter ihr durch, gewann an Geschwindigkeit und war fort.

»Sie sind immer so stürmisch«, sagte der alte Mann und seufzte. »Fressen im Laufen, und dann laufen sie weiter, und weg sind sie. Aber das ist mit allen Dingen so. Verschwinden, sobald man sie einen Moment lang aus den Augen lässt.«

»Die Zeit«, murmelte Svenja. »Mit der Zeit ist das auch so …«

Er hörte ihr nicht zu. »Diese Frau zum Beispiel«, sagte er. »Taucht aus dem Nichts auf, zuerst, und dann – einen Moment lang aus den Augen gelassen – weg. Wollte zum Österberg hoch, weil da Wald ist, glaub ich, hatte es mit Natur. Vielleicht ist sie auch in einen Zug gestiegen, um wieder in ’ne andere Stadt zu fahren … Hat noch gesagt ›Bis morgen‹. Aber das sagen sie alle, die, die verschwinden: ›Bis morgen‹ …«

Er griff wieder in seine Tüte, er hatte Svenja schon vergessen, und sie stieg ab und schob das Rad langsam über die Brücke.

Worüber hatte er geredet?

Der Zug, der in der dunstigen Freitagabendferne verschwunden war, hinterließ in ihrem Kopf eine seltsame Sorte wattierter Melancholie. Einer dieser Züge fuhr vielleicht in Richtung Leipzig.

Sie fand eine Zigarette in der Tasche. Auf der Mikrowelle in ihrer Wohnung lehnte noch immer der Umschlag ihrer Mutter; eine kleine Reserve von Zuhause. Svenja hatte nicht ein einziges Mal angerufen oder gemailt, seit sie hier war. Auf einmal fragte sie sich, ob sich ihre Eltern eigentlich Sorgen machten und ob sie sich so anfühlten wie ihre Sorgen um Nashville – oder eher wie die wattierte Melancholie des ICEs.

 

Das Haus starrte grau und dreistöckig in den Himmel, wie ein Felsen, an den eine Brandung aus Dämmerungswellen schlug. An seinem Fuß wuchs ein Fliedergebüsch, das die Treppe, die an der Seite zum Eingang führte, beinahe ganz überschwemmte. Von drinnen quoll gelbrotes Licht ins Freie.

Svenja schloss ihr Rad am Zaun an, fand die Tür angelehnt und betrat ein Chaos aus Schuhen und Jacken, teilweise über zwei nackte Schaufensterpuppen drapiert. Von oben schwappte Musik die alte Holztreppe hinunter. Am Rand der Stufen brannten Kerzen in Weinflaschen. Svenja zuckte zusammen, als die Bässe die Treppe samt Kerzenflaschen erzittern ließen.

Sie streifte ihre Schuhe ab und ging die Treppe hinauf. Das Haus hatte eine Menge unübersichtliche Räume, die einerseits kahl waren und anderseits vollgestopft. Aus den Wänden hingen lose Kabel, hier und da still vereint mit Fetzen herabtropfender Tapete. In einem Raum stapelten sich zerbrochene Stühle bis unter die Decke, in einem anderen hatte jemand eine Koffersammlung angelegt. Einige Koffer hingen an der Decke. Zwischen einer Handvoll Teelichtern und den am Boden befindlichen Koffern knutschte ein Pärchen. Svenja konnte sich nicht gegen die Vision wehren, wie das Pärchen samt Teelichtern mit an die Decke genagelt wurde – ein lebendes Kunstprojekt.

Sie durchquerte einen Flur und fand die Quelle der Musik – ein riesiges Zimmer, dessen Wände mit indischen Tüchern verkleidet waren. Davor standen Plüschsessel in verschiedenen Stadien des Zerfalls, und in der Mitte, auf einem Brett über zwei Holzböcken, thronte die Anlage, hinter der jemand – der DJ? – auf einem Stapel aus Bierkisten saß. Auf den Fensterbrettern flackerten weitere Kerzen.

Die Luft war angefüllt mit menschlichen Schatten, sie bewegten sich in der dröhnenden Musik, hielten Flaschen in Händen und Kippen in Fingern, unterhielten sich trotz des Gedröhnes – und lebten. Svenja stieg in den Raum wie in ein warmes Bad, wurde zu einem der Schatten und merkte, wie die Ordentlichkeit gleich Schnee von ihren Schultern rieselte und im Beben der Fußbodenbässe schmolz. Sie schloss die Augen und spürte den Rhythmus, der aus den Lautsprechern pulste. Ihr Körper begann, sich von selbst zwischen den Klängen zu bewegen.

Und alles außerhalb des Hauses Nummer drei verschwand.

Friedel hatte recht gehabt. Es war gut gewesen, zu kommen.

Irgendwann ließ sie sich auf einen der Sessel fallen, außer Atem und plötzlich glücklich. Eine Flasche Bier landete in ihrer Hand, sie wusste nicht einmal, wie. Das Bier war warm, aber immerhin flüssig. In diesem Moment sprang jemand auf die Spanholzplatte, auf der auch die Anlage stand, was zu einem merkwürdig abgewürgten Protest der Musik führte. Dann erstarben die Bässe, und der auf dem Tisch schrie: »Ausweiskontrolle!«

Die Schatten verstummten.

»Nein«, sagte der Tischspringer, »wollte ich sagen, ist Zeit für feiern den Geburtstagskind. Wird es genau in diese Minute eine Jahr älter! Prost!« Es war selbstverständlich Kater Carlo, und jetzt hob er ein Glas, etwas zu schwungvoll, die Hälfte schwappte auf den Tisch, und der Typ hinter der Anlage fluchte. »Karl, komm runter da«, knurrte er.

»Sofort«, sagte Kater Carlo. »Zuhören! Gibt es unten in die Küche Caipi! Einladung von unsere Thierry!«

Damit krabbelte er vom Tisch und schnappte sich Thierry, der neben ihm gestanden hatte. Er hob ihn auf seine Schultern, rief: »Klatschen!« – und alle klatschten. Dann begann das Gedränge nach unten.

Nur Svenja blieb in ihrem Sessel sitzen. Der halbdunkle Raum, leer und jetzt erfüllt von leiser Nicht-Tanz-Musik, hatte etwas Merkwürdiges. In einem Sessel an der anderen Wand saß noch jemand. Friedel. Er hob eine Hand und winkte wie über die Weiten eines Ozeans. Dann stand er auf, kam zu ihr herüber und strich sich die lästige vorderste Rastalocke aus dem Gesicht.

»Und? Gefällt’s dir?«

»Herzlichen Glückwunsch«, sagte Svenja.

»Wie? Ich habe nicht Geburtstag!«

Sie schüttelte den Kopf. »Herzlichen Glückwunsch, dass du es geschafft hast, mich zur Unordnung zurückzubekehren. Es ist … schön hier. Komisch, aber schön. Ich mag euer Haus.«

Friedel nickte, schnappte ihr die warme Bierflasche weg, trank einen Schluck und schüttelte sich. »Der Caipi ist sicher besser. Wir haben ungefähr hundert Limetten aufgeschnitten und einen Rieseneisblock mit dem Hammer in Stücke gehauen. Kater Carlo fand, es wäre einfacher, mit dem Auto darüberzufahren.« Er lachte.

»Aber?«

»Aber wir haben kein Auto.«

Svenja nickte. »Was machen die alle? Thierry? Und Kater Carlo?«

»Thierry macht Germanistik. Ist auf Austausch aus Frankreich. Kater Carlo macht Kunst. Hast du Hunger? Unten gab es so etwas wie ein Buffet. Alle haben irgendwas mitgebracht …«

Er griff unter Svenjas Sessel und beförderte eine Schale hervor. »Hier sind noch welche von den Pfannkuchen … mit Käse, glaube ich, irgendwie scharf. Katleen hat sie mitgebracht.«

Svenja setzte sich auf. »Moment. Katleen? Katleen Frank aus der Madergasse? Ich fahre mit dem Fahrrad ihrer abhandengekommenen Mitbewohnerin …«

Friedel grinste. »Die Welt ist klein. Sagte der Neandertaler und fraß den Globus. Katleen studiert mit unserem Kater.«

Svenja biss nachdenklich in den Pfannkuchen. »Kater Carlo macht Kunst und kennt Katleen. Das ist leicht zu merken.«

»Svenja …« Er legte ihr eine Hand auf die Stirn. »Hast du Fieber? Ich meine, hast du dir eben wirklich eine Eselsbrücke ausgedacht, um auswendig zu lernen, wer wen woher kennt

»Ich fürchte.«

»Du lernst zu viel. War bei mir auch mal so, vor dem Knochentestat im ersten Semester. Irgendwann bin ich aufgewacht und habe versucht, mir die Uhrzeit auf dem Digitalwecker zu merken. Ich hatte sie gerade auswendig gelernt, da sprang die Minute um, und ich habe mich tierisch geärgert, dass ich mir jetzt alles neu merken muss. Kater Carlo sagt, Ärzte spinnen sowieso.«

»Kater Carlo … Wieso heißt er so?«, fragte Svenja.

Friedel zuckte die Achseln. »Er streunt herum wie ein Kater. Macht nachts die Straßen unsicher, kennt jede Kneipe besser als der Wirt. Aber der tut auch nur so cool. In Wahrheit ist er unglücklich verliebt.«

»Verliebt? In wen?«

»Mach die Augen auf.« Friedel grinste wieder. »Kommst du mit runter? Ich höre den Caipi rufen: ›Friedel, Friiiiiedel …‹ Er hat Sehnsucht nach mir.«

In der Küche herrschte ein furchtbares Gedränge. Thierry hockte auf dem Boden und zerschlug mit einem Hammer mehr Eis, das sie in Plastiktüten zu Blöcken gefroren hatten. Für seine zierliche Statur war er erstaunlich gut im Eiszerschlagen. Er bemerkte Svenjas Blick und lächelte.

»Karl kann das nicht«, sagte er mit einem unwiderstehlichen französischen Akzent. »Er sagt, ihm kommt es vor, als wäre das Eis lebendig. Eigentlich eine ganz interessante Vorstellung.« Er betrachtete kurz den Hammer und holte wieder aus.

Ein komischer Typ, dachte Svenja.

Nachdem er mit dem Eis fertig war, steckte er den Hammer in den Gürtel, der seine Jeans auf der Hüfte hielt. Der Gürtel war auch so eine Sache, der Gürtel war mit Metallnoppen besetzt und sah nach Motorradfahrer aus, aber der Rest von Thierry sah nach Model und nach Hautcreme aus, es passte nicht.

»Auf Thierry«, sagte ein Mädchen mit zu langem rotem Haar und gab Svenja ein Glas. Ihre Fingernägel waren jeder in einer anderen Farbe lackiert, und um den Hals trug sie etwas, das womöglich ein Stück Backstein war. Kunststudentin vermutlich.

Das Gewühle in der Küche zerstreute sich, im Saal tanzten die Schatten wieder, und Svenja wurde Besitzerin eines zweiten und vielleicht dritten Caipis und sehr leicht. Zu irgendeinem Zeitpunkt saß sie mit Katleen auf einem Balkon voller Cannabispflanzen und sprach über etwas, das sie später vergaß, das in dem Moment aber essenziell erschien.

Als sie später noch einmal an dem Balkon vorbeikam, stand Kater Carlo dort und sah in den verwilderten Hintergarten hinaus. Svenja stellte sich neben ihn. Sie spürte, dass er sich nach etwas sehnte.

Nach einer Weile legte er schweigend einen Arm um sie. Dann leerte er sein Glas in die grün bewurzelte Erde.

»Spät«, sagte er, »Zeit für meine Geburtstagwalzer. Gehen wir zu die anderen.«

Er stürmte den Saal ähnlich wie beim ersten Mal. Diesmal sprang er auf eine Sessellehne.

»Walzer!«, schrie er. »Die Geburtstagwalzer! Ist Tradition!«

»Wo?«, fragte Svenja und ließ sich wieder in einen Sessel sinken. »In Spanien oder in der Ulrichstraße?«

»In Karls Kopf«, antwortete Friedel neben ihr. Kurz darauf erklangen wirklich die Töne eines Walzers.

»Himmel«, sagte Svenja. »Das ist An der schönen blauen Donau

»Ja«, sagte Friedel. »Filmmusik zu 2001, Kubrick. Die Szene mit dem Raumschiff, das sich da im All draußen dreht … Was anderes haben wir auf die Schnelle nicht gefunden.«

Kater Carlo sprang von seiner Sessellehne und pflückte Thierry aus einem ernsthaften Gespräch mit dem rothaarigen Mädchen und ihren Freundinnen.

»Komm, Geburtstagkind«, sagte er. »Öffnen wir den Tanzfläche!«

Er fasste Thierry um die schmale Hüfte, seine große Hand lag an dem Noppengürtel, und dann walzten sie tatsächlich hinaus in die Mitte des Raumes, stockbesoffen, zur Blauen Donau. Sie konnten Walzer, alle beide, es war eine perfekt abstruse Szene. Alle sahen schweigend zu, ehrfürchtig beinahe. Im Haus Nummer drei war auch An der schönen blauen Donau Kunst. Gott, bin ich betrunken.

In diesem Augenblick, mitten in der Dreiviertelströmung der straußschen Raumschiffdonau, erschien in der Tür des Saals eine kleine Gestalt und ließ den Walzer verstummen.

Ließ alles verstummen.

Der Saal war ganz still, die Nacht war still, die Stadt war still. Von einem Moment auf den anderen gab es keinen Soundtrack mehr zu dieser Geschichte.

Svenja sah direkt in Nashvilles dunkle Augen.

Er stand reglos da und starrte. Sein Blick bestand aus den schwarzen Pausen zwischen den Tönen, und erst als Svenja das dachte, merkte sie, dass es natürlich noch Töne gab, natürlich war es nicht still. An der schönen blauen Donau floss noch immer aus der Anlage, penetrant und störend jetzt, Stimmen waberten durch den Raum, die Schritte der Tänzer machten entnervende Schleifgeräusche auf dem unebenen Boden.

»Verdammt, du solltest schlafen«, murmelte sie, kämpfte sich aus dem Sessel hoch und ging quer über die Tanzfläche zur Tür. Jetzt merkten auch Kater Carlo und Thierry, dass etwas nicht stimmte, und hielten in ihrem Tanz inne. Als Svenja Nashville erreichte, öffnete er den Mund, wie um etwas zu sagen – und schloss ihn wieder. Wie hatte er sie gefunden?

»Ja?«, fragte Svenja. Sie merkte, dass sie sich am Türrahmen festhielt, um nicht zu fallen. Der Pitu kreiste in ihrem Kopf. Sie kniete sich hin und zog Nashville an sich, um ihn vor der Eigenartigkeit der Nacht zu beschützen.

Doch in dem Moment, in dem sein Gesicht ihr Hemd an der Schulter berührte, schaltete jemand den Panikschalter in seinem Gehirn um. Er riss sich los und rannte: den Flur entlang, die Treppe hinunter … Svenja folgte ihm, aber die Stufen buckelten und schlugen aus, und sie war zu langsam. Als sie endlich draußen stand, war die Straße leer.

»Nashville!«, rief Svenja in die Nacht. »Nashville? Wir sehen uns zu Hause! Zu! Hause! Ich suche dich jetzt nicht, hörst du? Ich! Suche! Dich! Nicht!«

Die Dunkelheit war kein Automat, wieso erwartete Svenja, dass sie Antworten ausspuckte?

»Jetzt«, sagte Friedel hinter ihr, »haben jedenfalls eine Menge Leute gesehen, dass es ihn gibt.«

»Scheiße«, sagte Svenja. »Ich bin viel zu besoffen. Ich geh ein Stück. Frische Luft hilft vielleicht.«

»Soll ich mitkommen?«

Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Ich brauche die frische Luft für mich alleine.«

 

Am Ende der Ulrichstraße lag eine Kirche mit einem bauklotzartigen Betonturm, auf den die Nacht sich nur ungern setzte. Dahinter führte ein Pfad durchs Gebüsch zu einer Wiese mit einem Spielplatz. Svenja setzte sich auf eine der Schaukeln und stieß sich mit den Füßen ab.

Ihr wurde schwindelig vom Schaukeln, die ganze Spielplatzwiese drehte sich unter dem Nachthimmel, aber vielleicht half es, vielleicht musste ihr so schwindelig werden, dass sie kotzte, und hinterher wäre sie den Caipi los.

Verdammt, eben war alles so wunderbar einfach gewesen. Sie hätte bis zum Morgen weitertanzen und trinken können, sie hätte Kater Carlo gerne gefragt, ob er auch mit ihr einen Walzer tanzte … Musste Nashville auftauchen? Es war nicht gerecht.

Sie sprang in den Sand und blieb einen Moment sitzen. Plötzlich kam sie sich beobachtet vor.

»Nashville?«, fragte sie und drehte sich um.

Und dann sah sie den schwarzen Klumpen, der auf der Bank neben dem Sandkasten klebte. Ein Mensch, für Nashville zu groß. Er sah sie an. Saß da, Füße auf der Bank, Arme um die Knie geschlungen, und sah sie an, starr. Svenja konnte sein Gesicht nicht erkennen, die Kapuze seines Pullovers warf mehr Schatten, als die Nacht besaß.

Ihr wurde ganz langsam kälter.

»Suchst du wen?«, fragte der Mensch. Seine Stimme war jung, rau und fremd.

»Ich …«, begann sie und fühlte, wie ihre eigene Stimme in einem Treibsandfeld aus Limettenstückchen und Angstschweißperlen versackte. Nein. Ich suche niemanden. Ich kann ihn nicht dauernd suchen.

»Schön«, sagte die Stimme von der Bank. »Du wirst ihn nämlich nicht finden.«

Svenja saß ganz still, ihre Beine weigerten sich, aufzustehen. Eine Weile rauschte nur der Nachtwind in den Bäumen.

»Svenja Wiedekind«, flüsterte der auf der Bank schließlich. »Glaub nicht, dass wir nicht wissen, wer du bist. Wenn ich jetzt aufstehe und zu dir rüberkomme, hast du Angst. Warum haben alle immer Angst vor uns?«

»Wer«, fragte Svenja. … sind Sie?, wisperte die Nacht.

»Er war auch einer von uns«, sagte der auf der Bank. »Aber das hat er dir nicht erzählt, was?«

»Wen«, flüsterte Svenja. … meinen Sie?, murmelte der Wind.

»Das weißt du ganz gut«, antwortete der auf der Bank. »Wir leben zwischen den Zeilen. Zwischen den Zeilen der Gesellschaft. Ich könnte sein wie du, weißt du? Auf Partys gehen, mich da besaufen. Du riechst fünf Meilen gegen den Wind nach diesem Zitronenzeug.« Er lachte. »Sie ist jetzt seit zwei Wochen weg«, sagte er dann ernst. »Du weißt nicht, wo sie ist?«

»Ich … ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden.«

»Und der Kleine spricht nicht mehr. Was hast du mit ihm gemacht?«

Da stieg auf einmal ein hysterisches Lachen in Svenja empor, die Angst kippte, dies alles war zu abstrus. »Gemacht?«, flüsterte sie. »Ich? Mit Nashville? Ich habe ihn gefunden, das ist alles. Ich füttere ihn durch.« Sie stand auf, plötzlich wagemutig, wütend. »Und wer immer Sie sind, Sie kriegen ihn nicht.«

»Du aber auch nicht, Svenja«, sagte der auf der Bank. »Er gehört keinem. Menschen gehören nicht.«

Da endlich drehte Svenja sich um und rannte. Sie duckte sich zurück durchs Gebüsch, hetzte an der abstrakten Kirche mit ihrem konkreten Betonturm vorbei, die ganze Ulrichstraße entlang, bis zum Haus Nummer drei, aus dem noch immer Bässe drangen. Vor dem Tor blieb sie stehen, versuchte, ihr Seitenstechen loszuwerden, sah sich um. Die Straße hinter ihr war leer. Sie wollte hineingehen, in die Kerzenwärme, alles erzählen. In den Arm genommen werden. Sie zitterte.

Nein, das war gelogen, sie zitterte überhaupt nicht, sie stand nur da und keuchte, das war alles. Aus einem offenen Fenster hörte sie Friedels Stimme, ohne die Worte zu verstehen. Irgendwo dort tanzten Kater Carlo und Thierry vielleicht noch immer einen endlosen Walzer.

Sie schloss das gelbe Fahrrad auf und fuhr nach Hause.

 

Er war nicht da. Nashville war nicht in der Wohnung.

Svenja stellte sich unter die Dusche, um die Erinnerung an den Spielplatz loszuwerden. Heißes Wasser würde vielleicht helfen. Es war vier Uhr morgens.

Das heiße Wasser war eiskalt. Sie erinnerte sich erst nach einer Schocksekunde daran, dass der Boiler nicht immer funktionierte. Jetzt gerade funktionierte er eindeutig nicht.

Sie war sehr wach, als sie aus der Dusche stieg. Im Klebefolienspiegel sah ihr ein zerzauster nackter Vogel entgegen, auf dem Kopf blonde Strubbelfedern. Sie rubbelte sich so lange ab, bis ihre Haut rot war und schmerzte, dann wickelte sie sich in ein trockenes Handtuch und holte den Umschlag ihrer Mutter von der Mikrowelle.

»Ich wünsche mir«, murmelte sie, während sie ihn öffnete, »ich wünsche mir … eine kugelsichere Weste. Haha. Pfefferspray. Hahaha. Ich bin da in eine Sache reingeraten, die … Ich weiß nicht … Vielleicht war er wahnsinnig. Der auf der Parkbank. Aber Wahnsinnige können gefährlich werden … Ich wünsche mir ein magisches Schwert. So ein Plastik-Laserschwert, giftgrün, mit dem man als Kind alle Drachen und Monster und den Wetterbericht besiegen kann.«

In dem Umschlag waren drei Tafeln Schokolade – die teure Bio-Vollmilch –, eine Packung Zigaretten und eine Kunstpostkarte. Auf der Postkarte sah man irgendetwas Abstraktes. Es war rot. Svenja drehte die Karte schnell um.

Hier ein wenig Nervennahrung. Ich hoffe, alles läuft so, wie du es dir vorgestellt hast. Wann soll ich kommen? Mama.

»Jetzt«, flüsterte Svenja. »Jetzt sofort. Hilf mir herauszufinden, was hier passiert. Sag mir, was ich mit Nashville tun soll. Koch meine Lieblingsnudelsoße, die Katleen garantiert nicht kann, und sing mich in den Schlaf.«

Sie legte die Arme auf den Tisch und den Kopf darauf und schloss die Augen. »Nein«, wisperte sie. »Komm nicht. Ich kriege das alles alleine hin. Ich bin erwachsen.«

 

Sie erwachte davon, dass das Handy klingelte. Sie saß noch immer am Küchentisch, in ein himmelblaues Handtuch gekleidet, vor sich den Stapel Schokoladentafeln. Sie tappte ins Bad und fand das Handy dort in ihrer Jeans.

»Svenja?«, sagte Friedel. »Ich stehe vor dem Anatomiegebäude … Falls dich jemand fragt, du warst in Histo. Verstanden? Deine Unterschrift ist auf der Liste.«

»Bitte?«, fragte Svenja verschlafen.

Friedel lachte. »Da waren ja die Beispielunterschriften der letzten Male. Listen sind eine praktische Sache. Dann viel Spaß beim Anatomielernen.«

»Anatomie?«, fragte Svenja.

»Testat? Obere Extremität? Morgen? Du bist für zehn Uhr eingetragen, zusammen mit einer Katharina Schwaber. Ich bin vor dir dran. Wenn es vorbei ist, gehe ich Drachen steigen lassen. Du könntest mitkommen. Bei den Roßwiesen ist …«

»Ich muss lernen, Friedel. Jetzt!«, sagte Svenja und legte auf.

Sie hatte das Testat völlig vergessen.

Erst als sie zurück in die Küche kam, bemerkte sie die Kanne Kaffee auf dem Tisch. Daneben stand eine Tasse. Sie ging mit ihrem Kaffee zum Fenster und beugte sich hinaus, um die Luft zu schmecken und wach zu werden. Über ihr baumelte jemand mit den Beinen. Nashville saß auf dem Ziegeldach direkt oberhalb des Fensters.

»Guten Morgen«, sagte Svenja. Er grinste zwischen seinen Knien hindurch eine Antwort. Die Panik der Nacht war vergessen. Geblieben waren die Worte.

»Wer ist sie?«, fragte Svenja aufs Dach hinauf. »Und warum ist sie verschwunden?«

Nashville machte sein Gesicht zu und sah geradeaus.

»›Sie ist jetzt seit zwei Wochen weg‹, hat er gesagt«, fuhr Svenja fort. »Und du bist seit zwei Wochen hier. ›Der Kleine‹, hat er gesagt, ›der Kleine spricht nicht mehr.‹ Der Kleine, das bist doch du. Der Typ auf der Parkbank kannte dich. Also hast du früher gesprochen, ja? Warum sprichst du dann jetzt nicht mit mir?«

Sie sah die Tasse an, und in der Tasse spiegelte sich ihr Ärger. Hatte sie ein Recht dazu, ärgerlich zu sein?

»Danke für den Kaffee«, sagte sie etwas schroff. »Nashville … bitte … komm runter da.«

Er kam nicht.

»Hör mal, ich muss lernen«, sagte sie. »Anatomie. Ich habe morgen eine Prüfung, bis dahin muss ich das ganze Zeug wiederholt haben. Und in dieser Wohnung fällt mir langsam die Decke auf den Kopf. Ich packe meine Sachen und gehe irgendwo anders hin zum Lernen. Bleibst du hier?«

Nichts.

»Kommst du denn alleine da runter?«

Blöde Frage.

»Nashville, ich will mich nicht mit dir streiten«, sagte Svenja, aber vielleicht wollte sie genau das. Vielleicht würde er endlich reden, wenn sie stritten.

Wenn Nashville Teil eines größeren Wir war, wie der auf der Bank gesagt hatte, dann gab es womöglich einen sehr genau berechneten Grund dafür, dass er hier war. Und dass er nicht sprach.

Sie kam sich seltsam ausgenutzt vor. Sie besaß nichts von Wert, das man ihr stehlen konnte, aber wahrscheinlich war auch sie nur ein Stück des Plans … welches Plans?

»Ich gehe jetzt«, sagte Svenja. »Ich bin irgendwann nachmittags zurück. Oder abends.«

 

Vor der Kirche saß Katleen und nahm einen Fisch aus. Svenja beobachtete eine Weile, wie sie seine Innereien auf Zeitungspapier ausbreitete.

»Karl will sie zeichnen«, sagte sie.

»Kater Carlo?«

»Oder so«, sagte Katleen. »Ich weiß nicht, was er an den Innereien eines Fisches so interessant findet …«

»Wenigstens müsst ihr nicht auswendig lernen, wie die Nerven und Gefäße des blöden Fisches heißen«, murmelte Svenja. Sie sah zu ihrem Dach hinauf. Nashville saß immer noch da. Aber er hatte die Augen geschlossen. Ich bin nicht zu Hause. Wink mir nicht.

Auf einmal tat es Svenja leid, dass sie ärgerlich gewesen war.

»Ich gehe Anatomie lernen«, sagte sie. »Grüß Kater Carlo von mir.«

»Wenn er bis abends aufgewacht ist«, sagte Katleen und zuckte die Schultern. »Gestern Nacht war es ziemlich früh morgens in der Ulrichstraße drei.«

Svenja verlagerte das Gewicht der bunten Spiegeltasche mit ihren Büchern auf die andere Seite.

»Katleen … Friedel sagt, er ist unglücklich verliebt. Der spanische Kater.«

»Natürlich«, sagte Katleen und schnitt den Kopf des Fisches ab. »Wer ist das nicht? Geh jetzt. Du wolltest lernen.«

Von Wollen konnte keine Rede sein. Svenjas Kopf war zu müde und zu schwer zum Lernen und ihre Gedanken ganz steif, wie verrostet. Auf der Hirnschublade, die mit ANATOMIE beschriftet war, saß eine Schattenfigur mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze und flüsterte: »Du wirst es verpatzen. Der Arm hat tausend Gefäße und tausend Nerven, und der Thorax wird übrigens auch abgefragt beim Testat …«

Sie wanderte zum Anlagensee, wo ein Penner im Gebüsch leere Flaschen sammelte. Es war der Zugfütterer, und Svenja wich ihm aus, sie hatte keinen Nerv (und auch keine Arterie) für ein Gespräch. Hinter dem See lagen lang gestreckt die Gebäude von mehreren Schulen. Plötzlich wünschte sie sich zurück. Zurück in die sicheren Zwänge des Schüleralltags, in dem man zu bestimmten Zeiten zu Hause sein musste und das Duschwasser immer warm war. Gegenüber von den Schulen, zwischen Bäumen und wispernden Frühlingsbrisen, gab es eine Wiese, und Svenja fiel mitten hinein in ein Meer von Gänseblümchen. Sie schlug den Schiebler auf, legte sich auf den Rücken und las anatomische Begriffe, die in den Himmel aufstiegen wie Seifenblasen. Sie schlief fest, ehe sie überhaupt denken konnte ›Ich schlafe ein‹.

Und natürlich bemerkte sie die Gestalt nicht, die sich im Schlaf über sie beugte. Als sie erwachte, war die Gestalt längst fort.

 

Svenja setzte sich mit einem Ruck auf. Verdammt. Es war später Nachmittag. Sie hatte den Tag verschlafen, statt zu lernen. Sie nahm die Spiegeltasche und stapfte in die Innenstadt zurück, ärgerlich auf sich selbst. Die Innenstadt war schön jetzt, voll freundlicher Feierabendruhe. Am Nonnenhaus verkaufte ein Italiener lautstark Gemüse. Im Garten des esoterischen Buchcafés nebenan diskutierten drei violett gekleidete Endsechzigerinnen über vegane Literatur. Svenja folgte dem Ammerkanal bis zu dem Platz, wo sich die Stühle von drei verschiedenen Cafés unter einer Kastanie scharten. Der König fuhr noch immer auf seinem altmodischen Fahrrad von nirgendwoher nach nirgendwohin.

Sie legte den schweren Anatomie-Atlas auf den letzten freien Tisch und bestellte einen Kaffee, der nicht kam. Vor ihr wanden sich die Nerven und Gefäße auf den Bildern wie Schlangen, die ihr die Luft abdrücken wollten.

»Ich schaffe das nicht«, flüsterte sie. »Es ist unmöglich, das vor dem Testat noch alles zu wiederholen.«

»Das glaube ich nicht«, sagte jemand hinter ihr. Sie fuhr herum und stieß den Kaffee um, der doch noch gekommen war. Er ergoss sich über den Schiebler, über den Atlas, über den Tisch, floss auf Svenjas Hose … Und sie spürte etwas Kleines und Kindisches in sich aufsteigen wie ein wütendes Weinen. Sie fluchte stattdessen.

»Ich habe ein Taschentuch«, sagte Holzen.

»Ein Taschentuch reicht nicht, um das zu retten«, meinte Svenja und hob hilflos die Arme. Sie war unsicher, ob sie den Kaffeesee meinte oder die Anatomieprüfung oder ihr ganzes Leben.

Holzen fand einen Ständer mit Papierservietten. »Alles wird gut«, sagte er, beseitigte den See und zog das Buch zu sich heran. »Was ist das? Die neue Ausgabe vom Schiebler

»Nein«, sagte Svenja. »Das ist ein katalanischer Gedichtband.«

Er lachte. »Sei nicht so gemein«, sagte er. »Ein alter Arzt wie ich hat doch keine Ahnung mehr.«

»Wie alt sind Sie denn?«, fragte Svenja. »Hundert?«

»Uralt«, sagte er. »Einunddreißig. Der Arm … Himmel … Ich habe das alles vergessen. Du wirst es auch vergessen.«

»Danke.« Sie schnaubte. »Schon passiert.«

Sie wollte nett zu Holzen sein, sie wollte unbedingt und verzweifelt nett zu Holzen sein, aber aus ihrem Mund kamen lauter schnippische Kommentare.

»Wie geht es dem Fahrrad? Kette noch drauf?«

Svenja nickte. »Ich wünschte, ich müsste nur die Teile eines Fahrrads auswendig lernen. Gott, ich wünschte, ich wäre ein Fahrrad!«

Sie sah ihn an, wie er nachdenklich seine Nase mit den winzigen dunklen Sommersprossen knetete. Nein, dachte sie, sie wünschte nicht, sie wäre ein Fahrrad, denn ein Fahrrad könnte nicht mit Holzen reden. Er hatte sich auf einen der freien Stühle gesetzt, als wollte er bleiben. Vielleicht hatte sie noch eine Chance. Nett zu sein.

»Sie haben sicher zu tun?«, sagte sie und nickte zu seiner Laptoptasche hin.

»Ich könnte dich abfragen«, sagte Holzen, ohne seinen nachdenklichen Blick von ihr zu nehmen. »Damals wäre ich froh gewesen, wenn jemand mich abgefragt hätte. Ich habe nur nachts gelernt, und ich bin ständig dabei eingeschlafen …«

»Was war denn tags?«

»Tags habe ich gearbeitet«, sagte Holzen. »Um mein Studium zu finanzieren. Meine Eltern … fanden die Idee nicht so brillant, dass ich studieren wollte. Unnötig. Überkandidelt.« Er zuckte die Schultern. »Ich hätte den Handwerksbetrieb zu Hause übernehmen sollen. Sag mir die großen Arterien am Arm.«

Svenja hätte ihn lieber etwas über den Handwerksbetrieb gefragt.

»Das ist leicht«, protestierte sie. »Die großen sind leicht. Was ich nicht kann, sind …«

»Sag mir die großen Arterien am Arm«, wiederholte Holzen ruhig. Und da sagte sie ihm die großen Arterien am Arm und dann die kleinen, und von irgendwoher flossen die Worte zurück in ihren Kopf, die sie in den letzten Wochen gelernt hatte.

»Siehst du«, sagte Holzen. »Jetzt machen wir mit den Venen weiter. Die kannst du nämlich auch.«

Er bestellte zwei Tassen Milchkaffee, und der späte Nachmittag rutschte in einen lauen Abend hinüber, und der König fuhr hinter ihnen Fahrrad, und der kleine Vogel auf seinem Lenker sang an diesem Abend. Ganz leise. Das Licht glänzte auf Holzens Haar wie dunkles Kupfer.

Und sie begriff es nicht – warum hatte er Zeit für sie? Sie kam sich vor wie eine streunende Katze, aus lauter Dankbarkeit wäre sie gerne auf seinen Schoß geklettert und hätte geschnurrt. Eine streunende Studentin.

»Sie wollten doch arbeiten«, sagte sie. »Irgendwas mit dem Laptop.«

»Doktorarbeit. Ja.« Holzen legte den Kopf in die Hände, und die ganze wache, helle Energie fiel mit einem Mal von ihm ab. Sie sah jetzt die Schatten unter seinen Augen wieder. »Ich bin ziemlich müde, weißt du. Ich hatte Nachtdienst, und ich sitze seit morgens an der Doktorarbeit. Vergleiche Daten, baue Tabellen … Die Zahlen werden immer kleiner, je müder man ist. Ich bin zu müde für die Zahlen. Um dich abzufragen, bin ich noch wach genug.« Er sah sie einen Moment lang an. Wie eine Landschaft, die man betrachtet, um die Augen zu entspannen. Es war seltsam; er legte seine Augenringe in diesen betrachtenden Blick und schloss ihn wie ein Etui, in dem er seine Müdigkeit verwahrte. »Manchmal wäre ich gerne wieder so jung wie du«, sagte er leise. »Jung und wach. Natürlich hat es auch Nachteile. Wenn man woanders lernen gehen muss, weil es in der WG zu laut ist. Oder … im Studentenwohnheim?«

»Ich wohne alleine«, sagte Svenja. »Altbau, unsaniert, Jakobusplatz. Keine WG

Er hob die Augenbrauen, erstaunt. »Ganz alleine?«

»Ich … nein.« Svenja fischte eine weiße Kastanienblüte aus ihrem Kaffee. »Da ist … ein kleiner Junge. Nashville. Er ist mir quasi zugelaufen. Er … war in meiner Wohnung, im Schrank. Umgekehrt. Voller Schrammen und mit Blättern im Haar, als wäre er durchs Gebüsch gekrochen … oder durch einen Wald. Neulich, da saßen Sie hier, und ich habe gewinkt, da war er dabei.«

»Du musst nicht Sie sagen«, sagte Holzen.

»Er«, sagte Svenja.

Holzen brauchte einen Moment, dann lachte er. »Ja. Ich erinnere mich jetzt. Und dieser Junge …?«

»Irgendetwas stimmt nicht mit ihm. Ich finde es noch raus. Er spricht nicht. Und er hat ein Bild gemalt, ganz rot, rot wie Blut, es war gar nichts mehr frei.«

»Vielleicht mag er die Farbe Rot.«

»Ja, vielleicht. Er … verschwindet nachts und schleppt seltsame Dinge an.« Sie sah in die grüne Weite des Kastanienbaumes hinauf. »Neulich hatte er ein Büschel Haare in der Faust, als er wiederkam.«

»Haare … von einer Puppe?«

»Ja«, sagte sie, erleichtert über diese Erklärung. »Von einer Puppe.«

Aber wo war Nashville nachts einer Puppe begegnet, und warum hatte er ihr eine Haarsträhne ausgerissen?

»Ich …«, begann sie und sah in Holzens helle Augen. Ich habe Angst. Seit letzter Nacht, seit dem Spielplatz, habe ich Angst.

Sie sagte es nicht. Sie sagte: »Die Armnerven. Würden Sie … würdest du mich die auch noch abhören? Das wäre unglaublich nett.«

»Ja«, sagte Holzen und strich sein Haar aus dem Gesicht. Er lächelte, nur ein wenig. Sein Lächeln wurde durch die Sommersprossen jünger und durch die Müdigkeit wieder älter. »Ja«, wiederholte er, »einmal pro Woche bin ich ein netter Mensch.«

 

Später, viel später, lag Svenja alleine im Bett und dachte über den guten Menschen Gunnar Holzen nach. Gunnar, der vermutlich noch immer nicht schlief, sondern wieder mit Zahlen und Tabellen kämpfte. Oder vielleicht hatte er auch in dieser Nacht Dienst. Sie hätte gern im Traum über sein Gesicht gestrichen und die Augenschatten von ihm genommen.

Ein bisschen dachte sie auch über Kater Carlo nach und über ihr Spanisch, das sie womöglich auffrischen sollte. Sie könnte Kater Carlo bitten, ihr Nachhilfe zu geben. Und sie dachte, dass das Leben doch im Allgemeinen ziemlich interessant war.

Unter dem Bett lag Nashville, sie hatten zusammen Pizza im Ofen aufgebacken.

Alles wird gut, hatte Gunnar Holzen gesagt.

Vielleicht hatte sie die Sache mit der Kapuzenstimme auf dem Spielplatz nur zusammenphantasiert. Pitu reicht tief. Alles wird gut …

Am nächsten Tag fiel sie durch das Anatomietestat.

 

9:10

Svenja saß im Bett und starrte den Wecker an. Sie war nicht durch das Testat gefallen.

Sie hatte geträumt.

Verdammt, sie musste den Kittel noch bügeln. Sie hatte keine Zeit. Sie stieg in die ordentlichsten Sachen, die sie fand – eine saubere Jeans und ein weißes Hemd, das nur eine kaputte Naht hatte – und öffnete die Küchentür.

Der Kittel lag auf dem Tisch. Er hatte eigentlich gar nicht so viele Falten. Dafür hatte er jetzt ein Muster.

Svenja trat näher. Träumte sie noch immer? Der Kittel war über und über bedeckt mit kleinen bunten Zeichen. Sie sahen aus wie Schrift, jedoch keine Schrift, die Svenja kannte. An manchen Stellen gab es auch Linien.

»Nashville?«

Er war nirgends zu sehen, aber sie hatte das Gefühl, dass er sie hörte.

»Das war keine gute Idee«, sagte Svenja. »Diesen Kittel kann ich so nicht anziehen. Ich gehe jetzt ohne Kittel zum Testat. Das ist ein Schwerverbrechen für die Professoren. Vielleicht verwenden sie mich als nächste Präp-Leiche.«

Etwas im Küchenschrank fiel um oder herunter, als wäre jemand, der darin saß, zusammengezuckt.

»Nein, Quatsch«, sagte Svenja schnell. »Sie werden bloß schimpfen. Aber ich muss mal mit dir reden. Darüber, was eine gute Idee ist und was nicht. Nur jetzt, jetzt muss ich los.«

Sie stopfte den Kittel trotz allem in die Spiegeltasche und rannte.

 

Vor der Anatomie standen aufgeregte Studenten in Grüppchen und ließen lateinische Begriffe über ihren Köpfen hin und her schwirren wie Wespen. Svenja verspürte den Drang, danach zu schlagen. Sie ging durch die Glastüren nach drinnen, wo nur Nils und ein Mädchen standen.

»Nils«, sagte sie. »Ich habe keinen Kittel.«

»Was?«

Svenja griff in die Tasche, um ihm das Kunstwerk zu zeigen, das einmal ihr Kittel gewesen war, doch ihre Hand fand etwas anderes. Einen Umschlag. Hatte sie den Umschlag ihrer Mutter mitgenommen? Sie zog ihn heraus. Nein, dies hier war ein gebrauchter Umschlag, dünn und braun: AN DEN KLEINEN. Ein abgerissenes Stück von einer alten Zeitung steckte darin, mit Kugelschreiber beschrieben. Die Botschaft war kaum lesbar zwischen den Bildern und Artikeln. Svenja stand da, das Stück Zeitung in der Hand, als die Tür zum Prüfungsraum sich öffnete. »Katharina Schader und Svenja Wedekind?«

Katharina Schader trug einen perfekt gebügelten Kittel, darunter ein dunkelblaues Kostüm und hatte ihr Haar mit einer cremefarbenen Seidenschleife zu einem Pferdeschwanz gebunden. Der Professor musterte Svenja.

»Sie müssen entschuldigen, Svenja hatte einen Todesfall in der Familie«, sagte Nils rasch. »Sie ist etwas durch den Wind.«

»Sie braucht trotzdem einen Kittel, wenn wir an die Leiche gehen«, sagte der Professor ungehalten.

»Ja, selbstverständlich«, sagte Nils. »Ich hole einen.«

Und dann stand Svenja mit Katharina neben der Leiche und fragte sich, was für einen Todesfall sie in der Familie gehabt hatte. Und was Nils sich dafür erhoffte, dass er das gesagt hatte. Adrenalin pulste grell durch ihre Adern, sie hatte nicht einmal Zeit, Angst zu haben. Der Arm und seine Gefäße, der Arm, der Arm …

»So«, sagte der Prof, »und nun erzählen Sie uns mal etwas über das Bein.«

Svenja starrte ihn an.

Der Prof sah aus dem Fenster.

Schließlich begann er zu lachen. Nils schüttelte nur den Kopf. »Das war ein Witz«, sagte er. »Er macht das immer. Natürlich geht es um die obere Extremität.«

Svenja warf einen Seitenblick auf Katharina. Katharina zitterte.

»Soll ich anfangen?«, fragte Svenja.

Und dann ratterte sie Namen herunter. Sie zeigte dem Prof jeden einzelnen verdammten Muskel mit jeder einzelnen verdammten Arterie, sogar den Nerven, den sie abgeschnitten hatte – Nils hatte aus ein paar Muskelfasern einen Ersatznerven gebastelt. Sie dachte nicht nach, während sie die Begriffe herunterratterte. Ein Teil von ihr saß unter der Kastanie, neben dem Fahrrad fahrenden König, mit Gunnar Holzen. Ein anderer Teil saß zu Hause im Küchenschrank und versuchte, in der Dunkelheit zwischen Mehl und Nudeln mit Nashville zu sprechen. Der dritte Teil strich einen Brief glatt, der auf eine alte Zeitung geschrieben war.

»Moment«, sagte der Prof. »Den Thorax lassen Sie jetzt mal Ihrer Kommilitonin übrig, ja?«

Svenja stoppte den lateinischen Wortfluss wie eine CD.

»Ich …«, begann Katharina. »Der Thorax …« Dann verstummte sie, hilflos.

»Fang mit den großen Gefäßen an«, sagte Svenja und erntete einen bösen Blick von dem Prof.

»Sind Sie jetzt der Dozent, oder was?«, knurrte er.

»Die großen Gefäße kannst du, Katharina«, sagte Svenja und sah dem Prof direkt in die Augen. Sie setzte Nashville in ihren Blick, seine dunkle, stumme Sturheit, und der Prof schwieg.

Katharina sagte die Arterien des Thorax auf wie ein Erstklässler ein Gedicht, kaum hörbar und sehr stockend. Sie bestanden beide.

»Ich verstehe dich nicht«, sagte Katharina, als sie nach dem Testat zusammen im Flur standen, erschöpft. »Hast du denn nie Angst?«

»Doch«, antwortete Svenja ehrlich. »Dauernd.«

Eigentlich war Katharina ganz nett.

Als sie aus der Anatomie kam, saß Gunnar nicht in der Cafete der HNO. Sie verdrängte die Enttäuschung. An der steinernen Riesenvagina lehnten Friedel, Kater Carlo und Thierry und blickten ihr entgegen wie drei Cowboys.

»Bestanden? Ich auch«, sagte Friedel glücklich.

»Lass uns feiern gehen«, sagte Kater Carlo.

»Ja, ich brauche dringend einen Kaffee«, sagte Svenja. »Und einen großen Schluck Fleckenentferner.«

 

»Wenn ich das richtig sehe, hat er versucht, dir einen Spickzettel zu machen«, meinte Friedel, als sie eine halbe Stunde später in der Altstadt im offenen Fenster des Pfauen saßen. Der Kittel lag auf einem Stuhl neben ihnen. »Du kannst das nicht rauswaschen, Svenja. Es ist Kunst. Quasi, wie du sagen würdest.«

»Sage ich dauernd quasi?« Wie genau achtete Friedel auf ihre Worte?

»Egal«, meinte er. »Carlo? Guck dir die Arterien und die Geheimschrift hier an. Kunst oder nicht?«

»Mmmm«, sagte Kater Carlo. Thierry und er waren damit beschäftigt, sich einen Frühstücksteller zu teilen, was das genaue Ausmessen von Käsestücklängen und Wurstdurchmessern erforderte. Die Maßeinheit war die Länge von Thierrys Taschenmesser. Es gefiel Svenja nicht, wie er damit herumfuchtelte, es sah verdammt scharf aus. Keiner von beiden interessierte sich für den Kittel. Die Sonne schien auf ihre Gesichter, die Bedienung im Pfauen flirtete von der Theke aus mit ihnen, und sie waren mit sich und der Welt zufrieden.

»Fest steht jedenfalls eins«, sagte Friedel. »Dein Mowgli möchte schreiben lernen. Wie alt ist er? Acht? Zehn?«

»Er heißt Nashville«, sagte Svenja.

»Genauso wenig wie Mowgli«, sagte Friedel. »Ich habe einen zweiten Kittel, den kannst du haben fürs Präppen. Das hier solltest du aufbewahren für später.«

»Später?«, fragte Svenja. »Wann später? Wenn ich Ärztin geworden bin und Nashville ein glücklicher Erwachsener, der in einer Anstalt Postkarten mit seinen Arterienbildern bemalt?« Sie griff in die Spiegeltasche und holte den braunen Umschlag heraus. »Ich habe einen Brief bekommen. Jemand hat ihn mir in die Tasche gesteckt. Aber er ist an Nashville.«

Sie glätteten die alte Zeitung, und Friedel beugte sich gemeinsam mit ihr darüber.

 

Hey, Kleiner.

Was ist passiert? Erst dachten wir, ihr seid wieder weg aus der Stadt. Aber nur sie ist abgehauen, oder? Ohne dich. Was hat sie angestellt? Irgendwann finden sie es nämlich heraus und hängen es einem von uns an. Sag Svenja, dass es nett von ihr ist, dass sie dir den Brief vorliest. Aber sie wird nicht immer nett sein, keiner von ihnen ist das. Ich frage mich, ob wir dich lieber zurückholen sollten. Wir sind immer da, vergiss das nicht. Wir sind überall.

Sag ihr, das hier hat der von der Parkbank geschrieben.

 

Friedel sah auf. Sein Gesicht war eine einzige Frage. Das von Svenja war keine Antwort.

Warum hatte sie Friedel den Brief zeigen müssen? Sie faltete die Zeitung und schob sie in die Tasche ihrer Jeans. »Irgendein Spinner«, sagte sie leichthin. »Das ergibt ja nicht den geringsten Sinn. Kater Carlo … Thierry …« Sie hörte selbst, wie nervös sie klang. »Wollten wir nicht feiern gehen?«

»Später«, sagte Kater Carlo. »Ich muss noch ausmessen dieses Banane.«

»Das ist eine Physalis, Katerchen«, sagte Thierry. »Wir könnten jeder von einer Seite abbeißen …«

Friedel stand mit einem genervten Seufzer auf. Er legte einen Schein auf den Tisch und nickte zum Abschied. »Das reicht für Svenja und mich«, sagte er. »Wenn nicht, ist das Pech. Ich fahr jetzt zu den Roßwiesen rauf und bring den Drachen in die Luft.«

Svenja schob ihr Fahrrad neben Friedel her, die Straße entlang. An der Ecke stand eine kleine Gestalt mit zerzaustem Haar und schien auf sie zu warten.

»Nashville!«, rief Svenja.

»Hey«, sagte Friedel. »Svenja, dieser Drachen, den ich steigen lassen wollte … alleine ist das eigentlich schwierig …«

Etwas in Nashvilles Augen leuchtete auf und verdrängte die Dunkelheit für Momente. Er sah Svenja an, fragend. Können wir mitgehen? Bist du mir noch böse?

»Der Spickzettel auf dem Kittel«, sagte Svenja. »Weißt du, den hatte ich nur erst nicht verstanden. Danke. Aber das nächste Testat schaffe ich ohne Spickzettel, okay? Und jetzt gehen wir Friedels Drachen einheizen.«

 

Die Roßwiesen lagen im Osten der Stadt. Man musste die Straße gegenüber der Uni nehmen, wo eine weiße Fliederhecke blühte, dann ging man durchs Gras hinauf. Von oben sah man das ganze Tal, und es wurde, sobald man es sah, unwichtig und klein. Irgendwo hinter den Wiesen ragten Baumwipfel auf, dort gab es kleine, zerstreute Stücke Wald. Auf einer Seite, am Österberg, lagen die Verbindungshäuser.

»Dahinten ist die Schmissfabrik«, sagte Friedel. »Die Burschis. Lass dich bei Gelegenheit mal zu einem Fechtkampf einladen. Obwohl – als Frau darfste ja nicht zusehen, wenn sie sich schlagen … Die Säbel sind ganz schön scharf. Na, der Tequila ist billig auf ihren Partys.«

Sie wanderten am Hang entlang auf die Baumwipfel zu. Ein paar Jogger kamen ihnen auf dem schmalen Weg entgegen. Und plötzlich geschah etwas Seltsames. Nashville packte Svenjas Hand. Er blieb einen Moment lang ganz still stehen, als hätte er gerade etwas begriffen. Dann drehte er sich um und zog sie zurück. Er hatte sie noch nie von sich aus berührt, und sein Griff war sehr entschlossen.

»Der Drachenexperte hier meint wohl, wir sind schon zu weit«, sagte Svenja mit einem Schulterzucken. »Er hat recht, oder? Da vorne beginnt der Wald.«

Sie fanden die perfekte Stelle bei einer Bank mitten auf der Wiese. Der Drachen ließ sich von Friedel in die Luft werfen und jubelte im durchsichtigen Blau, als Nashville mit der Schnur durchs hohe Gras rannte.

Irgendwo auf den Roßwiesen gab es Abzäunungen für ein paar namensgebende Ponys, aber vor allem gab es Blumen, eine ganze Traumfabrik aus Frühlingsblumen, gelb, weiß, violett. Svenja machte eine kindische Blumenkette daraus. Die Nerven des Armes kringelten sich leise zusammen und verschwanden aus ihrem Kopf, beschämt ob ihrer Unwichtigkeit. Sie sah Nashvilles verfilztes Haar mit dem Drachen um die Wette fliegen – und mit den Rastalocken von Friedel. Sie rannten alle drei, bis sie nicht mehr konnten, und da war es schon lange Nachmittag.

Friedel ließ sich ins Gras fallen.

»Man könnte den Hang runter«, sagte er. »Oder? Den Drachen holen wir später.«

Damit stieß er sich ab und rollte einfach los, Beine und Arme steif ausgestreckt.

Svenja sah zu Nashville. Nashville nickte. Und sie legten sich ins Gras und rollten Friedel nach.

Es war ein verrücktes Gefühl. Der Himmel und die Wiese rasten im Wechsel an ihr vorbei, sie bekam Gras und Erde in den Mund. Gott, vielleicht würde sie nie mehr anhalten, sondern immer weiterrollen, einmal rund um die Erde und mit Schwung hinaus ins All … Doch als sie auf dem untersten Stück Wiese ankamen, wurde der Berg flacher und bremste ihre Rollpartie. Minutenlang lagen sie einfach nebeneinander im Gras, keuchend und lachend. Und Svenja dachte, dass sie Nashville zum ersten Mal lachen hörte.

Der Himmel über ihnen war unglaublich blau, blauer als Kaugummi.

»Übrigens, Nashville?«, sagte Friedel. »Das Schreiben … Wenn du willst, kann ich mal versuchen, es dir beizubringen.«

In diesem Moment mochte Svenja Wiedekind Friedel Häberle sehr. Es schmerzte beinahe. Aber es muss klargestellt werden, dass sie zu keinem Zeitpunkt verliebt in ihn war, weder bevor noch nachdem all die Dinge geschahen, die geschahen, weder bevor noch nachdem sie die Wahrheiten wusste, die sie irgendwann erfuhr.

Wen Svenja wirklich liebte, sollte sich erst später herausstellen.