»Ich setze hier gern die Arbeit fort, während Sie beide zum Lager zurückkehren«, meinte DD.
Die beiden Xeno-Archäologen kletterten die Gerüstleiter an der Schluchtwand hinab. Einen ausführlichen Bericht konnten sie später verfassen, doch die von den Hydrogern ausgehende Gefahr erschien jetzt in einem neuen Licht und darauf mussten die Verantwortlichen der Hanse durch einen Telkontakt hingewiesen werden.
Auf Rheindic Co löste sich die Wüstenhitze kurz nach Sonnenuntergang auf. Kühler Wind wehte über die öde Landschaft. Als Margaret und Louis das Lager erreichten, zeigte sich kein Licht in den Zelten.
Von dem grünen Priester war weit und breit nichts zu sehen.
In der Stille klang das leise Summen der Wasserpumpe lauter als sonst. Das Licht ging automatisch an, als die beiden Archäologen ihr Zeit betraten. Auch in Arcas’ Unterkunft schaltete sich eine Lampe ein, aber in ihrem Schein zeichnete sich nicht die Gestalt des grünen Priesters ab.
»Arcas!«, rief Louis. »Wir haben wichtige Neuigkeiten, die sofort per Telkontakt der Hanse übermittelt werden müssen.«
Es kam keine Antwort aus der Nacht. Das Lager blieb still; nichts rührte sich. Margaret sah sich um und spähte in die Schatten.
Louis blieb wie immer optimistisch. »Bestimmt ist er bei seinen Bäumen; dorthin müssen wir ohnehin gehen, um die Nachricht zu schicken.«
Margaret folgte Louis zum Hain – und blieb abrupt stehen, als sie im Mondschein Einzelheiten sah, die ihrem Mann verborgen blieben, bis er seine Taschenlampe einschaltete. Ihr Lichtschein bestätigte das, was die Archäologin befürchtet hatte.
Alle Weltbäume waren zerstört!
Jeder Einzelne war entwurzelt. Manche Stämme erweckten den Eindruck, wie von einer Schere durchtrennt worden zu sein, während andere regelrecht zerfetzt worden waren. Saft tropfte wie goldenes Blut von Fasersträngen. Leblose Blattwedel lagen im Staub.
»Was… was…«, stotterte Louis.
Margaret drehte sich mit steinerner Miene um. »Arcas«, hauchte sie mit Entsetzen in der Stimme.
Sie lief zum Lager zurück, zum Zelt des grünen Priesters, in dem sich nach wie vor matter Lampenschein zeigte. Louis folgte ihr.
Das Grauen in Margaret verdichtete sich, als sie die Zeltplane am Eingang zur Seite strich. Eine halbe Sekunde später riss sie die Augen auf. Hinter ihr schnappte Louis nach Luft.
Arcas lag brutal ermordet auf dem Boden. Sein Körper war eine deforme blutige Masse und wies zahllose tödliche Verletzungen auf. Offenbar hatte der Angreifer nicht gewusst, welche der Wunden tödlich war, und deshalb kein Risiko eingehen wollen.
Louis wandte sich ab und wankte auf wackligen Beinen aus dem Zelt. Margaret verharrte im Eingang, blickte in die Nacht und dachte daran, wie allein und hilflos sie waren.
109 NIRA
Die vom Weisen Imperator angeordnete Aktion begann, als Nira schlief. Sie bekam überhaupt keine Gelegenheit, Widerstand zu leisten.
Während der Ruhephasen im Primaspalast hatte es sich Nira angewöhnt, eine undurchsichtige Maske zu tragen, um nicht vom immer hellen Schein der sieben Sonnen gestört zu werden. So konnte sie in Dunkelheit schlafen, während ihre grüne Haut weiterhin Energie aufnahm.
Sie schlief tief und fest. Nach der Abreise des Erstdesignierten Jora’h hatte sie viel Zeit zum Nachdenken.
Immer deutlicher spürte sie die mit der Schwangerschaft einhergehenden Veränderungen in ihrem Körper. Nach Jora’hs Rückkehr von Theroc wollte sie ihm sofort davon erzählen.
Zwar hatte er schon viele Söhne und Töchter, aber dieses Kind würde sich von allen anderen unterscheiden und Nira hoffte, dass er sich darüber freute. Zusammen konnten sie über die Zukunft des Hybriden-Kindes entscheiden, das sich bestimmt durch ein großes Potenzial auszeichnete.
Nira erwartete von dem Erstdesignierten nichts, das mit einer Ehe vergleichbar wäre – so etwas war unmöglich. Aber sie wusste, wie sehr er seine anderen Kinder liebte und mit welcher Rücksicht er seine Partnerinnen behandelte. Hinzu kam, dass sie beide etwas ganz Besonderes teilten.
Solange Jora’h fort war, konzentrierte sich Nira ganz darauf, den jungen Weltbäumen aus der Saga der Sieben Sonnen vorzulesen. Am vergangenen Tag hatten Otema und sie eine Strophe nach der anderen vorgetragen. Nach vielen Stunden hatte Otema gelächelt, die gute Arbeit ihrer Assistentin gelobt und sie zu Bett geschickt…
Sieben muskulöse Wächter betraten Niras Quartier und Nira erwachte aus ihrem tiefen Schlaf.
»Packt sie«, erklang eine schroffe Stimme, während die junge Frau noch versuchte, ihre Benommenheit abzustreifen. Starke Arme ergriffen sie und sie spürte harte, rüstungsartige Kleidung, Haare wie Borsten. Ein beißender Geruch drang ihr in die Nase, wie von Tieren in einem Pferch. Unbeholfen streifte sie die Maske ab, blinzelte im hellen Licht und erkannte Bron’n und einige andere Wächter, die sie in der Nähe des Weisen Imperators gesehen hatte.
»Was ist los?«, fragte sie.
»Bringt sie fort«, sagte Bron’n und die Wächter zerrten Nira auf die Beine. Sie waren mit summenden Laserspeeren bewaffnet, deren Klingen wie Faustkeile aus weißem Licht wirkten.
Die junge grüne Priesterin wand sich hin und her. »Was habe ich mir zuschulden kommen lassen?« Sie streckte einen Arm nach hinten aus und versuchte, den nächsten Weltbaum zu berühren.
»Sie darf auf keinen Fall die Pflanzen anfassen!«, knurrte Bron’n.
Die Wächter rissen Nira fort. Ihre Fingerspitzen strichen nur über den verzierten Topf. Der junge Weltbaum schwankte, fiel aber nicht um.
»Der Weise Imperator hat uns befohlen, leise und unauffällig zu sein«, sagte Bron’n. »Bald werden andere Personen in den Fluren unterwegs sein.«
Als Nira begriff, dass sie sich nicht losreißen konnte, schrie sie. Bron’n versetzte ihr eine Ohrfeige, die sie so sehr verblüffte, dass sie schwieg. Angst ließ ihre Beine gummiweich werden, als die Wächter sie in den Korridor zerrten.
»Verletzt sie nicht«, sagte Bron’n. »Sie ist fruchtbar und notwendig.«
Entsetzt sah sie, dass eine andere Gruppe der so animalisch anmutenden Wächter Otema gefangen genommen hatte. Die alte grüne Priesterin stand steif und gerade, versuchte gar nicht, sich zur Wehr zu setzen. Sie wusste, dass es keinen Sinn hatte.
Betont würdevoll wandte sie sich an Bron’n und richtete einen durchdringenden Blick auf ihn. »Ich erhebe offiziellen Protest. Wenn wir gegen irgendein Gesetz verstoßen haben, so sagen Sie, was man uns zur Last legt. Wir gehen aus freiem Willen, wenn uns der Weise Imperator zu sich bestellt hat.«
Bron’n trat näher. »Ich gehorche den Befehlen des Weisen Imperators.«
Otema sah zu Nira, dann kehrte ihr Blick zu Bron’n zurück.
»Wenn Sie uns ein Leid zufügen, wird es zu ernsten diplomatischen Konsequenzen kommen. Wir sind legitime Repräsentanten von Theroc und auf Einladung des Erstdesignierten und Ihres Weisen Imperators hierher gekommen. Ich verlange…«
Bron’n holte einen Dolch mit gezackter gläserner Klinge hervor. »Du bist längst über das Fortpflanzungsalter hinaus, alte Frau. Deshalb hast du keinen Nutzen für uns.«
Bevor Nira schreien konnte, stieß Bron’n den Dolch in Otemas Herz. Als er ihn zurückzog, sank die alte grüne Priesterin auf den Boden. Die Wächter hoben ihre Speere und rammten sie in den Leib der Toten. Dann wichen sie vom blutenden Leichnam fort.
Bron’n winkte. Fünf kleine Bedienstete eilten herbei, um alles in Ordnung zu bringen.
Nira schluchzte voller Abscheu und Entsetzen. Ihre Knie gaben nach und schwarze Flecken tanzten vor ihren Augen. Sie konnte nicht fassen, was gerade geschehen war, hoffte inständig, dass es sich um einen bizarren Albtraum handelte.
Die Wächter hielten sie fest und Nira spürte ihre schwieligen Hände, nahm ihren von Gewalt kündenden Geruch wahr.
Man drehte ihr die Arme auf den Rücken, so weit, dass es schmerzte, aber die Wächter achteten darauf, sie nicht zu verletzen. Nira wurde gefesselt und geknebelt, anschließend durch die langen, kurvenreichen Flure tief im Innern des Prismapalastes geführt.
Schließlich stieß man sie ein einen stickigen, heißen Raum, dessen gewölbte Wände aus blutrotem Glas bestanden. Hier waren die Schatten dunkler und es kam nicht so viel Licht von den Glänzern, aber die Luft schien kaum atembar zu sein. Nira keuchte und sank auf die Knie, die Arme noch immer auf den Rücken gefesselt.
Ein anderer Mann trat vor, griff nach Niras Kinn und bog ihren Kopf nach oben. Der Dobro-Designierte sah sie teilnahmslos an, betrachtete sie wie ein Ding, ein Objekt. Er schnupperte kurz, ließ das Kinn dann los und trat zurück. Mit einem zufriedenen Lächeln wandte er sich an Bron’n.
»Perfektes Material«, sagte er. »Sie ist gesund und kräftig.
Ich rieche die Möglichkeiten in ihren Genen. Bringt sie an Bord meines Schiffes und lasst alle Spuren verschwinden, bevor der Erstdesignierte von Theroc zurückkehrt.«
Bron’n bestätigte. Nira fand nicht mehr die Kraft, sich gegen irgendetwas zu sträuben. Der Dobro-Designierte blickte auf sie hinab und es glitzerte in seinen Augen.
»Ihr Potenzial ist die einzige Hoffnung für das Ildiranische Reich, den Krieg gegen die Hydroger zu überstehen«, sagte er.
110 CESCA PERONI
Im Verlauf der letzten Monate hatten die Roamer viele schlechte Nachrichten gehört, aber mit ihrer Ankündigung gelang es Jhy Okiah trotzdem, die Clans zu überraschen.
Die alte Sprecherin wartete, bis es still wurde im Diskussionssaal von Rendezvous. Sie stand auf dem Sockel ihrer Sprechplattform, in der Mitte des höhlenartigen Raums.
Das Licht mehrerer Lampen war auf sie gerichtet.
Jhy Okiah machte Gebrauch von ihrem Recht, die Diskussion zu beenden. »Die Zukunft erfordert viel Kraft und Weitblick«, sagte sie, als sie die volle Aufmerksamkeit der Clan-Repräsentanten gewonnen hatte. »Ich habe die Roamer durch viele produktive Jahre geführt, aber jetzt kündigen sich große Veränderungen an, die mich vielleicht überfordern. Wir Roamer müssen uns jenen Veränderungen anpassen, um mit den Hydrogern fertig zu werden.
Zum Wohle der Roamer und der ganzen Menschheit habe ich beschlossen, als Sprecherin aller Clans zurückzutreten.«
Jhy Okiah schwieg. Für eine Sekunde blieb es still, dann ertönten Dutzende von Stimmen gleichzeitig.
Während der immer schlimmer werdenden Krise sahen die Roamer in der Sprecherin den einzigen Hort der Stabilität. Jhy Okiah hatte die Clans viele Jahre lang unparteiisch vertreten und die Diskussionen mit ruhiger Hand geleitet. Sie galt als fair und vernünftig, selbst bei den Clans, denen ihre Entscheidungen nicht gefielen.
Nach ihrem Ultimatum und der Ermordung König Fredericks hatten die Roamer ihre Himmelsminen aus den Gasriesen zurückgezogen, aber einige ließen sich dabei zu viel Zeit.
Innerhalb von einer Woche vernichteten die Kugelschiffe der Fremden fünfzehn weitere Ekti-Fabriken. Weniger als hundert Roamer überlebten und berichteten von den Katastrophen und einem Feind, der gnadenlos zuschlug.
»Wir brauchen einen neuen, starken Sprecher«, fuhr Jhy Okiah fort. »Einen Sprecher mit mehr Phantasie und Kraft als ich.«
Cesca Peroni saß neben dem Podium und kämpfte gegen die Tränen an. Sie hatte schon vorher von Jhy Okiahs Plänen erfahren und versucht, die alte Sprecherin umzustimmen. Aber Okiah war nicht bereit gewesen, ihre Meinung zu ändern.
»Dieser Konflikt könnte sehr lange dauern, Cesca«, hatte Jhy Okiah gesagt. »Vielleicht werden die Dinge sehr schwierig –und scheußlich. Ich entschuldige mich für die schweren Prüfungen, die dich erwarten, aber ich spüre es in meinen Knochen, dass ich vielleicht nicht imstande bin, bis zum Ende dieses Krieges durchzuhalten. Es ist besser, dass alles mit einer starken Sprecherin beginnt. Wir müssen vermeiden, dass es später zu einem Durcheinander kommt, das zusätzlichen Schaden anrichten könnte.«
»Aber ich bin noch nicht bereit. Du weißt, dass ich noch viel lernen muss.«
»Was noch wichtiger ist: Ich weiß, dass du fähig bist zu lernen.« Die alte Sprecherin hob einen knorrigen Finger an Cescas Lippen. »Dies ist das größte aller Geheimnisse, das ich mir dir teilen kann: Niemand ist jemals bereit. Damals, als ich dieses Amt übernommen habe, war ich nicht qualifizierter als du. Und ich glaube, ich habe keine schlechten Dienste geleistet.« Sie lachte leise. »Du bist fähig, Cesca, und du hältst dich nicht für unfehlbar. Damit erfüllst du alle notwendigen Voraussetzungen. Folge einfach deinem Leitstern.«
Nachdem Jhy Okiah ihre Entscheidung den ClanRepräsentanten bekannt gegeben hatte, erlaubte sie keine weitere Diskussion. In ihrem Leben hatte es zu viele Diskussionen gegeben. Sie trat vom Podium herunter und bedeutete Cesca Peroni, ihren Platz einzunehmen, und zwar nicht nur für diesen Tag, sondern für die nächsten Jahre.
Cesca trat auf die Sprechplattform. Sie fühlte sich seltsam substanzlos in der niedrigen Schwerkraft des Asteroiden und gleichzeitig wurde ihr das Herz schwer. Folge einfach deinem Leitstern. Fast hätte sie gelacht. Die Roamer glaubten gern, dass der Weg ihres Schicksals feststand und dass sie ihn sehen konnten, wenn sie aufmerksam genug Ausschau hielten. Aber Cesca hatte das Gefühl, sich schon mehrmals verirrt zu haben.
Sie ließ ihren Blick über die Clan-Repräsentanten schweifen, fand den für die Tamblyns reservierten Bereich und sah dort Jess. Er saß neben seinen vier Onkeln und beobachtete sie. Ein anderer Lebenspfad hätte sie vielleicht zueinander geführt, aber unter den gegenwärtigen Umständen sah sie keine Möglichkeit, mit ihm zusammen zu sein. Ihre Blicke trafen sich und Jess lächelte, gab ihr damit Kraft.
Das von Jess veranlasste Kometen-Bombardement hatte die Roamer jubeln lassen. Was auch immer dieser Gegenschlag in den Tiefen von Golgen bewirkt haben mochte – jetzt fühlten sie sich nicht mehr so hilflos. Orbitalspezialisten untersuchten bereits die Kuiper-Gürtel anderer Sonnensysteme, um kosmische Geschosse auf jene Gasriesen hinabregnen zu lassen, in deren Atmosphären Himmelsminen der Roamer angegriffen worden waren. Unglücklicherweise gab es eine große Auswahl an möglichen Zielen.
Cesca hatte ihre Rede sorgfältig einstudiert, aber jetzt klangen die Worte hohl und inhaltsleer. Wie sollte sie all diese Menschen führen, so viele Clans, bei denen sich immer mehr Verzweiflung breit machte? Wie konnte sie ihnen Mut machen, damit sie die Opfer brachten, die für das Fortbestehen der Roamer-Gesellschaft notwendig waren?
»Ich wollte nicht so früh Ihre Sprecherin werden«, sagte Cesca sanft. Dann hob sie die Stimme und gab ihr einen fast scharfen Klang. »Ich wollte auch nicht, dass die Hydroger meinen Verlobten ermordeten und seine Himmelsmine über Golgen zerstörten. Ich wollte nicht, dass uns der Feind in einen Krieg verwickelt, den wir nicht begonnen haben. Ich wollte nicht, dass unsere Ekti-Produktion so plötzlich lahm gelegt wird.«
Cesca zögerte und wieder glitt ihr Blick über die Zuhörer.
»Leider richten sich die Ereignisse nicht immer nach dem, was wir wollen. So stehe ich jetzt also als neue Sprecherin vor Ihnen. Die gegenwärtige Krise führt uns noch enger zusammen.« Sie streckte die Hände aus. »Die Frage lautet: Was unternehmen wir jetzt?«
Niemand wagte es, einen Vorschlag zu machen, obwohl die Clans normalerweise keine derartige Zurückhaltung übten.
»Während unserer Geschichte hatten wir Roamer es nie leicht«, fuhr Cesca fort. »Immer wieder bekamen wir es mit Problemen zu tun und jedes Mal fanden wir eine Lösung. Wir verstehen es, uns anzupassen und Neues zu entwickeln.
Gleichzeitig bleiben wir, wer wir sind.«
Cesca hatte gelernt, fest und standhaft zu sein, aber auch einfühlsam und verständnisvoll. Sie würde sich mit Herz und Verstand ihrer Aufgabe widmen. »Ich beabsichtige, uns durch diese Krise zu bringen. Wir dürfen die von den Hydrogern ausgehende Gefahr auf keinen Fall unterschätzen. Dieser Krieg könnte die ganze menschliche Zivilisation zerstören – oder uns Roamern völlige Unabhängigkeit geben.«
Die Clan-Repräsentanten murmelten und Cesca ließ sie einige Sekunden lang gewähren.
»Was sollen wir machen, wenn wir mit unseren Himmelsminen kein Ekti mehr in den Atmosphären von Gasriesen produzieren können? Unsere gesamte Wirtschaft basiert darauf. Sollen wir uns dem Unvermeidlichen fügen und uns doch noch der Großen Gans anschließen?« Cesca schüttelte den Kopf. »Wir dürfen nicht von der Hanse abhängig werden, nachdem wir uns mehr als hundert Jahre um unsere Unabhängigkeit von der Erde bemüht haben.«
»Aber wie überleben wir dann?«, rief jemand. »Ohne Ekti…«
Cesca hob die Hand. »Seit wann sind wir Roamer an eine einzige Möglichkeit gebunden? Gasriesen bieten nur die bequemsten Wasserstoffvorkommen. Für die Ekti-Produktion benötigen wir das häufigste Element in der Galaxis. Es geht darum, Alternativen für die Herstellung von Ekti zu finden.«
Cesca sah einen in der vordersten Reihe sitzenden Mann an und lächelte. »Kotto Okiah zählt zu unseren besten Erfindern –er hat eine Roamer-Kolonie auf Isperos gegründet, auf einer Welt, wie sie lebensfeindlicher kaum sein kann. Ich habe ihn gebeten, sich mit dem neuen Problem zu befassen. Vielleicht ist es schwieriger, an anderen Orten im Spiralarm Ekti zu produzieren, aber lassen wir uns davon aufhalten?«
Sie lachte. »Nein, natürlich nicht! Wir sind Roamer.
Besinnen wir uns auf unseren Einfallsreichtum und unsere Kreativität, um mit dieser neuen Herausforderung fertig zu werden. Blicken wir auf den Leitstern, der für uns alle leuchtet.
Wir können dies überstehen und stärker werden, wenn wir hart genug arbeiten und unser ganzes innovatives Potenzial nutzen.
Wir haben es immer gut verstanden, langfristige Pläne in die Tat umzusetzen.«
Cesca hob beide Hände und sah zu den Repräsentanten ihres Volkes. »Alle unsere Erfinder, Entwickler und Techniker müssen an diesen Bemühungen teilnehmen. Wir dürfen keine Zeit verlieren.« Erleichtert und ein wenig schwindelig trat sie zurück. »Wir finden neue Wege!«, versprach sie laut.
111 TASIA TAMBLYN
Die Goliath befand sich in einem stationären Orbit, während Platcom Tasia Tamblyns Thunderhead in der Nähe der Hanse-Himmelsminen blieb, die über den bunten Himmel von Jupiter pflügten. Die Abgase der riesigen Ekti-Fabriken stiegen weit auf und bildeten ambossförmige Wolken.
Tag für Tag herrschte bei den TVF-Eskorten höchste Alarmbereitschaft. Der Moloch hielt sich weit oben bereit; Manta-Kreuzer glitten immer wieder über die Himmelsminen hinweg. Remoras unternahmen Erkundungsflüge durch Jupiters Wolken und weiter oben schwebten
Waffenplattformen, hielten in den Stürmen und Wettermustern des Gasriesen nach Anomalien Ausschau. Die Anspannung ließ nicht nach, obgleich manche Besatzungsmitglieder daran zu zweifeln begannen, dass es in den Tiefen von Jupiter Hydroger gab.
Tasia erlaubte sich nicht, in ihrer Wachsamkeit nachzulassen.
Die Ekti-Fabriken glichen Fischerbooten auf einem Meer, in dem die Hydroger wie Ungeheuer lauerten, verborgen in den tiefsten maritimen Gräben und Schluchten. Admiral Stromo veranstaltete Übungen an Bord der Goliath, bei denen auch die Waffensysteme getestet wurden. Alle blieben in Bereitschaft.
Robb Brindle, der das Kommando über die Remoras der Waffenplattform hatte, wurde optimistischer. Er trat neben Tasia und blickte auf die Ekti-Fabriken hinab – sie wirkten wie dickes Vieh, das über den Sturmwolken graste.
»Zwei Möglichkeiten, Tamblyn. Entweder gibt es hier keine Hydroger, was bedeutet, dass wir nach Herzenslust Ekti produzieren können. Oder…« Er drehte den Kopf und sah zur Brückencrew. »… unsere Flotte hat ihnen einen solchen Schrecken eingejagt, dass sie sich nicht blicken lassen.«
Tasia verzichtete darauf, eine dritte Möglichkeit zu nennen: Vielleicht hatten sich die Hydroger einfach noch nicht gezeigt.
Sie wollte Robbs Zuversicht nicht beeinträchtigen, denn sie vermutete, dass zumindest ein Teil seiner fröhlichen Tapferkeit dazu diente, die Sorge unter Kontrolle zu halten. »Hoffentlich hast du Recht, Brindle.«
Drei Stunden später wurde Alarm ausgelöst.
Eine Remora-Staffel kehrte zurück und berichtete von aufsteigenden Leuchterscheinen in Jupiters Atmosphäre.
An Bord der Goliath verlor Admiral Stromo keine Zeit und veranlasste Alarmstufe Rot. Dem Personal der terranischen Himmelsminen wurde mitgeteilt, sie sollten sich für die Evakuierung bereithalten. Tasia erteilte ihrer Brückencrew einige knappe Anweisungen, die dafür sorgten, dass alle Remora-Piloten zu ihren Schiffen eilten.
Robb Brindle griff nach ihrem Arm und drückte kurz zu.
»Jetzt zeigen wir’s ihnen!« Dann lief er zum Hangar, um den Einsatz seiner Staffeln zu leiten.
Tief unten teilten sich Jupiters Wolken und elf Kugelschiffe der Hydroger erschienen. Die dornigen kristallenen Sphären stiegen auf und wirkten noch eindrucksvoller als Admiral Stromos Flotte.
»Da sind sie!«, rief Patrick Fitzpatrick ohne die für ihn typische Arroganz.
Verblüffte Flüche erklangen hier und dort bei der Brückencrew.
Tasia wandte sich um. »Konzentrieren Sie sich auf ihre Arbeit! Sparen Sie sich das Gejammer, bis Sie heimkehren und sich bei Ihren Müttern ausweinen können.« Sie deutete zu den Stationen. »Waffenkonsolen besetzen! Bereitschaftsenergie in die Jazer-Bänke leiten. Projektilschleudern und kinetische Geschosse vorbereiten.«
»Überlassen wir den Hydrogern den ersten Schuss, Platcom?«, fragte einer der Männer.
»Shizz, von wegen. Wir haben gesehen, wozu sie imstande sind.« Tasia biss die Zähne zusammen. Jetzt bekam sie Gelegenheit, ihren Bruder zu rächen.
Doch Admiral Stromo hielt offenbar nichts davon, sofort zuzuschlagen. Er sprach zur ganzen Flotte. »Mantas, Thunderheads und Remoras – keine voreiligen Aktionen!« Er schaltete auf einen Breitbandkanal um. »Achtung, Hydroger!
Ich bitte um ein Gespräch mit Ihrem Kommandeur.«
»Als ob das etwas nützt«, brummte Tasia. »Sie haben König Frederick ermordet und gezeigt, dass ihnen nichts an Gesprächen liegt. Sie wollen uns alle tot.«
Stromo wartete einige Sekunden, bekam aber keine Antwort.
»Unsere Mission ist friedlicher Natur. Es geht uns nur darum, wichtige Ressourcen für die Terranische Hanse zu gewinnen.
Wir nutzen die Rohstoffe unseres eigenen Sonnensystems und wollen Ihnen nicht schaden. Aber wir lassen uns nicht die Dinge vorenthalten, die wir für unser Überleben brauchen.«
Die Kugelschiffe stiegen weiter auf und näherten sich der ersten Ekti-Fabrik. Die dortigen Arbeiter gerieten in Panik und starteten die Rettungskapseln – wie die Sporenspreu eines Pilzes schwärmten sie davon. Ohne ein einziges Wort eröffneten die Fremden das Feuer. Blaue Blitze zuckten und trafen die Ekti-Fabrik, ließen Reaktoren und Tanks explodieren. Die ersten Detonationen lösten eine Kettenreaktion aus; Flammen verschlangen ein Modul nach dem anderen. Eine Himmelsmine der Roamer wäre nicht so leicht zu zerstören gewesen, wusste Tasia, aber am Endergebnis hätte sich dadurch nichts geändert.
»Das reicht!«, rief sie zornig. Sie scherte sich nicht um Insubordination und wandte sich ihren Waffenoffizieren zu, ohne den Einsatzbefehl von Admiral Stromo abzuwarten.
»Alle Jazer-Bänke Feuer frei. Nehmen Sie das Kugelschiff unter Beschuss, das auf die Ekti-Fabrik gefeuert hat.«
Die Hydroger setzten ihr Zerstörungswerk bei der ersten Himmelsmine fort und ein zweites Kugelschiff feuerte auf die terranische Flotte. Einige TVF-Subcommander forderten dringend Befehle an, andere hatten bereits das Feuer eröffnet.
Admiral Stromo schwieg.
Tasia deutete mit dem Zeigefinger auf den Hauptschirm.
»Alle Waffensysteme auf das gleiche Ziel richten, auf die Stelle unter jenem Dorn. Konzentrieren wir unsere Feuerkraft.
Los.«
Mit geknurrten Verwünschungen feuerten die
Waffenoffiziere Laserstrahlen in Bündeln aus hochenergetischen Partikeln ab. Jazer-Blitze trafen das kristallene Kugelschiff und brannten über seine Außenhülle.
»Und jetzt die kinetischen Geschosse! Projektilschleudern –eine volle Salve. Zielen Sie auf die gleiche Stelle wie vorher.«
Elektromagnetische Spulen unter dem Brückendeck summten und schleuderten Projektile ins All, die aus superdichtem abgereichertem Uran bestanden. Mit fast relativistischer Geschwindigkeit trafen sie das Kugelschiff, jedes Einzelne mit der kinetischen Energie eines kleinen Atomsprengkopfs.
Die anderen Waffenplattformen zögerten nur weniger als eine Sekunde, nachdem Tasia das Feuer eröffnet hatte, während Stromo sprachlos blieb. Die TVF-Schiffe – an Bord Rekruten, die noch nie einen Kampf erlebt hatten, unter dem Befehl von nervösen Kommandanten, die es für besser hielten, erst zu schießen und dann Fragen zu stellen – gingen zum Gegenangriff über. Manta-Kreuzer jagten dem Feind entgegen.
Remora-Staffeln starteten wie zornige Hornissen und jedes der kleinen Schiffe griff die Kugelraumer mit weniger leistungsfähigen, dafür aber zielgenaueren Waffen an.
Schließlich erklang Stromos Stimme aus den Kom-Lautsprechern. Der Admiral versuchte, die Situation unter Kontrolle zu bringen, begriff dann aber, wie wenig Sinn das hatte. »An alle Schiffe und alle Kommandanten«, sagte er.
»Feuer frei! Schnappt euch die verdammten Mistkerle!«
Die riesige Goliath näherte sich und bereitete die schwersten Waffen der Flotte auf den Einsatz vor. Der Moloch war zehnmal so stark bewaffnet und gepanzert wie die Mantas oder Thunderheads; er stellte sein hohes Potenzial schnell unter Beweis.
Die Rettungskapseln der drei anderen Ekti-Fabriken starteten ebenfalls, ohne einen Evakuierungsbefehl des Admirals. Tasia konnte es den Arbeitern nicht verdenken. Aber die am Himmel von Jupiter hin und her zuckenden Strahlen stellten eine erhebliche Gefahr für die Kapseln dar.
Tasia öffnete einen Kom-Kanal. »Brindle, flieg mit deinen Remoras zu den Ekti-Fabriken und bring so viele Rettungskapseln wie möglich in Sicherheit.«
Robb Brindle zögerte kurz. »Soll ich alle Schiffe dafür einsetzen? Wäre es nicht besser, einige Remoras…«
»Lieutenant, wenn wir die Ekti-Arbeiter nicht retten, können wir wohl kaum den Sieg für uns in Anspruch nehmen, oder?«
»Nein, Platcom.«
Um seine Enttäuschung ein wenig zu lindern, fügte Tasia hinzu: »Sobald die Kapseln in Sicherheit gebracht sind, kannst du bei den Hydrogern so viel Schaden anrichten, wie du willst
– falls der Kampf so lange dauert.«
»Bestätigung.«
Das erste Kugelschiff, das Tasia unter Beschuss genommen hatte, schien beschädigt zu sein – die Jazer-Blitze und kinetischen Geschosse ließen es langsamer werden. Aber die anderen zehn Schiffe der Hydroger näherten sich und feuerten auf die terranische Flotte. Ein Manta explodierte, ohne einen einzigen Treffer erzielt zu haben.
Blaue Energiestrahlen strichen über zwei Thunderheads, schnitten durch ihre Panzerung und töteten Hunderte von Besatzungsmitgliedern. Andere Entladungen pulverisierten ganze Flotten von Remoras – die kleinen Raumschiffe verbrannten wie Samenkörner in einem Hochofen. Aufgrund ihrer geringen Panzerung konnten die Angriffsjäger der destruktiven Energie der Hydroger nicht standhalten. Tasia hoffte, dass Brindles Gruppe nicht zu den ersten Opfern zählte.
Admiral Stromo steuerte die Goliath in den Kampf, feuerte die Jazer und kinetische Projektile ab, startete gleichzeitig alle Remoras – das riesige Schiffe kam einem Orkan im All gleich.
Aber die kristallenen Sphären der Hydroger reagierten, indem sie ihre Angriffe auf das größte terranische Schlachtschiff konzentrierten.
Brindles erste Remoras kehrten langsam zur Waffenplattform zurück und zogen Rettungskapseln mithilfe von Traktorstrahlen hinter sich her. »Öffnen Sie unsere Hangars«, wies Tasia die Brückencrew an. »Wir müssen die Geretteten an Bord holen, bevor es zu spät ist.«
Der Breitbandkanal übertrug die Stimme des Admirals – er rief den Hydrogern leere Drohungen und Warnungen entgegen.
Tasia sah, dass die TVF-Streitmacht starke Verluste erlitten hatte. Innerhalb weniger Sekunden vernichteten die Hydroger eine weitere Waffenplattform und die Remoras, die mit geborgenen Rettungskapseln zu ihr zurückkehren wollten, mussten sich ein neues Ziel suchen.
Tasia sah zu Patrick Fitzpatrick an der
Kommunikationsstation. »Setzen Sie sich mit jenen Remoras in Verbindung. Teilen Sie ihnen mit, sie sollen die Kapseln hierher bringen, wenn sie können.« Fitzpatrick starrte sie groß an und schien kaum mehr zu begreifen, was um ihn herum geschah. »Na tos, Mann!« Erschrocken und verlegen wandte er sich den Kom-Kontrollen zu.
Die Kugelschiffe feuerten erneut und trafen ein Segment des Sternenantriebs der Goliath. Dicke Rumpfplatten schmolzen und verdampften. An Bord des Moloch forderte Admiral Stromo Schadensberichte an und gab der Crew den Befehl, die Lebenserhaltungssysteme zu stabilisieren und die Waffen erneut mit Energie zu laden.
Einmal mehr gleißten die blauen Blitze der Hydroger durchs All. Ein weiterer Manta-Kreuzer wurde beschädigt, so schwer, dass er das Kampfgebiet kaum mehr aus eigener Kraft verlassen konnte.
Tasia begriff, dass eine verheerende Niederlage drohte. Mit einer solchen Flotte ließ sich gegen elf Kugeln der Hydroger nichts ausrichten. Wenn der Admiral nicht sehr bald zum gleichen Schluss gelangte, ging das größte und neueste Schlachtschiff der Erde, die Goliath, verloren.
Die Kom-Kanäle übertrugen Schreie. Tasia stellte einen Kontakt mit den Remoras ihrer Plattform her. »Brindle! Kehr mit allen Überlebenden hierher zurück!«
Weitere Rettungskapseln erreichten die Thunderhead-Hangars. Wenn Tasia ihre Waffenplattform nicht bald von Jupiter fortbrachte, konnte ein Strahlblitz der Hydroger ihnen allen das Ende bringen.
Sie stellte einen Kontakt mit den anderen Thunderheads her und hoffte, dass deren Kommandanten auf die Stimme der Vernunft hörten. »An alle Waffenplattformen! Wir müssen zurückweichen und die Goliath verteidigen!« Tasia schaltete auf einen anderen Kanal um. »Admiral Stromo, Sir, ich empfehle Ihnen, sich vom Feind abzusetzen, solange Ihr Sternenantrieb noch funktioniert. Wir decken Ihren Rückzug.«
Vier Thunderheads, die winzig wirkten im Vergleich mit den großen Kugelschiffen, näherten sich dem beschädigten Moloch. Auch ein Manta-Kreuzer kam, um das Flaggschiff zu verteidigen.
Tasia überprüfte den Status ihrer Waffensysteme und stellte fest, dass drei Viertel der kinetischen Projektile bereits verschossen waren. Die Jazer-Bänke enthielten nur noch zehn Prozent der Nominalenergie. »Weiter feuern! Es hat keinen Sinn, etwas aufzusparen.«
Die noch einsatzfähigen Waffenplattformen und Schiffe nahmen die Kugelraumer der Hydroger unter Beschuss, als sie sich der Goliath näherten. Zwei von ihnen flogen recht langsam und schienen beschädigt zu sein, aber die neun anderen verfügten offenbar über ihre volle Kapazität. Die Wesen aus Jupiters Tiefen hätten die terranische Streitmacht leicht bis zur Erde verfolgen können, aber Tasia hoffte, dass sie ihre Angriffe abbrachen, sobald die Flotte den Rückzug antrat.
Vermutlich wusste Admiral Stromo gar nicht, wer sich mit ihm in Verbindung gesetzt und vorgeschlagen hatte, von Jupiter zurückzuweichen. Zum Glück war er vernünftig genug, entsprechende Anweisungen zu erteilen. Das Triebwerk des Moloch zündete, und die Goliath nutzte ihre restliche Energie, um zu beschleunigen und in den interplanetaren Raum zu fliegen.
»Wir haben die meisten Rettungskapseln aufgenommen, Platcom«, meldete der taktische Subcommander und nahm eine Sondierung vor, um festzustellen, wie viele Remoras zurückgekehrt waren.
»Dann treffen Sie Vorbereitungen dafür, uns von hier fortzubringen«, sagte Tasia. Sie drehte sich um, mit Sorgenfalten in der Stirn. »Hat sich Lieutenant Brindle gemeldet?«
»Ich bin unterwegs!«, ertönte seine Stimme aus dem Kom-Lautsprecher. Er klang munter, aber auch angespannt. »Zuerst musste ich mich noch um einige Dinge kümmern.«
Weiter unten, in den Wolken von Jupiter, setzten zwei Kugelschiffe ihre Angriffe auf die Ekti-Fabriken fort und ließen nichts von ihnen übrig.
»Ja, verdammt, ihr habt euren Standpunkt deutlich genug dargelegt«, knurrte Tasia leise.
De Goliath entfernte sich weiter vom Gasriesen und die noch einsatzfähigen Waffenplattformen und Manta-Kreuzer schirmten den beschädigten Moloch ab. Als sie den Rückzug fortsetzten, vorbei an den Umlaufbahnen der inneren Jupitermonde, sah Tasia, wie Robb Brindle und seine letzten Remoras aus der Atmosphäre des riesigen Planeten kamen. Mit einem gemeinsamen Traktorstrahl zogen die kleinen Schiffe einen kugelförmigen Tank hinter sich her, fort von den großen Raumern der Hydroger.
»Was zum Teufel machst du da, Brindle?«, fragte Tasia über den offenen Kom-Kanal.
»Wir haben den Ekti-Tank einer Fabrik geborgen«, lautete die Antwort. »Wir konnten ihn doch nicht einfach so in die Tiefe von Jupiter stürzen lassen.«
Tasia schickte weitere Remoras, um Brindle zu helfen; die kleinen Schiffe mit dem Tank erreichten kurze Zeit später die Hangars ihrer Waffenplattform. Sie beschloss, ihn bei einem privaten Gespräch für seine Torheit zu rügen. Ein voller Himmelsminentank enthielt gerade genug Ekti, um die TVF
für eine Woche mit Treibstoff für den Sternenantrieb zu versorgen. Es hatte keinen Sinn, dass dafür jemand sein Leben riskierte.
Die elf Kugelschiffe blieben in den oberen Schichten der Jupiteratmosphäre und stellten noch immer eine Gefahr dar.
Admiral Stromo befahl den Rückzug mit
Höchstgeschwindigkeit und Tasia sah auf die Anzeigen der Fernbereichscanner: Die Hydroger warteten und beobachteten, folgten der terranischen Flotte aber nicht.
Auf der Erde erwartete Admiral Stromo und die Überlebenden der zuvor so stolzen TVF-Streitmacht sicher kein begeisterter Empfang. Die Hydroger hatten sich als noch gefährlicher und mächtiger erwiesen, als selbst die Pessimisten befürchtet hatten.
Das Jupiter-Debakel zerstörte alle Hoffnungen auf ein schnelles Ende des Krieges.
112 KÖNIG PETER
Am Tag der Krönung fand Raymond alle Farben zu grell und alle Geräusche zu laut. Doch seine Gefühle – sie reichten von freudiger Erregung bis hin zu Aufsässigkeit – waren stumpf und fern.
Er begriff, dass ihm Basil Wenzeslas irgendeine Droge verabreicht hatte.
Der Prinz, der nur eine Marionette sein sollte, fühlte sich seltsam kooperativ, als Bedienstete ihn ankleideten, ihm Umhänge aus Samt über die Schultern streiften, ihnen Medaillons und schwere Amtsketten hinzufügten. Alle Kleidungsstücke waren mit goldenen Spitzen und Flachsteinen geschmückt. Man kämmte ihm das blonde Haar und verbarg jeden Makel im Gesicht, bis hin zur winzigsten Sommersprosse, unter subtilem Make-up. König Peter musste von Anfang an perfekt erscheinen.
Unter der von der Droge bewirkten warmen Benommenheit fühlte Peter hilflosen Zorn, während ein separater, logischer Teil seines Selbst über die Konsequenzen nachdachte.
Vermutlich hatte man seinem Frühstück etwas beigemischt.
Der Vorsitzende Wenzeslas wollte, dass ein folgsamer, zufriedener Prinz über den Teppich schritt, um seine Krone vom Erzvater des Unisono in Empfang zu nehmen. Selbst das geringste Anzeichen von Eigensinn konnte alles ruinieren.
Argwöhnte die Hanse, dass er nicht bereit war, sich einfach so in sein Schicksal zu fügen? Hatte Basil erfahren, dass Raymond über seine Verbrechen und Lügen Bescheid wusste?
Wenn die Hanse bereit war, ihn unter Drogen zu setzen und zu manipulieren, obwohl er ihr keinen Grund gegeben hatte, ihm zu misstrauen… Das versprach nichts Gutes für seine Zeit als König. Aber ihm war bereits klar geworden, dass jene Männer vor nichts zurückschreckten, um ihren Willen durchzusetzen. Die Hanse würde jedes Mittel nutzen, um die angestrebten Ziele zu erreichen.
Vor dem Flüsterpalast fand seit Stunden eine spektakuläre Feier statt. Auf allen Kuppeln, Türmen und Säulen des Palastdistrikts brannten zusätzliche Fackeln. Zu jeder vollen Stunde gab es ein prächtiges Feuerwerk. Extra zu diesem Anlass geprägte Gedenkmünzen wurden an die Menge verteilt, an die vielen Pilger, die gekommen waren, um die Krönung des neuen Königs zu sehen.
Einen ganzen Tag lang hatte der reparierte und auf Hochglanz polierte OX Raymond das Protokoll und die Praktiken der Zeremonie erklärt. Der Lehrer-Kompi probte die Ansprache mit ihm und wies darauf hin, welche Ehren und Medaillen es zum Anlass der Krönung zu verleihen galt.
Raymond hatte den alten Roboter lieb gewonnen und viele intellektuelle und philosophische Diskussionen mit ihm geführt, aber mit keinem Wort auf die Verbrechen der Hanse hingewiesen. Dieses Geheimnis bewahrte er tief in seinem Herzen. Er wollte jene Informationen für sich behalten – bis er den richtigen Zeitpunkt gekommen sah, um sie zu nutzen.
Als Raymond angekleidet und vorbereitet war – und so sanft und gehorsam wie ein Lamm –, führte ihn OX mit langsamen, vorsichtigen Schritten zum Präsentationsbereich. Raymond vermutete, dass der Kompi die Anweisungen erhalten hatte, gut auf ihn aufzupassen. OX war nicht nur ein Freund, sondern auch ein Wächter.
Raymond versuchte, durch den Drogendunst Einzelheiten zu erkennen. Er blickte über den langen scharlachroten Teppich, der über den Platz und durchs Portal in den wiederhergestellten Thronsaal führte.
Basil Wenzeslas empfing Raymond in dem Alkoven, von wo aus die feierliche Prozession zum Thron beginnen sollte. Er trug einen teuren Anzug, der jedoch nicht die geringsten Verzierungen aufwies – der Vorsitzende würde nicht auf den Medienschirmen erscheinen.
»Die Zeremonie muss reibungslos über die Bühne gehen, Peter«, sagte Basil mit einem väterlichen Lächeln, das Raymond als Maske erkannte. »Die Krönung soll so spektakulär sein, dass sie patriotischen Eifer entfacht. Die Bürger sind bereits in Aufruhr wegen der Hydroger und wir müssen dafür sorgen, dass sie es bleiben.«
»Ich werde mir alle Mühe geben, Vorsitzender Wenzeslas«, erwiderte Raymond. Seine Stimme klang völlig ruhig. Die betäubende Wirkung der Droge hinderte ihn daran, in seinen Worten den Zorn zum Ausdruck zu bringen, der tief in ihm brodelte.
»Kriege sind gut geeignet, um Einheit zu schaffen und der Regierung eine größere Kontrolle zu ermöglichen«, sagte Basil. »Außerdem fördern sie Erfindungen und Innovationen.
Wenn dies alles vorbei ist, wird die Macht der Hanse größer sein als jemals zuvor.« Er klopfte Raymond auf die Schulter.
»Vielleicht ist das unser Silberstreifen am Horizont –vorausgesetzt die Hydroger richten in der Zwischenzeit keinen zu großen Schaden an.«
Genau zum festgesetzten Zeitpunkt erklangen Fanfaren und laute Musik donnerte zu den Wolken empor. Die Touristenzeppeline schwebten näher. Wieder kam es zu einem Feuerwerk, das noch prächtigere bunte Muster am Himmel schuf.
Bevor Raymond mit der Prozession beginnen konnte, näherten sich zwei aufgeregte, atemlose Militäroffiziere. Sie stießen königliche Leibgardisten beiseite und eilten zum Vorsitzenden. Als sie ihn erreichten, beugten sie sich vor und flüsterten. Basil starrte sie groß an und erbleichte. Er stellte einige Fragen und die Offiziere antworteten wie beschämt. Der Vorsitzende konnte seine Emotionen kaum unter Kontrolle halten; in seinem Gesicht zeigte sich vor allem Bestürzung.
Draußen erklangen erneut die Fanfaren und Raymond wusste, dass er nun losgehen sollte. Stattdessen trat er zurück. »Was ist passiert, Vorsitzender Wenzeslas?«
Basil versuchte, ihn wie ein lästiges Insekt zu verscheuchen, aber trotz der Droge gelang es Raymond, seiner Stimme erheblichen Nachdruck zu verleihen. »Ich muss Bescheid wissen, wenn ich der König sein soll.«
Der Vorsitzende war noch immer so fassungslos, dass er antwortete. »Die Hydroger haben unsere Flotte beim Jupiter angegriffen, die Ekti-Fabriken und viele unserer Schiffe zerstört. Ich weiß nicht, wie viele dabei ums Leben kamen.« Er wandte sich an die Offiziere. »Sind Sie ganz sicher?«
Die beiden Uniformierten nickten. »Ja. Admiral Stromo kehrt mit der Goliath heim, aber sie ist schwer beschädigt. Ein großer Teil der Flotte wurde vernichtet. Selbst mit unseren besten Waffen konnten wir nichts gegen den Feind ausrichten…«
Stille folgte den Fanfarenklängen – die Menge wartete darauf, dass Prinz Peter erschien. Basil drehte sich abrupt zu Raymond um. »Geh! Erfülle deine Pflicht.«
Der junge Mann sah ihn überrascht an. »Sollen wir tun, als sei überhaupt nichts geschehen? Wäre es nicht besser, die Ansprache zu ändern und…?«
»Nein! Jetzt ist es noch wichtiger, dass wir die Bürger vereinen und Stärke zeigen. Geh und sprich zu der Menge, gib ihr Hoffnung. Du allein kannst unser Volk retten, Peter. Die Leute glauben fest daran.«
Raymonds Widerstandswille ließ noch mehr nach, als er den Alkoven verließ und von OX begleitet zum Tor schritt. Die Menge schwieg nun. Der dicke Teppich reichte über den Platz und die Repräsentanten der Medien zeichneten jede Bewegung des neuen Königs auf. Gardisten in makellosen Uniformen säumten den Weg, um den Prinzen zu schützen. Raymond hob das Kinn und ging mit gemessenen Schritten.
Die Krönung ging wie in einem Traum vorbei. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, über den langen Teppich zu schreiten, und als Raymond den Empfangssaal erreichte, blieb der Jubel der Menge schließlich hinter ihm zurück. Nun säumten Konzernchefs, Würdenträger, Berühmtheiten und andere wichtige Personen seinen Weg.
Trotz der vielen Leute fühlte er sich seltsam allein und isoliert. Als er schließlich in den Thronsaal gelangte, erwartete Raymond eine Pracht, die ihn staunen ließ. Nicht nur er sah den neuen Thronsaal zum ersten Mal, sondern auch die Bevölkerung der Erde und der Hanse-Kolonien.
Innerhalb kürzester Zeit war es gelungen, alle Schäden zu beseitigen. Der neue Thron sah genauso aus wie der, auf dem König Frederick gesessen hatte, war vielleicht ein wenig größer und noch eindrucksvoller. Man hatte dem Saal noch mehr Spiegel, buntes Glas, Prismen und Kristalle hinzugefügt.
Nirgends zeigten sich Flecken oder auch nur ein kleiner Kratzer, der an die verheerende Explosion der Ambientalzelle erinnerte.
Immer lauter wurden Jubel und Applaus. Nichts hatte sich verändert. Den Hydrogern war es nicht gelungen, die Hanse einzuschüchtern.
Raymond schritt dem Podium entgegen, auf dem der Thron stand. Dort wartete eine Gruppe aus den wichtigsten Personen der Hanse: die Gouverneure der zehn bedeutendsten Kolonien und der Erzvater des Unisono, Sprecher aller Gläubigen. Sein prachtvoller purpurner Umhang wies diamantene Stickereien auf, miteinander verschlungene Muster, die alle Religionen der irdischen Geschichte symbolisierten: Kreuze, Kreise, Sicheln und Bäume, zu einem Durcheinander ohne jede Bedeutung vermischt. Der Erzvater war eine leere, inhaltslose religiöse Galionsfigur und spielte eine Rolle, die der Raymonds ähnelte.
Als der Prinz auf die erste Stufe trat, hob der erste Koloniegouverneur die Krone und reichte sie dem nächsten Mann, der sie wiederum dem auf der nächsten Stufe stehenden Gouverneur gab, und so weiter. Es handelte sich um einen symbolischen Hinweis darauf, dass König Peters Herrschaft auf der Unterstützung aller Gruppen und Glaubensrichtungen basierte. Schließlich wandte sich der Erzvater lächelnd und mit leuchtenden Augen an Raymond und gab ihm in acht Sprachen, zuletzt auf Handelsstandard, seinen Segen.
Raymond blickte starr geradeaus und kämpfte gegen die Benommenheit an. Der Erzvater verneigte sich und beendete die Zeremonie, indem er dem Prinzen die Krone aufs Haupt setzte. Raymond spürte ihr Gewicht überhaupt nicht – noch nicht.
Er hatte seine erste Ansprache so oft geprobt, dass er sich später kaum daran erinnerte, sie tatsächlich gehalten zu haben.
Er schwamm im Fluss der Ereignisse und alles lief so reibungslos, wie es sich Basil Wenzeslas erhoffte. Die von der Terranischen Verteidigungsflotte bei Jupiter erlittene Niederlage wurde nicht erwähnt. Jene Katastrophe sollte keinen Schatten werfen auf den Tag, an dem der König gekrönt wurde.
Als Raymond zum Vorsitzenden Wenzeslas zurückkehrte, bevor man seine Teilnahme an weiteren Feiern und Banketts erwartete, fühlte er, wie die Wirkung der Droge allmählich nachließ. Endlich konnte er wieder klar denken.
Basil Wenzeslas hatte die Neuigkeiten von der demütigenden Niederlage der TVF inzwischen verarbeitet. Er stand dem Debakel nicht mehr fassungslos gegenüber, sondern war bereits damit beschäftigt, Gegenmaßnahmen zu planen.
Raymond beschloss, nicht nach Einzelheiten zu fragen. Als König Peter würde er der Öffentlichkeit zweifellos schon bald mitteilen, was die Hanse zu unternehmen gedachte.
Basil trat auf ihn zu und nickte anerkennend. »Zumindest bei einer Sache ergaben sich heute keine Probleme«, sagte er.
»König Peter, du hast das Potenzial, zu einem guten Herrscher zu werden. Wir warten einige Jahre…« Er lächelte so, als hätte er gute Neuigkeiten für Raymond. »Und dann suchen wir eine geeignete Königin für dich.«
113 MARGARET COLICOS
Margaret und Louis Colicos ließen die Leiche des grünen Priesters zurück und schlichen durchs Lager, fort von den zerfetzten Weltbäumen.
Louis war blass und schien unter einem Schock zu stehen.
Margarets Blickfeld engte sich ein, als sie zusammen mit ihm durch die Nacht eilte. Alles in ihr drängte danach, in Bewegung zu bleiben. Sie brauchte Informationen, um festzustellen, wie schlimm die Situation war. Allerdings befürchtete sie, dass ihr die Antwort auf diese Frage nicht gefallen würde.
In ihrem Zelt bot sich den beiden Archäologen ein Bild der Zerstörung dar. Die Tische und Bildschirme lagen zerschmettert auf dem Boden. Computer und Datenwafer waren geschmolzen und zu Schlacke erstarrt. Nur noch ein geborstenes Gehäuse, zerrissene Kabel und zerbrochene Schaltkreisblöcke erinnerten an den Kommunikator.
Gewöhnliche elektromagnetische Signale wären mit Lichtgeschwindigkeit viele Monate unterwegs gewesen, bevor sie von einer Kolonie oder einem Raumschiff der Hanse empfangen werden konnten. Für eine Rettung war es dann längst zu spät. Trotzdem hatte der Aggressor beschlossen, jedes Risiko zu meiden. Margaret und Louis Colicos sollten keine Gelegenheit bekommen, um Hilfe zu rufen.
»Aber… warum? Was bedeutet dies alles?« Louis starrte seine Frau an. »Wer steckt dahinter?«
Margarets Züge verhärteten sich. Louis schien noch nicht die notwendigen Schlüsse gezogen zu haben. »Das dürfte ziemlich klar sein.« Sie sah, dass ihre Übersetzungen der Klikiss-Hieroglyphen und alle ihre neuen Entdeckungen systematisch zerstört worden waren. Das galt sogar für ihre handschriftlichen Notizen. Sie griff nach dem Arm ihres Manns, spürte sein Zittern und führte ihn nach draußen. Die dünnen Zeltplanen boten keinen Schutz, und das wenige Licht ließ den Schatten zu viel Raum. Die Dunkelheit wirkte bedrohlicher als jemals zuvor. »Hier sind wir vollkommen ungeschützt.«
Sie spähte in die Finsternis und hielt vergeblich nach den drei Klikiss-Robotern Ausschau. Mit einer knappen Geste bedeutete sie Louis, keinen Laut von sich zu geben. Sie lauschte, doch alles blieb still.
»Wir sollten in die Klippenstadt zurückkehren. Dort können wir uns schützen und außerdem wartet DD auf uns.«
Louis wandte sich ihr erstaunt zu und versuchte, seine Verwirrung zu überwinden. »Glaubst du wirklich, dass Sirix und die beiden anderen Roboter…«
»Hast du eine bessere Erklärung, Louis? Komm jetzt. Hier im Lager sind wir wie auf dem Präsentierteller.«
Die beiden Archäologen kehrten in die schmalen Schluchten zurück. Margaret war müde und ihre Muskeln schmerzten.
Louis atmete schwer und sie machte sich Sorgen um ihn. Aber unter den gegenwärtigen Umständen gab es weitaus größere Probleme als Muskelkater und schmerzende Gelenke.
Hoch aufragende Felswände empfingen Margaret und Louis mit tintenschwarzen Schatten. Oben am Überhang hatte DD
Lampen befestigt, und in ihrem Schein sah sich Margaret um; ein Teil von ihr erhoffte sich eine weitere Flutwelle, die die schwarzen Roboter fortspülte.
Vermutlich hatten die drei Maschinen bereits die Verfolgung aufgenommen.
Margaret zweifelte nicht daran, dass sie und Louis die nächsten Opfer sein sollten. Im Gesicht ihres Mannes zeigte sich noch immer Verwirrung; offenbar fiel es ihm schwer, mit der plötzlichen Veränderung der Situation fertig zu werden.
Sie erreichten das Gerüst an der Schluchtwand, das den Aufstieg nach oben erleichterte, und Margaret überließ Louis den Vortritt. Er kletterte mühsam nach oben und seine Bewegungen wiesen deutlich darauf hin, wie erschöpft er war.
Es lag nicht nur an den körperlichen Anstrengungen, sondern auch an der Furcht.
DD hörte die beiden Archäologen auf der metallenen Treppe und kam zum Überhang. Sein silbriger Körper glänzte im Schein der Lampen und er wirkte recht fröhlich. »Ah, Margaret und Louis, Sie sind zurückgekehrt. Kommen Sie, ich habe etwas gefunden…«
»Hast du die Klikiss-Roboter gesehen, DD?«
»Nein, Margaret, seit heute Nachmittag nicht mehr. Brauchen wir ihre Hilfe?«
Louis erreichte die Höhlenöffnung und sank dort schnaufend auf die Knie. Margaret eilte an seine Seite. »Nein. Hilf mir, DD. Wir müssen das Gerüst beseitigen.«
Louis sah sie an und nickte grimmig. »Machen wir eine Belagerung daraus.«
»Aber warum?«, fragte DD. »Ohne das Gerüst fällt es uns viel schwerer, nach unten zu gelangen, obgleich wir dabei die Seile unserer Ausrüstung benutzen können.«
»Komm schon, DD!«, drängte Margaret.
Zusammen mit Louis und dem kleinen Kompi löste sie Verankerungsbolzen aus dem Felsgestein. Anschließend gaben sie dem Gerüst einen ordentlichen Stoß, woraufhin es in die schmale Schlucht stürzte. Lautes Krachen hallte durch die Nacht.
Louis blickte in die Tiefe wie ein alter Ritter, der auf der Mauer eines Schlosses stand, die eigenen Befestigungsanlagen betrachtete und sich auf eine Belagerung vorbereitete. »Sind wir jetzt sicher, Schatz?«
Margaret schüttelte den Kopf. »Ich bezweifle es, alter Knabe.« Erst jetzt bekam sie Gelegenheit zum Nachdenken und Angst prickelte in ihr empor. Tausend Fragen kamen ihr in den Sinn. Sie drückte Louis an sich.
»Bitte erklären Sie, was geschehen ist, Margaret«, sagte DD.
»Arcas ist tot.« Die Worte klangen irreal. »Die Weltbäume wurden entwurzelt und zerfetzt. Unsere Aufzeichnungen und der Kommunikator sind zerstört. Das Lager gleicht einem Trümmerfeld.«
»Die Klikiss-Roboter sind dafür verantwortlich«, sagte Louis und gestand es sich damit ein.
Der erstaunte Kompi schwieg einige Sekunden lang, während sein Computergehirn die verblüffenden neuen Informationen verarbeitete. »Dann sitzen wir hier auf Rheindic Co fest.«
»Ja«, stieß Margaret zornig hervor, um über ihre Hilflosigkeit hinwegzutäuschen.
»Ich habe etwas entdeckt, das diese rätselhafte Angelegenheit in einem neuen Licht erscheinen lassen könnte«, sagte DD.
»Ein Hieroglyphensegment, versteckt an einer Wand nicht weit vom Raum mit dem Steinfenster entfernt.«
Sofort erwachte Margarets Interesse und sie fragte sich, ob DDs Entdeckung irgendeine Bedeutung für ihr Überleben haben konnte. Gleichzeitig war sie dankbar für eine Ablenkung. »Ich sehe es mir an.« Sie wandte sich an ihren Mann, der noch immer sehr erschöpft und besorgt wirkte.
»Bleib du hier und halt Wache, Louis. Ruf, wenn du etwas siehst.«
Louis schluckte, lehnte sich an die Felswand und blickte in die Nacht. Sirix, Dekyk und Ilkot hatten es zweifellos auf sie abgesehen. Und da die Archäologen Rheindic Co nicht verlassen konnten, stand ihnen genug Zeit zur Verfügung.
In einem Tunnel tiefer im Innern der alten Stadt, in der Nähe des Raums mit dem Steinfenster, hatte DD eine harzige Schicht von der Wand gekratzt. »Es ließ sich mit Gips oder Mörtel vergleichen – eine Schicht auf den Hieroglyphen, um sie zu verbergen. Ich habe die Zeichen bei einem Scan der Wand bemerkt und dachte, dass Sie sich vielleicht damit beschäftigen möchten. Deshalb habe ich die Deckschicht vorsichtig entfernt. Mir ist aufgefallen, dass das Symbol für die Klikiss-Roboter mehrmals in der Hieroglyphengruppe erscheint.«
Margaret nahm alles in sich auf. »Gute Arbeit, DD. Aus dir wird noch ein guter Xeno-Archäologe.«
Mit den Fingerkuppen strich sie über die Symbole und erfasste ihre Bedeutung. Inzwischen hatte sie genug Erfahrung, um die Zeichen zu lesen, ohne unbedingt auf die Datenbanken und Wörterbücher zurückgreifen zu müssen. Kein Wunder, dass einige alte Klikiss – vielleicht derjenige, dessen Leiche sie gefunden hatten – bestrebt gewesen waren, dies zu verbergen.
»Sind es wichtige Informationen, Margaret?«
Es lief ihr kalt über den Rücken, als sie begriff, worum es ging. »Ja, DD. Dies könnte das letzte Stück des Puzzles sein.«
Wie betäubt machte sie sich auf den Weg zum Überhang, um Louis Bescheid zu geben.
Als sie am Raum mit dem Steinfenster vorbeikam, warf sie einen Blick hinein und sah die Unordnung, die an die Arbeit dieses Tages erinnerte. Neben ihren Notizen lagen die Reste eines Sandwiches, ein Proteinriegel und die kleine, aber wundervolle Spieldose, die sie von Anton bekommen hatte.
Margaret griff danach und steckte sie in die Tasche.
Die Stimme ihres Mannes erklang, noch bevor sie ihn erreichte. »Da kommen sie!«
Margaret fühlte sich innerlich hin und her gerissen. Etwas in ihr wollte den verräterischen schwarzen Robotern gegenübertreten, doch etwas anderes drängte sie danach, mit Louis tiefer in die Klippenstadt zu fliehen. Vielleicht konnten sie sich irgendwo verstecken oder gar entkommen.
Es fiel ihr nicht weiter schwer, sich für eine der beiden Möglichkeiten zu entscheiden. Margaret trat nach draußen und blieb neben Louis stehen.
Am Rand des Überhangs blickte er in die dunkle Schlucht.
Sein Gesicht verriet Furcht, aber in den Augen blitzte es. Die Reste des Gerüsts lagen unten zwischen den Felsen verstreut.
Drei große käferartige Schemen kletterten darüber hinweg.
Optische Sensoren glühten wie dämonische Augen in der Finsternis.
»Ich frage mich, wie sie nach oben gelangen wollen«, sagte Louis, aber Margaret bezweifelte, dass die Felswand für die Roboter ein unüberwindbares Hindernis darstellte. »Hast du etwas herausgefunden, Schatz?«
»Ich habe die Antwort auf alle unsere Fragen«, erwiderte Margaret.
Louis Colicos, mit Herz und Seele Xeno-Archäologe, brachte genug Begeisterung für die Leidenschaft seines Lebens auf, um Margaret interessiert anzusehen. »Das dürfte kaum etwas nützen, wenn wir niemandem davon erzählen können.«
»Wenigstens wissen wir beide Bescheid, alter Knabe«, erwiderte sie und klopfte ihm auf den Arm.
Unten in der Schlucht blieben die drei Klikiss-Roboter stehen und sahen nach oben. »Margaret und Louis Colicos, wir wissen, dass Sie da oben sind.«
»Und wir wissen, dass ihr dort unten seid«, sagte Louis.
»Lasst uns in Ruhe.«
»Wir möchten mit Ihnen über unsere Schöpfer sprechen und erfahren, was Sie herausgefunden haben.«
»Um uns anschließend zu töten?«, rief Margaret herausfordernd.
Einige Sekunden lang schwiegen die drei schwarzen Roboter.
Dann summten und klickten sie, berieten sich in ihrer sonderbaren Sprache. Schließlich sah Sirix wieder auf. »Ja, und dann töten wir Sie.«
Die Offenheit des Roboters überraschte Margaret.
»Nun, wenigstens sind sie ehrlich«, sagte Louis.
»Wir wissen alles über den ersten Hydroger-Krieg«, sagte Margaret laut und deutlich. Ihre Stimme hallte durch die Schlucht. »Ich habe verborgene Beschreibungen des Kampfes zwischen Klikiss, Hydrogern und sogar Ildiranern entdeckt.«
Louis sah sie überrascht an, während unten die Roboter still blieben.
»Dann wissen Sie auch, dass wir Klikiss-Roboter an dem Krieg teilnahmen«, sagte Sirix schließlich.
»Ich weiß, dass ihr zu Feinden eurer Schöpfer geworden seid.« An ihren Mann gerichtet fügte Margaret hinzu: »Die Klikiss wurden von ihren eigenen Robotern ausgelöscht.
Deshalb verschwand ein ganzes Volk.«
Louis blickte nach unten, in der Hoffnung, dass dieser Hinweis Sirix, Ilkot und Dekyk schockierte, sie wieder zur Vernunft brachte. Die drei schwarzen Roboter schwiegen und warteten an der steilen Felswand. »Nun, was habt ihr dazu zu sagen?«, rief Louis. »Warum habt ihr eure Schöpfer umgebracht? Könnt ihr euch jetzt an etwas erinnern?«
»Wir wissen davon«, antwortete Sirix und seine Stimme ließ Margaret frösteln. Sie begriff plötzlich, dass die Klikiss-Roboter auf keinen Fall zulassen würden, dass diese Information andere Welten im Spiralarm erreichte.
»Was jetzt?«, flüsterte Louis seiner Frau zu. »Wollen sie dort unten bleiben, damit wir hier oben gefangen sind wie Eichhörnchen auf einem Baum?«
Als hätten sie ihn gehört, entfernten sich unten die drei Klikiss-Roboter voneinander. Ihre schwarzen Rückenschilde öffneten sich, und zum Vorschein kamen Flügel. Die Roboter schenkten dem auseinander gebrochenen Gerüst keine Beachtung, stiegen mühelos auf und flogen in Richtung Höhlenöffnung.
114 BASIL WENZESLAS
Verheerende Berichte erreichten Basil Wenzeslas, einer nach dem anderen, wie eine Folge von Todesurteilen.
Von seiner Suite hoch oben im Hauptquartier der Hanse aus beobachtete er, wie die Sonne unterging. Er nahm jede Nachricht mit wachsender Sorge entgegen, las die Kriegsberichte und sah sich die knappen visuellen Aufzeichnungen an. Die Hydroger ließen sich nicht aufhalten.
Zum ersten Mal in seiner sehr erfolgreichen Karriere – in seinem ganzen Leben – verspürte Basil Wenzeslas den Wunsch, sich an einem sicheren Ort zu verstecken, ohne irgendwelche Verantwortung tragen zu müssen während der gefährlichen Zeiten, die der Hanse nun bevorstanden. Er wusste nicht, was er unternehmen sollte. Basil verabscheute es zutiefst, sich so hilflos zu fühlen.
Nach dem TVF-Debakel beim Jupiter hatten die fremden Wesen immer wieder angegriffen. Kristalline Kugelschiffe waren aus den Tiefen Dutzender von Gasriesen überall im Spiralarm gekommen, um Ekti-Fabriken zu zerstörten. Sie zeigten sich dabei nicht wählerisch, gingen gegen die altmodischen ildiranischen Verarbeitungsanlagen mit der gleichen Erbarmungslosigkeit vor wie gegen die Himmelsminen der Hanse und der Roamer.
Die Roamer litten mehr als alle anderen darunter, dass die Ekti-Produktion praktisch zum Stillstand kam. Aber sie waren nur die ersten Opfer. Die Angriffe der Hydroger hörten erst auf, als es in den Atmosphären ihrer Welten keine Fabriken mehr gab, die Ekti herzustellen versuchten. Doch der angerichtete Schaden war enorm und für die Hanse bahnte sich eine Katastrophe an.
Ohne Treibstoff für den Sternenantrieb musste der interstellare Warenaustausch zum Erliegen kommen. Die wirtschaftliche Krise würde den ganzen Spiralarm erfassen und das Überleben vieler Kolonien gefährden.
Die meisten Siedlungen auf fernen Welten hingen davon ab, dass sie regelmäßig mit Ausrüstungsmaterial und Nahrungsmitteln versorgt wurden. Ohne Ekti, mit konventionellen Antriebssystemen, dauerten Flüge zum nächsten Sonnensystem Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Keine Kolonie hatte geplant, völlig auf sich allein gestellt zu existieren. Die Infrastruktur vieler Welten erlaubte es ihnen einfach nicht, autark zu sein. Entweder passten sie sich an oder sie gingen unter.
Basil blickte auf die Nachrichtenschirme und sah Bilder, die den frisch gekrönten König Peter dabei zeigten, wie er sorgfältig vorbereitete Ansprachen hielt, die Entwicklung leistungsfähigerer Waffensysteme verlangte und um weitere Rekruten für die Terranische Verteidigungsflotte warb.
Basil wusste nicht, ob solche Maßnahmen wirklich etwas nützten, aber es durfte auf keinen Fall der Eindruck von Unschlüssigkeit bei der Hanse entstehen. Die Bevölkerung musste auch weiterhin hoffen können. Die TVF hatte bereits die meisten Ekti-Vorräte beschlagnahmt, um sie für militärische Zwecke zu verwenden. Allerdings gab es auf fernen Welten der Hanse Kolonisten, die den Treibstoff horteten, für die sich ankündigenden schweren Zeiten.
Die Bürger hatten König Peter akzeptiert. Seine Krönung hatte Begeisterung ausgelöst, inmitten des allgemeinen Kummers. Bisher hatte Peter gute Dienste geleistet. Er war ein liebenswerter junger Mann, charismatisch, stark und sehr attraktiv, ausgestattet mit einer sonoren Stimme. Aber trotz der Opulenz des Flüsterpalastes, des guten Essens und der vielen Annehmlichkeiten würde Peter seine Herrschaft nicht einen Augenblick lang genießen.
Ein geringerer Mann als Basil Wenzeslas hätte vielleicht mit Schuldgefühlen und Bedauern auf das reagiert, was mit dem jungen Raymond Aguerra geschehen war. Aber manche Personen konnten ihre Verantwortung nicht auswählen – der Vorsitzende der Hanse ebenso wenig wie die junge Waise. Wie auch immer, Basil beneidete König Peter nicht um die Probleme, mit denen er es zu tun bekommen würde.
Wenigstens war Sarein zur neuen Botschafterin Therocs ernannt worden. Sie hörte sicher auf die Stimme der Vernunft, wenn es um den Einsatz grüner Priester in diesem Krieg ging.
Daraus mochte sich ein Vorteil ergeben – wenn auch nur ein winziger. Sarein hatte ihn benutzt, um ihre Position zu erreichen. Basil fragte sich, ob sie wieder seine Geliebte sein würde, nachdem sie Otemas Nachfolgerin geworden war und den angestrebten Posten auf der Erde erreicht hatte.
In absehbarer Zeit würde es keinen Ekti-Nachschub mehr geben, was bei der interstellaren Raumfahrt zu erheblichen Einschränkungen führen musste. Der Handelsaustausch in der Terranischen Hanse und im Ildiranischen Reich kam praktisch zum Erliegen.
Und der Albtraum begann erst.
115 LOUIS COLICOS
Margaret griff nach seinem Handgelenk. DD folgte ihnen, als sie durch die Tunnel eilten, tiefer hinein in die uralte Klippenstadt. Von draußen hörten sie das Summen von Flügeln; es klang nach einem Schwarm riesiger Heuschrecken, als die Klikiss-Roboter aufstiegen und zur Höhlenöffnung flogen. Louis fragte sich, wie sie die schwarzen Maschinen aufhalten sollten.
Er rief sich die Struktur der Stadt vor Augen und suchte nach einem Ort, der als Versteck infrage kam, an dem sie sich verbarrikadieren konnten. Seine Gedanken rasten, als er vor dem inneren Auge die Tunnel und Korridore einer mentalen Karte betrachtete und nach schmalen Stellen Ausschau hielt.
Schließlich erhellte sich Louis’ Gesicht mit neuer Hoffnung.
Um Margarets willen gab er vor, optimistisch zu sein. »Zum Raum mit dem Steinfenster! Dort ist der Korridor ziemlich schmal. Vielleicht können wir irgendwie eine Barrikade errichten.« Doch tief in seinem Innern bezweifelte er, dass sich die Klikiss-Roboter durch eine Barriere aufhalten ließen.
Im Schein der von DD installierten Lampen liefen sie durch die Tunnel der leeren Stadt und erreichten schließlich den großen Raum, in dem Louis so viel Zeit verbracht hatte. Schutt lag im Korridor, außerdem Brocken des harzartigen Materials, dass DD von den zuletzt entdeckten Hieroglyphen gekratzt hatte. Mit bloßen Händen stapelte Louis Eisenstangen und Schutt aufeinander. Er wusste, dass seine Bemühungen absurd waren – vermutlich brauchten die großen Roboter nur einige wenige Sekunden, um das Hindernis zu beseitigen.
Stampfende Geräusche wiesen darauf hin, dass Sirix, Ilkot und Dekyk auf dem Überhang landeten. Sofort begannen die Roboter damit, durch die Tunnel zu poltern. Die schwarzen Maschinen waren schwerfällig, aber auch erbarmungslos.
»Wenn die Klikiss doch nur Türen benutzt hätten.« Margaret sah kummervoll zum offenen Zugang des Tunnels, der zum Raum mit dem Steinfenster führte. Noch immer summte die Energiequelle in dem Aggregat, dessen Funktionsweise weder Louis noch seine Frau verstanden.
Pflichtbewusst trachtete DD danach, die Barriere mit Ausrüstungskisten und kleinen Geräten zu erweitern. Louis schüttelte ungläubig den Kopf, als er das armselige Ergebnis ihrer Anstrengungen sah. »Kann ich sonst noch etwas tun, Louis?«, fragte ihn der Kompi. »Ich würde Ihnen gern helfen, auf jede Weise, die Sie für angemessen halten.«
Louis runzelte die Stirn. »Ich schätze, du verfügst nicht über eine defensive Programmierung, oder? Können wir dich in einen Kampfroboter verwandeln?«
»Mit einem entsprechenden Programmmodul ließe sich das vielleicht bewerkstelligen«, erwiderte DD. »Allerdings weiß ich nicht, wie kampffähig ich wäre. Immerhin fehlen mir eingebaute Waffen und eine Panzerung.«
»Ganz zu schweigen davon, dass die Klikiss-Roboter viel größer sind als du.«
Margaret sah über ihre Schulter. »Stimmt es, dass du Menschen nicht schaden kannst, DD?«
»Ja, das stimmt, Margaret.«
»Woraus sich vermutlich ergibt, dass du auch nicht zulassen darfst, dass Menschen zu Schaden kommen, oder?«
»Ich werde alles versuchen, um so etwas zu verhindern, Margaret.«
Louis richtete einen traurigen Blick auf den silbergrauen Kompi und wusste, dass er ihm jetzt einen Selbstmordbefehl gab. »Dann musst du den Klikiss-Robotern gegenübertreten, DD. Bleib im Korridor und hindere sie daran, uns zu erreichen.« Er schluckte. »Halte sie auf… wie auch immer.«
DD machte sich tapfer daran, diese Anweisungen auszuführen. Er bezog im Korridor Aufstellung, doch im Vergleich mit den großen Klikiss-Robotern wirkte er geradezu lächerlich schwach. Louis verglich ihn mit einem kleinen Wachhund, der einen brutalen Eindringling anbellte.
Margaret griff nach dem Arm ihres Mannes und zog ihn tiefer in den Raum. »Ich brauche dich, Louis. Uns bleiben nur einige wenige Minuten, um das Transportsystem zu verstehen.« Es erstaunte ihn, dass sie eine solche Möglichkeit vorschlug, und Margaret sah den Zweifel in seinem Gesicht.
»Es ist die einzige Chance, die uns noch bleibt, alter Knabe.«
»Na schön.« Louis eilte zur Maschine. »Genau deshalb habe ich mich für die Xeno-Archäologie entschieden, in der Hoffnung, seltsame neue Orte zu sehen. Aber für gewöhnlich möchte ich vorher wissen, wohin die Reise geht.«
Die Energiezelle war auf volle Leistung geschaltet und mit den Systemen des Aggregats verbunden. Das Summen wies auf Einsatzbereitschaft hin. Die Transferleitungen in den Wänden versorgten die trapezförmige Steintafel mit Energie.
Margaret sah sich die Symbolplatten am Rand der Tafel an.
Sie dachte laut, als ihre Finger über die Hieroglyphen glitten.
»Wenn diese Symbole auf die Koordinaten von Klikiss-Welten hinweisen, können wir vielleicht Llaro oder Corribus erreichen. Haben wir dort etwas zurückgelassen, Sender oder Ausrüstungsmaterial?«
Louis zuckte mit den Schultern. »Du organisierst immer alles, Schatz. Ich kümmere mich nie um solche Details.«
Er hörte, wie sich die Klikiss-Roboter durch den Tunnel näherten.
Ihre fingerartigen Beine klackten und klickten. Ganz allein stand DD da, um den großen schwarzen Maschinen den Weg zu versperren – er wirkte bemitleidenswert klein und hilflos.
Margaret untersuchte noch immer die Symbolplatten. »Auf den anderen Klikiss-Welten waren einige dieser Platten zerstört, insbesondere jene, die ein ganz bestimmtes Zeichen aufwiesen.« Sie deutete auf eine gewundene Hieroglyphe am oberen Rand der Steintafel. »Wollten die Roboter etwas verbergen, um Reisen zu einem bestimmten Ort zu verhindern?«
»Nun, hier ist alles unbeschädigt geblieben«, sagte Louis.
»Bis jetzt.«
Im Tunnel trat DD einen Schritt vor und hob die metallenen Arme. Sirix blieb stehen, überrascht von der Kühnheit des Kompis. »Ich kann nicht zulassen, dass ihr meinen Herren schadet«, sagte DD. »Bitte geht fort.«
Ilkot schob sich nach vorn, packte den kleinen Kompi mit vier segmentierten, insektenhaften Gliedmaßen und hob ihn hoch. DD zappelte, konnte sich aber nicht befreien. Im rubinroten Auge in der Mitte von Ilkots schwarzem Kopf glühte es. Der Klikiss-Roboter schien bereit zu sein, den kleinen Kompi einfach zu zerfetzen.
»Beschädige den Kompi nicht«, sagte Sirix. »Ihm bleibt keine Wahl. Er versteht seine Knechtschaft nicht.«
Die drei Klikiss-Roboter summten und klickten, als würden sie streiten. Dann drehte sich Ilkot um, trug den kleinen Kompi vorsichtig aber doch entschlossen fort. DDs Proteste wurden leiser, als ihn der schwarze, käferartige Roboter zur Höhlenöffnung trug.
Sirix und Dekyk stießen die improvisierte Barriere einfach beiseite und wankten in den Raum mit dem Steinfenster.
Margaret drehte sich nicht um, obwohl sie die Geräusche im Korridor zweifellos gehört hatte. Mit in die Hüften gestützten Händen stand sie da und starrte so auf die trapezförmige Tafel, als erwarte sie eine Erklärung von ihr. »Komm schon! Es muss eine Möglichkeit geben, das Fenster zu öffnen.«
Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, hob den Arm und drückte auf eine ganz bestimmte Symbolplatte – sie zeigte das Symbol, das in den anderen Klikiss-Ruinen zerstört gewesen war.
Das Portal summte und knisterte. Das graue Gestein erschimmerte. »Louis! Es geschieht etwas!«
Die beiden schwarzen Klikiss-Roboter traten vor, die klauenartigen Arme ausgestreckt. Voller Abscheu sah Louis rote Flecken an den metallenen Gliedmaßen. Arcas’ Blut.
Er eilte zu den Werkzeugen, die vor einer Wand verstreut lagen, und griff nach einer Spitzhacke. Damit hatten sie Öffnungen in brüchige Wände geschlagen und Schutt beiseite geräumt. Louis hob die Hacke. Sie fühlte sich schwer an und der Griff lag gut in der Hand, aber er wusste, dass er damit kaum etwas gegen die Roboter ausrichten konnte.
Margaret blickte unterdessen auf die Steinplatte, von der nach wie vor ein leises Summen und Knistern kam. Dann löste sich das Felsgestein auf und gab den Blick frei auf einen ganz anderen Ort – eine fremde Welt wartete hinter der trapezförmigen Öffnung.
»Louis!«, rief Margaret.
Die Klikiss-Roboter näherten sich den beiden Archäologen mit ausgestreckten Armen. Louis schwang die Spitzhacke von einer Seite zur anderen und warf über die Schulter hinweg einen Blick zu seiner Frau. Er prägte sich die Entschlossenheit in dem Gesicht ein, das er so lange geliebt hatte, die innere Schönheit und jene Falten, durch die Margaret für ihn noch attraktiver wurde als andere Frauen, denen er begegnet war.
»Geh!«, rief er. »Verlier keine Zeit!«
Margaret zögerte. »Ich lasse dich nicht allein zurück!«
»Ich folge dir.« Die Spitzhacke knallte an Sirix’ schwarzen Körper, und die Wucht des Aufpralls schickte einen heftigen Stoß durch Louis’ Arme, schmerzte in den Schultern. An der Panzerung des Roboters blieb nur ein kleiner Kratzer zurück.
Sirix wich erstaunt zurück, streckte dann einen aus mehreren Segmenten bestehenden Arm aus. Louis duckte sich darunter hinweg und hob die Hacke erneut.
»Jetzt, Louis!«, rief Margaret und trat in das Fenster, das zuvor aus festem Stein bestanden hatte. Die Wand knisterte –und Margaret verschwand.
Froh darüber, dass seiner Frau die Flucht gelungen war, warf Louis die Spitzhacke nach dem Klikiss-Roboter. Sie traf den schwarzen Panzer und Sirix stieß sie mit einem Arm beiseite, an dem das Blut des getöteten grünen Priesters klebte.
Louis drehte sich um und lief zum Steinfenster, das Sicherheit verhieß: eine andere Welt, weit entfernt.
Doch plötzlich erschimmerte das Fenster und verwandelte sich wieder in festen, undurchdringlichen Stein.
Louis blieb stehen und Verzweiflung zeigte sich in seinem Gesicht. »Nein«, stöhnte er. Leider wusste er nicht, welche Symbolplatte Margaret gedrückt und wie sie das Transportsystem aktiviert hatte.
Sirix und Dekyk näherten sich. Sie hatten Margarets Flucht gesehen und wollten Louis keine Gelegenheit geben, ihr zu folgen. Waffenarme kamen aus Öffnungen in den metallenen Körpern; Klauen klackten.
Louis stand an der Wand und wusste, dass es kein Entkommen für ihn gab. Er hob die Hände, um sich zu ergeben, obwohl diese Geste überhaupt keinen Sinn hatte.
»Warum machst du das, Sirix?«, fragte er im besten Professorentonfall. »Es war nicht unsere Absicht, euch zu schaden. Es ging uns nur darum, euch zu helfen, Antworten für euch zu finden.«
»Wir wollen keine Antworten«, erwiderte Sirix.
Louis lehnte sich an das kalte, viel zu feste Steinfenster und verstand nicht. »Du hast gesagt, dass ihr eure Erinnerungen verloren habt, dass ihr euch nicht daran erinnert, was damals geschehen war.«
»Wir haben unsere Erinnerungen nicht verloren«, entgegnete Sirix. Die beiden Klikiss-Roboter kamen noch näher und streckten ihre Waffenarme nach dem Archäologen aus. »Wir haben gelogen.«
ZEITTAFEL
1940 (etwa) Die Ildiraner entdecken Klikiss-Roboter auf den Eismonden von Hyrillka.
2100 Peary, Balboa, Marco Polo – die ersten Generationenschiffe verlassen die Erde.
2103 Die Burton und Caillie brechen auf.
2104 Die Amundsen bricht auf.
2106 Die Clark und Vichy brechen auf.
2109 Die Stroganow bricht auf.
2110 Die Abel-Wexler bricht auf.
2113 Das letzte Generationenschiff, die Kanaka, bricht auf.
2196 Einige Pioniere der Kanaka gründen im Asteroidengürtel des roten Zwergsterns Meyer eine Kolonie, aus der Rendezvous entsteht.
2221 Auf der Erde wird König Ben gekrönt. 2230 Yura’h wird der neue Weise Imperator.
2244 Die Ildiraner finden die Caillie. Auf Theroc entsteht eine menschliche Kolonie.
2245 Die Ildiraner kommen zur Erde und suchen nach den anderen Generationenschiffen.
2247 Die Kanaka wird gefunden. Siedler lassen sich auf Iawa nieder.
2249 Der Kompi OX kehrt zur Erde zurück. Thara Wen (vierzehn Jahre alt) wird zur ersten grünen Priesterin.
2250 Roamer nehmen Himmelsminen über Daym und in den Atmosphären anderer Gasriesen in Betrieb.
2254 Die Dobro-Experimente beginnen. Madeleine Robinson berichtet von ersten Klikiss-Ruinen auf Llaro. Theroc erklärt seine Unabhängigkeit von der Hanse. König Ben wird vergiftet, König George gekrönt.
2274 Krönung von König Christopher.
2307 Krönung von König Jack.
2323 Krönung von König Bartholomäus.
2337 Der Weise Imperator Yura’h stirbt. Cyroc’h wird sein Nachfolger.
2373 Uthair und Iia Theron werden Vater und Mutter von Theroc.
2381 Krönung von König Frederick.
2390 Margaret und Louis Colicos heiraten.
2397 Ross Tamblyn wird geboren.
2400 Idriss und Alexa heiraten.
2402 Reynald Theron und Jess Tamblyn werden geboren.
2403 Beneto Theron wird geboren. Uthair und Lia Theron ziehen sich in den Ruhestand zurück.
2406 Sarein Theron wird geboren.
2408 Nira Khali wird geboren.
2411 Tasia Tamblyn wird geboren.
2413 Raymond Aguerra wird geboren.
2415 Estarra Theron wird geboren.
2427 Die Klikiss-Fackel verwandelt Oncier in eine Sonne.
DIE GROSSEN KÖNIGE DER
TERRANISCHEN HANSE
2221 – 2250 Ben
2250 – 2274 George
2274 – 2307 Christopher
2307 – 2323 Jack
2323 – 2381 Bartholomäus
2381 – 2427 Frederick
2427 -
Peter
VORSITZENDE DER TERRANISCHEN HANSE
Christian Geller (2200-2215)
Roseanna Burke (2215 – 2223)
William Danforth Pape (2223 – 2243)
Malcolm Stannis (2243-2253)
Francine Meyer (2253 – 2270)
Adam Cho (2270-2291)
Bertram Goswell (2291-2298)
Regan Chalmers (2298 – 2299)
Sandra Abel-Wexler (2299-2315)
Clare Faso (2315-2338)
Miguel Byron (2338 – 2347)
Tarn Charles Wicinsky (2347-2359)
Robert Roberts II. (2359-2367)
Kelly Kirk (2367-2380)
Maureen Fitzpatrick (2380 – 2389)
Ronald Palomar (2389-2406)
Basil Wenzeslas (2406-)
GLOSSAR
Abel-Wexler – eines der elf Generationenschiffe der Erde, brach als Zehntes auf.
Adam, Prinz – Vorgänger von Raymond Aguerra; wurde für ungeeignet gehalten.
Adar – höchster militärischer Rang in der ildiranischen Solaren Marine.
Aguerra, Carlos – Raymonds jüngerer Bruder, neun Jahre alt.
Aguerra, Esteban – Raymonds Vater, der die Familie verließ.
Aguerra, Michael – Raymonds jüngster Bruder, sechs Jahre alt.
Aguerra, Raymond – ein Straßenjunge von der Erde.
Aguerra, Rita – Raymonds Mutter.
Aguerra, Rory – Raymonds jüngerer Bruder, zehn Jahre alt.
Ahmani, Abdul Mohammed – Esteban Aguerra nahm diesen Namen an, als er zum Islam übertrat.
Alexa, Mutter – Regentin von Theroc, Ehefrau von Vater Idriss. Alturas – ildiranische Welt.
Amundsen – eines der elf Generationenschiffe der Erde, brach als Sechstes auf.
Andeker, William – menschlicher Wissenschaftler, Spezialist für Robotik.
Angriffsjäger – ein schnelles Schiff der ildiranischen Solaren Marine. Arcas – grüner Priester.
Ari’t
–
ildiranische Sängerin, eine Partnerin des
Erstdesignierten Jora’h.
Aro’nh – ein Tal (hoher Rang) der ildiranischen Solaren Marine.
Baiboa – eines der elf Generationenschiffe der Erde, brach als Zweites auf.
Bartholomäus – Großer König der Erde, Fredericks Vorgänger.
BeBob – Rlinda Ketts Spitzname für Branson Roberts.
Bedienstete – kleine persönliche Assistenten des Weisen Imperators.
Bekh! – ildiranischer Fluch, vergleichbar mit »Verdammt!«
Ben – erster Großer König der Terranischen Hanse; auch der Name eines Mondes von Oncier.
Beneto – grüner Priester, zweiter Sohn von Vater Idriss und Mutter Alexa.
Bioth – Vater von Arcas.
Blaue Himmelsmine – Ross Tamblyns Himmelsmine in der Atmosphäre von Golgen.
Blinder Glaube – Branson Roberts’ Schiff.
Bobri’s – komische Gestalt in der Sage der Sieben Sonnen.
Boone’s Crossing – eine Kolonialwelt der Hanse.
Borkenbeeren – theronische Frucht.
Brindle, Robb – junger TVF-Rekrut, schließt Freundschaft mit Tasia Tamblyn.
Bron’n – Leibwächter des Weisen Imperators.
Burl – junger Krimineller auf der Erde.
Burr – ein Roamer-Clan.
Burton – eines der elf Generationenschiffe der Erde, brach als Viertes auf.
Byron, Miguel – hedonistischer früherer Vorsitzende der Terranischen Hanse.
Caillie – eines der elf Generationenschiffe der Erde, brach als Fünftes auf und wurde als Erstes von den Ildiranern entdeckt.
Die Kolonisten der Caillie besiedelten Theroc.
Celli – jüngste Tochter von Vater Idriss und Mutter Alexa.
Christopher – dritter Großer König der Terranischen Hanse; auch der Name eines Mondes von Oncier.
Chrysalissessel – der Thron des Weisen Imperators.
Cir’gh – Champion beim ildiranischen Turnier.
Clarin, Eldon – Erfinder der Roamer.
Clark – eines der elf Generationenschiffe der Erde, brach als Siebtes auf.
Clee – Getränk auf Theroc, eine stimulierende Mischung aus Wasser und den Bodensamen der Weltbäume.
Colicos, Anton – der Sohn von Margaret und Louis Colicos, befasst sich mit epischen Geschichten und übersetzt sie.
Colicos, Louis – Xeno-Archäologe, Ehemann von Margaret Colicos, spezialisiert auf die Hinterlassenschaften der Klikiss.
Colicos, Margaret – Xeno-Archäologin, Ehefrau von Louis Colicos, spezialisiert auf die Hinterlassenschaften der Klikiss.
Colony Town – wichtigste Siedlung auf Corvus Landing.
Comptor – ildiranische Welt; dort kam es zu einem legendären Waldbrand.
Constellation – diplomatisches Raumschiff der Hanse.
Corribus – von den Klikiss aufgegebene Welt. Die beiden Xeno-Archäologen Margaret und Louis Colicos entdeckten dort das Geheimnis der Klikiss-Fackel.
Corvus Landing – Kolonialwelt der Hanse, größtenteils Landwirtschaft, ein wenig Bergbau.
Cotopaxi – Kolonialwelt der Hanse.
Crenna – ildiranische Splitter-Kolonie, wurde wegen einer Seuche evakuiert.
Cyroc’h – Name des derzeit vorletzten ildiranischen Weisen Imperators.
Dango – theronische Frucht.
Dasra – Gasriese, von dem man vermutete, dass Hydroger in seinen Tiefen leben.
Daym – ein blauer Superriese, eine der ildiranischen »sieben Sonnen«, außerdem der Name des primären Gasriesen, in dessen Atmosphäre die Ildiraner drei große Ekti-Fabriken den Roamern überließen.
DD – ein Kompi, der Margaret und Louis Colicos nach Rheindic Co begleitet.
Dekyk – ein Klikiss-Roboter im archäologischen Lager auf Rheindic Co.
Designierter – reinblütiger Sohn des Weisen Imperators, Herrscher einer ildiranischen Welt.
Dio’sh – ildiranischer Erinnerer, Überlebender der Seuche auf Crenna.
Dobro – ildiranische Kolonialwelt.
Drache – größtes fliegendes Raubtier auf Theroc.
Dremen – terranische Kolonialwelt, düster und wolkig.
Duris – Tristem; ein binäres System aus zwei Sonnen, die eine weiß und die andere gelb, wird von einem weiter entfernten roten Zwerg umkreist. Drei der ildiranischen »sieben Sonnen«.
EA – Tasia Tamblyns persönlicher Kompi.
Eiserne Dame – Spitzname für Botschafterin Otema.
Ekti – exotisches Wasserstoffallotrop, Treibstoff für den ildiranischen Sternenantrieb.
Erinnerer – Angehöriger des ildiranischen Historiker-Geschlechts.
Erkundungsboot – schnelles, für die Erkundung eingesetztes Schiff in der TVF.
Erphano – Gasriese, in dessen Atmosphäre Berndt Okiahs Himmelsmine arbeitet.
Erstdesignierter – ältester Sohn und Nachfolger des ildiranischen Weisen Imperators.
Erzvater – symbolisches Oberhaupt des Unisono, der Einheitsreligion auf der Erde.
Eskorte – mittelgroßes Raumschiff der ildiranischen Solaren Marine.
Estarra – zweite Tochter und viertes Kind von Vater Idriss und Mutter Alexa.
Feuerfieber – eine historische ildiranische Seuche.
Fitzpatrick, Patrick, III. – arroganter Kadett in der Terranischen Verteidigungsflotte.
Flachsteine – aus verschiedenen Schichten bestehende künstliche Edelsteine, sehr selten und kostbar.
Flüsterpalast – prächtiger Sitz der Hanse-Regierung.
Frachteskorte – Schiffstyp der Roamer; Frachteskorten werden für den Transport von Ekti eingesetzt.
Frederick, König – nomineller Herrscher der Terranischen Hanse.
Gans – abfällige Bezeichnung der Roamer für die Terranische Hanse.
Garris – Niras Vater.
George – zweiter Großer König der Terranischen Hanse, außerdem Name eines großen Mondes von Oncier.
Geschlechter – die verschiedenen Subspezies der Ildiraner.
Geschuppte – ildiranische Geschlechter, Bewohner von Wüsten.
Glänzer – ildiranische Lichtquelle.
Glyx – Gasriese, über dem Berndt Okiahs erste Himmelsmine arbeitete.
Golgen – Gasriese, in dessen Atmosphäre die Blaue Himmelsmine im Einsatz war.
Goliath – der erste verbesserte Moloch der TVF.
Goswell, Bertram – früher Vorsitzender der Terranischen Hanse, wollte die Roamer dazu zwingen, die Charta zu unterzeichnen.
Große Erwartungen – eines von Rlinda Ketts Handelsschiffen, von Rand Sorengaards Piraten aufgebracht.
Große Gans – abfällige Bezeichnung der Roamer für die Terranische Hanse.
Großer König – nomineller Herrscher der Terranischen Hanse.
Grüner Priester – Diener des Weltwaldes; kann die Weltbäume für den Telkontakt nutzen, eine telepathische Kommunikation über interstellare Entfernungen hinweg.
Handelsstandard – die am meisten verbreitete Sprache in der Terranischen Hanse.
Hanse – Terranische Hanse.
Haufenwürmer – große, Nester bauende Würmer auf Theroc.
Haufenwurmkokon – ein großer, von Haufenwürmern konstruierter Kokon, der Platz genug bietet, um Menschen als Wohnraum zu dienen.
Hauptquartier der Hanse – ein großes, pyramidenförmiges Bauwerk in der Nähe des Flüsterpalastes auf der Erde.
Hendy, Sam – Bürgermeister von Colony Town auf Corvus Landing.
Himmelsmine – Ekti produzierende Anlagen in den Atmosphären von Gasriesen, normalerweise von Roamern betrieben.
Himmelsperle – seltene, metallische schwarze Perlen aus dem Innern von Ekti-Reaktoren.
Horizont-Cluster – ein großer Sternhaufen in der Nähe von Ildira.
Hydroger – fremde Wesen, die in den Tiefen von Gasriesen leben.
Hyrillka – ildiranische Kolonie im Horizont-Cluster. Auf den Monden von Hyrillka wurden die ersten Klikiss-Roboter entdeckt.
Iawa – Kolonialwelt, einst von Vorgängern der Roamer bewohnt.
Iawa-Geißel – Pflanzenkrankheit auf Iawa.
Idriss, Vater – Regent von Theroc, Ehemann von Mutter Alexa.
Ildira – Zentralplanet des Ildiranischen Reiches, empfängt das Licht von sieben Sonnen.
Ildiraner – humanoides, polymorphes Volk mit verschiedenen
»Geschlechtern«.
Ildiranische Solare Marine – Raumflotte des Ildiranischen Reiches.
Ildiranisches Reich – das Sternenreich der einzigen anderen großen Zivilisation im Spiralarm.
Ilkot – ein Klikiss-Roboter im archäologischen Lager auf Rheindic Co.
Isix-Katze – kleine, wilde Katze auf Ildira.
Isperos – heißer Planet, auf dem Kotto Okiah eine Testkolonie gründet.
Jack – vierter Großer König der Terranischen Hanse, außerdem Name eines großen Monds von Oncier.
Jazer – Energiewaffe der Terranischen Verteidigungsflotte.
Jora’h – Erstdesignierter des Ildiranischen Reichs, ältester Sohn des Weisen Imperators.
Jorax – Klikiss-Roboter auf der Erde.
Kamin – Planet im ildiranischen Reich.
Kampfboot – kleines Raumschiff der ildiranischen Solaren Marine.
Kanaka – eines der elf Generationenschiffe der Erde, brach als Letztes auf. Aus den Kolonisten an Bord wurden die Roamer.
Kellum, Del – Roamer, Pilot eines Ekti-Transporters.
Kett, Rlinda – Händlerin, Captain der Unersättliche Neugier.
Khali – Niras Nachname.
Kleeb – abfällige Bezeichnung der Roamer.
Klikiss – eine alte, insektenartige Spezies, die vor langer Zeit aus dem Spiralarm verschwand. Sie ließen leere Städte zurück.
Klikiss-Fackel – eine Waffe bzw. ein Mechanismus, den die alten Klikiss entwickelten, um Gasriesen implodieren zu lassen und in Sonnen zu verwandeln.
Klikiss-Roboter – intelligente, käferartige Roboter, gebaut von den Klikiss.
Klio’s – ildiranischer Handelsminister.
Knatterer – theronische Nuss.
Kohorte – Kampfflotte der ildiranischen Solaren Marine, besteht aus sieben Manipeln beziehungsweise 343 Schiffen.
Kompetenter computerisierter Helfer – intelligenter Dienstroboter, »Kompi« genannt, in den Modellen Freundlich, Lehrer, Gouvernante, Zuhörer und anderen erhältlich.
Kompi – Kurzform für »kompetenter computerisierter Helfer«.
Kondorfliege – buntes fliegendes Insekt auf Theroc; sieht aus wie ein großer Schmetterling und wird manchmal wie eine Art Haustier gehalten.
Kongress des Mannigfachen Glaubens
–
religiöse
Körperschaft der Hanse, mit den Vereinten Nationen vergleichbar. Dem Kongress gehören Repräsentanten vieler Religionen an.
Kori’nh, Adar – Oberbefehlshaber der ildiranischen Solaren Marine.
Kräusler – saure theronische Frucht.
Kriegsschiff – größtes Schiff in der ildiranischen Solaren Marine.
Kugelschiff – großes, kugelförmiges Raumschiff der Hydroger.
Lanyan, General Kurt – Kommandeur der Terranischen Verteidigungsflotte.
Leitstern – Philosophie und Religion der Roamer, eine lenkende Kraft im Leben jeder einzelnen Person.
Llaro – von den Klikiss aufgegebene Welt.
Lorie’nh – Befehlshaber einer Kohorte in der ildiranischen Solaren Marine.
Lotze, Davlin – Exosoziologe und Spion der Hanse auf Crenna.
Malph – junger Krimineller auf der Erde.
Manipel – Kampfgruppe der ildiranischen Solaren Marine, besteht aus sieben Septas bzw. neunundvierzig Schiffen.
Manta – mittelgroßer Kreuzer der TVF.
Maratha – ildiranische Urlaubswelt mit sehr langem Tag-Nacht-Zyklus.
Marco Polo – eines der elf Generationenschiffe der Erde, brach als Drittes auf.
Maylor – Roamer-Clan.
Meena – Niras Mutter.
Mesta, Gabriel – Captain der Große Erwartungen, von Rand Sorengaards Piraten umgebracht.
Meyer – rote Zwergsonne, in deren Umlaufbahn sich Rendezvous befindet.
Mijistra – eindrucksvolle Hauptstadt des Ildiranischen Reiches.
Moloch – größte Schlachtschiff-Klasse der Terranischen Verteidigungsflotte.
Mondstatuengarten – Parkanlage beim Flüsterpalast, mit sorgfältig beschnittenen Bäumen und Sträuchern sowie vielen Skulpturen.
Nappel – theronische Frucht.
Nialia – »Pflanzenmotten«, wachsen auf Hyrillka.
Nira – junge grüne Priesterin, begleitet Otema nach Ildira.
Okiah, Berndt – Jhy Okiahs Enkel, Chief der Himmelsmine über Erphano.
Okiah, Jhy – eine Roamerin, sehr alt, Sprecherin der Clans.
Okiah, Junna – Berndt Okiahs Tochter.
Okiah, Kotto – Jhy Okiahs jüngster Sohn, wagemutiger Erfinder, der die Isperos-Kolonie plante.
Okiah, Marta – Berndt Okiahs Frau.
Oncier – Gasriese, wurde von der Klikiss-Fackel in eine Sonne verwandelt.
Osquivel – Gasriese mit Ringen und verborgenen Werften der Roamer.
Otema – alte grüne Priesterin, Botschafterin Therocs auf der Erde, wurde später nach Ildira geschickt. OX – Lehrer-Kompi, einer der ältesten irdischen Roboter. Befand sich an Bord der Peary.
Paarbirnen – theronische Frucht; wachsen in Paaren an Bäumen.
Palisade – Kolonialwelt der Hanse.
Pasternak, Shareen – Chief der Himmelsmine über Welyr.
Peary – eines der elf Generationenschiffe der Erde, brach als Erstes auf.
Pellidor, Franz – Assistent des Vorsitzenden Basil Wenzeslas, ein »Sonderbeauftragter«.
Peroni, Denn – Cescas Vater.
Peroni, Francesca – eine Roamerin, wird ausgebildet, um nächste Sprecherin zu werden, mit Ross Tamblyn verlobt.
Perrinsamen – theronische Nuss.
Peter, Prinz – Nachfolger des alten Königs Frederick.
Petrow – Roamer-Clan.
Pfefferblumentee – ein Getränk der Roamer.
Pilzriff – große Gewächse auf Theroc, von den Theronen als Wohnquartiere benutzt.
Platcom
–
Plattform-Commander, Kommandant einer
Thunderhead-Waffenplattform der TVF.
Platschbeeren – theronische Frucht.
Plumas – Mond mit einem dicken Eispanzer, unter dem sich ein Ozean erstreckt. Der Tamblyn-Clan betreibt dort Wasserminen.
Prismapalast – Wohnort des Weisen Imperators.
Ptoro – Gasriese, über dem Crim Tylars Himmelsmine arbeitete.
Pym – von den Klikiss aufgegebene Welt.
Qronha – ein Doppelstern, zwei der ildiranischen »sieben Sonnen«. In dem System gibt es zwei bewohnbare Welten und einen Gasriesen, Qronha 3.
Qul – Rang in der ildiranischen Solaren Marine, Kommandant eines Manipels bzw. von neunundvierzig Schiffen.
Rada – Niras jüngste Schwester.
Ramah – terranische Kolonialwelt, hauptsächlich von islamischen Pilgern besiedelt.
Relleker – terranische Kolonialwelt, als Urlaubsplanet bekannt.
Remora
–
kleiner Angriffsjäger der Terranischen
Verteidigungsflotte.
Rendezvous – bewohnter Asteroidenhaufen, geheimes Regierungszentrum der Roamer.
Reynald – ältester Sohn von Vater Idriss und Mutter Alexa.
Rheindic Co – von den Klikiss aufgegebener Planet. Die beiden Xeno-Archäologen Margaret und Louis Colicos entdecken dort wichtige Hinterlassenschaften des verschwundenen Insektenvolkes.
Roamer – lockere Konföderation unabhängiger Menschen, wichtigste Produzenten von Ekti.
Roberts, Branson – früherer Ehemann von Rlinda Kett.
Robinson, Madeleine – frühe planetare Prospektorin. Sie und ihre beiden Söhne entdeckten Klikiss-Ruinen und aktivierten Roboter auf Llaro.
Rysa’h – Hyrillka-Designierter, dritter Sohn des Weisen Imperators.
Saatbeeren – theronische Frucht.
Saga der Sieben Sonnen – historisches und legendäres Epos des ildiranischen Volkes.
Salznuss – theronische Frucht.
Sarein – älteste Tochter von Vater Idriss und Mutter Alexa.
Schössling – ein junger Weltbaum, der oft in einem verzierten Topf transportiert wird.
Schwimmer – Angehörige eines ildiranischen Geschlechts, leben im Wasser.
Septa – kleine Kampfgruppe aus sieben Schiffen der ildiranischen Solaren Marine.
Septar – Kommandant einer Septa.
Serizawa, Dr. Gerald – der für den Einsatz der Klikiss-Fackel bei Oncier verantwortliche Wissenschaftler.
Shana Rei – legendäre »Geschöpfe der Dunkelheit« in der Saga der Sieben Sonnen.
Shizz – Kraftausdruck der Roamer.
Sirix – Klikiss-Roboter im archäologischen Lager auf Rheindic Co.
Sorengaard, Rand – Roamer und Raumpirat.
Spiralarm – der vom Ildiranischen Reich und der Terranischen Hanse besiedelte Teil der Milchstraße.
Splitter-Kolonie – ildiranische Kolonie mit der fürs Thism notwendigen minimalen Bevölkerungsdichte.
Sprecher – politisches Oberhaupt der Roamer.
Spreiznüsse – theronische Frucht.
Sternenspiel – ein bei den Roamern beliebtes Spiel, bei dem das Navigationsgeschick auf die Probe gestellt wird.
Stroganow – eines der elf Generationenschiffe der Erde, brach als Neuntes auf.
Stromo, Admiral Lev – Admiral der Terranischen Verteidigungsflotte.
Sweeney, Dahlia – DDs erste Eigentümerin.
Sweeney, Marianna – Dahlias Tochter, DDs zweite Eigentümerin.
Tal – militärischer Rang in der ildiranischen Solaren Marine, Kommandant einer Kohorte.
Talbun – alter grüner Priester auf Corvus Landing.
Tamblyn, Bram – Roamer, Oberhaupt des Tamblyn-Clans, Vater von Ross, Jess und Tasia.
Tamblyn, Caleb – einer von Jess’ Onkeln, Brams Bruder.
Tamblyn, Jess – Roamer, zweiter Sohn von Bram Tamblyn.
Tamblyn, Ross – Roamer, ältester Sohn von Bram Tamblyn, mit seinem Vater zerstritten und Chief der Blauen Himmelsmine.
Tamblyn, Tasia – Tochter von Bram Tamblyn.
Telkontakt – unmittelbare telepathische Kommunikation der grünen Priester.
Terranische Hanse
–
Regierung und interplanetare
Handelsorganisation der Erde und ihrer Kolonialwelten.
Terranische Verteidigungsflotte
–
terranische
Raumstreitmacht, Hauptquartier auf dem Mars, mit Stützpunkten auf anderen Welten der Hanse.
Theroc – Dschungelplanet, Heimat des Weltwaldes.
Therone, Theronin – Bewohner von Theroc.
Thism – schwache telepathische Verbindung zwischen dem Weisen Imperator und allen Ildiranern.
Thor’h – Jora’hs ältester Sohn aus dem Adels-Geschlecht, dazu bestimmt, der nächste Erstdesignierte zu werden.
Thronsaal – der Empfangssaal des Königs im Flüsterpalast.
Thunderhead – mobile Waffenplattformen der Terranischen Verteidigungsflotte.
Tiwis – umgangssprachlicher Ausdruck für die Soldaten der TVF.
Transtor – von den Hydrogern verwendetes Transportsystem, das es ihnen gestattet, andere Gasriesen ohne die Verwendung von Raumschiffen zu erreichen.
Truppentransporter – ein großes Transportschiff der ildiranischen Solaren Marine.
TVF – Terranische Verteidigungsflotte.
Tylar, Crim – Betreiber einer Himmelsmine der Roamer über Ptoro.
Unersättliche Neugier – Rlinda Ketts Handelsschiff.
Unisono – von der Regierung der Hanse unterstützte Standard-Religion für offizielle Aktivitäten auf der Erde. UR – Roamer-Kompi in Rendezvous, Gouvernanten-Modell.
Vao’sh – ildiranischer Erinnerer.
Vichy – eines der elf Generationenschiffe der Erde, brach als Achtes auf.
Wackelfrucht – theronische Frucht.
Weiser Imperator – das gottartige Oberhaupt des Ildiranischen Reiches.
Weltbaum – ein einzelner Baum des Weltwalds auf Theroc.
Weltwald – der halbintelligente Wald auf Theroc.
Welyr – Gasriese, in dessen Atmosphäre eine Himmelsmine der Roamer zerstört wurde.
Wen, Thara
–
frühe Siedlerin auf Theroc, vom
Generationenschiff Caillie. Der erste Mensch, der sich mit dem Weltwald verband.
Wenzeslas, Basil – Vorsitzender der Terranischen Hanse.
Yarrod – grüner Priester, jüngerer Bruder von Mutter Alexa.
Yreka – abgelegene terranische Kolonialwelt.
Yura’h – früherer Weiser Imperator, herrschte zur Zeit der ersten Begegnung mit den Menschen.
Zan’nh
–
ildiranischer Offizier, ältester Sohn des
Erstdesignierten Jora’h.