* 3 *

Auf seine Hinterbeine erhoben, ragte der Rancor zehn Meter über ihnen in die Höhe. Er schnaubte, und die geblähten Nüstern entließen eine weitere Woge übelriechenden Atems. Der Rancor brüllte wieder und zeigte Doppelreihen gezackter Zähne. Die in langen Krallen auslaufenden Klauen harkten durch die Luft, und der Boden erbebte, als das riesige Reptilienmonster einen Schritt nach vorne tat. Die kleinen schwarzen Augen fixierten Zak.

„Zurück zum Tor!“ kreischte Tash.

Zak und Tash drehten sich um und rannten los. Der Rancor heftete sich an ihre Fersen, seine Schritte dröhnten auf dem gepflasterten Weg. Mit jedem Satz halbierte das riesige Raubtier den Abstand zu seiner fliehenden Beute.

Zak warf einen Blick über die Schulter und sah, daß Deevee sich nicht von der Stelle gerührt hatte. Er stand dem Rancor ohne jede Regung im Weg. Tash und Zak bremsten ihren Lauf.

„Deevee!“ schrie Tash.

„Vielleicht ein Kurzschluß“, vermutete Zak. „Wir müssen zurück und ihn holen.“

„Zu spät.“

Tash hatte recht. Der Rancor erreichte den Droiden, warf den Kopf zurück und machte einen Satz nach vorne. Deevee zuckte nicht einmal, als das zwei Tonnen schwere fleischfressende Monstrum sich auf ihn stürzte…

… und durch ihn hindurch fiel.

Zak und Tash schnappten überrascht nach Luft. Der Rancor fuhr über Deevee hinweg, als wäre er aus Rauch. Er verharrte ein paar Schritte hinter dem Droiden und ließ ein ohrenbetäubendes Gebrüll hören, dann verschwand er wie ein Traumgebilde oder…

„Ein Hologramm“, erriet Zak. „Der Rancor war nicht real.“

„Richtig“, bestätigte Deevee und kam den Weg entlang auf seine beiden Schützlinge zu.

„Real genug, um mich an der Nase herumzuführen“, sagte Tash mit einem nervösen Lachen. „Ich habe gedacht, dieses Ding reißt dich in Stücke, Deevee.“

Der Droide simulierte einen gelangweilten Seufzer. „Das liegt daran, daß du nicht über meine empfindlichen Instrumente verfügst. Ich habe sofort gewußt, daß der Rancor nicht real war, weil meine Sensoren nichts registriert haben. Von dem Hologramm gingen keine Lebenszeichen aus, also hat meine Programmierung es einfach ignoriert. Es war eindeutig nicht real.“ Der Droide vollführte mit einer mechanischen Hand eine Geste, die das gesamte vor ihnen liegende Gelände umfaßte. „Hologram Fun World mag für Menschen und andere Spezies, die sich auf ihre biologischen Sinnesorgane verlassen müssen, sehr aufregend sein, für Droiden allerdings ist dieser Park ziemlich langweilig.“

„Langweilig!“ rief Zak aus. Er blickte einem Sterndrachen nach, der über ihm einen sanften Bogen über den Himmel beschrieb. „Hier ist es alles andere als langweilig. Laßt uns ein paar von den Attraktionen ausprobieren!“

„Nicht jetzt“, sagte Deevee mit Nachdruck. „Wir sollten uns zuerst eine Unterkunft suchen und dann…“

Aber Zak hatte sich bereits in Richtung der ersten Attraktion in Bewegung gesetzt.

Er eilte die Stufen zu einem Gebäude hinauf, das an einen kleinen Tempel erinnerte; die Außenmauern waren von Reihen weißer Säulen gesäumt. Eine elektronische Anzeigetafel über der Treppe pries die Attraktion in einem Dutzend der gängigsten Verkehrssprachen der Galaxis an. „Spiegelkabinett“, las Zak. Spiegelkabinett? dachte er verwundert. Ist das so ‘ne Art Meditationsraum?

Er spähte hinein, aber der Eingang war dunkel. Mit vorgestreckten Händen tastete Zak sich durch eine kleine Vorhalle, die sich zu einem weiten Raum öffnete. Zak mußte noch ein paar vorsichtige Schritte weitergehen, ehe er ein Klicken vernahm, als automatische Leuchtröhren angingen und den Raum in helles Licht tauchten.

Zak fand sich von einem Dutzend scheußlicher, buckliger Trolle mit verzerrten Fratzen umzingelt, deren Haare wie lange Borsten aus ihren Köpfen zu explodieren schienen.

„Aah!“ schrie er überrascht auf.

„Aah!“ schrie ein Dutzend Bucklige mit ihm im Chor.

Zak fuhr herum und wollte die Flucht ergreifen, aber die Buckligen folgten seiner abrupten Bewegung. Als Zak in die Sicherheit der Vorhalle zurücksprang, verschwanden die Buckligen ohne einen Laut.

Zack blieb stehen. Dieser Ort wurde von Minute zu Minute seltsamer. Neugierig drehte er sich um und spähte in den hell erleuchteten Raum.

Die Köpfe von einem Dutzend scheußlicher Trolle schoben sich um ein Dutzend Türrahmen. Als Zak eine Braue hochzog, taten sie es ihm gleich. Als er sich verwirrt am Kopf kratzte, machten sie auch das nach.

„Spiegelkabinett“, sagte er. „Alles klar.“

Zak marschierte mutig in den großen Raum zurück und musterte die Trolle – und erkannte zwölf Abbildungen seiner selbst. Zwölf Spiegel umgaben ihn, fingen seine Gestalt ein und verzerrten sie beinahe bis zur Unkenntlichkeit. Er lachte laut, und seine Spiegelungen nahmen ein noch absurderes Aussehen an. Eines seiner Augen wölbte sich zur Größe eines Bullauges, während das andere zu einem winzigen Fleck in seinem Gesicht schrumpfte.

„Eine echte Verbesserung“, bemerkte Tash ironisch. Sie und Deevee waren ihm in das Spiegelkabinett gefolgt und standen nun am Ende der kleinen Vorhalle. „Besonders gut gefallen mir deine Haare.“

„Sehr lustig“, gab Zak zurück. „Bin mal gespannt, was hier aus dir wird.“

Tash betrat den Raum, und augenblicklich gesellten sich zwölf knorrige alte Jungfern zu der Versammlung scheußlicher Trolle. Tashs geflochtener langer blonder Haarschopf sah aus wie ein dicker Tentakel, der sich aus ihrem Hinterkopf schlängelte; die Augen sanken in ihre Höhlen ein, während das Kinn sich himmelwärts nach außen stülpte.

„Das ist der sensationellste Spiegelsaal, den ich kenne“, kommentierte sie. Während sie sprach, klappten die gewaltigen Kinnladen ihrer Spiegelbilder heftig auf und zu.

„Ich bin programmiert, menschliches Verhalten zu imitieren, aber ich bin nicht sicher, ob ich diese Art von Humor nachvollziehen kann“, gestand Deevee. „Diese Trickspiegel entstellen mit Bedacht das Aussehen des Betrachters. Und das soll komisch sein?“

Zak verdrehte die Augen. „Sehn wir mal, was es sonst noch gibt.“

Sie sahen sich in dem Spiegelkabinett um, bis sie auf eine Tür stießen, die hinter einem der zwölf Spiegelbilder verborgen war. Tash und Zak gingen hindurch und betraten ein Labyrinth aus Spiegeln. Überall sahen sie Fragmente ihrer Reflexionen – manchmal waren nur ihre Füße zu erkennen, an anderer Stelle nur ihre Köpfe. Manche der Abbilder gaben die Wirklichkeit wieder, andere Spiegelungen entstellten ihr Bild zu gedehnten, zusammengepreßten, zersplitterten Gestalten von teilweise galaktischen Ausmaßen. Zak entdeckte eine Reihe von Spiegeln, die ihn in einen Alien verwandelten. In einem erschien sein Gesicht zu einer Schnauze gestreckt, während seine Ohren lang herunterhingen. Sogar seine Haut nahm eine andere Farbe an, so daß er wie ein pummeliger Ortolaner aussah.

„Das ist ja toll“, rief er Tash zu, die die entgegengesetzte Richtung eingeschlagen hatte.

Im nächsten Spiegel klappte sein Gesicht nach innen, und seine Haut verdickte sich zu der zähen, ledernen Schwarte eines ihm irgendwie ähnlichen Kitonak.

Zak näherte sich dem benachbarten Spiegel. Das Bild, das er sah, war das eines gutaussehenden Menschen, größer als er selbst, mit glatter dunkler Haut, einem säuberlich gestutzten Schnurrbart und einem forschen Lächeln.

Schon viel besser, dachte Zak und warf sich in eine verwegene Pose.

Aber anstatt seine Körperhaltung zu kopieren, streckte die Spiegelung eine Hand aus und packte ihn bei der Schulter.