Folge 6
Die Meltium-Krise


"Ich habe Ihren Bericht über die jüngsten Spannungen in der Meltium-Union gründlich studiert, Mister Hamblin", sprach Roseanne Dupont, die erst seit sechs Wochen neu gewählte Präsidentin der Terranischen Föderation, "Aber warum befasst sich der Geheimdienst damit? Schließlich sind die Unabhängigkeitsbestrebungen auf RANED VII nichts Neues. Der letzte Aufstand gegen die Unions-Administration liegt erst zwei Jahre zurück. Es heißt, dass die Rebellen-Organisation damals völlig zerschlagen wurde."

"Die wichtigsten Rebellenführer konnten damals entkommen", erklärte der Geheimdienstchef, "Sie haben inzwischen ihre Organisation mit Hilfe der ranedischen Priesterschaft neu aufgebaut. Heute sind sie stärker als je zuvor, denn jetzt haben sie mächtige Verbündete gefunden."

"Meinen Sie das rodalische Imperium?" fragte die Präsidentin, "Sie erwähnten in Ihrem Bericht, dass die Rebellen Kontakte zu den Rodalern und sogar zur Khonaza unterhalten."

"So ist es", bestätigte der Lordprotektor, "Außerdem ist RANED VII nur 18 Lichtstunden von der Raumfestung MIDGARD-4 entfernt, die von den Rodalern erst vor fünf Monaten fertiggestellt wurde. Mit dieser Festung können die Rodaler den ganzen Sektor beherrschen. Wir vermuten, dass in den Hangars von MIDGARD-4 die Kampfschiffe der ranedischen Rebellen versteckt werden. Und es gibt genügend Hinweise dafür, dass diese Schiffe mitsamt ihren Bewaffnungen von der Khonaza geliefert wurden."

"Seit wann arbeiten denn die Khonaza-Gangster mit dem rodalischen Imperium zusammen?" wunderte sich die Präsidentin.

"Wir wissen nicht, wann und wie es zu einer solchen Verbindung gekommen ist", sprach Hamblin, "aber wir wissen, dass die Meltium-Union die stärkste Konkurrenz der Khonaza auf wirtschaftlichem Gebiet ist. Im Machtbereich des Meltium konnte die Khonaza bisher kaum nennenswerte Geschäfte tätigen. Letzteres ist allerdings kaum verwunderlich, wenn man bedenkt, dass die Meltium-Union eigentlich nichts anderes als ein riesiger interstellarer Konzern ist, der bestimmt keine unliebsame Konkurrenz in seinem eigenen Gebiet duldet. Eine Schwächung der Meltium-Union kann also nur von Vorteil für die Khonaza sein. Und für die Rodaler bietet sich hier eine günstige Gelegenheit, ihren Machtbereich bis in das Meltium-Gebiet hinein zu erweitern."

"Wie verhält sich das Meltium-Direktorium angesichts dieser Lage?" fragte die Präsidentin.

"Wenn sich die Dinge so wie bisher weiterentwickeln, wird es zu einer militärischen Aktion des Meltium gegen die ranedischen Rebellen kommen", meinte Hamblin, "Aber genau das wird den Rodalern den Vorwand liefern, eigene Streitkräfte nach RANED VII zu entsenden, die den ranedischen Rebellen zu Hilfe kommen sollen. Dann ist eine direkte Konfrontation zwischen der Meltium-Union und dem rodalischen Imperium unausweichlich."

"Was können wir unternehmen, um das zu verhindern?" fragte die Präsidentin.

"Wenn wir militärisch intervenieren, kommt es unweigerlich zu einem neuen interstellaren Krieg zwischen den Kolonien", stellte Hamblin fest, "Also sollten wir zunächst versuchen, das Meltium-Direktorium davon abzuhalten, militärisch gegen die ranedischen Rebellen vorzugehen. Gleichzeitig müssen wir die Raneder soweit beeinflussen, dass sie ihre gefährlichen Verbindungen mit den Rodalern und der Khonaza lösen. Und vielleicht sollten wir auch dafür sorgen, dass die Rodaler ihre Raumfestung aus dem Grenzgebiet zurückziehen."

"Wie wollen Sie das erreichen, Mister Hamblin?" wollte die Präsidentin wissen, "So wie ich Sie kenne, haben Sie sich doch sicherlich schon entsprechende Pläne ausgedacht, nicht wahr?"

"Sonst hätte ich Sie bestimmt nicht um diese Unterredung gebeten", antwortete der Geheimdienstchef schmunzelnd und begann mit seinen Erläuterungen ...

"Wir haben einen neuen Auftrag", sprach Taran Barkas, der auf allen kolonisierten Welten als Exzentriker bekannte Freihändler.

"Worum geht es diesmal?" fragte Tascha Kaneda, die Tamarin-Amazone, die schon seit Jahren seine Pilotin, Geschäftspartnerin und Leibwächterin in einer Person war.

"Es geht um RANED VII, eine Kolonie der Meltium-Union", erklärte Taran, "Dort versuchen Rebellen die Unabhängigkeit vom Meltium zu erzwingen, wobei sie sich allerdings von den Rodalern und von der Khonaza-Organisation helfen lassen. Die Föderation befürchtet, dass es zum Krieg kommt, wenn das Meltium-Direktorium sich entschließt, militärisch gegen die ranedischen Rebellen vorzugehen."

"Das erklärt, warum in den letzten Wochen so viele Tamarin-Kampfschiffe vom Meltium angeworben wurden", überlegte Tascha, "Ich habe gehört, dass auch Kaperschiffe der Randwelten-Nomaden angeheuert wurden."

"Das Meltium bereitet sich offensichtlich auf einen Krieg vor", meinte der Freihändler, "Vermutlich wissen die Generaldirektoren längst, dass die Unabhängigkeitsbewegung von den Rodalern unterstützt wird. Deshalb verstärken sie jetzt ihre eigenen Streitkräfte mit Söldnern."

"Wie wird sich die Föderation verhalten?" fragte Tascha.

"Die will sich natürlich offiziell aus diesem Konflikt heraus halten, um keinen neuen interstellaren Krieg zu provozieren. Man wird allerdings versuchen, die Meltium-Direktoren auf diplomatischem Wege davon abzuhalten, militärisch gegen die ranedischen Rebellen vorzugehen."

"Und was sollen wir dazu beitragen?" wollte die Söldnerin wissen.

"Wir sollen dafür sorgen, dass die Raneder nicht weiter von den Rodalern unterstützt werden. Und vielleicht können wir auch die Geschäfte der Khonaza ein wenig behindern."

"Hast du denn schon eine Idee, wie wir diese Kunststücke vollbringen können?"

"Wir werden dafür sorgen, dass die Raneder und Rodaler einander nicht mehr vertrauen", meinte Taran, "Deshalb werden wir ein paar Zwischenfälle provozieren. Wir bekommen in zwei Tagen ein Kampfraumschiff rodalischer Bauart, mit dem wir ein wenig Unruhe unter den Ranedern stiften werden. Das wird unsere unangenehmste Aufgabe sein, denn es bedeutet, dass wir einige Raneder umbringen müssen.

Außerdem wird das Dezernat-GS einen Khonaza-Attentäter anheuern, der einen hohen ranedischen Priester ermorden soll. Das dürfte das Vertrauen der Raneder zu ihren Verbündeten nachhaltig erschüttern."

Das kleine, aber außergewöhnlich schwer bewaffnete Raumschiff schwebte gut getarnt hinter einem der großen Asteroiden in der äußeren Zone des Raned-Systems und wartete.

An seiner stählernen Außenhülle waren die Hoheitsabzeichen des rodalischen Imperiums zu sehen, doch an Bord dieses Schiffes befanden sich keine Rodaler.

Als seine Ortungssysteme einen von RANED VII kommenden Frachtraumer erfassten, wurden die Triebwerke und die Waffensysteme aktiviert.

Das Schiff entfernte sich aus der Deckung des Asteroiden, nahm Fahrt auf und begann sich dem Frachtraumer auf Kollisionskurs zu nähern ...

Die BACANA hatte gerade zu beschleunigen begonnen, um eine Geschwindigkeit zu erreichen, die es ihr ermöglichte, ihren Interdim-Antrieb zu aktivieren und in den Hyperraumflug überzugehen.

In seinen Frachtcontainern befanden sich einige Tonnen von Ersatzteilen für Fördermaschinen, die nach TERTONA III befördert werden sollten.

Kapitän Haynes war über den kurzfristig erteilten Auftrag nicht sehr erfreut gewesen, denn eigentlich hätte am nächsten Tag sein Urlaub beginnen sollen. Nun jedoch würde er mindestens sechs Tage lang von zu Hause weg sein. Zu allem Überfluss war seine Frau krank geworden und jetzt war niemand da, der sich um die Kinder kümmern konnte. Aber das für RANED VII zuständige Meltium-Direktorat hatte darauf natürlich keine Rücksicht genommen und so blieb Haynes nicht anderes übrig, als den Auftrag auszuführen, denn sonst wäre er mit ziemlicher Sicherheit seinen Job losgeworden. Auf den Planeten der Meltium-Union gab es arbeitslose Raumpiloten in Hülle und Fülle, die nur darauf warteten, seinen Job zu übernehmen, und dieser Umstand wurde von den Direktoren des Meltium weidlich ausgenutzt.

Haynes gehörte zwar nicht direkt der ranedischen Unabhängigkeitsbewegung an, aber er sympathisierte mit diesen Leuten und konnte gut verstehen, dass sie es nicht länger hinnehmen wollten, von der Meltium-Union ausgebeutet zu werden.

Einige seiner besten Freunde gehörten zu den Rebellen und er selbst hatte schon manches Mal mit dem Gedanken gespielt, sich ihrer Organisation anzuschließen. Aber er hatte sich dann doch noch nicht dazu entschließen können, weil er seine Familie nicht in Gefahr bringen wollte.

Plötzlich gab die Ortungsanlage Alarm.

Auf dem Hauptbildschirm war ein kleines Raumschiff zu sehen, das direkt auf ihn zu raste.

("Die müssen wahnsinnig sein"), dachte Haynes, als er den fremden Raumer heranrasen sah, ("Wollen die denn mit uns zusammenkrachen?")

"Santez", wandte er sich an seinen Co-Piloten, "Funken Sie diese Schwachköpfe an und fordern Sie sie auf, den Kurs zu ändern, bevor es zur Kollision kommt. Und stellen Sie ihr Kennsignal fest."

Haynes verringerte jetzt die Schubkraft seiner Beschleunigungstriebwerke und versuchte den schwerfälligen Frachter in eine Ausweichkurve zu zwingen, was allerdings kein leichtes Unterfangen war, denn die großen Frachtraumschiffe waren für solche Flugmanöver nicht konstruiert worden.

"Das Schiff antwortet nicht", sprach der Co-Pilot, "Aber seine Energiewerfer sind voll aufgeladen und feuerbereit. Das ist ein Angriff!"

"Haben Sie sein Kennsignal?" wollte Haynes wissen.

"Ja", antwortete Santez, "Das ist ein Kampfschiff der Rodaler!"

"Senden Sie einen Notruf an die Heimatbasis!" befahl der Kapitän, "Geben Sie durch, das wir von einem rodalischen Kampfschiff angegriffen werden!"

Das fremde Schiff änderte jetzt seine Flugbahn und umflog das Frachtschiff in einer lang gestreckten Kurve, um sich dann wieder von hinten zu nähern.

Als der Notruf gesendet wurde, begann das Kampfschiff zu feuern. Eine Salve von Energieladungen traf die Triebwerke des Frachtschiffes und ließ sie explodieren.

"Nein!" schrie Kapitän Haynes entsetzt auf, als er das Aufblitzen der Energiewaffen an dem anderen Raumschiff erkannte. Dann brach sein Schiff auseinander.

("Lara!") waren seine letzten Gedanken, ("Was wird jetzt aus dir und den Kindern?")

Im nächsten Augenblick platzte die Kommandozentrale auf und der Druck der entweichenden Luft schleuderte ihn in das Vakuum des Weltraums hinaus ...


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Allgemeine Informationsdatei 0207-IS-2177-MU-01;
Abteilung Interstellare Staatssysteme;
Begriff: " MELTIUM-UNION "


Im Juli 2177 wurde vom Senat der terranischen Föderation ein privatwirtschaftliches Kolonisierungs-Projekt genehmigt, an dem sich die wichtigsten Konzerne der Erde beteiligten.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatten sämtliche derartigen Projekte ausschließlich unter staatlicher Kontrolle gestanden.

In den Jahren 2178 bis 2186 wurde das größte Fernraumschiff gebaut, das jemals von Menschen konstruiert worden war. Der Name dieses gigantischen Schiffes war MAYFLOWER II, und es verfügte über sämtliche Ausrüstungen und Gerätschaften, die für die Erschließung und Kolonisierung von lebensfreundlichen Planeten notwendig waren.

Eigens für dieses Projekt war eine Gesellschaft gegründet worden, die als "Meltium-Union" bezeichnet wurde und schon kurze Zeit später zu einem eigenständigen Unternehmen mit Gewinnausschüttung avancierte.

In den folgenden Jahrzehnten wurden elf Sonnensysteme mit neun erdähnlichen Planeten in den Sternbildern Lyra, Cygnus und Lacerta erschlossen und teilweise kolonisiert.

Dazu kam die Einrichtung von Bergwerken und Förderanlagen auf verschiedenen anderen Monden und Planeten, die für Menschen nicht bewohnbar waren und daher ausschließlich zur Gewinnung von Rohstoffen verwendet werden konnten.

Nach geltendem Recht waren diese Planeten jetzt privates Eigentum der Meltium-Union, obwohl sie noch immer dem Hoheitsrecht der Terranischen Föderation unterstanden.

Im Jahre 2239 verlegte das Direktorium der Meltium-Union ihren Firmensitz nach MELTIUM-ALPHA, den Zentralplaneten der firmeneigenen Kolonien, und konstituierte dort ein eigenes Staatssystem für die Meltium-Planeten. Im gleichen Jahr erklärte die Meltium-Union ihre politische Unabhängigkeit von der Terranischen Föderation und forderte ihre Angestellten und Arbeiter auf, ihre terranische Staatsbürgerschaft abzulegen. Die meisten der Meltium-Bediensteten kamen dieser Aufforderung nach und unterstanden damit nicht mehr dem terranischen Hoheitsrecht.

Aufgrund der engen wirtschaftlichen Verflechtungen mit den einstigen Muttergesellschaften auf der Erde unterhält die Meltium-Union jedoch auch weiterhin rege Handelsbeziehungen zu den Welten der Terranischen Föderation ...

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Igor Tupolew, seines Zeichens Sonderbotschafter der Terranischen Föderation, war alles andere als erfreut über die Mission, mit der ihn Präsidentin Dupont beauftragt hatte.

Er hatte schon früher mit Direktoren der Meltium-Union verhandeln müssen und wusste genau, dass es sich um eiskalte Geschäftsleute handelte, die nicht die geringsten Skrupel kannten. Es würde sehr schwer sein, diese Leute von einer Aktion gegen die Rebellen auf RANED VII abzuhalten.

Seine ersten Gespräche mit Generaldirektor Olsen, dem obersten Chef der Meltium-Union, schienen seine Befürchtungen zu bestätigen, denn dieser hatte ihm klar zu verstehen gegeben, dass das Meltium-Direktorium keine weiteren Aktionen der ranedischen Rebellen hinnehmen würde.

"Sie sollten wissen, Mister Tupolew", sprach der Generaldirektor während der jetzigen Unterredung, "dass bereits die ersten Kampfeinheiten des Meltium auf dem Wege zum Raned-System sind."

"Ist Ihnen bewusst, dass Sie damit einen offenen Konflikt mit dem rodalischen Imperium provozieren?" fragte ihn Tupolew, "Die Rodaler warten doch nur auf einen Grund, um in den Raned-Konflikt eingreifen zu können. Es kann nicht im Interesse der Meltium-Union sein, einen neuen interstellaren Krieg heraufzubeschwören."

"Und wie würde sich die Föderation im Falle einer militärischen Auseinandersetzung zwischen uns und den Rodalern verhalten?" wollte der Generaldirektor wissen.

"Die Föderation wird sich auf keinen Fall in einen solchen Konflikt hineinziehen lassen", antwortete der Sonderbotschafter.

"Vielleicht wird der Föderation gar nichts anderes übrig bleiben, als eindeutig Stellung zu beziehen", sprach der Generaldirektor, "Vor allem dann, wenn wir uns entschließen, unsere Handelsniederlassungen auf den Föderationsplaneten für eine gewisse Zeit zu schließen. Ihnen dürfte klar sein, welche unangenehmen wirtschaftlichen Konsequenzen sich daraus für die Föderation ergeben."

"Wollen Sie die Föderation zwingen, für Ihre Seite Partei zu ergreifen, wenn es zum Krieg mit den Rodalern kommt?"

"Ich hoffe, dass es nicht notwendig sein wird, solche Maßnahmen zu ergreifen", meinte der Generaldirektor, "aber Sie dürfen sicher sein, dass die Meltium-Union keine Skrupel haben wird, alle Mittel zu nutzen, die ihr zur Verfügung stehen."

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Allgemeine Informationsdatei 7243-IVO-2177-KHO-03;
Abteilung Interstellare Verbrecher-Organisationen;
Begriff: "KHONAZA"


Gegen Ende des 21.Jahrhunderts kam es zu einem Zusammenschluss mehrerer großer Verbrecher-Organisationen, an der die italo-amerikanische Mafia, die chinesischen Triaden, die japanische Yakuza, die russische Mafia und südamerikanische Drogenkartelle beteiligt waren. Die auf diese Weise neu entstandene Organisation wurde von den Behörden zunächst gar nicht registriert. So gelang es der "Khonaza", wie diese neue Organisation genannt wurde, ihren Einfluss auch auf die Kolonien in weit entfernten Sonnensystemen auszuweiten und dort ihre Position zu festigen, bevor die Polizeibehörden der Föderation etwas dagegen unternehmen konnten.

Heute verfügt die Khonaza über eigene Stützpunkte auf geheimen, nicht registrierten Planeten, auf denen sie sogar eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Raumschiffen verschiedenster Art und Größe stationiert hat.

Die Geschäfte der Khonaza unterscheiden sich nicht im geringsten von denen ihrer Vorgänger und decken damit das gesamte kriminelle Spektrum wie Drogen- und Waffenhandel, Menschenhandel, Prostitution, Raub, Diebstahl, Falschmünzerei und Betrug ab. Allerdings versucht die Khonaza seit Beginn ihrer Existenz auch auf die Politik der verschiedenen Weltraumstaaten Einfluss zu nehmen, um die eigene Machtposition im gesamten von Menschen bewohnten Teil der Galaxie zu festigen. Das beste Beispiel für derartige Aktivitäten waren ihre umfangreichen Waffenlieferungen an das rodalische Imperium und dessen Verbündete im ersten interstellaren Krieg. Heute profitieren vor allem terroristische Untergrundorganisationen und Raumpiraten wie die Randwelten-Nomaden oder Söldner-Gemeinschaften wie die Tamarin-Amazonen von den Waffenlieferungen der Khonaza ...

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Kerman Hadiz wusste nicht, von wem er den Auftrag erhalten hatte, und es war ihm auch ziemlich gleichgültig. In seiner Branche war es nicht üblich, seine Auftraggeber zu kennen. Wichtig war nur, dass sie ihren Zahlungsverpflichtungen pünktlich nachkamen.

Kerman Hadiz war ein professioneller Killer, der zwar der Khonaza angehörte, jedoch in vielen Fällen auch auf eigene Rechnung arbeitete.

Natürlich wurden seine "Dienste" hauptsächlich von der Khonaza in Anspruch genommen, und da er deren Aufträge bislang immer erfolgreich erledigt hatte, stand er auch unter dem Schutz dieser Organisation.

Kerman Hadiz nahm an, dass auch seine jetziger Job von der Khonaza in Auftrag gegeben worden war, obwohl er sich zunächst fragte, welches Interesse die Khonaza am Tod eines ranedischen Priesters haben konnte.

Während des Fluges nach RANED VII hatte er Zeit und Muße, sich die Unterlagen über das Zielobjekt näher anzusehen.

Offenbar war der Priester so etwas wie ein Moral-Apostel, der sich großer Beliebtheit unter der ranedischen Bevölkerung erfreute und deshalb der Khonaza wohl zu unbequem geworden war.

Da Hadiz ohnehin keine Sympathien für Kleriker hegte, würde ihm die Beseitigung dieses Störfaktors nicht allzu schwer fallen ...

"Wieso greift ein rodalisches Kampfschiff einen ranedischen Frachter an, dessen Kapitän und deren Besatzung zu unseren Sympathisanten gehören?" fragte Toger Mikad, der Anführer der ranedischen Rebellen während eines Geheimtreffens mit dem rodalischen Verbindungsoffizier auf RANED VII, "Haben Sie dafür irgendeine plausible Erklärung, Mister Dorain?"

"Ich kann Ihnen versichern, dass wir nichts damit zu tun haben", antwortete Rimon Dorain, "In den letzten Monaten hat sich keines unserer Schiffe in diesem Sektor aufgehalten. Die BACANA wurde auf keinen Fall von einem rodalischen Schiff zerstört. Es muss sich um ein Täuschungsmanöver gehandelt haben."

"Warum sollte jemand einen Frachter angreifen, der keinerlei militärisch verwendbare Güter an Bord hatte?" wollte Toger Mikad wissen.

"Irgendjemand versucht unser Bündnis zu torpedieren. Dahinter kann nur das Meltium-Direktorat stecken."

"Die Meltium-Direktoren sind doch viel zu sehr an ihrem Profit interessiert, als dass sie ihre eigenen Schiffe und deren wertvolle Fracht vernichten würden", hielt der Rebellenführer dagegen, "Ich glaube nicht, dass die Meltium-Union für diesen Angriff verantwortlich ist. Sie sollten besser noch einmal genauestens überprüfen, ob nicht doch einer Ihrer Fernaufklärer dafür verantwortlich ist. Vielleicht war einfach nur einer Ihrer Piloten ein wenig voreilig."

"Ich gebe Ihnen mein Wort darauf, dass in diesem Sektor keine rodalischen Einheiten operieren", beteuerte der Verbindungsoffizier.

"Hören Sie auf, mich zu belügen!" empörte sich Mikad verärgert, "Wir wissen genau, dass Dutzende von rodalischen Aufklärungseinheiten in der Nähe des Raned-Systems operieren und in ständigem Kontakt mit Ihrer Raumfestung stehen. Im Grunde genommen haben wir auch nichts dagegen, dass die Meltium-Union durch den Verlust von Frachtschiffen wirtschaftlich geschädigt wird. Aber wir können es nicht hinnehmen, dass dabei unsere Freunde getötet werden. Sorgen Sie also dafür, dass Ihre Kampfschiffe solche Aktionen zukünftig unterlassen, wenn sie nicht vorher mit uns abgesprochen wurden."

Tamal Kiroyd lehnte sich an einen der verzierten Pfeiler und beobachtete aus halbgeschlossenen Augen die Geschehnisse in der Halle.

Eine Seite der Halle bestand aus einem großen Fenster, durch dessen Scheiben man den Strand und die fast unbewegliche Oberfläche des großen Tadai-Binnenmeeres sehen konnte, dem einzigen Meer, das es auf RANED IV gab.

Über hundert Frauen und Männer, die meisten davon Bedienstete des nahegelegenen Raumflughafens, saßen auf den langen Bänken in der Halle und hörten dem Priester vom "Orden der Wiedergeburt" zu, der mit eindringlichen Worten zu ihnen sprach.

Der Name des Priesters war Roman Heranes und er gehörte zu denen in den Reihen der Priesterschaft, die den ranedischen Widerstand gegen die Meltium-Union unterstützten.

Natürlich tat er dies nicht öffentlich, und auch bei dieser Predigt verlor er kein Wort über die Meltium-Direktoren.

Kiroyd hatte schon drei Meltium-Agenten unter den Zuhörern entdeckt, die nur darauf lauerten, dass ein Priester öffentlich gegen das Meltium predigte. Denn dann gäbe es für das hiesige Direktorium einen Grund, die gesamte ranedische Priesterschaft zu verhaften.

Deshalb war Tamal Kiroyd hier, denn seine Aufgabe war es, dem Priester im Falle einer drohenden Verhaftung beizustehen und zur Flucht zu verhelfen. Toger Mikad, der Anführer der ranedischen Untergrundorganisation, hatte ihn persönlich mit dieser Aufgabe betraut.


Niemand hatte jedoch mit dem gerechnet, was jetzt ohne jede Vorwarnung geschah.

Ein Blitz zuckte draußen auf und schmetterte ein Loch die riesige Plexiglas-Scheibe. Große Splitter stürzten klirrend auf den Steinboden. An ihren rot glühenden Rändern war zu erkennen, dass hier mit einer Hochenergiewaffe geschossen worden war.

Kiroyd sah, wie die Meltium-Agenten aufsprangen und die Waffen aus den Holstern unter ihren Jacken rissen.

"Runter!" brüllte einer von ihnen, "Alles in Deckung!"

Die anderen beiden richteten ihre Waffen in die Gegend, in der jetzt gerade der zweite Blitz aufflammte. Eine grelle Energiebahn heulte durch das ausgezackte Loch in der Fensterscheibe, schmetterte quer durch die Halle und traf den schreckerstarrten Priester, der ihm nächsten Augenblick als verkohlte Leiche zu Boden stürzte.

Kiroyd war wie die anderen in Deckung gegangen und tastete nach dem Handlaser, der unter seinem Overall versteckt war, aber er zögerte, in das Geschehen einzugreifen, denn er wusste, dass ihn die Waffe sofort als Rebellen entlarven würde.

Jetzt hatten die Agenten die Position des Attentäters ausgemacht und begannen mit ihren Handblastern zu feuern.

Draußen auf dem Strand loderte etwas von undefinierbarer Form auf. Aber dann brüllte der nächste Schuss auf und zerfetzte die Brust eines der drei Meltium-Agenten.

Jetzt zog einer der beiden noch lebenden Agenten drei Gegenstände unter seiner Jacke hervor und begann sie mit abgezirkelten, routinierten Bewegungen zusammenzusetzen.

Kiroyd sah, dass es sich um einen Automatik-Energiewerfer handelte, der über eine weitaus höhere Feuerkraft verfügte als ein Handstrahler.

Der Agent legte die zusammengesetzte Waffe an, zielte mit grimmigem Gesichtsausdruck und zog den Abzug durch.

Zwanzigmal hintereinander heulte die Waffe in blitzschneller Reihenfolge auf; zwanzig grell strahlende Feuerzungen fegten aus dem Lauf, fetzten ein weiteres Loch in das Plexiglas und trafen exakt ihr Ziel.

Mikad sah draußen abermals etwas aufglühen, dann stürzte eine Gestalt in den Sand und blieb reglos liegen.

Die beiden überlebenden Agenten rannten hinaus, gefolgt von Kiroyd und einigen anderen.

Die Leiche des Attentäters war zur Hälfte verkohlt, aber Kiroyd konnte trotzdem deutlich die Khonaza-Tätowierung am rechten Unterarm des Toten erkennen ...

Hauptintendant Sigurd Pagendar, der Befehlshaber der 3.Rodalischen Reichsflotte, hatte niemals zuvor Raumschiffe der Nardim zu Gesicht bekommen. Aus diesem Grunde war es auch nicht verwunderlich, dass er die einundzwanzig Dreikugelschiffe, welche direkt vor seiner Flotte aufgetaucht waren, irrtümlich für einen Verband von Söldner-Kampfschiffen der Meltium-Union hielt.

Die Flotte war auf dem Wege zur Raumfestung MIDGARD-4 und hatte gerade ihren Hyperraumflug unterbrochen. Es war zwar möglich, mit Hilfe der überlichtschnellen Interdim-Triebwerke gewaltige Entfernungen praktisch in "Nullzeit" zurückzulegen, indem die Raum-Zeit-Krümmung des "Normalraumes" einfach "durchtunnelt" wurde, aber da Raum-Zeit-Krümmungen nicht überall gleich waren und sich zudem ständig veränderten, konnten längere Reisen im interstellaren Weltraum nur in mehreren Etappen zurückgelegt werden. Deshalb mussten Hyperraumflüge immer wieder unterbrochen werden, um die gravitationellen Kräfte und die dadurch resultierende Krümmung des noch vor dem Ziel liegenden "Normalraumes" zu ermitteln, um so die genauen Daten einer weiteren interdimensionalen Flugstrecke genau berechnen zu können. Erst dann konnte die nächste Etappe der Reise zurückgelegt werden.

Bei einer solchen Flugunterbrechung war die 3.Flotte des rodalischen Imperiums auf die fremden Dreikugel-Schiffe gestoßen, deren Bauweise den Rodalern völlig unbekannt war.

Als die fremden Schiffe angesichts der rodalischen Flotte abdrehten und auf Fluchtkurs gingen, ließ Hauptintendant Pagendar das Feuer eröffnen.

Nur wenige Minuten später wurden achtzehn der fremden Raumschiffe von gewaltigen Explosionen in Stücke gerissen, aber die übrig gebliebenen Dreikugelschiffe konnten entkommen.

Hauptintendant Pagendar konnte zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen, dass er einen Krieg angezettelt hatte, der das rodalische Imperium mit einem Feind konfrontierte, welcher weitaus mächtiger und gefährlicher war als die Meltium-Union ...

Taran Barkas drückte auf den Abschussknopf für die Raumtorpedos.

Sekunden später rasten die fast lichtschnellen Fernlenkgeschosse durch die Schwärze des Alls. Ihr Ziel waren vier rodalische Fernaufklärer, die nahe des Raned-Sonnensystems patrouillierten.

Da das kleine Kampfschiff von Taran Barkas ebenfalls von rodalischer Bauart war und zudem ein gefälschtes Kennsignal der imperialen Flotte sendete, glaubten die Rodaler eines ihrer eigenen Schiffe vor sich zu haben und waren deshalb nicht auf die Möglichkeit eines Angriffes vorbereitet.

Aber Taran Barkas hatte gar nicht vor, die rodalischen Raumschiffe zu vernichten.

Als die Torpedos ihr Ziel fast schon erreicht hatten, ließ er die Geschosse per Fernzündung verfrüht explodieren.

"Jetzt aber nichts wie weg!" rief er seiner Pilotin zu.

Tascha Kaneda ließ den Raumer in einer engen Kurve abdrehen, beschleunigte und nahm direkten Kurs auf das Raned-Sonnensystem, von sie "nur" 3,27 Lichtminuten entfernt waren.

Auf den Heckbildschirmen konnte sie sehen, wie die vier rodalischen Raumschiffe die Verfolgung aufnahmen.

Bei einer Geschwindigkeit von etwa 30.000 Kilometer pro Sekunde brauchte das falsche rodalische Schiff eine knappe halbe Stunde, bis es die Umlaufbahn des äußersten Raned-Planeten erreichte.

Zur gleichen Zeit trafen drei Frachtschiffe im Raned-System ein, die wichtige Versorgungsgüter für die Bevölkerung auf RANED VII transportierten.

Wegen der vergangenen Überfälle wurden die Frachter von einem Raumkreuzer der Meltium-Union begleitet, der die schwerfälligen und kaum bewaffneten Frachter beschützen sollte.

Genau diese Raumschiffe waren das Ziel der beiden Föderations-Agenten.

Taran Barkas eröffnete ohne Vorwarnung das Feuer auf das erste Frachtschiff und zerstörte dessen Triebwerke mit einer einzigen Energiesalve, bevor der Begleitkreuzer dies verhindern konnte.

Währenddessen näherten sich hinter ihnen mit hoher Geschwindigkeit die Verfolgerschiffe, die der Kommandant des Meltium-Kreuzers für weitere Angreifer halten musste.

Da Taran Barkas und Tascha Kaneda ein scheinbar rodalisches Kampfschiff mit gefälschter Kennung benutzten, konnte der Kreuzerkommandant sie nicht von ihren Verfolgern unterscheiden.

Er ließ das Feuer auf die näherkommenden rodalischen Verfolgerschiffe eröffnen, während sich das Schiff der beiden terranischen Agenten eiligst vom Schauplatz des Geschehens entfernte.

Taran Barkas hatte erreicht, was er wollte:

Im Raned-Sonnensystem tobte jetzt ein Gefecht zwischen einem Meltium-Kreuzer und Einheiten des rodalischen Imperiums, die scheinbar versucht hatten, ranedische Versorgungsschiffe zu vernichten.


Dringende Meldung der Raumstation TRS-39
an das Oberkommando der terranischen Raumgarde:


"Die Raumaufklärungssatelliten RAS-39.34, RAS-39.36, RAS-39.38 und RAS-39.39 haben im Raumgebiet des rodalischen Imperiums ungewöhnlich hohe Energieentladungen festgestellt, die nicht auf natürliche astrophysikalische Ursachen zurückgeführt werden können. Außerdem wurde eine starke Zunahme von Bewegungen größerer Raumschiffsverbände registriert. Es ist davon auszugehen, dass die Rodaler gegen Angreifer kämpfen, die in ihr Territorium eingedrungen sind. Bisher konnte jedoch nicht festgestellt werden, ob es sich bei den Angreifern um Kampfverbände der Meltium-Union handelt.


Nachsatz:
Die Verbindung zum Raumaufklärungssatelliten RAS-39.37 ist abgebrochen.
Der Satellit wurde vermutlich durch Fremdeinwirkung zerstört."


gez. Oberst Ho-Min-Kham,
Kommandant der Raumstation TRS-39.
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Als Zenturio Dorain aus den lokalen Nachrichten von der Raumschlacht im Raned-System erfuhr, wusste er, dass sein Leben keinen Pfifferling mehr wert war, wenn er noch länger auf RANED VII blieb.

Rodalische Raumaufklärer waren in ein Gefecht mit einem Meltium-Kreuzer verwickelt worden, der ranedische Frachter verteidigt hatte, wobei einer der Frachter vernichtet worden war.

Dorain wusste, dass ihm die ranedischen Rebellen seit dem Überfall auf die BACANA nicht mehr vertrauten. Sie würden ihm nicht glauben, dass es sich um einen Zwischenfall handelte, der von dritter Seite her provoziert worden war.

Erschwerend kam hinzu, dass die Frachter ausschließlich ranedische Besatzungen gehabt hatten und ihre Ladung aus wichtigen Versorgungsgütern für die Bevölkerung von RANED VII bestanden hatte.

Der Angriff hatte also nicht dem Meltium-Direktorat, sondern der ranedischen Bevölkerung geschadet.

Zenturio Dorain wusste, dass die Rebellen sich dafür an ihm rächen würden.

Und darum wurde es für ihn allerhöchste Zeit, den Planeten so schnell wie möglich zu verlassen.

"Unsere Aufklärer haben gemeldet, dass Raumstreitkräfte der Meltium-Union im Raned-System eingetroffen und dort in Warteposition gegangen sind," sprach Großadmiral Kamarow, der Chef der terranischen Raumaufklärungsverbände, "Auf RANED VII sind bereits starke Raumlandetruppen gelandet, die jetzt den ganzen Planeten kontrollieren und auf der Suche nach den Rebellen alles auf den Kopf stellen. Es gibt jedoch keinerlei Hinweise, dass Einheiten des Meltium in das Gebiet der Rodaler eingedrungen sind."

"Aber gegen welchen Feind kämpfen die Rodaler dann?" fragte Lordadmiral Hawkstone, der Oberkommandierende der terranischen Raumgarde.

"Wir vermuten, dass es die Nardim sind, mit denen sich die Rodaler diese schweren Kämpfe liefern", antwortete Kamarow.

"Warum sollten diese Gestaltwandler das Gebiet der Rodaler in derart massiver Art und Weise angreifen?"

"Irgendwie müssen die Rodaler diese Angriffe provoziert haben", meinte Kamarow, "Oder sie sind auf irgendeine Weise zu einer direkten Bedrohung für die Rodaler geworden."


Der Oberkommandierende wandte sich an Jeffrey Hamblin, den ebenfalls anwesenden Geheimdienst-Chef.

"Sollen wir die Präsidentin schon darüber informieren?"

"Ich weiß nicht, ob das ratsam wäre", sprach Hamblin bedächtig, "Die Präsidentin ist in diesem Fall verpflichtet, den Senat darüber entscheiden zu lassen, ob die Föderation den Rodalern helfen soll. Ich befürchte, dass der Senat wahrscheinlich mit Mehrheit eine militärische Intervention verlangen wird, weil die Rodaler schließlich zur menschlichen Gattung gehören. Wenn das geschieht, muss die Raumgarde diesem Rassisten-Regime gegen die Nardim beistehen, ob sie will oder nicht.

Aber das rodalische Reich hat seit seinem Entstehen immer wieder gegen uns agiert und versucht, die Kolonien der Menschheit unter seine diktatorische Kontrolle zu bringen. Ich bin der Meinung, dass die Rodaler schlimmere Feinde sind als die Nardim."

"Wir könnten diese Pest jetzt endlich loswerden", stimmte ihm Kamarow zu, "Wenn die Nardim die rodalischen Planeten zerstören, erweisen sie uns damit einen großen Dienst."

"Außerdem gibt uns dieser Krieg die einmalige Gelegenheit, möglichst viel über die Technologie und die Stärke der Nardim zu erfahren", fügte Hamblin hinzu.

"Aber wir können das nicht lange geheim halten", wandte Hawkstone ein, "Und außerdem grenzt das, was Sie mir da vorschlagen, fast schon an Hochverrat."

"Ich verlange ja nicht, diese Vorgänge vor der Präsidentin und dem Senat geheim zu halten", meinte Hamblin beschwichtigend, "aber es könnte nicht schaden, die Informationen für eine Weile zurückzuhalten und dann stückchenweise weiterzugeben. Damit verschaffen wir uns Zeit."

"Und wie sollen wir verhindern, dass auch andere Stellen von den Vorgängen im Sternhaufen M-57 erfahren?" fragte Hawkstone.

"Wir könnten zunächst einfach behaupten, dass von der Meltium-Union angeworbene Söldner-Streitkräfte die rodalischen Kolonien angreifen", schlug Hamblin vor, "Später können wir immer noch sagen, dass dies ein bedauerlicher Irrtum war. Aber dann ist der Kampf zwischen Rodalern und Nardim vielleicht schon entschieden."

"Das ist ein verdammt gefährliches Unterfangen", murmelte der Lordadmiral, "Wenn die Oberste Raumbehörde davon etwas mitbekommt, wird man uns vor Gericht stellen."

"Dann müssen wir eben dafür sorgen, dass die ORB nichts davon erfährt", meinte der Geheimdienstchef lakonisch.

Toger Mikad und seine engsten Gefolgsleute wurden bereits eine Woche nach dem Eintreffen der Meltium-Landetruppen in ihrem geheimen Hauptquartier aufgespürt.

Als man sie verhaften wollte, kam es zu einem fast zweistündigen Feuergefecht, in dessen Verlauf Toger Mikad und fast alle seine Leute getötet wurden.

Auch die in den unbesiedelten Gebieten des Planeten versteckten Stützpunkte der Rebellen wurden nach und nach aufgespürt.

Da die Unabhängigkeitskämpfer auf keine Hilfe von den Rodalern mehr hoffen konnten, leisteten sie nur noch in wenigen Fällen Widerstand.

Die Unabhängigkeitsbewegung von RANED VII war ein weiteres Mal zerschlagen worden.


Das Meltium-Direktorat stellte RANED VII unter Kriegsrecht und ordnete eine Zwangsumsiedlung der gesamten ranedischen Bevölkerung auf andere Planeten an, um auf diese Weise weitere Unabhängigkeitsbestrebungen zu unterbinden.

Die rund 2,5 Millionen auf RANED VII lebenden Menschen wurden rücksichtslos gezwungen, ihre Heimat zu verlassen.

Als die schweren Raumkämpfe zwischen Rodalern und den Nardim auch nach drei Monaten kein Ende nahmen und nicht mehr länger geheim gehalten werden konnten, blieb dem Oberkommando der terranischen Raumgarde nichts anderes übrig, als die Regierung und den Senat der Föderation über die Vorgänge im Gebiet des rodalischen Imperiums zu informieren.

Wie es Lordprotektor Jeffrey Hamblin vorausgesehen hatte, kam es im Senat zu einer hitzigen Debatte mit anschließender Abstimmung über eine Intervention durch die Raumstreitkräfte der Föderation.

72% der Senatsmitglieder sprachen sich dafür aus, den Rodalern die Hilfe der terranischen Föderation anzubieten.

Überraschenderweise lehnte der rodalische Diktator Sorman Kadar das terranische Hilfsangebot jedoch kategorisch ab und ließ der Föderations-Regierung mitteilen, dass das rodalische Imperium stark genug sei, allein mit der Bedrohung aus dem galaktischen Sagittarius-Spiralarm fertig zu werden und auf die fragwürdige Hilfe einer verweichlichten Mischrassen-Nation verzichten könne.

"Meine Herren, ich bin davon überzeugt, dass Sie Ihre Informationen über die Kämpfe im Gebiet der Rodaler absichtlich zurückgehalten haben", sprach Roseanne Dupont, "Ich weiß, dass Sie damit die Abstimmung des Senats so lange wie möglich hinauszögern wollten. Sie können sich glücklich schätzen, dass die Rodaler unser Hilfsangebot auf so unverschämt Weise abgelehnt haben, sonst ständen Sie jetzt wegen Verstoßes gegen unsere Verfassung vor Gericht. Haben Sie mir dazu etwas zu sagen?"

"Es ist unsere Aufgabe, die Welten der Föderation zu schützen und vor Schaden zu bewahren", verteidigte sich Lordadmiral Hawkstone, "Genau das haben wir getan, als wir die Föderation davor bewahren wollten, in einen Krieg hineingezogen zu werden, der unzählige Opfer fordern würde."

"Das ist zwar ein lobenswerter Vorsatz", meinte die Präsidentin, "aber Ihre Handlungsweise war dennoch verfassungswidrig. Weder die Raumgarde noch der Geheimdienst haben das Recht, politische Entscheidungen zu treffen, die ausschließlich der Regierung oder dem Parlament vorbehalten sind. So etwas darf nicht noch einmal passieren - zumindest nicht während meiner Amtszeit.

Und nun erläutern Sie mir bitte, was im Gebiet der Rodaler eigentlich vorgeht."

"Wir wissen eigentlich nur relativ wenig", sprach Jeffrey Hamblin, "Unsere Spione berichten, dass es ein zufälliges Zusammentreffen von Rodalern und Nardim gegeben hat, das zu einem Gefecht geführt hat. Erst danach kam es zu den massiven Angriffen auf die rodalischen Siedlungsplaneten. Die Rodaler haben zwei Kolonien verloren, aber sie scheinen den Nardim noch gewachsen zu sein, denn die meisten Attacken konnten abgewehrt werden.

Unsere Scoutschiffe haben zahlreiche Aufzeichnungen von den Kämpfen machen können, die zur Zeit noch ausgewertet werden. Wir könnten damit einiges über die Technologie und die militärische Stärke der Nardim erfahren. Leider ist es weder uns noch den Rodalern bisher gelungen, ein Nardim-Schiff in die Hände zu bekommen.

Auf jeden Fall werden unsere Agenten und die Scoutschiffe der Raumaufklärungsverbände weiterhin die Vorgänge beobachten. Vielleicht finden wir doch noch heraus, warum die Nardim die rodalischen Kolonien so hart angreifen."

"Gibt es dafür irgendeine plausible Erklärung?" wollte die Präsidentin wissen.

"Bisher nicht", meinte Hawkstone, "Wir vermuten, dass irgendetwas im Sternhaufen M-57 so ungeheuer wichtig für die Nardim sein muss, dass selbst die stärkste Abwehr sie nicht von ihren Angriffen abhalten kann. Als die Nardim uns damals angegriffen haben, zogen sie sich sofort zurück, als sie auf starken Widerstand stießen. Aber die rodalischen Planeten werden weiter attackiert, obwohl sie von starken Raumstreitkräften verteidigt werden. Dafür muss es triftige Gründe geben."

"Dann setzen Sie alles daran, diese Gründe herauszufinden", sprach die Präsidentin, "Aber nun sagen Sie mir, wie sich die Lage in der Meltium-Union entwickelt hat."

"Das Meltium-Direktorat hat RANED VII mit konzerneigenen Sicherheitskräften besetzt", erklärte Jeffrey Hamblin, "und eine Zwangsumsiedlung der gesamten ranedischen Bevölkerung auf andere Planeten eingeleitet. Fast alle aktiven Mitglieder der Unabhängigkeitsbewegung wurden verhaftet oder getötet. Auf RANED VII wird es in Zukunft keine Auflehnung gegen das Meltium-Direktorat mehr geben."

"Wenn die Nardim das rodalische Imperium nicht angegriffen hätten", meinte Hawkstone, "dann wäre es höchstwahrscheinlich zu einem Krieg zwischen den Kolonien gekommen, in den auch die Föderation hineingezogen worden wäre. Auch wenn es uns gelungen wäre, das Vertrauen der Raneder zu ihren Verbündeten völlig zu zerstören, hätten die Rodaler mit Sicherheit eingegriffen, als die Meltium-Flotte im Raned-System eintraf. So aber waren die Raneder völlig allein und hatten gegen die Übermacht des Meltium keine Chance.

Eigentlich müssten wir den Nardim dankbar sein, denn sie haben einen Krieg zwischen den Kolonien verhindert und zugleich dafür gesorgt, dass wir in nächster Zukunft keinen Ärger mehr mit den Rodalern mehr haben werden. Wenn ich könnte, würde ich mich persönlich bei den Nardim bedanken."

Am 27.August 2305 überbrachte Sonderbotschafter Igor Tupolew dem Meltium-Direktorat eine Resolution des Senats der Terranischen Föderation.

In dieser Resolution wurde die Zwangsumsiedlung der ranedischen Bevölkerung als schwere Verletzung der Menschenrechte angeprangert.

Zugleich wurde der ranedischen Bevölkerung politisches Asyl und die Wiederaufnahme als Staatsbürger der terranischen Föderation angeboten.

Das Meltium-Direktorat wurde ultimativ aufgefordert, die Angehörigen der ranedischen Bevölkerung, welche dieses Angebot in Anspruch nehmen wollten, ohne jegliche Einschränkung ausreisen zu lassen.

Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, wurden sämtliche Handelsniederlassungen der Meltium-Union auf den Föderationsplaneten beschlagnahmt.


Am 11.September 2305 erklärte sich das Meltium-Direktorat bereit, diese Forderungen zu erfüllen und versprach, den ausreisewilligen ranedischen Bürgern Transportraumschiffe zur Verfügung zu stellen, die sie zu den Föderationsplaneten ihrer Wahl bringen sollten.

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