Raumstation
TRS-34
an den
Föderationsaußenposten auf Darion
III:
"Am 12.2.2298 um 19:12:33 Uhr Erdstandardzeit wurde vom Überwachungssatelliten RAS-34-12 folgender Notruf empfangen:
- - - Notruf vom Raumschiff ROMA - - - von Schwerkraftwellen getroffen - - - Außenhülle schwer beschädigt - - - Lebenserhaltungssystem fällt aus - - - kein Antrieb mehr - - - unsere Position - - -
Der Kontakt brach ab, bevor die ROMA ihren genauen Standort angeben konnte. Das Passagierraumschiff startete am 7.2.2298 von der Erde. Sein Ziel war der Konferenz-Planet Honari VIII. Suchschiffe wurden entsendet.
gez. Oberst Ricardo
Pichelli,
Kommandant der Raumstation
TRS-34.
2.4.2298 Erdstandardzeit,
Hauptquartier der Raumgarde auf dem
Mars:
"Seit 50 Tagen ist die ROMA spurlos verschwunden", sprach Großadmiral Kamarow (RAV) missmutig, "Die Suchschiffe von TRS-34 und Darion III haben die Flugroute des Schiffes bis nach Honari VIII überprüft. Aber von der ROMA fehlt bislang jede Spur. Ich habe nochmals zwölf unserer Fernaufklärer entsandt, die alle geplanten Hyperraumflugpausen der ROMA nachvollziehen sollen. Vielleicht finden wir auf diese Weise eine Spur."
"Wir müssen unbedingt herausfinden, was mit dem Schiff passiert ist", meinte Lordadmiral Hawkstone, "Schließlich befand sich fast die gesamte Führung der Obersten Raumbehörde an Bord der ROMA. Sie sollten auf Honari VIII an einer Konferenz teilnehmen. Wenn solche Leute einfach verschwinden, gibt es eine Menge Probleme."
"Im Notruf der ROMA wurden Schwerkraftwellen erwähnt, von denen das Schiff vermutlich beschädigt wurde", meldete sich Lordprotektor Hamblin zu Wort, der in seiner Eigenschaft als Chef des terranischen Geheimdienstes an der Besprechung teilnahm, "Wurden Schwerkraftwellen nicht auch von den Nardim in der Schlacht um Sargosa II als Waffe eingesetzt?"
"Glauben Sie etwa, dass die Nardim etwas damit zu tun haben?" fragte Jennifer Mandara, die Chefin der Schnellen Raumverbände, "Die Flugroute der ROMA war doch viel zu weit entfernt vom Sagittarius-Arm."
"Das bedeutet noch lange nicht, dass die Nardim dort nicht auftauchen können", wandte Hamblin ein, "Schließlich beherrschen diese Wesen ebenfalls den interdimensionalen Raumflug und sind dadurch fähig, jeden Punkt der Galaxie zu erreichen. Völlig ausschließen sollten wir diese Möglichkeit nicht, auch wenn sie noch so unwahrscheinlich ist."
"Ihre Furcht vor den Nardim grenzt ja beinahe schon an Verfolgungswahn", hielt Kamarow dagegen, "Bisher ist diesseits des Pulsares SCORPIUS-X-1 nur ein einziges Mal ein Nardim-Schiff gesichtet worden, als damals die LEONIDAS zerstört wurde. Aber das ist schon 9 Jahre her und geschah zudem weit außerhalb der 1000-Parsec-Zone. Seitdem ist nie wieder ein Schiff der Nardim außerhalb des Sagittarius-Armes geortet worden."
"Wir sollten uns eher mit dem Gedanken vertraut machen, dass die ROMA einer Naturkatastrophe zum Opfer gefallen ist", meinte Vanessa Robin, ihres Zeichens Leiterin der Raumforschungsbehörde (RFB), "Es ist bekannt, dass es im All manchmal zu regelrechten Gravitationsstürmen kommt, bei denen Schwerkraftwellen von immenser Stärke auftreten, welche sogar die Raum-Zeit-Krümmung verzerren können. Das würde sich auch auf ein Schiff im Hyperraumflug auswirken, da es mit Hilfe eines Raumtunnels durch die Raum-Zeit-Krümmungen praktisch hindurchtaucht. Wenn also ein Gravitationssturm eine Raumkrümmung dehnt, so wird auch jeder Hyperraumtunnel auseinandergezogen, der sich zufälligerweise darin befindet. Umgekehrt würde so ein Tunnel zusammengeschoben oder sogar verbogen, wenn die Raumkrümmung zusammengepresst wird. In diesem Fall wird ein darin befindliches Raumschiff entweder in seine molekularen Bestandteile zerlegt oder es stürzt vorzeitig in den Normalraum zurück und gerät dadurch direkt in den Gravitationssturm hinein. Das Schiff hätte keine besonders guten Chancen, ein solches Inferno heil zu überstehen."
"Die ROMA ist zwar ein ziviles Schiff", bemerkte Kamarow, "Aber es verfügt dennoch über starke Energieschirme, die einen gewissen Schutz bieten."
"Die Energieschirme der bisherigen Art richten nicht viel gegen Schwerkraftwellen größerer Stärke aus", wandte Hamblin ein, "In der Schlacht um Sargosa II wurde ein Kreuzer durch künstlich erzeugte Schwerkraftwellen zerstört, ohne dass seine Energieschirme etwas dagegen ausrichten konnten. Wir haben inzwischen zwar den größten Teil unserer Kampfschiffe mit neuen und leistungsstarken Antigravitations-Generatoren ausgerüstet, die auch mit sehr starken Schwerkraftwellen fertig werden können, aber die ROMA besaß keinen derartigen Schutz. Sie kann den Gewalten höchstens ein paar Minuten lang standgehalten haben."
"Gerade genug Zeit für einen verzweifelten Notruf", murmelte Kamarow nachdenklich.
"Hat den irgendeine Außenstation in unserem Raumgebiet so etwas wie einen Gravitationssturm registriert?" wollte Hamblin wissen, "Es müssten doch wenigsten Spuren eines solchen Naturereignisses gemessen worden sein."
"Keiner unserer Wachsatelliten hat etwas Derartiges registriert", antwortete Kamarow, "Und auch die Raumpatrouillen haben nichts Ungewöhnliches bemerkt."
"Wir müssen die Suche auf jeden Fall verstärkt fortsetzen", entschied der Oberkommandierende, "Alle verfügbaren Einheiten der schnellen Raumverbände sollen die Suchschiffe der RAV unterstützen. Erst wenn in 60 Tagen immer noch keine Spur von der ROMA gefunden wurde, müssen wir davon ausgehen, dass das Schiff für immer verloren ist."
6.5.2298 - Erdstandardzeit:
"Notruf an alle erreichbaren Einheiten! Hier ist der schnelle Raumkreuzer SRV-9-7.
Wir haben die vermisste ROMA im Anziehungsbereich der Sonne Sigma-Librae entdeckt. Das Schiff ist antriebs- und steuerlos und droht in die Sigma-Librae-Sonne hineinzustürzen. Wir kommen mit unserem Schiff nicht mehr nahe genug an die ROMA heran, ohne dabei selbst vom Schwerefeld des Sterns erfasst zu werden. Die Schubkraft unserer Triebwerke reicht nicht aus, um die ROMA aus dem Gefahrenbereich zu schleppen. Wir brauchen dringend ein Schiff mit stärkeren Triebwerken, um die ROMA zu retten. Die ROMA wird voraussichtlich in 6 Erdtagen in die Sigma-Librae-Sonne stürzen."
gez. Major Juan Rodriquez,
Kommandant der SRV-9-7.
9.5.2298 Erdstandardzeit:
"Schlachtschiff TIBERIUS an das Oberkommando der Raumgarde:
Wir sind dem Kreuzer SRV-9-7 zu Hilfe gekommen und konnten die ROMA aus dem Anziehungsbereich von Sigma-Librae befreien. Bei der Untersuchung des schwer beschädigten Passagierschiffes haben wir leider festgestellt, dass die gesamte Besatzung umgekommen ist. Die Passagiere haben jedoch alle in den Kältetiefschlafkammern überlebt. Wir haben sie an Bord genommen und bringen sie zur Erde. Die ROMA wird im Raum zurückgelassen, da ihre Schäden zu groß für eine Reparatur sind."
gez. Oberst Carlos Tolmeda,
Kommandant des Schlachtschiffes
TIBERIUS.
Frederik Pollander war nur ein kleiner Beamter bei der Obersten Raumbehörde (ORB). Trotzdem war sein Aufgabengebiet verhältnismäßig wichtig, denn ihm oblag es, die organisatorischen Daten wichtiger öffentlicher Einrichtungen auf den Planeten der terranischen Föderation ständig auf dem neuesten Stand zu halten. Unter anderem gehörten dazu auch die personellen Besetzungen wichtiger Posten in den Behörden und Dienststellen auf den 168 besiedelten Welten der Föderation.
Pollander war ein ruhiger, zurückhaltender Mann, der seine Aufgaben ordentlich und gewissenhaft erledigte und niemals auffiel. Er war einer der vielen farblosen Befehlsempfänger, die nirgendwo aneckten oder gar ihre Vorgesetzten zu kritisieren wagten. Und bislang wäre es ihm auch niemals in den Sinn gekommen, die Anordnungen und Entscheidungen seiner Vorgesetzten überhaupt in Frage zu stellen.
Bisher hatte er auch keinen Grund dazu gehabt, aber seitdem der ORB-Führungsstab vor 8 Monaten das Unglück der ROMA überlebt hatte und glücklich zur Erde zurückgekehrt war, hatten sich die Dinge irgendwie verändert.
Zuerst war es ihm gar nicht aufgefallen, aber als immer mehr wichtige Posten von Leuten übernommen wurden, die mit ihrer Beförderung noch gar nicht an der Reihe gewesen wären, begann sich Pollander doch zu wundern.
Als er dann zufällig bei einem Gespräch mit Kollegen herausfand, dass immer nur solche Personen befördert und danach auf wichtige Außenposten versetzt wurden, die zuvor auch zu gesellschaftlichen Veranstaltungen der ORB-Führung eingeladen worden waren, erwachte sein Misstrauen.
Derartige Festlichkeiten waren in den letzten Monaten viel häufiger als in den Jahren zuvor veranstaltet worden, wie Pollander von einer Kollegin aus der Personalabteilung erfuhr, als er sich in der Kantine mit ihr unterhalten hatte.
Obwohl Pollander noch nicht wusste, was er von diesen ominösen Vorgängen halten sollte, machte er sich sicherheitshalber private Aufzeichnungen seiner Beobachtungen, die er natürlich auch auf dem Computer in seiner Privatwohnung speicherte.
Da er nicht wusste, wer alles von dieser Vetternwirtschaft Kenntnis hatte oder sogar selbst an dieser Korruption beteiligt war, unterließ er es vorsichtshalber, sich jemandem aus dem Kollegenkreis anzuvertrauen.
Schließlich war er sich nicht völlig sicher, ob er mit seinem Verdacht recht hatte und wollte sich damit nicht unbedingt in die Nesseln setzen.
Mit seiner Frau sprach er natürlich darüber, denn zum einen war sie nicht im Föderationsdienst beschäftigt und zum anderen wäre sie die Letzte gewesen, der er nicht vertrauen konnte.
Aber dann wurde in seine Wohnung eingebrochen, ohne dass dabei irgendetwas Wertvolles entwendet wurde. Pollander musste jedoch mit Schrecken feststellen, dass sich jemand an seinem Computer zu schaffen gemacht und sämtliche Daten im Festspeicher gelöscht hatte. Außerdem fehlten auch die Speicher-Karten, auf denen er die Sicherungskopien seiner Daten abgespeichert hatte.
Frederik Pollander bekam es mit der Angst zu tun ...
Marion Landers und Steffanie Pollander waren schon als Kinder die besten Freundinnen gewesen, und daran hatte sich auch nichts geändert, als sie erwachsen geworden waren und Marion dem terranischen Sicherheitsdienst beigetreten war. Trotzdem wunderte sich Marion nicht wenig, als Stefanie zu nächtlicher Stunde bei ihr auftauchte und völlig mit den Nerven fertig zu sein schien.
"Was ist denn mit dir los?" fragte sie erschrocken, als sie den verzweifelten Ausdruck in Stefanies Gesicht erkannte.
"Frederik ist verschwunden", antwortete Stefanie, während sie Marion ins Wohnungsinnere folgte, "Als ich bei seiner Dienststelle nachgefragt habe, ob er heute länger arbeiten müsste, sagte man mir, dass er kurzfristig nach Albion VIII versetzt worden wäre. Dabei ist er noch nie im interstellaren Dienst tätig gewesen."
"Ist eine solche Versetzung denn so etwas Ungewöhnliches?" wollte Marion wissen.
"Ja, eigentlich schon", meinte Stefanie, "Aber das allein hätte mich nicht so beunruhigt. Frederik hat herausgefunden, dass in den letzten Monaten einige wichtige Außenposten neu besetzt wurden, und zwar nur von Leuten, die dafür eigentlich gar nicht vorgesehen waren. Aber all diese Leute hatten gesellschaftliche Kontakte mit dem Führungsstab der ORB. Frederik vermutete, dass hier Vetternwirtschaft betrieben wird und hat deshalb Aufzeichnungen von diesen Vorgängen gemacht."
"Und du glaubst, dass Frederik deshalb versetzt worden ist?" fragte Marion, während sie ihrer Freundin in Glas Brandy anbot.
"In der ORB wurde noch niemand so kurzfristig und ohne jede Vorankündigung auf einen Außenposten versetzt", antwortete Stefanie, nachdem sie einen kräftigen Schluck aus ihrem Glas genommen hatte, "Außerdem musst du wissen, dass vor zwei Tagen in unsere Wohnung eingebrochen worden ist, wobei nicht anderes gestohlen wurde als Frederiks Speicherkarten. Zudem wurden alle Daten in seinem Computer gelöscht - natürlich auch seine Aufzeichnungen über die Vorgänge in der ORB. Ich befürchte, dass man Frederik deshalb aus dem Weg geräumt hat."
"Also gibt es keine Aufzeichnungen mehr?" wollte Marion wissen, die sich jetzt selbst ein Glas Brandy einschenkte.
"Doch", sprach Stefanie und begann in ihrer Handtasche zu kramen, "Es sind zwar keine Computerdaten mehr da, aber Frederik hat sich auch handschriftliche Notizen gemacht. Die haben die Einbrecher wohl übersehen. Vermutlich haben sie völlig vergessen, dass es trotz aller Elektronik auch heute noch Menschen gibt, die etwas in ein Notizheft schreiben können."
Sie holte ein kleines, in Leder gebundenes Büchlein aus ihrer Tasche und gab es ihrer Freundin.
"Da stehen die neu besetzten Posten drin und die Namen der Leute, die diese Posten übernommen haben."
Marion nahm das kleine Buch und warf einen kurzen Blick hinein.
"Ich werde es meinem Chef zeigen", versprach sie, "Vielleicht finden wir heraus, was da in der ORB vorgeht. Und mit ein wenig Glück werden wir auch herausbekommen, was mit Frederik passiert ist."
Als die Agentin Marion Landers ihrem Sektionsleiter beim Dezernat-GS die Angelegenheit vortrug, konnte sie noch nicht ahnen, welche Aufregung sie damit im Sicherheitsdienst der terranischen Föderation verursachen würde.
Der Sektionsleiter gab ihren Bericht zusammen mit Frederik Pollanders Notizen sofort an das Hauptquartier des Dezernat-GS auf dem Mars weiter, da er den Verdacht hatte, es hier mit der Vorbereitung eines Putsches zu tun zu haben.
Als Lordprotektor George Hamblin informiert wurde, ließ er Pollanders Notizen sofort zu sich bringen. Außerdem gab er seinen Leuten die Anweisung, ihm die Personaldaten der in Pollanders Notizen aufgeführten Personen sowie sämtliche Informationen über die betroffenen Außenposten zur Verfügung zu stellen.
Ein paar Leute aus seinem Stab machten sich daran, die Daten dieser Außenposten nach sicherheitstechnischen Kriterien zu überprüfen. Als der Lordprotektor das Ergebnis dieser Überprüfung zu Gesicht bekam, nahm er sofort Verbindung zum Oberkommando der Raumgarde auf, um eine sofortige Geheimkonferenz der kommandierenden Offiziere einzuberufen.
"Eine unserer Agentinnen auf der Erde hat vor zwei Tagen einen Hinweis erhalten, dass in der ORB einige seltsame Dinge vorgehen", begann der Lordprotektor zu erklären, "Als dem Hinweis nachgegangen wurde, stellte sich heraus, dass in den letzten 8 Monaten die Führungsstellen fast aller wichtigen der ORB unterstellten Außenposten zwischen dem Pulsar SCORPIUS-X1 und der Scorpion-Centaurus-Gruppe außerplanmäßig neu besetzt wurden, ohne dass die Oberste Administration davon unterrichtet wurde."
"Ist das der Grund, warum Sie diese Konferenz einberufen haben?" fragte Lordadmiral Hawkstone.
"Nein", antwortete der Lordprotektor, "Das allein wäre noch kein Grund für diese Zusammenkunft gewesen. Aber meine Mitarbeiter haben zudem festgestellt, dass die betroffenen Außenposten hauptsächlich für die Kontrolle der zivilen Raumfluglinien eingerichtet wurden und zum Teil auch mit der militärischen Raumüberwachung beauftragt sind. Ein Austausch der Führungspositionen in diesem Ausmaß hätte sowohl der Obersten Föderations-Administration (OFA) als auch der Raumgarde gemeldet werden müssen. Wir befürchten, dass es sich hier um den Versuch handelt, den gesamten C-Sektor des Föderationsgebietes unter Kontrolle zu bekommen."
"Befürchten Sie etwa, dass es sich hier um die Vorbereitung eines Putsches handelt?" fragte Großadmiral Kamarow.
"Genau das befürchte ich", nickte Hamblin, "Und wir sollten damit beginnen, etwas dagegen zu unternehmen."
"Sind auch militärische Dienststellen von diesen Vorgängen betroffen?" fragte Lordadmiral Hawkstone.
"Auf dem Föderationsaußenposten auf Darion III wurde die Stelle des Dienststellenleiters ebenfalls neu besetzt", gab Hamblin Auskunft, "Darion III ist zwar ein ziviler Außenposten, der jedoch auch über militärische Einrichtungen verfügt. Der Dienststellenleiter ist zugleich auch der militärische Kommandant von Darion III. Es handelt sich um einen gewissen Edmond Doumarre', der im Bereich seiner militärischen Aufgaben im Range eines Oberstleutnants der Raumgarde steht. Vor seiner Versetzung war Doumarre' einer der Verbindungs-Beauftragten der Raumgarde in der ORB."
"Dann sollten wir diesen Doumarre' unter irgendeinem Vorwand hierher auf den Mars kommen lassen", schlug Großadmiral Kamarow vor, "Wenn er sich dann hier im Hauptquartier befindet, können wir ihn verhören, ohne dass die ORB etwas davon erfährt."
"Wir werden Oberstleutnant Doumarre' befehlen, an einem Offizierslehrgang teilzunehmen, der hier auf dem Mars stattfindet", meinte der Lordadmiral, "Das ist ein durchaus üblicher Vorgang und wird auch bei seinen Hintermännern in der ORB keine Aufmerksamkeit erregen. Sobald Doumarre' hier ist, werden wir uns eingehender mit ihm befassen."
"Was ist, wenn Sie sich irren?" fragte Kamarow, "Was ist, wenn es sich bei den Neubesetzungen in den Außenposten nur um einen ganz normalen organisatorischen Vorgang handelt?"
"Warum wurde dann OFA und Raumgarde nicht über die Neubesetzungen in den Außenposten informiert?" hielt Hamblin dagegen.
"Das kann auch durch Schlamperei in der ORB passiert sein", meinte Kamarow.
"Eine acht Monate andauernde Schlamperei in vierundzwanzig Fällen?" entgegnete Hamblin, "Und wieso handelt es sich bei den beförderten Personen ausschließlich um Leute, die alle ohne Ausnahme kurz vorher an gesellschaftlichen Veranstaltungen des ORB-Führungsstabes teilgenommen haben? Nein, das ist alles andere als ein Zufall. Hier ist eine ganz große Schweinerei im Gange und dagegen müssen wir schnellstens etwas unternehmen."
Zentrale des Dezernat-GS auf dem Mars - drei
Wochen später:
"Dieser Doumarre' ist entweder völlig harmlos oder ein ziemlich hartnäckiger Bursche", meinte Robert Wacon, der Adjutant des Geheimdienst-Chefs, "Er wird jetzt seit vier Tagen verhört, aber er hat bislang noch nichts von sich gegeben, was auf eine Verschwörung in der ORB hinweisen würde."
"Haben Sie denn den Eindruck, dass er etwas zu verschweigen versucht?" fragte Lordprotektor Hamblin.
"Eigentlich nicht", antwortete der Adjutant, "Der Mann scheint sogar redlich bemüht zu sein, alle Fragen korrekt und ausführlich zu beantworten."
"Haben Sie auch seine Identität genauestens überprüft?"
"Schon geschehen, Chef. Fingerabdrücke, Augenmuster, Stimmenfrequenzen - alles stimmt mit den Daten über seine Person überein. Und diese Daten sind in den letzten 10 Monaten nicht verändert worden."
"Und was ist mit Blut- und Gewebeproben?"
"Die haben wir Doumarre' heute morgen bei der medizinischen Untersuchung entnommen. Sie werden gerade im Labor untersucht", antwortete Wacon, "In einer Stunde haben wir die genauen Ergebnisse. Dann wissen wir, ob auch seine DNS mit den Personaldaten übereinstimmt. Außerdem haben wir eine Rumpf- und Schädel-Tomografie vornehmen lassen, ohne dass er etwas davon bemerkte."
"Also gut", meinte Hamblin, "Wenn dadurch seine Identität zweifelsfrei bewiesen ist, wissen wir wenigstens, dass es sich nicht um einen Doppelgänger handelt. Aber dann müssen wir ihn entlassen und wieder zurück nach Darion III schicken. Es gibt dann keinen Grund mehr, ihn hier festzuhalten."
"Wir könnten ihm eine Psycho-Droge verabreichen und ihn dann noch einmal verhören", schlug Wacon vor.
"Dazu brauchen wir eine richterliche Genehmigung des Föderationsgerichtshofs", winkte Hamblin ab, "Und ohne ausreichende Verdachtsmomente werden wir die mit Sicherheit nicht bekommen. Wenn die gen-technische Untersuchung nichts ergibt, können wir Doumarre' nicht länger hier festhalten."
In diesem Moment ging die Tür auf und der Leiter des Labors stürzte herein.
"Sie glauben nicht, was wir entdeckt haben!" rief er in heller Aufregung.
"Stimmt der Gen-Code von Doumarre' nicht mit seinen medizinischen Daten überein ?" wollte Hamblin wissen.
"Nein, das ist es nicht", erklärte der Mediziner, "Die DNS ist völlig in Ordnung und stimmt auch mit Doumarre's Daten genauestens überein. Aber bei der Tomografie haben wir in seinem Unterbauch etwas gefunden, was dort nicht hingehört. Der Mann hat so etwas wie einen faustgroßen Tumor in seinem Bauch, aber es sieht ganz so aus, als wäre das ein eigenständiger, lebender Organismus!"
"Ein fremder Parasit?" wollte Hamblin wissen.
"Es sieht ganz danach aus", meinte der Mediziner mit ernster Miene, "Und es scheint keine uns bekannte Lebensform zu sein."
"Dann werden Sie Doumarre' sofort operieren und das Ding aus seinem Körper herausholen!" befahl der Lordprotektor, "Aber vorher müssen Sie es scannen. Ich will wissen, ob es so etwas wie ein neuronales Netz besitzt und ob dadurch ein Hirnwellenmuster erzeugt wird."
Als sich der Leiter der medizinischen Abteilung über Visiophon bei Hamblin meldete, verhieß sein Gesichtsausdruck nichts Gutes.
"Haben Sie den Parasiten schon entfernt?" erkundigte sich Hamblin.
"Das war leider nicht mehr möglich, Sir", antwortete der Mediziner, "Nach dem Scannen seiner neuronalen Struktur hat das Ding sofort begonnen, sich zu verändern. Vielleicht hat es bemerkt, dass wir es entdeckt haben."
"Was ist passiert?" fragte Hamblin ungeduldig.
"Das Ding hat seine Form, seine Struktur und auch seine Größe verändert", sprach der Arzt, "Es ist dabei, den Organismus von Doumarre' aufzulösen. Aber gleichzeitig kopiert es die aufgelösten Organe und nimmt deren Form an. Der Vorgang begann vor einer halben Stunde. Das Ding ist praktisch dabei, die Gestalt von Doumarre' anzunehmen, während es den Originalkörper einfach auflöst und absorbiert!"
"Können Sie das irgendwie aufhalten?"
"Nein, Sir. Die inneren Organe sind bereits umgewandelt und ein Ausläufer des Parasiten ist schon in das Gehirn vorgedrungen. Auch dort hat die Umwandlung bereits begonnen."
"Lebt Doumarre' denn noch?" fragte Hamblin mit tonloser Stimme.
"Das wissen wir nicht", meinte der Arzt schulterzuckend, "Die Umwandlung ist inzwischen so weit fortgeschritten, dass wir nicht sagen können, ob der echte Doumarre' überhaupt noch existiert."
"Wie lange wird es dauern, bis diese Umwandlung vollendet ist?"
"Bei dieser Geschwindigkeit noch etwa 10 Minuten", lautete die knappe Antwort.
"Wenn Doumarre' völlig umgewandelt wurde, scannen Sie noch einmal ganz genau die neuronale Struktur seines Gehirns und zeichnen Sie sein Hirnwellenmuster auf", befahl Hamblin dem Arzt, "Und dann töten Sie die Kreatur!"
Er unterbrach die Verbindung zur medizinischen Abteilung und rief seinen Adjutanten.
"Ich brauche sofort die Unterlagen über die Vernichtung des Schlachtschiffes LEONIDAS im Jahre 2289", wies er Wacon an, "Damals haben die Nardim die Gestalt von menschlichen Raumsoldaten angenommen und konnten so die LEONIDAS entern. Ich befürchte, dass wir es jetzt wieder mit diesen Gestaltwandlern zu tun haben. Alarmieren Sie die Raumgarde. Es sieht ganz danach aus, als würde hier eine Invasion vorbereitet."
In den folgenden 24 Stunden wurden alle auf der Erde befindlichen Dienststellen der Obersten Raumbehörde auf Anweisung der OFA von Einheiten der terranischen Legion besetzt.
Sämtliche Angehörigen und Bediensteten der ORB wurden vorläufig festgenommen und mussten sich einer medizinischen Untersuchung unterziehen.
Da sich herausgestellt hatte, dass sich die Hirnwellenmuster des Wesens in der Gestalt von Doumarre' erheblich von menschlichen Hirnwellen unterschieden, wurden die festgenommenen Personen auch einer Hirnwellenmessung unterzogen.
Dabei stellte sich heraus, dass alle Angehörigen der ORB-Führung umgewandelte Fremdwesen in der Gestalt von Menschen waren. Es handelte sich dabei ausnahmslos um Personen, die das Unglück der ROMA überlebt hatten.
Bei den anderen Angehörigen der ORB wurden wie schon bei Doumarre' Parasiten im Magen-Darm-Bereich entdeckt, die ihren Wirtskörper noch nicht absorbiert und umgewandelt hatten. Bis auf wenige Ausnahmen konnten die Parasiten durch schnelle chirurgische Eingriffe entfernt werden, bevor sie ihre Entdeckung bemerkten und reagieren konnten. Allerdings verloren die Kreaturen nach der Trennung von ihren Wirtskörper sofort ihre feste Form und Struktur und lösten sich einfach rückstandslos auf. So war es nicht möglich, auch nur ein einziges Exemplar dieser Lebewesen aufzubewahren, um es später für genauere Untersuchungen zu verwenden. Ein Umstand, den besonders die Kosmobiologen äußerst bedauerlich fanden.
Die Unglücklichen, bei denen die Umwandlung bereits begonnen oder schon stattgefunden hatte, mussten notgedrungen getötet werden, wonach sich ihre Körper regelrecht auflösten, sodass von ihnen nicht viel mehr als eine farblose, flüssige Proteinmasse übrig blieb..
Das Dezernat-GS ermittelte in den folgenden Tagen weitere Personen, die persönlichen Kontakt mit Umgewandelten oder Infizierten gehabt hatten.
Einige dieser Menschen waren ebenfalls schon von Parasiten befallen, darunter auch Offiziere der Raumgarde, konnten jedoch rechtzeitig davon befreit werden.
In den interstellaren Außenposten der Föderation wurden alle Personen festgenommen, deren Namen aus Pollanders Notizen bekannt waren. Und auch hier stellte sich heraus, dass sie genau wie Doumarre' von fremden Parasiten infiziert worden waren, die jedoch noch nicht mit der Übernahme ihrer Wirtskörper begonnen hatten.
Bevor jedoch auch der letzte gefährdete Außenposten - es handelte sich dabei um die Raumflugkontrollstation auf dem Industrie-planeten Mindara VI - wieder gesichert werden konnte, tauchte dort eine Flotte von 79 Dreikugelschiffen der Nardim auf und griff den Planeten an ...
"Achtung, Sektor 18-2 liegt wieder unter schwerem Beschuss!" schallte es aus dem Lautsprecher in der Kommandozentrale des Militärstützpunktes auf Mindara VI, "Es besteht Explosionsgefahr für die dort befindlichen Kraftwerke. Eigenes Abwehrfeuer hat nur geringe Wirkung und kann die Vernichtung der Kraftwerke nicht mehr verhindern."
Oberstleutnant Larkos und sein 1.Offizier Major Bergan standen vor dem Hauptkontrollschirm und mussten hilflos mit ansehen, wie die Apokalypse unaufhaltsam über Mindara VI hinwegraste. Die Abwehrgeschütze des am nördlichen Pol des Planeten gelegenen Stützpunktes feuerten ununterbrochen, waren jedoch nicht in der Lage, das Vernichtungswerk der fremden Angreifer ernsthaft zu behindern. Das zweite Abwehrfort am Südpol und die beiden Abfangjägerstaffeln des Stützpunktes waren schon in der ersten halben Stunde nach Beginn des Angriffs vernichtet worden.
"Energiepotenzial des Abwehrschirmes nur noch bei 23 Prozent", ertönte wieder die "Stimme" des Computers, "Zusammenbruch ist bei gleichbleibender Belastung in genau 34 Minuten und 28 Sekunden zu erwarten."
"Wenn bis dahin keine Hilfe kommt, sind wir am Ende", meinte Major Bergan düster, "Fliehen können wir auch nicht mehr, weil sämtliche Startanlagen mitsamt den Raumfähren vernichtet wurden."
"Sie haben recht, Major", murmelte der Stützpunktkommandant, "Der halbe Planet steht bereits in Flammen. Unsere Kampfschiffe werden in jedem Falle zu spät kommen. Mindara VI ist verloren, denn es kann nicht mehr lange dauern, bis es zum Atombrand kommt. Dann verwandelt sich die gesamte Oberfläche in glühende Lava."
"Nukleare Kraftwerke im Sektor 18-2 sind vernichtet und stehen in Flammen", meldete sich wieder die "Stimme" des Hauptcomputers, "Harte radioaktive Strahlung durch Kernbrand wird freigesetzt. Erhitzung der Atmosphäre auf 150o Celsius. Sauerstoffgehalt der Atmosphäre verbrennt. Überlebenswahrscheinlichkeit = 0 Prozent."
Im nächsten Augenblick wurde der zu zwei Dritteln unterirdisch angelegte Stützpunktkomplex wie von einer Riesenfaust geschüttelt.
"Schwerer Energietreffer", quäkte es aus dem Lautsprecher, "Leistung des Abwehrschirmes nur noch bei 11 Prozent. Zusammenbruch steht unmittelbar bevor. Abwehrgeschütze sind ausgefallen. Feindliches Feuer wird jetzt auf uns konzentriert."
"Verdammt!" entfuhr es dem Kommandanten, "Noch so ein Treffer und wir fahren alle zur Hölle."
Er hatte es kaum ausgesprochen, da wurde der Komplex abermals von einem gewaltigen Schlag erschüttert. Im nächsten Augenblick brach der energetische Abwehrschirm zusammen und der gesamte Stützpunkt wurde zum Mittelpunkt einer kleinen Sonne ...
Als die Oberfläche des Planeten Mindara VI nur noch aus glühender Lava bestand, trafen die vom Oberkommando der Raumgarde entsendeten Schlachtschiffe ACHILLES, CHE GUEVARA und CHINGIS KHAN zusammen mit drei Kreuzer-Geschwadern der schnellen Raumverbände im Mindara-System ein. Als ihre Ortungssysteme die Flotte der Dreikugelschiffe erfassten, nahmen sie sofort Gefechtsformation ein und gingen zum Angriff über.
Turmdicke Laserstrahlen durchschnitten gleißend die samtene Schwärze des Weltraums, Energie-Geschosse rasten wie blitzende Irrlichter durch das Vakuum, Schwärme von Raketen mit nuklearen Sprengköpfen und selbststeuernder Ziel-Automatik eilten wie angriffslustige Metall-Wespen auf die Nardimflotte zu, um sich in tödliche Feuerblumen zu verwandeln, die alles verglühen ließen, was sich in ihrer unmittelbaren Nähe befand.
Transmissionsschleudern, die stärksten Waffen der terranischen Föderation, sendeten ihre nuklearen Sprengladungen durch den interdimensionalen Raum direkt in das anvisierte Zielgebiet hinein, um es in Sekundenbruchteilen zu vernichten.
Der Weltraum im Mindara-System schien Sekunden später nur noch aus einem Inferno gleißender Lichtblitze und feuriger Explosionswolken zu bestehen.
Aber auch die Dreikugelschiffe setzten ihre Waffen ein und antworteten mit dichten Salven tropfenförmiger Energietorpedos und Schwerkraftwellen, die sich fächerförmig durch den Raum bewegten und die Abwehrschirme der terranischen Schiffe erbeben ließen.
Für das Auge eines unbeteiligten Beobachters, der das Geschehen aus größerer Entfernung verfolgt hätte, wäre wenig Planung oder System in diesem Kampf zu erkennen gewesen. Das sternenerfüllte Gewölbe des Raumes war von weitem betrachtet wie punktiert von winzigen Funken; blitzende Flammenausbrüche, die schnell aufleuchteten und ebenso schnell wieder verschwanden. Und jedes dieser winzigen Leuchtfeuer war eine todbringende Explosion in der Tiefe des Weltraumes.
Bereits nach wenigen Minuten waren einundzwanzig Nardim-Schiffe und siebzehn terranische Raumkreuzer explodiert oder so schwer beschädigt, dass sie steuerlos im All trieben. Dann fächerte die Formation der Dreikugelschiffe auseinander und begann die Flotte der Föderationsschiffe einzukreisen, die in dichten Pulks operierten, damit sich ihre energetischen Schutzschirme gegenseitig überlappten und so einen größtmöglichen Schutz boten.
Bevor die Nardim-Schiffe jedoch ihr Manöver vollenden konnten, erreichten die Trägerschlachtschiffe ODIN, POSEIDON und MEDUSA sowie fünf weitere Kreuzergeschwader der schnellen Raumverbände das Mindara-System und griffen ohne Verzögerung in den Kampf ein.
Trägerschlachtschiffe waren die größten und stärksten Kampfeinheiten der Föderation, denn jedes dieser gigantischen Raumschiffe führte 6 Korvetten, 200 Raumjäger und 40 Raumbomber in seinem mächtigen Metallkörper mit sich. Schon ein einziges dieser Titanenschiffe verfügte damit über die Kampfkraft einer ganzen Flotte.
Angesichts dieser kampfstarken Armada drehten die Dreikugelschiffe ab und gingen auf Fluchtkurs, um das Mindara-System so schnell wie möglich zu verlassen. Ihre Hyperraumtriebwerke wurden aktiviert und wenige Minuten später war die Nardimflotte verschwunden.
Zurück blieben nur die Schiffe, die so schwer beschädigt waren, dass sie nicht mehr fliehen konnten.
Als mehrere Kreuzer sich den steuerlos treibenden Dreikugelschiffen nähern wollten, um sie für weitere Untersuchungen zu bergen, wurden diese von gewaltigen Explosionen in Stücke gerissen.
Offenbar sorgten von Automaten gesteuerte Selbstvernichtungsanlagen dafür, dass kein Schiff der Nardim in gegnerische Hände fallen konnte.
Die Schlacht im Mindara-System war vorbei.
"Wir haben noch einmal Glück gehabt", meinte der Chef des Sicherheitsdienstes, "Wenn die Raumstreitkräfte nicht in Alarmbereitschaft gewesen wären, hätten wir niemals so schnell reagieren können. Dann wäre die Nardim-Flotte bereits wieder verschwunden gewesen, bevor auch nur ein einziges unserer Schiffe das Mindara-System erreicht hätte."
"Glück nennen Sie das?" widersprach ihm Lordadmiral Hawkstone, "Ein ganzer Planet mit einer Bevölkerung von mehr als 23 Millionen Menschen wurde völlig verbrannt! Von den wertvollen Industrie-Anlagen will ich gar nicht reden. Einen solchen Schlag hat die Föderation seit dem Krieg mit dem rodalischen Imperium nicht mehr hinnehmen müssen!"
"Es hätte noch viel schlimmer kommen können", hielt Jeffrey Hamblin dagegen, "Wenn wir nicht entdeckt hätten, dass die Nardim in Menschengestalt die Führung der ORB übernommen hatten und schon dabei waren, auch die wichtigsten Posten der zivilen Raumflugüberwachung in ihre Hand zu bekommen, wäre es ihrer Angriffsflotte mit Sicherheit gelungen, noch weitere Planeten zu vernichten, bevor wir überhaupt begriffen hätten, was da vorging. Ohne diesen Frederik Pollander wären wir nicht gewarnt worden, und das hätte leicht zur Zerschlagung der ganzen terranischen Föderation führen können. Ich bin nämlich sicher, dass die Nardim noch weitere Angriffsflotten ins Föderationsgebiet geschickt hätten, wenn ihre erste Attacke im Mindara-System auf keinen so starken Widerstand getroffen wäre."
"So gesehen haben Sie natürlich recht", musste ihm der Lordadmiral zustimmen, "Doch angesichts von mehr als 23 Millionen Toten kann ich mich darüber nicht besonders freuen. - Aber was ist eigentlich aus diesem Frederik Pollander geworden? Konnte sein Verschwinden aufgeklärt werden?"
"Man hat ihn in einer Tiefschlafkammer in den unterirdischen Anlagen der ORB gefunden", gab ihm Hamblin Auskunft, "Inzwischen ist er wieder heil und gesund zu seiner Frau zurückgekehrt. Ich habe der Obersten Administration vorgeschlagen, ihn für seine Verdienste in gebührender Weise zu belohnen. Immerhin hat er uns vor einer vernichtenden Niederlage bewahrt."
"Ich werde diesen Vorschlag unterstützen", versprach Hawkstone, "Aber was sollen wir jetzt gegen die Nardim unternehmen? Sie sind eine schlimmere Bedrohung geworden als es die Rodaler jemals waren. Vielleicht wäre es angebracht, mit unseren Raumstreitkräften in den Sagittarius-Arm einzudringen und die Nardim in ihrem eigenen Gebiet anzugreifen."
"Dazu müssten wir erst einmal die Position der von ihnen bewohnten Welten kennen", gab Hamblin zu bedenken, "Aber da wir über sie so gut wie nichts wissen, können wir nicht einmal sagen, welche Lebensbedingungen auf Planeten herrschen müssen, damit sie für die Nardim bewohnbar sind. Und solange wir nicht einmal sagen können, um welche Sonnentypen die Nardim-Welten kreisen, ist jede Suche nach ihren Heimatwelten so gut wie aussichtslos."
"Was sollen wir denn sonst unternehmen?"
"Zuerst einmal brauchen wir dringend transportable Hirnwellen-Messgeräte", sprach Hamblin, "denn das ist derzeit unsere einzige Möglichkeit, umgewandelte Menschen schnell genug zu entlarven. Und dann muss die Regierung davon überzeugt werden, dass wir unbedingt ständige geheime Beobachtungsposten im Operationsgebiet der Nardim brauchen, um mehr über sie und ihre Aktivitäten herauszufinden. Vielleicht gelingt es uns auf diese Weise, die Heimatwelten der Nardim zu finden. Ich befürchte nämlich, dass dies nicht die letzte Auseinandersetzung mit diesen Wesen war."
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