ACHTZEHN

~ In welchem unsere Heldin erneut ihren leichten Schlaf unter Beweis stellt ~

 

Alte Gewohnheiten wird man nur schwer los, dachte Voss bei sich, als er durch das Fenster hinein kletterte. 

 

Obwohl, es war nicht mehr so leicht wie früher, in das Schlafzimmer einer Frau zu klettern. Und heute Nacht hatte er aus Gründen der Zweckdienlichkeit den direkten Weg gewählt – der jedoch nicht unbedingt der geschickteste war. 

 

Glücklicherweise wuchs vor Angelicas Schlafzimmer eine solide Eiche, die es ihm gestattete, über einen ihrer starken Äste das Fensterbrett zu erreichen, und mit ein bisschen Planung schaffte er es, sich über eben jenen Vorsprung zu werfen und dabei nur ein weiches Plumpsen hören zu lassen. Der Earl sollte diese Äste wirklich stärker zurückschneiden lassen. Er würde darüber ein ernstes Wörtchen mit ihm reden müssen, wenn das alles hier vorbei war, und wenn er selber sicher war, in Zukunft keinerlei Verwendung mehr dafür zu haben. 

 

Er war aus verschiedenen Gründen nicht mehr so besorgt wie bei seinem letzten nächtlichen Besuch bei Angelica, ob Corvindale ihn nun hier entdecken würde. Und da er schon seit drei Tagen hier herumlungerte und auf einen Abend wartete, an dem der Earl ohne die drei Schwestern ausging, anstatt zu Hause zu bleiben (warum würde ein Vampir nachts denn eigentlich zu Hause bleiben?), war seine Geduld jetzt erschöpft, und er war bereit, es zu riskieren, selbst wenn der Earl zu Hause wäre. 

 

Das Fenster stand offen, und so gelangte nicht nur die warme Sommerbrise, sondern auch Voss ins Zimmer. Einmal drinnen blieb er stehen und schaute auf das zerwühlte Bett und die Frau darin hinab. 

 

Der Mund wurde ihm trocken, und sein Herz hämmerte ihm laut in der Brust. Sie hatte gesagt, sie liebe ihn ... aber hatte sie das auch wirklich ernst gemeint?

 

Was würde er tun, wenn sie es nicht ernst gemeint hatte?

 

Voss war sich nicht sicher, wie lange er dort stand und sie betrachtete, als plötzlich eine Uhr irgendwo die Stunde schlug. Drei. Weniger als drei Stunden bis zur Dämmerung.

 

War das genug Zeit?

 

Als er näher kam, konnte er mehr Details in dem blauweißen Mondlicht ausmachen, das ihr durch das Fenster fiel. Der würzige Zitrusduft von Angelica und andere weibliche Gerüche von Pudern, Cremes und Stoffen stiegen ihm lockend und verheißungsvoll in die Nase. Ihre dunklen Wimpern, halbgeöffneten Lippen, diese Masse von dunklem Haar, die sich über das Kopfkissen ausgebreitet hatte. Wie oft hatte er von ihr geträumt – genau so?

 

Eine Schulter kam dort unter dem Laken zum Vorschein, einen Arm hatte sie unter dem Kinn eingerollt. Dann sah er die Spuren auf ihrem Gesicht. Glänzende Streifen, die ihre Wangen entlangliefen. 

 

Tränen?

 

Voss kam näher und streckte die Hand aus. Ohne Vorwarnung schnappte sie nach Luft und riss die Augen auf. 

 

Sie strampelte sich zum Sitzen hoch, eine Wolke dichten Haares baumelte über ihrem Leibchen und fiel schwer über die Laken.

 

„Sie sind nicht tot“, sagte sie. 

 

„Du besitzt die außerordentliche Gabe, nur auf komplett Unsinniges zu achten“, sagte Voss, der immer noch Mühe hatte, mit ihrem jähen Erwachen zurechtzukommen, und ebenso mit dem verstörend appetitlichen Anblick von einer zerzausten und trotz allem etwas schläfrigen Angelica. „Nicht, ‚Warum bist du hier, Voss?‘, ‚Wie bist du hereingekommen?‘, oder auch, wie du beim letzen Mal so grob formuliertest, ‚Gehen Sie jetzt.‘“

 

„Ich glaube, es war eher ein ‚Fliehen Sie jetzt.‘“ Ihre Lippen verzogen sich. Ein kleines bisschen. „Ich bin überrascht, Sie zu sehen. Hilft das?“ Ihre tiefe Stimmlage könnte von Schläfrigkeit herrühren, oder von einer ganz anderen Art von Gefühl. 

 

Ausgerechnet da bemerkte er, wie im Mondlicht etwas an ihrem Hals glitzerte. Das war doch nicht etwa ... „Ist das die Halskette, die ich dir gegeben habe?“ Als er sich vorwärts bewegte, konnte er die dunklen Blätter von frischem Ysop dort in Gold geflochten sehen. Er zögerte. Was hatte es zu bedeuten? Dass sie die Halskette immer noch trug, um ihn sich vom Leibe zu halten ... insbesondere wenn sie glaubte, er wäre tot?

 

„Ja. Ich musste den Ysop ersetzen, weil die alten Blätter völlig ausgetrocknet sind.“ Ihre Finger zupften sachte daran. Es war zu dunkel, um sicher zu sein, aber ihm schienen ihre Finger dort ein wenig zu zittern. 

 

Dann wurde seine Aufmerksamkeit wieder von dem Schatten abgelenkt, dort, zwischen ihren Brüsten, einem tiefen Tal, das er bislang nur einmal hatte erkunden dürfen ... und nicht halb so genau, wie er es gerne getan hätte. Sein Blut pulsierte. Er wollte nichts lieber, als dort zu ihr in das warme Bett zu schlüpfen und seinen Körper da, an ihrem weichen und warmen, lang auszustrecken. 

 

„Warum hast du geweint?“, fragte er und setzte sich vorsichtig auf die Bettkante. Wenn sie schrie oder laut rief, würde es diesmal deutlich schwieriger werden zu entfliehen. Ihr Schlafzimmerfenster lag ziemlich hoch oben.

 

Und Corvindale wäre sicher nicht in der Stimmung, den Erklärungen von Voss zuzuhören. 

 

Angelica schaute weg. Sie rieb an dem, was mittlerweile nur noch ein ausgetrocknetes kleines Rinnsal an ihrer Wange war. „Was tun Sie hier? Wenn Chas das herausfindet ... “

 

„Dein Bruder“, sprach Voss mit plötzlich recht kühler Stimme, „wird es nicht herausfinden, es sei denn, du erzählst ihm hiervon. Er ist viel zu sehr mit der Schwester von Moldavi beschäftigt, als sich um die eigenen zu kümmern. Oder hast du das nicht bemerkt?“ Dann lächelte er reumütig, obwohl sie das wahrscheinlich gar nicht sehen konnte. Er erhob sich und kam dort, in den Schatten, zu stehen, während sie im Mondlicht badete. „Nicht dass ich mich beschweren wollte. Wenn er etwas aufmerksamer wäre, könnte ich schwerlich hier sein.“ 

 

„Bitte“, sagte Angelica. „Warum sind Sie hier? Wenn jemand Sie findet, bin ich kompromittiert. Und morgen –“, sie verstummte, und er sah, wie sie sich auf die Lippen biss.

 

„Was passiert morgen?“, fragte er scherzend. „Ein Ausritt im Park mit Lord Harrington? Ein Picknick mit Mr. Revelsworth? Oder ist es ein Ball am Arm von Sir Brittonsby?“

 

„Ich werde mich verloben.“

 

Gerade noch rechtzeitig. Gerade noch rechtzeitig. 

 

„Ist dem so?“, war alles, was er sagen konnte. Überraschend, wie sein Mund so trocken und sein Kopf völlig leer wurde. „Aber“, fuhr er fort und zauberte sich das alte Lächeln aufs Gesicht, „du liebst mich. Oder war das nur eine Lüge, um deinen Bruder davon abzubringen, mich vor deinen Augen umzubringen? Ich weiß, dass dir der Anblick von Blut nicht behagt.“ 

 

„Es war keine Lüge. Es ist ... keine“, sprach sie da.

 

„Ehrlich und aufrichtig?“, fragte er, und in ihm löste sich etwas. Er kam ihr jetzt näher. Die erste Berührung von ihrer warmen Haut, seine Finger an ihrem Arm, all das sprach zu ihm, in ihm, und sagte: Ja, das hier ist richtig und gut.

 

„Ehrlich und aufrichtig“, flüsterte sie. In dem dämmrigen Licht fanden sich ihre Augen, und er verlagerte sein Gewicht noch weiter zu ihr, aber gab Acht, jetzt nichts zu überstürzen. Frauen konnten bisweilen etwas schreckhaft sein, selbst wenn sie behaupteten, verliebt zu sein. „Ich dachte, ich würde dich niemals wieder sehen“, fügte sie hinzu. 

 

„Aber ... du trägst das da“, sagte er und zeigte auf die Kette. 

 

Sie neigte den Kopf nach unten. „Es ist alles, was ich von dir habe ... außer den Rubinohrringen. Und die waren nicht wirklich für mich, nicht wahr?“

 

Er lachte verlegen auf. „Nein. Ich war so ein Esel.“

 

„Genau das hat Chas auch gesagt. Obwohl ... er hat sich, glaube ich, etwas vulgärer ausgedrückt.“ Sie sah wieder auf, aber spielte weiter mit der Kette. „Und ich dachte, wenn ein Wunder geschieht, und du jemals zu mir zurückkämst, dann könnte ich das hier tun ...“ Sie zog rasch an der Kette, die Kette riss und Ysopblätter verteilten sich überall. Mir einer raschen Bewegung ihres Handgelenks schleuderte sie die Kette zum Fenster hinaus. „Damit du es wissen würdest.“

 

Voss hatte gedacht, er wäre schon einmal entzwei gebrochen worden, dort auf diesem sonnigen Balkonvorsprung ... aber jetzt, als er ihr in die heißen, dunklen Augen sah, wusste er, das war erst der Anfang gewesen. Sein Inneres kam in Bewegung, entfaltete sich, und das letzte bisschen Widerstand war dahin. 

 

„Angelica“, sagte er und glitt auf sie zu.

 

Sie hieß ihn willkommen, ihre Arme schlossen sich um ihn, als er ihren warmen Körper an seinen hob. Süß, weich, köstlich. Er versank in ihrem Duft ... und dem eines anderen.

 

Er hielt sie auf Armeslänge, um ihr in die Augen zu schauen. „Du bist mit einem anderen zusammen gewesen. Einem Mann.“

 

Sie versteifte sich leicht. „Lord Harrington und ich haben heute Abend einen kleinen Spaziergang im Garten der Stubblefields gemacht.“

 

„Und gehe ich recht in der Annahme, er ist der glückliche Auserwählte?“ Voss streckte seine Hand aus, um ihren Kopf zu berühren, die Versuchung, seine Hand durch ihr dichtes Haar gleiten zu lassen, war zu groß. Herrlich, schwer, warm. Er wollte sie einmal nur mit diesen Locken bekleidet vor sich stehen sehen. 

 

„Er wird morgen Mittag Corvindale seine Aufwartung machen.“

 

„Und ... er hat dich geküsst, nicht war?“

 

„Das hat er.“

 

„Und hat er dich das hier vergessen lassen?“ Und er kam auf sie zu.

 

Ihre Lippen trafen sich, ihre so weich und süß, dass er sich zurückhalten musste, sie nicht zu verschlingen. Aber das kleine Stöhnen, ihre Finger, die sich in sein Haar klammerten, ihr Körper, der sich durch die Decke hindurch an ihn schmiegte, machten diesen Vorsatz zunichte.

 

Er konnte sich nicht mehr zurückhalten – da war außer ihr nichts, nur das sanfte Gleiten von Lippen, zartes Klicken von Zähnen aneinander, der feuchte Tanz von Zungen miteinander und das sachte Knabbern an oben und unten. Sein Atem fort, sein Körper bereit, bereit, nachdem er so lange auf sie gewartet hatte ... ihre Schultern, zart und weich, und Brüste, die sich an ihn drückten. Er fühlte, wie ihre Beine sich unter ihm verlagerten, zog den Träger ihres Leibchens an ihrer Schulter runter, küsste sie am Hals, fühlte, wie sie unter seinem Mund bebte. 

 

Sie versteifte sich in dem Moment etwas, und er hob sein Gesicht, um auf sie zu schauen, wusste, sie wartete darauf, dass er dort in sie eindrang, spitz und scharf ...

 

„Hat er?“, fragte Voss.

 

Angelica musste sich erst ihren Weg aus dem Nebel suchen, ein Nebel von Sinnlichkeit, der sich immer mit ihm um sie legte, und zuerst verstand sie nicht. Sie schaute zu dem Mann hoch, der sich dort im Mondlicht schemenhaft über ihr abzeichnete, seine Haarspitzen silbrig, aber sein Gesicht im Schatten ... und dann erinnerte sie sich wieder an seine Frage. 

 

„Nein“, wisperte sie und fuhr mit den Fingern an seinem Kinn entlang. „Nein, hat er nicht. Ich glaube, das wird niemandem je gelingen.“

 

„Angelica ... Ich liebe dich. Ich will ... dich.“ Er schob sich etwas zur Seite, und jetzt konnte sie in dem silbrigen Licht seine Augen sehen. Sie waren dunkel und hungrig, und der Atem stockte ihr.

 

„Ich werde mich morgen verloben“, sagte sie und versuchte, ihre Stimme ruhig und leise zu halten. „Ich –“

 

„Angelica“, flüsterte er. „Ich werde mich um alles kümmern. Morgen. Mit Corvindale. Wenn ... wenn du mich nur haben willst. Wenn du mir vertraust.“

 

Sie konnte nicht sehen, wie das gehen sollte, wusste, dass Chas es niemals zulassen würde, außer sie brannten einfach durch ... aber das alles war ihr gleichgültig. Nicht in diesem Moment, in diesem Moment war ihr einziger Gedanke, dass sie ihn fast verloren hätte und dass ihr Innerstes sich nach ihm verzehrte. „Ich will dich.“ Um welchen Preis auch immer. „Ich habe dir bis jetzt doch auch vertraut oder etwa nicht?“

 

Mit einem raschen Atemzug, nur ein gewispertes Stöhnen, zog er sie wieder an sich, presste seinen Mund auf ihren, und eine Hand umfasste eine ihrer Brüste. Ihre Brustwarzen waren hart geworden, als sie sich geküsst hatten, aber jetzt, als seine Finger ihre harte Spitze fanden, schoss es von überall warm durch sie. Die Nässe zwischen ihren Beinen, jäh, heiß, machte, dass sie sich nach oben durchbog, gegen ihn. Das hier ... das.

 

Sie wollte seine Haut berühren, hatte es bereut, dies in Paris so wenig ausgiebig getan zu haben. Ihn niemals auf diese glatte, goldene Fläche dort zu küssen, ihre Finger nicht in dem Haar dort zu vergraben. Er setzte sich auf und riss sich den Mantel vom Leib, dann das Hemd, und sie setzte sich auch auf, um ihre Hände flach auf seine Brust zu legen, sie über die glatten Muskeln durch das drahtige Haar nach oben wandern zu lassen, die flachen Brustwarzen und der Bogen seiner breiten Schultern. 

 

Er war so hart und fest, verglichen mit ihrer Weichheit, und ehe sie sich versah, hatte er schon die Bettdecken weggezogen und zog ihr Nachthemd nach oben und über ihren Kopf. Vielleicht war es dabei auch zerrissen, aber auch das war ihr gleichgültig. 

 

Angelica war nackt, das Mondlicht legte sich in silbernen Streifen über ihren Bauch, als er vor ihr auf dem Bett kniete und auf sie herabsah. Ihr kam der Gedanke, ausgerechnet da, dass sie noch nie derartig auf ihrem Bett dagelegen hatte – nackt und ohne Decke und getaucht in natürliches Licht. Ein leichter Luftzug ging ihr über die erregte, erwartungsvolle Haut. Es fühlte sich herrlich an. 

 

„Ich habe noch nie etwas so Schönes gesehen“, murmelte er, „in meinen ganzen hundertachtundvierzig Jahren nicht.“

 

Sie würde jetzt nicht darüber nachdenken ... nicht dass er so alt war, dass er unter diesem Fluch litt, dass er in jedem Augenblick zupacken, sie zerreißen könnte, ihr alles Blut aussaugen. Wieder und wieder hatte er bewiesen, dass er ihr das nicht antun würde, und heute Nacht ... war da noch etwas anderes. Eine Zurückhaltung. Dieses wilde Brennen war aus seinen Augen verschwunden, die rauen, abgehackten Atemzüge waren nicht zu hören.

 

„Aber“, sagte sie, wobei sie sich später fragte, wo diese tollkühnen Worte nur hergekommen waren, „du bist immer noch angezogen, und ich bin neugierig zu erfahren, wie denn nun ein über hundertvierzig Jahre alter Mann ohne Kleider aussieht.“

 

Er verschluckte sich da fast vor Überraschung. „Ich will sehr hoffen“, sagte er, während er sich seine Hose mit geübten Fingern und ohne Hast aufknöpfte, „das will nicht heißen, du weißt, wie ein dreißigjähriger Mann aussieht, und uns miteinander vergleichen möchtest.“

 

Sie musste nervös kichern, aber unterbrach sich sofort, als er seine Hosen und Unterhosen über seine schmalen Hüften gleiten ließ. Angelica war nicht naiv oder unschuldig, was den Ablauf des Coitus betraf – sie und Maia hatten diesbezüglich schon viele Unterhaltungen mit ihren Kammerzofen geführt. Aber jetzt dem tatsächlichen Objekt gegenüber zu stehen, oder zu liegen, raubte ihr schlicht den Atem.

 

Sie streckte die Hand aus, um es zu berühren, und Voss erstarrte. Sie blickte zu ihm auf und sah, dass seine Augen geschlossen waren, er aufgehört hatte zu atmen, und sie zog ihre Hand weg. 

 

Seine Augen öffneten sich plötzlich. „Angelica.“

 

„Es tut mir Leid ... ich wusste nicht.“

 

„Nein, nein, das ist es nicht ...“ Sein Lächeln zitterte, und er holte tief Luft. „Du weißt nicht, wie lange ich darauf gewartet habe, dass du mich anfasst.“

 

„Oh ...“ Sie schloss ihre Finger wieder um seine Erektion, überrumpelt von der hitzigen Lust, die sie an der straffen, samtweichen Haut spürte. „Mylord.“

 

„Voss, verdammt noch mal, Angelica. Mein Name ist Voss. Sag ihn“, seufzte er gereizt.

 

„Voss“, erwiderte sie. „Ich liebe dich, Voss.“

 

Ab da bewegte er sich rasch vorwärts, und ehe sie wusste, wie ihr geschah, waren sie Haut an Haut, Köper an Körper. Seine Hände waren überall, und sein Mund, sanft und fordernd, seine Zunge streichelte und erkundete sie an Stellen, von denen sie nicht einmal geahnt hatte, was sie dort fühlen konnte: die kleine Mulde an ihrem Hals, der sanfte Hügel ihres Bauches, das Innere ihrer Schenkel.

 

Hier keuchte Angelica auf: Als er sich zwischen ihre Beine beugte, diese sanft auseinander zog. Sie hätte sich nicht rühren können, wenn sie es versucht hätte, aber als seine geschmeidige, freche Zunge sie zu streicheln begann, seine Lippen knabberten und kosteten, musste sie sich ein Kopfkissen vor das Gesicht ziehen, um ihr Stöhnen und ihre Seufzer darin zu ersticken. 

 

Diese köstliche Hitze füllte und füllte sie, und als er sie neckte und liebkoste, mit langen, glatten Stößen, schnellen, kurzen Stößen, fasste sie blind nach seinem Kopf, glitt mit ihren Fingern durch sein Haar, bis alles explodierte, und sie als pure, bebende, keuchende Masse in die Kissen zurücksank. 

 

„Voss“, flüsterte sie, als er das Kissen wegriss, und sie seinen wilden Gesichtsausdruck sah.

 

Er beugte sich zu ihr, sein Mund wie heißer Moschus, und seine Hände glitten wieder zwischen sie, ihre Körper, Fleisch an glattem Fleisch, Kurven schlangen sich um feste Muskeln, rutschen und verschoben sich, und als er sich auf ihr Innerstes zubewegte, hob er kurz den Kopf, löste sich aus ihrem Kuss.

 

„Angelica“, war alles, was ihm über die Lippen kam, aber sie sah die Frage in seinen Augen. 

 

„Ja“, atmete sie laut aus, „ich vertraue dir.“

 

Er schloss kurz seine Augen und öffnete sie dann wieder. Als er da zu ihr herabsah, brannte dort etwas, was wirklich gar nichts mehr mit dem Teufel zu tun hatte, sondern nur noch mit absoluter Reinheit und Güte, und er verlagerte sein Gewicht und schob sich nach vorne ... und füllte sie.

 

Bei dieser puren, erotischen Berührung riss Angelica die Augen auf, ein Gefühl, das sie sich nie hätte vorstellen oder beschreiben können ... dann drang er mit einer raschen Bewegung tiefer ein. Der Schmerz ging über in überwältigende Lust, und dann wechselte alles von sanfter Ruhe zu einem heißen, schnellen, immer schneller werdenden Rhythmus. 

 

Er dämpfte Geräusche aus ihren Mund mit seinem – oder vielleicht auch die seinen mit ihrem ... sie wusste es nicht zu sagen und gab sich einfach hin.

 

Und als er sich anspannte und innehielt, sich über ihr hochwölbte, seine Finger zwischen sie glitten, musste sie wieder überrumpelt aufkeuchen, war wieder völlig neben sich, explodierte in Hitze und Licht hinein, als er sein Gesicht an ihrem Hals vergrub und über ihr erschauerte. 

 

„Das“, murmelte er, ein bisschen später, an ihren Hals geschmiegt, „hat mich mit dem langen Warten auf dich restlos versöhnt, Liebste.“

 

„Sollen wir es noch mal tun?“, fragte sie, als sie seine Lippen fand. Und liebte, wie der Geschmack von ihr sich dort mit seinem eigenen, feuchten Geschmack vermischte. 

 

Voss lächelte, dort, an ihr. „Nur wenn du mir versprichst, leise zu sein. Ich würde ungern von Corvindale unterbrochen werden.“

 

 

 

~*~

 

Voss erwog, dort mit Angelica verschlungen liegen zu bleiben, bis jemand kam und sie am Morgen fand. Dann müssten sie ja wohl heiraten. Dann würde selbst Corvindale keinen Ausweg mehr finden ... und Erklärungen aller Art wären dann fällig.

 

Aber am Ende entschied er, dass es einen besseren Weg gäbe. Ein bisschen dramatischer, und außerdem, das musste er sich ganz ehrlich insgeheim eingestehen, wollte er Corvindale noch ein letztes Mal richtig eins auswischen, nur um den Mann leiden zu sehen. Ihn zu zwingen, etwas mehr Gefühl zu zeigen, etwas anderes als die Visage eines abgebrühten Bastards, die er der übrigen Welt immer darbot.

 

Seine Seele war vielleicht nicht mehr schwarz, zerrissen und verdorben, und er hatte womöglich die wahre, ewig währende Liebe gefunden, aber Voss war immer noch fehlbar. Genau wie jeder andere Mann auf dieser Welt.