XII

Er hörte die Bremsen quietschen. Es tat weh, als er auf das Gleis prallte. Irgendwo schrieen Leute. Eine Frauenstimme übertönte die anderen, ein Sopran des Schreckens. Es schien ihm, als wäre er woanders, läge nicht auf den Bahngleisen. Wie durch einen Nebel hatte er die Bahn heranrasen gesehen, rot, zwei Scheinwerfer, darüber die Scheibe. Hinter der Scheibe als Schemen erkennbar der Triebwagenführer, Kostas Ionanides. Ihm hatte es Stachelmann zu verdanken, dass er überlebte. Der Mann hatte aufgepasst, er war Anfänger und ängstlich. Stachelmann erfuhr später, Ionanides habe Kollegen zugehört, die Menschen überfahren hatten. Selbstmörder, die einen zum Mittäter und zum Opfer machten. Man kann das nicht verhindern, es dauert lang, bis ein Zug anhält, Hunderte von Tonnen zerren an den Bremsen. Stahl auf Stahl, das sei zwar haltbar, aber die Bremswirkung von Gummi erreiche es nicht. Als Ionanides das erste Mal von den Toten auf den Gleisen erfahren hatte, schwor er sich, noch besser aufzupassen. Er wollte nicht nachts aufwachen, weil er von Leichenteilen geträumt hatte, von Leichen, die er zerrissen hatte. Hätte ein anderer im Führerhaus gesessen, dann wäre Stachelmann wahrscheinlich tot gewesen. Später, als er den Schock überwunden hatte, da gab es manche Sekunden, in denen Stachelmann sich wünschte, Ionanides hätte an diesem Abend mit Grippe im Bett gelegen. Es hätte Stachelmann Schmerzen und Verzweiflung erspart.

Er hätte sich an den Kopfwagen des Zugs anlehnen können. Der stand wenige Zentimeter vor seinem Körper. Er blickte hoch zum Bahnsteig, sah die Blicke der Zuschauer und hob einen Arm. Endlich löste sich ein Mann aus dem Pulk und stieg hinab zum Gleis. Er war schmächtig und trug einen Rucksack. »Geht es?«, fragte er. Stachelmann nickte. Der Mann stützte ihn, als Stachelmann sich erhob. Das rechte Schienbein schmerzte, die Rippen auch. Er war mit dem Kopf aufgeschlagen, seine Hand rötete sich, als er sich über die Stirn fuhr. Von oben streckten sich Hände entgegen, der Mann auf den Gleisen schob, die anderen zogen. Endlich saß Stachelmann auf dem Bahnsteig. Die Leute starrten ihn an. Die Menge wurde geteilt, eine Frau im weißen Kittel, dahinter zwei Männer mit Tragbahre. Die Frau ging in die Knie. »Wie geht es Ihnen?«, fragte sie, während sie seine Hand nahm und den Puls fühlte. Sie betrachtete seine Stirn, dann winkte sie die beiden Männer heran. Die stellten die Tragbahre neben ihn. »Ich schaffe es allein«, sagte Stachelmann und stand auf. Ihm wurde schwarz vor Augen. Als er aufwachte, lag er in einem Krankenwagen. An seinem linken Arm hing ein Schlauch. Neben ihm saß die Ärztin. Er schaute sie an. Sie lächelte. »Da sind Sie ja wieder«, sagte sie. Sie erinnerte ihn an Anne.

Der Krankenwagen fuhr mit Sirene und Blaulicht. Dann hielt er an. Die Tür wurde geöffnet. Die beiden Männer zogen die Trage auf ein Fahrgestell. Sie rollten ihn in den Eingang eines Krankenhauses. Die Notärztin lief an der Seite mit. Sie brachten ihn in ein Behandlungszimmer und hoben ihn auf den Tisch. Ein Mann erschien. Er reichte Stachelmann seine Hand und murmelte etwas. Stachelmann verstand ihn nicht. Der Mann war Arzt, er untersuchte Stachelmann, sprach leise, fast mit sich selbst.

»Prellung«, verstand Stachelmann. Die Ärztin stand an der Wand und schaute zu. Ab und zu warf sie ihm einen Blick zu. Dann sagte sie: »Glück gehabt, ist nichts Schlimmes passiert. Alles Gute!« Sie öffnete die Tür und ging.

Dann erschien eine Krankenschwester, eine schwere Frau um die Fünfzig. Sie fragte: »Geht es?«, und nahm Stachelmann am Arm, ohne eine Antwort abzuwarten. Stachelmann sagte: »Ja.« Am Arm der Krankenschwester ging er zu einem Aufzug. Sie fuhren zwei Stockwerke hoch, dort brachte die Krankenschwester Stachelmann in ein Zimmer. Ein Bett war belegt, der Mann schlief. Stachelmann legte sich in das andere.

»Wir müssen jetzt Ihre Daten aufnehmen«, sagte die Krankenschwester.

»Ich bin privat versichert, mit Anspruch auf ein Einzelzimmer.« Stachelmann hatte seine Krankenversicherung aufgestockt, als er erfuhr, dass er Rheuma hatte.

»So langsam werden Sie wieder klar im Kopf«, sagte die Krankenschwester. »Dass Sie schon an so was denken können.«

Wenn ich schon ins Krankenhaus muss, dann de luxe, dachte Stachelmann.

»Wir haben noch ein Einzelzimmer«, sagte die Krankenschwester. Sie löste die Bremsen an seinem Bett und schob ihn ans Ende des Ganges in ein Zimmer. Es stand nur ein Schrank darin. »Tisch, Stühle und so weiter besorge ich gleich«, sagte die Krankenschwester und ging.

Sie kehrte zurück mit einer Kollegin. Die beiden trugen Stühle. Sie verließen das Zimmer und kamen mit einem Tisch zurück. »Wollen Sie ein Fernsehgerät?«, fragte die andere Schwester. Sie hatte eine piepsige Stimme. Stachelmann schüttelte den Kopf. Die beiden gingen, sie schlossen die Tür, es war Ruhe.

Was war geschehen? Er schloss die Augen und überlegte. Er hatte einen Stoß in den Rücken bekommen. Das war kein Rempeln gewesen, nicht unabsichtlich, wie es hin und wieder passiert. Es war ein schneller, harter Stoß mit einer Handfläche gewesen. Der Stoß sollte ihn auf die Gleise fallen lassen, damit ihn die S-Bahn überfuhr. Stachelmann stellte sich vor, wie er ausgesehen hätte, wenn die Bahn nicht rechtzeitig gehalten hätte. »Ein Wunder!«

Er hatte die Stimme eines Menschen aus der Menge im Ohr. Ja, es war ein Wunder, dass er überlebt hatte.

Wer hatte einen Grund, ihn auf die Gleise zu stoßen? Ein Verrückter? Gab es Leute, die andere Leute umbrachten, weil es ihnen Spaß machte? Kaum. Was sagt Ockham dazu, der Mann mit dem Rasiermesser der Logik? Wenn dich einer stößt, dann will er dich irgendwohin befördern. Wer hat die Absicht, mich umzubringen? Eine Verwechslung? Es konnte nur eine Verwechslung sein, Stachelmann kannte niemanden, der ihn so hasste, dass er ihn töten wollte. Gut, das weiß man nicht, man steckt nicht drin in anderen Menschen. Aber selbst bei aller denkbaren Übertreibung, Stachelmann entdeckte nicht den Anschein eines Grunds.

Als er nach seinem Handy suchte, fiel ihm auf, dass er einen Krankenhauspyjama trug. Er stand auf und ging zum Schrank. Darin hing seine Kleidung, sie war schmutzig. Er hatte nicht gemerkt, dass jemand seine Kleidung in den Schrank gehängt hatte. In seiner Jacketttasche fand er das Handy, das Display war zersplittert und schlecht abzulesen. Er schaltete das Handy ein und suchte Ossis Nummer. Dann ließ er es klingeln.

»Mordkommission.«

»Kann ich Kommissar Winter sprechen?«

Es dauerte einige Sekunden. »Winter.«

»Ich bin’s, Ossi.«

»Guten Tag«, sagte Ossi. Es klang, als hätte Ossi seine Stimme in einer Tiefkühltruhe gelagert.

»Jemand hat versucht mich umzubringen.«

»Was?« Er schwieg. Dann fragte er: »Wo und wie?«

»Bahnhof Friedrichstraße, in Berlin. Jemand hat mich aufs Gleis gestoßen.«

»Du nimmst mich auf den Arm.«

»Nein, du Idiot. Ich liege in der Charité mit Prellungen und einer Beule im Gesicht.«

»Du bist sicher, es war kein Versehen? Einer hat nicht aufgepasst, Kinder, die Fangen spielen oder so.«

»Es hat mich jemand mit der Hand gestoßen, so fest, dass ich vor eine S-Bahn stürzte.«

»Sag mir mal deine Zimmernummer.«

Stachelmann stand auf und ging zur Tür. Er öffnete sie und las die Zimmernummer außen ab. Er sagte sie Ossi.

»Und dir sind meine Kollegen noch nicht auf die Pelle gerückt? Die wurden doch bestimmt zum Bahnhof gerufen. Und jetzt wissen sie wahrscheinlich nicht, wo das arme Opfer liegt. Heiliges Chaos! Haben die da wieder Staatsbesuch? Ich klär das und schick einen vorbei, der wird die Sache aufnehmen. Du machst vielleicht Sachen. Wenn der Kollege weg ist, ruf mich noch mal an.« Ossi legte auf.

Es dauerte nicht lang, bis es an der Tür klopfte. Ein Polizist in Uniform betrat das Zimmer, er war blond und jung, ein weiches Gesicht. Viel zu jung für einen Polizisten.

»Guten Tag, meine Kollegen aus Hamburg schicken mich. Ich soll etwas aufnehmen. Auf Sie wurde ein Anschlag verübt?« Es klang ungläubig.

Stachelmann zeigte auf einen Stuhl, der Polizist setzte sich und legte einen Block auf seine Knie. Er schaute Stachelmann erwartungsvoll an. Wäre der mir auf der Straße begegnet, ich hätte ihn für einen Schüler gehalten. Vielleicht merkt man nur so, dass man älter wird. Der Rücken schmerzte, er wusste nicht, ob es vom Sturz kam oder von der Arthritis. Er richtete sich auf im Bett und schob sich ein Kissen unter den Rücken.

»Ja, jemand hat mich auf die Gleise gestoßen im Bahnhof Friedrichstraße.«

Der Polizist schrieb etwas auf. »Haben Sie den gesehen, der sie stieß?«

»Nein, wie auch? Er hat mich in den Rücken gestoßen.«

»Sie hätten sich beim Fallen umdrehen können.«

Stachelmann starrte ihn an. »Mit Pirouette oder ohne? Oder vielleicht noch einen dreifachen Rittberger?«

Der Polizist schaute Stachelmann an, als käme er vom Mars. »Wie meinen Sie das?«, fragte er.

»Ich meine, dass ich andere Sorgen hatte, als mich nach dem Kerl umzuschauen, der mich geschubst hat. Zum Beispiel wollte ich nicht auf den Rücken fallen. Das ist im Menschen so eingebaut. Es gelingt ihm leider nicht so gut wie einer Katze.«

Der Polizist kaute am Bleistift. »Aber Sie sind sicher, dass Sie gestoßen wurden. Warum?«

»Würden Sie es nicht merken, wenn Sie jemand in den Rücken stößt? Mit der flachen Hand, damit sie auch wirklich fallen? Vielleicht ist der Begriff stoßen falsch, vielleicht sollte ich kräftig schieben sagen.«

Der Polizist kaute am Bleistift. »Gut, ich werde ein Protokoll aufsetzen und wiederkommen, damit Sie es unterschreiben können. Ich sehe es richtig, Sie haben den Täter nicht gesehen.«

»Nein.«

»Gibt es jemanden, der ihn gesehen hat?«

»Weiß ich nicht.«

Der Polizist stand auf, gab Stachelmann die Hand und ging. Stachelmann war sich sicher, der Mann glaubte ihm nicht. Er hielt ihn wahrscheinlich für einen Hysteriker. Oder für einen, der gestolpert ist auf die Gleise und sich nicht traute, es einzugestehen. Stachelmann zog das Kissen unter seinem Rücken weg und legte es unter den Kopf. Die Tür öffnete sich, der Arzt erschien, er hatte eine Spritze in der Hand. Stachelmann hatte Angst vor Spritzen. Der Arzt bat Stachelmann, das Gesäß freizumachen. Stachelmann spürte keinen Schmerz. Nach einigen Minuten war er eingeschlafen.

Am Morgen erinnerte er sich dunkel an Träume. Die dicke Krankenschwester erschien und brachte ein Frühstück. Sie war gut gelaunt. »Wie geht es uns denn heute?«

»Wie es uns geht, weiß ich nicht. Ich habe Kopfschmerzen.«

»Soll ich Ihnen eine Schmerztablette bringen?«

Stachelmann lehnte ab. Er hörte die Krankenschwester auf dem Gang ein Lied pfeifen.

Das Frühstück bestand aus grauen und schwarzen Brotscheiben, abgepackter Margarine, Marmeladendöschen und in Plastik verschweißtem Käse. In einem Becher dampfte Tee. Stachelmann schmierte sich ein Brot mit Erdbeermarmelade und trank einen Schluck. Er aß drei Bissen und legte den Rest des Brots auf den Teller.

Im Kopf war ein Pochen, die Rippen schmerzten beim Atmen. Ein stechender Schmerz. Der Rücken tat weh, er fühlte sich an, als wäre er fixiert gewesen in der Nacht. Vorsichtig stand Stachelmann auf. An der Tür hing ein weißer Bademantel. Auf dem Weg zur Tür wurde ihm schwindelig, überall Schmerzen. Er ging zurück zum Bett und setzte sich auf die Kante. Als der Schwindel nachließ, versuchte er es noch einmal. Diesmal spielte der Kreislauf mit. Er zog den Bademantel an und öffnete die Tür. Auf dem Gang Menschen in Bademänteln, manche trugen Infusionsflaschen. Ein Mann in weißem Kittel eilte irgendwohin. Stachelmanns Zimmer lag am Ende des Ganges. Er schaute aus dem Fenster hinunter. Es regnete auf einen großen Parkplatz. Er ging vorsichtig den Gang entlang, die Beine gehorchten. Nur die Schmerzen quälten ihn. Aus einem Zimmer, die Tür war nur angelehnt, hörte er ein mehrstimmiges Frauenlachen. Auf der Tür stand Schwesternzimmer. Er klopfte und drückte die Tür weiter auf. Fünf oder sechs Krankenschwestern saßen um einen Tisch, gedeckt mit Bechern und Tellern. Es roch nach Kaffee. Er erkannte die dicke Schwester, sie erhob sich, als sie ihn sah. »Aber, Herr Doktor Stachelmann«, sagte sie.

Stachelmann bat um eine Schmerztablette und ein Glas Wasser. Als er die Tablette genommen hatte, setzte er seine Wanderung durch das Krankenhaus fort. In einem Raum mit Glastür saßen Raucher, es stank hinaus auf den Flur. Er sah einen Mann in einem dunkelblauen Bademantel, in der einen Hand einen Flachmann, in der anderen eine Zigarette. Stachelmann kehrte um, begegnete einer Frau mit Blasenkatheder, jedenfalls trug sie einen Beutel mit einer blassgelben Flüssigkeit in der Hand. In der Mitte zwischen den beiden Gangenden lag das Treppenhaus mit zwei Aufzügen. Einen Treppenabsatz tiefer entdeckte Stachelmann eine grüne Metalltür, sie trug die Aufschrift Notausgang. Er stieg die Treppe hinunter und öffnete die Tür. Sie führte auf eine Betontreppe. Es war dunkel, an der Wand ertastete er einen Lichtschalter. Er legte ihn um, eine schmutzige Treppe im Funzellicht.

»Was treiben Sie denn hier?« Die Stimme in seinem Rücken klang scharf.

Er drehte sich um, eine Krankenschwester, klein, rothaarig, starrte ihn böse an.

»Ich wollte mal schauen«, stotterte Stachelmann.

»Hier gibt es nichts zu schauen.«

»Ist ja gut.« Er schloss die Tür und ging zurück zu seinem Zimmer. Er legte sich aufs Bett. Morgen würde er das Krankenhaus verlassen, egal, was die Ärzte sagten. Die Tür öffnete sich, der Arzt erschien in Begleitung der dicken Krankenschwester. Der Arzt stellte sich ans Fußende des Betts und sagte: »Na, schon wieder auf den Beinen, Herr Stachelmann?«

Stachelmann nickte. »Was ist Ihre Diagnose?«

»Sie sind kerngesund, soweit ich das sehe.«

»Ich habe eine Arthritis.«

»Das gehört nicht in unser Fachgebiet. Abgesehen von ein paar Prellungen und der schicken Beule an Ihrer Stirn ist nichts passiert.«

Nichts passiert, dachte Stachelmann. Das ist nicht wahr.

»Und immerhin sind Sie schon so gesund, dass Sie Besucher empfangen wollen.«

»Der war von der Polizei«, sagte Stachelmann.

»Den meint der Herr Doktor nicht«, sagte die Krankenschwester.

»Ich habe sonst keinen Besuch bekommen.«

»Weil ich ihn weggeschickt habe«, sagte die Schwester. Es klang, als erzählte sie von einem Sieg.

»Wen weggeschickt.«

»Na, Ihren Vater.«

Es traf Stachelmann wie eine Faust in den Solarplexus. Er schnaufte.

»Was ist denn mit Ihnen?«, fragte die Schwester.

»Warum haben Sie meinen Vater weggeschickt?«

»Ich habe gesagt, ich würde mal schauen, ob es geht. Als ich hier reinschaute, schliefen Sie. Ihr Vater kann bestimmt später noch einmal kommen. Das hat er auch gesagt. Er ist so ein verständnisvoller Mann.«

»Woher weiß mein Vater, dass ich hier bin?«

»Haben Sie es ihm etwa nicht gesagt? Sie haben doch ein Telefon im Zimmer, und ein Handy haben Sie auch dabei.«

Sie hatte also sein Jackett durchsucht. Hatte Ossi seinen Vater informiert? Dafür gab es keinen Grund, Ossi kannte seinen Vater nicht, wusste nicht mal, ob er noch lebte und wo er wohnte.

»Wie sah mein Vater denn aus?«

»Wie soll ich ihn beschreiben?«, fragte die Schwester.

Der Arzt unterbrach sie: »Herr Stachelmann, zwei, drei Tage möchte ich Sie noch hier behalten. Nur zur Beobachtung.« Er ging.

»Wie sah er aus?«, fragte Stachelmann noch einmal.

»Ach, wissen Sie, ich kann Menschen schlecht beschreiben, wahrscheinlich sehe ich zu viele.« Sie zögerte.

»Weiße Haare, die Spitzen bedeckten die Ohren. Und er trug ein graues Jackett. Ein bisschen altmodisch, wie das bei alten Leuten so ist. Ach ja, er kommt wohl gerade aus dem Urlaub, sah gut erholt aus.« Die Schwester ging.

Diesen Mann hatte er gestern gesehen. In der S-Bahn, er hatte im selben Wagen gesessen wie Stachelmann. Und am Bahnsteig in der Friedrichstraße war er ihm auch aufgefallen. Natürlich, es gab andere Männer, die graue Jacketts trugen, aber sein Vater zählte nicht dazu. Und er hatte keine Haare, deren Spitzen die Ohren bedeckten. Und sonnengebräunt war er schon gar nicht.

Das Handy klingelte, Ossi war dran. Er klang immer noch unterkühlt. »Mich hat ein Kollege aus Berlin angerufen. Die können mit der Sache nichts anfangen, fürchte ich. Du hast bestimmt keinen gesehen, der dich gestoßen haben könnte?«

Stachelmann überlegte, dann entschied er, nichts von dem Mann mit dem Jackett zu erzählen. Ossi war schon beleidigt, er wollte ihm keinen Grund geben, über ihn zu lachen. Wenn Ossi den Mordversuch als Hirngespinst abtat, dann würde ihn die Geschichte von dem allgegenwärtigen Greis nur bestätigen.

»Nein«, sagte Stachelmann.

»Ich habe niemanden gesehen.«

»Na, dann kann man nichts machen. Pass auf dich auf.

Tschüss.« Ossi legte auf, ohne eine Antwort abzuwarten.

Den Rest des Tags verbrachte Stachelmann im Bett. Er schloss die Augen und dachte nach. Die Krankenschwester servierte ein Abendbrot. Draußen schien die Sonne, die Strahlen blendeten. Mittags hatte es Eintopf gegeben, jetzt lagen Brotscheiben, Wurst und Käse auf dem Tablett. Eine Kanne Tee dampfte, roch gesund und schmeckte grauenhaft. Stachelmann aß nicht, er schloss wieder die Augen und überlegte. Zuerst kam ihm seine Idee wahnsinnig vor. Vielleicht hatten die Leute doch Recht, wenn sie ihn für verrückt hielten. Warum sollte ihn einer vor den Zug stoßen? Es gab dafür keinen Grund. Andersherum gesehen, wenn ihn einer vor den Zug stieß, hatte er einen Grund, es sei denn, er wäre durchgeknallt und fände Spaß daran, andere Leute umzubringen. Das mochte es geben, aber es war nicht vernünftig, davon auszugehen. Also wieder Ockhams Rasiermesser. Es stieß ihn nur einer vor die Bahn, der dies wollte und dafür einen Grund hatte. Es sei denn, es handelte sich um eine Verwechslung. Das war möglich, Wilhelm von Ockham aber schnitt diese Möglichkeit weg. Nein, ihn wollte einer umbringen, und der hatte einen Grund dazu. Es war richtig, dies zu unterstellen. Umso besser, wenn es doch eine Verwechslung war. Stachelmann musste den Grund finden. Erst fiel ihm keiner ein. Dann erinnerte er sich an die beiden Männer im Archiv. Sie hatten sich seltsam verhalten und die Akten genommen, die er auch ausgesucht hätte. Hamburger Finanzbehörde, lachhaft, dachte Stachelmann. Alles ist verjährt. Es sei denn, die Finanzbehörde treibe das schlechte Gewissen. Aber seit wann haben Behörden ein Gewissen? Vielleicht geht es um Vermögen der DDR? Aber dann suchten sie im falschen Bestand. Wenn die beiden etwas mit dem Anschlag zu tun hatten, welche Rolle spielte dann der Alte mit dem grauen Jackett?

Wenn es einen Grund gab, ihn umzubringen, was sprach dafür, dass es den Grund nicht mehr geben sollte? Es war sinnvoll, zu glauben, dass da draußen einer herumlief, der ihn töten wollte, ihn, den Historiker ohne Zukunft. Der Mann, der sich als sein Vater vorgestellt hatte, war jedenfalls ein Lügner und wahrscheinlich auch ein Mörder. Er war gekommen, Stachelmann zu töten. Der Bahnhof Friedrichstraße war ideal dafür. Das Krankenhaus aber auch. Hier kamen und gingen viele Leute. Der Mörder musste nur einen Moment abpassen, wo in irgendeinem anderen Zimmer etwas los war.

Was war der Schluss aus all diesen Annahmen, die so folgerichtig erschienen und doch falsch sein konnten? Wenn er überleben wollte, durfte er nicht im Krankenhaus bleiben. Er musste abhauen, heute Nacht schon. Er hatte einmal Glück gehabt. Vielleicht war alles Unsinn. Vielleicht spinne ich wirklich, dachte Stachelmann. Aber wer sich beim Überleben auf Wahrscheinlichkeiten verließ, war so gut wie tot. Er spürte keine Angst, es schien ihm unwirklich. Er betrachtete sich wie einen Schauspieler in einem Film. Er musste lachen. Ich, der Versager, dem das Schicksal einen Platz unter einer Brücke zugewiesen hat, der sich vor einem Aktenstapel fürchtet, ich, gerade ich soll umgebracht werden. Hornblower fiel ihm ein, der unter Selbst-zweifeln litt, sich aber nicht daran hindern ließ, mutige Entscheidungen zu treffen. Von Horny lernen heißt siegen lernen. Stachelmann lachte, aber dann kroch ihm die Angst in den Körper. Sie erreichte Darm und Magen und stieg übers Herz in den Kopf. Er saß auf der Bettkante und sah seine Hand zittern.

Dann entschied er sich. Er wartete, bis es draußen dunkel war. Er schaltete das Licht in seinem Zimmer aus und schaute aus dem Fenster. Der Parkplatz war schwach beleuchtet. Er beobachtete, ließ die Augen streifen von links nach rechts und wieder zurück. Sie fingen eine Bewegung ein. Da war ein Asphaltweg, am Rand Büsche. Der Weg führte vom Parkplatz zu einem Eingang im Krankenhaus. Ein Busch hatte gewackelt, obwohl es windstill war. Stachelmann starrte zu dem Busch, es tat sich nichts. Ein Vogel, eine Katze, längst verschwunden. Er ließ seine Augen wieder umherstreifen. Ein Auto kam, parkte, eine Frau stieg aus. Stachelmann ging auf den Gang und tat so, als würde er spazieren gehen. Er beobachtete genau, was sich tat. Langsam wurde es ruhig. Hin und wieder eilte eine Krankenschwester über den Gang und verschwand in einem Zimmer, über dessen Tür ein Lämpchen leuchtete.

Er kehrte zurück in sein Zimmer und wartete bis nach Mitternacht. Dann zog er seine Kleidung an. Die Geldbörse steckte in die Gesäßtasche seiner Hose, er entdeckte darin etwas mehr als zweihundert Mark und die Kreditkarte. Er öffnete vorsichtig die Tür und schaute auf den Gang. Er würde keine Minute brauchen bis zur Nottür an der Treppe. Der Gang war leer. Stachelmann schlüpfte aus der Tür und lief mit schnellen Schritten in Richtung Treppenhaus. Die Tür des Schwesternzimmers war angelehnt, er hörte zwei Frauenstimmen. Bloß nicht rennen! Er erreichte das Treppenhaus. Ein Aufzug klingelte, das Licht über dem Eingang leuchtete. Gleich würde die Aufzugtür sich öffnen. Stachelmann nahm zwei Stufen gleichzeitig hinunter zu der Zwischenetage mit dem Notausgang. Auf der vorletzten Treppenstufe rutschte er aus. Er fiel aufs Steißbein, verkniff sich einen Schmerzensschrei. Er saß auf dem Hintern und schaute nach oben. Aus dem Aufzug stieg ein Mann. Er hatte weiße Haare und trug ein graues Jackett. Der Mann ging in Richtung seines Zimmers. Stachelmann duckte sich. Als der Mann verschwunden war, stand er auf und humpelte zum Notausgang. Gleich würde der Mann entdecken, Stachelmann war nicht in seinem Zimmer. Entweder würde er dort warten, das war riskant, weil jeden Augenblick jemand anders als Stachelmann auftauchen konnte. Oder er verließ das Krankenhaus, wahrscheinlich auf dem gleichen Weg, den er gekommen war.

Stachelmann hatte einen Vorsprung. Es würde auf jeden Fall reichen, um sich vorläufig in Sicherheit zu bringen. Irgendein Hotel unter falschem Namen. Niemand würde ihn in dieser Nacht finden. Es sei denn, der Mann arbeitete nicht allein, sondern hatte Helfer, die sich Stachelmann an die Fersen hefteten. Als Stachelmann über den Notausgang das Krankenhaus verließ, sah er niemanden. Er stand auf einer Wiese und hörte, wie auf dem Parkplatz um die Ecke ein Auto gestartet wurde. Er versteckte sich hinter einem Busch. Das Auto fuhr nicht an ihm vorbei. Stachelmann schlich sich an der Hauswand entlang weg vom Parkplatz. Er kam an eine Ecke und schaute vorsichtig herum. Dort war der Haupteingang. Er blieb stehen und wartete. Es war wenig los. Nach etwa einer Viertelstunde verließ ein Mann das Krankenhaus und lief zur Luisenstraße, die weißen Haare schimmerten im Licht der Lampen am Eingang. Stachelmann lief los, folgte dem Mann. Du bist wahnsinnig, schoss ihm durch den Kopf. Aber seine Beine liefen weiter. Der Mann ging die Straße entlang in Richtung U-Bahnhof Zinnowitzer Straße. Er lief gemächlich und drehte sich nicht um. Er stieg die Treppen zur U-Bahn hinunter. Stachelmann hielt Abstand. Als der Mann den Bahnsteig erreichte, wartete Stachelmann hinter einem Pfeiler. Eine ältere Frau kam Stachelmann entgegen und musterte seine Kleidung. Er sah an sich hinunter, überall Schmutz vom Sturz auf die Gleise. Eine U-Bahn fuhr ein, der Mann wartete, bis alle ausgestiegen waren. Stachelmann mühte sich, nicht in den Gesichtskreis des Manns zu geraten, und stieg einen Wagen weiter vorn ein. Er setzte sich auf die Bank am Kopf des Wagens, hier überblickte er den Bahnsteig und konnte sehen, wo der Mann ausstieg. Der Streckenplan an der Seitenwand verriet ihm, dass er in der U 6 saß. Als sie in die Haltestelle Oranienburger Tor einliefen, wusste Stachelmann, die Bahn fuhr in Richtung Steglitz. Am U-Bahnhof Unter den Linden sah Stachelmann den Mann auf dem Bahnsteig. Er ging zügig in Richtung Pariser Platz. Stachelmann beeilte sich. Er verließ den UBahn-Wagen und folgte dem Mann. Der lief in Richtung Brandenburger Tor, vorbei an der russischen Botschaft, an deren Eingang zwei Polizisten patrouillierten. Der Mann ging ins Hotel Adlon. Stachelmann näherte sich dem Eingang, durch eine Scheibe sah er, wie der Mann sich am Empfang den Zimmerschlüssel geben ließ, dann verschwand er, war wahrscheinlich zu den Aufzügen gegangen. Stachelmann betrat vorsichtig die Empfangshalle. Dich hat der Teufel geritten, dachte er. Er schaute sich um und trat dann an den Tresen des Empfangs. Ein fein gekleideter Hotelangestellter musterte ihn mit unbewegtem Gesicht.

»Guten Tag, sagen Sie, wie hieß der Mann, der gerade seinen Schlüssel abgeholt hat?«

Der Hotelangestellte schaute ihn an, jetzt erst fiel Stachelmann wieder ein, dass seine Kleidung verdreckt war.

»Das darf ich Ihnen nicht sagen. Aber wenn Sie eine Nachricht hinterlassen wollen, werde ich sie dem Herrn sofort überbringen lassen.«

Stachelmann holte einen Fünfzig-Mark-Schein aus dem Portemonnaie und legte ihn auf den Tisch.

Der Hotelangestellte blickte ihn scharf an. »Mein Herr, Sie sind hier im Adlon.«

Stachelmann steckte den Geldschein wieder ein und verließ die Empfangshalle. Draußen schaute er sich um, ob der Mann mit dem grauen Jackett ihm folgte, und entschied sich, in Richtung Mitte zu laufen. Ins Haus Morgenland beim Bundesarchiv traute er sich nicht, sicher war er nur in einer Unterkunft, in der er sich mit falschem Namen eintrug. Er ging an der Humboldt-Universität vorbei, sein Steißbein und die Knie schmerzten. Auf der Karl-Liebknecht-Straße bog er links ab in Richtung Spandauer Brücke. Er entdeckte einen Geldautomaten und hob tausend Mark ab. Hin und wieder drehte er sich um, aber er sah nichts. Er bog in eine Seitenstraße ein und wartete einige Sekunden. Dann kehrte er um, niemand zu sehen. Ein Glas splitterte. Stachelmann fuhr zusammen. Er schaute in die Richtung, aus der das Splittern gekommen war. Ein Mann torkelte am Arm einer Frau. Sie schrie ihn an, er lallte. Stachelmann lief weiter, ohne zu wissen, wohin. Er war müde und hungrig. Er verlor die Orientierung. Die Knie wollten nicht mehr, fast wäre er umgeknickt. Am Ende einer schmalen Straße sah er ein Neonlicht, es war rot und blinkte. Er steuerte auf das Neonlicht zu. Hotel Elvira, das zweite L und das R waren erloschen, blinkten nicht mit. Die Tür war offen. Stachelmann stieg drei Treppenstufen nach oben. Am Tresen saß ein Mann und schlief. Hinter seinem Rücken hingen in zwei Reihen untereinander Schlüssel mit messingfarbenen Schildern. Stachelmann klopfte auf den Tisch. Der Mann schnarchte, er stank nach Schnaps. Stachelmann klopfte fester auf den Tisch. Der Mann öffnete seine Augen und blinzelte Stachelmann an. Dann gähnte er. Es stank schlimmer. Der Mann fuhr sich mit der Hand durch die Haare, griff hinter sich, nahm einen Schlüssel und legte ihn auf den Tresen. Er griff unter den Tresen und hatte zwei Handtücher in der Hand, sie sahen verschlissen aus. »Zimmer 16 im ersten Stock. Dreihundert Mark im voraus«, sagte er. »Dafür können Sie bis morgen früh ausschlafen.« Er schaute an Stachelmann vorbei zur Tür. »Wo ist denn die Süße?«, fragte er.

Stachelmann zählte dreihundert Mark ab auf dem Tresen und stieg die Treppe hoch. Er fand das Zimmer, ging hinein und legte sich aufs Bett. Das Licht der Neonschrift blinkte ins Zimmer. Stachelmann lag mit dem Rücken auf der Matratze. Er war erschöpft und hatte Schmerzen. Er konnte nicht klar denken und nicht einschlafen. Das Rauschen der Stadt drang ins Zimmer.

Endlich war er doch eingeschlafen. Als er aufwachte, starrten ihn zwei schwarze Augen an. »Du aufstehn, Nacht zu Ende sein«, sagte die Frau, sie trug ein hellblaues Kopftuch. Sie warf einen Blick auf die Handtücher, die neben Stachelmann lagen, und schüttelte den Kopf. Stachelmann erhob sich und blickte in den Spiegel über dem Waschbecken, das einmal weiß gewesen sein musste. Er betrachtete seine Kleidung und verstand die Türkin. Sie wischte mit dem Staubwedel über den Stuhl und den Nachttisch. Einer, der eine Nacht im Bordell allein in schmutzigen Klamotten auf dem Bett gelegen hatte, musste geisteskrank sein. Es war Mitleid im Blick der Frau gewesen.

»Wollen Sie sich zweihundert Mark verdienen?«, fragte Stachelmann die Frau.

Sie lachte. »Ich Putzfrau, soll ich andere Dame rufen?«

Stachelmann schüttelte den Kopf. Er zeigte auf sie. Er zog zwei Hundertmarkscheine aus seiner Geldbörse und hielt sie der Frau hin.

Sie schaute ihn streng an. »Ich keine Hure.«

Stachelmann erschrak. Wenn er sie verärgerte, saß er in der Tinte. »Nein, nein.« Er zeigte auf das Bett und winkte ab. »Etwas anderes, nur eine Hilfe für mich.«

Die Frau schaute ihn an.

Stachelmann wies auf seine Kleidung. »Ich brauche ein frisches Hemd und eine Hose, Unterwäsche und Socken.«

»Ich soll kaufen?«

»Nein, die sind in meinem Hotel.«

Sie begriff nicht. Es war auch nicht zu begreifen, dass Stachelmann in dem einen Hotel aufwachte und in einem anderen seine Kleidung hatte.

Stachelmann überlegte, ob er der Frau Geld fürs Taxi geben sollte. Er tat es nicht, sie wäre vielleicht aufgefallen. Womöglich wäre sie auch auf die Idee gekommen, mehr Geld von ihm zu fordern, wenn er den Anschein erweckt hätte, das Portemonnaie sitze ihm locker. Er gab ihr seinen Zimmerschlüssel aus dem Haus Morgenland. Sie würde ihre Arbeit im Hotel Elvira beenden, dann gleich nach Lichterfelde fahren, Kleidung aus seinem Zimmer holen und zum Hotel Elvira zurückkehren.

»Sie mir schreiben Papier«, sagte sie.

Er verstand erst nicht, dann nickte er. Sie verließ das Zimmer und kam mit einem Block und einem Kugelschreiber zurück. Er fragte sie nach ihrem Namen und schrieb, Aische Jyksel sei von ihm bevollmächtigt, Kleidung für ihn zu holen, er habe ihr deshalb seinen Zimmerschlüssel gegeben. Er unterzeichnete und gab ihr den Zettel. Er ermahnte sie, dieses Papier nur im Hotel zu zeigen, und nur dann, wenn sie dazu aufgefordert würde. Oft war die Rezeption nicht besetzt, womöglich gelang es Aische, unbemerkt an seine Sachen zu gelangen. Dann konnte er sicher sein, dass niemand ihr folgte und sie den Mörder nicht zu ihm führte.

»Alimente?«, fragte Aische.

Stachelmann schüttelte den Kopf. »Ich hatte eine Freundin«, sagte er. »Leider habe ich nicht gewusst, dass die Freundin verheiratet war.«

Aische zog ein mitleidiges Gesicht. »Ihnen nicht gesagt?«

Stachelmann schüttelte den Kopf.

»Das sein traurig.«

Stachelmann nickte.

»Und jetzt Mann von Freundin hinter dir her?«

Stachelmann fuhr sich mit der flachen Hand über die Kehle.

»Er sollte Freundin töten«, sagte Aische. »Freundin gelogen hat.«

Stachelmann hob die Achseln und ließ sie fallen.

Sie verabredeten sich für zwei Uhr am Nachmittag. Aische verließ das Zimmer, um ihre Arbeit zu beenden. Stachelmann ging hinunter zur Rezeption. Dort saß ein jüngerer Mann, über der Stirn lichteten sich braune Haare. Der Mann las in einer Zeitschrift mit Bildern nackter Frauen.

»Ich brauche das Zimmer noch etwa bis drei Uhr«, sagte Stachelmann.

Der Mann nickte und sagte: »Dreihundert Mark im voraus, Handtücher inklusive.«

Stachelmann legte drei Hundertmarkscheine auf den Tresen. Der Ausflug nach Berlin wurde allmählich teuer.

Sein Handy klingelte. Er drückte die Rufannahmetaste.

»Hier Anne, wo bist du?«

Stachelmann stieg die Treppe hoch. »Im Hotel.«

»Ich dachte, du arbeitest im Archiv, hast dich Wohl fürs Nachtleben entschieden.«

»Klar«, sagte Stachelmann. »Das ist der wahre Grund, warum ich in Berlin bin. Du wolltest ja nicht mit.« Die Angst vor dem Mörder hatte seine Schüchternheit weggeblasen. Er staunte über sich selbst. Ihm schien alles glasklar zu sein.

»Aha«, sagte Anne. »Und in welchem Etablissement hast du diese Nacht verbracht?«

»Ich glaube, es nennt sich Hotel Elvira. Ist eine ziemlich üble Absteige. Ein Bett für dreihundert Mark, Handtücher inbegriffen.«

Anne schwieg.

Dann sagte sie: »Du nimmst mich auf den Arm.«

»Überhaupt nicht. Wie geht’s dem Sagenhaften?«

»Sag mal, das mit dem Hotel Elvira ist doch ein Scherz?«

»Nein, ich bin gestern durch die Nacht gewandert und musste hier schlafen. Und jetzt warte ich, dass mir eine türkische Putzfrau saubere Klamotten aus meinem Hotel in Lichterfelde bringt.« Er freute sich, sie schien eifersüchtig zu sein. Er hörte sie atmen. »Die Nacht davor habe ich im Krankenhaus verbracht. Ich bin nicht auf Recherchereise, sondern verbringe einen Abenteuerurlaub in Berlin.«

»Jetzt fang mal ganz am Anfang an. Ich verstehe kein Wort.« Sie klang besorgt.

Er berichtete ihr in kurzen Zügen, was geschehen war.

»Warum gehst du nicht zur Polizei?«

»Die ist sogar zu mir gekommen. Die glauben mir kein Wort.«

»Und Ossi?«

»Genauso wenig.«

Anne sagte eine Weile nichts. »Soll ich kommen?«

»Ich dachte, Bohming hätte dich sagenhaft eingespannt.«

»Und wie. Aber könnt ja sein, dass meine Oma im Sterben liegt.«

»Manchmal sind Omas doch hilfreich.« Annes Angebot rührte ihn, aber sie konnte ihm nicht helfen. »Nein, ist nett von dir. Ich lass mich lieber allein ermorden.« Er mühte sich, darüber zu lachen wie über einen Witz. Die Angst meldete sich zurück.

»Wie du willst, das Angebot steht.« Sie klang enttäuscht.

»Nee, es reicht, wenn du zur Beerdigung kommst.«

Sie legte auf.

Stachelmann starrte auf das Handy und verfluchte sich. Manchmal wollte er nur witzig sein, und doch verletzte er jemanden. Einige Augenblicke lang wollte er Anne zurückrufen. Aber dann ließ er es. Es war besser, sie bliebe in Hamburg. Er legte sich aufs Bett und starrte an die Decke. In einer Ecke saßen zwei Spinnen, kleine Körper, lange Beine. Sie bewegten sich nicht. Im Licht glitzerte ihr Netz. Er taufte sie Amalie und Alberta. Er schloss die Augen und überlegte. Es war ihm Seltsames widerfahren in Berlin. Der Mörder wohnte im Adlon. Er hätte die Polizei zu ihm führen können, jedenfalls bis in die Empfangshalle des Hotels. Dort hätten sie warten können, bis er kam. Natürlich hätte der Mann es abgestritten. Stachelmann hätte ihm nichts beweisen können. Dass der Mann im Krankenhaus war? Dafür fand er gewiss eine einfache Erklärung. Oder er leugnete es einfach. Oder er schwieg, der Haftrichter müsste ihn laufen lassen. Es gab nichts, überhaupt nichts, was gegen den Mann sprach außer Stachelmanns Überzeugung, dass der Mann ihn ermorden wollte. Er verfluchte seine Angst. Hornblower hätte nicht weniger Angst gehabt, aber er hätte nicht erlaubt, dass sie ihn beherrschte.

Er ging zum Empfang und besorgte sich beim Portier ein Branchentelefonbuch. Unter dem Stichwort Personenschutz fand er Einträge. Er entschied sich für Meyer Personenschutz und Auskünfte. Er wählte die Nummer der Firma. Es meldete sich eine Frauenstimme auf Berlinerisch, sie war kreischig. Dann hörte Stachelmann, wie sie rief: »Justav, komm her, Kundschaft.« Stachelmann legte auf.

Er würde die Sache allein klären. Einen Leibwächter konnte er sich für ein paar Tage leisten, vielleicht zwei Wochen, dann war er pleite. Er legte sich wieder aufs Bett. Amalie war einige Zentimeter zur Wand hingekrochen, während Alberta weiter faul an der Decke hing. Es gab auch bei Spinnen solche und solche. Er öffnete das Fenster und hoffte, Fliegen und Mücken würden sich im Netz verfangen. Dann schlief er ein. Er rannte im Traum vergeblich vor einem Monster weg, das mit wässrigem Maul nach ihm schnappte. Es schüttelte an seiner Schulter, es war nicht das Monster, sondern Aische, die mit einer Einkaufstasche zurückgekommen war. Sie stellte die Tasche neben seine Füße und sagte: »Niemand mich haben gesehen. Hotel leer.« Sie zeigte auf die Tasche. »Habe auch Zahnbürste eingepackt und Kamm. Tasche Sie können behalten.«

Stachelmann stand auf und schüttelte ihr die Hand. Er gab ihr zweihundert Mark. Als Aische gegangen war, duschte er und zog sich um. Er putzte sich die Zähne und fühlte sich gut. Er packte die schmutzigen Kleidungsstücke in Aisches Einkaufstasche und stieg die Treppe hinab. Er legte den Schlüssel auf den Tresen, der Mann schaute nicht hoch von seiner Lektüre. Als Stachelmann auf die Straße trat, war die Niedergeschlagenheit verflogen. Er ging zum nächsten U-Bahnhof, Turmstraße, und erreichte nach zweimaligem Umsteigen Lichterfelde-Süd. Die Leute drängten sich in den Zügen. Stachelmann spürte keine Schmerzen und genoss die Stunden, bis die Schmerzen zurückkehren würden.

Als er das Archiv erreicht hatte, ging er in den Garderoben-raum und sperrte seine Einkaufstasche weg. Dann näherte er sich dem Eingang des Benutzersaals. Durch die Glastür sah er die beiden Männer von der Finanzbehörde Hamburg. Sie kehrten ihm den Rücken zu, lasen in Akten. Stachelmann betrat den Benutzersaal, sah Bender und winkte ihn hinaus in den Gang. Bender blickte ihn fragend an, kam dann aber.

»Herr Bender, wie lange bleiben die beiden Herren noch im Archiv?«

»Der Herr Carsten hat gesagt, bis heute Abend.«

»Dann kann ich alle Akten sehen, die die beiden gelesen haben?«

»Eigentlich nicht, jedenfalls nicht die, die kopiert werden sollen. Die beiden Herren haben es eilig. Der Vorgang genießt höchste Priorität.« Bender schien verärgert zu sein. Wahrscheinlich gingen ihm die beiden Männer auf die Nerven. Sonderwünsche. Beamte hassen Sonderwünsche.

»Und wenn Sie mich kurz hineinsehen lassen? Es kann doch nicht alles auf einmal kopiert werden, wenn es so viel ist.«

»Schon, schon, aber die Akten werden von einer Firma kopiert, und die holt sie alle heute Abend ab.« Er schaute Stachelmann streng an. »Was wollen Sie eigentlich mit diesen Akten?«

»Offen gesagt, so genau weiß ich es nicht. Ich fürchte, die beiden Herren suchen etwas, das ich auch suche.

Wahrscheinlich wissen die beiden nur besser, was es ist. Und außerdem bezweifle ich, dass die Herren von der Finanzbehörde sind.«

Bender blieb der Mund offen stehen. Dann fragte er:

»Wie kommen Sie darauf? Mich hat sogar jemand vom Büro des Hamburger Finanzsenators angerufen. Ich weiß nicht, Herr Dr. Stachelmann, wenn wir uns nicht schon so lange kennen würden …« Er vollendete den Satz nicht und ging zurück in den Benutzersaal.

Stachelmann verließ das Archivgebäude und betrat die Bibliothek in der ehemaligen Kirche der Kadettenanstalt. Er setzte sich auf einen Stuhl im Bibliothekssaal, in einigem Abstand saßen zwei Männer und lasen. Stachelmann überlegte, was er tun sollte. Er kam nicht an die Akten der beiden Typen aus Hamburg heran. Er spielte mit dem Gedanken, die beiden per Telefon aus dem Benutzersaal zu locken, aber sie hätten die Akten zurückgegeben, bevor sie abzogen. In ein paar Wochen würde er mit Hilfe der Laufzettel, die jeder Akte beigelegt wurden, vielleicht herausbekommen, was die beiden interessierte. Allerdings musste er dafür beide Namen kennen. Aber die würde ihm Bender sagen, sobald die Finanzbehördenleute abgereist waren. Er war ungeduldig, wollte nicht so lange warten. Außerdem war er nicht sicher, ob die gleichen Laufzettel noch benutzt wurden, wenn er die Akten wieder sah. Er durfte nicht so lange warten. Wenn die beiden etwas zu tun hatten mit dem Mörder, dann musste er mit einem weiteren Anschlag rechnen. Er verstand immer noch nicht, warum. Den Grund fand er vielleicht in den Akten, die heute Abend abgeholt wurden zum Kopieren. Einen Teil der Signaturen hatte er im Kopf. Er musste die Akten finden. Plötzlich wusste er, wo.

***

Sie saßen sich gegenüber. Ossi zündete sich eine Zigarette an, Carmen verzog das Gesicht. »Die Raucherei ist grässlich«, sagte sie.

»In dieser Hinsicht habe ich mich nicht verbessert. Ulrike hasste es auch. Aber sie war so tolerant, es zu dulden.«

»Sich von dir vergiften zu lassen? Passiv rauchen ist fast ungesünder, als selbst zu paffen.«

»Darüber streiten wir uns später.« Ossi nahm ein Blatt aus der vor ihm liegenden Akte und las vor: »Helmut Fleischer, verkaufte 1975 an Holler. Norbert Enheim verkaufte 1976, wurde ermordet, Täter unbekannt. Karl Markwart, verkaufte 1976, starb vor drei Jahren an Lungenkrebs.«

Carmen warf ihm einen strafenden Blick zu. »Hat wahrscheinlich mit einem Raucher zusammen im Zimmer gesessen.«

Ossi winkte ab. »Otto Grothe, hat 1978 verkauft, ist alt und schusselig. Und Nichtraucher. Hat also alle Chancen, tapfer an was anderem zu sterben. Mit Grothe habe ich geredet, ich wüsste nicht, wie der uns weiterhelfen sollte. Otto Prugate verbirgt etwas, hat auch 78 verkauft. Johann-Peter Meier, verkaufte 1979 und lebt noch. Wo?« Ossi blätterte in der Akte. »Stimmt, in Dockenhuden. Den müssen wir mal besuchen. Und zwar ohne Anmeldung. Ferdinand Meiser verkaufte 1980 und liegt ihn Ohlsdorf.«

Carmen blickte ihn fragend an.

»Das ist der Zentralfriedhof. Gottlob Ammann, verkaufte 81 und lebt noch. Das müssten alle sein. Ich werde Taut vorschlagen, dass irgendwer das Handelsregister durchsieht, ob es weitere Käufe Hollers gegeben hat.«

»Das Handelsregister der letzten vier Jahrzehnte. Sklavenarbeit. Ich bin sicher, diesen tollen Job krieg ich aufs Auge gedrückt.«

Ossi grinste. »Wenn du lieb bist, ließe sich das vielleicht um gehen.«

»Ich glaubte, korrupte Bullen gäbe es nur anderswo.«

»Nein, nein. Die gibt es überall, das ist gewissermaßen eine internationale Vereinigung.«

»Und du bist der Boss.«

»Du schmeichelst mir. Der Boss ist immer der korrupteste. Ich übe zwar fleißig, aber bis ich die Kollegen in Russland oder Südamerika überflügelt habe, brauche ich noch ein bisschen.«

»Nur Mut, du wirst es schaffen«, sagte Carmen.

»Also Ammann und Meier«, sagte Ossi. »Die schnappen wir uns heute Nachmittag. Und wenn wir gerade dabei sind, die Maklerszene aufzumischen, rufe ich Taut an, damit er jemanden aufs Handelsregister loslässt.«

»Und dann hast du mich in der Hand«, sagte Carmen.

»Genau«, sagte Ossi.

Meier wohnte in einer Villa in Dockenhuden, nahe der Elbchaussee. Vor dem Haus stand ein schwarzer Mercedes der aktuellen S-Klasse. In die weiße Fassade des Hauses war eine schwarze Tür eingelassen. An der Tür hing ein Klöppel aus Messing, den man gegen eine Messingplatte schlagen musste, wenn man wollte, dass die Tür geöffnet wurde. Die Messingplatte hatte unzählige kleine Beulen, sie wurde schon lange benutzt als Klingelersatz. Carmen schlug den Klöppel mehrfach hart auf die Scheibe. Es dauerte nicht lang, die Tür öffnete sich. Ein langer dürrer Mann in einem schwarzen Anzug öffnete die Tür gemächlich. »Sie wünschen?«, fragte er.

»Wir hätten gerne Herrn Meier gesprochen.«

»Herrn Meier zu Riebenschlag.«

Ossi schaute Carmen an. Er sah, wie sie mit dem Lachen kämpfte. »Ja, Herrn Meier«, sagte Ossi. Er hielt dem Butler seine Polizeimarke vor die Augen.

Der Butler verzog sein Gesicht fast unmerklich. »Wenn Sie mir folgen wollen.« Er führte sie in ein Zimmer, das eine Bibliothek darstellen sollte. Die Wände waren bedeckt von alten Buchrücken, viele aus Leder. Ossi schaute sich einige an. »Lauter olle Schinken«, sagte er. »Ranke, Freytag, die sollte ich klauen und Stachelmann schenken.«

»Stachelmann?«, fragte Carmen. »Ist das dein Historikerspezi?«

»Hast du das auch schon mitgekriegt. Vor dir kann man nichts verbergen, überall steckst du deine Nase hinein. Das ist der Historikerspezi, der ab und zu rumspinnt. Zuletzt ist er in Berlin vor eine S-Bahn gestürzt und glaubt seitdem, jemand wolle ihn ermorden.«

»Lustige Type, muss ich mal kennen lernen.«

»Du hast ja einen bemerkenswerten Geschmack.«

»Der Stachelmann ist bestimmt nicht so langweilig wie du.«

Bevor Ossi antworten konnte, öffnete sich die Tür. Ein Mann erschien, gerade und groß, weißes, kurz frisiertes Haar, drahtig, mit einem hart geschnittenen Gesicht. Er trug eine weiße Hose, ein kurzärmeliges weißes Hemd und einen roten Pullunder. Die Kleidung sah teuer aus. Er blieb in einigem Abstand vor Ossi und Carmen stehen und sagte: »Sie kommen von der Polizei?«

»Mordkommission«, sagte Ossi. Er stellte sich und Carmen vor.

Der Mann sagte nichts.

»Sie sind Johann-Peter Meier?«, fragte Carmen.

»Ich bin Johann-Peter Meier zu Riebenschlag.«

»Sie hatten bis 1979 eine Maklerfirma, die sie unter dem Namen Meier führten.«

Meier nickte.

»Seit wann nennen Sie sich Meier zu Riebenschlag?«

»Ich nenne mich nicht, ich heiße so. Ich wurde 1983 adoptiert von Herrn zu Riebenschlag.«

»Warum?« Carmen konnte ihr Erstaunen nicht verbergen.

»Hat das etwas mit Ihrer Frage nach meiner Firma zu tun?«

»Was haben Sie Herrn zu Riebenschlag bezahlt dafür, dass Sie seinen Namen tragen dürfen?«

Meier rümpfte die Nase.

»Warum haben Sie 1979 verkauft?«

»Ich hätte nicht verkauft, wenn nicht Holler hätte kaufen wollen. Er hat mich bedrängt und bedroht. Er war lästig wie eine Klette, ich wurde ihn nicht los. Wenn ich morgens ins Büro kam, hatte er schon meine Sekretärin verrückt gemacht oder den Anrufbeantworter voll gesprochen.«

»Sie haben verkauft, weil Herr Holler Ihnen auf die Nerven gegangen ist?«

»Ja.«

»Das verstehe ich nicht«, sagte Ossi.

»Mag sein«, erwiderte Meier. Es klang blasiert.

»Und nach dem Verkauf hat Holler Ihnen einen Teil des Verkaufpreises wieder abgeknöpft.«

Meier schaute Ossi überrascht an. »So kann man es sehen«, sagte er.

»Sie haben freiwillig einen Teil des Kaufpreises zurückgegeben? Das begreife ich nicht.«

»Mag sein«, sagte Meier.

»Herr Meier, wir ermitteln in einem Mordfall. Da ist unsere Bereitschaft, uns hinhalten zu lassen, vergleichsweise gering ausgeprägt. Vielleicht beantworten Sie jetzt unsere Fragen, und die Sache ist erledigt. Wir können uns natürlich auch im Präsidium wiedersehen, wenn es Ihnen konveniert.« Carmen klang mindestens genauso blasiert wie Meier.

»Ein Mordfall?«

»Es geht um mehrere Morde«, sagte Ossi. Er staunte über Carmens Verwandlungskünste.

»Sie sollten aber, wenn Sie mir die Vorladung schicken, meinen richtigen Namen einsetzen. Sonst komme ich nämlich nicht.«

»Herr Meier zu Riebenschlag, wir haben keine Lust, hier Theater zu spielen. Vor allem haben wir keine Zeit dafür. Wenn Sie weiterhin keine vernünftige Auskunft geben, müssen wir annehmen, dass Sie etwas mit unserem Fall zu tun haben. Dann sollten wir vielleicht gleich eine Hausdurchsuchung beantragen, Sie haben ja Personal, um danach aufzuräumen.« Ossi ließ Carmen gewähren, sie schlidderte auf Glatteis. Es gab nicht einmal den Anschein eines Tatverdachts gegen Meier, und selbst für den Vorwurf, er verdunkle eine Straftat, würde jeder Staatsanwalt sie auslachen. Aber womöglich ließ sich Meier beeindrucken.

Meier wandte sich Ossi zu: »Er hat Mängel entdeckt.«

»Holler?«

Meier nickte kräftig, sein Haar wippte auf der Stirn. Er hatte braune Haarwurzeln.

»Was für Mängel?«

»Die Kartei sei schlechter als versprochen, und dieses noch und jenes noch. Ich hätte Leuten was versprochen, für das er nach Kauf habe geradestehen müssen.«

»Zum Beispiel?«

»Er zeigte mir einen Vertrag, den ich mit einem Hausbesitzer abgeschlossen hatte, einen Exklusivvertrag. Darin hatte ich mich verpflichtet, innerhalb einer bestimmten Frist ein Haus zu verkaufen.«

»Und wenn nicht, hätten Sie etwas zahlen müssen?«

»Ja, das Haus liegt am Harvestehuder Weg. Es ist für jeden Makler wie ein Lottogewinn, wenn er so ein Objekt vermitteln darf.«

»Und deswegen lässt man sich auf solche Verträge ein?«

Meier zuckte mit den Achseln. »Was bleibt einem übrig? Ich hätte es geschafft. Aber Holler sagte, ich hätte ihm den Vertrag verschwiegen, deswegen habe er die Vertragsstrafe von hundertfünfzigtausend Mark bezahlen müssen. Ich weiß nicht, ob er sie bezahlt hat. Das Haus am Alsterblick hat er jedenfalls verkauft, ein paar Wochen, nachdem er mir auf die Pelle gerückt ist.«

»Sie fühlen sich übers Ohr gehauen.«

»Das Schwein hat mich beschissen, das ist die Wahrheit. Nur beweisen kann ich es nicht.«

»Da sind Sie nun schon der Zweite, der uns auf diese Tierart verweist. Der Letzte war aber nicht so fein wie Sie.«

Meier stutzte, dann grinste er. »Wundert mich nicht. Ich möchte nicht wissen, wie viele Leute der übers Ohr gehauen hat.« Er schaute Carmen an, dann Ossi, dann wieder Carmen und wieder Ossi. »Ach so, Sie suchen den Mörder seiner Tochter unter denen, die Holler betrogen hat?«

Ossi schaute ihn streng an. »Würden Sie woanders suchen?«

»Nein, genau da würde ich auch suchen. Nur, ich war’s nicht. Ich gestehe, mein Mitleid hält sich in Grenzen, nur hat es die Falsche erwischt.«

»Wenn Sie es nicht waren, wer dann?«, fragte Carmen.

»Ihr Motiv haben Sie eben geschildert. Es gibt eine Menge Mordfälle, wo die Hälfte genügte, um jemanden umzubringen.«

»Ja, ja, ich hätte es vielleicht getan, und verdient hätte es das Schwein auch, aber ich bin reich genug, um Verluste zu vergessen. Ich lese hin und wieder in der Zeitung von Hollers milden Gaben, alles zwischen Brot für die Welt und amnesty, und dann gibt es diese seltsamen Mordfälle in seiner Familie. Warum sollte ich mitmorden? Es reicht doch schon so.«

Die Tür öffnete sich, eine Frau betrat die Bibliothek. Sie war jung und blond. Sie trug eine enge Bluse und eine nicht weniger straffe Hose. »Entschuldige, Chéri«, sagte sie. »Brauchst du heute den Porsche?«

»Der ist in der Werkstatt, mein Schatz. Habe ich es dir nicht gesagt?«, fragte Meier mit süßlicher Stimme.

»Nein, das hast du nicht«, sagte sie beleidigt und ging.

»Der Typ ist nicht echt«, sagte Carmen. »Hast du das gesehen, der hat sich die Haare weiß gefärbt? Normal ist das nicht. Und die Tussi, die war direkt aus einem Amifilm. Meier zu Riebenschlag.« Sie betonte jedes Wort und gluckste. »Haben wir nicht einen tollen Job? Wir lernen Leute kennen, die einem Normalbürger nie über den Weg liefen. Aber gib zu, die Tussi hat’s dir angetan.«

»Klar, Chérie«, sagte Ossi. »Alles dran.«

»Machoarsch«, sagte Carmen.

»Du wirst gleich sehen, wie gut ich bin.« Er nahm das Telefon, wählte und wartete. »Hallo, Werner. Du musst mal jemanden zum Amtsgericht schicken, der ins Handelsregister schaut. Alle Firmenkäufe und -verkäufe von Holler seit 1970.« Ossi hörte eine Weile zu, dann sagte er:

»Nein, die brauche ich hier. Wir klappern gerade Hollers Opfer ab.« Er hörte wieder zu. »Nein, wirklich, das geht jetzt nicht. Was sagst du? Die Taxifahrer? Ihr habt einen gefunden? Das sind ja gleich zwei gute Nachrichten. Erstens haben wir einen Zeugen, zweitens sind Kamm und Kurz jetzt frei fürs Handelsregister.« Ossi grinste und legte auf.

»Sag mal danke«, sagte Ossi.

»Danke«, sagte Carmen. »Und warum hast du gegrinst?«

»Weil ich ein fröhlicher Mensch bin.«

»Das hast du bisher aber gut verborgen.«

»Ein Polizist muss viele Herausforderungen bestehen. Das wirst du auch noch lernen. Ach ja, sie haben einen Taxifahrer gefunden, der den Typen mit dem Jackett kutschiert hat. Wir fahren ins Präsidium, dann plauschen wir ein wenig mit dem Herrn Ammann.«

***

Die Zeitung lag aufgeschlagen auf dem Küchentisch. Auf der Lokalseite war ein Porträt Enheims abgebildet. Kohn saß auf einem Stuhl und starrte das Gesicht an. Das Gesicht kannte er nicht, aber den Namen. Er stammte aus einer fernen Zeit. »Diese Typen sind schlimmer als Aasgeier«, er hörte die Stimme seines Vaters. Es lag Verzweiflung und Wut darin. Und dann sagte sein Vater: »Und einer der Schlimmsten ist Enheim.« Einer der Schlimmsten ist Enheim, warum hatte sein Vater das gesagt? Sein Vater hasste niemanden, er war ein ängstlicher und höflicher Mann. Kohn wusste nicht oder nicht mehr, was sein Vater damals meinte. Er hätte es auf sich beruhen lassen können.

Wahrscheinlich hatte Enheim den Tod verdient, ja, einen grausamen Tod, und die Angst, die ihm vorherging. Kohn wurde unruhig. Er zog sein Jackett an, faltete die Zeitung und steckte sie in die Innentasche. Er machte sich auf den Weg zur jüdischen Gemeinde in der Schäferkampsallee. Es gab noch Alte, vielleicht kannten sie diesen Namen. Enheim.

Auf dem Weg zur Gemeinde fiel ihm Goldblum ein, er hatte ihn lange nicht mehr gesehen. Sie hatten sich nie mit den Vornamen angeredet. Sie nannten sich beim Nachnamen und duzten sich. Goldblum hatte Kohn geholfen, als dieser aus England zurückgekommen war. Er hatte Kohn gezeigt, wie man bei den Finanzbehörden Rückerstattungsanträge stellte, auch wenn nichts herauskam dabei. Er hatte Kohn einen Rechtsanwalt vermittelt, der sich gut auskannte im Dschungel der Wiedergutmachungsgesetze. Wenn einer etwas wusste über Enheim, dann Goldblum. Und wenn er nichts wusste, dann kannte er einen, der etwas wusste.

Goldblum hatte Kohn eingeweiht in sein Geheimnis. Er hatte in seinem Keller eine Kiste mit Plastiksprengstoff und eine Schachtel mit Zyankali stehen. Der Sprengstoff stammte aus England, Goldblum hatte ihn wie das Gift auf dem Schwarzmarkt gekauft, gleich nach dem Krieg. Auf dem Schwarzmarkt konnte man alles kaufen. Es gab genug Soldaten, die der Verlockung nicht widerstehen konnten. Sie stahlen Armeeeigentum und erzielten phantastische Preise. Ein britischer Soldat bot den Plastiksprengstoff an, Goldblum bezahlte mit einem Brillantencollier, das seiner vergasten Mutter gehört hatte. »Damit kann ich ein paar in die Luft jagen. Es gibt einem ein gutes Gefühl. Wenn ich einen von den Obernazis erwische, die alle nur ihre Pflicht getan haben jubele ich ihm hundert Gramm Knetgummi unter den Arsch. Stell dir vor, Kohn, an Silvester. Das wird eine Freude.«

Aber Goldblum hatte sich sein Silvesterfeuerwerk dann doch verkniffen. Viele Juden brauchten Psychotabletten, um schlafen zu können. Sie warfen sich vor, überlebt zu haben. Goldblums Psychotablette war der Plastiksprengstoff. Das Wissen, ihn jederzeit verwenden zu können, machte ihn stark.

Das Gift hatte Goldblum einem Naziführer abgekauft, als der merkte, es ging ihm nicht an den Kragen. Goldblum hatte gehört, Juden hätten versucht, deutsche Kriegsverbrecher in einem Lager in Nürnberg zu vergiften. Sie hatten sich in die Bäckerei eingeschlichen, die das Gefangenenlager versorgte. Aber die Arsendosen waren zu gering, um den einstigen Herren über Tod und Leben mehr einzubringen als das große Kotzen. Der Naziführer war inzwischen ein großes Tier in der Hafenwirtschaft, das Zyankali lag unverbraucht in Goldblums Keller.

Goldblum hatte Kohn erzählt von Gift und Plastiksprengstoff. Da hatte Kohn sich eines Tages heimlich Goldblums Kellerschlüssel genommen und einen Zweit-Schlüssel anfertigen lassen. Dann ging er in Goldblums Keller und holte sich, was er brauchte. Goldblum hatte es nicht bemerkt oder vielleicht auch nicht merken wollen. Manchmal glaubte Kohn sogar, dass Goldblum ihn aufgefordert hatte, das Zeug im Keller zu benutzen. Nicht direkt, mit Andeutungen.

Später war der Kontakt mit Goldblum abgerissen. Goldblum war immer schweigsamer geworden, verschwand oft in einer anderen Welt, starrte irgendwohin. Kohn hatte noch gehört, Goldblum sei umgezogen.

Im Sekretariat der jüdischen Gemeinde saß eine Dame. Sie hatte graue Haare und trug eine Brille mit Silberrahmen. Sie schaute Kohn freundlich an.

»Guten Tag, ich suche Herrn Goldblum, den Vornamen kenne ich leider nicht. Er ist inzwischen alt, so wie ich.«

»Goldblum ist ja kein häufiger Name, das kriegen wir heraus, wenn er hier gemeldet ist.« Sie ging zu einem Aktenschrank und blätterte in Karteikarten. »Hier ist er schon«, sagte sie. »Jedenfalls haben wir nur einen Herrn namens Goldblum.«

»Er lebt also noch.«

»Ja«, sagte die Dame. »Sie verstehen, ich darf Ihnen die Adresse von Herrn Goldblum nicht einfach geben. Sie müssten schon einen sehr handfesten Grund haben.«

»Er hat mir geholfen, damals, als ich aus England wiederkam.«

Die Dame schaute ihn an. »Ich glaube, ich kenne Sie. Sie sind Herr Kohn, nicht wahr?«

Kohn nickte. Er erinnerte sich schwach an eine Frau, die den Rückkehrern Unterkünfte und Familien zugewiesen hatte.

»Wir haben uns damals auch kennen gelernt. Ich habe mich um die Leute von den Kindertransporten gekümmert. Ich freue mich, Sie wiederzusehen. Schade, dass Sie sich nicht mehr blicken ließen bei uns.«

»Tut mir Leid«, sagte Kohn.

»Nein, nein, das soll es nicht. Ich glaube, Herr Goldblum wird es mir nicht übel nehmen, wenn ich Ihnen seine Anschrift gebe.« Sie blickte auf die Karte. »Er wohnt im Altenheim Spätes Glück in Niendorf. Ich fürchte, es geht ihm nicht so gut.« Sie schrieb ihm die Adresse des Altenheims auf. »Vielleicht sollte ich vorher dort anrufen.«

Kohn nickte.

Sie nahm den Telefonhörer und wählte eine Nummer. Als jemand abnahm, fragte sie: »Kann ich bitte Herrn Goldblum sprechen? Ach so, das geht nicht. Gut, sagen Sie ihm, dass Herr Kohn ihn besuchen wird. Schön.« Sie legte auf. »Herr Goldblum ist krank, aber Sie können ihn besuchen.«

Kohn nahm den Zettel, bedankte sich und ging. Das Altenheim lag im Pommernweg. Es waren nur ein paar Stationen mit der U-Bahn bis Niendorf Nord. Auf dem Weg zum U-Bahnhof schimpfte er leise vor sich hin. Der Regen durchnässte seine Jacke, er spürte die Nässe auf der Haut.

Das Altenheim war früher eine Villa gewesen, Jahrhundertwende. Die Tür war abgeschlossen. Er klingelte. Nach einer Weile öffnete sich die Tür, ein Mann, dick und groß, starrte ihn aus hervorstechenden Pupillen an. »Guten Tag, ich möchte zu Herrn Goldblum«, sagte Kohn.

»Zimmer 11«, sagte der Mann und zeigte auf die Treppe.

Kohn trat ein, der Mann schloss die Tür. Kohn stieg über einen verschlissenen Läufer die Stufen hoch. Das Zimmer 11 war im zweiten Stock. An der Wand die Luftaufnahme eines Strands. Das Braun der Türen war an einigen Stellen geplatzt. Aus einem Zimmer drangen Klagelaute auf den Flur. Kohn klopfte an die Tür mit der Nummer 11. Niemand antwortete. Er drückte vorsichtig die Klinke hinunter, öffnete die Tür und spähte durch die Spalte ins Zimmer. Ein Bett, ein Waschbecken, ein Tisch, zwei Stühle in einem trüben Licht, das durch braun angelaufene Fensterscheiben ins Zimmer fiel. Wenn die Sonne scheint, sieht es auch nicht besser aus, dachte Kohn. Er sah Goldblum erst, als er die Tür ganz öffnete. Goldblum saß auf einem Sessel hinter der Tür, in der Hand hielt er einen Stock, als wollte er gleich zuschlagen. Ihm fielen zwei weiße Strähnen von der Stirn ins Gesicht, der Rest war Glatze. Eine Hakennase ragte Kohn entgegen.

»Was wollen Sie?«, fragte Goldblum.

»Ich bin Kohn, ich will dich besuchen. Muss mit dir reden.«

Goldblum schloss die Augen, öffnete sie gleich wieder und sagte: »Nicht dass Sie denken, ich wäre nicht wachsam.« Dann starrte er gegen die Wand. »Kohn«, sagte er.

»Ich habe ein paar Kohns gekannt. Einige gingen ins Gas. Einer kam aus England zurück. Du bist der aus England. Ich habe dir geholfen. Du glaubst, ich bin ein alter Trottel. Ich bin alt, langsam, aber kein Trottel. Die von der Gemeinde haben mich hierher gelockt, mit Versprechungen, die sie dann nicht gehalten haben. Alles Lügner. Aber ich komme hier wieder raus. Ich habe meine Wohnung nicht gekündigt, obwohl die mir richtig Dampf gemacht haben. Genau haben sie mir vorgerechnet, wie viel Geld ich jeden Monat sparen könnte, wenn ich die Miete nicht mehr zahlen müsste. Aber so weit haben sie mich noch nicht. Ich bin alt, aber kein Trottel, der sich herumkommandieren lässt. Die Letzten, die mich aus einer Wohnung hinausgeschmissen haben, waren die Adolfs. Die waren die Letzten.« Er lachte wie eine Ziege. »Komm her, Kohn, setz dich zu mir. Nimm dir einen Stuhl. Du kommst bestimmt nicht, um mich zu unterhalten. So viel Dankbarkeit wäre auch übertrieben.«

Kohn nahm sich einen Stuhl und setzte sich zu Goldblum.

»Näher, Kohn«, sagte er.

Kohn rückte an ihn heran. Er roch den fauligen Atem des Alten.

»Kennst du einen Enheim?«

Goldblum lachte. »Ich hab’s in der Zeitung gelesen. Er ist tot, ermordet. Ich hätte einen Freudentanz aufgeführt, hätte ich es gekonnt. Ich hoffe, er hat gelitten, bevor er starb.«

»Wer war Enheim?«

»Der Sohn eines Goldfasans. Die Enheims gehörten zu den gefräßigsten Aasgeiern. Der alte Enheim hatte das goldene Parteiabzeichen. Sie haben gerochen, wo es was zu holen gab, und schon kamen sie angeflogen. Ganz legal, alles streng nach dem Gesetz. Sie sind zuerst Leuten auf die Pelle gerückt, die verkaufen mussten, weil sie nach Amerika oder Palästina wollten. Sie haben den kleinen Jidd ausgequetscht.« Kohns krumme Finger deuteten eine Faust an, er konnte die Finger nicht schließen.

»Haben Verträge gemacht vorm Notar. Und als die Synagogen brannten, da haben sie den Druck erhöht. Sie haben unseren Leuten abgenommen, was wertvoll aussah. Sie haben dafür bezahlt und immer Verträge gemacht. Ich glaube, manche Verträge haben sie zurückdatiert, damit keiner auf die Idee kam, sie wären nicht rechtmäßig zustande gekommen. Es gab tatsächlich Nazis, die haben nicht geglaubt, dass das tausendjährige Reich tausend Jahre halten würde. Deswegen haben sie zurückdatiert. Wenn es ging, vor 1935, vor die Nürnberger Gesetze. Die Enheims waren nicht die Einzigen, die solche Sauereien gemacht haben, aber sie waren fleißige Aasgeier. Und, wie ich gerade gelesen habe in der Zeitung, sie haben wenigstens einen Teil ihres Vermögens gerettet, wurden keine Wiedergutmachungsopfer. Das ist phänomenal. Aber warum fragst du mich das, Kohn?«

»Mein Vater hat den Namen genannt, damals.«

»War er auch ein Enheim-Opfer?«

»Weiß ich nicht. Als die Leute kamen, um uns das Haus und die Möbel wegzunehmen, fiel der Name nicht.«

»Ach, es gab so viele. Weißt du das eigentlich, die haben die Möbel zum Teil vor dem Haus versteigert an die Volksgenossen, andere Sachen am Hafen. Und manchmal Koffer, die kamen stapelweise aus dem Osten, was drin war, kriegten ausgebombte Arier.«

»Was meinst du, Goldblum, wer hat Enheim ermordet?«

»Ein Gerechter«, sagte Goldblum. »Es kann nur ein Gerechter gewesen sein, Kohn. Wer sonst?«