Zombiebuch 8.3.
Wie schreibt man in so einem Tagebuch? Gibt es da irgendwelche Regeln? Und was soll man überhaupt schreiben??? Kann man Fick schreiben? Mik. Ffiickk. MIIKK. FICK. MMMMIIIKKK.
Zombiebuch 11.3.
Die Kaninchen auf dem Umschlag des Tagebuchs hab ich mit schwarzem Filzstift übermalt. Das hier ist nämlich kein Kaninchenbuch. Das hier ist ein Zombiebuch.
Zombiebuch 15.3.
Heute habe ich mit Ploppy einen Einkaufswagen im Solnazentrum geklaut. Wir sind damit den Hang zum Spielplatz runtergefahren. Das war lebensgefährlich. Zu kleine Räder, wir sind umgekippt. Ploppy hat sich die Ellbogen aufgeschrammt.
Zombiebuch 21.3.
Ein Zombie ist ein Körper ohne Gedanken und Gefühle. Ein Gespenst, das sind Gedanken und Gefühle ohne Körper.
Zombiebuch 25.3.
Tony ist immer bloß wütend. Irgendwas ist passiert. Man kann gar nicht mehr mit ihm reden. Er ist kaum daheim. Im Videoladen hat es gebrannt. In der Schule auch. Ploppy hat im Mädchenklo vor dem Speisesaal Papierhandtücher angezündet. Das hat eine Menge Rauch gegeben, obwohl es bloß ein kleines Feuer war. Der Feueralarm ging los, und alle mussten rausrennen und sich auf dem Schulhof aufstellen. Jetzt hat man in allen Klos die Papierhandtücher weggenommen. Ich bin zum Rektor geholt worden. Dies ist kein Verhör, hat er gesagt. Er wollte wissen, ob ich ihm was zu sagen habe, und das hatte ich nicht. Ich glaube, er glaubt, das war ich.
Zombiebuch 27.3.
Noch was über Zombies: Ein Zombie entsteht durch schwarze Magie beim Voodoo. Ein Bokor führt einen Ritus durch, der eine Person tötet. Oft bezahlt jemand einen Bokor dafür, eine gehasste Person zu erledigen. Der Körper wird danach zurückgerufen. Aber das ist dann ein Körper ohne Seele, mit schwerem Gehirnschaden.
Zombiebuch 2.4.
Ich habe einen schwachen Ton im Ohr. Den höre ich bloß, wenn es ganz still ist. Ein Ton, der drinnen in meinem Kopf wohnt. Soll das so sein?
Zombiebuch 3.4.
Tony und ich haben heute geboxt. Das war ein harter Kampf. Tony hat behauptet, ich hätte gewonnen, aber er hat geblufft. Er hat viel mehr drauf. Aber ich habe einen Treffer auf seinen Solarplexus gelandet. Darauf war er nicht vorbereitet. Jetzt sind meine Schultern blau. Die blauen Flecken sehen aus wie das Strickmuster meines Pullis. Kariert.
Zombiebuch 7.4.
In der Mittagspause waren Ploppy und ich im Solnazentrum. In der Schule gab es Lebereintopf. Ploppy und ich, wir hassen Lebereintopf. Wir haben uns lieber an der Imbissbude Hamburger gekauft. Dann haben wir DVDs geklaut. Kein Mensch hat was gesehen, und als wir rauskamen, haben wir bloß wie blöd gelacht. Es hat sich einfach so ergeben, aus Zufall. Irgendwie war das gar nicht ich, der das gemacht hat. Wenn es in der Schule keinen Lebereintopf gegeben hätte, wäre das nie passiert. Die Filme waren schlecht.
Zombiebuch 12.4.
Auf meinem Bett liegt das Kissen, das Pi mir geschenkt hat. Es liegt da und ist übernatürlich. Es könnte genauso gut das Geschenk von einem Außerirdischen sein. Hier hast du ein Geschenk aus einem magischen Material. Eine unerklärliche Sache. Ein Kissen.
Zombiebuch 14.4.
Vieles über Zombies ist falsch. Das sind keine halb aufgelösten Leichen, die durch die Nacht hinken, um frische Gehirne aufzufressen. Zombies jagen keine Menschen, sondern essen normales Essen.
Zombiebuch 15.4.
Ich habe über den Forscher Michael Rockefeller aus New York gelesen. Er war auf einer Forschungsreise in Neuguinea. Und als sein Kanu umkippte, schwamm Rockefeller zehn Kilometer und rettete sich an einen Strand, wo Kannibalen lebten. Seither hat niemand ihn gesehen.
Zombiebuch 17.4.
Heute war ich bei Lisa Nordahl und habe auf ihrem klebrigen grünen Stuhl gesessen. Ich verstehe sie nicht. Sage ich die Wahrheit, glaubt sie mir nicht. Lüge ich, glaubt sie mir. Heute habe ich ihr erzählt, ich wäre am Wochenende mit Papa in den Freizeitpark gegangen. Die neue Achterbahn und der Freie Fall wären am besten gewesen. Dann erzählte ich, Papa hätte einen neuen Job, und das fand sie gut. Das freut sie, sagte sie. Dass alles so gut geworden ist. Aber er hat keinen Job. Er ist an einem Strand gelandet, bei den Kannibalen.
Zombiebuch 18.4.
Tony ist seit Tagen nicht mehr nach Hause gekommen. Allmählich geht das Essen aus. Ich habe mir eine Dose weiße Bohnen warm gemacht und im Fernsehen eine Sendung über Flugzeugunglücke geguckt. Die meisten Flugzeugunglücke passieren beim Start und bei der Landung. Nur drei von zehn passieren während des Fluges. Das ist beruhigend zu wissen, solange man in der Luft ist.
Zombiebuch 19.4.
Heute Nacht waren Ploppy und ich auf einer Baustelle, wo wir in sämtliche Maschinentanks gepisst haben. Vorher haben wir anderthalb Liter Cola getrunken. An der Stelle, wo wir unsere Lager hatten, bauen die ein Autohaus. Aber wir werden sie daran hindern.
Zombiebuch 19.4.
Unsere Wanduhr hat einen Sekundenzeiger. Sie tickt laut. Heute habe ich versucht, meinen Rekord zu brechen. Ich saß auf dem Küchenstuhl, hielt die Luft an und starrte auf die Uhr. In meinen Ohren dröhnte es, ich hatte das Gefühl zu platzen. Die Sekunden krochen langsam wie Schnecken voran. Ich fiel vom Stuhl. Ich versuchte es noch einmal und noch einmal, schaffte aber bloß total miese Zeiten. Irgendwas stimmt nicht mit unserer Uhr. Sie geht zu langsam. Ich habe die Batterie ausgetauscht. Aber die Zeiten blieben genauso mies. Ich werde jeden Tag üben. Ich habe weiße Bohnen gegessen. Tony ist noch nicht nach Hause gekommen. Jetzt gehe ich ins Bett. Das Kissen riecht immer noch nach Pi. Um richtig gute Zeiten zu kriegen, muss man wahrscheinlich unter Wasser sein. An Land gibt man zu leicht auf.
Zombiebuch 24.4.
In unserer Wohnung gibt es ein Gewehr, das habe ich weit hinten im Wandschrank gefunden, als ich nach Flaschen suchte. Ich habe Papa danach gefragt, und er hat bloß gesagt, ich soll die Scheißwühlerei bleiben lassen. Ich soll mich nicht als Scheißpolizist aufspielen, und überhaupt soll ich mich zum Teufel scheren und gefälligst nicht hinter ihm herspionieren. Aber ich weiß, was für ein Gewehr das ist. Es ist eine Schrotflinte.
Zombiebuch 25.4.
Auf der Baustelle hat es keinen Pinkelstopp gegeben. Also sind Ploppy und ich heute Nacht wieder hin und haben in sämtliche Tanks Sand reingekippt. Plötzlich kam ein großer Transporter angefahren, und da haben wir uns versteckt. Der Transporter hielt vor den verschlossenen Containern. Drei große Jungs stiegen aus und schnitten die Türen auf. Ploppy sagte, sie würden den Container aufschweißen. Aber das ist falsch. Man schweißt Sachen zusammen. Schneiden heißt das, und man macht es mit einem Schneidbrenner. Es war das reinste Feuerwerk. Funken schneiten herab wie von einer riesigen Wunderkerze. Dann luden sie Sachen in den Transporter. Einer von den dreien war Tony. Ploppy hat es nicht gesehen, aber ich habe es gesehen. Ich habe nichts gesagt. Wir sind dann schnell abgehauen.
Zombiebuch 4.5.
Lisa Nordahl wollte, dass ich ihr meine erste Erinnerung erzähle. Das, woran ich mich als Erstes von meinem Leben erinnere. Als ich zum ersten Mal entdeckte, dass es mich gibt. Aber das konnte ich nicht. Irgendwie habe ich nämlich nie entdeckt, dass es mich gibt. Aber selbstverständlich hast du eine erste Erinnerung, sagte sie, alle haben eine erste Erinnerung. Aber mir fiel nichts ein. Sie gab nicht auf, also erzählte ich eine Geschichte, wie unsere Familie auf Neuguinea Urlaub machte und das Schiff unterging und wir uns auf eine Kannibaleninsel retteten. Sie wurde sauer, versuchte es aber nicht zu zeigen. Sie sagte, das ist gelogen, und ich sagte, wenn die Kannibaleninsel meine erste Erinnerung ist, dann ist das so. Das kann nicht sein, sagte sie, das kann einfach nicht passiert sein. Nein, das ist nicht passiert, sagte ich, aber es ist meine erste Erinnerung. Sie kann schließlich nicht bestimmen, was meine erste Erinnerung ist.
Ihre eigene erste Erinnerung war, dass sie mit ihrer Oma auf einer Wiese ging und Blumen pflückte. Barfuß. Glockenblumen und Margeriten. Ich glaube ihr kein Wort. Wenn sie dort auf der Wiese wenigstens in eine Glasscherbe getreten wäre. Mein Papa, sagte ich, der hat einen Kannibalen erschossen, mit einem Gewehr, das bei uns im Wandschrank steht. Direkt in die Stirn, und am Hinterkopf gab es ein Riesenloch, durch das ist das Gehirn rausgeflogen. Und damit war unser Gespräch für diese Woche zu Ende.
Sechs Möglichkeiten, einen Zombie zu entdecken:
1. Trägheit. Zombies bewegen sich unsicher und langsam. Wenn man versucht, mit ihnen Kontakt aufzunehmen, reagieren sie kaum oder gar nicht.
2. Schwierigkeiten beim Sprechen. Zombies können entweder gar nicht sprechen, oder sie drücken sich mit sehr kurzen Sätzen aus. Aber meistens bloß mit Geräuschen.
3. Zugekniffene Augen. Zombies sind in der Regel nur nachts wach. Ihre Augen können kein Sonnenlicht vertragen.
4. Weiße Punkte auf der Haut. Das Zombiegift kann so stark sein, dass es blasse Flecken erzeugt.
5. Unempfindlichkeit für Schmerz. Zombies können Schmerzen spüren, aber sie reagieren sehr langsam und wirken daher so, als wären sie schmerzunempfindlich.
6. Schlechter Geruch. Zombies denken nicht daran, sich zu waschen. Sie sind sehr schmutzig und zerlumpt und haben oft kaputte Zähne.
Zombiebuch 7.5.
Der Sand in den Tanks hat die Bauarbeiten auch nicht gestoppt. Warum müssen sie ausgerechnet dort ihr Autohaus bauen, wo wir unser Lager hatten? Wer hat das bestimmt? Tengil?
Zombiebuch 8.5.
Papa saß auf dem Sofa. Er war nicht schlimm betrunken, wahrscheinlich hatte er bloß eine Flasche Wein intus. Er war gut aufgelegt und sagte, diesen Sommer gehen wir angeln. Er fragte, ob ich mich an den Fluss erinnere und an die Barsche, die wir dort gefangen haben. Vielleicht, sagte ich, das war nämlich lange her. Aber diesen Sommer werden wir angeln, du und ich, sagte er. Würmer suchen und angeln. Die Flaschen standen eine hinter der andern hinterm Sofa aufgereiht. Später, nachdem er noch eine Flasche getrunken hatte, fing er an, mit seiner Zeit zur See anzugeben. Wenn ich das bloß höre, wird mir schlecht. Nach der dritten Flasche kriegt er dann immer den Tausendmeterblick, die Augen sind dann ganz verschwommen in die Ferne gerichtet. Er bewegt nicht mehr die Augen, sondern den ganzen Kopf, als wäre der komplette Augenmechanismus im Eimer. Als Nächstes kommen die Tränen und das Gejammer, dass er sterben wird, und irgendwo am Ende von Flasche Nummer vier schläft er ein. So läuft das, wenn er Wein trinkt. Im Vergleich mit Schnaps geht es mit Wein langsam. Mit Schnaps ist es gefährlich, da muss man auf alles vorbereitet sein. Eine Tränenperiode gibt es da zum Beispiel nicht. Er wird gleich wütend und handgreiflich. Er schreit, man sei ein widerlicher kleiner Mistkerl. Er brüllt, und ich kriege immer Angst, dass er zum Wandschrank geht. Er schläft nicht ein vom Schnaps, sondern er stürzt ab. Das Gehirn schaltet ab, löscht sämtliche Systeme, und er wird verwirrt. Seine Augen werden schwarz, dann kommt der Sturz. Manchmal weich. Manchmal hart. Den Schnaps, der übrig geblieben ist, leere ich aus. Er hasst mich. Ich muss ihn dazu bringen, nicht mehr zu trinken.
Zombiebuch 11.5.
Wenn man viel weint, kriegt man Durst. Ich trinke viel Wasser.
Zombiebuch 12.5.
Heute hat jemand an der Tür geklingelt. Draußen standen die Papageienfrau und der Goldzahn. Ich habe sie durch das Guckauge gesehen. Aber ich habe nicht aufgemacht. Kurz habe ich gedacht, jetzt hole ich das Gewehr. Da hätten sie Augen gemacht!
Zombiebuch 13.5.
Ich wüsste gern, ob es irgendwelche Tabletten gibt, die die Einsamkeitsschlange töten können. Die sie im Bauch drin ermorden, damit man sie einfach rausscheißt. Heute ist Tony heimgekommen. Ich habe ihn gefragt, wo er gewesen ist, und er hat gesagt, er ist zu Dennis gezogen. Ich erzählte ihm von dem Gewehr im Schrank und dass ich mich davor fürchte. Tony schüttelte bloß den Kopf und zerriss alle Rechnungen, die gekommen waren. Dann hat er ein paar Kleider genommen und ist verduftet.
Zombiebuch 17.5.
Wer eine Veränderung will, muss eine Zeit lang mit Lichtgeschwindigkeit unterwegs sein. Ein Astronaut, der zehn Jahre mit Lichtgeschwindigkeit durch die Milchstraße fährt, staunt nicht schlecht, wenn er wieder nach Hause kommt. Die Erde ist inzwischen eine Million Jahre älter geworden.
Zombiebuch 18.5.
Ich glaube, Papa trinkt, um vor sich selbst davonzulaufen. Aber jeden Morgen wacht er auf und ist immer noch bei den Kannibalen.
Zombiebuch 19.5.
Wenn ich Lisa Nordahl erzählen würde, wie es ist, würde sie traurig werden. Wenn ich alles genau so erzählen würde, wie es ist, würde sie garantiert kaputtgehen. Auf der anderen Seite vom Tisch bloß kurz erzittern und POOFF! Also tu ich das nicht.
Zombiebuch 25.5.
Heute ist Tony heimgekommen. Ich habe mich riesig gefreut, kurz war alles wie früher. Ich wollte, dass wir boxen. Aber er hatte keine Lust. Ich holte die Handschuhe und die Eieruhr. Er sagte, ich sei bescheuert, zog aber trotzdem die Handschuhe an und schlug mich zu Boden. Ich stand wieder auf, und da wurde er wütend und schlug mir ins Gesicht. Ich fiel hin, total ding-dong, und er schlug weiter. Die Hauptsicherung muss bei ihm durchgebrannt sein. Er setzte sich auf mich drauf und schlug. Ich schrie, er soll aufhören, aber er schlug weiter, obwohl ich auf dem Boden lag. Als die Eieruhr läutete, warf er die Handschuhe weg und ging. Zehn Minuten lang hat er mich geschlagen, obwohl ich auf dem Boden lag. Ich blutete aus der Nase. Der Kopf tut mir immer noch weh. Der ganze Körper. Ich bin in mein Zimmer gerannt. Ich habe Angst. Pis Kissen ist blutig geworden. Ich habe versucht, es mit kaltem Wasser abzuwaschen, aber das Blut hat sich nur noch mehr ausgebreitet. Scheißtony! Papa schläft auf dem Sofa. Er ist hackevoll. Ich werde nie mehr mit Tony sprechen. Der kann von mir aus zur Hölle fahren. Alle können zur Hölle fahren. Schwanz. Ficken. Fotze. Was gibt es noch? Busen. Nein, das ist kein solches Wort. Arschfickerscheiße.
Zombiebuch 26.5.
Heute hat die Papageienfrau angerufen. Sie wollte mit Papa sprechen, aber ich sagte, er ist erkältet. Sie wollte wissen, wie es mir geht, und ich sagte, gut. Aber sie hat mir nicht geglaubt. Sie sagte, sie hätte eine Pflegefamilie für mich organisiert, in sichereren Verhältnissen. Aber ich sagte, ich habe schon eine Familie. Aber die Papageientante hat immer weitergelabert und gesagt, diese Pflegefamilie wohnt in Bro und hat eigene Kinder und Tiere, Pferde und so. Nein, habe ich gesagt, wenn ich schon wohin muss, will ich zu Lena, nach Selet.
Die Papageientante sagte, das geht nicht, sie sagte, ich brauche eine zuverlässige funktionierende Familie und Lena hätte nicht die notwendigen Qualifikationen. Was soll das heißen – Quali-fick-kacktionen? Was ist denn das für ein beschissenes Wort, das lässt sich ja kaum schreiben. Ich habe aufgelegt. Die Papageienfrau kann von mir aus zur Hölle fahren. Wer will schon an einem Ort wohnen, der Bro heißt?
Zombiebuch 27.5.
Ich habe angefangen, ein komisches Geräusch zu machen, das Frau Lind wahnsinnig macht. Ich ziehe durch die Nase Luft ein und bringe irgendwie den Gaumen zum Zittern. Es ist kein normales Rotzgeräusch, sondern eher wie Schnarchen. Ich kann nicht damit aufhören. Und wenn ich mich noch so sehr anstrenge, zwingt mich mein Gehirn trotzdem, es zu machen. Frau Lind hat mich zur Schulschwester geschickt. Aber als die das Geräusch hören wollte, konnte ich es nicht machen. Dann sollte ich meinen Pulli ausziehen, weil sie meine Lungen abhören wollte. Und da entdeckte sie alle meine blauen Flecken und wurde auch komplett wahnsinnig. Ich hätte den Pulli nicht ausziehen sollen.
Zombiebuch 28.5.
Ich habe einen Brief aufgemacht, der heute kam. Er war an meinen Erziehungsberechtigten gerichtet, das kam mir verdächtig vor. Ich brauchte eine Weile, bis ich herausgebracht hatte, was ein Erziehungsberechtigter ist. Mich erzieht ja keiner, wozu braucht es da eine Berechtigung? Aber mein Erziehungsberechtigter ist demnach mein Papa.
Folgendes steht in dem Brief:
Mit Bezug auf das Jugendhilfegesetz, JHG, wird Mik Backman ohne Einverständniserklärung in geordneteren Verhältnissen untergebracht.
Außerdem steht da noch eine Menge Zeug, das ich nicht verstehe. Paragraf Neun??? Was denn??? Wer zum Teufel soll das sein??? Scheiß drauf! Der Erziehungsberechtigte ist besoffen und wird diesen Brief nicht erhalten. Das ist also kein Problem.
Zombiebuch 2.6.
Die Papageienfrau und der Goldzahn sind heute in die Schule gekommen. Wir hatten gerade Mathe, und ich half Ploppy bei einer Textaufgabe, als sie plötzlich im Klassenzimmer auftauchten. Die Papageienfrau begrüßte Frau Lind. Der Goldzahn blieb neben der Tür stehen, und da wurde mir klar, was sie vorhatten. Sie wollten mich einfangen. Aber ich hatte mir das schon überlegt. Das Klassenzimmer ist eine Falle mit vergitterten Fenstern. Und Ploppy und ich hatten schon mal die Gitterschlösser aufgetrickst. Die Papageienfrau sagte Frau Lind, es handle sich um eine Inobhutnahme, dem JHG entsprechend. Frau Lind fragte, was das denn sei, sie wolle nämlich nicht, dass irgendwelche fremden Leute einfach ihre Schüler mitnehmen. Frau Lind machte Schwierigkeiten, und das war echt gut. Ich kam rechtzeitig ans hinterste Fenster, öffnete das Gitter, hüpfte hinunter in die Büsche und rannte los.
Zombiebuch 3.6.
Mein Vater ist Automechaniker. Mein Vater ist Rechtsanwalt. Mein Vater ist Schuhmacher. Mein Vater ist Bäcker. Mein Vater ist Fernfahrer. Mein Vater ist Zahnarzt. Mein Vater ist Frisör. Nein, ich habe bloß Spaß gemacht. Mein Vater ist ein Spaten. Mein Vater ist am Ende. ICH HASSE IHN. ALLE KÖNNEN VON MIR AUS VERRECKEN.
Zombiebuch 4.6.
Heute bin ich den ganzen Tag in der Bibliothek gewesen. In die Schule gehe ich nicht mehr. Das Verhältnisse dort sind nicht mehr sicher genug für mich. Ich habe ein Buch über Walfische gelesen. Vor 40 Millionen Jahren gab es Wale, die hatten Hinterbeine. Diese Art hieß Basilosaurus, es war ein riesiges schlangenähnliches Tier mit einem gewaltigen Maul und großen scharfen Reißzähnen. Für die Hinterbeine hatte es keine Verwendung. In dem Buch gab es ein Bild, wie es vermutlich ausgesehen hat. Es erinnert an die Einsamkeitsschlange.
Zombiebuch 6.6.
Ich habe heute versucht aufzuräumen. Papa kam mit klirrenden Tüten nach Hause und sagte, ich sei tüchtig. Dann hat er die Flaschen versteckt. Er versteckt sie, damit ich sie nicht zerschlagen kann. Er findet mich gemein und sagt, es ist ungerecht von mir, das zu tun, wenn man bedenkt, wie schwer er es gehabt hat. In der Wohnung ist es richtig schön geworden. Ich habe in allen Zimmern staubgesaugt. Dann wurde er wieder betrunken und musste sterben. Er sagte, er lebt ausschließlich für uns, für mich und Tony. Ich hatte keine Lust, mir das alles noch einmal anzuhören, und ging in den Keller. Ich habe Pis Kissen runtergebracht. Erst jetzt begreife ich, wie gut alles bei Lena war. Damals habe ich darüber gar nicht nachgedacht. Erst wenn es nicht mehr gut ist, fällt einem ein, dass etwas gut war. Man ist zu bescheuert, um zu merken, dass etwas gut ist, während es gut ist. Erst wenn die Schlange anfängt sich zu rühren. Irgendwie ist das ein bisschen spät. Ich hätte Pi gern so vieles gesagt. Wenn ich an sie denke, tut es mir weh. Also versuche ich, nicht an sie zu denken.
Zombiebuch 13.6.
Die Papageienfrau und der Goldzahn stehen vor der Tür. Sie haben geklingelt und geklingelt und geklingelt. Während ich das hier schreibe, stehen sie dort draußen. Und zwei Polizisten. Zuerst habe ich mich mit der Taschenlampe unterm Bett versteckt, aber sie haben trotzdem weitergeklingelt. Sie haben durch den Briefkastenschlitz gerufen, sie würden mir helfen. Was soll ich tun? Tony ist nicht da, und Papa ist seit zwei Tagen verschwunden. Ich werde nicht aufmachen. Ich kann gut hierbleiben. Ich habe genügend Schokolade, die reicht mir. Ich habe im Wandschrank gesucht, aber das Gewehr ist weg. Sie rufen durch den Briefkasten, dass sie die Tür aufbrechen, weil sie mir helfen wollen. Ich habe gefragt, wer das bestimmt hat. Sie sagen, das bestimmen sie. Ich mache nur auf, wenn ich zu Lena fahren darf. Aber das können sie nicht versprechen, das bestimmen nämlich nicht sie. Also werde ich nicht aufmachen. Ich habe gesagt, ich springe vom Balkon, wenn sie die Tür aufbrechen. Jetzt wissen sie nicht mehr weiter. Inzwischen ist draußen auf der Straße noch ein zweites Polizeiauto aufgetaucht. Ich war draußen auf dem Balkon und habe ihnen zugewinkt. Die Polizisten haben zurückgewinkt. Dann bin ich ein bisschen an der Außenseite des Balkongeländers herumgeklettert. Jetzt liege ich wieder unterm Bett. Die Batterien meiner Taschenlampe sind fast leer. Da kommt nur noch ein schwaches gelbes Licht. Die Papageienfrau ruft durch den Briefkasten, dass ich zu Lena fahren darf. Hauptsache, ich lasse das mit dem Balkon und mache die Tür auf. Jetzt sind die Batterien endgültig verreckt.