Es ist das Jahr 1939, und ausgerechnet auf dem Campus der
Universität Indiana ist eine Revolution ausgebrochen. Alfred
Kinsey, ein Zoologe, der zunächst das Leben der Gallwespen
studierte, beschäftigt sich seit neuestem mit dem sexuellen
Verhalten von Männern und Frauen, und zwar empirisch. Vielbesucht
sind seine von drastischen Dias begleiteten »Ehekurse«, und auch
John Milk, ein ehrgeiziger junger Provinzler, dem es zunächst
hauptsächlich darum geht, sich hübschen Kommilitoninnen zu nähern,
nimmt daran teil. Bald verfällt er dem charismatischen Charme von
»Prok« -Professor Kinsey − und wird in dessen innersten Zirkel
aufgenommen. Das bedeutet nicht nur, daß John bei Proks Großprojekt
− die sexuellen Biographien von 100000 Amerikanern zu erfassen −
mitmacht, sondern daß Prok von ihm erwartet, seine Sexualität in
einer Art und Weise auszuleben, wie John es sich nicht hätte
träumen lassen. Für ihn ist es eine Befreiung, doch Iris, die Frau,
die er liebt und heiratet, fühlt sich zunehmend bedroht. Boyles
neuer Roman porträtiert das Amerika der vierziger und fünfziger
Jahre mit seiner Prüderie und seiner Heuchelei und führt in der
Gestalt von Kinsey einen klassischen amerikanischen (und
Boyleschen) Helden vor: genial, fanatisch, skrupellos. Und das
zentrale Thema ist natürlich Sex − die verheimlichten Begierden,
die Qualen der Eifersucht, die als Fessel empfundene Monogamie in
der Ehe.
T. Coraghessan Boyle, 1948 in Peekskill, N.Y., geboren, unterrichtet an der University of Southern California in Los Angeles. Bei Hanser erschienen zuletzt America (Roman, 1996), Riven
Rock (Roman, 1998), Fleischeslust (Erzählungen,
1999), Ein Freund der Erde (Roman, 2001), Schluß mit
cool (Erzählungen, 2002) sowie Drop City (Roman,
2003).