Vorwort des Übersetzers

 

Das ching, das in dieser Erzählung eine so wichtige, fast tragende Rolle spielt, ist das uralte chinesische Orakel I ching (in anderer Schreibweise I Ging), das „Buch der Wandlungen“. Sein Ursprung verliert sich im Dunkel der Zeiten; historisch gesichert ist es seit gut 3000 Jahren. Vielleicht war es ursprünglich kein Orakel, sondern ein ethisch-philosophisches Werk, in das erst später das Orakel-Element hineingetragen wurde – wie ja auch bei uns die Bibel gelegentlich als Orakel benutzt wird.

Die Grundlage des I ching bilden 64 Hexagramme, sechszeilige Zeichen, Kombinationen aus der gebrochenen yin-Linie und der glatten yang-Linie, z. B. so: img4.png (das auf S. 54 erwähnte Zeichen ‚die Bedrängnis’). Yin und yang bilden das uralte dualistische Prinzip der asiatischen philosophischen Systeme.

Ursprünglich wurden diese Linien durch ein kompliziertes Ritual des Aufnehmens und Ablegens getrockneter Schafgarbenstengel gewonnen; heute benutzt man dazu gewöhnlich drei Münzen, die man unter Konzentration auf seine Frage an das Schicksal sechsmal wirft. Liegt beim Wurf zwei- oder dreimal die Zahl oben, so notiert man die yin-Linie, umgekehrtenfalls die yang-Linie. So baut man das Hexagramm auf. Auf Grund der verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten gibt es 64 solcher Hexagramme, von denen jedes einen Namen hat und für die es ausführliche, sehr interessante Interpretationen gibt, mehr im Sinne der Lebenshilfe als der eigentlichen Wahrsagerei.

Besonders in den letzten Jahrzehnten ist das I ching auch im Westen, in u. a. in Hippie-Kreisen, dann bei den Alternativen. Sogar in der Schickeria hat es eine kurze Blüte erlebt.

Die klassische deutsche Ausgabe, I Ging, Text und Materialien, übersetzt von Richard Wilhelm, herausgegeben von Wolfgang Bauer, gehört zum festen Bestand der öffentlichen Bibliotheken, wo man sie gewöhnlich lange Zeit vorbestellen muß.

 

Karl H. Schulz