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Du zeigst mir den Pfad zum Leben.
Vor deinem Angesicht herrscht
Freude in Fülle,
zu deiner Rechten Wonne für
alle Zeit.
Psalm 16:11
Ich hab mein ganzes Leben lang nach dem Weg zu Gott gesucht …
DAS WEISS ICH
… und nun habe ich ihn gefunden und kann es nicht glauben. Ich habe das Gefühl, hier zu sitzen und an mich selbst zu schreiben.
DAS TUST DU.
Ich empfinde es nicht so, wie ich eine Kommunikation mit Gott empfinden sollte.
DU MÖCHTEST GLOCKENGELÄUT und Schalmeienklang? Ich will sehen, was sich arrangieren läßt.
Du weißt, daß manche dieses ganze Buch als Blasphemie bezeichnen werden – stimmt’s? Vor allem, wenn du dich weiterhin dermaßen oberlehrerhaft gebärdest.
LASS MICH DIR etwas erklären. Du hast diese fixe Idee, daß Gott sich immer nur auf eine Weise im Leben zeigt. Das ist eine sehr gefährliche Vorstellung. Sie hindert dich daran, Gott überall zu sehen. Wenn du glaubst, daß Gott nur ein einziges, ganz bestimmtes Aussehen hat oder sich nur auf eine einzige, ganz bestimmte Weise hören läßt, oder nur auf eine einzige, ganz bestimmte Weise existiert, dann wirst du Tag und Nacht immer nur an mir vorbeisehen. Du wirst dein ganzes Leben damit verbringen, nach Gott zu suchen, und Sie nicht finden, weil du nach einem Er suchst.
Das nur als Beispiel. Es heißt, daß ihr die Hälfte der Geschichte verpaßt, wenn ihr Gott nicht im Banalen und im Tiefgründigen sucht. Das ist eine tiefe Wahrheit.
Gott existiert in der Traurigkeit und im Lachen, im Bitteren und im Süßen. Hinter allem existiert eine göttliche Absicht und daher existiert eine göttliche Präsenz in allem.
Ich fing einmal damit an, ein Buch zu schreiben mit dem Titel Gott ist ein Salamisandwich.
DAS WÄRE EIN sehr gutes Buch geworden. Ich habe dich da-zu inspiriert. Warum hast du es nicht geschrieben?
Es wirkte wie Blasphemie. Oder zumindest schrecklich respektlos.
DU MEINST WUNDERBAR respektlos! Was läßt dich denken, daß Gott nur das »Respektvolle« ist? Gott ist das Auf und Ab. Das Heiße und das Kalte. Das Linke und das Rechte.
Das Respektvolle und das Respektlose!
Glaubst du, Gott kann nicht lachen? Meinst du, Gott freut sich nicht über einen guten Witz? Glaubst du zu wissen, daß Gott keinen Humor hat? Ich sage dir, Gott hat den Humor erfunden.
Mußt du in gedämpftem Ton sprechen, wenn du mit mir redest? Gehen Slang oder Gossensprache über meinen Horizont? Ich sage dir, du kannst mit mir reden wie mit deinem besten Kumpel.
Glaubst du, es gäbe ein Wort, das ich nicht gehört habe?
Einen Anblick, den ich nicht gesehen habe? Einen Ton, den ich nicht kenne?
Glaubst du, daß ich manches verabscheue, wohingegen ich anderes liebe? Ich sage dir, ich verabscheue nichts. Nichts ist mir widerwärtig. Es ist Leben, und Leben ist das Geschenk; der unaussprechliche Schatz, – das Allerheiligste.
Ich bin Leben, denn ich bin der Stoff, aus dem das Leben ist.
Jeder seiner Aspekte hat einen göttlichen Sinn. Nichts – nichts – existiert ohne einen von Gott verstandenen und gebilligten Grund.
Wie kann das sein? Was ist mit dem Bösen, das vom Menschen geschaffen wurde?
IHR KÖNNT KEIN Ding – keinen Gedanken, keinen Gegenstand, kein Ereignis, keine Erfahrung jedweder Art – außerhalb Gottes Plan erschaffen. Denn Gottes Plan für euch sieht vor, daß ihr alles – ein jegliches – erschafft, was ihr wollt. In dieser Freiheit liegt die Erfahrung Gottes, Gott zu sein – und das ist die Erfahrung, für die ich euch erschaffen habe. Und das Leben selbst.
Das Böse ist das, was ihr das Böse nennt. Aber selbst das liebe ich, denn nur durch das, was ihr als das Böse definiert, könnt ihr das Gute erkennen; nur durch das, was ihr das Werk des Teufels nennt, könnt ihr das Werk Gottes erkennen und tun. Ich liebe das Heiße nicht mehr als das Kalte, das Hohe nicht mehr als das Niedrige, das Linke nicht mehr als das Rechte. Es ist alles relativ. Es ist alles Teil dessen, was ist.
Ich liebe das »Gute« nicht mehr als das »Schlechte«. Hitler ging in den Himmel ein. Wenn ihr das begreift, begreift ihr Gott.
Aber ich bin zum Glauben erzogen worden, daß das Gute und das Schlechte tatsächlich existieren,- daß richtig und falsch tatsächlich das Gegenteil voneinander sind,- daß manche Dinge nicht in Ordnung, im Angesicht Gottes nicht akzeptabel sind.
ALLES IST IM Angesicht Gottes »akzeptabel«, denn wie kann Gott nicht das akzeptieren, was ist? Ein Ding ablehnen heißt seine Existenz leugnen. Die Beurteilung, daß es nicht in Ordnung ist, besagt, daß es nicht Teil von mir ist – und das ist unmöglich.
Doch haltet an euren Überzeugungen fest und bleibt euren Werten treu, denn es sind die Werte eurer Eltern und eurer Großeltern, eurer Freunde und eurer Gesellschaft. Sie bilden die Struktur eures Lebens, und ihr Verlust würde die Auflösung des Stoffs eurer Erfahrungen bedeuten. Aber überprüft sie der Reihe nach. Schaut sie euch Stück für Stück sorgsam an. Reißt nicht das Haus ein, aber prüft jeden Baustein und ersetzt jeden, der zerbrochen zu sein scheint und das Gebäude nicht länger zu stützen vermag.
Eure Vorstellungen von richtig und falsch sind genau das – Vorstellungen, Ideen. Sie sind die Gedanken, die dem Form geben und die Substanz dessen erschaffen, was-ihr-seid. Es gibt nur einen einzigen Grund, eine Veränderung vorzunehmen,- sie hat ausschließlich dann Sinn und Zweck, wenn ihr mit dem, was-ihr-seid, nicht glücklich seid.
Nur ihr könnt wissen, ob ihr glücklich seid. Nur ihr könnt von eurem Leben sagen: »Das ist meine Schöpfung (Sohn), an der ich großes Wohlgefallen habe.»
Wenn euch eure Werte dienlich sind, dann haltet an ihnen fest. Steht für sie ein. Kämpft, um sie zu verteidigen.
Doch seid bestrebt, so zu kämpfen, daß ihr niemandem Schaden zufügt. Die Schädigung ist ein nicht notwendiger Bestandteil des Heilens.
Du forderst: »Haltet an euren Werten fest«, und gleichzeitig sagst du, daß alle unsere Werte falsch sind. Hilf mir mal, diesen Widerspruch zu klären.
ICH HABE NICHT gesagt, daß eure Werte falsch sind. Aber sie sind auch nicht richtig. Sie sind ganz einfach Beurteilungen – Bewertungen, Entscheidungen. Zum größten Teil sind es Entscheidungen, die nicht ihr getroffen habt, sondern andere: eure Eltern vielleicht, eure Theologen, Lehrer, Historiker, Politiker.
Sehr wenige der Werturteile, die ihr euch als eure Wahrheit einverleibt habt, gründen sich auf eure ganz persönliche Erfahrung. Doch ihr seid um der Erfahrung willen hierher gekommen – und aus eurer Erfahrung heraus sollt ihr euch selbst erschaffen. Ihr habt euch aus der Erfahrung anderer heraus erschaffen.
Wenn es so etwas wie die Sünde gäbe, dann diese: Daß ihr euch aufgrund der Erfahrung anderer erlaubt, das zu werden, was ihr seid. Das ist die »Sünde«, die ihr begangen habt – ihr alle. Ihr wartet nicht auf eure eigene Erfahrung, ihr akzeptiert die Erfahrung anderer (buchstäblich) als das Evangelium, und wenn ihr dann zum ersten Mal der tatsächlichen Erfahrung begegnet, stülpt ihr dieser Begebenheit das über, was ihr bereits zu wissen glaubt.
Wenn ihr das nicht tätet, würdet ihr möglicherweise eine völlig andere Erfahrung machen – eine, die vielleicht die Erkenntnis bringt, daß euer ursprünglicher Lehrer oder eure ursprüngliche Wissensquelle nicht recht haben. In den meisten Fällen wollt ihr eure Eltern, Lehrmeinungen, Religionen, Traditionen, heiligen Schriften nicht anzweifeln – also leugnet ihr eure eigene Erfahrung zugunsten dessen, was zu denken ihr angewiesen wurdet.
Nirgendwo läßt sich das deutlicher aufzeigen als bei eurem Umgang mit der menschlichen Sexualität.
Jedermann weiß, daß die sexuelle Erfahrung die liebevollste, aufregendste, machtvollste, anregendste, erfrischendste, energetisierendste, bestätigendste, intimste, regenerierendste physische Einzelerfahrung sein kann, zu der Menschen fähig sind. Nachdem ihr das erfahrungsgemäß entdeckt habt, habt ihr euch statt dessen dazu entschieden, frühere Urteile, Meinungen und Ideen über Sex zu akzeptieren, die von anderen verbreitet wurden – welche alle ein Eigeninteresse daran haben, wie und was ihr denkt.
Diese Meinungen, Beurteilungen und Ideen laufen ganz direkt eurer persönlichen Erfahrung zuwider, aber weil ihr es verabscheut, eure Lehrer ins Unrecht zu setzen, zwingt ihr euch selbst zu der Überzeugung, daß eure Erfahrung falsch sein muß. Die Folge davon ist, daß ihr eure eigene tiefe Wahrheit über dieses Thema verratet – mit katastrophalen Ergebnissen.
Das gleiche habt ihr mit dem Geld veranstaltet. Ihr habt euch jedesmal, wenn ihr in eurem Leben eine Menge Geld hattet, großartig gefühlt. Ihr fandet es großartig, es zu bekommen und ebenso, es auszugeben. Daran war nichts Schlechtes, nichts Böses, an sich nichts »Unrechtes«. Doch wurden die Lehren anderer zu diesem Thema von euch dermaßen verinnerlicht, daß ihr eure Erfahrung zugunsten der »Wahrheit« verleugnet habt.
Nachdem ihr euch jene »Wahrheit« zu eigen gemacht hattet, habt ihr Gedankengebilde darum herum aufgebaut – Gedanken, die schöpferisch sind. Und ließet ihr eine persönliche Realität um das Geld herum entstehen, die es von euch wegschiebt – denn warum solltet ihr danach streben, euch etwas anzueignen, was nicht gut ist?
Erstaunlicherweise habt ihr den gleichen Widerspruch in bezug auf Gott geschaffen. Alles, was euer Herz über Gott erfährt, sagt euch, daß Gott gut ist. Alles, was euch eure Lehrer über Gott beibringen, sagt euch, daß Gott böse ist.
Eurer Herz sagt euch, daß Gott ohne Furcht geliebt werden solle. Eure Lehrer sagen euch, daß Gott gefürchtet werden muß, denn er ist ein rachsüchtiger Gott. Ihr sollt in Angst vor Gottes Zorn leben, sagen sie. Ihr sollt in seiner Gegenwart erzittern, euer ganzes Leben lang das Urteil des Herrn fürchten. Denn der Herr ist »gerecht«, heißt es. Und Gott weiß, daß ihr in Schwierigkeiten steckt, wenn ihr euch mit dieser schrecklichen Gerechtigkeit des Herrn konfrontiert seht. Deshalb sollt ihr Gottes Geboten »gehorchen«, denn sonst …
Vor allem sollt ihr keine so logischen Fragen stellen wie:
»Warum hat Gott, wenn er strikten Gehorsam gegenüber seinen Gesetzen verlangte, die Möglichkeit eines Übertretens dieser Gesetze geschaffen?« Weil Gott, so erklären euch eure Lehrer, wollte, daß ihr die »freie Wahl« habt.
Doch was ist das für eine Wahlfreiheit, wenn die Entscheidung für die eine Sache die Verdammnis nach sich zieht?
Wie kann der »freie Wille« frei sein, wenn es gar nicht euer Wille ist, sondern der eines anderen, dem entsprochen werden muß? Die euch das lehren, machen aus Gott einen Heuchler.
Man sagt euch, daß Gott Vergebung und Mitgefühl ist, doch wenn ihr nicht in »gebührender Form« um diese Vergebung bittet, wenn ihr nicht auf korrekte Weise »an Gott herantretet«, wird eure Bitte nicht erhört, bleibt euer Ruf unbeantwortet. Selbst das wäre nicht so tragisch, wenn es nur einen einzigen korrekten Weg gäbe, aber es werden so viele »korrekte Wege« gelehrt, wie es Lehrer gibt.
Deshalb verbringen die meisten von euch den Großteil ihres Erwachsenendaseins mit der Suche nach dem »richtigen Weg«, Gott anzubeten, ihm zu gehorchen und zu dienen. Die Ironie bei allem ist die, daß ich nicht angebetet werden will, euren Gehorsam nicht brauche und es nicht nötig ist, daß ihr mir dient.
Das sind Verhaltensweisen, wie sie historisch gesehen die Monarchen von ihren Untertanen verlangten – meist egomanische, unsichere, tyrannische Herrscher noch dazu. Es sind in keiner Hinsicht Gottes Forderungen – und es scheint bemerkenswert, daß die Welt bislang noch immer nicht zur Schlußfolgerung gelangt ist, daß es sich um unterstellte Forderungen handelt, die nichts mit göttlichen Bedürfnissen oder Wünschen zu tun haben.
Die Gottheit hat keine Bedürfnisse. Alles-was-Ist ist genau das: alles, das ist. Und deshalb will sie oder mangelt es ihr, schon der Definition nach, an nichts.
Wenn ihr die Wahl trefft, an einen Gott zu glauben, der irgendwie etwas braucht – und der sich, wenn er es nicht kriegt, in seinen Gefühlen dermaßen verletzt fühlt, daß er die bestraft, von denen er erwartet hat, es zu bekommen –, dann entscheidet ihr euch für den Glauben an einen sehr viel kleineren Gott, als ich es bin. Dann seid ihr wahrlich Kinder eines minderen Gottes.
Nein, meine Kinder, laßt mich euch nochmals, mittels dieser Aufzeichnungen versichern, daß ich ohne Bedürfnisse bin. Ich brauche nichts.
Das heißt nicht, daß ich ohne Verlangen bin. Verlangen und Bedürfnis sind nicht das gleiche (obwohl viele von euch es in ihrem gegenwärtigen Leben dazu gemacht haben).
Verlangen ist der Anfang aller Schöpfung. Es ist der erste Gedanke. Es ist ein wunderbares Gefühl in der Seele. Es ist Gott, der die Wahl trifft, was er als nächstes erschafft.
Und was ist Gottes Verlangen?
ERSTENS VERLANGE ICH danach, mich selbst zu erkennen und zu erfahren in all meiner Herrlichkeit – zu wissen, wer-ich-bin. Das zu tun war mir unmöglich, bevor ich euch erschuf – und alle Welten des Universums.
Zweitens verlange ich danach, daß ihr erkennt und erfahrt, wer-ihr-wirklich-seid, durch die euch von mir vermittelte Macht, euch selbst auf jedwelche von euch gewählte Weise zu erschaffen und zu erfahren.
Drittens verlange ich danach, daß der gesamte Lebensprozeß eine Erfahrung ständiger Freude, fortgesetzter Schöpfung, nie endender Ausdehnung und totaler Erfüllung in jedem Moment des Jetzt ist.
Ich habe ein vollkommenes System errichtet, mit dessen Hilfe all mein Verlangen verwirklicht werden kann. Dies geschieht jetzt – genau in diesem Moment. Der einzige Unterschied zwischen mir und euch ist der, daß ich dies weiß.
Im Augenblick eurer totalen Erkenntnis (ein Augenblick, der jederzeit eintreten kann) werdet auch ihr so empfinden, wie ich immerwährend fühle: absolut freudig, liebend, akzeptierend, segnend und dankbar.
Das sind die fünf Einstellungen Gottes, und bevor wir mit diesem Dialog fertig sind, werde ich euch zeigen, wie euch ein Übernehmen dieser Einstellungen in euer jetziges Leben zur Göttlichkeit bringen kann – und wird.
All das ist eine sehr lange Antwort auf eine sehr kurze Frage.
Ja, haltet an euren Werten fest – solange ihr die Erfahrung macht, daß sie euch dienlich sind. Doch schaut, ob ihr diese Werte, denen ihr mit euren Gedanken, Worten und Handlungen dient, die höchste und beste Vision, die ihr je von euch hattet, in euren Erfahrungsraum einbringt.
Überprüft eure Werte einen nach dem anderen. Haltet sie ins Licht öffentlicher kritischer Beurteilung. Wenn ihr der Welt, ohne ins Stolpern zu geraten und ohne Zögern, sagen könnt, wer ihr seid und was ihr glaubt, dann seid ihr mit euch glücklich. Es gibt keinen Grund, diesen Dialog mit mir noch sehr viel weiter fortzusetzen, weil ihr ein Selbst erschaffen habt – und ein Leben für das Selbst –, das keiner Verbesserung bedarf. Ihr habt Vollkommenheit erreicht.
Legt das Buch beiseite.
Mein Leben ist nicht vollkommen und der Vollkommenheit auch nicht nahe. Ich bin nicht vollkommen. In der Tat bin ich ein Bündel an Unvollkommenheiten. Ich wünschte – und dies manchmal aus ganzem Herzen –, ich könnte diese Unvollkommenheiten korrigieren; wünschte, ich wüßte, was die Ursache meines Verhaltens ist, was mich stets von neuem abstürzen läßt, was sich mir immer wieder in den Weg stellt. Vermutlich bin ich deshalb zu dir gekommen.
Ich war nicht imstande, selbst die Antworten zu finden.
ICH BIN FROH, daß du gekommen bist. Ich war immer da, um dir zu helfen. Ich bin jetzt hier. Du mußt die Antworten nicht allein finden. Das mußtest du nie.
Und doch scheint es so … anmaßend … zu sein, sich einfach hinzusetzen und auf diese Weise mit dir in Dialog zu treten, ganz zu schweigen von der Vorstellung, daß du – Gott – antwortest. Ich meine, das ist verrückt.
ICH VERSTEHE, DIE Autoren der Bibel waren alle geistig gesund, aber du bist verrückt.
Die Autoren der Bibel waren Zeugen von Christi Leben und haben getreulich berichtet, was sie gehört und gesehen haben.
KORREKTUR. DIE MEISTEN Autoren des Neuen Testaments haben in ihrem Leben Jesus nie getroffen oder gesehen. Als sie lebten, hatte Jesus die Erde schon viele Jahre zuvor verlassen. Sie hätten Jesus von Nazareth nicht einmal erkannt, wenn er auf der Straße direkt vor ihnen gestanden hätte.
Aber …
DIE AUTOREN DER Bibel waren große Gläubige und große Geschichtsschreiber. Sie nahmen die Geschichten auf, die von anderen an sie und ihre Freunde überliefert wurden – von den Ältesten an die Ältesten weitergegeben wurden –, bis schließlich ein schriftlicher Bericht entstand.
Und nicht alle Texte der Bibelautoren fanden Aufnahme in das endgültige Dokument.
Es hatten sich bereits »Kirchengemeinden« um die Lehren Jesu gebildet, und es gab, wie es immer passiert, wenn und wo sich Gruppen um eine machtvolle Idee versammeln, gewisse Individuen innerhalb dieser Kirchengemeinden oder Enklaven, die bestimmten, welche Teile der Geschichte Jesu erzählt werden sollten – und wie. Dieser Auswahl- und Redaktionsprozeß setzte sich während der ganzen Zeit des Sammelns, Schreibens und der Veröffentlichung der Evangelien und der Bibel fort.
Sogar noch einige Jahrhunderte nach der Niederlegung der Originalschriften bestimmte ein Hoher Rat der Kirche noch einmal darüber, welche Doktrinen und Wahrheiten in die damals bereits offizielle Bibel aufgenommen werden sollten, und welche den Massen zu enthüllen »ungesund« oder zu »verfrüht« wäre.
Und es gab auch noch andere heilige Schriften, die alle in Momenten der Inspiration von ansonsten ganz normalen Menschen niedergeschrieben wurden, von denen keiner verrückter war als du.
Willst du damit andeuten – doch wohl nicht, oder? –, daß diese Aufzeichnungen eines Tages eine »heilige Schrift« werden könnten?
MEIN KIND, ALLES im Leben ist heilig. So gesehen, ja, ist der Text eine heilige Schrift. Aber ich will mit dir keine Wortklauberei betreiben, denn ich weiß, was du meinst.
Nein, ich deute nicht an, daß dieses Manuskript eines Tages eine heilige Schrift werden wird. Jedenfalls nicht Hunderte von Jahren lang oder bis seine Sprache veraltet ist.
Siehst du, das Problem ist, daß die Sprache hier zu sehr Umgangssprache, zu sehr Unterhaltungston, zu zeitbezogen ist. Die Leute gehen davon aus, daß Gott, wenn er direkt mit jemandem spricht, sich nicht wie der Mensch von nebenan anhört. Die Sprache sollte eine einigende, um nicht zu sagen göttliche Struktur aufweisen. Sie sollte eine gewisse Würde ausstrahlen, ein gewisses Gefühl von Göttlichkeit vermitteln.
Wie ich bereits sagte, ist das Teil eines allgemeinen Problems. Das Gefühl, das die Leute hinsichtlich Gott haben, läßt sie glauben, daß er nur in einer einzigen Form »auf-kreuzt«. Und alles, was diese Form durchbricht, wird als Blasphemie bezeichnet.
Wie ich schon sagte.
WIE DU SCHON sagtest.
Aber kommen wir auf den Kern deiner Frage zu sprechen.
Warum hältst du es für Verrücktheit, wenn du imstande bist, einen Dialog mit Gott zu führen? Glaubst du nicht an das Gebet?
Ja, schon, aber das ist etwas anderes. Das Gebet war für mich immer eingleisig. Ich frage, und Gott bleibt unveränderlich.
GOTT HAT DEIN Gebet nie beantwortet?
O doch, aber nie verbal. Mir passieren alle möglichen Dinge in meinem Leben, die meiner Überzeugung nach eine Antwort – eine sehr direkte Antwort – auf mein Gebet waren. Aber Gott hat nie zu mir gesprochen.
ICH VERSTEHE. ALSO dieser Gott, an den du glaubst, dieser Gott kann alles tun. Er kann nur nicht sprechen.
Natürlich kann Gott sprechen, wenn er will. Es schien nur nicht wahrscheinlich, daß Gott zu mir sprechen wollte.
DAS IST DIE Wurzel jedes Problems, das du in deinem Leben erfährst – denn du hältst dich nicht für würdig genug, daß Gott zu dir spricht.
Gütiger Himmel, wie kannst du je erwarten, meine Stimme zu hören, wenn du dir nicht vorzustellen vermagst, daß du es in ausreichendem Maße verdienst, daß man überhaupt zu dir spricht!
Ich sage dir dies: Ich vollbringe in diesem Moment ein Wunder. Denn ich spreche nicht nur zu dir, sondern auch zu jeder Person, die dieses Buch in die Hand nimmt und diese Worte liest.
Zu ihnen allen spreche ich jetzt. Ich kenne sie alle einzeln.
Ich weiß jetzt, wer seinen Weg zu diesen Worten finden wird – und ich weiß, daß (wie bei allen meinen anderen Mitteilungen) manche imstande sein werden zu hören, und manche werden nur zuhören können, aber nichts vernehmen.
Na gut, das führt mich zu einer anderen Sache. Ich denke schon jetzt, noch während es geschrieben wird, daran, dieses Material zu veröffentlichen.
JA. WAS IST »falsch« daran?
Könnte nicht eingewendet werden, daß ich das Ganze nur aus Profitdenken durchziehe? Macht das nicht die ganze Sache suspekt?
IST ES DEINE Motivation, etwas zu schreiben, damit du eine Menge Geld verdienen kannst?
Nein. Das ist nicht der Grund, warum das hier angefangen hat. Ich begann mit diesem schriftlichen Dialog, weil ich mich schon an die dreißig Jahre lang mit Fragen herumgequält habe – Fragen, nach deren Beantwortung mich dürstete, ich war schon ganz ausgedörrt. Der Gedanke, eventuell daraus ein Buch werden zu lassen, kam erst später.
VON MIR.
Von dir?
JA. DU GLAUBST doch nicht, daß ich dich all diese wunderbaren Fragen und Antworten vergeuden lassen würde, oder?
Daran habe ich nicht gedacht. Zu Anfang wollte ich nur die Fragen beantwortet haben,- ich wollte, daß die Frustration ein Ende hätte,- die Suche vorbei wäre.
GUT. DANN HÖR auf, deine Motivationen in Frage zu stellen (wie du es unaufhörlich tust), und laß uns damit weiterkommen.