Artur Tschistokjow ließ es sich nicht nehmen, den Triumph im Sektor Europa-Ost mit einer gewaltigen Siegesfeier in St. Petersburg zu bekräftigen. Mehrere Hunderttausend Menschen versammelten sich in den Straßen der russischen Hauptstadt, um seine Rede zu hören. Vor einem Meer aus Russland- und Drachenkopffahnen trat Tschistokjow auf eine riesige Bühne und sprach zu seinem Volk, das mittlerweile zwischen Euphorie und Sorge umherpendelte. Mit markigen Worten untermauerte er die Rechtmäßigkeit seines Angriffs auf den Verwaltungssektor Europa-Ost, da er dem Ansturm der GCF-Heere auf den Nationenbund lediglich zuvorgekommen war.

„Es ist meine feste Überzeugung, dass wir keine andere Wahl gehabt haben. Millionen Soldaten hat die Weltregierung gegen Japan und uns aufgestellt, gleichzeitig aber ihre Friedenslügen verbreitet. Hätten wir einfach ins offene Messer laufen sollen? Hätten wir nichts tun und wie das erstarrte Kaninchen auf den Biss der Schlange warten sollen?

Ich wollte immer den Frieden, aber diesen kann es nicht geben, so lange der Weltfeind nicht besiegt ist. Alles andere ist und bleibt Selbstbetrug.

Mit notorischen Lügnern und Völkervergiftern kann man keinen Frieden schließen und diese Verbrecher haben das auch niemals gewollt. Ihnen ging es von Anfang an nur darum, uns einzuschläfern, damit sie aufrüsten konnten. Heute geben mir die Millionenheere feindlicher Soldaten, die unsere japanischen Freunde und uns vernichten wollen, eindeutig Recht!“, rief Tschistokjow seinem Volk zu.

Tausende jubelten, aber in ihrer Begeisterung steckte ein besorgter Unterton. Doch der Anführer der Rus hatte nicht vor, seinen Anhängern etwas vorzulügen. Das war die schreckliche Realität, Russland musste sie akzeptieren.

„Wer von euch heute Angst im Herzen hat, den kann ich gut verstehen, denn auch ich habe Angst. Trotzdem müsst ihr mir gerade jetzt folgen, damit ich euch durch die Finsternis zum Licht führen kann. Überwindet eure Angst, meine lieben Landsleute! Wir sind die Kämpfer für Freiheit und Wahrheit! Gott ist auf unserer Seite und er verlangt von uns, dass wir die Diener der Hölle hier auf Erden in die Schranken weisen!

Wir kämpfen für die Ehrlichkeit, während sie die Verkünder der Lüge sind. Wir machen uns daran, die Welt aufzubauen, während sie unsere Kinder und Enkel als Sklaven in die Dunkelheit treiben wollen.

Wir wollen erbauen, arbeiten und blühende Länder erschaffen, sie implantieren Millionen Menschen vergiftete Scanchips und verbreiten tödliche Seuchen! Volk von Russland, du musst mir folgen! Du musst mir vertrauen und sei sicher, dass Gott selbst unseren Sieg in diesem Kampf erzwingen wird!“

Artur Tschistokjow redete erneut voller Leidenschaft und schaffte es am Ende, die verunsicherte Masse mit dem Glauben an den Sieg zu erfüllen. Seiner flammenden Rede folgten Paraden der Jugendorganisation der Rus und ein großes Siegesfest. Tschistokjow war heute wieder einmal der Krieger des Wortes, während Frank, Alfred und Millionen andere echte Soldaten in echten Schlachten waren.


Maschinengewehrfeuer tackerte durch das Dickicht und die Geschütze von schweren Panzern röhrten in einiger Entfernung, als die Warägergarde die Stellungen der GCF-Soldaten vor Eisenhüttenstadt attackierte. Frank und Alf standen an vorderster Front, kämpften sich mit ihren Männern durch ein Waldstück im Süden der trostlosen Plattenbaustadt. Grimmig schielte Frank zu einem Graben herüber, der von einigen Hundert GCF-Soldaten besetzt war. Dahinter konnte er die Geschützrohe schwerer Artillerie erkennen, die zwischen einigen Bäumen hervorlugten.

Irgendwo hinter ihm schlug eine Granate ein und eine Fontäne aus Schlamm wurde aufgewirbelt. Kohlhaas klammerte sich an seinen Plasmawerfer, robbte dann einige Meter über den Waldboden.

„Wir müssen so schnell wie möglich durchbrechen!“, schrie er in sein Komm-Sprechgerät und gab einige Schüsse in Richtung des Grabens ab.

„Der 3. Zug ist bereit, General!“, erhielt er als Antwort.

„Linke Flanke! Sturmangriff! Geht durch Vogelsang!“, befahl Frank und Hunderte von Warägern stürmten los.

Sekunden später schlugen weitere Granaten zwischen ihnen ein und ein gelblicher Nebel begann sich auszubreiten. Reflexartig sprang Frank in ein kleines Erdloch.

„Die Schweine setzen Giftgas ein! Gasmasken auf! Schnell!“, brüllte er aus vollem Halse, während seine Soldaten von Panik ergriffen wurden.

Dutzende reagierten zu spät und das ätzende Gas drang in ihre Lungen ein, um diese von innen heraus zu zersetzen. Als Frank aus dem Loch herausschaute, sah er einige seiner Männer von der gelblichen Wolke eingehüllt in einem verzweifelten Todeskampf. Kohlhaas betrachtete mit Entsetzen einen jungen Waräger, der röchelte und dabei einen Schwall Blut auf den Waldboden spuckte. Für ihn war es zu spät - und für viele andere auch.

Der Giftgasnebel hielt die Warägergardisten für eine Weile nieder, während Frank die Panzer herbeirief. Kurz darauf antworteten die Tanks der Volksarmee mit einem wütenden Feuerhagel auf die GCF-Soldaten in ihren Schützengräben. Einige der Panzer hatten Plasmakanonen auf ihre Türme montiert und schossen gleißende Energieblitze ab, die die Bäume in der Ferne versengen ließen.

Frank rief einen Trupp Waräger zusammen und huschte mit ihnen durch das Unterholz. Dann begutachtete er seinen DC-Stick, um die Lage genauer zu sondieren. Innerhalb von Sekunden lieferte der Mini-Computer genaue strategische und geographische Daten. Der General gab einige Anweisungen, damit seine Soldaten die GCF-Stellungen möglichst an beiden Flanken umgehen konnten. Daraufhin ging es los.

Geduckt hasteten die gepanzerten Elitekrieger einige Dutzend Meter vorwärts und gingen in Deckung. Frank fletschte unter der Gasmaske die Zähne und richtete noch einmal seinen verrutschten Helm. Er konnte einige Gegner in der Ferne erkennen, starrte zornig in ihre Richtung.

„Jetzt gilt es!“, schrie er in sein Funkgerät. „Macht Euch keine Sorgen, Männer! Die Panzer geben uns Feuerschutz! Vorwärts! Tötet, Männer!“

Unverzüglich stürmten die Warägergardisten aus ihren Deckungen und jagten durch das Unterholz, während ihnen Projektile und Granaten entgegenflogen. Neben ihnen brachen die Panzer zwischen den Bäumen hervor, die Stellungen der Feinde mit Geschütz- und Plasmafeuer überschüttend. Frank rannte immer weiter vorwärts und stierte verbissen durch die Augengläser seiner Gasmaske. Er fühlte, wie eine Kugel von seinem Schulterpanzer abprallte, zuckte reflexartig zusammen, sprintete voraus. Dann waren seine Männer nahe genug herangekommen, um die GCF-Soldaten mit ihren Sturmgewehren unter Feuer zu nehmen.

Kohlhaas schleuderte eine Handgranate in den Graben vor sich und mähte einen GCF-Soldaten, der sich zu weit aus seiner Deckung herausgewagt hatte, mit einem kurzen Feuerstoß seines Plasmawerfers nieder. Überall ertönten jetzt Schrei und Schüsse. Eine Schar Waräger purzelte mit zerschossenen Gliedern einen Erdwall herunter, doch ihre Kameraden stürmten entschlossen weiter vorwärts.

Flammenwerfer rauschten und hüllten die Gegner in ein brennendes Inferno ein. Frank griff nach Pistole und Machete, während er seinen unhandlichen Plasmawerfer einfach auf den Boden fallen ließ. Mit einem dumpfen Schnaufen sprang er zwischen einigen Bäumen hervor, um sich dann wieselflink auf eine gegnerische Stellung zu zu bewegen.

Die meisten GCF-Soldaten waren bereits tot oder geflüchtet, doch einige wehrten sich noch immer und feuerten auf die angreifenden Waräger. Kohlhaas pirschte sich an eine MG-Stellung heran und verzog die Augen zu einem schmalen Schlitz. Mit einer Handgranate schaltete er die Feinde aus. Dann stürmte er in den Nahkampf.


Während die Volksarmee auf das Gebiet der ehemaligen DDR vorrückte und Frankfurt an der Oder zu belagern begann, ging die erste Million GCF-Soldaten aus Nordamerika in Frankreich an Land. Eine weitere Million aus Südamerika erreichte Spanien und Italien, um dann in Richtung Norden vorzurücken. Zudem marschierten noch 500000 GCF-Soldaten durch die östliche Türkei in Richtung Georgien, um in die südliche Ukraine einzudringen. Doch das war erst die Vorhut der gewaltigen Invasionsstreitmacht des Weltverbunds, die sich nun nach und nach formierte. Auch im Süden Englands warteten inzwischen über 100000 Soldaten der Weltregierung auf ihren Einsatz auf dem europäischen Festland. Sie sollten in Holland und Westdeutschland eine Abwehrfront gegen die Volksarmee aufbauen. Dieter Bückling, der für das Gebiet des ehemaligen deutschen Staates zuständige Sub-Governeur, hatte etwa 200000 Soldaten der internationalen Streitkräfte zur Verfügung, von denen zunächst etwa die Hälfte das westdeutsche Gebiet absicherten sollte, während der Rest an die ostdeutsche Grenze geschickt wurde, um die dort liegenden Städte, vor allem Berlin, zu schützen.

Die größte Stadt auf deutschem Boden, jener „verfaulte Großstadtmoloch“, wie Frank seine Heimatstadt häufig verächtlich nannte, wurde von etwa 50000 Verteidigern und zahlreichen Flak-Geschützen abgesichert.

Diese Streitmacht war nicht sehr groß, denn die gewaltigen Verstärkungen aus Übersee und den europäischen Nachbarländern waren noch nicht in Deutschland eingetroffen. Daher hatte die Volksarmee der Rus nach wie vor gute Chancen, Berlin einzunehmen.

Weiterhin löste die Nachricht vom Einmarsch der Truppen Tschistokjows in ganz Deutschland eine Atmosphäre aus, die zwischen Jubel und Angst umherschwankte. Jene Deutschen, die die Lügen der internationalen Medien glaubten, waren besorgt und sahen in den Volksarmisten grausame Eroberer, während sich die anderen die Freiheit und einen eigenen Staat erhofften.

Die Millionenmassen der Nichtdeutschen hingegen pendelten zwischen Gleichgültigkeit, Verwirrung und offener Aggression gegen die vorrückenden Rus und die einheimischen Deutschen. Den Fremden hatten die Weltregierung und ihr Büttel, Sub-Gouverneur Dieter Bückling, in Zukunft eigene Kleinstaaten für ihre jeweiligen Volksgruppen versprochen, wenn sie die GCF unterstützten und mithalfen, Tschistokjow aufzuhalten.

So hatte Bückling angekündigt, dass die große türkischstämmige Bevölkerungsgruppe rund um Berlin, in Teilen des Ruhrgebietes und an vielen anderen Orten nach dem Krieg eigene, autonome Kleinstaaten auf deutschem Boden bilden dürfe. Zudem wurden den Nichtdeutschen verlockende Privilegien gegenüber den Einheimischen in Aussicht gestellt, wenn sie sich jetzt als loyale Bürger des Weltstaates erwiesen.

Schließlich wurden sogar „Vielvölkermilizen“, so genannte VVMs, auf ausdrücklichen Wunsch Dieter Bücklings aufgestellt und mit Waffen versorgt.

Dies alles endete jedoch bereits nach kurzer Zeit mit schweren Unruhen in den deutschen Großstädten, denn vielfach benutzten diese Vielvölkertrupps ihre neuen Waffen dazu, Raubzüge und Überfälle durchzuführen. Manchmal zerstritten sie sich auch untereinander oder gingen gegen die in den Vororten der Städte und den ländlichen Regionen lebenden Deutschen vor.

In Berlin und im Ruhrgebiet entbrannte bald das schlimmste Chaos und ganze Straßenzüge wurden von wütenden Mobs verwüstet. Viele Deutsche flüchteten aus ihren Häusern in den Vororten der Großstädte, als sich einige neu ausgehobene Vielvölkermilizen auf eigene Faust aufmachten, um dort zu plündern.


Nach den Kämpfen um Görlitz stieß die Volksarmee zu Beginn des neuen Jahres weiter nach Löbau in Sachsen vor und traf hier auf keinen nennenswerten Widerstand. Stattdessen zogen Frank, Alfred und Tausende Soldaten unter dem frenetischen Jubel der Bevölkerung durch die Straßen der Stadt. Hier wurden sie, wie in Görlitz auch, als Befreier begrüßt und die Masse der hier wohnenden Deutschen empfing sie mit Blumensträußen und lauten „Tschistokjow! Tschistokjow!“ Rufen.

General Kohlhaas ließ den Freudentaumel auf sich wirken, lehnte sich zufrieden gegen eine Luke auf der Ladefläche eines Lastwagens, der rumpelnd über das holprige Pflaster brauste. Ihre nächsten Ziele waren Pirna und Bautzen, wo sich laut den Berichten der Pioniertrupps nur wenige Gegner aufhielten.

„Unsere Leute haben Pasewalk und Ückermünde in Mecklenburg besetzt, ebenso Schwedt und Eberswalde. Überall ist die Bevölkerung außer sich vor Freude, dass wir endlich kommen!“, erklärte Bäumer und las weitere Nachrichten auf seinem DC-Stick vor.

„Das hört sich doch sehr gut an. Ich kann es immer noch nicht glauben, dass wir in Deutschland sind!“, sagte Frank und schloss die Augen, um den Jubel am Straßenrand zu genießen.

Alf stockte kurz, um dann zu bemerken: „In Dresden haben sich seit heute Mittag Zehntausende von Menschen versammelt und demonstrieren gegen den Weltverbund. Sie fordern einen eigenen Staat und den Abzug der GCF-Truppen aus Deutschland. Lies selbst!“

Bäumer hielt Frank seinen DC-Stick unter die Nase und dieser überflog die neueste E-Mail mit einem erschöpften Lächeln.

„Scheinbar hat unser Volk doch noch mehr Eier in der Hose, als es sich die Logenbrüder wünschen“, schnaufte er und lehnte sich wieder zurück.

„Aus Berlin gibt es bisher keine neuen Nachrichten. Da sind wohl noch immer schwere Unruhen“, sagte Alf.

„Wenn wir gegen Berlin vorrücken, gibt es erst richtig Zunder. Ich hoffe inständig, dass ich Dieter Bückling eines Tages in die Finger bekomme!“, zischte Frank und rieb sich die Hände.

Bäumer nickte, grinste bösartig und betrachtete gedankenverloren sein Bajonett.

Franks DC-Stick stieß ein kurzes Klingeln aus. „Eine neue E-Mail!“, rief der General.

„Pirna und Bautzen umgehen! Heeresgruppe Süd bewegt sich sofort auf Dresden zu! Kaum Feindpräsenz in der Stadt! Gezeichnet, General Albertow“, las er langsam vor.

„Hat das Oberkommando den Plan geändert?“, wollte Alf wissen. Er erschien verdutzt.

„Ja, wir sollen zuerst Dresden einnehmen. Da wird nicht viel los sein, hoffe ich“, erklärte Frank.

„Hast du das von diesen Vielvölkermilizen gehört?“

„Mehr oder weniger beiläufig…“, antwortete Kohlhaas.

„Dieter Bückling hat in Berlin und in Westdeutschland einige davon aufstellen lassen und die machen sich jetzt selbstständig“, erläuterte Bäumer.

„Das habe ich nicht anders erwartet. Glaubt er wirklich, dass sie sich für Leute wie ihn opfern werden, wenn es ernst wird?“

„Offenbar glaubt er das.“

„Hier, im sogenannten Osten, gibt es nach wie vor keine so großen Massen an Fremden wie im Westen oder in Berlin. Ich glaube kaum, dass uns hier allzu viele dieser Vielvölkermilizen über den Weg laufen werden“, sprach Kohlhaas gelassen.

„Das wäre auch sehr ungesund für diese Herrschaften!“, stieß Alf grimmig aus.

„Was soll`s!“, sagte Frank und ordnete einige Daten im Menü seines DC-Sticks. „Ich gebe jetzt die Befehle weiter! Auf nach Dresden!“


Julia war mit Friedrich nach Ivas gefahren und wirkte depressiv und traurig. Dazu hatte sie auch allen Grund, denn Frank war wieder einmal im Krieg und sie mit ihrem Sohn allein. Inzwischen war der jungen Frau auch bewusst geworden, dass sich vor ihren Augen gerade der Dritte Weltkrieg entzündete.

„Du hast dich auf ihn eingelassen!“, schimpfte Agatha Wilden und hob den Zeigefinger. „Hättest du dir keinen anderen Mann suchen können?“

Julia fing an zu weinen und drückte den kleinen Friedrich fest an sich.

„Eines Tages kommt er nicht mehr zurück!“, schob Frau Wilden nach.

Jetzt wurde ihre Tochter ungehalten. „Und Vater?“

„Was ist mit ihm?“, fragte Agatha erbost.

„Du hast dich doch auch auf ihn eingelassen. War das vielleicht die bessere Entscheidung? Ist er denn anders als Frank, Mutter?“, wimmerte Julia.

Frau Wilden zuckte zusammen, rang nach Luft. Für einige Sekunden hielt sie den Mund.

„Das kann man nicht vergleichen“, erwiderte sie dann.

„Was?“, schrie Julia. „Papa ist der Außenminister des Nationenbundes und lebt ebenfalls in ständiger Gefahr. Seit Jahren haben wir beide doch schon nichts mehr von ihm. Politik hier und Politik da! Es gibt doch für ihn seit einer Ewigkeit nichts anderes mehr.“

„Und was soll aus Friedrich werden, wenn Frank eines Tages fällt?“, wollte Agatha wissen.

„Dann muss er ohne Vater aufwachsen. Glaubst du, ich weiß das nicht“, schimpfte Julia.

„Ich mag Frank ja, aber es war trotzdem ein Fehler…“

„Was war ein Fehler?“

„Sich mit ihm einzulassen!“

„Halt den Mund!“

„Doch, ich sehe das nun einmal so, Julia!“

„Und dich mit Vater einzulassen, war auch ein Fehler.“

„Das ist nicht das Gleiche!“, schnaubte Agatha.

„Doch! Frank und er sind vollkommen gleich! Erzähl mir doch keinen Unsinn, Mama! Wenn ich dumm war, dann warst du es auch!“

Mutter Wilden verzog ihren Mund und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. „Es reicht jetzt, Kind!“

„Dann mische dich nicht in meine Ehe ein, Mama! Mehr verlange ich nicht!“, brummte Julia und wischte sich eine Träne von der Wange.

„Mach doch, was du willst…“

„Du solltest froh sein, dass Frank für uns kämpft! Wenn wir verlieren, dann gibt es für uns alle nur noch Sklaverei und Untergang, Mama!“

Agatha Wilden grinste gequält. „Oh, haben dir Vater und Frank aus „Der Weg der Rus“ vorgelesen?“

„Lass mich in Ruhe!“, zischte Julia; sie nahm Friedrichs kleinen Arm.

„Willst du jetzt gehen, Mama?“, wollte dieser wissen. Mehr wagte er nicht mehr zu sagen.

„Ja, wir gehen jetzt in Papas Haus und da schlafen wir heute Nacht auch“, erklärte Julia.

„Wie du meinst“, erwiderte Mutter Wilden eingeschnappt.

„Warum bist du denn böse auf uns, Oma?“, fragte Friedrich.

„Nein, es ist schon gut! Tut mir leid, ich wollte euch nicht ausschimpfen“, gab Agatha kleinlaut zurück.

„Wie auch immer. Wir beide schlafen heute Nacht in Franks altem Haus und ich bitte auch darum, dass sich derartige Diskussionen nicht mehr wiederholen“, rief Julia angesäuert in Richtung ihrer Mutter. Dann verließ sie mit ihrem Sohn das Haus, ohne sich noch zu verabschieden.









Berliner Luft



Die Weltregierung stellte Artur Tschistokjow in diesen Tagen noch ein letztes Ultimatum bis zum 20.01.2051. Er sollte sämtliche Truppen aus dem Sektor Europa-Mitte zurückzuziehen. Doch das war nur ein Versuch, etwas mehr Zeit zu gewinnen, um die eigenen Armeen besser in Position bringen zu können. Inzwischen transportieren nämlich ganze Kriegsflotten immer neue Truppenverbände aus Nordamerika nach Europa. Und auch in Asien, Afrika und im Nahen Osten bildeten die internationalen Streitkräfte inzwischen eine langsam auf breiter Front vorrückende Linie. Der russische Souverän ignorierte das Ultimatum der Logenbrüder erwartungsgemäß und stellte seinerseits dem Weltverbund eine einwöchige Frist, in der dieser seine Streitkräfte aus Europa entfernen sollte. So provozierten sich beide Seiten noch ein wenig.

Was Artur Tschistokjow allerdings eine Atempause gewährte, war der glückliche Umstand, dass der Iran Anfang Oktober erneut von einem Aufstand islamischer Rebellen erschüttert wurde, was die Aufmerksamkeit der Weltregierung für kurze Zeit von Russland ablenkte. Die iranischen Freischärler, die seit Jahren mit der GCF im Krieg lagen, hatten sich unter dem Banner eines neuen Anführers namens Darian Aref einiger Regionen im Norden des Landes bemächtigt und die Städte Mashhad und Sarakhs erobert. Nun musste der Weltverbund einige GCF-Verbände zur Bekämpfung der Aufständischen freimachen und hoffte, dass sich die Situation im Iran nicht zu einem Flächenbrand in der islamischen Welt ausweitete.

Die Volksarmee hatte inzwischen Dresden ohne Widerstand eingenommen, denn die wenigen Hundert GCF-Besatzer hatten die Stadt stillschweigend geräumt und sich nach Berlin zurückgezogen. Hier in Dresden erwartete die Befreier ein herzlicher Empfang durch die Bevölkerung. Zehntausende von Menschen jubelten den durch die Straßen marschierenden Rus zu und ganz Dresden glich einem einzigen, großen Volksfest. Auch wenn die Stadt schmutzig und heruntergekommen war, so war sie immer noch irgendwie schön, meinte Frank.

Alfred und ihm schossen die Freudentränen in die Augen, als sie die dankbare Euphorie ihrer geschundenen Landsleute spüren, hören und sehen konnten. Für einen Tag vergaßen sie, was sie noch an Schrecken und Blutvergießen in den kommenden Wochen erwartete und gaben sich ganz dem unbeschwerten, befreienden Siegestaumel in den Straßen der Elbstadt hin.

Auch Ludwig Orthmann und einige Dutzend weitere Freiwillige aus Deutschland stießen in Dresden zu ihnen und waren von dem Meer aus Deutschlandfahnen, das vor ihren Augen wogte, hingerissen. Manchmal musste Frank ein wenig schmunzeln, wenn er sah, wie einige junge Leute sogar die Drachenkopffahnen der Freiheitsbewegung schwangen oder Porträts von Artur Tschistokjow durch die Gassen trugen.

Den Logenbrüdern und Dieter Bückling mussten diese Bilder hingegen wie ein schrecklicher Alptraum vorkommen, denn sie hatten in den letzten Jahrzehnten mit allen Mitteln versucht, den Bewohnern von Europa-Mitte Derartiges auszutreiben. Doch jetzt, wo ihre Soldaten geflohen waren, konnte man sehen, dass die Geister vieler Deutscher doch nicht in dem Maße gebrochen worden waren, wie sie es geplant hatten.


Diesmal musste sich HOK eingestehen, dass er mit seiner Aufgabe einfach überfordert war. Seit Wochen arbeiteten die russischen Informatiker und er nun schon daran, den Zugangscode für das Satellitennetzwerk über Europa zu knacken, doch sie waren bisher alle gescheitert. Hunderte Mal war der dickliche Computerfachmann nun schon gegen den massiven Schutzwall aus Sicherheitsprogrammen und Anti-Hacker-Firewalls angerannt und hatte sich jedes Mal vergeblich die Zähne ausgebissen. Langsam setzte eine furchtbare Frustration ein. HOKs Augen taten heute so entsetzlich weh, dass sie sich anfühlten, als würden sie gleich in ihren Höhlen verglühen.

Stündlich generierten die überall in der ungemütlichen Halle aufgestellten Großrechner neue Zugangscodes, die von den Informatikern eingegeben wurden, doch es schien Millionen Möglichkeiten zu geben und die Sicherheitssoftware des Feindes hatte sich bisher als unüberwindbar erwiesen.

„Verdammte Scheiße!“, murrte HOK, sich den Kopf haltend, während ihm die Schweißperlen über die Stirn kullerten.

Schließlich holte der Informatiker ein Mineralwasser aus dem Rucksack, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und machte erst einmal Pause.

Die Russen neben ihm hämmerten derweil weiter ununterbrochen auf ihren Tastaturen herum und das leise Klackern Hunderter Finger hallte durch die unterirdische Halle.

„What`s up, Mr. Kober?“, fragte ihn einer der Offiziere der Volksarmee und war offensichtlich nicht erfreut darüber, dass sich HOK ausruhen wollte.

„I want a little break please. My eyes hurt”, antwortete der Deutsche und blickte den Soldaten mit blutunterlaufenden Augen an.

„Just 15 minutes, okay?“, gab dieser zurück.

„Okay!“, schnaufte HOK. Er kühlte seine Schläfe mit der Mineralwasserflasche.

„Das ist doch alles Wahnsinn“, flüsterte der Informatiker in sich hinein und wirkte vollkommen erschöpft.

„What?“, fragte der Offzier.

„Nothing! It`s okay…“, murmelte HOK zurück.

Dann verließ ihn der Russe wieder und begutachtete die Arbeit der anderen Computerfachleute, die ebenfalls recht verzweifelt aussahen.

Nach einer Viertelstunde ging es weiter. HOK kopierte einen neuen, möglichen Zugangscode in ein kleines Feld am unteren Bildschirmrand und erhielt die Antwort, die er erwartet hatte: „Access denied!“

Er stieß einen leisen Fluch aus, fuhr jedoch unbeirrt mit seiner Arbeit fort. Schon hatte ihm einer der Großrechner einen Haufen neue Zugangsdaten geschickt.

Langsam dröhnte HOKs Schädel, eine Migräne bahnte sich an. Das stundenlange Hocken vor dem Rechner hatte nicht nur seine Augen, sondern auch Rücken und Nacken in Mitleidenschaft gezogen.

„Nicht das noch“, brummte der korpulente Deutsche und warf eine Schmerztablette ein.

Nach einer weiteren halben Stunde stand er schließlich auf und drückte sich den Rücken durch. Nicht weniger als 14 Stunden hatte er jetzt schon vor dem Bildschirm gesessen. HOK hatte fast pausenlos Zugangscodes eingetippt, Daten umgeschrieben und alle möglichen Tricks angewandt, doch es war umsonst gewesen. Die für die Satteliten zuständigen Barrieren waren nicht zu überwinden.

„Mir reicht es!“, zischte Holger. Er machte Anstalten die Halle zu verlassen und an die Oberfläche zu gehen, um wenigstens ein wenig frische Luft zu schnappen.

„Where do you want to go?“, hörte der den Offizier hinter sich rufen.

“I`m must have fresh air”, stammelte HOK und ging weiter.

„You had had your break, Mr. Kober! Go on with your work!”, befahl der Russe mürrisch, doch Holger ließ ihn stehen und ging nach oben.

Daraufhin rannte ihm der Offizier der Volksarmee hinterher und schimpfte: „This is an order! You had had your break…“

„Mein Schädel platzt gleich, du Arschgesicht!“, knurrte ihn HOK an und winkte ab.

„What?“

„My skull is exploding. I have a headache!“

„What is wrong with you, Mr. Kober?”

“Everything is fucked up. We have no chnace to hack those damn satellites.”

Verdutzt blieb der russische Soldat stehen, während HOK die Treppe heraufging und sich den Kopf hielt. Glücklichweise war er jetzt endlich an der frischen Luft.

Verzweifelt setzte sich der Computerfachmann auf den Boden und schwieg einige Minuten lang. Dann kam auch der Offizier. Der Russe klopfte ihm auf die Schulter.

„Okay, I can understand you. If you have a headache you can go home for today”, erklärte der Mann nachsichtig.

“Das ist doch alles Scheiße! Wir schaffen das nie!“, jammerte HOK und stand auf. Der Volksarmist sah ihn nur verdutzt an und zuckte mit den Achseln, da er nichts verstanden hatte.

Einen Augenblick später ertönte ein ohrenbetäubender Jubelschrei aus dem unterirdischen Gewölbe und die beiden schreckten auf. Halb benommen torkelte HOK wieder die Treppen hinunter und erblickte einen Informatiker, der siegesgewiss die Fäuste in die Höhe riss, während sich Dutzende Männer um seinen Rechner scharten.

Schnaufend kämpfte sich der Deutsche durch den Pulk der anderen hindurch und warf einen Blick auf den Bildschirm des Computers. Dann verzog er seinen Mund, trotz der immer schlimmer werdenden Migräne, zu einem Grinsen. Am unteren Rand des Monitors stand: „Access authorized!“


Die südliche Heeresgruppe der Volksarmee hatte zwischen Riesa und Lauchhammer einen Verband von etwa 20000 GCF-Soldaten eingekreist und zerschlagen. Nun zog sie an Torgau vorbei in Richtung Wittenberg. Langsam nahm der Widerstand der Gegner zu, ihre Zahl erhöhte sich stetig. Zwischen Jüterborg und Wittenberg kam es Mitte Oktober zu schweren Kämpfen mit den Truppen des Weltverbundes, die aber durch einen konzentrierten Panzerangriff zu Gunsten der Rus entschieden werden konnten. Noch immer waren die Verteidiger des Verwaltungssektors Europa-Mitte nicht in der Lage, sich den zahlenmäßig weit überlegenen Verbänden der Volksarmee erfolgreich entgegen zu stellen, denn die Verstärkungen von Westen trafen bisher nur spärlich ein. Am 12.02.2051 gab Artur Tschistokjow der „Heeresgruppe Zentrum“ schließlich den Befehl, gegen Berlin selbst vorzurücken, während sich von Norden und Süden weitere Truppenteile der Volksarmee auf die Metropole zu bewegten.

Mittlerweile kämpften sich Frank und seine Waräger durch die Märkische Heide im Süden von Luckenwalde. Hier hatten sich mehrere Tausend GCF-Soldaten und VVM-Milizionäre eingegraben, die ihnen schon den halben Tag einen Hagel von Granaten und Projektilen entgegenschickten.

Zwischen den Bäumen schlug immer wieder schweres Artilleriefeuer ein, Schmutz und Holzsplitter in die Luft wirbelnd. Frank blickte zu einem klaffenden Krater hinüber. Wo sich eben noch einige seiner Männer befunden hatten, war jetzt ein Loch, das mit Leichen- und Rüstungsteilen übersäht war.

„Wir gehen im Bogen durch den Sektor W-31 und greifen die VVM-Truppe dort hinten an“, flüsterte Frank in sein Komm-Sprechgerät und huschte an seinen Männern vorbei ins Dickicht des Waldes.

Überall ratterten MG-Schüsse durch das Unterholz, doch nun antworteten die mobilen Gefechtsmörser der Rus erst einmal mit einem Gegenschlag. Laut zischten und jaulten die Geschütze in Franks Rücken und ihre Geschosse schlugen kurz darauf in einiger Entfernung zwischen den feindlichen Gräben ein. Kohlhaas konnte das Glühen von Plasmaexplosionen zwischen den Bäumen ausmachen und befahl seinen vorrückenden Soldaten noch einmal kurz in Deckung zu gehen, bevor sie den Sturmangriff begannen.

Nach einigen Minuten war der Artillerieschlag vorbei und General Kohlhaas gab den Geschützpanzern per Funk Bescheid, dass jetzt seine Waräger an der Reihe wären. Flink und schnell hasteten sie im Schutze von Sträuchern und Bäumen weiter vorwärts und waren bald in unmittelbarer Nähe einiger Erdaushübe, hinter denen sich mehrere Dutzend VVM-Milizionäre verschanzt hatten.

Frank konnte ihr Schreien und Johlen hören, gelegentlich feuerte einer von ihnen mit dem Sturmgewehr in Richtung seiner Männer.

„Handgranaten bereit! Eins, zwei, drei…“, rief Frank seinen russischen Kameraden zu, während die Warägergardisten schon wie Raubtiere aus ihren Deckungen heraussprangen.

Fast synchron schleuderten sie ihre Handgranaten auf die VVM-Soldaten hinter den Erdaushüben, um dann los zu sprinten. Dumpfe Schläge und Schreie ertönten, verzweifelt feuerten die Gegner auf den Schwarm der heranstürmenden Angreifer. Jetzt waren sie ganz nah und Frank sprang hinter einen entwurzelten Baum, wobei er die Feinde von dort aus unter Feuer nahm. Sein Pika Sturmgewehr durchlöcherte mehrere Milizionäre mit einer wuchtigen Salve. Dann jagte er weiter durch das Dickicht und sah, wie seine Waräger mit Flammenwerfern und Bajonetten auf ihre Gegner losgingen.

Kohlhaas stieß einen Schrei aus und sprang mit einem hohen Satz mitten in das Nahkampfgetümmel vor sich. Ein VVM-Milizionär stieß im Gegenzug ein angstvolles Kreischen aus und starrte Frank mit panischem Blick an, als dieser direkt neben ihm landete. Der General zog ihn blitzartig an sich heran und rammte ihm sein Messer in den Unterleib. Während der Mann an ihm vorbei in den Schlamm taumelte, riss Frank seine Pistole aus dem Halfter und verwandelte den Hinterkopf eines weiteren VVM-Milizionärs mit einem gezielten Schuss in eine Wolke aus Blut und Knochenteilchen.

Sofort schnellte Kohlhaas wieder herum und richtete die Waffe auf die hinter sich auf dem Boden liegende Gestalt. Der schwer verwundete Milizionär starrte Frank für einen kurzen Moment mit seinen schwarzen Augen an und hielt sich den Bauch, aus dem ein Blutstrom hervorquoll. In seinem Blick mischten sich Hass und Furcht. Frank hingegen verzog keine Miene; er machte noch einen Schritt vorwärts und schoss dem Feind dann in den Kopf.

Der Anführer der Waräger wischte sich einige Blutspritzer vom Brustpanzer seiner Ferroplastinrüstung ab und sah sich um. Die Stellung war genommen worden, seine bestens ausgebildeten Elitekämpfer hatten Dutzende von VVM-Männern niedergemacht. Niemand hatte überlebt.

Großartige Chancen hatten die überhastet rekrutierten Milizionäre gegen seine gepanzerten und kriegserfahrenen Soldaten nicht gehabt. Sie waren lediglich Kanonenfutter für Dieter Bückling und Konsorten, wie Frank bemerkte. Wofür diese VVM-Milizionäre genau gekämpft hatten, war diesen wohl selbst nicht bewusst gewesen. Vielleicht hatten sie lediglich einmal Krieg spielen wollen. Doch die Waräger waren keine verweichlichten und verängstigten Vorstadtbewohner, die sich von großen Sprüchen und Gewehren beeindrucken ließen, sondern die Elite der Rus.

„Was nun, Herr General?“, fragte ein junger Russe. Er klopfte Frank auf den Schulterpanzer seiner Rüstung.

„Weiter zu den Stellungen der GCF dort hinten“, antwortete ihm dieser und spähte zwischen den Bäumen hindurch.


Tschistokjows Euphorie hatte soeben einen gehörigen Dämpfer bekommen, denn Verteidigungsminister Lossov hatte ihm einige Zahlen vorgelesen, die ihm seine Stimmung gehörig vermiest hatten. Neben ihm stand Wilden, der plötzlich sehr nachdenklich aussah.

„Gerade jetzt, wo alles so gut läuft!“, knurrte der russische Staatschef und setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch.

„Es geht nicht mehr anders, Herr Präsident!“, betonte Lossov mit betretener Miene.

„Dann ziehen wir einige Verbände von der Südfront ab und schicken sie nach Westeuropa“, brummte Tschistokjow.

„Nein! Auf gar keinen Fall!“, antwortete der Verteidigungsminister, um noch einmal einige Zahlen vorzulesen.

„Davon rate auch ich dringend ab. Wir können es uns nicht erlauben, dass die GCF im Süden Russlands durchbricht. Diese Front ist schwer genug zu halten und ich habe große Zweifel, dass wir es dort schaffen werden, den Feind aufzuhalten“, schaltete sich Wilden ein.

Tschistokjow stieß ein Brummen aus. „Dann sind unsere Truppen im Westen jetzt auf sich allein gestellt?“

„Bedauerlicherweise ja, Herr Präsident. Wir haben nicht unendliche Ressourcen an Soldaten. Außerdem müssen wir die Entwicklung dieses Krieges erst einmal abwarten, damit wir wissen, wo wir die neu rekrutierten Truppen am besten einsetzen“, erklärte Lossov.

„Ich verstehe!“, murrte der Anführer der Rus und strich sich durch die Haare.

„Bisher läuft doch trotzdem alles gut…“, kam von Wilden, doch Tschistokjow sprang von seinem Platz auf und fuhr dazwischen.

„Wenn die große Armee von GCF kommt, dann gibt es einen Krieg in den Graben!“, zischte er auf Deutsch. „Dann können unsere Truppen nicht mehr so einfach brechen!“

„Durchbrechen!“, sagte Wilden.

„Durch die Linie von dem Feind, verstehst du?“

Lossov kratzte sich am Kopf und fragte den Präsidenten, was er gesagt hatte. Kurz darauf nickte er.

„Ich hoffe, dass wenigstens Berlin schnell eingenommen werden kann. Wenn wir uns dort zu lange die Zähne ausbeißen, dann wäre das eine Katastrophe!“, wetterte Tschistokjow ungehalten.

„Berlin muss als Bollwerk fallen und wir müssen es wiederum zu unserem Bollwerk machen, nachdem wir die Stadt erobert haben. Dann hätten wir zumindest eine wichtige Position besetzt, wenn die Hauptstreitmacht der Weltregierung kommt“, meinte Lossov.

„Umso schneller unsere Truppen die nacheinander kommenden Verbände der GCF erreichen, umso besser!“, meinte Wilden, doch der russische Staatschef sah das anders.

„Sollen unsere Soldaten bis zur Meeresküste durchmarschieren? Unsinn! Sie sollen Berlin und die anderen Städte im Umkreis einnehmen und dann erst einmal abwarten. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht – und den Grabenkrieg werden wir auch nicht verhindern können“, knurrte dieser.

„Das halte ich auch für die bessere Strategie. Zudem wissen wir nicht, wie sich die Situation an der russischen Südfront entwickeln wird“, sagte der Verteidigungsminister etwas ratlos.

„Ich verlange, dass jeder waffenfähige Mann aufgestellt wird. Also rekrutieren Sie schneller!“, herrschte ihn Tschistokjow an.

„Glauben Sie mir, Herr Präsident, ich tue, was ich kann. So schnell geht das aber nicht. Was denken Sie, was uns allein der russische Bürgerkrieg schon an jungen Männern gekostet hat. Wie gesagt, unsere Ressourcen sind nicht endlos, was nicht heißt, dass wir keine neuen Truppen aufstellen können. Nur eben nicht von heute auf morgen“, verteidigte sich Lossov verärgert.

„Ich muss nachdenken! Die Unterredung ist beendet!“, schnaubte der Anführer der Rus und ging wütend zur Tür. Dann schlug er sie mit einem lauten Knall hinter sich zu. Für den Rest des Tages verkroch sich Tschistokjow in seinen Privaträumen.


Frank gähnte und schlüpfte in seinen Schlafsack. Dieser Tag hatte nur aus einem langen Marsch Richtung Westen bestanden, gekämpft hatten seine Männer und er heute jedoch nicht. Trotzdem war er furchtbar erschöpft und schlief schließlich sofort ein, um nach kurzer Zeit wieder in die Welt der Träume abzugleiten.

Es dauerte nicht lange, da befand er sich in einer hell erleuchteten Halle, deren hohe Decken mit kunstvollen Gemälden verziert waren. Um ihn herum drängen sich zahlreiche Menschen und betrachteten eine Vielzahl seltsamer Dinge, die in großen Vitrinen standen. Frank fühlte sich sofort an eine Art Museum erinnert. Direkt vor ihm befanden sich ein hochgewachsener Mann und eine hübsche Frau, die von drei Kindern begleitet wurden. Nun gingen sie weiter und schlossen sich einer größeren Gruppe von Personen an, die ich um einen ergrauten Mann herum versammelt hatte.

„Diese Halle des Goldmenschenpalastes befasst sich ausschließlich mit der Urgeschichte Terras, meine Damen und Herren. Hier sehen Sie Relikte, die Tausende von Jahren alt sind und ihnen aus den frühesten Tagen der aureanischen Menschheit berichten“, erklärte der Museumsführer.

„Oh!“, stieß der kleine, blonde Junge neben Frank aus, deutete auf einige Vitrinen und zupfte am Gewand seiner Mutter.

„Still, Flavius!“, flüsterte diese und versuchte etwas zu verstehen.

„Wie lange der Geburtskrieg schon her ist, wissen die Archivatoren und Archäologen der Gegenwart noch immer nicht genau und wir können nach wie vor nur darüber spekulieren. Man nimmt aber an, dass dieser sagenhafte Kampf der aureanischen Urgeschichte vor etwa 13000 Jahren stattgefunden hat. Aus dieser frühesten Epoche stammen auch die Legenden um Artur dem Großen und die Farancu Collas Sage“, sprach der grauhaarige Mann.

Der kleine Junge stellte sich direkt neben Frank und sein größerer Bruder folgte ihm, schließlich schenkte er Kohlhaas ein verlegenes Lächeln. Dieser lächelte zurück.

„Farancu Collas?“, flüsterte Frank in sich hinein und war verdutzt.

Kurz darauf ging der Museumsführer mit der Besuchergruppe zu einer Reihe von Vitrinen und fuhr mit seinen Erklärungen fort. „Was Sie hier sehen, ist eines der erstaunlichsten Relikte der Vorgeschichte. Dieses Signum mit den seltsamen Schriftzeichen dürfte ein Kultobjekt aus der Frühzeit sein. Einige Archivatoren behaupten, dass sich dieses Fundstück, das auf den Inseln von Angla ausgegraben wurde, auf den legendären Urkönig Artur den Großen bezieht. Darauf steht in der längst vergangenen Sprache der Urmenschen von Angla: „Gepriesen sei der Gottkaiser Arther“. Das behaupten jedenfalls die führenden Historiker des Goldenen Reiches.“

Frank riss die Augen auf, verwundert auf das verrostete Schild hinter der Scheibe aus dickem Panzerglas starrend. „London, House of Modern Arts“, las er leise vor.

„Ob das alles so stimmt…“, hörte er den Vater des blonden Jungen neben sich murmeln.

„Ach, Norec, die Archivatoren wissen das doch besser als du!“, meinte dessen Frau.

Die Besuchergruppe folgte dem Museumsführer daraufhin zu einer weiteren Vitrine und Frank stockte der Atem, als den Gegenstand sah, der dort ausgestellt wurde. Es war eine vollkommen verwitterte Ferroplastinrüstung.

„Gehörte die einem Urmenschen?“, stieß der blonde Knirps begeistert aus und begann aufgeregt auf der Stelle herumzuhüpfen. Schließlich versuchte er sogar die Glasscheibe zu berühren.

„Flavius, nicht anfassen!“, herrschte ihn seine Mutter an. Sie zog ihn zurück. „So etwas macht man nicht!“

Der ergraute Museumsführer warf dem kleinen Jungen einen leicht verärgerten Blick zu. Dann deutete er auf die Rüstung. „Dieses Relikt ist eines der wertvollsten Fundstücke im gesamten Goldmenschenpalast, von der im Jahre 49 nach Malogor heilig gesprochenen Atombombe aus dem Geburtskrieg einmal abgesehen. Die gesegnete Waffe der Altvorderen befindet sich übrigens im Nordtrakt, wo Sie auch ein antikes Raumschiff bewundern können. Dieser primitive Körperschutz hier soll jedenfalls von keinem Geringeren als dem berühmten Sagenhelden Farancu Collas getragen worden sein.“

„Die würde ich gerne mal anfassen, Mama. Hat die wirklich Farancu Collas gehört?“, ereiferte sich der kleine Junge und hüpfte erneut auf und ab, um genauer hinsehen zu können.

Seine ältere Schwester stöhnte gelangweilt: „Mir tun die Füße weh! Können wir nicht gleich mal eine Pause machen?“

„Nein, jetzt nicht! Diese Halle wollte ich mir schon immer einmal ansehen. Später gehen wir einen Happen essen“, erklärte ihr der Vater.

„Farancu Collas ist der größte Held, den es je gegeben hat!“, meinte der kleine Blondschopf, während ihm sein älterer Bruder einen Seitenhieb verpasste.

„Ich habe sogar einen Halo-Simulator, da kann man Farancu spielen. Aber du bist leider noch zu jung dafür!“, sagte er.

„Kann ich das nicht auch mal spielen?“, quengelte der Kleine.

„Nein, solche Spiele sind noch nichts für dich, Flavius. Vor allem dieses Farancu Collas Spiel finde ich überhaupt nicht gut. Immer nur kämpfen…“, schaltete sich seine Mutter ein.

„Sag ich doch, das ist nichts für dich!“, fügte der ältere Bruder hinzu.

„Xentor, du bist doof! Mama, Xentor ärgert mich schon wieder!“, maulte Flavius.

Frank beobachtete die Menschen vor sich und war immer noch verblüfft. Plötzlich sagte der Museumsführer: „Gemäß den alten Überlieferungen war der berühmte Sagenheld etwa 2,20 m groß und bärenstark. Außerdem heißt es, dass er ein wahrer Übermensch gewesen ist. Man denke nur an die Geschichten über seine Unverwundbarkeit. Farancu Collas wird in den antiken Quellen meistens als blonder, muskulöser Hüne mit den Fähigkeiten eines Halbgottes beschrieben.“

„Er war der Größte!“, sagte der kleine Junge und betrachtete ehrfurchtsvoll das uralte Relikt.

Wenig später ging die Besuchergruppe weiter zu einigen anderen Ausstellungsstücken, während Frank noch immer vor der Ferroplastinrüstung in der Vitrine stand und sie ungläubig anstarrte. Auf einmal bemerkte er, dass der kleine, blonde Junge den anderen auch nicht gefolgt war und nach wie vor neben ihm stand. Frank beugte sich zu ihm herunter, lächelte ihn an und sagte: „Das fasziniert dich, nicht wahr?“

„Wenn ich groß bin, dann will ich auch mal so ein Held wie Farancu Collas werden. Er war der beste Kämpfer und niemand konnte ihn besiegen!“, schwärmte der Knirps.

„Glaubst du wirklich, dass er ein Halbgott gewesen ist?“, fragte ihn Frank.

„Ja, ich bin mir ganz sicher. Er war bestimmt ein Halbgott!“, meinte Flavius begeistert.

Frank betrachtete das Kind für einen Moment, strich ihm dann sanft durch sein blondes Haar und antwortete: „Nein, mein Junge, er war nur ein gewöhnlicher Mann und kein Halbgott. Lediglich ein kleiner Mensch voller Ängste und Zweifel, der endlos gelitten und geopfert hat, damit du heute leben kannst.“

Flavius schaute zu ihm auf. Er sah, wie sich Franks Augen mit Tränen der Rührung füllten.


Über 1,4 Millionen Soldaten der Volksarmee hatten zwischen dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer eine kilometerlange Abwehrfront bezogen, die nun von den aus Georgien kommenden GCF-Truppen berannt wurde. Schließlich entbrannte eine gewaltige Schlacht im russischen Süden, während zugleich die Kämpfe im Norden von Kasachstan begannen. Die Japaner hatten die sibirische Insel Sakhalin derweil mit zahlreichen Festungen und Bunkern abgesichert und bereiteten fieberhaft die Verteidigung ihres Heimatlandes vor, während sich Hunderttausende von feindlichen Soldaten an der chinesischen, koreanischen und sibirischen Küste versammelten, um in naher Zukunft gegen den Inselstaat anzurennen. Bis auf einige kleinere Gefechte in der Mandschurei war es für Präsident Matsumoto allerdings bisher ruhig geblieben. Im Pazifik zog die Weltregierung jedoch eine riesige Kriegsflotte zusammen, die den Osten der japanischen Inselgruppe bedrohte.

Inzwischen neigte sich der Oktober dem Ende zu und im fernen Europa hatten 150000 GCF-Soldaten von den britischen Inseln das Festland betreten und sich in Holland und Belgien festgesetzt. Hier hoben sie Graben- und Tunnelsysteme aus, während zwei weitere Millionen GCF-Soldaten aus Nordamerika Frankreich erreicht hatten und nun auf breiter Front in Richtung Deutschland und Österreich marschierten. Noch immer waren für die Volksarmee der Rus, die in Westeuropa mit fast 2 Millionen Mann im Feld stand, die großen und verlustreichen Schlachten ausgeblieben. Bisher hatte es die Streitmacht Tschistokjows immer wieder geschafft, die zahlenmäßig unterlegenen und schlecht organisierten Gegner in Polen und Ostdeutschland zu überwinden, doch mit jedem verstreichenden Tag versammelten sich die Heere der Weltregierung zu immer größeren Verbänden, die allmählich zum entscheidenden Schlag ausholten. Die zentrale und größte Heeresgruppe der Volksarmee hatte derweil Berlin erreicht und wartete auf die Ankunft weiterer von Norden und Süden kommender Verbände.

Frank und die von ihm befehligten Waräger hatten mit Hilfe der Volksarmee schließlich auch Luckenwalde und einige weitere Kleinstädte einnehmen können. Südlich von Potsdam hatten sie eine notdürftig eingerichtete Verteidigungslinie aus GCF-Verbänden und VVM-Trupps durchstoßen und den Gegner nach Westen vertrieben.

Am 22. März erreichte die südliche Heeresgruppe endlich Berlin und postierte sich einige Kilometer vom Stadtrand entfernt. Am folgenden Tag hatten sich auch die aus dem Norden kommenden Volksarmisten am Rande der Metropole formiert und die Belagerung konnte beginnen.

Inzwischen befanden sich fast 100000 GCF-Soldaten und etwa 40000 VVM-Milizionäre im noch immer von sozialen und ethnischen Unruhen erschütterten Hexenkessel Berlin. Keine sehr große Zahl, wenn man sie mit der geballt aufmarschierenden Streitmacht Artur Tschistokjows verglich. Doch die Zeit drängte, denn gewaltige Verbände feindlicher Soldaten waren von Westen her auf dem Weg nach Deutschland und sie wurden täglich größer.


„The Rus have arrived!“, jammerte Sub-Gouverneur Dieter Bückling und krallte sich am Telefonhörer fest.

Um ihn herum hatten sich Dutzende seiner Mitarbeiter versammelt, denen man die Angst deutlich ansehen konnte.

Sein Gesprächspartner war kein Geringerer als der Weltpräsident selbst und dieser reagierte äußerst ungehalten, als er das ängstliche Gewimmer Bücklings am anderen Ende der Leitung vernahm.

„The GCF-troops have to defend the city as long as they can! Do you understand?”, knurrte das Oberhaupt des Weltverbundes.

„Yes, Sir! They will fight till death! But my men and me would like to get the permission to leave Berlin, Mr. World President! Please!”, bettelte der Sub-Gouverneur.

“But Berlin is the capital of your sub-sector, Mr. Bückling!“, betonte der Weltpräsident mürrisch.

“Yes, Sir!”, kam nur zurück.

„Don`t you want to defend your city, Mr. Bückling?”

“I don`t know…

“You are a pathetic coward and it is a shame that you are a member of our organization!”, schrie der Weise seinen deutschen Diener an.

“But...but...the Rus…they will kill all of us! We...we need the permission to flee to the Western part of Germany”, winselte Bückling.

“How many Russian soldiers are besieging Berlin?”

“A giant army, Mr. World President! We will not be able to defend the city...”

Der Weltpräsident fluchte und herrschte seinen Knecht an, die Fassung zu bewahren, doch dieser hörte nicht auf zu wimmern. Schließlich gab der zweithöchste Logenbruder aus Nordamerika Bückling die Erlaubnis, mit seinem Stab von Verwaltern zu flüchten, bevor die Volksarmee die Stadt gänzlich eingeschlossen hatte. Leute wie Bückling, so betonte das Oberhaupt des Weltverbundes, waren den GCF-Soldaten ohnehin keine große Hilfe, wenn sie sich so feige verhielten wie der Sub-Gouverneur.

Als das Gespräch zu Ende war, wirkte der Verwalter erleichtert und wischte sich den Angstschweiß aus dem Gesicht. Dann wandte er sich seinen ebenfalls kreidebleichen Beratern zu. Offenbar wussten sie alle, was ihnen blühte, wenn sie den Volksarmisten, den ADR-Trupps oder gar den deutschen Freiwilligen in die Hände fielen.

„Wir verschwinden nach Westen!“, erklärte Bückling und kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, da hasteten seine Gehilfen schon auf schnellen Füßen aus dem Raum.

Hals über Kopf türmten sie alle innerhalb einer Stunde aus Berlin, ließen alles stehen und liegen, nur um ihre Haut zu retten. Die GCF-Soldaten und ihre vorher so hochgelobten VVM-Verbände blieben nun allein zurück und hatten die unangenehme Aufgabe, Berlin bis zum letzten Mann zu halten. Die Kunde von der panischen Flucht der gesamten Führung des Sub-Verwaltungssektors „Deutschland“ machte innerhalb der zur Verteidigung abgestellten Truppen schnell die Runde und wirkte sich äußerst negativ auf deren Kampfmoral aus.

Doch wer Leute wie Dieter Bückling kannte, dem war klar, dass diese im Ernstfall niemals ihr Leben für ihre angeblich so ehrenhaften Ziele einsetzen würden. Sie waren lediglich Vasallen der Mächtigen. Und Vasallen rannten immer zuerst, wenn es um ihre eigene Haut ging.


Frank blickte auf seine Geburtsstadt, deren Konturen sich im Halbdunkel der Abenddämmerung am Horizont abzeichneten. Neben ihm stand Alf, der wiederum nachdenklich seinen Freund betrachtete.

„Morgen geht es los“, murmelte er dann.

„Ja, dann schnuppern wir ein wenig Berliner Luft“, erwiderte Frank sarkastisch und verzog seinen Mund.

„Freust du dich denn, dass du deine alte Heimatstadt wiedersehen wirst?“, fragte Bäumer.

„Unter derartigen Umständen? Tja, die Frage kannst du dir doch selber beantworten, oder?“, brummte der General leise.

„Aus welchem Teil kommst du noch mal?“

„Ich bin in Malchow aufgewachsen, habe aber später lange in Lichtenberg gewohnt. Wie auch immer, meine Heimatgefühle für dieses verschimmelte Dreckloch halten sich inzwischen in Grenzen. Trotzdem tut es mir weh, wenn ich daran denke, dass bald auch in den Straßen Berlins Krieg herrschen wird“, meinte Frank.

„Es ist trotz allem deine Heimat und die Stadt selbst kann nichts dafür, dass man sie hat verrotten lassen“, bemerkte Alf.

„Ja, du hast ja Recht. Das Gleiche gilt für dein Dortmund und all die anderen Städte Deutschlands, die diese Schweine zu Grunde gerichtet haben. Wenn wir Berlin unter Kontrolle haben, dann werden eine Menge Leute Besuch von der ADR bekommen, darauf kannst du Gift nehmen. Aber ich halte mich da raus. Mir reicht schon dieses ständige Kämpfen“, sagte Kohlhaas. Er wirkte erschöpft.

„Hast du keine Rachegelüste mehr?“, wunderte sich Bäumer.

Sein Freund schüttelte den Kopf. „Ach, ich bin diesen ganzen Zorn in meinem Inneren so leid, Alf. Es wird noch so viel Blut in diesem Krieg fließen, dass ich daran gar nicht mehr denken will. Rache hier und Rache da. Unsere Aufgabe ist es, Schlachten zu gewinnen. Das reicht mir völlig aus und ist schon schrecklich genug. Alles andere sollen die Einheiten von der ADR oder die deutschen Freiwilligenverbände erledigen. Ich will einfach nur noch überleben…“, stöhnte Frank.

„Du wirst offenbar immer älter und weiser!“, meinte Bäumer und setzte ein Grinsen auf.

Der General grinste zurück und antwortete: „Wäre ja auch schlimm, wenn nicht, oder? Hat lange genug gedauert, nicht wahr?“

Alf fasste Frank an der Schulter und schlug vor, wieder zurück ins Lager zu gehen, um endlich zu schlafen. Der nächste Tag würde anstrengend genug werden, denn inzwischen waren es nur noch wenige Stunden bis zum Sturm auf die ehemalige deutsche Hauptstadt.


Im Morgengrauen begann es. Hunderte von Bombern der russischen Luftwaffe begannen mit dem Großangriff auf Berlin und wandten sich zunächst ausschließlich strategischen und militärischen Zielen zu. Die für die Stadt verantwortlichen Elektrizitätswerke wurden bombardiert, ebenso die Zentren der Wasserversorgung. Ganze Stadtteile wurden mit EMP-Bomben eingedeckt und viele der in der Morgensonne aufflackernden Lichter erloschen wieder. Artur Tschistokjow wollte Berlin keineswegs zerstören lassen und hoffte, dass die GCF-Truppen schnell die Waffen strecken würden.

Zudem hatte die Volksarmee bereits Hunderttausenden von Berlinern mit allen Mitteln geholfen, die Stadt zu verlassen, damit sie bei den nun folgenden Kämpfen nicht verletzt oder getötet wurden. So hatte etwa die Hälfte der fast 6,5 Millionen Einwohner Berlins die deutsche Metropole bereits verlassen, als die Belagerung begann. Die meisten Berliner waren nach Osten geflüchtet, wo sie von Tschistokjows Soldaten hinter die sichere Frontlinie gebracht wurden.

Frank war trotzdem äußerst verärgert darüber, dass noch immer über 3 Millionen Einwohner in der Stadt geblieben waren und die stetigen Warnungen der Volksarmee ignoriert hatten. Viele der noch in Berlin Gebliebenen waren allerdings Angehörige verschiedenster Völker, die augenscheinlich dachten, dass sie der Krieg zwischen dem Weltverbund und dem Nationenbund der Rus nichts anginge.

Stunde um Stunde zischten die Kampfjets nun durch den wolkenverhangenen Himmel und zwischen ihnen rasten die Feuer der Flakgeschütze aus dem Häusermeer nach oben. Gegen Mittag erhielten die Soldaten den Befehl, die Vororte der Riesenstadt anzugreifen und Frank wusste, dass jetzt ein blutiger Häuserkampf auf ihn und seine Männer wartete.

Tausende von Warägern drangen in die Stadtteile Lichtenrade und Lankwitz ein, während sie von Panzerverbänden und mobilen Geschützbatterien begleitet wurden.

Wo feindliche Stellungen zwischen den Häusern entdeckt wurden, ließ die Artillerie einen tödlichen Regen aus Spreng- und Plasmageschossen auf den Feind niedergehen. General Kohlhaas war heute selbst nicht mit an die Front gekommen und koordinierte die Angriffe seiner Männer in seinem Gefechtsstand am Rande Berlins. Auf kleinen Teleschirmen konnte er dank hunderter von Minikameras das Vorgehen seiner Waräger akribisch nachverfolgen und seine Augen huschten ständigen zwischen Dutzenden von flackernden Bildschirmen umher.

Schreckliche Bilder voller Explosionen, Flammen, Mündungsfeuer und zerfetzten Soldaten wackelten an diesem ersten Tag vor seinen Augen umher und der General musste mit Entsetzen erkennen, dass die Verluste der Warägergarde gewaltig waren. Das Gleiche galt für die Soldaten der Volksarmee, die zu Hunderttausenden durch die Straßenzüge der Berliner Vororte stürmten und in Massen zusammengeschossen wurden.

„Planquadrat T-456! Dieses Gebiet ist voller GCF-Scharfschützen! Wir haben ihre Stellungen ausgemacht! Sollen wir wirklich da reingehen, General Kohlhaas?“, schallte Frank eine heisere Stimme aus dem Funkgerät entgegen.

„Wie stark ist die Flugabwehr in diesem Bereich?“, wollte Kohlhaas wissen und wirkte nervös.

„Kann ich nicht sagen, Herr General!“

„Ich versuche euch ein paar Bomber herbeizuschicken. Die sollen die feindlichen Stellungen erst einmal beschießen“, gab Frank zurück und versuchte den nervösen Offizier am anderen Ende der Leitung irgendwie zu beruhigen.

Der General ließ sich mit einigen Stellen verbinden, doch diese berichteten ihm, dass die Waräger keine Luftunterstützung in diesem Abschnitt bekommen würden. Sämtliche Kampfjets waren anderswo im Einsatz und lieferten sich heftige Gefechte mit gegnerischen Flugzeugen oder versuchten diverse Ziele zu attackieren.

Allerdings konnte Kohlhaas wenigstens einige Geschützpanzer herbeirufen, die den Weg unter schweren Verlusten freischießen konnten. So ging es noch bis tief in die Nacht hinein. Wo Alf und seine Leute gerade waren, wusste Frank nicht. Er vermutete, dass sie sich durch Rudow oder Neukölln kämpften. Hier hatten sich nicht nur sehr viele VVM-Trupps, sondern auch mehrere Tausend GCF-Soldaten in gut geschützten Stellungen verschanzt. Auch Pjotr Balkov, der sich vor einigen Tagen noch einmal bei Frank hatte sehen lassen, befand sich irgendwo am südlichen Stadtrand Berlins. Dieser erste Tag war ein furchtbares Gemetzel und Frank war froh, dass er diesmal nicht direkt an der Front sein musste.
























Eskalation



„Wie sieht es bei euch aus?“, fragte Julia. Frank presste sein Handy noch fester ans Ohr, er war glücklich ihre Stimme zu hören.

„Den Umständen entsprechend gut, wenn man das so formulieren möchte“, gab Kohlhaas zurück.

„Werdet ihr Berlin denn einnehmen können? Wie stark ist der Widerstand? Operiert der Feind aus gut geschützten Positionen heraus? Wie ist die gegnerische Kampfmoral?“, hakte die Tochter des Außenministers nach.

Frank musste schmunzeln. „Telefoniere ich gerade mit einem vom Oberkommando oder mit meinem Schatz?“

„Ich meinte ja nur…“, erwiderte Julia und lachte laut auf.

„Du hörtest dich eben an wie eine germanische Schildmaid. Vielleicht warst du in deinem früheren Leben ja eine Walküre“, scherzte Kohlhaas.

„Sehr witzig, Frank! Nun sag schon?“

„Möchtest du jetzt einen detaillierten Bericht über Kampfverläufe und Truppenpositionen haben, Schnucki?“

„Auch wenn du es nicht glaubst, mich interessiert schon, ob ihr Berlin einnehmen könnt oder nicht. Immerhin entscheidet sich in diesem verfluchten Krieg auch mein Schicksal“, antwortete Julia etwas verschnupft.

„Nun ja, ich denke, dass wir es schaffen. Noch ist die Hauptarmee der Weltregierung nicht da und die in Berlin verschanzten Truppen werden uns nicht ewig aufhalten können“, erklärte Frank zuversichtlich.

„Sind auch Grunts dabei?“

„Nein, jedenfalls haben wir bisher mit keinen zu tun gehabt.“

„Und diese komischen VVM-Soldaten?“

„Ja, davon sind größere Mengen da. Aber die sind recht undiszipliniert und nehmen meistens die Beine in die Hand, wenn sie richtig Feuer kriegen. Die GCF-Soldaten sind da wesentlich härter“, erläuterte der General.

„Wartet erst einmal, bevor ihr mit der Infanterie stürmt. Lasst immer zuerst die Panzer vorrücken. Das minimiert die Verluste, vor allem bei einem derartigen Kräfteverhältnis und unzureichenden PAK-Geschützen des Gegners“, dozierte Julia.

„Du solltest meine Stellvertreterin werden. Ich werde dem Oberkommando sagen, dass sie dich in eine Uniform stecken und raus an die Front bringen sollen“, meinte Frank erheitert.

„Idiot!“, sagte Julia.

„So eine Spezialuniform würde dir sicherlich gut stehen. So ähnlich wie die von Tschistokjows Frauenorganisation, nur vielleicht mit einem etwas kürzeren Rock, damit deine langen, schlanken Beine besser…“, sinnierte Kohlhaas und schweifte gedanklich etwas ab.

„Ja, ganze Regimenter aus Blondinen in Miniröcken und sehr knappen Uniformen. Das könnte dir so passen, wie?“, neckte ihn Julia.

„Oh, ja! Es gäbe Schlimmeres!“, bemerkte Frank.

„Dürfte ich Sie darum bitten, wieder mit dem Kopf zu denken, Herr General“, lachte Wildens Tochter.

„Ähem…ja…“

„Ihr schafft das schon, mein Schatz. Macht die verfluchte GCF fertig!“

„Das werden wir!“, gelobte Frank.

„So, jetzt gebe ich dir mal den kleinen Quälgeist, der hier ständig am Hörer rupft“, meinte Julia und schickte Frank einen lauten Schmatzer durch den Hörer.

Wenige Sekunden später erschallte Friedrichs aufgeregte Stimme.

„Hallo Papa!“, rief der Junge und freute sich wie ein Schneekönig.

„Hallo, Kleiner! Alles klar?“

„Ja! Sag mal, ist Berlin eine Burg?“

„Nun, so könnte man es beschreiben…“

„Habt ihr auch Katapulte?“

„Nein, aber Geschütze…“

„Ich habe mir auch was überlegt, Papa.“

„Aha?“

„Wenn ich mit meinen Plastiksoldaten spiele und die eine Burg angreifen, dann schießen die immer zuerst mit den Katapulten auf die anderen Ritters. Dann fallen die von den Mauern und meine Ritters können dann angreifen. Macht ihr das auch so?“, fragte Friedrich.

Frank stöhnte auf, dann stieß er einen brüllenden Lacher aus. „Himmel! Der nächste Kandidat für das Oberkommando…“


Die Übermacht der Volksarmee an Soldaten und Kriegsgerät zahlte sich in den folgenden Tagen immer mehr aus, auch wenn die Ausfälle hoch waren. Am 30. März hatten sich die Angreifer schon weit durch die Häuserschluchten Berlins vorgekämpft. Etwa 60000 GCF-Soldaten waren bei den ununterbrochenen Sturmangriffen auf die größte Metropole Deutschlands bereits gefallen, wobei die Verluste der Volksarmee der Rus mehr als doppelt so hoch waren.

Da sich im Stadtkern Berlins noch immer Gegner verschanzt hatten und auch die Flugabwehr der GCF noch weitgehend intakt war, waren die Vorstöße der Belagerer nach wie vor sehr entbehrungsreich und obwohl Artur Tschistokjow befohlen hatte, möglichst wenig von Berlin zu zerstören, blieb der Volksarmee oft nichts anderes übrig, als einige Stadtteile erst einmal sturmreif zu schießen, bevor man die Infanterie hineinschicken konnte.

Alfred war vor zwei Tagen von einer Gewehrkugel in den Arm getroffen worden. Er lag inzwischen in einem Feldlazarett außerhalb des Belagerungsrings. Für ihn war die Schlacht um Berlin vorüber und er war auch nicht unglücklich darüber, wie er Frank unter Schmerzen gestand.

Fast zwei Millionen GCF-Soldaten waren derweil über die einstige Westgrenze der BRD vorgerückt und marschierten durch die ehemaligen Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz weiter nach Osten.

Im Süden Russlands hatten die Kämpfe in den letzten Tagen ebenfalls stetig zugenommen und bereits unzählige Menschenleben gefordert. Die Rus waren mittlerweile von den immer größer werdenden GCF-Verbänden bis auf die Höhe von Stavropol zurückgedrängt worden, während die Abwehrfront der Volksarmee nun auch am südlichen Ende des Uralgebirges angegriffen wurde. Die Städte Orenburg und Oral waren von der Luftwaffe der Global Control Force vollkommen zerstört worden. Außerdem versuchten GCF-Verbände über Finnland nach Karelien einzudringen, um eine weitere Front zu eröffnen.

In Ostasien hatten die Kriegsschiffe der GCF derweil begonnen, die Kampfhandlungen gegen Japan zu eröffnen und beschossen die Küstenstädte des Inselstaates vom Meer aus. Südlich von Hokkaido, in den blauen Weiten des pazifischen Ozeans, lieferte sich die japanische Flotte eine tagelange Seeschlacht mit der Armada des Weltverbundes, musste sich am Ende jedoch unter großen Verlusten zurückziehen.

Während sich langsam aber sicher ein weltweiter Krieg anbahnte, stürzte die ODV-Seuche Indien und China weiter ins Chaos. Etwa 60 Millionen Chinesen waren schon an den Folgen der Epidemie gestorben. Aufstände und Hungersnöte waren im südlichen Teil Chinas längst an der Tagesordnung, was die Weltregierung dazu veranlasste, ihre geplante Landinvasion gegen Japan noch einmal zu verschieben. Es war nämlich unumgänglich, dass große GCF-Verbände auch zukünftig in China und Indien blieben, um die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten und Millionen Menschen, die dem Weltverbund inzwischen mit offenem Hass gegenüberstanden, im Zaum zu halten.

Letztendlich hatten auch die islamischen Rebellen unter Führung von Darian Aref in den letzten Wochen die allgemeine Verwirrung im Nahen Osten genutzt, um weitere Städte zu erobern. Nun war ihre Zahl so sehr angewachsen, dass sie sogar Sub-Gouverneur Hassan Basari in Teheran gefährlich werden konnten. Mittlerweile war es eine Tatsache, dass nicht nur die Rus und ihre Verbündeten an immer mehr Fronten kämpfen mussten, sondern auch die Weltregierung selbst.


„Bis zum Flughafen Tempelhof ist es nicht mehr weit. Die Volksarmee ist im Osten bereits bis nach Friedrichshain vorgerückt. Dort toben noch immer heftige Häuserkämpfe!“, erklärte Frank einigen Unterführern der Warägergarde und steckte seinen DC-Stick, der ihn stündlich mit neuen Meldungen versorgte, wieder in die Hosentasche.

Um ihn herum donnerte und krachte es. Die feindlichen Geschütze feuerten einmal mehr auf ihre Stellungen in Schöneberg. Kohlhaas spähte über die Straße, um dann hinter eine Hauswand zu rennen. Heute war er wieder einmal ganz vorne mit dabei, wobei er gerne darauf verzichtet hätte. Gedankenverloren betrachtete er einige tote VVM-Milizionäre, die in der verwüsteten Gasse gegenüber auf dem Asphalt lagen. Kurz darauf rückten die Waräger weiter vor. Sie sprangen in Deckung, als ihnen eine MG-Garbe aus einem Häuserblock entgegenflog.

„Mist!“, fluchte Frank, einen Plasmawerfer umklammernd.

Seine Männer antworteten mit heftigem Gegenfeuer aus ihren Granatwerfern und Maschinengewehren. Kurz darauf rannten sie geduckt los, versuchten den Häuserblock einzunehmen. Doch sie kamen nicht weit. Ein Dutzend feindliche Simson Panzer stellten sich ihnen in den Weg und ihre Geschütze und Maschinenkanonen donnerten los. Mehrere Waräger wurden von Explosionen zerfetzt, während andere von ratternden Maschinenkanonen durchlöchert wurden. Gegen diese gefürchteten, großkalibrigen Waffen halfen auch keine Ferroplastinrüstungen.

„Wo kommen die denn jetzt her?“, schrie Kohlhaas wütend und rief seine Soldaten zusammen.

„Das wissen wir auch nicht, Herr General! Scheiße!“, stieß ein russischer Kamerad aus.

Die GCF-Panzer kamen näher. Frank gab den Befehl, sie unter konzentriertes Plasmafeuer zu nehmen. Nur eine Minute später flogen den grauen Tanks gleißende Energiebälle entgegen und ließen vier von ihnen explodieren.

Die übrigen Panzer näherten sich dennoch unaufhaltsam und beschossen die Stellungen der Waräger. Trümmerstücke stürzten neben Frank auf den Boden und eine gewaltige Staubwolke umhüllte ihn. Hustend kroch er aus seiner Deckung heraus und gab seinen Leuten den Befehl, sich hinter die nächste Straßenkreuzung zurückzuziehen, wo die Kameraden von der Volksarmee lagen.

„Knallt diese verdammten Simsons ab!“, brüllte Frank in sein Komm-Sprechgerät; er fluchte lauthals.

Die Volksarmisten schickten den heranrollenden Fahrzeugen einen Geschosshagel aus ihren PAK-Geschützen entgegen und brachten drei weitere von ihnen zum Halten. Daraufhin drehte der Rest der Tanks ab und verschwand in einer Nebenstraße.

„Warägergarde, vorwärts! Wir nehmen uns jetzt diesen verdammten Häuserblock vor!“, rief Frank und rannte mit seinen Leuten erneut nach vorne.

Unter schwerem Beschuss kämpften sie sich von einem Schutthaufen zum nächsten und erreichten endlich die untere Etage des mehrstöckigen Wohnhauses. Über ihren Köpfen feuerten die GCF-Soldaten weiter auf die Waräger in den Straßen.

General Kohlhaas war sich sicher, dass die Feinde ihn und etwa ein Dutzend Männer, die sich im Schutz einer Häuserruine von der Seite aus herangepirscht hatten, im allgemeinen Getümmel übersehen hatten.

Mit dem Gewehr im Anschlag schlichen die Elitekrieger der Rus die Stufen des Treppenhauses bis ganz nach oben hinauf und rannten gebückt durch einen dunklen Etagenflur. Irgendwo hier, am Ende des düsteren Ganges, ratterte ein Maschinengewehr. Frank signalisierte seinem Trupp, dass sie ihm folgen sollten.

„Da hinten!“, flüsterte er leise, auf einen kleinen Raum zeigend.

Die Waräger kamen herangekrochen und einer von ihnen ließ eine Plasmagranate durch den Hausflur kullern. Es dauerte keine zehn Sekunden, da wurde der kleine Raum von einem grellen Zischen erfüllt und Schreie gellten heraus.

„Wir haben sie erwischt!“, rief ein Russe und deutete auf einen GCF-Soldat, der halb verbrannt auf den Gang purzelte.

Frank warf einen Blick um die Ecke und sah drei weitere Tote, deren Körper von der Plasmadetonation wie Brennholz von einer Flamme versengt worden waren.

Der General betrachte den offenbar aus Asien stammenden Soldaten, der vor ihm sterbend auf dem Boden des Korridors lag. Seine dunklen Schlitzaugen starrten ihn noch für einige Sekunden an, dann wurden sie starr.

„Warum zur Hölle kämpft ihr für die Schweine von der Weltregierung? Sie sind doch auch eure Feinde!“, sagte Kohlhaas leise zu dem toten Gegner und überlegte, aus welchem Land er wohl hier nach Berlin geschickt worden war, um diese Stadt für Leute wie Dieter Bückling zu verteidigen. Frank schüttelte den Kopf. Er folgte seinen Männern, die aus dem Wohnblock wieder heraus auf die Straße stürmten.


Dutzende von führenden Mitgliedern der Freiheitsbewegung hatten sich in einem großen Besprechungsraum in der oberen Etage des Präsidentenpalastes von St. Petersburg eingefunden, um Artur Tschistokjows Schilderung der politischen und militärischen Lage zu hören. Der Anführer der Rus wirkte an diesem Tag äußerst zufrieden, denn er hatte heute Morgen die Meldung erhalten, dass Berlin schon fast eingenommen worden war.

Mit einem befriedigten Lächeln stolzierte der blonde Mann vor seinen Getreuen auf und ab. Dann wandte er sich seinen gespannt wartenden Mitstreitern zu, um zu sagen: „Ich bin absolut überzeugt davon, dass sich unsere Feinde inzwischen die Haare raufen, denn damit haben sie nicht gerechnet. Unser frühzeitiger Angriff war der Schlüssel zu unseren Erfolgen in Westeuropa. Das wird auch der Rat der 13 einsehen müssen, egal wie sehr sie versuchen, die ganze Sache schön zu reden. Berlin, Deutschlands alte Hauptstadt, ist unser!“

Tschistokjows Getreue klatschten und der russische Staatschef fuhr mit seinen Ausführungen fort. Wilden war ebenfalls unter den Anwesenden, wirkte jedoch nicht so euphorisch wie die anderen Männer.

„Wie mir das Oberkommando der Volksarmee versichert hat, gibt es nur noch wenige Widerstandsnester in Berlin, die jedoch in den nächsten Tagen eingenommen werden. Die restlichen GCF-Verbände und auch diese lächerlichen VVM-Milizen haben keine Chance mehr.“

„Was ist mit der russischen Südfront?“, fragte Verteidigungsminister Lossov dazwischen.

Tschistokjow zögerte für einige Sekunden, seine Euphorie schien ein wenig abzuebben. Er räusperte sich und antwortete: „Nun, ich habe keine ganz aktuellen Berichte, Herr Lossov. Es ist mehr oder weniger alles unverändert geblieben – allerdings mit einer für unsere Truppen eher ungünstigen Tendenz. Die GCF-Armee erhält täglich neue Verstärkungen und ich kann nur hoffen, dass unsere Soldaten die Front halten können. Mehr kann ich derzeit nicht sagen.“

Ein leises Gemurmel ging durch den Konferenzraum und schließlich meldete sich Wilden.

„Ich möchte ausdrücklich davor warnen, angesichts der Eroberung Berlins in allzu große Vorfreude auszubrechen. Wir haben zwar ein strategisch wichtiges Bollwerk gewonnen, aber der große Kampf wird erst noch kommen. Weiterhin haben wir kaum Möglichkeiten, die Volksarmee in Westeuropa weiter zu verstärken, da alle neuen Truppen benötigt werden, um den Nationenbund zu verteidigen. Demnach gilt es abzuwarten, was passieren wird, wenn die Hauptstreitmacht der GCF in Westeuropa aufmarschiert ist.“

„Daher müssen unsere Truppen auch so schnell wie möglich weiter nach Westen vorrücken und den Feind angreifen, so lange er noch nicht vollständig angetreten ist“, unterbrach ihn Tschistokjow.

„Unsere Westarmee müsste es bis nach Frankreich schaffen, aber ich bin mir zurzeit nicht sicher, ob sie…“, sagte der Außenminister.

„Höre jetzt mit so etwas auf, Thorsten!“, knurrte der russische Präsident auf Deutsch und erschien gereizt. Wilden winkte ab.

„Schon gut!“, sagte er dann.

Der Anführer der Rus verschränkte die Arme vor der Brust und lief durch den Raum, während ihn seine Männer beobachteten und schwiegen. Für einige Minuten herrschte angespannte Stille.


Nach und nach zerschlug die Volksarmee der Rus den Widerstand der verbliebenen GCF-Truppen und VVM-Einheiten in Berlin und brachte die Metropole schließlich nach harten Kämpfen am 18. April endgültig unter Kontrolle. Dieter Bückling und sein Stab aus Politikern und Verwaltern hatten die Stadt längst verlassen und waren nach Frankfurt am Main geflohen. Hier, im Westen Deutschlands, waren währenddessen Hunderttausende von GCF-Soldaten zu einer waffenstarrenden Abwehrfront aufgereiht worden.

Die unter den Fahnen der Volksarmee kämpfenden Deutschen und die ADR-Trupps durchkämmten Berlin nun nach Kollaborateuren und Verrätern, wobei viele der einst nach Russland geflüchteten Deutschen eine unstillbare Gier nach Vergeltung in sich trugen.

Frank jedoch hielt sich bei dem blutigen Rachefeldzug gegen die entmachtete politische Klasse Berlins zurück und überließ das Strafgericht seinen vor Hass rasenden Landsleuten, die besonders zornig darüber waren, dass sie Dieter Bückling selbst nicht in die Finger bekommen konnten. So ließen sie ihre über Jahrzehnte aufgestaute Wut an anderen aus, denn Kollaborateure gab es in Berlin genug.

Kohlhaas, der bereits im Jahre 2028 seiner alten Heimat den Rücken gekehrt hatte, musste sich hingegen eingestehen, dass das Berlin seiner Jugend kaum noch existierte. Er fühlte sich mittlerweile fremd in dieser riesigen, heruntergekommenen Stadt und auch als er den Stadtteil Lichtenberg, in dem er lange gelebt hatte, besuchte, hielten sich seine Heimatgefühle in Grenzen. Verfall und bitterste Armut zeichneten den hässlichen Plattenbaustadtteil mehr denn je. Frank wurde regelrecht depressiv, als er sehen musste, was die Mächtigen aus seiner Geburtsstadt gemacht hatten.

„Ganz Berlin ist ein einziger Sauhaufen geworden!“, erklärte er des Öfteren seinen russischen Kameraden und kehrte der Stadt nach einigen Tagen enttäuscht den Rücken.

Artur Tschistokjow ließ Berlin mit fast 200000 Volksarmisten besetzen und erteilte den Befehl, die Metropole so gut es ging gegen die sich aus Westdeutschland nähernden Heere der Global Control Force abzusichern. Ansonsten begegneten die meisten der noch in Berlin verbliebenen Deutschen den Rus mit großer Freundlichkeit und bedankten sich dafür, dass sie die GCF vertrieben hatten.

„Bald wird in der deutschen Hauptstadt wieder die Ordnung hergestellt und die Zeit des Leidens beendet sein!“, ließ Tschistokjow den Berlinern in einer über die besetzten Fernsehstationen ausgestrahlten Videobotschaft verkünden.

Ob seine Truppen die Metropole jedoch auf Dauer gegen die anrückenden Riesenheere der GCF würden halten können, war mehr als fraglich.


Der Rat der Weisen hatte sich an diesem regnerischen Tag nach Mount Reaver begeben. Hier, in einer unterirdischen Anlage von gewaltiger Größe, tief unter den Rocky Mountains, befand sich das streng geheime Rechenzentrum der Weltregierung. An diesem verborgenen Ort liefen Milliarden Daten aus aller Welt zusammen. Sämtliche Scanchips weltweit konnten von Mount Reaver aus nach Informationen durchforstet werden. Aber das war nicht das eigentliche Außergewöhnliche an dieser gigantischen Anlage, denn sie hatte eine weitaus wichtigere Eigenschaft – von hier aus konnte man die implantierten Scanchips abschalten.

Der Weltpräsident und der Oberste der Weisen drängten sich an einigen ihrer Brüder vorbei und stellten sich vor einen GSA-Mitarbeiter, der die mächtigen Gäste eben in Empfang genommen hatte. Der Mann verneigte sich tief, versuchte zu lächeln. „Wie kann ich den Herrschaften behilflich sein?“

„Lassen Sie die Formalitäten!“, brummte der Vorsitzende des Rates der 13 und kratzte sich am Kinn. „Sie wissen, warum wir heute hier sind…“

„Es…es ist alles vorbereitet, Eure Exzellenz!“, antwortete der GSA-Mann. Er räusperte sich. „Folgen Sie mir bitte.“

Das Oberhaupt der Logenbrüder nickte und die Besucher folgten dem Mitarbeiter des internationalen Geheimdienstes durch eine Reihe langer Korridore. Kurz darauf fuhren sie mit einem Aufzug in eine noch tiefer unter der Erde liegende Etage und kamen schließlich in eine große Halle voller Computer und Großrechner.

„Wir haben eine Liste potentiell gefährlicher Personen in West- und Mitteleuropa zusammengestellt. Unter „gefährlichen Personen“ verstehen wir jene, die bereits durch subversive Aussagen oder politisch unkorrekte Äußerungen und Interessen aufgefallen sind. Natürlich nur die, die auch einen implantierten Scanchip haben. Jedenfalls sind diese Chipträger potentielle Risikofaktoren und kämen rein theoretisch als Unterstützer der Rus in Frage“, erklärte der GSA-Mann, nachdem er die Gäste zu einem großen Computer geführt hatte.

„Ja, natürlich!“, knurrte der Weltpräsident und verdrehte die Augen.

„Es sind etwa 21 Millionen Personen in ganz Europa!“, fügte der Geheimdienstmitarbeiter hinzu. Einige Männer, die hinter breiten Bildschirmen saßen, drehten sich flüchtig nach ihm und seinen Begleitern um.

„Gut! Dann fangen wir zunächst mit denen an!“, sagte der Vorsitzende des Rates der 13, wobei er keine Miene verzog.

„Dann hat unser Freund Tschistokjow demnächst ein paar Sympathisanten weniger…“, ergänzte der Weltpräsident kalt.

Der GSA-Mitarbeiter kratzte sich am Kopf; er schien für einen kurzen Moment darüber nachzudenken, was er gleich in die Wege leiten sollte. Schließlich sah er seine Gäste an, sagte jedoch nichts

„Wollen Sie wirklich die ganzen Scanchips…ich meine…vielleicht gibt es ja eine andere Möglichkeit…“, bemerkte er unsicher.

„Deshalb sind wir hier!“, unterbrach ihn der Weltpräsident barsch.

„Aber vielleicht…“, brachte der Mann vor ihm nur heraus, während das Oberhaupt des Weltverbundes nickte und mit dem Finger auf den Computer zeigte.

„Tun Sie Ihre Pflicht!“, schnaubte eines der Ratsmitglieder hinter ihm und der Geheimdienstmitarbeiter zuckte zusammen.

„Ich…ich…gebe aber zu bedenken, dass ein derart großer Abschaltvorgang mehrere Tage dauern kann. Die Datenmenge ist gewaltig und…“

„Dann fangen Sie endlich an!“, befahl der oberste Weise.

Nach kurzem Zögern setzte sich der GSA-Mitarbeiter an seinen Computer und begann unter leisem Schnaufen und mit zitternden Fingern, einige Passwörter einzugeben.

Die Logenbrüder hinter seinem Rücken starrten mit versteinerten Gesichtern auf den Bildschirm und keiner von ihnen sagte auch nur ein Wort. Nach etwa einer Viertelstunde hatte der GSA-Mann alles vorbereitet und drehte sich zu seinen Gästen um. Inzwischen war er kreidebleich geworden. Schweißperlen rannen seine Stirn herunter.

„Geht es Ihnen nicht gut?“, fragte ihn der Weltpräsident mit zynischem Unterton.

„Doch! Es…es ist alles in…Ordnung. Es ist nur sehr heiß hier unten…“, stammelte der Diener nervös. „Ich gebe jetzt den Code ein, der den Abschaltungsvorgang einleitet. Soll ich das jetzt tun?“

„Wie oft soll ich Ihnen denn noch erklären, dass wir nicht nach Mount Reaver gekommen sind, um eine Bergtour zu machen. Ich finde es hier unten übrigens eher kühl“, entgegnete der Weltpräsident.

Schwer atmend gab der GSA-Mann einen langen Code ein und drückte anschließend auf einen kleinen Knopf, der den Abschaltungsvorgang einleitete. Nun suchte der Großrechnung die Verbindung zum Satellitennetzwerk, um die Scanchip-Deaktivierung zu starten.

„Das haben Sie sehr gut gemacht! Stellen Sie sich darauf ein, dass dies nicht die letzte Abschaltungswelle sein wird. Das ist nämlich erst einmal eine kleine Warnung“, bemerkte der Vorsitzende des Rates der Weisen, während der GSA-Mann nach Luft rang und sich bemühte, die Fassung zu bewahren.

Für einige Minuten betrachteten die Ratsmitglieder den Computerbildschirm und eisiges Schweigen breitete sich in der unterirdischen Halle aus. Plötzlich murmelte der GSA-Mitarbeiter jedoch einige unverständliche Dinge, um sich wieder vor den Computer zu setzen und hektisch auf der Tastatur herumzuhämmern.

„Was ist los?“, fragte ihn der Weltpräsident verärgert, die Schulter des Mannes ergreifend.

„Ich weiß es nicht…“, antwortete sein Diener und stöhnte aufgeregt.

„Stimmt etwas nicht?“

„Ich verstehe das nicht, Eure Exzellenz. Der Computer zeigt an, dass die Satellitenverbindung nicht hergestellt werden kann…“, erklärte der Geheimdienstmitarbeiter verstört.


„Diese grauenhaften Bilder wurden einem unserer Auslandskorrespondenten zugespielt. Sie zeigen, was Artur Tschistokjow und seine Truppen mit ihren Gegnern machen. Auf dieser Wiese nahe der ostdeutschen Stadt Luckau hat ein Killerkommando der ADR mehrere Tausend Menschen zusammengetrieben und erschossen.

Dies ist ein Teil der neuen Terrortaktik des russischen Diktators, der seine blutrünstigen Soldaten auf jeden hetzt, der seiner Meinung nach beseitigt werden muss. Unter den zahlreichen Opfern dieses Massakers befinden sich Politiker des Verwaltungssektors Europa-Mitte, Mitglieder von angeblich verräterischen Geheimbünden, vermeintliche Kollektivisten und viele mehr.

Wer diese schrecklichen Bluttaten sieht, kann sich ausmalen, was Europa erwartet, wenn es dem Weltverbund nicht gelingt, Artur Tschistokjow aufzuhalten. Dieser Vorfall ist nämlich nur einer von vielen. Überall wüten die Todesschwadronen der ADR hinter den Linien der vorrückenden Volksarmee der Rus. Aufgehetzt von Tschistokjows irrsinniger Hasspropaganda fallen diese skrupellosen Fanatiker über Männer, Frauen und Kinder her, metzeln sie zu Tausenden nieder, erschießen sie, hängen sie auf, schlachten sie ab. Würde eine Bestie wie der russische Diktator diesen Krieg gewinnen, so würden Millionen unschuldige Menschen in ganz Europa im Zuge seiner sogenannten „Säuberungen“ dahingemordet werden. Wir alle haben es bereits in Russland gesehen, die niemals enden wollenden Liquidierungswellen, die endlosen Schrecken…“

Frank schloss den Videobericht und verließ die Internetseite wieder. Schließlich steckte er seinen DC-Stick wieder in die Tasche, um sich Alf zuzuwenden.

„Ich würde mich so gerne einfach in Luft auflösen. Mein Gott, wie ich diese ganzen Kämpfe satt habe“, brummte Kohlhaas und setzte sich auf einen kleinen Hocker.

„Bisher läuft doch alles“, antwortete Bäumer.

„Was läuft?“

„Dieser ganze Feldzug. Wir marschieren von einem Sieg zum nächsten.“

„Ach, Alf! Das hier ist doch erst der Anfang. Glaube nicht, dass das noch ewig so weitergehen wird. Der Feind ist doch noch gar nicht richtig da. Die kommen schon noch und dann bricht hier die Hölle los.“

„Wir werden die GCF wieder schlagen. Ich bin mir da inzwischen sicher. Wir werfen sie aus Europa raus und dann wird die Weltregierung endlich einen echten Frieden akzeptieren müssen“, meinte Alfred.

Kohlhaas verdrehte die Augen und erwiderte: „In diesem Krieg wird keine der beiden Parteien halbe Sachen machen. Hier geht es um die Weltherrschaft – nicht nur um Deutschland, Frankreich oder irgendwelche einzelnen Länder. Die ganze Sache wird nach und nach immer weiter eskalieren und am Ende wird alles in einem furchtbaren Vernichtungskrieg enden. Sei doch endlich realistisch!“

„Dann sollen sie kommen. Wir werden sie erneut besiegen“, bemerkte Bäumer und schien sich langsam über Franks Pessimismus zu ärgern.

„Das werden sie auch tun. Die paar GCF-Verbände, die wir bisher zerschlagen haben, waren nur die gewöhnlichen Besatzungstruppen, die der Weltverbund in den von uns befreiten Ländern postiert hatte. Bald kommt die richtige Armada, warte es ab“, sagte der General.

Bäumer sah das anders. „Du überschätzt die Weltregierung, mein Lieber. Wir werden ihre Sklavenarmeen hier in Europa zu Boden schlagen und dann kümmern wir uns um das ganze Verräterpack.“

„Lassen wir das, Alf! Ich lege mich jetzt schlafen. Morgen geht es nach Potsdam. Ich hoffe es wird alles so einfach laufen, wie du es dir wünschst. Ja, das hoffe ich wirklich!“, bemerkte Kohlhaas, legte sich in sein Feldbett und drehte sich zur Seite.


Der Rat der Weisen hatte sich nach seinem Besuch in Mount Reaver diesmal kurzfristig zu einer weiteren Unterredung zusammengefunden und die versammelten Herren waren außer sich vor Zorn.

„Diese verfluchten Rus haben unser Satellitennetzwerk lahmgelegt. Die Leute in Mount Reaver haben gesagt, dass sie massiven Schaden angerichtet haben und die gesamte Anlage vermutlich nicht mehr repariert werden kann!“, grollte der Weltpräsident und ballte die Faust.

„Und es ist unseren Leuten nicht einmal aufgefallen!“, fügte ein Ratsmitglied wütend hinzu.

Der Oberste der Weisen hob die Hände, befahl den anderen Männern zu schwiegen. Dann sagte er: „Wir haben unsere Gegner unterschätzt. Auch in diesem Punkt. Dieser Tschistokjow hat uns damit ein äußerst wirksames Machtmittel aus der Hand geschlagen. Das müssen wir einfach zugeben. Seine Popularität in Europa wächst und wie ich gehört habe, stellen die Rus inzwischen große Freiwilligenverbände auf.

Tausende Deutsche, Slowaken, Tschechen, Ungarn, Holländer, Franzosen, Skandinavier und so weiter sollen in den letzten Wochen von der Volksarmee rekrutiert worden sein. Und es werden immer mehr. Wenn das eines Tages ein Flächenbrand wird, dann bekommen wir ernsthafte Probleme. Weiterhin ist da auch ein neuer Moslemführer aufgetaucht, der uns eines Tages im Nahen Osten Schwierigkeiten bereiten könnte. Wenn er die arabische Welt vereinen könnte, dann wären unsere Zentren dort ernsthaft bedroht.“

„Was schlagen Sie denn jetzt vor?“, fragte ein besorgt wirkendes Ratsmitglied und sah den obersten Weisen an.

„Wir müssen härtere Maßnahmen ergreifen!“, zischte der Weltpräsident dazwischen. Er schlug mit der Faust auf den Tisch.

„Ich fürchte, unser Bruder hat Recht. Wir sollten uns nicht mehr allein auf die konventionelle Kriegsführung verlassen. Es wird Zeit, ein Exempel zu statuieren!“, meinte der Ratsvorsitzende.

„Vielleicht glaubt Tschistokjow inzwischen wirklich, dass wir ihm Europa überlassen werden, doch diesen Irrglauben sollten wir ihm austreiben. Soll sich dieser Narr ruhig noch eine Weile freuen. Bald wird ihm das Lachen im Halse stecken bleiben!“, knurrte das Oberhaupt des Weltverbundes und zog die Augen zu einem schmalen Schlitz zusammen.


Artur Tschistokjow und Thorsten Wilden saßen in einem kleinen Besprechungsraum in der unteren Etage des Präsidentenpalastes. Schon den ganzen Tag über versuchte sich der russische Staatschef ein wenig zu entspannen. Er genoss es, mit seinem deutschen Freund zu philosophieren und zu plaudern. Auf diese Weise konnte er die Realität für einen Augenblick abstreifen.

„Das wir beide uns gefunden haben ist eine Zeichen von den Schicksal, Thorsten“, meinte Tschistokjow und lächelte seinem grauhaarigen Gefährten zu.

„Man sagt „Wink des Schicksals“ im Deutschen“, antwortete Wilden.

„Ja, das wollte ich so formulieren. Es klingt sehr schön…Wink des Schicksals. Zwei Männer von zwei großen Völkern kämpfen zusammen. So sollte es sein“, sinnierte der Russe.

„Und du glaubst, dass wir es schaffen können, Artur?“, fragte der Außenminister.

„Vielleicht, ja, warum sollten wir es nicht schaffen? Vielleicht es geht alles gut. Und wenn wir es schaffen, dann bauen wir alles neu auf, Thorsten.“

„Du wirst Europa dann so aufbauen, wie du es in „Der Weg der Rus“ beschreibst, nicht wahr?“

„Ja, ein deutsch-russisches Bündnis soll die Grundlage sein für ein kommende, starke Europa, das gegen unsere Feind aushalten kann“, erklärte Tschistokjow auf Deutsch.

„Die Völker Westeuropas wieder aufzurichten, wird allerdings ein langwieriger und schwerer Akt werden. Ich hoffe, dass das überhaupt noch möglich ist“, erwiderte Wilden.

Der Anführer der Rus nickte und bemerkte: „Wir müssen die Reste der Völker, die wir für eine neue Aufbau gebrauchen können, wieder zusammenfügen, verstehst du? Es ist überall noch eine Kern der Völker übrig geblieben und aus diesen Kern kann man wieder ein ganzes Volk machen. Vor allen im Land ist dieser Kern noch vorhanden.“

„Du meinst in den ländlichen Regionen und Kleinstädten?“

„Richtig! Dort hat sich das Volk erhalten, auch in Deutschland. Und dort ist die Substanz oft noch in Ordnung. Wie werden es genauso machen, wie ich es in „Der Weg der Rus“ beschreibe, mit eine neue Bevölkerungspolitik. Wir haben es ja auch in Russland so getan“, erläuterte Tschistokjow.

Wilden sah seinen Freund mit ernster Miene an und sagte für einen Moment nichts. Nach einer Weile fügte er jedoch hinzu: „Trotzdem müssen wir Europa erst einmal befreien – und das wird ein Kraftakt ungeahnter Größe.“

„Natürlich!“, gab sein Freund zurück. „Wir werden uns mit diesen ganzen Dinge intensiv befassen, wenn wir diesen Krieg gewonnen haben. Aber man sollte trotzdem träumen, denn das ist gut für den Gemüt.“

„Niemand weiß, was die Zukunft bringen wird. Ich hoffe nur, dass die große Katastrophe ausbleibt und dieser Krieg nicht eines Tages außer Kontrolle gerät“, murmelte Wilden besogt.

„Ich auch…“, antwortete Tschistokjow, wobei sein Blick erahnen ließ, dass er bereits mit dem Schlimmsten rechnete.













Tabubruch



Julia lag ihrer Mutter in den Armen und die beiden jubelten, während der Fernseher im Hintergrund dröhnte. Friedrich hüpfte ebenfalls auf dem Sofa auf und ab, obwohl er gar nicht genau wusste weshalb. Aber wenn sich Mama und Oma freuten, konnte er es auch.

„Langsam stellen unsere Truppen wieder die Ordnung in Berlin her. Nachdem die Sklavenarmee des Weltverbundes und die von dem inzwischen feige geflohenen Sub-Gouverneur Dieter Bückling aufgestellten VVM-Milizen die Waffen niedergelegt haben, geht es nun darum, das Leben in der verkommensten Metropole Deutschlands zu regeln.

Mit dem Sieg unserer heldenhaften Truppen ist der Weltregierung ein weiterer, schwerer Schlag versetzt und die wichtigste Stadt Deutschlands befreit worden. Artur Tschistokjow hat bereits angekündigt, dass seine politischen Vorgaben jetzt so schnell wie möglich in die Tat umgesetzt werden.

Inzwischen schallt unseren siegreichen Soldaten überall der Jubel der geknechteten, deutschen Bevölkerung entgegen, die Jahrzehnte lang unter dem Terrorregime der Logenbrüder gelitten hat. Weiterhin haben sich in den letzten Wochen bereits über 30000 deutsche Kriegsfreiwillige, die nun bewaffnet werden, bei der Volksarmee gemeldet, um unseren tapferen Männern in der großen Befreiungsschlacht um Europa beizustehen. Artur Tschistokjow hat in diesem Zusammenhang proklamiert…“

Julia schaltete den Fernseher wieder aus, Friedrich hörte auf zu hüpfen. Schließlich schaute er seine Mutter verwundert an.

„Papa hat den Krieg gewonnen!“, stieß der kleine Junge aus und grinste breit.

„Nein, das hat er nicht…“, murmelte Julia. Sie schickte Friedrich ins Kinderzimmer.

„Ich hätte nicht gedacht, dass alles so einfach gehen würde. Jetzt haben sie schon Berlin befreit, ich bin noch ganz außer mir. Wenn es so weitergeht, dann stehen unsere Soldaten bald in Frankreich und Belgien. Und dann hat Tschistokjow gesiegt“, freute sich Agatha.

„Du hast da etwas missverstanden, Mama. Das sind seine Etappenziele, was die Befreiung Europas betrifft. Du hast übrigens Italien und den Balkan vergessen. Ich weiß, so steht es in „Der Weg der Rus“. Damit ist der Krieg aber keinesfalls beendet – das ist nämlich nur die erste Phase des Krieges“, erklärte Julia.

„Hast du Tschistokjows Schriften noch einmal studiert?“, fragte Agatha erstaunt.

„Ich bin Lehrerin. Sein Buch ist die neue Bibel und dessen Inhalt wird in jeder zweiten Unterrichtsstunde durchgekaut!“, erwiderte die Tochter nüchtern.

„Dann glaubst du, dass es ewig so weitergehen wird?“, kam von Agatha.

„Ich kann nicht vorhersehen, wie die Weltregierung reagieren wird, aber sie werden sich mit Sicherheit nicht einfach geschlagen geben, nur weil Berlin befreit worden ist“, meinte Julia wissend.

„Du siehst das ein wenig zu schwarz, meine Kleine“, meinte Mutter Wilden kopfschüttelnd.

Ihre Tochter verschwand und ging in einen Nebenraum, um wenige Minuten später mit Tschistokjows Buch in der Hand zurück ins Wohnzimmer zu kommen. Sie blätterte in dem dicken Wälzer mit dem kaminroten Ledereinband und begann Agatha schließlich etwas daraus vorzulesen: „Einige von uns stellen sich die Frage, woher die Logenbrüder das Recht nehmen, so viele Millionen Menschenleben auszulöschen, Kriege zu inszenieren, ganze Nationen zu zerstören und den Erdball mit den eisernen Ketten ihrer grausamen Sklaverei zu belegen.

Ich selbst stelle mir diese Frage nicht mehr, denn diese Todfeinde aller freien Völker haben sich ihre Machtposition redlich verdient, und sind dort, wo sie sind, weil sie erfolgreich waren. Dass sie die Mittel der Lüge, des Verrats und der Zersetzung rücksichtslos angewandt haben, um ihre Ziele zu erreichen, spielt dabei leider keine Rolle. Im ewigen Kampf auf dieser Welt zählt nur der Erfolg.

Europas Völker hingegen haben im Grunde nur das bekommen, was sie verdienten. Es ist die schreckliche Strafe für ihre Ignoranz, ihre dumme Gutmütigkeit, ihre Dekadenz und ihren Egoismus. Zwar haben die Hintergrundmächte diese Laster nach Kräften gefördert, doch haben die Europäer ihre teuflischen Versuchungen in der Masse auch gerne angenommen. In den Zeiten, in denen sie mit Konsum und Wohlstand fett und träge gemacht worden waren, vergötterten die Europäer den Komfort und den Mammon. Was morgen sein würde, interessierte die Generationen vor uns nicht. Ob die Kinder und Enkel eines Tages in Armut und Verfall hausen würden, war den Wohlstandsbürgern der Vergangenheit vollkommen gleich.

Keinen Gedanken verschwendeten diese Leute an die wenigen kritischen Stimmen, die vor dem Chaos und der Katastrophe zu warnen versucht hatten. Nein, diese mutigen Männer und Frauen der Vergangenheit wurden von ihren Landsleuten sogar verlacht und verspottet.

Heute wissen wir, dass sie Recht hatten und es noch schlimmer geworden ist, als sie es damals vorausgesagt haben. Da die Völker Europas in der Vergangenheit nichts von ihrem drohenden Untergang hören wollten, müssen sie heute dafür fühlen. Das ist die Strafe Gottes für die Sünden der Ignoranz, der Selbstverleugnung und des Egoismus. Damals waren sie zu faul, um sich zu wehren. Heute müssen sie dafür in der Hölle auf Erden ein freudloses Dasein fristen.

Wenn es für uns einen neuen Morgen geben sollte, dann wird er nur durch gewaltige Opfer erkämpft werden können. Dann werden die leidenden Menschen der Gegenwart ihre Großväter und Väter noch in ihren Gräbern verfluchen.“

Agatha Wilden verzog den Mund. Sie erschien wenig angetan von diesen Aussichten zu sein. Julia legte das Buch wieder auf den Wohnzimmertisch und sagte: „Die Sache ist noch lange nicht beendet. Warte es ab.“


Pjotr Balkov, der junge Soldat, dem Frank im russischen Bürgerkrieg das Leben gerettet hatte, gähnte und nahm einen Schluck Limonade zu sich. Er saß schon den ganzen Tag in einem zum Kommandostand der Volksarmee umgewandelten, alten Haus in der Nähe des Brandenburger Tores. Es gab für ihn derzeit nicht viel zu tun und er war glücklich darüber. Die Kämpfe der letzten Tage hatten ihn viele Nerven gekostet und Pjotr war fest entschlossen, erst einmal seine übermüdeten Glieder für eine Weile baumeln zu lassen.

Das Kalenderblatt zeigte heute den 12. Mai des Jahres 2051 und es war 15.34 Uhr Nachmittags. Der blonde Russe gähnte erneut, als einer der Offiziere in den Raum kam und ihn zu einer Runde Schach aufforderte.

„Ich bin total müde, Sergej!“, stöhnte Pjotr, sich auf seinem Stuhl räkelnd.

„Stell dich nicht so an, Balkov! Wir gehen ein paar Straßen runter, setzen uns irgendwo hin und machen ein Spiel“, sagte der Offizier der Volksarmee und lächelte.

„Nein, nicht jetzt!“, brummte der Waräger.

„Ach, komm! Dawaj!“, drängte der andere.

Pjotr Balkov verdrehte die Augen und stand von seinem Platz auf. „Von mir aus!“

Der Offizier grinste zufrieden; dann klemmte er sich ein kleines Schachbrett unter den Arm. Balkov trottete ihm hinterher und sie verließen den Kommandostand. Einige Volksarmisten kamen ihnen entgegen und murmelten eine kurze Begrüßung. Kurz darauf setzten sich die beiden auf eine kleine Mauer und gönnten sich ein wenig Zerstreuung beim Schach. Pjotr blickte auf die Umrisse des Brandenburger Tores, dessen oberer Teil in einiger Entfernung über den Häuserdächern hervorlugte.

„Diese Stadt muss einmal schön gewesen sein, bevor man sie zu Grunde gerichtet hat“, murmelte er.

„Keine politischen Vorträge heute“, bat der Volksarmist und ließ einen seiner Bauern vorrücken.

„Was soll der Zug denn?“, wunderte sich Pjotr und rieb sich das Kinn.

„Das wirst du gleich sehen. Ich habe mir neulich mal ein Buch über Schach reingezogen.“

„Wir werden ja merken, ob es was geholfen hat…“, scherzte Balkov und strich sich grübelnd durch die Haare. Nun machte auch er einen Zug. Er schnaufte, wartete ab.

„Ganz schön heiß ist es heute, obwohl wir erst Mai haben“, bemerkte der Offizier der Volksarmee beiläufig, doch Balkov meditierte über dem kleinen Schachbrett und schwieg.

Sein Gegner bewegte einen seiner Türme und Pjotr wirkte, als ob er nicht verstand, was dieser genau vorhatte.

„Mal sehen, ob du meine Taktik errätst?“, sagte der Volksarmist.

„Hmmm…“, machte der junge Waräger lediglich und dachte nach.

Eine Gruppe kleiner Kinder rannte an den beiden vorbei und ihre lauten, schrillen Stimmen rissen Pjotr aus seinem Zustand der Konzentration. Für einen kurzen Augenblick wandte er seinen Blick den Kleinen zu. Diese musterten die beiden Soldaten auf der Mauer mit großen Augen.

Balkov schenkte ihnen ein flüchtiges Lächeln und vertiefte sich wieder in das Schachspiel. Er ließ eines seiner Pferde vorrücken und kratzte sich am Kopf.

„Du nimmst dein Pferd und ich nehme jetzt…“, flüsterte der Offizier der Volksarmee leise vor sich hin.

„Das ist eben das Interessante am Schach: Man weiß nie, welchen Zug der Gegner als nächstes macht“, meinte Pjotr.

Sein Kamerad setzte einen weiteren Bauern ein Feld nach vorn, wobei er breit grinste. Es verging eine weitere Viertelstunde und die beiden Männer waren inzwischen voll und ganz mit den Gedanken in ihrem Spiel versunken. Der junge Waräger hätte Recht, wenn er meinte, dass man beim Schach nie wirklich wissen konnte, welchen Zug der Gegner als nächstes unternahm. Das merkte der Volksarmist zwischendurch mehrfach an.

Balkov sah sich noch einmal zu den Kindern um, die die beiden Schachspieler noch immer neugierig beäugten. Er lächelte ihnen wieder zu. Ein kleines Mädchen kicherte und tuschelte etwas. Dann winkte es Pjotr flüchtig und verschwand mit den anderen Kindern in einer Nebenstraße.

Der Offizier der Volksarmee sah nachdenklich auf die Uhr und dann wieder auf das kleine Schachbrett vor sich, während Balkov den blauen Himmel über sich betrachtete und seinen Blick über die umliegenden Häuser schweifen ließ.

„Du bist am Zug!“, bemerkte der Volksarmist und tippte ihm auf die Schulter.

Der Waräger antwortete nicht, er blickte indes nur gedankenverloren zum Brandenburger Tor herüber.

„Was ist denn? Du bist dran!“, brummte sein Spielpartner noch einmal.

Plötzlich zeriss ein dumpfes Grollen in einigen Hundert Metern Entfernung die Stille und ein gleißendes Licht erfüllte den Horizont. Pjotr starrte für den Bruchteil einer Sekunde auf das unheimliche Schauspiel vor seinen Augen. Blankes Entsetzen schoss ihm in die Glieder und tief in seinem Inneren wusste er, dass dieses grelle Licht das Letzte sein würde, was er je sah.


Wilden hatte sich fest vorgenommen, Agatha, Julia und den kleinen Friedrich zu beruhigen und war extra nach Ivas gefahren, um nach ihnen zu sehen. Doch auch er selbst stand noch immer unter Schock, hatte Mühe einen klaren Gedanken zu fassen. Der Außenminister hatte es heute morgen gehört und sich von Tschistokjow, der ebenfalls wie vom Blitz getroffen zusammengesunken war, die Erlaubnis geholt, zu seiner Familie nach Litauen zu fahren.

Als Wilden endlich zu Hause angekommen war, wurde er von Julia, die die Hiobsbotschaft erst vor einer Stunde durch die Nachrichten erfahren hatte, unter Tränen begrüßt. Er ging ins Wohnzimmer, wo Agatha und Friedrich schweigend auf dem Sofa saßen.

„Ihr…ihr dürft jetzt nicht die Nerven verlieren“, stammelte er, während seine Frau laut zu weinen begann.

„Frank hat sich bei mir gemeldet, er lebt. Gott sei Dank!“, sagte Julia verstört und klammerte sich an ihren Vater.

„Geht es jetzt los?“, wimmerte Agatha und nahm Friedrich in den Arm.

„Was soll ich sagen? Ich kann…“, murmelte Wilden leise.

Julia winkte Friedrich zu sich, brachte ihn ins Kinderzimmer. „Das ist nichts für kleine Jungs. Spiel ein bisschen mit Papas Orks, aber mach sie nicht kaputt.“

„In Ordnung!“, wisperte der Junge und sah seine Mutter besorgt an. „Was ist denn passiert, Mama? Sag es mir doch!“

„Spiel mit Papas Figuren, Friedrich.“

„Aber Papa sagt immer, ich darf da nicht dran…“

„Heute darfst du es!“, hauchte Julia und schluckte einige Tränen herunter. Daraufhin schloss sie die Tür des Kinderzimmers wieder und ging zurück ins Wohnzimmer.

Inzwischen hatte Wilden seine Frau in den Arm genommen und beide starrten ausdruckslos ins Leere.

„Hat Artur schon etwas gesagt? Was will er jetzt tun?“, fragte Julia und versuchte gefasst zu wirken.

„Ich weiß es nicht. Nein, er steht noch zu sehr unter Schock. Damit hat er nicht gerechnet – und ich auch nicht. Diese verfluchten Schweine“, flüsterte Wilden.

„Aber er muss jetzt etwas tun! Vielleicht sollten sich unsere Truppen wieder aus Westeuropa zurückziehen, um eine Eskalation zu verhindern“, meinte Julia.

Ihr Vater lächelte gequält und erwiderte: „Artur wird das niemals tun. Er ist notfalls zu allem bereit. Ich kenne ihn besser als du. Nein, er wird keinen Meter zurückweichen! Außerdem würde ein Rückzug nicht den ersehnten Frieden bringen. Im Gegenteil, dann wüssten die Logenbrüder, dass sie uns diesmal wirklich getroffen haben.“

„Gott im Himmel! Wie wird Artur denn jetzt reagieren?“, schrie Julia verzweifelt.

„Ich muss gleich wieder zurück nach St. Petersburg. Wir werden heute Abend alles Weitere mit ihm besprechen. Anschließend verlassen wir sofort die Stadt. Wir werden uns jetzt lange Zeit nicht mehr sehen, mein Schatz. Ihr müsst von nun an in Ivas bleiben und dürft auf keinen Fall in irgendeine größere Stadt fahren. Habt ihr das verstanden? Hier seid ihr halbwegs sicher!“, sagte Wilden.

Julia und Agatha schwiegen und begannen wieder leise zu weinen. Thorsten schwieg nun auch, denn diesmal wusste der ansonsten so wortgewandte Mann nichts mehr zu sagen. Er verharrte auf seinem Stuhl und starrte erneut ins Leere.


Vier Atombomben hatten die Metropole Berlin am 12. Mai des Jahres 2051 vom Antlitz der Erde getilgt und innerhalb von Minuten über 3 Millionen Menschenleben ausgelöscht. Von der größten Stadt Deutschlands war nach diesem Angriff nicht viel mehr als eine rauchende, verstrahlte Trümmerwüste übriggeblieben.

Die Weltregierung hatte mit diesem Schritt eine neue, furchtbare Phase des Krieges eröffnet und gezeigt, dass sie es mit ihren Drohungen mehr als ernst meinte. Berlin, als alte Hauptstadt des deutschen Staates, egal wie verkommen sie inzwischen gewesen war, hatte noch immer ein Symbol dargestellt. Und es war den Logenbrüdern darum gegangen, genau dieses Symbol zu vernichten. Nun existierte die Metropole nicht mehr und an ihre Stelle war eine mit zahllosen verkohlten Leichen bedeckte, apokalyptische Mondlandschaft getreten.

Weder Artur Tschistokjow, noch seine Freunde und Berater, hatten damit gerechnet, dass die Weltregierung als nächstes einen derart brutalen Gegenschlag unternehmen würde. Einige Tage lang waren sie alle wie gelähmt.

Das Gleiche galt für Frank und Alfred. General Kohlhaas war zu seinem großen Glück mit einigen Warägerverbänden inzwischen bis nach Rathenow vorgestoßen, so dass er dem nuklearen Feuersturm, der so gut wie alles Leben in Berlin ausradiert hatte, entkommen war.

Bäumer hingegen war schon vor einigen Tagen in ein Krankenhaus nach Frankfurt an der Oder gebracht worden und war ebenfalls zu weit von der Katastrophe entfernt gewesen, um Schaden nehmen zu können. Trotzdem waren durch den Atomschlag etwa 200000 Volksarmisten vernichtet worden, zudem eine Vielzahl von Panzern und Flugzeugen.

Allein dafür hatte es sich der Kernwaffeneinsatz aus Sicht der Logenbrüder bereits „gelohnt“. Doch der wichtigste Grund für den Atombombenabwurf auf Berlin war die psychologische Schockwirkung, die er auf die Rus und auch die übrige Welt ausübte. Milliarden Menschen stockte der Atem, als sie hörten, was in Mitteleuropa geschehen war, und welche entsetzlichen Konsequenzen daraus entstehen konnten.

Der Weltpräsident trat schließlich vor die Kameras der Fernsehsender und „bedauerte“ die Tatsache, dass der Weltverbund zu solchen Mitteln hatte greifen müssen, um Tschistokjows Vormarsch zu stoppen.

„Der russische Diktator hatte selbst vor, einige Städte in Europa, Nordamerika und im Nahen Osten mit Atomwaffen zu bombardieren, wie aktuelle GSA-Berichte beweisen. Es blieb uns keine andere Wahl!“, log das Oberhaupt des Weltverbundes in der Öffentlichkeit.

Die von den Logenbrüdern kontrollierten Massenmedien setzten ihre altbewährte Verdrehungstaktik in den nächsten Tagen und Wochen unbeirrt fort und relativierten den Atombombenangriff auf Berlin mit allen Mitteln der Lüge.

Und während die Welt in Schockstarre verfiel, raste auch der konventionelle Krieg an der russischen Südfront, in Asien und Europa weiter über die zerstörten Landschaften und wurde immer schrecklicher. Auf den Weltmeeren standen sich Kriegsflotten in blutigen Seegefechten gegenüber und riesige Schwärme aus Bombern ebneten ganze Städte unter sich mit ihrer todbringenden Fracht ein.

Der Vormarsch der Volksarmee der Rus war durch die nukleare Vernichtung Berlins jedenfalls zunächst gestoppt worden und Tschistokjow ließ seine Soldaten auf die Frontlinie östlich von Berlin zurückfallen.

Der russische Souverän wusste in diesen Tagen selbst nicht, was er nun tun sollte, denn er war eigentlich nicht bereit, den Atomwaffenangriff des Weltverbundes mit den gleichen Mitteln zu beantworten. Nicht anders erging es Präsident Matsumoto in Japan, der sich kaum von der Schreckensnachricht aus Europa erholen konnte.


Artur Tschistokjow, Außenminister Wilden und die anderen Mitglieder des russischen Kabinetts verharrten nach wie vor in einem Zustand aus Verwirrung und Entsetzen. Der Anführer der Rus tigerte bereits seit Stunden durch die Gänge des Präsidentenpalastes in St. Petersburg und kam einfach nicht zur Ruhe. Schließlich war er in seinen Büroraum in der obersten Etage zurückgekehrt und sinnierte mit seinen Getreuen über das weitere Vorgehen in diesem Krieg.

„Können wir uns überhaupt ausreichend verteidigen, Artur?“, wollte Wilden von Tschistokjow wissen und bat ihn um eine ehrliche Antwort.

„Ja, mir du musst glauben, Thorsten! Wir können das!“, erwiderte der russische Staatschef zerknirscht auf Deutsch.

„Auch gegen Atomwaffenangriffe?“

„Ja, ich denken schon!“

Jetzt wechselte Tschistokjow wieder in die russische Sprache, fragte seine Minister und Generäle, ob sie inzwischen schon etwas von Peter Ulljewski gehört hätten.

Doch diese schüttelten lediglich die Köpfe und sagten, dass sie glaubten, der ADR-Chef wäre zuletzt im Umkreis von Dresden gesehen worden.

Schließlich redete Wilden wieder auf Tschistokjow ein und löcherte ihn mit Fragen bezüglich einer Abwehrstrategie gegen Kernwaffenbeschuss. Verteidigungsminister Lossov fiel ihm ins Wort.

„Wir arbeiten an einigen neuartigen Waffen, um uns gegen derartige Angriffe zu schützen. Die Entwicklung steht kurz vor dem Abschluss, aber die Geräte sind noch nicht voll einsatzbereit“, erklärte Lossov.

„Was für Geräte?“, wollte der Außenminister wissen.

„Das ist nach wie vor streng geheim. Es dauert noch ein paar Wochen, bis wir mit der Herstellung beginnen können“, gab der Russe zurück.

Auf einmal öffnete sich die Tür des Büros und Tschistokjows Sekretär kam hereingestürmt. Die versammelten Männer schreckten auf und der Anführer der Rus fuhr ihn barsch an: „Wie wäre es, wenn Sie in Zukunft anklopfen, Herr Medbedow?“

„Es tut mir Leid, Herr Präsident! Ich muss Ihnen etwas mitteilen. Bitte setzen Sie sich erst einmal“, antwortete dieser nervös.

„Was ist denn?“, brummte Tschistokjow.

„Ich habe eine sehr unangenehme Nachricht für Sie, Herr Präsident?“

„Dann reden Sie endlich!“

„Herr Peter Ulljewski ist bei dem Atombombenangriff auf Berlin ums Leben gekommen. Das ist heute Morgen als Meldung vom Oberkommando durchgekommen“, erklärte der Sekretär.

Artur Tschistokjow riss die Augen auf und starrte seinen Mitarbeiter mit offenem Munde an.

„Was?“, schrie er.

„Ja, es tut mir Leid, Herr Präsident!“

„Das kann nicht sein! Peter war doch in Dresden oder nicht?“

„Nein, das ist leider nicht richtig. Er war an besagtem Tag mit einigen ADR-Trupps in Berlin unterwegs“, berichtigte ihn der Sekretär.

„Ganz sicher?“, stammelte Tschistokjow.

„Ja, Herr Präsident! Ganz sicher!“

Der Anführer der Freiheitsbewegung schwieg für einige Minuten und sprang dann mit Tränen in den Augen aus seinem Bürostuhl. Er hastete zum Fenster, unverständliche Satzfetzen vor sich hin brabbelnd. Wilden und einige andere versuchten ihn zu beruhigen, aber die Nachricht vom Tode seines besten und ältesten Freundes war zu viel für Artur Tschistokjow. Er stieß einen klagenden Schrei aus und begann dann wie ein kleines Kind zu lamentieren.

„Nicht Peter! Oh, Gott! Nein!“, wimmerte er.

Wilden fasste ihn an der Schulter, wollte ihn an sich drücken, doch Tschistokjow schüttelte seine Hand ab und rannte zum anderen Ende des Raumes. Dann drehte er sich um und stellte sich vor seine Getreuen. Für einen Augenblick rang er nach Luft, suchte nach den passenden Worten. Schließlich sagte er: „St. Petersburg, Minsk, Moskau, Kiew und alle größeren Städte des Nationenbundes müssen ab morgen evakuiert werden.“

„Was hast du vor, Artur?“, fragte Wilden verunsichert.

„Sie werden es wieder tun und diesmal werde ich ihnen antworten“, knurrte Tschistokjow mit einem Anflug von traurigem Jähzorn.

„Was wollen Sie unternehmen, Herr Präsident?“, hakte ein russischer General nach.

Der Anführer der Rus strich sich durch seine blonden Haare, wischte sich einige Tränen aus dem Gesicht. Dann blickte er seine Mitstreiter mit vor Wut flackernden Augen an. „Ich werde ihre Nester ausräuchern!“, schrie er und ballte die Fäuste.


Frank hatte die Front für einige Tage verlassen und war nach Frankfurt an der Oder gefahren, um Alf im Krankenhaus zu besuchen. Inzwischen hatte die Volksarmee den Vormarsch nach Westen gestoppt. Das Oberkommando hatte den Befehl gegeben, zunächst einmal östlich von Berlin eine vorläufige Frontlinie zu bilden. Der nukleare Terrorangriff auf Berlin hatte die Rus gestoppt. Kohlhaas versuchte hingegen die nagenden Sorgen und Ängste in seinem Kopf zu unterdrücken, allerdings freute er sich darauf, seinen besten Freund wiederzusehen.

„Zimmer 234…“, sagte er leise zu sich selbst und lief einen langen Korridor herunter.

Mehrere Ärzte kamen ihm entgegen, musterten ihn mit flüchtigen Blicken. Schließlich betrat er das Krankenzimmer, in dem Alf zusammen mit sechs weiteren Verwundeten lag. Zwei der Männer schliefen, sie waren schwer verletzt, die anderen lächelten ihm zu und begrüßten ihn. Bäumer richtete sich leise stöhnend auf und sagte: „Endlich! Ich habe mir schon Sorgen um dich gemacht, alter Junge.“

„Ich lebe noch, wie du siehst…“, antwortete Frank, sich neben Alfs Bett auf einen Stuhl setzend.

„Mir geht es auch wieder relativ gut. Die haben mir die Kugel aus dem Arm entfernt. Wird wieder alles verheilen, haben sie gesagt“, erklärte der Hüne.

„Dann bin ich ja beruhigt“, meinte Frank und nickte mit ernstem Blick.

Sein Freund rückte sich das Kissen hinter dem Rücken zurecht, er schnaufte, hielt sich den Kopf. „Ich habe gestern mit Svetlana telefoniert. Ihr und Sieglinde geht es auch gut.“

Frank lächelte und überreichte Alf ein Glas Mineralwasser. Dieser ließ sich brummend zurücksinken und meinte: „Ich wäre auch in Berlin gewesen, wenn sie mich nicht vorher angeschossen hätten. Verfluchte Scheiße!“

„Alles purer Wahnsinn…“, murmelte Kohlhaas.

„Was wird denn jetzt passieren? Wird Artur auf die gleiche Weise zurückschlagen? Wird das am Ende ein verdammter Atomkrieg?“, sorgte sich Alf. Er sah seinen Freund entsetzt an.

Dieser zuckte mit den Achseln und sagte nichts. Schließlich stand Bäumer von seinem Bett auf und legte ihm die Hand auf die Schulter. „Was meinst du denn dazu? Sag doch was!“

„Du kennst Artur und du kennst unsere Feinde. Keine Seite wird aufgeben, ich kann dir diese Frage einfach nicht beantworten…“

„Ich habe große Angst, Frank!“, gestand Alfred schwer atmend. „Wie soll es denn jetzt weitergehen?“

„Wenn wir ehrlich zu uns sind, dann kennen wir die Antwort doch bereits, oder? Möge Gott uns helfen, bei dem, was nun kommen wird!“, flüsterte Frank und starrte auf den Boden.






















Glossar



Abwehrsektion der Rus (ADR)

Der Geheimdienst und die politische Polizei des Nationenbundes der Rus.



DC-Stick

Der „Data Carrier Stick“ (kurz DC-Stick) ist ein tragbarer Minicomputer, der große Mengen von Dateien speichern kann.



Freiheitsbewegung der Rus

Politische Revolutionsbewegung unter Führung von Artur Tschistokjow, die nach dem Ende des russischen Bürgerkrieges im Jahre 2042 in Weißrussland, Russland, dem Baltikum und der Ukraine die Macht übernommen hat.



Global Control Force (GCF)

Bei der GCF handelt es sich um die offiziellen Streitkräfte der Weltregierung, die sich aus Soldaten aller Länder rekrutieren. Andere Formen militärischer Organisation sind weltweit nicht mehr erlaubt.



Global Police (GP)

Ähnlich wie die GCF ist die GP die internationale Polizei, die den Befehlen der Weltregierung untersteht.



Global Security Agency (GSA)

Die GSA ist der gefürchtete internationale Geheimdienst, der im Auftrag der Weltregierung die Bevölkerung überwacht und politische Gegner ausschaltet.



Globe

Der Globe wurde von der Weltregierung zwischen 2018 und 2020 als globale Währungseinheit eingeführt. Jeder Verwaltungssektor der Erde musste den Globe ab dem Jahr 2020 als einziges Währungsmittel akzeptieren.



Nationenbund der Rus

Von Artur Tschistokjow beherrschtes Staatsgebilde, das Weißrussland, das Baltikum, die Ukraine und Russland bis zum Uralgebirge umfasst.



Scanchip

Der Scanchip ersetzt seit 2018 in jedem Land der Erde den Personalausweis und die Kreditkarte. Bargeld wurde im öffentlichen Zahlungsverkehr abgeschafft und jeder Bürger hat nur noch ein Scanchip-Konto.

Weiterhin ist ein Scanchip eine Personalakte, ein elektronischer Briefkasten für behördliche Nachrichten und vieles mehr.



Weltregierung

Die Weltregierung beherrscht seit 2018 den gesamten Planeten. Lediglich der Nationenbund der Rus und Japan sind eigenständige Staatsgebilde, die sich in der Zeit nach 2032 im Zuge von Artur Tschistokjows Revolution bzw. dem japanischen Unabhängigkeitskrieg gebildet haben. Das von der Weltregierung beherrschte Imperium wird auch als „Weltverbund“ bezeichnet.
































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Beutewelt I – Bürger 1-564398B-278843


Die Welt im Jahr 2028: Die Menschheit befindet sich im Würgegriff einer alles überwachenden Weltregierung. Frank Kohlhaas, ein unbedeutender Bürger, fristet sein trostloses Leben als Leiharbeiter in einem Stahlwerk, bis er eines Tages durch ein unglückliches Ereignis mit dem tyrannischen Überwachungsstaat in Konflikt gerät. Er wird im Zuge eines automatisierten Gerichtsverfahrens zu fünf Jahren Haft verurteilt und verschwindet in einer Haftanstalt, wo er einem grausamen System der Gehirnwäsche ausgesetzt wird. Mental und körperlich am Ende, wird er nach acht Monaten in ein anderes Gefängnis verlegt. Auf dem Weg dorthin geschieht das Unerwartete. Plötzlich verändert sich alles und Frank befindet sich zwischen den Fronten.


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