Muss ich sie daran erinnern, dass wir alle erwachsen sind und eine Lösung anstreben?“
Lardes hielt sich für gewöhnlich aus den Streitereien raus, aber manchmal übertrieben sie.
Uns sollte bewusst sein, ganz gleich welchen Standpunkt wir teilen, dass sie uns momentan überlegen sind. Es wäre größtenteils nichts als Verschwendung ihnen unsere Leute zu schicken um sie zahlen zu lassen. Die andere Seite ist, dass wir sie auch nicht einfach ohne irgendein Wort davon kommen lassen dürfen. Wir müssen zumindest den Anschein erwecken, wir würden sie zur Rechenschaft ziehen. Sollten zum Teil aber auch bedenken, wie Suriel richtig bemerkte,
dass sie ausschließlich ihre
Feinde getötet haben. Sie hätten herum wildern können, ihrem Hunger nachgeben können und sie sind nur rein, haben ihre Absicht erledigt und sind wieder raus.“
Wer weiß, was sie mit den armen Kerlen angestellt haben, eh sie die Häuser nieder brannten“, murrte Gerrus.
Das kann man nicht ausschließen“, stimme Lardes zu,
bleibt jedoch dennoch Spekulation und wir müssen uns im Moment mit den Fakten befassen.“
Ein leises Klopfen unterbrach sie alle.
Ja?“
Ein kleiner unauffälliger Mann trat ein. Er wirkte sehr scheu und ließ seinen Blick nervös wandern
Was gibt es denn?“
Tut mir leid euch zu stören, meine Herren..und Dame. Aber wir haben eine Delegation hier,
die wünscht den Anführer zu sprechen.“
Eine Delegation? Wir erwarten niemand, von welchem Land?“
Nun das weiß ich nicht, aber“-
„Herrgott dann finden Sie es heraus Mann, Sie stören uns und können dann nicht mal Auskunft geben?“ Lardes brachte Gerrus mit einem Blick zum verstummen.
Nun ich glaube nicht, dass sie irgendjemand mitteilen werden, woher sie genau kommen.

Es handelt sich um Abgesandte der Werwölfe.“
Sofortige Stille trat ein. Lardes war der erste, der sich wieder fasste.
Nun wir sollten unsere Manieren nicht vergessen. Dann bringt sie herein.“
Verzeihung, aber das wird nicht möglich sein.“
Wo liegt denn jetzt schon wieder das Problem?“
Lardes seufzte.
Irgendwann einmal würde er Gerrus einem Benehmkurs aufbrummen und ihm beibringen, wie man vernünftig mit Leuten umging.
Reden Sie bitte weiter.“ Freundlich lächelte Lardes ihn an.
Sie bestehen darauf allein mit dem Anführer zu sprechen. Sie räumen ihm ein, er möge soviel Schutz mitbringen, wie er benötigt um sich wohl zu fühlen. Aber ansonsten wollen sie ausschließlich mit ihm sprechen.“
Ich danke Ihnen. Führen Sie unsere Gäste zunächst in mein Arbeitszimmer und bietet ihnen Erfrischungen an.“
Ja, Herr.“ So plötzlich er gekommen war, so plötzlich war er auch wieder weg.
Ich halte gar nichts davon. Nur den Anführer, ja klar und wenn wir nach Euch sehen finden wir ein ausgeräuchertes Arbeitszimmer oder wie?“
Oh Gerrus, schaltet eure Vorurteile doch endlich mal ab.“ Suriel schien mittlerweile ernsthaft wütend, normalerweise war sie die Beherrschte von ihnen.
Ich denke auch wenn eine gewisse Gefahr darin lauert, dass wir nie wieder so leicht eine Chance bekommen werden, sie zur Rechenschaft zu ziehen. Und dass sie hier sind, bedeutet ja immerhin dass sie aufgeschlossen zu sein scheinen.“
Wenn der Preis euer Kopf ist, gebe ich nichts darauf mit den Viechern zu verhandeln.“
Viele stimmten Gerrus murmelnd zu.
Sie hätten jeden von uns in der Nacht töten können, ohne dass wir auch nur etwas bemerkt hätten. Wieso sollten sie sich jetzt hier auf dem Silbertablett präsentieren, wenn sie tödliche Absichten hätten? Da gäbe es viel bessere Methoden für sie.“
Da fängt es schon an, ihr hinterfragt diese Tölen, was von der Annahme ausgeht sie wären intelligente Wesen. Und Silbertablett ist das richtige Stichwort. Hören wir, was sie wollen und schicken wir sie in direkt in die Hölle.“
Nein, Gerrus.“ Diesmal war Lardes, Suriel zuvor gekommen.
Ich verstehe deinen Standpunkt und es mag einiges wahres daran sein, aber sie sind immer noch unsere Gäste. Wir werden sie also dementsprechend behandeln und das sieht laut Gastrecht keinen Totschlag vor, ich muss dich enttäuschen. Ich werde mir anhören, was sie wollen.“
Aber“-
„Nein, kein diskutieren mehr! Ich werde mir Wachen mitnehmen und auch vor der Tür werden welche postiert sein. Aber davon abgesehen, wird es keine kriegerischen Handlungen geben.
Das gilt vor allem für dich, Gerrus.“ Lardes konnte ein Lächeln nicht unterdrücken.
Er meinte es gut, das wusste er, aber zuweilen schoss Gerrus doch über das Ziel hinaus.
Solange es nicht zu spontanen Änderungen kommt, die ich euch mitteilen würde, sehen wir uns wie sonst auch um 5 Uhr zur allgemeinen Versammlung. Jetzt entschuldigt mich, unsere Gäste warten.“
Walerion verstand Kelladres mittlerweile sehr gut. Wie er durch die Stadt gegangen war und die Häuser und manches Innenleben gesehen hatte, ließ sich die Entwicklung der Menschen nicht verleugnen. Er hatte so oder so, der Stadt einen Besuch abstatten wollen. Die unerwartete Entwicklung mit seiner Absetzung hatte den Wunsch nur unterstützt. Er brauchte ein wenig Ruhe und Abstand. Bailor war in der Nacht noch zu ihm gekommen und hatte ihn gebeten als offizieller Diplomat mit den Menschen in Kontakt zu treten.
Walerion hatte ohne zögern sofort zugestimmt und ihn ziemlich schnell abgefertigt. Er war einfach nicht in der Stimmung für langatmige Gespräche, nicht mal mit dem
Anführer.
Er wollte nicht hören, dass es nicht Bailor's Absicht gewesen war und wie leid es ihm vermutlich doch tat. Die Situation hatte sich grundlegend geändert und Walerion passte sich so gut wie möglich eben an. Aber stundenlanges darüber debattieren konnte er jetzt echt nicht gebrauchen.
Geräusche und ein Tür öffnen kündigten nun endlich das Menschenoberhaupt an.
Walerion war die Geduld in Person, hatte sich jedoch langsam gefragt, wie lange er sie eigentlich warten lassen wollte. Bailor hatte ihm ursprünglich persönlichen Geleitschutz angeboten, aber er hatte abgelehnt. Von privaten Motiven abgesehen, war es auch nicht richtig wenn der neue Anführer sich unnötig in Gefahr begab. Walerion unterdrückte Anflüge von Bitterkeit.
Zudem war er unauffälliger wenn er von zwei aufgedrängten Leibwachen abgesehen, alleine reiste
Tut mir leid, dass ich Euch warten ließ. Wir waren nur mitten in Absprachen und Euer Besuch kam etwas unerwartet. Ich bin Lardes.“ Er reichte ihm die Hand.
Walerion.“
Nun was kann ich für Euch tun?“
Zunächst einmal solltet Ihr dem, den ihr Gerrus nennt, vielleicht einen Maulkorb anlegen.
Ich denke da nur an seinen eigenen Schutz. Wobei
Tölen aus der Sicht eines Menschen fast schon charmant ist.“ Walerion lächelte.Lardes war erstarrt und räusperte sich.
Ihr habt uns belauscht?“
Von lauschen kann nicht die Rede sein. Ihr habt laut genug gesprochen, sodass ich euch auch außerhalb des Gebäudes noch hätte vernehmen können.“
Walerion amüsierte sich, soweit es die gegebenen Umstände erlaubten, köstlich.
Aus seiner Sicht trat er eigentlich relativ friedfertig auf und dennoch schien sich sein Gegenüber ziemlich unwohl zu fühlen.
Aber lieber etwas mehr Respekt, als wenn sie bald gar keine Ruhe mehr hatten.
Nun..es tut mir leid, wenn wir Euch beleidigt haben sollten. Das lag nicht in unserer Absicht.“ Lardes wurde nervös, vielleicht war das doch ein Fehler gewesen. Hörte er sie erst einmal an. „Also, was führt Euch eigentlich zu uns?“ Er bemühte sich ein gewinnendes Lächeln aufzusetzen, obwohl er sich nicht ganz wohl in seiner Haut fühlte.
Walerion schien ein angenehmer Mensch zu sein äh Wolf und wirkte im Moment recht friedlich und doch...Sah er da was silbriges in seinen Augen? War es normal, dass ein vermeintlicher Greis so rüstig war?
Ich bin wegen denselben Problemen besorgt, wie auch Ihr. Das mit euren Jägern war eine wirklich unglückliche Entwicklung. Wir sind gekommen um zu besprechen, wie es für beide Seiten am besten weitergeht.“
Bedauert Ihr es wirklich oder bemüht Ihr euch nur taktvoll zu sein?“
Beides. Es war notwendig und doch bin ich nicht glücklich mit dieser Entscheidung.“
Was schlagt Ihr in dem Sinne vor?“ Lardes hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen.
Er war der Anführer bei seinem Volk: einflussreich und respektiert. Er sollte nicht wie ein kleiner Schuljunge in die Defensive gehen vor dem Wolf.
Ein Friedensangebot im weitesten Sinne. Wir brauchen Menschenfleisch nun mal. Es ist unsere Natur und es lässt sich schwer gegen ankommen. Allerdings halten wir sehr lange aus mit einer Nahrungseinheit. Wir werden nie mehr als nötig nehmen und unsere Spuren so gut es geht verwischen. Es wird bei eurer Bevölkerungsdichte schwerlich auffallen, wenn mal zwei bis drei verschwinden im Monat. Im Gegenzug dazu erwarten wir in Ruhe gelassen zu werden.“
Ist Euch klar, dass das was ihr als Nahrungseinheit bezeichnet, Menschen sind? Menschen mit Familien, denen ich Rechenschaft schuldig bin?“
Nun das ist ehrlich gesagt nicht unser Problem. Habt ihr schlaflose Nächte wegen ihrer Familien, wenn ihr Rehe oder Hasen tötet und esst?“
Nein, aber das ist was anderes..“-
Warum? Weil es für euch normal ist und ihr ganz ohne Fleisch nicht auskommt?“
Lardes konnte absehen, in welche Richtung Walerion's Gedanken gingen und das schlimme war,
er konnte es nachvollziehen.
Soviel zum Thema dumme Tölen, dachte er sarkastisch.
Ihr sprachet von Ruhe, inwiefern meint Ihr das? - Alle Jäger sind tot.“
Euretwegen, fügte Lardes im Stillen hinzu.
Ich denke da auch an die Beschützer.“
Ich fürchte ich kann nicht folgen.“
Wir töten. Zwangsläufig könnte früher oder später mal einer der sogenannten Beschützer unter unsere Zähne kommen. Dann haben wir selbst eine neue Generation von Verfolgern erschaffen. Genauso könnten die bisher parteilosen Bürger sich plötzlich entscheiden, die Jäger neu zu gründen. Das bringt niemand von uns weiter. Es wäre vom Regen in die Traufe.
Wir möchten in Frieden leben und haben auch kein Interesse an regelmäßigen Blutgemetzeln.“
Wie edel von euch.“ Lardes verstand sie durchaus, aber es war schwer die Gedanken an sein eigenes Volk außer Acht zu lassen.
Könnt ihr eure...Streifzüge..nicht auf Mörder oder Gesetzlose beschränken? Bei uns gibt es davon nun nicht soviel, aber es gibt etliche Menschensiedlungen. Warum wir?“

Walerions Augen blitzten.
Wir sind keine Reste Verwerter! Wir haben sehr weit entwickelte moralische Ansichten.
Für die Meisten von uns ist der
Tod niemals etwas leichtes und wir werden ganz bestimmt nicht das Blut von Mördern in uns aufnehmen! Und Ihr meintet es gäbe andere. Ihr würdet um selbst Ruhe zu haben wirklich andere bereitwillig opfern? Ihr würdet ohne mit der Wimper zu zucken fremde Menschen, die Ihr nicht kennt, zum Tode erklären und kommt dann mir mit einer Moralansprache?“ Lardes war verlegen, mit so einer Reaktion hatte er nicht gerechnet.
Das hatte ich so nicht gemeint, es..ich.. es war nur so ein Gedanke.“
Dann betrachtet das als nur mal eben eine Meinungsäußerung zu eurem Gedanken.“
Wie stellt Ihr euch das eigentlich vor, soll ich vielleicht ein Gesetz erlassen, was Werwolfsjagd verbietet? Auf gewisse Weise würde ich damit sagen, dass wer Mörder mordet, selbst verurteilt wird. Das ist Wahnsinn.“
Wie ich schon sagte, sind das Eure Sorgen und nicht meine. Ihr könntet uns als Verbündete präsentieren. Lasst gewisse Details aus und stellt uns als Freunde dar. Ich denke in Eurer Politik gibt es dazu genauso gewisse Richtlinien, wie verbotener Mord, wie auch in anderen Ländern?“ Das ist...nicht zufrieden stellend. Ihr erwartet nichts anderes als, dass ich die Augen verschließe.“ Lardes war dabei nicht wohl zumute.
In dem Sinne was wir tun könnten, verhalten wir uns vorbildlich. Ihr könnt es nachvollziehen,
aber können es Eure Bürger auch? Nur zu testet sie, teilt ihnen offen unser Gespräch und dessen Inhalt mit, vielleicht überraschen sie uns ja.“ Walerion machte eine Pause.
Ich kann eure Sorgen bis zu einem bestimmten Punkt verstehen und versichere Euch, auch uns ist nicht wohl dabei. Aber es ist vorläufig die beste Lösung für das Wohl aller. Wenn ihr einen besseren Vorschlag habt, bin ich jederzeit offen.“ Lardes schwieg.
Nun, ich bin sicher Eure Ratgeber verlangen schon nach Euch und Details über unser Gespräch. Wenn wir noch viel länger hier bleiben, erliegt dieser Gerrus vielleicht doch noch der Versuchung uns auszuräuchern.“ Walerion konnte ein Lächeln nicht ganz unterdrücken bei dem Gedanken „Wenn Ihr uns also jetzt entschuldigt, wir machen uns auf den Rückweg.“
Beide standen auf und gaben sich die Hände.
Ich muss sagen, Sie sind unerwartet fähig, dafür dass Sie ein Mensch sind. Sie hätten uns viel mehr Ärger bereiten können.“
Lardes wusste nicht, was er auf dieses zweifelhafte Kompliment entgegnen sollte. Überhaupt waren ihm die Worte nach dem Gespräch etwas abhanden gekommen. Die Wölfe waren bereits aus dem Fenster hinaus in die Seitengasse gesprungen! Vermutlich um mit wenig Aufregung zu verschwinden. Ein letztes Nicken für Lardes und dann waren sie von der Gasse auf eine Hauptstraße gebogen und in der Masse verschwunden.
8. Kapitel
Walerion war in seine Dokumente vertieft, als es klopfte. Er war vor wenigen Stunden erst aus der der Menschensiedlung zurückgekehrt.
Herein.“
Bailor schien unschlüssig und stand im Türrahmen.
Rein oder raus, aber mach die Tür zu.“, lachte Walerion - er hatte bisher nicht aufgesehen von seinen Papieren.
Ich war unsicher, ob ich willkommen bin.“ Letztendlich trat Bailor ein und schloss die Tür. Jetzt blickte Walerion doch auf.
Wie könnte unser Anführer mir nicht willkommen sein.“ Bailor scharrte mit dem Fuß.
Hör mal, es war nie meine Absicht Anführer zu werden, das weißt du. Und wenn es in meiner Hand gelegen hätte...“
Das tat es aber nicht und darum ist es irrelevant, was wäre wenn.“ Bailor schwieg.
Du möchtest bestimmt wissen, wie es mit den Menschen gelaufen ist.“
Walerion, lass das nicht zwischen uns stehen, ich bitte dich. Ich war genauso geschockt,
wie alle anderen dass du abgewählt wurdest und noch mehr, dass Skerres mich vorschlug.“
Walerion seufzte. „Es steht nicht zwischen uns. Ich bin nicht deinetwegen...verstimmt.“
Jedenfalls nicht nur, fügte er im Stillen hinzu.
Aber du solltest auch verstehen, dass ich dir zuliebe keine überschwängliche Laune aufsetzen werde, selbst wenn du jetzt der Anführer bist. Und ich bezweifle, dass alle geschockt waren.
Sie schienen doch äußerst einig während der Abstimmung.“
Bailor schwieg erneut.
Es lief gut, um deine Frage zu beantworten. Lardes scheint mir ein fähiger Anführer zu sein und sie werden sich soweit wie möglich bemühen uns als Verbündete zu betrachten. Wir werden keine Verpflichtungen haben, aber dieser Status wird uns unsere Ruhe gewähren. Auch was die Beschützer anbelangt, bekam ich sein Wort, dass er sie im Auge behalten wird.“
Hältst du es für möglich, dass sie gelogen haben?“
Ich denke das kann ich mit großer Sicherheit ausschließen. Sie schienen dafür viel zu viel Angst zu haben.“ Walerion lächelte leicht.
Hmpf besser so. Ich meine im Zweifelsfall kann ihnen ein wenig Respekt vor uns nicht schaden.“
War es das dann? Wie du siehst bin ich beschäftigt.“
Nein. Ich möchte Euch in den Rat zurück holen. Ich möchte Euch an meiner Seite haben, da ich Eure Meinung schätze und auch dazu offen stehe.“ Bailor hatte bewusst ins Förmliche zurück gewechselt, um seinen Respekt zu bekunden.
Ich fürchte diesem Wunsch kann ich nicht nachkommen.“
Walerion“ - „Bailor Ihr seid jetzt der Anführer, also handelt wie einer.
War dein Wunsch etwa ein Befehl?“
Nein, natürlich nicht“
„Dann haben wir uns in diesem Punkt nichts weiter zu sagen. Ich nehme hin, was passiert ist,
werde aber keine weiteren Demütigungen über mich ergehen lassen. Ich bewahre mir dieses Stück
Würde. Ich werde weiterhin die Jungen unterrichten, wenn es dir als Anführer genehm ist.“
„Natürlich, Meister.“
Nein, einfach nur noch Walerion. Ihr habt jetzt dich als Meister.“
Ihr seid auch so der weiseste und einer der ersten Wölfe. Das nimmt euch ein blöder Titel nicht weg!“
Ehrenhaft, Bailor, nicht blöd. Du musst deine Denkweise nun ein wenig anpassen.“,
mahnte Walerion sanft.
Wie auch immer. Ich habe dir Bericht erstattet und hätte jetzt gern meine Ruhe. Ich bin ein alter Mann und muss mich von der Reise erholen.“
Seit wann seid Ihr alt? Und auch wenn Ihr Eure Meinung klar gemacht habt, überdenkt doch bitte nochmal die Sache mit dem Rat...“
Du darfst gern die Tür schließen, wenn du dann endlich gehst.“
Wie überdeutlich sollte Walerion denn noch werden?
Bailor murmelte irgendetwas unverständliches und verließ eine Verbeugung andeutend, sein Haus. Walerion seufzte. Es hätte wesentlich schlimmere Ergebnisse als Neuwahl geben können.
Bailor wäre auch für ihn mit unter den ersten, die er gewählt hätte. Es klopfte erneut.
Langsam kam Walerion an die Grenzen seiner Geduld.
Ja?“ Myrac trat ein.
Ich habe gehört, dass Ihr zurück seid.“
Wie du siehst, bestätigt sich das Gehörte. Was kann ich für dich tun?“
Ich will morgen wieder beim Unterricht dabei sein.“
Deine Strafzeit ist noch nicht um, Myrac.“
Mir egal ich will es und darum werden sie mich lassen und es sind doch eh nur noch wenige Tage.“
So werde ich?“
Ja, wenn nicht erzähl ich es meinem Vater und Sie haben ja gesehen, wohin es Sie gebracht hat mich auszuschließen.“ Walerion lächelte müde.
Ich fürchte ich muss dein Weltbild ein wenig zurecht rücken, Junge. Meine Abwahl,
auf die du anspielst, hat nicht das Geringste mit dir zu tun.“
Hat es wohl.“
Nein, das lässt dein Vater dich glauben aber so ist es leider nicht. Unsere..unterschiedlichen Meinungen, hatten seit je her Bestand. Du warst einfach nur ein willkommenes Mittel zum Zweck. Ein Auslöser, aber nicht die Ursache. Ich wünschte dein Vater würde dir tatsächlich soviel Aufmerksamkeit geben, wie du glaubst. Ich wünschte es wirklich.“
Sie lügen!“
Nun, wenn du meinst. Was die wenigen Tage betrifft, so ist es vielleicht nur eine kurze Zeit noch. Aber es geht um das Prinzip. Du hast gegen die Regeln verstoßen und hattest eine Auszeit verdient. Die restliche Zeit wegzustreichen, wäre eine Strafminderung und hieße wir würden Kodex und Regelverstöße hinnehmen. Da wir das jedoch nicht tun, spielt es keine Rolle, ob es wenige Tage, wenige Stunden oder auch nur Minuten sind. Du wirst also auch morgen und übermorgen fern bleiben, bis deine Strafe wirklich herum ist und nichts ändert etwas daran.“
Das werden Sie bereuen!“
Wenn die Lage nicht so ernst gewesen wäre, hätte Walerion beinahe lächeln müssen. Dieses kleine Gesichtchen voller Trotz und offensichtlich unterdrückter Tränen.
Dein Vater könnte jetzt hier vor mir stehen und erneut meine Abwahl wünschen und es würde dennoch nichts an meiner Meinung ändern. Man mag jemanden dazu zwingen können, dass er seine Gedanken verschweigt. Aber du wirst niemals die Art der Gedanken beherrschen können.“
Ich werde einen Weg finden, warten Sie es ab!“
Es würde mich erschrecken, wenn mehr dahinter, als kindlicher Trotz steckte.“
Ich hasse Sie!“ Weinend verließ er das Haus und knallte mit Türen.
Walerion massierte sich die Stirn, als es erneut klopfte. Das reichte, was zu viel ist, ist zu viel.
Er öffnete sein Fenster, verwandelte sich und rannte mit weiten Sprüngen in den Wald, fort von allem. Er hatte sein Leben lang Fragen beantwortet und war für andere da gewesen. Jetzt hatten sie sich Bailor zum Anführer genommen, also sollte er sich gefälligst um die Probleme kümmern
sie hatten es so gewollt. Es waren wirklich Zeiten des Wandels, ganz wie Kelladres voraus gesagt hatte. Das Rudel war manipulierbar, selbst Ehrenhafte wurden gezwungen sich einzugliedern in die Farce; die Menschen stellten im weitesten Sinne ihre Verbündeten da,
obwohl sie das Fressen sein sollten; ihre Vettern waren trotz Walerion's Bemühungen entfernter denn je und die Jugend? In der war jetzt schon der Keim Skerres gesät. Es war nur eine Frage

der Zeit, wann er ausbrechen würde. Wandel...an sich dem Stillstand stets vorzuziehen,
aber Walerion sah einfach nichts Positives, was daraus entstehen sollte. Während seiner Gedanken legte er einige Kilometer zurück und war an den Ausläufern eines Gebirges angekommen.
Hier würde er vorläufig Frieden finden, einfach immer weiter laufen und den felsigen Boden
unter den Pfoten spüren und nichts hören, als die Tiere in seiner Umgebung und das stetige Trommeln seines Laufrhythmus...
***
Teil 2
1. Kapitel
Kinder rannten lachend durch die Gegend. Die Erwachsenen waren alle beschäftigt und scherten sich nicht weiter darum. Die Sonne schien und entlockte selbst die kleinste Falte in Walerion's Gesicht. Alles schien so idyllisch und normal, dass niemand auf den Gedanken gekommen wäre, dass sich hier je etwas ändern könnte. Alles ging seinen Gang. Was sollte schon großartig passieren?
Doch es hatte sich einiges geändert. Wenn Walerion darüber nachdachte, war es generell schon merkwürdig, dass er überhaupt noch hier war. Nach seiner Abwahl vor einigen Jahren und den öffentlich präsentierten Verrat aller, angeführt von Skerres, hatte er sich eigentlich in die Wildnis zurückziehen wollen. Bailor war ihr neuer Anführer, sie hatten es so gewollt und doch hatte er keine Ruhe bekommen und galt nach wie vor als erste Anlaufstelle für Fragen. Einen kurzen Moment lang konnte er sich abgrenzen, aber kaum dass er nach den Verhandlungen mit den Menschen wieder hier gewesen war, wurde er mit Fragen behelligt. Fragen, auf die er Antworten haben sollte. Walerion war schließlich Hals über Kopf geflüchtet um sich ein wenig der Einsamkeit hinzugeben.
Er war los gerannt ohne irgendeine Habseligkeit einzustecken und hatte geplant auf unbestimmte Zeit sich seinen Wolfsinstinkten hinzugeben.
Doch nicht einmal das war ihm vergönnt gewesen. Serena hatte vermutlich auch nur mit ihm reden wollen und hatte als sie sein Haus leer fand, sofort die richtigen Schlüsse gezogen und war ihm gefolgt. Er hatte sich gar nicht erst die Mühe gemacht, Diplomatie zu heucheln und hatte ihr gegenüber die Zähne gefletscht. Sie jedoch ließ sich kein bisschen beeindrucken, verwandelte sich und trat ihm entgegen. Während eines kurzen Kampfes, war sie offensichtlich unterlegen.
Aber anstatt zu triumphieren, war Walerion's Wut verpufft. Er ließ sie einfach liegen und ging seines Weges. Man hätte meinen können, sie hätte es da begriffen dass er Ruhe haben wollte.
Aber sie dachte gar nicht daran und lief ihm nach kurzem Zögern einfach nach. Von seinem erneuten Kläffen ließ sie sich kein bisschen beeindrucken und blieb auf diese Weise mehrere Tage an seiner Seite. Nach ein oder zwei Wochen, Walerion hatte in dieser Phase ein schlechtes Zeitgefühl, saß sie auf einmal wieder als Mensch neben ihm.
Reicht es dir jetzt oder möchtest du noch mehr heraus lassen? Ich könnte unter Umständen auch Bailor herholen, damit du dich noch eine Runde fetzen und beißen kannst.“
Walerion hatte geschwiegen.
Ich versteh dich sehr gut, auch wenn du mir nicht glauben magst. Aber du solltest wenigstens an die Kinder denken.“ Walerion schnaubte.
Sieh es so, auch wenn es nur ein kleiner Teil sein mag, ist es doch besser als gar nichts zu tun.
Ich weiß du denkst, alle hätten dich verraten und das mag auch stimmen. Aber indem du weiter unterrichtest, wird immer ein kleiner Teil Treuer fortbestehen. Die Existenz einer noch so kleinen Gegenwehr ist immer noch besser, als nur zu zusehen. Es macht dich nicht besser als deine Widersacher, wenn du dich jetzt zurück ziehst und sie sich selbst überlässt.“
Walerion war ansatzweise beschämt und verwandelte sich zurück.
Bailor ist mittlerweile euer Anführer. Du solltest keine Zeit mit mir verschwenden.“
Das mag eine Erklärung sein, aber ein Argument ist es deshalb noch lange nicht, für eigenes Moral verwerfen. Komm zurück! Es wird immer welche geben, die hinter dir stehen und den wahren Kodex vertreten. Nur weil sie sich scheuen offen aufzutreten, heißt es nicht dass es keine mehr gäbe.“ Walerion grummelte.
Walerion, er hatte doch nie die Absicht Anführer zu werden.“, fuhr sie mit sanfterer Stimme fort Wir wussten, dass Skerres etwas am laufen hatte, aber wann war das nicht der Fall?
Wir dachten es wären nur die üblichen kleinen intriganten Spielchen. Und wenn Bailor nein gesagt hätte, würden wir nun unter Skerres dienen, das weißt du!“
Er räusperte sich. „Ich hatte ja nie vor komplett zu verschwinden.“
Sie zog eine Augenbraue leicht hoch.
Nun es war zumindest kein fester Entschluss bisher.“ Beide schwiegen.
Und denkst du denn“, fuhr Walerion leicht auf, „ich wüsste nicht, dass es nicht Bailor's Absicht war? Aber ob er dazu gezwungen war oder nicht, ändert es nichts daran, dass er durch das Amt annehmen sich öffentlich gegen mich gestellt hat. Das kann man nicht einfach so wegwischen,
ganz gleich wie oft mir mein Verstand sagt, dass es vermutlich
richtig war in dieser Situation.“
Ihm geht es doch so schon schlecht genug deswegen. Willst du ihm deswegen auch noch Vorbehalte machen?“
Spielst du jetzt Schlichterin zwischen uns oder was?“, Walerion lachte bitter auf.
Mir sind die Fakten bekannt Serena und es tut mir ja leid, dass es dem neuen Anführer scheinbar unwohl geht, aber nach meinem Befinden fragt schließlich auch keiner. Ich gehe im Gegensatz zu ihm, Bailor nicht öffentlich an, aber ich brauche etwas Abgeschiedenheit, vor allem von ihm.
Und ich sage es dir schlicht wie es ist: wenn es ihm dadurch
nicht so toll geht, dann ist das sein Problem und nicht meines; der Preis den er zu zahlen bereit war um das Richtige zu tun.
Also soll er jetzt keinen Rückzieher machen, es war schließlich seine Entscheidung.
Was hat er denn erwartet? Dass ich hingehe und ihm auf die Schulter klopfe, super gemacht neuer Anführer, ich wollte schon lange mal eine Pause?“
Serena konnte sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen.
Natürlich nicht. Ich meinte ja auch nur, dass ihr beide nicht vergessen solltet, wer wirklich hinter den Umständen steckt. Wir drei sind Freunde und nur weil es nicht leicht ist, sollte das trotzdem nicht so leicht weggeworfen werden, vor allem nicht aufgrund von Skerres Wunsch nach mehr Macht. Sagtest du selbst nicht immer, wir sollten uns nicht auseinander reißen lassen und eine Einheit bleiben, um im Ernstfall stark auftreten zu können?“
Das war Verblendung. Eine wirkliche Rudel Einheit existiert heute nicht mehr. Wir machen uns da alle etwas vor, mehr Schein als Sein.“
Serena durchbohrte ihn regelrecht mit bösen Blicken.
Selbst wenn da nicht nur die aktuelle Situation aus dir heraus sprechen würde,
wäre es nicht erst Recht ein Argument, alles zu geben um das Rudel wieder zu stärken,
anstatt sich zu verkriechen?“ Walerion seufzte.

Ich brauchte einfach einen Moment Ruhe und Frieden...verstehst du mich? Man sollte meinen,
alle richten ihre Probleme an den neuen
umjubelten Anführer und stattdessen kamen sie doch weiter zu mir. Es ging in dem Moment einfach nicht mehr. Auch Gelehrte haben ein Recht mal Luft zu holen und etwas Wut rauszulassen, nicht nur Krieger.“

Serena lächelte. „Schön, dass du wieder bei uns bist.“
Ich bin noch nicht losgelaufen.“
Ja ich weiß, aber du wirst.“
Eh er noch was entgegnen konnte, hatte sie sich verwandelt und war Richtung Siedlung zurück gelaufen. Und sie hatte Recht behalten. Walerion musste immer noch schmunzeln, wenn er an diesen Moment dachte. Er war zurück gekehrt und alles hatte sein scheinbar normalen Ablauf genommen. Er lehrte die neuen Generationen, so wie er es immer getan hatte. Die Leute baten ihn gelegentlich um Rat, doch auch das hatte sich geregelt mit der Zeit. Bailor hatte mittlerweile das letzte Wort und so hatten sie sich angewöhnt zu ihm zu gehen.
Walerion trauerte dieser Entwicklung kein bisschen nach. Das Verhältnis mit den Menschen hatte sich im weitesten Sinne eingepegelt. Gewiss, sie waren nach wie vor unglücklich über das Arrangement, aber es war eine leben und leben lassen Beziehung geworden. Von ihren Vettern hatten sie schon lange nichts mehr gehört, was man jedoch positiv werten konnte.
Freundschaftliche Bande waren eh ausgeschlossen, diesbezüglich hatten sich beide Rudel kein bisschen weiter entwickelt und wenn sie sich wegen irgendetwas auf den Schlips getreten fühlen würden, hätten sie schon längst reagiert und notgedrungen Abgesandte geschickt.
Alles im allen, schien ihre Zukunft rosiger, als Walerion vor einigen Jahren befürchtet hatte.
Und doch ließ sich der Verfall der alten Zeiten nicht leugnen. Er war nicht engstirnig,
entgegen dem, was Einige dachten.
Entwicklung war etwas Gutes und er würde es sehr begrüßen, wenn die Traditionen gebrochen wären zu Gunsten von positiver Neuerung. Aber wohin er auch sah, er bemerkte nur Verfall und keine neuen Pflanzen darunter. Ihr Volk war kämpferisch und leichtsinnig. Sie ließen sich von Charakteren wie Skerres ihre Meinung einflüstern und Skerres schien nur nach Krieg und Chaos zu trachten. Wenn man ihm wenigstens noch hätte unterstellen können, dass er das Beste für alle im Sinn habe. Dann wäre sein Verhalten vielleicht nicht richtig, aber zumindest hätte er dann gute Absichten gehabt. Aber das war Wunsch denken. Skerres dachte allein an sich und benutzte das Rudel als Mittel zum Zweck.
In früheren Zeiten hätte man Wölfe wie ihn einfach ausgeschlossen.
Aber heute...Einige teilten seine Ansichten und andere waren zu feige ihm zu widersprechen.
Ihnen war es lieber sich zu verleugnen, aber dafür der Gemeinschaft anzugehören. Und alleine konnte Walerion da nichts weiter ausrichten. Er musste zusehen, wie das Rudel seinem Untergang entgegensteuerte und konnte seine Hoffnung nur in die neuen Generationen setzen,
dass sie es besser machen würden. Seine früheren Schützlinge waren mittlerweile alle in ihrer Endausbildung. Sie setzten sich mit ihrer Zukunft auseinander. Sie lernten kämpfen und fassten politische Meinungen. Kaum einer kam noch mal zu Walerion, um ihn um Rat zu bitten.
Sie hatten sich einfach in die Gemeinschaft eingegliedert und er konnte ihnen schwer einen Vorwurf machen. Es war der leichte und offensichtliche Weg, selbst wenn man die Ansichten des Rudels nicht teilte. Er konnte im Moment kein bisschen absehen, was aus ihnen werden sollte.
Das konnte nur die Zeit zeigen. Von neuen Anhängern Skerres bis zu vereinzelten Nacheiferern Bailors, konnte alles möglich sein. Es schien ein wenig hoffnungslos, doch wie Serena richtig bemerkt hatte, konnte man einfach nur weitermachen. Die Alternative wäre, Skerres einfach machen zu lassen und sich ihm anzuschließen am besten noch und
das kam für Walerion
niemals infrage.
2. Kapitel
Ich habe dich schon wieder geschlagen.“
Wir waren gleich schnell.“
Meine Nase war ein Stück vor dir.“
Das ist bei dem langen Ding auch nicht schwer.“
Nimm das zurück.“
Ich denk ja nicht dran.“
Was als nächstes kam, war so absehbar gewesen und alltäglich, dass die Anderen schon mit den Augen rollten. Myrac sah sich
wie immer als oberster und bester von allen. Feran hatte ihm,
wie immer die Stirn geboten und Myrac rastete wie immer aus und wollte ihn mithilfe von Wolfsgewalt zwingen.
Jungs nun kommt schon, werdet mal erwachsen.“
Die beiden waren verbissen ineinander und keiner schien die Oberhand zu haben.
Oh seht mal, da kommt Bailor.“
Sofort war Schluss mit den Mätzchen und von eine auf die andere Sekunde, waren sie zurück verwandelt und standen nebeneinander.
Ich sehe ihn gar nicht.“
Myrac machte ein total verdutztes Gesicht. Das war den Anderen zu viel und sie konnten nicht mehr und brachen in Lachen aus.
Ich würde tippen, es war eine Finte My.“ Feran grinste.
Einen Moment lang sah es so aus, als wenn Myrac erneut ausrasten wollte. Aber dann beherrschte er sich und stimmte mit in das Lachen der Anderen ein.
Schon irgendwelche Pläne für heute Abend?“
Nö bisher nicht.“
Dem neutralen Betrachter mochte es so erscheinen, dass Myrac gereift war. Er war eben er und versuchte darum nach wie über andere zu bestimmen, aber seine Wutanfälle verliefen meistens im Spaß ab und nicht aus Ernst. Doch Feran wusste es besser. Nicht seine Grundeinstellung hatte sich geändert, sondern es war lediglich ein Zweck Denken mit dem Alter eingesetzt. Egal wie viel Macht er über Andere haben mochte, wenn er es sich mit jedem verscherzte würde er irgendwann alleine da stehen. Er hatte nicht sein Verhalten abgelegt, er hatte nur gelernt es nicht ganz so offensichtlich zu tun. Von daher konnte sich ihm auch kaum jemand offen verweigern.
Denn er machte ja scheinbar
nichts, wieso also hätte man nicht sein Freund sein wollen.
Sein Vater war ihm diesbezüglich bestimmt ein guter Lehrmeister gewesen. Auch er war eigentlich nie beliebt gewesen und doch schien er sehr viele Freunde im Rudel mittlerweile zu haben.
Feran war noch zu klein gewesen um alles mitzubekommen. Die Geschichte lag immerhin schon über 40 Jahre zurück. Aber er wusste noch genau, wie er damals ein Elterngespräch belauscht hatte und wie sein Vater nur knapp verkündet hatte, dass Skerres eine Wahl geleitet hätte und Bailor nun ihr neuer Anführer war.
Er hatte sich damals keinen Reim darauf machen können und doch erinnerte er sich, wie verwirrt er als Kind gewesen war. Walerion war ihr Meister, das war unumstößlich – wieso war das nun nicht mehr so? Sie hatten in der Zeit einige Wochen gar keinen Unterricht und als er schließlich wieder einsetzte, hatte sein ehemaliger Meister kühl und distanziert gewirkt. Es war nicht so, dass er sie nicht mehr gelehrt hätte. Aber er schien seine Gefühle sehr zu beherrschen und wurde nie persönlicher als nötig. Feran wusste noch, wie er sich als Kind vorgenommen hatte Walerion nach diesen Ereignissen zu zu fragen, wenn er nur erst älter war. Mittlerweile war er frisch volljährig geworden und hatte sich immer noch kein Herz gefasst. Alle gingen zu Bailor, wenn es Probleme gab. Er hatte also kein besonderen Grund, warum er zu ihm hätte gehen müssen. Überhaupt schien der Meister außerhalb des Unterrichtes sich sehr zurück zu ziehen. Selten sah man ihn im Geschehen und er schien gelegentlich mit den Oberen des Rudels Kontakt zu haben, doch auf Ratsversammlungen sah man ihn generell nicht mehr.
Theoretisch hätte Feran einfach zu ihm gehen können, aber praktisch sprach sich alles bis spätestens zum Abend im Rudel herum und er hätte dann einigen Rede und Antwort stehen müssen.
Er seufzte. Manchmal wünschte er sich seine Kinderzeit zurück, da schien alles so einfach gewesen zu sein. Myrac durchbrach seine Gedanken.
Denkt dran! In 2 Wochen feiern wir meine Volljährigkeit und ihr seid alle eingeladen und sollt es auch an die Anderen weitertragen! Das wird klasse!“ Feran rollte die Augen.
Zum wirklich engeren Zirkel gehörten eigentlich nur er und eine Hand voll Jungs. Nicht dass er sich darum gerissen hätte, aber im Zweifelsfall zählte er doch lieber zu seinen Freunden als zu seinen Feinden. Doch wenn es um so etwas wie eine Feier ging, wo massig Wölfe auf einen Fleck gepfercht wären und ihm ob sie wollten oder nicht Aufmerksamkeit schenken mussten...
Ja dann vergaß er diese Tatsache und absolut jeder im annähernd gleichen Alter war sein Freund. Normalerweise lebten die jungen Frauen und Männer auch getrennt für sich. Zum einem aus Zweck dienlichen Gründen, bis zu einem gewissen Alter konnten die Jungs ja doch immer mal ausrasten und zum anderen waren sie eh nicht willkommen. Solange die
Männer im Rudel unterwegs waren,
galten Frauen nur als schwache Geschöpfe, die nicht weiter Beachtung verdienten. Feran wusste, dass diese Ansicht vor allem von Myrac stammte und nur in ihrem Alter verbreitet war. Es konnte absolut nicht stimmen, selbst wenn man nicht an führende Frauen, wie Serena dachte.
Aber was sollte ein Einzelner schon bewirken? Sonst widersprach Niemand Myrac und es hätte auch nichts an seiner Meinung geändert, dafür war sein Ego viel zu groß.
Also schwieg Feran und blendete die ein oder andere Ansicht von My einfach gänzlich aus.
Und wenn es um so etwas wie eine Feier ging, waren Frauen natürlich auf einmal herzlich willkommen. Myrac's sonstiges Auftreten hinderte ihn nicht daran heftig Eindruck schinden zu wollen und nach ihrer Anerkennung zu lechzen. Feran war von diesem Verhalten nicht wirklich überzeugt, konnte aber andererseits auch nichts für die
Damen ihres Alters tun.
Wird schon passen mit den Leuten. Was hast du denn geplant?“
Lasst euch überraschen Lirek. Es wird auf jeden Fall aufregend werden!“

Lirek war ein schmächtiger Kerl, der bei jeder Gelegenheit Myrac zu Munde redete.
Wenn er seine Nase noch näher ran drücken würde, könnte er ihm auch gleich den pelzigen Hintern putzen., dachte Feran.
Nun aber genug geplaudert, Jungs die Übungen gehen weiter. Lauft euch ein, die Strecke von hier bis zum Fluss und zurück, los!“
Ihr Lehrmeister war von hinten an sie ran getreten, ohne dass sie es bemerkt hatten. Sie setzten sich sofort in Bewegung, Myrac an Feran's Seite.
Meinst du Merra wird kommen?“ Feran lachte.
Ich wette es gibt genug Frauen, die dir heimlich hinterher schmachten, warum musst du dich auf die Einzige stürzen, die ganz offensichtlich kein Interesse hat?“ Es war tatsächlich so.
Seit ihrer ersten Begegnung hatte Merradine nichts als Abneigung gegenüber Myrac gezeigt.
Sie blieb stets höflich, war jedoch eindeutig keine von denen, die ihm heimlich hinterher schauten.„Aus Prinzip. Ich verliere nicht gern.“
Das wäre mir jetzt aber nicht aufgefallen.“, selbst Myrac musste grinsen.
Früher oder später wird sie einsehen, dass sie mich liebt. Du wirst schon sehen. Alle mögen mich, da mache ich jetzt keine Ausnahme.“
Darum geht es dir also. Sie ist dir im Grunde egal oder? Hauptsache es zeigt niemand offen,
dass er dich zur Hölle wünscht.“ Myrac rammte ihn von der Seite.
Klar, was dachtest du denn, etwa dass mich ihr langweiliges Leben wirklich interessiert?“
Feran konnte nur, wie so häufig den Kopf schütteln. Aber es war schließlich Myrac's Problem und wenn sie tatsächlich so dumm war auf ihn reinzufallen, dann ging ihn das nichts an.
Ganz ehrlich, wenn ich mir meine Haare wachsen ließe und zu dir nein sagte, würdest du mich genauso bespringen wollen oder? Hauptsache Herausforderung...“
Myrac lachte und tat so als würde er sich schütteln.
Nee, du bist dann doch nicht mein Typ.“
Ab da war Schweigen und sie konzentrierten sich auf ihr Training. Feran konnte einfach nur abwarten, was bei Myrac's Feier passierte und im Notfall ihn mit Alkohol und
Männer Raufereien ablenken. Vielleicht passierte ja auch ein Wunder und Merra und die Anderen würden einfach nicht kommen, weil sie die Schnauze voll hatten von Myrac. Naja wohl eher nicht, korrigierte sich Feran. Das würde wohl doch ein Traum bleiben. Wenn es nach ihm ging, konnte der Geburtstag seines Freundes gar nicht schnell genug kommen. Je schneller er da war, umso schneller war auch der Wirbel wieder vorbei und er musste sich nur um alltägliche Wutausbrüche kümmern.
3. Kapitel
Geburtstage sprachen sich immer schnell herum, vor allem wenn es um Volljährigkeit ging.
Alle brannten natürlich darauf die
neuen Wölfe in der Gemeinschaft zu begrüßen. Mit dem erreichen der 50 waren sie wirkliche Wölfe und allgemein akzeptiert, während sie als Kinder kaum weiter beachtet wurden. Myrac war durch seinen Vater ein besonderer Fall und bekam noch mehr Aufmerksamkeit als zu solchen Anlässen eh schon üblich war.
Der Sohn des
hohen, beliebten Ratsmitgliedes würde endlich in die Fußspuren seines Vaters treten. Walerion hatte es vor diesem Tag gegraust, seit der Abwahl damals und seiner letzten Konfrontation mit Myrac. Solange er ein Kind gewesen war, konnte Walerion sich noch bemühen, ihn zu lenken und ihm die Fehler seines Handelns aufzuzeigen. Aber als vollwertiger Wolf,
würde er der zweite Skerres sein. Er konnte tun und lassen, was er wollte solange er offiziell die Regeln befolgte. Moralische Aspekte und der Kodex im eigentlichen Sinne, waren schon länger nicht mehr relevant. Es zählte nur, dass es keine allzu grobe Regelverletzung gab, alles andere war egal - erst Recht innerhalb der Politik. Wortklaubereien und schändliches Verhalten versteckt hinter hübschen Gerede und Posen waren an der Tagesordnung.
Walerion seufzte. Er ließ sich gehen. Es sprach einiges für seine Gedanken, aber herum jammern wollte er auch nicht. Wohin er auch sah, überall waren aufgeregte junge Wölfe zu entdecken.
Myrac schien absolut jeden zu seiner Feier eingeladen zu haben. Volljährigkeit hin oder her dachte Walerion, er würde in den späten Abendstunden mal ein Auge auf sie werfen. Auch vollwertige Mitglieder der Gemeinschaft hatten sich an Regeln zu halten und gerade wenn Alkohol im Spiel war, konnte man nie wissen. Plötzlich stutzte Walerion.
Der eine Junge kam ihm bekannt vor. Wobei
Mann es mittlerweile mehr traf. Es war Feran!
Der hatte sich ja gemausert. Vom neugierigen Naseweis von früher, war nicht viel übrig geblieben. Feran erkannte ihn, im selben Moment.
Meister! Ich habe euch lange nicht gesehen.“
Die Anderen in seinem Trupp lachten.
Das ist nur Walerion.“
Hast du schon heimlich was getrunken?“
Bailor ist jagen!“ Ferans Lächeln erstarrte.
Er war mein Meister früher und eurer genauso und für mich ändert sich daran nichts, nur weil es in der Politik Änderungen gab!“ Einen Moment lang herrschte Stille.
Walerion war überrascht über die heftige Reaktion des jungen Mannes. Im Gegensatz zu ihm hatte er sein Lächeln jedoch nicht einmal abgelegt.
Das Laster der Volljährigkeit. Man fühlt sich stark und jedem überlegen und vergisst gern seine Anfänge.“, lachte er.
Ihn überraschte das Verhalten der Anderen kein bisschen. Sie gaben doch nur wieder,
was ihre Eltern dachten. Wer wollte ihnen daraus einen Vorwurf machen.
Komm endlich Feran! Myrac wartet sicher schon und wird noch kaum einen Finger gerührt haben für seine Feier. Wir wollten ihm doch helfen.
Oder willst du lieber deine Zeit mit dem Alten vergeuden?“
Feran warf Walerion einen letzten traurigen Blick zu und lief den Anderen dann hinterher.
Es war ja klar gewesen, was die meisten nach außen hin von Walerion hielten und doch regte es ihn auf. Viel mehr noch regte es ihn jedoch auf, dass er total machtlos war. Er konnte nichts dagegen tun.
Als Kind hätte er einfach mitgehen können unter dem Vorwand eines Schulprojektes, aber jetzt Allein diese kleine Szene wird sich bald herum gesprochen haben und Feran konnte sich jetzt schon den Vortrag seiner Eltern ausmalen. Ob er denn nicht wüsste, wie wichtig Ansehen innerhalb des Rudels war und dass er es sich selbst und ihnen doch nicht mit Bailor verscherzen durfte.
Er verdrehte entnervt die Augen. Dagegen schien ihm eine Feier mit Myrac als das Wunderbarste überhaupt. Die Feierlichkeiten sollten außerhalb der Siedlung stattfinden. Zum einen war dort mehr Platz und es konnte nicht so schnell etwas aus betrunkener Unachtsamkeit kaputt gemacht werden und zum anderen würden Musik oder allgemeines Gegröle nicht so leicht zu den Anderen dringen und sie stören. Entgegen ihrer Annahmen, war doch schon einiges aufgebaut, als sie ankamen. Myrac hatte als Ort eine von der Siedlung weit entfernte Lichtung gewählt. Hier war schon ein Tisch mit Leckereien aufgebaut, eine kleine Anhöhe mit einigen Instrumenten und Musik Begabten und eine angedeutete Lagerfeuerstelle. Als er sie sah, grinste er.
Na Jungs, doch schon her gefunden?“
Feran meinte, er müsse unbedingt mit Walerion plauschen.“
Manchmal hätte Feran, Lirek gerne erwürgt. Er könnte es wie ein Unfall aussehen lassen und es auf seine Wolfsgene schieben. Immerhin schien Myrac sich nichts weiter dazu zu denken.
Kommt der alte Narr dir auch so oft in die Quere um den Moralischen zu spielen?“
Feran zuckte unverbindlich mit den Schultern.
Hast Recht, reden wir nicht weiter darüber, wir wollen schließlich feiern.“
Ob durch Unachtsamkeit oder nicht, in solchen Momenten konnte man Myrac fast mögen.
Wir müssen noch Holz für ein Lagerfeuer sammeln und bevor es vollkommen dunkel ist,
muss der Rand der Lichtung und ein Stück des Weges mit Kerzengläsern markiert werden.
Lirek grinste. „Wir sind Wölfe, Myrac. Wir können nachts fast genauso scharf sehen, wie tags.“
Darum geht es doch nicht! Es ist meine Feier und das soll man auch schon von weitem erkennen. Es ist schließlich ein fröhlicher Anlass und keine Trauerfeier!“ Feran amüsierte sich köstlich.
Zum Glück war Lirek's Dummheit fast genauso ausgeprägt, wie seine Neigung sich bei Besseren ein zu schleimen. Obwohl sie relativ zügig fertig waren, hatte sich die angebrochene Dämmerung in der Zeit in Dunkelheit verwandelt und die meisten Gäste schienen gerade einzutrudeln.
Unter ihnen war auch Merradine und wie prophezeit, schmiss Myrac sich sofort an ihre Seite und nahm sie in Beschlag. Beide schienen sehr stur zu sein, wenn Feran an ihre Verweigerung gegenüber Myrac dachte. Da blieb es interessant zu sehen, wer am Ende länger durchhielt.
Myrac's Charakter konnte diese seltene Ablehnung nur zugute kommen.
Alles in allem, schien es doch ganz unterhaltsam zu sein. Wenn Anfangs vielleicht noch leichte Verkrampfung herrschte, so löste diese sich nach nur 1-2 Stunden Musik und fröhlich fließendem Wein auf. Mittlerweile waren alle gelöst und unterhielten sich aufgekratzt, teilweise schon zu aufgekratzt, wo Feran dankbar für die Entfernung von der Siedlung war. Der Wein tat eindeutig seine Wirkung und es war einer der wunderbaren Vorteile der Volljährigkeit, dass sie ganz für sich waren ohne Aufsicht.
Nach einer Weile feiern, fiel Feran ein, dass Myrac eine Überraschung angedeutet hatte.
Theoretisch könnte man sagen, dass eine Feier von
ihm ohne besondere Zwischenfälle mit nichts als guter Laune, schon eine Überraschung war. Aber er kannte ihn zu gut, um sich darauf zu verlassen. Und tatsächlich kam ein ganzes Stück später in der Nacht eine kleine Ansprache von Myrac.
Für diejenigen, die solange durchgehalten haben und trinkfest waren, folgt nun eine besondere Feier. Jeder der noch stehen kann, folgt mir jetzt damit wir das Ganze in privaterer Runde fortführen können.“
An dieser Stelle verabschiedeten sich einige und manche schliefen schlicht an Ort und Stelle.
Eine Hand voll jedoch, darunter auch Merradine und einige von Myrac's engeren Freunden,
schlossen sich ihm an. Er führte sie ein gutes Stück Weg entlang, immer tiefer in den Wald hinein und schließlich kamen sie auf einer Lichtung an, wo einige Kisten herum zu liegen schienen. Myrac bedeutete ihnen zu warten und zündete mehrere Kerzen an, um es ihnen bequemer zu machen. Im Licht sah man jetzt auch, dass die
Kisten viel größer waren, als zuerst angenommen und mit großen weißen Tüchern abgedeckt waren.
Was war das für eine Lichtung, eine Art Müllsammlung? Feran war irritiert und er schien nicht

der Einzige zu sein.
Setzt euch, hier sind wir noch ungestörter.“
Myrac reichte eine Flasche mit eindeutig hochprozentigen Zeug herum.
Weinbrand, habe ich meinem Vater abgeluchst.“
Merradine zögerte.
Nun sei nicht feige“, zog er sie auf.
Du stehst immer noch auf den Beinen, du bist mit hergekommen, also machst du auch mit.“
Alkoholisiert kam eindeutig mehr von Myrac's Wesen raus, als ihr lieb war. Schließlich zuckte sie mit den Schultern, nahm einen größeren Schluck und hustete kurz danach ordentlich. Die anderen Jungs pfiffen.
Klasse Frau, pass auf dass du die Anderen nicht vorführst“, lachte Myrac.

Ob Myrac sich nun bei jeder Gelegenheit bei ihr einschleimen wollte oder ob er sie wirklich mochte und es nur nicht zugeben konnte Feran wurde einfach nicht schlau aus ihm.
Der Weinbrand hatte eindeutig seine Wirkung und es war auch lustig in der viel kleineren Runde, aber nur dafür so ein Aufstand? Myrac nahm sich scheinbar wieder mal sehr wichtig.
Vielleicht hoffte er auch noch betrunkener und tiefer im Wald, Merradine leichter rum zu kriegen. Wer konnte das bei ihm schon sagen. Ferans Sinne waren leicht umnebelt.
Ich weiß nicht, wie es euch geht Jungs...und Mädel“, ergänzte er hastig,
aber ich kriege immer einen Mordshunger, wenn ich eine Weile feiere und trinke.“ Alle lachten. „Ich habe mir darum erlaubt uns einen kleinen Imbiss mitzubringen.“ Er zog mit einem Ruck die Tücher weg und was Feran darunter sah, stockte ihm den Atem. Menschen! Mindestens 10 Stück zusammengepfercht in den drei vermeintlichen Kisten, welche sich als Käfige heraus stellten und sie waren lebendig!
Die Anderen zogen ihren Kreis alle enger und schauten regelrecht geifernd auf ihre Beute.
Feran bekam nun auch den köstlichen Geruch mit und doch war er zu geschockt, als dass er die Fassung hätte verlieren können.
Na habe ich zu viel versprochen?“, flüsterte Myrac grinsend.
Ihre
Beute rückte näher zusammen und einige wimmerten. Wie hatte Myrac sie nur ohne Aufsehen zu erregen, hier her geschafft? Plötzlich ertönte ein Schrei und Feran nahm nur noch einen Fellberg wahr. Als er wieder etwas sehen konnte, wurde ihm beinahe schlecht. Myrac hatte seine Gier scheinbar nicht mehr ausgehalten, sich verwandelt und dem am nächsten stehenden Menschen durch die Gitterstäbe ein Stück vom Bein herausgerissen. Derselbige stieß nun hohe Schreie aus und umklammerte die Reste seines Beins. Myrac war schnell fertig und verwandelte sich zurück.„Er hatte seine Chance an der Feier teilzunehmen, aber wenn er nicht will.“, seufzte er...und drehte ihm den Hals um! Stille. Keiner sagte ein Wort, Merradine schien sehr blass und hatte einige Blutspritzer abbekommen.
Bedient euch!“, strahlte Myrac und nun kamen auch die Anderen näher.
Ach komm Merra, es wird dir gefallen. Jungs helft mir mal, ich glaube wir müssen Überzeugungsarbeit leisten.“ Er schlang ihr den Arm um die Taille und zog sie mühelos näher zu den Käfigen.
Welcher gefällt dir? Der große, kräftige dort? Oder wie wäre es mit dem kleinen, etwas zarterem? Du hast die freie Wahl.“
Lass mich, ich werde gehen, dann könnt ihr euch allein weiter amüsieren.“ Fast alle lachten. „Aussteigen gibt es nicht, Merra!“ Sie schien zurück weichen zu wollen, traf jedoch sofort auf Lirek, der ihr bereits aufdringlich nahe kam. Auf einen Wink hin, wurde sie von ihm und zwei weiteren gepackt und mit dem Gesicht nahe an Käfig gedrückt.
„Heißt das du möchtest lieber gefüttert werden? Das ist gar kein Problem wirklich.“
Während seiner Worte riss Myrac das Restbein des Toten mit einem Ruck ab und hielt es ihr,
nur wenige Zentimeter vor ihren Mund entfernt, hin.
Sag ah!“, lachte er. Merradine wehrte sich, doch gegen drei Mann, dazu noch Wölfe hatte sie keine Chance. Myrac berührte mit dem blutigen Fleisch schon sanft ihre Lippen -
Myrac, das reicht!“ Alle zuckten vom lauten Zwischenruf zusammen.
Was gibt es Feran?“ Er schien irritiert.
Möchtest du sie lieber füttern?“
Wenn sie nicht will ist das ihr gutes Recht, lass sie gehen!“
Wieso sollte ich, wo wir doch soviel Spaß gerade haben?“ Feran trat an sie heran.
Wenn offensichtliche Gründe nicht zählen, dann überlege mal was passiert, wenn sie ihrer Familie hier von erzählt. Glaubst du dein Vater wird so ein Skandal erfreuen?“
Myrac's Grinsen geriet ins Flackern.
Er würde es bestimmt verstehen, er war auch mal jung.“
Er vielleicht, aber auch das Rudel? Und wessen Ruf würde wohl darunter leiden, wenn das hier ans Licht käme?“ Myrac verzog sein Gesicht.
Du hast Recht. Hier nimm,“ er stieß Merradine von sich,
ich habe für Schwächlinge eh nichts weiter übrig. Sie zu dass du sie nach Hause bringst und dann komm zurück und lass uns weiter feiern.“ Und schon war er wieder am grinsen.
Feran fiel es in dem Moment schwer ihm nicht eine reinzuhauen, aber Merra war im Moment wichtiger, eh sie es sich wieder anders überlegten. Er half ihr auf und verschwand mit ihr in der Dunkelheit. Eine Weile schwiegen sie.
Danke...“ Feran blickte auf.
Ich hätte schon früher eingreifen müssen, es tut mir leid.“ Sie zuckte mit den Schultern.
Immerhin hast du eingegriffen und nur das zählt unterm Strich.“ Er betrachtete sie.
Versteh mich nicht falsch, aber mich würde interessieren...also...rochen sie gar nicht köstlich für dich?“
Dasselbe könnte ich dich fragen, du standest als Einziger abseits.“ Wieder schwieg er.
Sie taten mir einfach so leid. Wenn sie wenigstens Leichen gewesen wären. Aber sie saßen da, voller Angst und haben einen angeschaut und dann Myrac's überflüssige brutale Reaktion.
Wenn er ihn vorher umgebracht hätte okay, aber er schien sich schlicht einen Spaß daraus zu machen die Menschen besonders zu quälen. Ich konnte da einfach nicht.“ Sie schauderte.
Er strich ihr über den Rücken.
Das war richtig so, du brauchst dich nicht zu rechtfertigen.“ Sie lächelte ihn dankbar an „Merradine, Feran!“ Beide zuckten heftig zusammen.
Wie aus dem Nichts, war Walerion vor sie getreten.
Es ist schon Morgen, ich weiß ja wie die Jugend denkt, aber übertreiben...“,
Walerion stockte der Atem.
Merra, was ist denn mit dir passiert?“
Nichts.“ Ihre Stimme klang selbst für Feran zu piepsend, als dass nichts sein könnte.
Verdammt, sie hatten einfach nicht mehr an das Blut gedacht. So schlimm sahen sie auch gar nicht aus, aber Walerion war wie immer nichts entgangen.
Und wie konnte nichts dann Flecken auf dir hinterlassen, die Blut sehr ähnlich sehen?“
Er legte seine Stirn in Falten. Feran bemühte sich um ein Wogen glätten, aber sein Kopf war noch sehr umnebelt, was das Denken erschwerte.
Das muss bestimmt vorhin passiert sein, als wir tanzten und dabei Wein umher reichten.“
Walerion durchbohrte ihn mit seinen Blicken.
Merra, wir sind am Rand des Waldes. Ich denke den Rest des Weges schaffst du bestimmt allein.“ Beklommen schaute sie zu Feran, der ihr jedoch ermutigend zu nickte. Kaum war sie ein paar Schritte gegangen, wandte sich Walerion an ihn.
Ich muss sagen, ich bin enttäuscht.
Wenn ihr schon lügen müsst, hättet ihr euch wenigstens etwas glaubhafteres ausdenken können.“ Feran musste grinsen. Es war kein bisschen angemessen in der Situation, aber es war das erste Mal seit langem, dass er sich wieder wie ein ertappter Junge fühlte und Walerion ihn rügte.
Führe mich zu den Anderen. Wir werden verspätete Nachzügler jetzt ebenfalls nach Hause schicken, ihr hattet schließlich lang genug. Einige von uns stehen mittlerweile schon wieder auf und ihr feiert noch immer.“
Der Alte schüttelte nachsichtig den Kopf, „manchmal möchte man glatt wieder jung sein.“
Feran überlegte rasch. Würde er sich in irgendeiner Form verweigern, würde das Walerion's Misstrauen sofort wecken. Die andere Lichtung war schließlich viel tiefer drinnen.
Es war unwahrscheinlich, dass Walerion sie bemerken würde. Also führte er ihn zur nahe liegenden Hauptlichtung. Als sie ankamen, waren die meisten eh schon weg. Ein paar lagen noch schlafend da, doch diese wurden geweckt und unverzüglich zurück geschickt. Überall waren ihre Feierindizien verstreut.
Nun gut, das Aufräumen könnt ihr auch morgen übernehmen, solange ihr es nicht vergesst.
Dann lass uns...“ Feran folgte Walerion's Blick um zu sehen, was diesen zum Verstummen gebracht hatte und ihm wurde übel. Man sah deutlich einen großen Lichtschein aus der Richtung,
von der er vorhin gekommen war.
Brennt da etwas? Du liebe Güte, komm schnell.“
Feran spürte nicht den geringsten Drang ihm zu folgen, aber hatte er eine andere Wahl?
Wie mechanisch bewegten ihn seine Beine vorwärts. Als sie nahe an der Lichtung waren, überkamen Feran Wellen der Lähmung. Es war ein mittlerer Waldbrand! Wo waren die Jungs „Myrac? Lirek?“ Panik erfasste ihn, wo waren sie?
Ganz ruhig bleiben, das Feuer wird dank der vielen Sandflächen schnell ausgedörrt sein und deine Freunde werden wir auch finden.“
Sie wurden von schrillen Schreien unterbrochen. War das einer seiner Freunde? Es ließ sich nicht sagen. Sie sahen sich nur kurz an und rannten der Geräuschquelle nach. Walerion konnte trotz seines Alters locker Schritt halten. Sie bogen noch um eine weitere Ecke und waren auf der Lichtung. Überall Flammen! Und jetzt sahen sie, woher die Schreie stammten.
Von den Jungs war keine Spur zu sehen, sie waren Wasser holen oder geflüchtet, wer wusste das schon...und hatten die Menschen zurück gelassen. Feran wollte ihnen noch helfen, aber Walerion hielt ihn zurück.
Es ist zu spät.“, flüsterte er.
„Das Feuer hat sie komplett eingekesselt und geht bereits auf die
Käfige über.“
Feran war fassungslos, wäre er nur hier geblieben. Und wo zum Henker waren die anderen?
Sie hatten den Brand gelegt und sich dann einfach aus dem Staub gemacht. Die Schreie wurden lauter, mittlerweile hatten alle Menschen Feuer gefangen. Feran wollte sich abwenden,
doch Walerion hielt ihn zurück.
Egal, wie dein Anteil an dieser Sache aussehen mag, so ist es doch ein Ergebnis aller Beteiligten. Also sieh auch genau hin, was ihr angerichtet habt!“ Er hatte Recht.
Feran hatte dies nie gewollt, aber er hätte sofort gehen sollen, schon als Myrac die Käfige offenbart hatte. So standen Walerion und er stumm vor den Käfigen und sahen zu, wie die Menschen verbrannten und ihre Schreie irgendwann heiser wurden und schließlich ganz verstummten.
Feran liefen Tränen übers Gesicht und er konnte nicht sagen, ob der Ruß oder seine Tat dafür verantwortlich waren...
4. Kapitel
Walerion kochte beiden eine starke Tasse Tee und servierte außerdem beiden eine Art Kräuterschnaps aus seinem persönlichem Vorrat. Feran hatte seit der Szene im Wald kein einziges Wort mehr gesagt. Sie hatten stumm das Feuer überprüft und dann angefangen die kleineren Stellen mit Wasser aus einem See in der Nähe, zu löschen. Bisher wusste niemand im Rudel, was letzte Nacht geschehen war, außer den Beteiligten. Walerion räusperte sich.
Du weißt, warum du zu schauen musstest?“ Er war sich nicht sicher, ob Feran überhaupt irgendetwas wahr nahm, aber schließlich nickte er dem Teppich zu.
Ich denke auch ohne die Geschichte gehört zu haben, dass du eher am Rande des Geschehens involviert warst und doch hat es keinen Zweck sich deswegen unschuldig zu fühlen.
Man kann nicht seine Taten sorglos vollziehen und dann die Augen vor den Konsequenzen verschließen.“ Wieder nickte Feran.
Walerion musterte ihn.
Trink! Es beruhigt dich etwas und dann muss ich erfahren, was gestern Nacht wirklich passiert ist, vor allem keine weiteren Lügen!“
Einen Moment lang passierte nichts, dann nahm Feran den Schnaps und trank ihn in einem Schluck. Er erschauderte kurz und legte dann die Hände um die Tasse und begann zu erzählen. Er ließ nichts aus, auch nicht sein Zögern nachdem er die Menschen entdeckt hatte. Er fühlte sich schuldig und darüber zu reden war wunderbarer Weise als würde etwas Giftiges aus ihm heraus gefiltert werden. Feran sprach bestimmt eine Stunde lang, die Sonne stand schon weit am Himmel, als er endlich verstummte. Walerion schien nachzudenken.
Was mich interessieren würde, was meinst du wie es zu dem Brand kam? Auch wenn uns die Wahrheit natürlich nur die Anderen sagen können, wovor sie sich hüten werden.“
Ich bin mir nicht sicher...“
Aber du hast eine Theorie oder? Feran, ihr steckt eh schon alle tief drinnen. Indem du dich dazu äußerst, kannst du es nicht mehr schlimmer machen, höchstens besser.“
Feran schwieg einen Moment.
Da waren Kerzen...“
Was meinst du damit genau?“
Sie haben die Hauptlichtung gesehen, überall waren kleine Gläser mit Kerzen für die Stimmung aufgestellt.“
Ja, nur das war an der großen Lichtung, was hat das mit...“
Walerions Augen wurden groß.
Ihr Idioten habt im dichtesten Stück Wald neue Kerzen im Dunkeln aufgestellt?“ Feran nickte. „Und dann euch als wärt ihr noch nicht angetrunken genug, hochprozentiges hinterher gekippt?“ Feran nickte wieder. Walerion stöhnte und massierte sich die Stirn.
Ich weiß es nicht mit Sicherheit, aber wo hätte der Brand sonst her kommen sollen?
Es muss mit den Kerzen zusammen hängen. Als ich mit Merra los gegangen bin, sah der Situation entsprechend alles noch gut aus. Und als wir wieder kamen, war ich genauso geschockt, wie Ihr.“
Walerion schwieg und sah nachdenklich ins Kaminfeuer, was er in den Morgenstunden
entfacht hatte.
Er glaubt irgendwie nicht an einen Unfall durch den Wind, aber es ließ sich eh nichts beweisen, also verwarf er den Gedanken.
Ich denke, also vielleicht ist jemand aus Versehen gegen eines der Gläser gekommen und da sie nicht ganz nüchtern waren“, Walerion schnaubte,
werden sie es vielleicht nicht bemerkt haben, erst als es zu spät war.“
Und dann sind sie weggelaufen und haben die Menschen dem Flammentod überlassen,
füge ich hinzu.“
Vielleicht hatten sie Angst oder vielleicht wären sie ja mit Hilfe wieder gekommen...“
Feran, als wir kamen waren die Flamen schon am Höhepunkt angelangt und hatten dank der Sandflächen aufgehört sich weiter auszubreiten. Du kennst Myrac besser als jeder Andere,
wie kannst du ihn jetzt in Schutz nehmen?“
Tu ich doch nicht!“, fuhr Feran auf.
Es ist nur...Ich will kein Verräter sein und...je schlimmer seine Taten sind, umso schlimmer sind auch meine, weil ich beteiligt war.“ Walerion musterte ihn.
Es war wichtig, dass du die Verantwortung nicht einfach von dir weist und natürlich warst du beteiligt, aber es liegt nicht in deiner Verpflichtung dir Myrac's Lasten aufzulegen. Du hast Situation bezogen weitest gehend richtig gehandelt. Du hättest lediglich schon früher eingreifen sollen oder Hilfe holen, da du es nicht konntest. Aber selbst das kann man dir nur schwerlich zum Vorwurf machen, so wie sich der Abend entwickelte. Du bist nicht unschuldig, aber du trägst auch keine große Schuld! Rede dir so etwas nicht ein, nur weil Myrac seit seiner Geburt entschlossen ist, alle Regeln zu umgehen!“
Was wird jetzt passieren?“ Walerion wägte seine Worte vorsichtig ab.
Wir werden Rat halten müssen und dann wird Myrac angeklagt werden. Ich nehme an,
ihr werdet als Zeugen nochmal befragt werden. Vermutlich werdet ihr Verantwortungslektionen erhalten und man wird euch eine Menge Arbeiten auf lasten, da ihr immerhin beteiligt wart.
Aber zumindest solltet ihr weitest gehend ohne größeren Ärger davon kommen.“
Feran schwieg, er hatte es verdient ganz gleich was da kommen würde.
Und Myrac?“ Walerion sah müde aus.
Das kann ich dir leider nicht sagen, man wird sehen. In dem Fall wird das ganze Rudel über sein Urteil entscheiden.“ Er erhob sich.
Ich muss mich jetzt mit Einigen beraten.“ Feran nickte bekümmert.
Vielleicht möchtest du vorerst hier bleiben und meine Papiere etwas ordnen?“
Beim raus gehen murmelte Feran ihm ein Danke hinterher, er war sicher dass Walerion es noch gehört hatte.
Er war rasch an Bailor's Haus und hatte unterwegs Serena gleich mit eingesammelt. Nach kurzem Höflichkeiten Austausch, hatte Walerion die ganze Geschichte bis ins letzte Detail geschildert und nun schwiegen die drei. Bailor fand als erstes seine Stimme wieder.
Dir ist doch eines klar: so grausam seine Taten gewesen sein mögen, die toten Menschen werden kaum Einen interessieren.“ Serena fuhr sofort auf.
Er beschwichtigte sie. „Es ist mir nicht gleichgültig. Ich sage nur, wie die meisten Anderen es sehen werden und so ist es nun mal.“ Walerion stimmte ihm zu.
So gerne ich ihm seine Taten vor Augen führen möchte, da wird nicht viel zu machen sein.
Was jedoch ein Fakt ist: er hat sich und seine Freunde und beinahe den ganzen Stamm,
in höchste Gefahr gebracht. Er hat ohne Zustimmung unnötig Jagd auf Menschen gemacht,
noch dazu auf viele, nicht nur einen und es dürften wenn wir Pech haben noch weitere Konsequenzen kommen.
Ich erinnere euch nur an unsere lieben Vettern, wenn die von der Sache Wind bekommen haben können wir schon einpacken.“ Serena meldete sich nun erstmalig zu Wort:
Problematisch ist auch, dass er offiziell volljährig war und dadurch seine Taten in der vollen Tragweite beachtet werden müssen, ob eine Nacht oder ein ganzes Jahr dazwischen liegt, er hat nicht mehr als Kind gehandelt. Auch Skerres Position ist unklar und könnte den Ausgang beeinflussen.“ Die anderen beiden nickten.
Was ist mit dem anderen Jungen, diesen ...Feren?“
Feran.“, verbesserte Walerion ihn.
Ich habe ihn vorläufig unter meine Obhut genommen. Es muss ja nicht sein, dass sie zu alledem sich noch gegenseitig fertig machen oder als Zeugen beeinflussen.“
Was glaubst du in wie weit die Anderen involviert waren?“
Walerion überlegte, wie er es am neutralsten ausdrücken konnte.
Sie haben ganz klar unbesonnen gehandelt. Aber ich denke, dass sie einfach nur Mitläufer waren und von Myrac die ganze Handlung ausgeht.“
Bailor stand wütend auf und ging ein paar Schritte.
Nur Ärger mit dieser Sippschaft.“ Er überlegte.
Es bleibt dabei. Wir könnten uns noch Stunden die Köpfe heiß reden, es hat keinen Sinn.
Wir werden eine sofortige Anklage erheben und dann muss das Rudel entscheiden.“
Er räusperte sich kurz.
Walerion..., ich kenne deine Meinung gut und doch würde ich dich in dem Fall bitten der Sitzung beizuwohnen.“
Keine Frage, Bailor.“ Die alten Freunde lächelten sich an.
So ich geh dann mal.“ Die beiden lachten.
Serena, deine Anwesenheit ist so selbstverständlich, dass ich sie nicht weiter erwähnte.“
Bailor legte seine Hand auf ihre Schulter.
Na dann.“, bemerkte sie spitz, konnte sich ein Lächeln jedoch auch nicht verkneifen.
Was meinst du, wann sie stattfindet?“ Sofort wurden alle wieder ernst.
So schnell wie möglich, noch heute Nachmittag, wenn ich es schaffe. Da das interne Probleme sind, haben wir keine Verpflichtung das Rudel komplett einzuberufen.“
Heute Nachmittag schon...“ Walerion starrte in die Ferne...
5.Kapitel
Die Ratshalle war ziemlich voll. Obwohl die anderen Stämme keinerlei Verpflichtung hatten,
schien sich die Nachricht schnell herum gesprochen zu haben und jeder, der Zeit entbehren konnte, war anwesend. Viele verrenkten sich die Hälse um einen Blick auf Walerion zu werfen.
Er hatte sich die letzten Jahre sehr zurück gezogen und allein seine Anwesenheit zeigte,
wie ernst die Angelegenheit sein musste. Bailor erhob sich und mit einem Schlag trat Stille ein.
Bringt den Angeklagten rein.“
Es bildete sich ein Gang zwischen den Versammelten und Skerres schritt voran und im einigen Abstand kam sein Sohn hinterher. Einige murmelten. Es war ungewöhnlich,
dass Familienangehörige die Klage mit leiteten und dass er ihn persönlich hin führte,
schien noch sonderbarer. Bailor versuchte sich auf das Wesentliche zu beschränken.
Dem Angeklagten wird Folgendes vorgeworfen: er hat ohne Zustimmung und ohne besonderen Grund Jagd auf Menschen gemacht; er hat diese zum eigenen Vergnügen am Leben gelassen und gequält vor seinen Freunden; er hat infolgedessen auf das Ärgste unser Abkommen mit den Menschen strapaziert und es ist bisher nicht ersehbar welche weiteren Konsequenzen sich noch bezüglich unserer Vettern ergeben; er hat andere Wölfe unserer Gesellschaft versucht zu denselben Taten zu zwingen; hat trotz Ermahnungen kein Einlenken gezeigt und er hat im Wald mitten in der Nacht einen schlimmen Brand gelegt, der ohne beherztes Eingreifen Anderer eine ernste Gefahr hätte werden können! Außerdem ist er nach seinen Taten geflüchtet, ohne den Versuch zu machen dafür gerade zu stehen!“
Entsetzte Stille hatte den ganzen Rat ergriffen. Fast jeder war fassungslos. Einen groben Überblick, was einen während der Versammlung erwartete, bekam jeder vorher. Aber es war etwas ganz anderes, es so detailliert zu hören. Bailor wandte sich nun direkt an Myrac.
Angeklagter, du hast nun die Chance dich zu deinen Taten zu äußern.“
Myrac richtete sich auf und lächelte. Walerion konnte es nicht fassen. Er schien weder Reue zu haben, noch den Ernst seiner Lage zu begreifen. Vielleicht erhoffte er sich auch Milde aufgrund

der Stellung seines Vaters.
Es waren doch nur Menschen und ich hatte Hunger. Ich mein, wer war nicht schon mal jung und verspürte nach einer durchzechten Nacht das Bedürfnis nach mehr? Und die Rede war von Zwang, ich wüsste nicht seit wann man teilen mit Freunden als Zwang bezeichnen sollte.
Ob ein paar Menschen mehr oder weniger, bemerken die Anderen doch gar nicht. Und was das Feuer anbelangt, so bin ich unschuldig. Ich bin nur mal kurz durch den Wald gejagt mit den Anderen, der Wind muss eine Kerze umgestoßen haben oder ein wildes Tier. Und als ich dann von weitem Flammen sah, hatte ich einfach Angst und wollte uns erst einmal in Sicherheit bringen,
eh ich Hilfe geholt hätte.“ Bailor hatte sich schnell wieder im Griff.
Ich fasse deine Aussage mal zusammen: du siehst dich kein bisschen im Unrecht und du verspürst auch keine Reue.“ Myrac lachte.
Wofür sollte ich Reue spüren, vielleicht dafür dass ich Hunger hatte oder dafür dass ich mit meinen Freunden teilen wollte?“ Bailor musterte ihn kühl.
Normalerweise war es nicht leicht ein strenges Urteil über Angeklagte zu fällen, da sie ja doch Brüder waren. Aber dieser Junge dort, hatte kein Einsehen. Im Gegenteil, er schien noch
mit seinen Taten zu prahlen.
Nun, wenn das dein letztes Wort ist, kommen wir nun zum Urteil deiner Bestrafung...“
Bailor unterbrach sich, Skerres war mitten im Wort aufgestanden. So langsam gewöhnte er sich an das Verhalten dieser unverschämten Familie.
Skerres, du möchtest dich für deinen Sohn einsetzen?“
Mit Sicherheit! Ich bin den angeklagten Punkten bis ins letzte Detail gefolgt und zweifel nicht daran, dass ihr Beweise habt.“
Das war so typisch, dachte Walerion. Selbst wenn alles gegen ihn sprach, schaffte er es über verdrehte Sätze nochmal höhere Meinungen anzuzweifeln.
Die Beweislast ist erdrückend. Aber wenn du möchtest, können wir gerne nochmal detailliert darauf eingehen.“ Bailor musterte ihn weiterhin kühl.
Oh nein, das wird nicht nötig sein. Ich habe da vollstes Vertrauen in euch.“
Nur wer genau hinhörte, konnte den leisen Spott von Skerres bemerken.
Normalerweise würdet Ihr nun zu einem Urteil gelangen, doch da es dadurch dass es mein Sohn ist, auch meine Angelegenheit ist, würde ich gerne einen Vorschlag machen.“
Er wartete obligatorisch auf ein Zustimmen und Bailor nickte leicht.
Wir hören.“ Skerres räusperte sich kurz.
Myrac hat sich gestern Nacht auf eine Weise benommen, die ich nicht für möglich gehalten hätte. Er stellte eine ernsthafte Gefahr für uns alle dar, so etwas darf sich nicht wiederholen.
Zudem kommt auch noch, dass er mittlerweile volljährig ist und damit die volle Tragweite seiner Handlungen spüren muss.“ Myrac lachte erneut.
Ach nun tu doch nicht so scheinheilig Vater. Als ob du es nicht lustig gefunden hättest.“
Skerres ohrfeigte ihn vor versammelten Publikum. Das Geräusch schallte durch den ganzen Raum. „Egal, was meine persönlichen Neigungen für oder gegen die Menschen betrifft, so habe ich doch das Wohl aller stets über mein eigenes gestellt! Ich habe
niemals das Rudel auf diese Weise in Gefahr gebracht, nur um meinem eigenen Vergnügen nach zu gehen! Und ganz gewiss bin ich niemals vor meinen Taten davon gelaufen, Feigling!“
Alle schwiegen und Walerion runzelte die Stirn. Nach einer Weile räusperte sich Bailor.
Du wolltest etwas vorschlagen, Skerres...?“
Er blickte seinen Sohn noch ein letztes mal Hass erfüllt an, eh dieser zu Boden sah.
Das war vielleicht nicht ganz die korrekte Wortwahl.“ Er schwieg einen Moment.
Hiermit bekenne ich offen, dass ich keinen Sohn habe. Dieses Ding da, was sich hochmütig als Wolf unserer Gemeinschaft betrachtet, gehört nicht länger zu mir!“
Myrac schien zwar entsetzt, doch sich nach wie vor seiner Position sehr sicher zu fühlen.
Komm Vater, du bist nur wütend...“ Skerres würdigte ihn keines Blickes.
Da ich nun also als neutrales Mitglied unseres Stammes spreche, schlage ich folgendes Urteil vor. Jeder, der auf solche bewusste und eigennützige Weise unser Rudel höchster Gefahr ausgesetzt hat, bekennt sich als Verräter des Kodex und uns aller. Er ist nicht länger würdig unser Bruder zu sein. Knüpft ihn auf!“
Auf seine Worte folgte erneut Stille. Myrac schien wie unter Schock zu stehen. Er musste sich verhört haben oder das ganze war ein Traum, ein schlechter Scherz, das musste es sein.
Skerres war sein Vater, egal was er gerade aus Wut heraus behauptete. Er konnte ihm nicht den Tod wünschen, das war absurd. Er versuchte es erneut.
Vater, ich verstehe dass du enttäuscht sein magst. Aber ich bin dein Sohn, ob du es wahrhaben willst oder nicht! Du liebst mich, wir haben dasselbe Blut. Du kannst mich nicht tot sehen wollen.“ Skerres sah ihn kühl an.
Mag sein, dass wir dasselbe Blut haben. Aber du warst für mich nie mehr als ein Mittel zum Zweck. Eine neue Generation, die mir vielleicht irgendwann folgen könnte. Aber du hast nie auch nur annähernd meine Erwartungen erfüllt, du bist einfach nur eine Last gewesen, eine Plage.
Dein Verhalten gestern Nacht war der überfällige Weckruf für mich. Ich befreie mich von diesem nervigen Anhängsel, was du darstellst. Ich habe dir nichts weiter zu sagen.“
Er kehrte ihm den Rücken zu.
Vater..nein..“
Myrac wehrte sich gegen den Griff der Wachen, die ihn zur Sicherheit festhielten.
Er weinte hemmunglos.
Das ist nicht dein Ernst ich weiß es, dreh dich um!“ Skerres verzog angewidert das Gesicht. „Bailor mir geht es nicht gut und dieses Gejammere macht es nicht besser. Würdet ihr mich von der Versammlung entschuldigen?“
Ohne großartig auf sein „Natürlich..“ zu warten, wandte sich Skerres um und verließ durch die schweigende Masse den Raum. Myrac brüllte ihm noch mehrere Male hinterher, doch es hatte keinen Sinn. Walerion kochte vor Wut. Natürlich hatte Myrac angemessene Bestrafung verdient. Aber diese Gelegenheit zu nutzen, seinen eigenen Namen rein zu waschen und alles auf den Sohn abzuwälzen...Ihn öffentlich zu demütigen, nicht nur ihm weh zu tun, sondern auch noch alle daran teilhaben zu lassen...Das war unfassbar! Walerion war immer klar gewesen, dass Myrac sich Illusionen hingab, wenn es um seinen Vater ging. Aber mit so einem Verhalten von Skerres Seite, hatte selbst er nicht gerechnet. Bailor wirkte unsicher.
Ich werde mich kurz beraten, die Sitzung geht gleich weiter.“
Er nickte Serena und Walerion zu und sie verschwanden in einem kleinen Nebenzimmer.
Das ist empörend“, fauchte sie sofort los.
„Als Familienmitglied sollte er fern bleiben oder sich für den Jungen einsetzen und nicht seine Situation noch schlimmer machen! Da steckt doch sowieso nichts als Eigennutz hinter.
Das widerspricht allem, was der Kodex uns seit Jahrhunderten lehrte!“
Die Anderen musterten sie. Walerion äußerte sich als Erster wieder.
Der Kodex, so angesehen er mal gewesen sein mag, ist schon seit langem nicht mehr relevant. Offiziell lehren wir ihn und inoffiziell greifen wir nur dann ein, wenn es extreme Gesetz Überschreitungen gab.“ Bailor fand nun auch seine Stimme, während ein Summen von Gesprächen draussen immer lauter wurde.
Ich stimme Skerres Urteil nicht zu, doch ich bin auch nicht sicher was in dem Fall eine angemessene Bestrafung ist. Er hatte leider in einigen Punkten vollkommen Recht,
ganz gleich was man vom Kodex oder seiner Moral allgemein halten mag.“ Walerion überlegte.
Myrac ist zu weit gegangen und wir dürfen uns nicht noch einmal einer solchen Gefahr aussetzen. Doch ich würde das Urteil abmildern, keine Todesstrafe, aber er kann auch nicht einfach weiter unter uns leben wie zuvor, nach solchen Taten. Man muss bedenken, egal wie sein Charakter ist, dass man streng genommen nicht nur ihm die Schuld zu weisen darf. Das Verhalten von Skerres eben, hat wunderbar gezeigt, wie sehr er zum Teil auch einfach das Ergebnis äußerer Einflüsse ist. Ignoranz und Schwäche, haben ihm zulange offene Türen gelassen, sodass er keine Chance hatte auf einen anderen Weg zu kommen.“ Die Anderen stimmten ihm stumm zu.
Wir sollten wieder zurück zur Versammlung“, meinte Bailor schließlich. Stille trat ein, sobald sie den Raum betraten. Jeder war gespannt, welches Urteil es geben würde. Bailor holte tief Luft,
um sich zu ordnen.
Wir stimmen dem Vorschlag von Skerres nicht zu und doch ist das Verhalten des Angeklagten zu fahrlässig gewesen, um auf Milderung zu hoffen. Myrac wird mit sofortiger Wirkung vom Rudel ausgeschlossen. Er wird 100 Kilometer entfernt von unserer Siedlung geführt werden und es ist ihm von da an verboten, jemals wieder eine Wolfssiedlung zu betreten. Durch missachten des Verbotes, bliebe uns keine Wahl als dies mit dem Tod zu bestrafen.“ Walerion räusperte sich.
Wenn Jemand der Meinung ist, Myrac wäre unschuldig oder die Strafe für zu hart hält,
wäre jetzt der richtige Moment etwas einzuwenden.“
Stille. Myrac hatte kurz gehetzt aufgeschaut, doch alle Gesichter wirkten verschlossen und teilweise zornig. Er hatte niemand, der sich für ihn einsetzte, er war allein. Bailor wandte sich direkt an ihn.
Myrac, du bist kein Mitglied unserer Gemeinschaft mehr!“
Walerion warf Bailor kurz einen Blick zu, welcher mit einem Nicken beantwortet wurde.
Wenn du es wünschst, so wird dir eine Stunde gewährt um dich von deiner Familie und..Freunden zu verabschieden.“, sagte er mit sanfter Stimme.
Bailor fügte jedoch mit strengen Blick hinzu: „Wenn du soweit bist, hast du dich am zentralen Platz am Brunnen einzufinden. Solltest du das als Fluchtanlass, egal welcher Art benutzen, hast du keine Gnade zu erwarten.“
Myrac nickte. Die Versammlung wurde aufgehoben. Alle tuschelten über das Geschehene beim raus gehen und warfen ihm nicht einen Blick mehr zu.
Ein paar letzte Sonnenstrahlen fielen durch die Bäume und das Vogel zwitschern machte sich langsam rar. Er war nochmal ein letztes Mal zur Lichtung zurück gekehrt und besah sich die
Reste

der letzten Nacht. Hätte Myrac gestern gewusst, wie sich das alles entwickelt...
Nein, er hätte wohl nichts anders gemacht. Zwischen den Bäumen traten seine
Freunde hervor. Merra war auch mit bei. Feran richtete als Erster das Wort an ihn.
Es tut mir leid.“ Myrac sah ihn an.
Wirklich oder nur, dass du nicht zu sehen konntest?“ Feran fühlte sich unbehaglich.
Dein Verhalten war falsch und als ich dich gestern warnte, wolltest du immer noch nicht einlenken!“, rechtfertigte er sich.
Ich wollte doch nie, dass das ganze so ausgeht. Ich denke Niemand“, und sein Blick fiel auf Merradine, „hätte dir das gewünscht, ganz gleich was gestern Abend war.“ Myrac schwieg.
Weißt du normalerweise würde ich mich mit dir Verräter ja kloppen,
aber irgendwie bin ich gerade nicht in der richtigen Stimmung.“ Er lachte.
Nun trat er zu Merra. „Lasst ihr uns einen Moment?“
Feran wusste zwar nicht, was die beiden sich zu sagen haben sollten, aber es war andererseits Myrac's letzter Moment mit ihr. Also zuckten sie die Schultern und ließen die beiden allein.
Von weitem sah er nur, wie Myrac plötzlich auf die Knie vor ihr fiel und danach sah er weg um ihnen den privaten Moment zu gönnen.
Merra, nimmst du meine Entschuldigung an, eh ich fort muss?“ Sie schwieg.
Ich könnte es ja jetzt auf den Alkohol schieben, aber das wäre gelogen.
Ich sehe selbst jetzt nicht, was daran falsch sein soll sein
Fressen auf die Weise zu genießen,
wie man es mag. Deswegen müssen Andere mir ja nicht zustimmen. Es tut mir nur leid,
dass ich dich, wie man mir später sagte scheinbar gezwungen habe. Das hätte ich nicht tun sollen.“ Sie blinzelte verwirrt. Seine Augen blickten sie so ernst und aufrichtig an, dass sie das Gefühl hatte zum ersten Mal hinter seine Fassade schauen zu können. Wer war er eigentlich wirklich?
Hatte sie ihm Unrecht getan? Klar war sein Verhalten widerlich, aber andererseits hatte sich jeder schon mal auf die eine oder andere Weise verstellt. Sie nickte.
Ich nehme deine Entschuldigung an.“ Er lächelte.
Ich danke dir! Jetzt kann ich mein Urteil annehmen. Was zukünftig kommen mag ist mir egal,
aber ich wollte mich von meiner Schuld befreien.“
Meinst du wir werden uns jemals wiedersehen?“ Es war ein komischer Moment.
Sie mochte ihn nach wie vor nicht, aber es fiel ihr auch schwer ihn zu hassen. Er stand auf und lachte.
Nur wenn ich mein Leben satt habe und dir und den Kerlen da zuliebe zurück in eine Siedlung komme.“ Er lachte wieder.
Wobei ersteres durch aus den Preis wert wäre.“
Sie verdrehte die Augen. Selbst jetzt konnte er es nicht lassen. Fast konnte man ihm wirklich glauben, dass er sie liebte, aber eben nur
fast. Er lachte wieder und küsste sie auf die Wange.
Danach machte er sich auf den Weg zum Brunnen um sich offiziell
rausschmeißen zu lassen.
Sie war also doch eingeknickt, dachte Feran, der dir letzte Szene mitbekommen hatte.
Andererseits würde Myrac für immer verschwinden und vielleicht wollte sie ihm nur den Abschied leichter machen. Er wusste nicht mehr, was er denken sollte. Myrac hatte ihm auf dem Weg in die Siedlung im vorbei gehen böse grinsend zu genickt. Er hatte verdient, was er bekam und es war richtig. Und doch...fühlten sich die Freunde, als wenn sie auf einer Beerdigung wären.
Nichts würde mehr sein, wie vorher...
6. Kapitel
Er überprüfte gerade einige Wirtschaftsangaben, wie es um ihre Vorräte stand und dergleichen,
als es klopfte.
Herein.“
Tut mir leid Euch stören zu müssen.“
Ah Serena, du störst nie. Ich beschäftige mich eh nur mit unseren Essensvorräten.“
Bailor verdrehte die Augen.
Das Anführer Dasein kann ja so spannend sein.“ Sie kicherte.
Du wolltest es so.“
Das sei dahin gestellt“, grummelte er.
Weswegen ich eigentlich hier bin, unsere Vettern statten uns mal wieder einen Besuch ab.
Ich dachte das interessiert dich.“ Bailor stand sofort auf.
Haben sie gesagt, was sie wollen? Sie waren ja immerhin einige Jahre nicht hier.“
Sie zuckte mit den Schultern. Einige Jahre, schien ihr eine höfliche Untertreibung zu sein.
Allein ein Blick auf die Generation um Myrac, offenbarte, wie viel Zeit wirklich vergangen war.
Du kennst sie doch, alte Geheimniskrämer. Sie warten auf den Anführer, mit Anderen wollen sie nicht reden.“ Er seufzte.
Dann lass uns hören, was sie wollen.“
Bailor?“
Ja?“
Sei...besonnen. Wenn sie ihr Schweigen brechen und auf einmal wieder zu uns kommen,
ist die Vermutung naheliegend,“
„dass es wegen den Menschen ist. Ja der Gedanke kam mir auch schon.“ Beide schwiegen.
Nun wir finden es nicht heraus, indem wir hier bleiben. Lass uns gehen.“
Kelladres ließ seinen Blick wandern: dieselben Hütten, dieselben Wölfe. Vielleicht waren ein paar Junge gereift, aber mehr schien sich hier nicht verändert zu haben. Er schreckte aus seinen Gedanken hoch, als ein kräftiger Krieger ihm entgegen trat. Instinktiv gingen sie in eine Abwehrhaltung. Jetzt entdeckte er auch die Frau von eben, neben ihm.
Willkommen bei uns Kelladres. Es ist einige Zeit her, seit Ihr uns das letzte Mal besuchtet.“ Kelladres schien verwirrt. Er wandte sich an Serena.
Ich hatte doch deutlich gemacht, dass ich nur mit dem Anführer spreche.“
Das ist der Anführer. Bailor wurde vor rund 40 Jahren zum neuen Oberhaupt gewählt.“
Auf ihre Erklärung folgte eine kurze Stille, dann brachen sie in heftiges Lachen aus.
Bailor blickte hilfesuchend Serena an, doch die war genauso ratlos. Bei einem Wolf wie Kelladres, war sie eigentlich der Überzeugung gewesen, er könne überhaupt nicht lachen.
Nachdem die Delegation sich einigermaßen beruhigt hatte, sprach er erneut.
So ihr habt also Walerion abgesetzt und euch einen aufgepumpten Krieger vor die Nase gesetzt, ja?“ Seine Begleiter lachten schon wieder, aber er brachte sie mit einem Blick zum Schweigen. „Nun, es geht uns nichts an. Wenn ihr meint das würde euch weiter bringen bitte, ist ja eure Beerdigung.“ Bei diesen Worten ging einer seiner Begleiter ein Stück abseits um mit Mühe seine Beherrschung zurück zu erlangen. Serena fasste sich sehr schnell wieder.
Wir Ihr richtig bemerktet, ist dies unsere Angelegenheit. Da wir nicht wüssten inwiefern wir euch beleidigten, erbeten wir uns dasselbe Recht. Bailor ist ein fähiger Kopf und ihr habt keinen Grund anmaßend zu werden.“ Bailor legte ihr eine Hand auf die Schulter.
Schon gut.“, murmelte er. Kelladres wirkte amüsiert.
Ein Tatsachen aussprechen ist noch lange kein beleidigen, Teuerste. Mir ist es wie gesagt auch einerlei, bringt mich zu Walerion.“
Ihr wolltet den Anführer sprechen und wenn eure Neuigkeiten weiter gehend sind, dann muss davon das Oberhaupt erfahren.“ Kelladres zuckte die Schultern.
Ich bin sicher, wenn ihr nett genug bittet wird er mit euch teilen.“
Wieder flackerte kurz ein boshaftes Grinsen über sein Gesicht. Was war nur mit diesen Biestern los, dachte Bailor erbost.
Wir werden sehen, was sich machen lässt.“, meinte Serena. Sie und Bailor suchten Walerion gemeinsam auf. Als er die Tür öffnete und ihre ernsten Gesichter sah,
rechnete er schon mit dem Schlimmsten.
Oh nein, was ist jetzt schon wieder passiert?“ Bailor schien immer noch mit seiner Fassung zu ringen, also sprach erneut Serena.
Im Grunde, bisher noch nichts.“ Walerion sah sie fragend an.
Nun wir haben Besuch von unseren Vettern und wie früher schon warten sie am Rand und wollen nur mit dem Anführer sprechen.“
Ja und weiter, das hat ja mit mir nichts mehr zu tun oder wollt ihr mich dabei haben?“
Serena versuchte ihre Worte abzuwägen, um Bailor nicht weiter zu provozieren.
Ich brachte Bailor zu ihnen und als sie erfuhren, dass er der neue Anführer ist, fanden sie das nun ja...anscheinend sehr...amüsant.“ Bailor grunzte.
Des weiteren bestanden sie darauf dich zu sehen und als wir darauf pochten, dass sie ja schließlich den Anführer sehen wollten, fanden sie das Ganze nur noch lustiger und meinten du würdest bestimmt teilen.“ Stille. Walerion's Mundwinkel zuckten leicht.
Nun Kelladres war schon immer sehr...eigensinnig. Es gibt deswegen keinen Grund das persönlich zu nehmen, Bailor.“ Er grunzte wieder nur. Walerion überlegte schnell.
Wenn es in eurem Sinne ist, werde ich sie einfach empfangen und hören, was sie zu sagen haben und danach können wir uns beraten.“ Bailor nickte nur und drehte sich steifen Schrittes um.
Serena lächelte ihn dankbar an.
Es ist nicht gegen dich, er fühlt sich nur ein wenig ähm... bloßgestellt.“, flüsterte sie.
Kommst du endlich Serena? Walerion sollte unsere Gäste doch nicht länger warten lassen.“
Sie lächelte ein letztes Mal und folgte dann Bailor. Walerion konnte sich, kaum dass sie ihm den Rücken zugedreht hatten, ein Grinsen nicht länger verkneifen. Er mochte Bailor und fand ihn durchaus fähig, aber dennoch fand er Kelladres Reaktion sehr erheiternd.
Er war an sein Verhalten gewöhnt, aber ein stolzer Krieger wie Bailor...
Was mochte es ihn gekostet haben, die Beherrschung nicht zu verlieren, dachte Walerion lächelnd. Schnell war er am Rand der Siedlung angelangt.
Kelladres, lange nicht gesehen.“
Walerion.“, er nickte. Kaum dass sie in seinem Haus waren, legte er los.
Mir scheint du wurdest runter gesetzt von dem Rudel, zu dem du ja so stehst.“
Walerion zuckte die Schultern.
Es war ihre Entscheidung, wenn sie meinen es ist besser so, dann nehme ich das hin.
Es ist ja schon eine Weile so, ich bin nun daran gewöhnt.“

Kelladres musterte ihn.
Mal im Ernst Walerion, was hält dich hier? Dies ist ein untergehendes Schiff und solltest du gewisse Gewohnheiten überdenken, könnten wir einen wie dich gut gebrauchen bei uns.“
Walerion seufzte. „Manchmal hinterfrage ich das schon.“, gab er zu.
Aber andererseits kann ich dem Schiff auch nicht den Rücken zu kehren, nur weil es mal durch stürmische Gewässer fährt.“
Ich verstehe...mit einer anderen Reaktion wärst du wohl auch nicht du selbst.“ Walerion nickte. „Was führt euch zu uns? Nach unserem letzten Gespräch sah es nicht so aus, als würden wir uns bald wieder sehen und ich bezweifle, dass ihr nur gekommen seid um Bailor zu provozieren.“ Kelladres lachte.
Dieses aufgeblasene Paket? Nein, es war amüsant aber nicht unser Grund, wir wussten gar nichts von einer Neuwahl bei euch.“ Walerion schwieg und wartete darauf, dass er weiter sprach.
Wir sind so gesehen, als Boten der Menschen hier.“ Das wiederum überraschte Walerion.
Wie darf ich das verstehen?“
Nun nach den bedauerlichen Vorfällen damals, erwarteten wir eigentlich einen Krieg.
Da dieser nicht kam, zogen wir doch diplomatische Verhandlungen in Betracht und trafen uns mit den Menschen. Dadurch erfuhren wir auch von eurem Schachzug. Du kannst dir vorstellen,
dass ihr Oberhaupt Lardes sehr überrascht war gleich zwei Mal in kurzer Zeit von
Wölfen aufgesucht zu werden. Du musst es wohl beiläufig vergessen haben, unsere Existenz zu erwähnen.“ Walerion lachte. „Ich war mir sicher, dass er irgendwann einmal von euch erfahren würde.
Aber warum sollte ich ihm zu diesem Zeitpunkt mehr als nötig verraten?“ Kelladres nickte.
Weitest gehend nachvollziehbar, ja. Ich will mich an dieser Stelle knapp fassen, dir dürfte klar sein dass er auf euch nicht gut zu sprechen ist?“ Walerion seufzte.
Was hast du ihm erzählt?“
Och nur das Übliche.“ Er zuckte mit den Schultern.
Dass wir uns abgetrennt haben und inwieweit sich unsere Überzeugungen trennen.
Den Rest hat er sich selbst zusammen gereimt. Er scheint es als
Verrat zu sehen, dass du nie andere Alternativen zum Morden erwähnt hast.“ Walerion verdrehte die Augen.
Und ich wette du hast ihn noch darin bestärkt, dass euer Weg so leicht ist und wir schlicht aus Freude am töten so weiter machen.“
Kelladres grinste. „Na ja nun nicht unbedingt in dieser Wortwahl, aber ansonsten schon ja...“ Walerion wirkte beinahe belustigt.
Ich würde dich ja jetzt gern Blutverräter nennen und dir die Genugtuung geben, wie sehr du uns doch geschockt hast. Aber ich habe ehrlich gesagt nichts anderes erwartet. Seit damals habe ich damit gerechnet und dass es unsere Beziehung mit ihnen belasten würde, war sowieso klar.“ Kelladres nickte anerkennend.
Was uns in dem Sinne nun herführte ist Folgendes: scheinbar seid ihr euren normalen Jagdgewohnheiten nach gegangen und habt zusätzlich unerwartet 10 Menschen getötet.
Der besorgte Mensch fragt sich nun, ob das vielleicht der Anfang von vollkommen fehlender Kontrolle eurerseits ist.“ Walerion fluchte innerlich. Es war abzusehen gewesen, aber er hatte sich bis zu Letzt doch an die Hoffnung geklammert, es wäre geheim geblieben.
Wir hatten mit einigen..internen..Problemen zu tun. Es wurde sich darum gekümmert und die Menschen haben nichts weiter zu befürchten.“
Kelladres musterte ihn und schien seine Worte genau abzuwägen.
Wir haben nichts vom Krieg und wünschen uns definitiv auch keinen weiteren mehr.
Erst Recht werden wir nicht die
Schmutzarbeit der Menschen erledigen.“ Er atmete tief ein.
Aber sollten eure Probleme wieder auftauchen und öfter, sehen wir uns gezwungen einzugreifen, mit Menschen an unserer Seite notfalls. Sie billigen euch nicht länger, sind aber doch relativ machtlos, solange sie eure Standorte nicht kennen. Wir sehen weitest gehend weg, doch sollten eure Gewohnheiten sich in Sinn freies Abschlachten ändern, könnten wir unsere Kriegsunlust plötzlich vergessen. Betrachte dich also als gewarnt!“ Walerion nickte.
Er hätte gerne etwas entkräftendes gesagt, aber zum einen gingen sie die Details mit Myrac wirklich nichts an und zum anderen, verstand er sie auch und gab ihnen bedingt Recht. Kelladres erhob sich.
Das wäre vorerst alles. Wir werden uns künftig wohl wieder regelmäßiger sehen,
sofern bestimmte..Dinge..nicht eintreffen.“
Ich würde ja sagen, ich freue mich, aber das kommt mir unter diesem Umständen deplatziert vor.“, sagte Walerion lächelnd. Kelladres lachte.
Durchaus, wenn man bedenkt, dass wir nur kommen um an eurem Untergang teilzuhaben.
Ich frage mich, ob du in einigen Jahren diesen ..Bailor.. immer noch verteidigst.“
Man wird sehen, was die Zukunft bringt.“
Allerdings. Ich nehme nicht an, dass du dir unser Angebot nochmal überlegt hast?“
Überlegen immer noch, aber dafür entschieden, nein.“
Was anderes habe ich eigentlich auch nicht erwartet. Man wird sich sehen...oder auch nicht...“ „Kelladres“, er nickte.
Walerion“. Und schon fiel die Tür ins Schloss.
7. Kapitel
Einige Monate waren mittlerweile vergangen seit Myrac aus dem Rudel verstoßen worden war.
Es war Spätsommer und die Temperaturen langsam wieder erträglich. Feran und Merradine gingen zusammen im Wald spazieren. Sie hatten kein bestimmtes Ziel, ließen sich einfach nur treiben. Inzwischen waren sie eine Art Paar geworden, wobei Feran Schwierigkeiten hatte,
ihre Beziehung zu definieren. Sie waren gute Freunde geworden und teilten vieles, aber es schien nie mehr zu sein. Dann hatten sie sich eines Abends geküsst und von da an taten sie regelmäßig eindeutig mehr als
Freunde würden. Es fühlte sich nicht an, wie Feran erwartet hatte.
Merradine bedeutete ihm viel und doch schienen sie nicht das klassische Paar zu sein.
Sie riss ihn aus seinen Gedanken.
Schau mal!“
Als sie näher kamen, entdeckte er überall vereinzelte Knochen verstreut. Er sah sich um.
Sie schienen auf einer verwilderten Lichtung zu sein, die scheinbar regelmäßige Besucher hatte,
den Knochen nach zu urteilen. Er runzelte die Stirn. Die Spuren, die er fand, waren ganz frisch
und auch einige der Knochen hatten noch Fleischfasern. Sie hätten schon längst verwest sein müssen, wenn es alte gewesen wären. Ein Knurren überraschte sie von hinten.
Als sie sich umwandten, trafen sie auf einen verwilderten Wolf, der eine frische Leiche im Maul trug. Eine Menschenleiche! Es musste eindeutig ein Werwolf sein, auch wenn man bei seinem mageren Zustand nicht sicher sein konnte. Merradine krallte ihre Hände in Feran's Arm.
Myrac?“, flüsterte sie ungläubig.
Du solltest der Siedlung nicht so nahe kommen, was ist wenn dich andere sehen? Du darfst mit keinem in Kontakt treten, sagt dein Urteil.“
Der Wolf kläffte sie an, schnappte sich sein Fleisch und verschwand irgendwo im nächsten Unterholz. Feran stutzte.
Das war nicht Myrac.“
Bist du sicher?“
Er nickte: „Absolut! Ich sah ihn unzählige Male verwandelt und habe mit ihm gekämpft.
Das war er nicht.“
Dann muss ich mich wohl geirrt haben, aber er sah ihm sehr ähnlich oder?“
Das stimmt allerdings.“ Feran grübelte.
Sag mal was anderes: seit wann sorgst du dich um Myrac?
Du darfst der Siedlung nicht so nahe kommen?“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust.
Er ist doch weg, du brauchst nicht weiter einen auf Konkurrent machen,
wo er eh dem Rudel nicht mehr angehört.“
Feran stutzte. „So war das gar nicht gemeint. Du machtest mir früher nur nicht den Eindruck,
ihn sonderlich zu mögen. Ich war nur überrascht.“
Ihre Mine wurde sanfter. „Zum einen finde ich sein Urteil ziemlich grausam...“
- Sie fuhr mit lauterer Stimme fort, da er Anstalten machte sie zu unterbrechen -
Ich sage ja nicht, dass er es nicht verdient hat. Ich sage nur, stell dir doch mal vor von heute auf morgen niemanden zu haben, mit niemand reden zu können, ganz allein auf der Welt zu sein.
Und das andere...“ Sie zögerte.
Ja?“, sagte er ermutigend.
Ich frage mich, ob ich ihn früher falsch eingeschätzt habe. Durch seine Verbannung, werde ich es nie heraus finden und auch nie die Chance haben im Falle eines Irrtums es wieder gut zu machen.“ Feran starrte sie an.
Wieso glaubst du, ihn falsch eingeschätzt zu haben?“ Sie überlegte.
Es war einfach der Moment, als er sich verabschiedete. Es war, als wenn er auf einmal ein ganz anderer war, als ob ich zum ersten Mal hinter seine Fassade blicken durfte.“
Feran sagte nichts dazu, das musste sie einfach selbst wissen. Er konnte es nur nicht fassen,

dass Myrac selbst nach seinem Abgang noch weitere Fäden spann. Das war so typisch.
Die einen hatten ihn nie durchschaut und die Anderen verwechselten sein heimtückisches um den Finger wickeln, mit echten Gefühlen. Wenn seine eine Masche nicht zog, spielte er schlicht