Mein Herzblatt

Seit vielen Jahren bin ich gewohnt, ein Mittagsschläfchen zu halten. Ich setze mich in einen Sessel im Wohnzimmer, ein Kissen hinter dem Kopf, die Füße auf einem viereckigen Lederhocker, und lese, bis ich einschlummere.

So hatte ich es mir auch am Freitagnachmittag in meinem Sessel bequem gemacht und genoss die Lektüre eines meiner Lieblingsbücher – Doubleday und Westwoods The Genera of Diurnal Lepidoptera, ein Werk über Tagfalter –, als meine Frau, die noch nie zur Schweigsamkeit neigte, vom Sofa aus das Wort an mich richtete. «Du», begann sie, «wann kommen eigentlich diese beiden Leute?»

Ich antwortete nicht, und sie wiederholte die Frage, diesmal erheblich lauter.

Ich teilte ihr höflich mit, dass ich es nicht wüsste.

«Ich finde sie nicht sehr sympathisch», fuhr sie fort. «Und ihn mag ich noch weniger als sie.»

«Nein, Liebes. In Ordnung.»

«Arthur! Ich sagte, sie sind mir nicht sehr sympathisch.»

Ich ließ mein Buch sinken und blickte zu ihr hinüber. Sie lag auf dem Sofa und blätterte in einem Modejournal. «Wir waren ja erst einmal mit ihnen zusammen», erwiderte ich.

«Ein schrecklicher Mann, wirklich. Erzählte pausenlos Witze oder Geschichten oder was weiß ich.»

«Du wirst schon mit ihnen fertig werden, Liebes.»

«Und sie ist nicht viel besser als er. Wann, glaubst du, werden sie kommen?»

«Wahrscheinlich so gegen sechs.»

«Aber findest du sie nicht auch grässlich?», fragte sie und deutete mit dem Finger auf mich.

«Nun …»

«Sie sind einfach unausstehlich, jawohl, das sind sie.»

«Wir können jetzt kaum noch absagen, Pamela.»

«Sie sind das absolut Letzte.»

«Warum hast du sie dann eingeladen?» Die Frage entschlüpfte mir unwillkürlich und zu meinem größten Bedauern, denn ich habe es mir zur Regel gemacht, meine Frau nie herauszufordern, wenn ich es irgend vermeiden kann. Eine Pause trat ein, und während ich auf Antwort wartete, betrachtete ich das Gesicht meiner Frau – dieses große weiße Gesicht, in dem etwas so seltsam Faszinierendes war, dass es mir oft nicht gelingen wollte, den Blick davon abzuwenden. Abends, wenn sie an ihrer Stickerei arbeitete oder ihre kniffligen kleinen Blumenbilder malte, straffte sich mitunter das Gesicht und spiegelte eine geheimnisvolle innere Kraft wider, die unsagbar schön war, und ich konnte nichts anderes tun, als es wie gebannt anstarren, während ich vorgab zu lesen. Selbst jetzt, mit dem verdrossenen, bitteren Blick, der gerunzelten Stirn, der ärgerlich gekrausten Nase, hatte diese Frau unleugbar etwas Majestätisches an sich, etwas Grandioses, fast Überwältigendes. Hinzu kam, dass sie sehr groß war, viel größer als ich – obgleich man sie heute, in ihrem einundfünfzigsten Jahr, eher massig als groß nennen müsste.

«Du weißt sehr gut, warum ich sie eingeladen habe», sagte sie in scharfem Ton. «Nur weil sie Bridge spielen, ein erstklassiges Bridge und um einen anständigen Einsatz.» Sie hob den Kopf und sah, dass ich sie beobachtete. «Mehr ist wirklich nicht an ihnen dran», schloss sie, «und du denkst doch genauso, nicht wahr?»

«Hm, natürlich, ich …»

«Sei nicht albern, Arthur.»

«Ich habe sie ja erst einmal gesehen, aber ich finde, sie machten einen sehr netten Eindruck.»

«Den macht unser Fleischer auch.»

«Bitte, Pamela, Liebes, du darfst nicht ungerecht sein.»

«Hör mal zu», das Modeheft fiel klatschend auf ihren Schoß, «du weißt ebenso gut wie ich, was für Leute das sind. Dumme Streber, die sich einbilden, sie könnten überall verkehren, nur weil sie gut Bridge spielen.»

«So wird’s wohl sein, Liebes. Ich verstehe nur nicht, warum du sie dann …»

«Das sage ich dir ja die ganze Zeit – damit wir endlich einmal ein anständiges Bridge spielen können. Ich habe es satt, mich mit Stümpern herumzuärgern. Aber es ist doch wirklich eine Zumutung, diese grässlichen Leute übers Wochenende im Haus zu haben.»

«Natürlich, Liebes, natürlich. Nur … ist es jetzt nicht ein bisschen spät …»

«Arthur!»

«Ja?»

«Warum musst du mir eigentlich dauernd widersprechen? Du weißt, dass sie dir genauso unsympathisch waren wie mir.»

«Ich bin sicher, Pamela, dass du dir keine Gedanken zu machen brauchst. Alles in allem schienen sie doch ein nettes junges Paar mit guten Manieren zu sein.»

«Arthur, übertreibe nicht so maßlos.» Sie sah mich streng an, und um ihrem Blick auszuweichen – diese runden grauen Augen verwirrten mich, wie schon so oft –, ging ich zu der Fenstertür, die in den Garten hinausführte.

Die große, leicht abfallende Rasenfläche vor dem Haus war frisch gemäht, sodass hellgrüne Streifen mit dunkleren wechselten. Drüben, auf der anderen Seite, standen die beiden Goldregensträucher endlich in voller Blüte und hoben sich leuchtend von den Bäumen im Hintergrund ab. Die Rosen und die scharlachroten Begonien waren ebenfalls erblüht, auch meine schönen Lupinen, Federnelken, Akeleien, Rittersporne und die blassen, duftenden Schwertlilien. Einer der Gärtner kam gerade vom Mittagessen zurück. Ich sah das Dach seines Häuschens durch die Bäume und seitlich dahinter das eiserne Gittertor an der Straße nach Canterbury.

Das Haus meiner Frau. Ihr Garten. Wie schön war das alles! Wie friedlich! Ach, wenn Pamela nur etwas weniger um mein Wohlergehen besorgt wäre, etwas weniger dazu neigte, mir – «einzig und allein zu deinem Besten, Arthur» – höchst lästige Entschlüsse aufzuzwingen, dann hätte ich hier den Himmel auf Erden. Mit diesen Worten möchte ich jedoch keinesfalls den Eindruck erwecken, dass ich sie nicht liebe – ich bete die Luft an, die sie atmet – oder dass ich nicht mit ihr fertig werde oder dass ich nicht Herr im Hause bin. Nein, es ist nur so, dass sie mir manchmal ein bisschen auf die Nerven geht. Ihr Benehmen zum Beispiel, ihre etwas manierierte Art – ich wünschte wirklich, sie würde sich gewisse Dinge abgewöhnen. Vor allem missfällt mir, dass sie mit dem Finger auf mich deutet, sooft sie einen Satz betonen will. Wie ich bereits sagte, bin ich ziemlich klein von Statur, und wenn sich jemand, besonders ein Mensch wie meine Frau, unablässig dieser Geste bedient, dann schüchtert mich das natürlich ein. Manchmal bin ich nahe daran, zu bezweifeln, dass ich in unserer Ehe das Regiment führe.

«Arthur!», rief sie. «Komm her.»

«Was ist denn?»

«Ich habe eine wunderbare Idee. Komm her.»

Ich drehte mich gehorsam um und ging zu dem Sofa, auf dem sie lag. «Pass mal auf», sagte sie. «Wie wär’s, wenn wir uns einen kleinen Spaß machten?»

«Was für einen Spaß?»

«Mit den Snapes.»

«Wer sind die Snapes?», fragte ich.

«Herrje, wach doch auf. Henry und Sally Snape. Unsere Wochenendgäste.»

«Ja und?»

«Hör zu. Ich habe hier gelegen und daran gedacht, wie grässlich sie sind … er mit seinen Witzen und sie wie eine Turteltaube …» Sie lächelte listig, und aus irgendeinem Grunde hatte ich den Eindruck, sie werde etwas Schockierendes sagen. «Nun – wenn sie sich in unserer Gegenwart so benehmen, wie müssen sie dann erst sein, wenn sie miteinander allein sind?»

«Moment mal, Pamela …»

«Stell dich nicht so an, Arthur. Ich finde, wir sollten uns heute Abend einen Spaß machen, einen richtigen Spaß.»

Sie hatte sich ein wenig aufgerichtet, plötzlich strahlend vor Übermut, den Mund leicht geöffnet, und ich sah in ihren runden grauen Augen zwei kleine Funken tanzen.

«Sag doch ja», drängte sie.

«Was hast du denn vor?»

«Na, das ist doch klar. Kannst du es nicht erraten?»

«Nein.»

«Wir brauchen nur ein Mikrophon in ihrem Zimmer aufzustellen.» Ich gebe zu, ich war auf einiges vorbereitet, aber dieser Vorschlag brachte mich so aus der Fassung, dass ich einfach keine Worte fand.

«Genau das werden wir machen», fügte sie triumphierend hinzu.

«Halt!», rief ich. «Nein. Warte einen Augenblick. So was ist doch unmöglich.»

«Warum denn?»

«Das ist wohl der übelste Streich, von dem ich je gehört habe. Noch viel, viel schlimmer als … als durch Schlüssellöcher sehen oder fremde Briefe lesen. Aber du hast es ja auch nur im Scherz gesagt, nicht wahr?»

«O nein. Ich meine es ernst.»

Obgleich ich wusste, dass sie keinen Widerspruch vertrug, hielt ich es manchmal für unbedingt notwendig, mich durchzusetzen, selbst auf die Gefahr hin, ihren Zorn zu erregen. «Pamela», stieß ich scharf hervor, «ich verbiete dir, das zu tun!»

Sie nahm die Füße vom Sofa und setzte sich auf. «Sag mal, Arthur, was glaubst du eigentlich, wer du bist? Wirklich, ich verstehe dich nicht.»

«Das dürfte doch nicht so schwer sein.»

«Lächerlich! Ich weiß, dass du schon viel schlimmere Sachen gemacht hast.»

«Niemals.»

«O doch. Versuch bloß nicht, den Tugendbold zu spielen.»

«Aber so etwas habe ich bestimmt noch nie gemacht.»

«Nicht so hastig, mein Junge.» Ihr Zeigefinger schnellte auf mich zu wie eine Pistole. «Wie war denn das Weihnachten bei den Milfords? Erinnerst du dich? Du hast dich halb totgelacht, und ich musste dir die Hand auf den Mund legen, damit man uns nicht hörte. Na, was sagst du nun?»

«Das war etwas anderes», verteidigte ich mich. «Es war nicht unser Haus. Und es waren nicht unsere Gäste.»

«Wo ist da der Unterschied?» Sie saß jetzt sehr gerade, starrte mich mit ihren runden grauen Augen an, und ihr vorgestrecktes Kinn drückte tiefe Verachtung aus. «Lass gefälligst die blöde Heuchelei, Arthur. Was ist denn nur plötzlich in dich gefahren?»

«Ganz ehrlich, Pamela, die Sache gefällt mir nicht. Das ist doch eine ausgesprochene Gemeinheit.»

«Nun ja, mein Lieber, ich bin eben gemein. Und du auch – im Grunde deines Herzens. Deswegen passen wir ja so gut zusammen.»

«Ich habe noch nie so einen Unsinn gehört.»

«Aha, du hast dich offenbar plötzlich entschlossen, auf dem Pfad der Tugend zu wandeln. Ja, das ist natürlich etwas anderes.»

«Bitte hör auf, so zu reden, Pamela.»

«Sieh mal», fuhr sie unbeirrt fort, «wenn du wirklich entschlossen bist, dich zu bessern – was in aller Welt soll dann aus mir werden?»

«Du weißt nicht, was du sprichst.»

«Arthur, wie könntest du, ein guter Mensch, noch länger mit mir, einem Ekel, zusammenleben wollen?»

Ich setzte mich langsam in den Sessel ihr gegenüber, und sie ließ mich keine Sekunde aus den Augen. Um es noch einmal zu sagen, sie war eine große, stattliche Frau mit einem großen weißen Gesicht, und wenn sie mich so eindringlich anblickte, wurde ich – wie soll ich mich ausdrücken? – gleichsam von ihr umschlossen, von ihr eingehüllt, als wäre ich in einen riesigen Tiegel Hautcreme gefallen.

«Du willst das mit dem Mikrophon gar nicht machen, nicht wahr?»

«Doch, natürlich. Es wird Zeit, dass wir mal ein bisschen Spaß haben. Komm, komm, Arthur, hab dich nicht so.»

«Es ist nicht anständig, Pamela.»

«Es ist genauso anständig –» wieder schoss ihr Finger auf mich zu – «genau so anständig wie damals, als du diese Briefe, die du in Mary Proberts Handtasche fandest, von A bis Z gelesen hast.»

«Wir hätten das nie tun sollen.»

«Wir!»

«Du hast sie nach mir gelesen, Pamela.»

«Es hat ja niemandem geschadet. Das hast du damals selbst gesagt. Und dies hier ist nicht schlimmer.»

«Was würdest du sagen, wenn jemand das mit dir täte?»

«Dumme Frage. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. Also los, Arthur, sei kein Waschlappen.»

«Ich muss mir das überlegen.»

«Hat der große Radioingenieur vielleicht vergessen, wie man ein Mikrophon an den Lautsprecher anschließt?»

«Das ist das Leichteste von allem.»

«Na bitte, worauf wartest du noch?»

«Lass mich doch überlegen. Ich sage dir nachher Bescheid.»

«Nachher ist es zu spät. Sie können jeden Moment kommen.»

«Dann lasse ich’s bleiben. Sollen sie mich etwa auf frischer Tat ertappen?»

«Wenn sie kommen, bevor du fertig bist, halte ich sie einfach hier unten auf. Da kann gar nichts passieren. Wie spät ist es überhaupt?»

«Kurz vor drei.»

«Sie kommen von London», sagte sie, «und sie sind bestimmt nicht vor dem Mittagessen abgefahren. Du hast also reichlich Zeit.»

«Welches Zimmer wolltest du ihnen denn geben?»

«Das große gelbe am Ende des Flurs. Das ist nicht zu weit weg, nicht wahr?»

«Würde gerade noch gehen, denke ich.»

«Wo wirst du übrigens den Lautsprecher aufstellen?», erkundigte sie sich.

«Ich habe noch gar nicht gesagt, dass ich mitmache.»

«Mein Gott!», rief sie. «Dich kann doch jetzt keiner mehr halten. Du solltest dein Gesicht sehen: Es ist rosarot vor Aufregung, und deine Augen leuchten. Stell den Lautsprecher in unser Schlafzimmer, ja? Los, fang an – und beeil dich.»

Ich zögerte. Das tat ich immer, wenn sie mich herumkommandierte, statt mich freundlich zu bitten. «Mir ist nicht wohl bei der Sache, Pamela.»

Nun sagte sie nichts mehr; sie saß nur da, still und stumm, und sah mich an. Auf ihrem Gesicht lag ein resignierter, wartender Ausdruck, als stünde sie irgendwo Schlange. Ich wusste aus Erfahrung, dass dies ein Gefahrenzeichen war. Sie erinnerte mich an eine dieser Höllenmaschinen, bei denen die Zündung eingestellt ist, und es war nur eine Frage der Zeit, wann sie – peng! – explodieren würde. In der Stille, die im Zimmer herrschte, konnte ich sie beinahe ticken hören.

So stand ich denn schweigend auf und ging in die Werkstatt, um ein Mikrophon und eine Rolle Draht zu holen. Zu meiner Schande muss ich bekennen, dass ich jetzt, seit ich nicht mehr in ihrer Nähe war, eine gewisse Erregung verspürte, ein warmes, prickelndes Gefühl in den Fingerspitzen. Es war nichts Besonderes, wohlgemerkt – überhaupt nicht der Rede wert. Du lieber Himmel, so etwas empfinde ich an jedem Morgen meines Lebens, wenn ich die Zeitung aufschlage und die Kurse der zwei, drei Aktien überprüfe, von denen meine Frau ein größeres Paket besitzt. Dieser alberne Spaß konnte mich wirklich nicht aus der Ruhe bringen. Aber ich freute mich darauf, das will ich nicht leugnen.

Ich lief die Treppe hinauf, immer zwei Stufen auf einmal, und betrat das gelbe Zimmer am Ende des Flurs. Mit seinem Doppelbett, den Steppdecken aus gelbem Atlas, den blassgelben Wänden und den goldfarbenen Vorhängen hatte es das saubere, unbewohnte Aussehen aller Gästezimmer. Als Erstes hielt ich Umschau nach einem guten Versteck für das Mikrophon. Das war sehr wichtig, denn es durfte ja auf keinen Fall entdeckt werden. Mein Blick fiel auf den Korb mit Brennholz am Kamin. Sollte ich es unter die Scheite legen? Nein – nicht sicher genug. Hinter die Heizung? Auf den Schrank? Unter den Tisch? Keiner dieser Plätze erschien mir günstig. Überall konnte man bei der Suche nach einem verlorengegangenen Kragenknopf oder etwas Ähnlichem auf das Mikrophon stoßen. Schließlich kam mir der überaus kluge Gedanke, es in den Sprungfedern des Sofas zu installieren. Das Sofa stand an der Wand, am Rande des Teppichs, sodass ich den Leitungsdraht unter dem Teppich bis zur Tür legen konnte.

Ich kantete das Sofa hoch und schob das Material darunter. Nachdem ich das Mikrophon sorgfältig an den Sprungfedern befestigt hatte – natürlich so, dass die Vorderseite dem Zimmer zugewandt war –, führte ich den Draht unter dem Teppich bis zur Tür. Ich arbeitete ohne Hast und ging sehr vorsichtig zu Werke. Auf der Schwelle, dort, wo der Draht nicht mehr vom Teppich verdeckt wurde, schnitt ich eine schmale Furche in das Holz, sodass er nahezu unsichtbar war.

Das alles dauerte natürlich seine Zeit, und als ich auf einmal das Knirschen von Rädern auf dem Kies, das Zuschlagen von Wagentüren und dann die Stimmen unserer Gäste vernahm, hockte ich noch mitten auf dem Flur, wo ich den Draht an der Scheuerleiste befestigte. Mit dem Hammer in der Hand fuhr ich erschrocken hoch, und ich muss gestehen, dass ich von Angst gepackt wurde. Diese Geräusche zerrten gewaltig an meinen Nerven. Ich hatte das gleiche flaue Gefühl in der Magengegend wie damals im Kriege, als ich eines Nachmittags nichtsahnend in der Bibliothek mit meinen Schmetterlingen beschäftigt war und plötzlich am anderen Ende des Dorfes eine Bombe niederging.

Reg dich nicht auf, sagte ich mir. Pamela wird schon dafür sorgen, dass diese Leute nicht heraufkommen.

Ziemlich nervös machte ich mich wieder an die Arbeit, und bald gelangte ich mit dem Draht in unser Schlafzimmer. Hier war es zwar nicht so wichtig, ihn zu verbergen, aber ich durfte mir wegen der Dienstboten keine Nachlässigkeit erlauben. Ich legte also den Draht unter den Teppich und führte ihn unauffällig zur Rückwand des Radios hinauf. Den Anschluss herzustellen war eine rein technische Frage; ich erledigte das im Handumdrehen.

So, fertig! Ich trat einen Schritt zurück und betrachtete das kleine Radio. Irgendwie schien es sich verändert zu haben – kein alberner Kasten mehr, der Töne hervorbrachte, sondern ein bösartiges kleines Geschöpf, das auf der Tischplatte hockte und sich mit einem Teil seines Körpers heimlich zu einem weit entfernten verbotenen Ort vortastete. Ich schaltete den Apparat ein. Er summte leise, gab aber sonst keine Geräusche von sich. Ich nahm meinen Wecker, der laut tickte, und trug ihn in das gelbe Zimmer, wo ich ihn vor dem Sofa auf den Boden stellte. Dann lief ich zu dem Radiogeschöpf hinüber. Tatsächlich, es tickte so laut, als stünde die Uhr im Zimmer – sogar noch lauter.

Ich holte den Wecker zurück, wusch und kämmte mich im Badezimmer, schaffte das Werkzeug fort, und jetzt hinderte mich nichts mehr, die Gäste zu begrüßen. Aber vorher, um mich zu beruhigen und auch, weil ich nicht sozusagen mit bluttriefenden Händen vor ihnen erscheinen wollte, verbrachte ich fünf Minuten bei meiner Schmetterlingssammlung in der Bibliothek. Ich widmete mich einem Glaskasten, der die herrliche Vanessa cardui – die ‹gemalte Dame› – enthielt, und machte mir ein paar Notizen zu einem Vortrag über ‹Beziehungen zwischen Farbmuster und Bau der Flügel›, den ich bei der nächsten Sitzung unseres Vereins in Canterbury zu halten gedachte. Auf diese Weise erlangte ich bald meine gewohnte würdevolle Gelassenheit zurück.

Nun ging ich ins Wohnzimmer hinüber. Unsere beiden Gäste, deren Namen ich mir einfach nicht merken konnte, saßen auf dem Sofa. Meine Frau mixte die Drinks.

«Ah, da bist du ja, Arthur», rief sie. «Wo hast du denn nur gesteckt?»

Ich fand diese Bemerkung höchst überflüssig. «Entschuldigen Sie bitte», sagte ich und schüttelte den Gästen die Hand, «ich habe gearbeitet und darüber die Zeit vergessen.»

«Wir wissen genau, was Sie gemacht haben», behauptete das Mädchen und lächelte verschmitzt. «Aber wir verzeihen ihm, nicht wahr, Liebster?»

«Ja, ausnahmsweise», antwortete ihr Mann.

Ich hatte eine entsetzliche Vision: meine Frau, die ihnen unter schallendem Gelächter haarklein erzählte, was ich oben gemacht hatte. Sie konnte – sie konnte mir das doch nicht angetan haben! Ich blickte mich nach ihr um und sah, dass auch sie lächelte, während sie das Messglas mit Gin füllte.

«Es tut mir leid, dass wir Sie gestört haben», sagte das Mädchen.

Wenn das ein Scherz sein soll, dachte ich, dann geh lieber gleich darauf ein. Ich zwang mich also, ihr Lächeln zu erwidern.

«Aber Sie zeigen uns alles, nicht wahr?», fuhr das Mädchen fort.

«Zeigen? Was?»

«Ihre Sammlung. Ihre Frau sagt, Sie hätten wunderschöne Exemplare.»

Ich ließ mich langsam in einen Sessel sinken und holte tief Luft. Es war lächerlich, so misstrauisch und nervös zu sein. «Interessieren Sie sich für Schmetterlinge?», fragte ich.

«Ihre würde ich jedenfalls sehr gern sehen, Mr. Beauchamp.»

Die Martinis wurden herumgereicht, und da wir bis zum Dinner noch gute zwei Stunden Zeit hatten, stand einer gemütlichen Unterhaltung nichts im Wege. Unsere Gäste machten einen ausgezeichneten Eindruck; ich fand, dass sie ein reizendes Paar waren. Meine Frau, die aus einer adligen Familie stammt, ist sehr stolz auf ihre Herkunft und Erziehung, und sie neigt dazu, vorschnell über Fremde zu urteilen, die ihre Bekanntschaft suchen – besonders wenn es sich um hochgewachsene Männer handelt. Sie hat häufig recht, aber in diesem Fall war ich fast sicher, dass sie sich geirrt hatte. Im Allgemeinen habe ich auch nichts für hochgewachsene Männer übrig; sie sind meistens anmaßend und besserwisserisch. Aber Henry Snape – meine Frau hatte mir den Namen zugeflüstert – schien ein sympathischer junger Mann mit guten Manieren zu sein, und offenbar war er, wie sich das gehört, bis über die Ohren in Mrs. Snape verliebt. Er sah recht gut aus mit seinem langen Pferdegesicht und den dunkelbraunen Augen, deren Blick sanft und teilnahmsvoll war. Ich beneidete ihn um seinen schönen schwarzen Haarschopf und ertappte mich bei der Überlegung, welches Haarwasser er wohl benutzte. Er erzählte tatsächlich ein paar Witze, aber sie hatten Niveau, und niemand konnte etwas gegen sie einwenden.

«In der Schule», berichtete er, «nannten sie mich Scervix. Wissen Sie, warum?»

«Nein, keine Ahnung», sagte meine Frau.

«Weil unser englisches Wort nape im Lateinischen cervix heißt.»

Das war sehr scharfsinnig, und ich musste eine Weile nachdenken, bevor ich die Pointe begriff.

«Welche Schule haben Sie besucht, Mr. Snape?», erkundigte sich meine Frau.

«Eton», antwortete er, und meine Frau nahm das mit einem beifälligen Nicken zur Kenntnis. Jetzt wird sie sich mit ihm unterhalten, dachte ich und wandte meine Aufmerksamkeit unserem anderen Gast, Sally Snape, zu. Sie war ein reizvolles Mädchen mit Busen. Wäre ich ihr fünfzehn Jahre früher begegnet, so hätte sie mich leicht zu einer Dummheit verleiten können. Nun, wie dem auch sei, ich kam sehr gut mit ihr aus und erzählte ihr von meinen schönen Schmetterlingen. Ich beobachtete sie, während ich sprach, und allmählich gewann ich den Eindruck, dass sie in Wirklichkeit gar nicht so heiter und unbekümmert war, wie ich zuerst geglaubt hatte. Sie schien sich gegen die Außenwelt abzuschließen, als hätte sie ein Geheimnis, das sie sorgsam hütete. Der Blick ihrer tiefblauen Augen huschte zu schnell durch den Raum, blieb nie länger als den Bruchteil einer Sekunde auf einem Gegenstand ruhen, und in ihr Gesicht hatte irgendein Kummer zarte, kaum wahrnehmbare Spuren eingegraben.

«Ich freue mich schon auf unser Bridge», sagte ich nach einer Weile, um das Thema zu wechseln.

«Wir auch», erwiderte sie. «Wissen Sie, wir spielen fast jeden Abend, weil es uns so viel Spaß macht.»

«Sie sind beide äußerst gewandt. Wie kommt es, dass Sie so gut spielen?»

«Es ist nur Übung», erklärte sie. «Übung, Übung und nochmals Übung.»

«Haben Sie schon mal an einem Turnier teilgenommen?»

«Nein, aber Henry möchte so gern, dass wir es tun. Wissen Sie, wenn man allen Ansprüchen genügen will, kostet das sehr viel Mühe. Schrecklich viel Mühe.»

Täuschte ich mich, oder schwang in ihrer Stimme tatsächlich eine leise Resignation mit? Ja, dachte ich, das wird es wohl sein: Er treibt sie zu hart an, macht aus dem Vergnügen eine Pflicht, und die Ärmste ist der Sache längst überdrüssig.

Um acht Uhr gingen wir, ohne uns umzuziehen, ins Speisezimmer hinüber. Das Dinner war ein Erfolg, und Henry Snape erzählte uns einige sehr komische Geschichten. Er lobte auch mit großer Kennerschaft meinen 34er Richebourg, was mich sehr erfreute. Als schließlich der Kaffee serviert wurde, stellte ich fest, dass mir die beiden jungen Menschen enorm sympathisch waren, und ich empfand ziemliches Unbehagen wegen dieser Geschichte mit dem Mikrophon. Wenn es sich um grässliche Leute gehandelt hätte, wäre alles in Ordnung gewesen, aber der Gedanke, zwei so reizenden jungen Menschen einen solchen Streich zu spielen, rief ein starkes Schuldgefühl in mir hervor. Das soll nicht etwa heißen, dass ich kalte Füße bekam. Ich hielt es durchaus nicht für notwendig, das Unternehmen abzublasen. Ich konnte nur nicht die Vorfreude teilen, die mir meine Frau mit verstohlenem Lächeln und Blinzeln und heimlichem Kopfnicken offenbarte.

Gegen halb zehn kehrten wir in heiterer Stimmung und gut gesättigt in das große Wohnzimmer zurück, um unsere Bridgepartie zu beginnen. Da wir um einen ziemlich hohen Einsatz spielten – zehn Shilling auf hundert Punkte –, kamen wir überein, die Familien nicht zu trennen. Ich blieb also die ganze Zeit der Partner meiner Frau. Wir alle nahmen das Spiel ernst – wer es nicht ernst nimmt, soll lieber die Finger davon lassen –, und wir spielten sehr konzentriert. Bis auf die Ansagen wechselten wir kaum ein Wort. Natürlich ging es uns nicht ums Geld. Weiß Gott, meine Frau hatte genug davon und die Snapes anscheinend auch. Aber unter Experten gehört es sozusagen zum guten Ton, dass um einen anständigen Einsatz gespielt wird.

An diesem Abend waren die Karten gleichmäßig verteilt, doch meine Frau spielte viel schlechter als sonst, sodass wir dauernd verloren. Ich merkte ihr an, dass sie nicht ganz bei der Sache war, und als es auf Mitternacht ging, achtete sie überhaupt nicht mehr auf ihre Karten. Sie blickte mich immer wieder mit ihren runden grauen Augen an, die Brauen hochgezogen, die Nasenflügel eigenartig gebläht, ein kleines hämisches Lächeln in den Mundwinkeln.

Unsere Gegner spielten ausgezeichnet. Ihre Ansagen waren meisterhaft, und während des ganzen Abends machten sie nur einen einzigen Fehler. Das war, als das Mädchen die Karten ihres Partners stark überschätzte und sechs Pik ansagte. Ich verdoppelte, und sie gingen auf drei herunter, was sie achthundert Punkte kostete. Das kann jedem einmal passieren, aber Sally Snape geriet dadurch sehr aus der Fassung, obwohl ihr Mann ihr sofort verzieh, ihr über den Tisch hinweg die Hand küsste und sie bat, sich doch nur nicht aufzuregen.

Gegen halb eins verkündete meine Frau, sie wolle jetzt schlafen gehen.

«Noch einen Robber», schlug Henry Snape vor.

«Nein, Mr. Snape. Ich bin müde. Und Arthur ist auch müde. Ich sehe es ihm an. Machen wir Schluss, das ist für uns alle das Beste.»

Sie erhob sich, und wir vier gingen zusammen nach oben. Auf der Treppe wurde, wie es bei solchen Gelegenheiten üblich ist, die Frage des Frühstücks erörtert – was sie haben wollten und wie sie das Mädchen rufen konnten. «Ich glaube, das Zimmer wird Ihnen gefallen», sagte meine Frau. «Man hat dort einen herrlichen Blick auf das Tal, und von zehn Uhr an scheint die Morgensonne herein.»

Wir hatten inzwischen den Flur erreicht und blieben vor unserer Schlafzimmertür stehen. Ich betrachtete verstohlen den Draht, den ich am Nachmittag gelegt hatte und der an der Scheuerleiste entlang zum Zimmer unserer Gäste führte. Obwohl er fast die gleiche Farbe hatte wie der Anstrich, sprang er mir förmlich in die Augen. «Gute Nacht», sagte meine Frau. «Schlafen Sie gut, Mrs. Snape. Angenehme Ruhe, Mr. Snape.» Ich folgte ihr in unser Zimmer und riegelte die Tür ab.

«Schnell!», rief sie. «Stell es an!» So ist meine Frau immer – besorgt, dass sie irgendetwas verpassen könnte. Bei der Jagd – an der ich nie teilnehme – ist sie stets mit den Hunden vornweg, ohne Rücksicht auf sich selbst und ihr Pferd, damit sie nur ja keinen Abschuss verpasst. Ich sah ihr an, dass sie nicht gesonnen war, diesen hier zu verpassen.

Das kleine Radio wurde zeitig genug warm, um die Geräusche beim Öffnen und Schließen der Tür zu übermitteln.

«Da! Sie sind hineingegangen.»

Meine Frau stand in der Mitte des Zimmers und lauschte gespannt, die Hände über ihrem blauen Kleid gefaltet, den Kopf vorgestreckt. Das große, weiße Gesicht schien sich gestrafft zu haben wie ein Weinschlauch.

Im nächsten Augenblick drang die Stimme Henry Snapes aus dem Lautsprecher, stark und klar. «Du bist ein gottverdammter kleiner Idiot», sagte er, und seine Stimme war so anders, als ich sie in Erinnerung hatte, so barsch und unangenehm, dass ich zusammenzuckte. «Der ganze verfluchte Abend zum Teufel! Achthundert Punkte – das wären acht Pfund für uns gewesen!»

«Ich bin durcheinandergeraten», antwortete das Mädchen. «Es wird nicht wieder vorkommen, Henry, das verspreche ich dir.»

«Was ist das?», flüsterte meine Frau. «Was geht da vor?» Ihr Mund stand jetzt weit offen, und sie zog die Augenbrauen sehr hoch. Sie stürzte zum Radio, beugte sich vor und legte das Ohr an den Lautsprecher. Ich muss zugeben, dass auch ich ziemlich aufgeregt war.

«Ich verspreche, ich verspreche, es wird nicht wieder vorkommen», beteuerte das Mädchen.

«Versprechungen nützen mir gar nichts», sagte der Mann grimmig. «Wir werden es sofort nochmal üben.»

«O nein, bitte! Nicht jetzt! Ich kann einfach nicht mehr.»

«So was hab ich gern», knurrte der Mann. «Erst den ganzen Weg hier heraus, um der alten Schachtel ihr Geld abzuknöpfen, und dann vermasselst du mir die Tour.»

Diesmal war es meine Frau, die zusammenzuckte.

«Und das schon zum zweiten Mal in dieser Woche», fügte er hinzu. «Bestimmt, Henry, es wird nicht wieder vorkommen.»

«Setz dich hin. Ich sage an, und du antwortest.»

«Nein, Henry, bitte! Nicht alle fünfhundert. Dazu brauchen wir mindestens drei Stunden.»

«Na gut, dann lassen wir die Fingerstellungen aus. Ich glaube, die kannst du. Wir machen nur die Grundansagen, die die Honneurs anzeigen.»

«Ach, Henry, muss das sein? Ich bin so müde.»

«Es ist sehr wichtig, dass du sie bis ins Letzte beherrschst», erwiderte er. «Du weißt doch, wir haben in der nächsten Woche jeden Abend ein Spiel. Wovon soll denn der Schornstein sonst rauchen?»

«Was ist das?», keuchte meine Frau. «Was in aller Welt ist das?»

«Pst», zischte ich. «Hör zu!»

«Also los», sagte die Stimme des Mannes. «Von Anfang an. Fertig?»

«Ach, Henry, bitte!» Sie schien den Tränen nahe zu sein.

«Vorwärts, Sally, reiß dich zusammen.»

Und dann sagte Henry Snape mit völlig veränderter Stimme – mit der, die wir im Wohnzimmer gehört hatten: «Ein Kreuz.» Mir fiel auf, dass er das Wörtchen ‹ein› stark betonte und es eigenartig gedehnt, fast singend aussprach.

«Kreuz-Ass und Kreuz-Dame», antwortete das Mädchen müde. «Pik-König und Pik-Bube. Kein Herz. Karo-Ass und Karo-Bube.»

«Und wie viele Karten zu jeder Farbe? Achte gefälligst auf meine Fingerstellung.»

«Die wollten wir doch auslassen, hast du gesagt.»

«Nun – wenn du dir ganz sicher bist, dass du sie kannst …»

«Ja, ich kann sie.»

Eine Pause. Dann: «Ein Kreuz

«Kreuz-König und Kreuz-Bube», zählte das Mädchen auf, «Pik-Ass. Herz-Dame und Herz-Bube. Karo-Ass und Karo-Dame.»

Wieder eine Pause. Dann: «Ich sage ein Kreuz.»

«Kreuz-Ass und Kreuz-König …»

«Herr des Himmels!», rief ich. «Das ist ein Code! Er gibt ihr jede Karte bekannt, die er in der Hand hat.»

«Arthur, das kann doch nicht sein?»

«Es ist wie bei diesen Männern im Varieté, die in den Zuschauerraum gehen und sich von irgendwem etwas geben lassen. Die Art, wie sie ihre Fragen formulieren, verrät dem Mädchen, das mit verbundenen Augen auf der Bühne steht, ganz genau, um was es sich handelt – wenn es ein Eisenbahnbillet ist, nennt sie sogar die Station, auf der es gelöst wurde.»

«Das ist doch unmöglich!»

«Keineswegs. Aber es kostet unendliche Mühe, das alles zu lernen. Hör zu!»

«Ich biete ein Herz «, sagte die Stimme des Mannes.

«Herz-König, Herz-Dame und Herz-Zehn. Pik-Ass und Pik-Bube. Kein Karo. Kreuz-Dame und Kreuz-Bube …»

«Außerdem», erklärte ich, «teilt er ihr die Anzahl der Karten jeder Farbe durch die Stellung seiner Finger mit.»

«Wie?»

«Keine Ahnung. Aber du hast ja gehört, dass er davon sprach.»

«Mein Gott, Arthur! Bist du sicher, dass es so ist?»

«Ich fürchte, ja.» Ich beobachtete, wie meine Frau zu ihrem Nachttisch ging, um sich eine Zigarette zu holen. Sie zündete sie an, drehte sich dann mit einem Ruck zu mir um und blies einen dünnen Rauchstrahl in die Luft. Mir war klar, dass wir irgendetwas unternehmen mussten, aber ich wusste nicht, was. Wir konnten ja die Snapes nicht beschuldigen, ohne zugleich unsere Informationsquelle preiszugeben. Ich wartete auf die Entscheidung meiner Frau.

«Du, Arthur», sagte sie langsam und blies eine Rauchwolke aus, «das ist eine phantastische Sache. Glaubst du, dass wir das lernen könnten?»

«Wir?»

«Natürlich. Warum nicht?»

«Halt! Nein! Hör mal, Pamela …»

Aber da kam sie schon mit schnellen Schritten geradewegs auf mich zu, blieb vor mir stehen, senkte den Kopf und blickte auf mich herab. Um ihre Mundwinkel spielte der vertraute Anflug eines Lächelns, das keines war, die Nase krauste sich, die großen, runden grauen Augen starrten mich mit ihren glänzenden schwarzen Pupillen an, und dann wurden sie ganz grau, und alles Übrige war weiß, von vielen roten Äderchen durchzogen. Und als sie mich so ansah, streng und aus nächster Nähe – also ich schwöre, dass mir zumute war wie einem Ertrinkenden.

«Ja», sagte sie. «Warum nicht?»

«Aber Pamela … Du meine Güte … Nein … Schließlich …»

«Arthur, ich wollte wirklich, du würdest mir nicht dauernd widersprechen. Genau das werden wir tun. Los, hol ein Spiel Karten; wir fangen sofort an.»