Kapitel 8: Wie der Wassermann an den Sternenhimmel kommt
Jeder Wassermann kann stolz auf sein Tierkreiszeichen sein: Es
hat eine uralte Tradition; manche Forscher führen es in die
Frühgeschichte der Menschheit zurück. Es gibt 20.000 Jahre alte
Höhlenmalereien, in denen ein Mann zu erkennen ist, der einen
Wasserkrug ausleert: in urzeitlichen Kalendern ein Hinweis für den
Beginn der Regenzeit. Das Wetter war eben auch zu prähistorischen
Zeiten schon von entscheidender Bedeutung...
Seit langem streiten sich die Gelehrten, auf welche griechische
Sage das Sternbild Wassermann sich zurückführen lässt. Und damit
für jeden Geschmack etwas dabei ist, hier also die gängigsten
Versionen:
In der Story Nummer Eins wird auf Deukalion verwiesen, den Sohn
des Titanen Prometheus. Zusammen mit seiner Gattin Pyrrah überlebte
er die große Sintflut, die Zeus einst auf die Erde gesandt hatte,
um wegen des allgemein vorherrschenden Frevels alle Menschen zu
ersäufen (Erst hatte der Göttervater ja überlegt, die Menschheit
mit Blitzen zu erledigen. Doch auf dem Olymp befürchtete man, der
Äther könne in Flammen geraten und die Achse des Weltalls dabei
verlodern. Wasserfluten erschienen die bessere Lösung zu sein.).
Prometheus hatte Deukalion vorgewarnt; so hatte dieser ein Boot
parat, das an den Spitzen des Berges Parnassos (wurde nicht in
Montparnasse umbenannt und als Künstlerviertel nach Paris verlegt!)
hängen blieb. Deukalion samt Gattin hatte sich vor dem großen Regen
schon nichts zuschulden kommen lassen und als Zeus sie erblickte,
hatte er Mitleid und besänftigte die Fluten. Die beiden einzigen
Überlebenden erhielten die Chance, aus Steinen neue Menschen zu
machen (Sex erfand man erst später!). Deukalion wurde als
Stammvater eines neuen Geschlechts an den Himmel versetzt.
Story Nummer Zwei berichtet vom schönsten Jüngling der Welt,
einem gewissen Ganymed. Dieser war der Sohn des Königs Tros von
Ilion (das ist der alte Name von Troja). Zeus hatte wieder mal
Krach mit seiner Gattin Hera und wollte demgemäß eine Zeitlang
nichts mehr von Frauen wissen; er verliebte sich unsterblich in den
jungen Mann. So sehr, dass er ihn in Gestalt eines Adlers von der
Erde entführte und in den Olymp bringen ließ (der Adler ist
übrigens im benachbarten Sternzeichen verewigt). Ganymed wurde zum
Mundschenk der Götter, und weil er ein findiges Kerlchen war, kam
er bald mit allen gut aus – sogar mit Göttergattin Hera...
In Story Nummer Drei wird erzählt, dass sich Eos, die Göttin der
Morgenröte, zuerst in den schöne Ganymed verknallte – sie hatte
eine Leidenschaft für junge Männer. Nutzte aber nichts, denn Zeus
machte ihr den Jüngling abspenstig und brachte ihn zum Sitz der
Götter auf den Olymp. Sei es wie auch immer gewesen: Sowohl
Griechen wie Römer leiteten aus der Sage des schönen Ganymed die
göttliche Billigung der Knabenliebe ab...
Wann das Zeitalter des Wassermanns – das Sie vielleicht aus dem
Musical „Hair“ noch kennen – anbricht, ist ein bisschen umstritten:
Manche sagen, wir lebten schon seit ein paar Jahren „im
Wassermann“, andere ziehen es vor, dass die „neue Zeit“ erst mit
dem Ende des Maya-Kalenders anbräche und die Wissenschaft, also
Astronomen und damit die modernen Sternenkundler, sprechen sogar
erst vom Jahr 2442 unserer Zeitrechnung. Nun sind Astronomen
bekanntlich keine Astrologen… Das einzig wichtige ist: Beim Wechsel
ins Zeitalter des Wassermanns muss der Frühlingspunkt aus den
Fischen in ins Sternzeichen Wassermann rücken, Nach großen
Unmwälzungen (die hatten wir ja nun wirklich schon in de
vergangenen 100 Jahren) wird dann alles eitel Sonnenschein sein,
die bösen Mächte werden durch geistige Erleuchtung abgelöst und auf
Erden endlich Friede und Toleranz herrschen.
Für den Wassermann waren früher auch die Bezeichnungen Amphora (das ist ein zweihenkeliges Tongefäß) und Diota (ebenfalls ein Henkelkrug) üblich. Dort, wo sich nach der bildhaften Vorstellung der Henkelkrug des Sternzeichens Wassermann befinden müsste, leuchtet der -Stern in schwach-grünlicher Verfärbung. Die Araber fanden für ihn den poetischen Namen Sadachbia, abgeleitet von Al Aad al Alibiyah, was soviel bedeutet wie „Glücklicher Stern der verborgenen Dinge“. Das lässt doch hoffen, finden Sie nicht?