Zurück in die Welt

Von den nächsten beiden Tagen unserer Flussfahrt ist mir kaum etwas im Gedächtnis geblieben, und in meinem Notizbuch findet sich kein einziger Eintrag. Der Fluss strömte gleichmäßig durch freundliche Uferlandschaften. Wäscherinnen in blauen Kleidern, Fischer in blauen Hemden sprenkelten die grünen Ufer, und die beiden Farben verhielten sich zueinander wie Blüte und Blatt des Vergissmeinnichts. Eine Symphonie in Vergissmeinnicht – ich glaube, Théophile Gautier hätte das Panorama jener beiden Tage auf diese Weise charakterisiert. Der Himmel war blau und wolkenlos, die dahingleitende Oberfläche des Flusses hielt an ruhigen Stellen dem Himmel und den Ufern einen Spiegel vor. Die Wäscherinnen grüßten uns lachend, der Klang der Bäume und des Wassers begleitete unsere schlummernden Gedanken, während wir flussabwärts trieben.

Die enormen Wassermassen, die unermüdliche Zielstrebigkeit des Flusses hielten die Gedanken in Bann. Nun schien er sich seines Ziels so sicher zu sein, so stark und unbeschwert in seinem Lauf wie ein erwachsener Mann mit eisernem Willen. Die Brandung an den Stränden Le Havres rief ihn grollend herbei.

Ich meinerseits, der ich in meinem Geigenkasten von einem Kanu über diese fließende Wasserstraße rutschte, begann mich allmählich gleichfalls nach meinem Ozean zu sehnen. Den zivilisierten Menschen überkommt früher oder später zwangsläufig eine Sehnsucht nach der Zivilisation. Ich hatte genug davon, mein Paddel einzutauchen; ich hatte genug davon, an den Randgebieten des Lebens zu leben; ich wollte erneut mittendrin sein; ich wollte mich an die Arbeit machen; ich wollte Leute treffen, die meine eigene Sprache verstanden und mir von Gleich zu Gleich gegenübertraten, als Mann und nicht länger als Kuriosität.

Und so gab ein Brief in Pontoise den Ausschlag, und wir zogen unsere Kiele ein letztes Mal aus der Oise, jenem Fluss, der sie so treu und so ausdauernd durch Regen und Sonnenschein gelotst hatte. So viele Meilen weit hatte dieses flinke und fußlose Lasttier triumphwagengleich unsere Schätze getragen, dass wir ihm mit einem Gefühl von Abschied den Rücken kehrten. Wir hatten einen langen Abstecher aus der Welt unternommen, doch nun waren wir wieder an vertrauten Orten, wo das Leben selbst alles im Fluss hält und wir ohne einen Ruderschlag zu Abenteuern getragen werden. Nun mussten wir heimfahren wie der Reisende in dem Theaterstück und sehen, welche Neuerungen das Schicksal mittlerweile in unserer Nachbarschaft vollendet hatte, welche Überraschungen zu Hause bereits auf uns warteten und wohin und wie weit sich die Welt in unserer Abwesenheit gedreht hatte. Man kann den ganzen Tag paddeln, doch wenn man bei Einbruch der Nacht zurückkehrt und in das vertraute Zimmer blickt, merkt man, dass Liebe oder Tod neben dem häuslichen Herdfeuer warten und die schönsten Abenteuer nicht die sind, nach denen wir suchen.