Zweite Buch - Kapitel 1 - Das Attentat

STERNENRING

Das zweite Buch

 

 

Es geht um unsere Zukunft.

Nach einer Erzählung von Frederik Klein.

 

Eine schwarze Limousine hielt vor unserem Haus und der Fahrer hupte. Ein letztes Mal richtete ich die Krawatte, verabschiedete mich von meiner Tochter Marlene und begab mich nach unten. Ein Mann in einem schwarzen Anzug, der wie ein Bodyguard aussah, öffnete mir die hintere Tür der Limousine und ich stieg ein. Der Mann im schwarzen Anzug stieg ebenfalls ein und nahm neben mir Platz. „Herr Klein, ihre gewünschte Tageszeitung“ sprach er und gab mir eine Frankfurter Allgemeine Zeitung. Die Zeitung war vom Donnerstag,

dem 23. September 2010. Ich las die neuesten Umfragewerte und stellte fest, dass mein Name ganz oben in der Gunst der Wähler stand. Während der Fahrt begann der Bodyguard eine Unterhaltung mit mir: „Herr Klein, ich muss Sie informieren, dass wir die Route zur Halle und in der Halle zum Rednerpult verlegt haben. Ihre Sicherheit liegt meiner Firma sehr am Herzen und dadurch müssen wir auf das Bad in der Menge verzichten“.

Ich nickte ihm freundlich zu und erwiderte: „Ich vertraue Ihnen voll und ganz“.

Die Limousine bahnte sich ihren Weg durch die dunklen Straßen Berlins und ich beobachtete das rege Treiben in der Stadt. Wir fuhren an einem riesigen Wahlplakat vorbei, auf dem geschrieben stand: „Anton Schneider - Nur er kann es vollenden“.  Plötzlich, wie aus dem nichts, öffnete der Himmel seine Pforten, und ein gewaltiger Regen prasselte nieder. Die Straßen waren in kürzester Zeit zu einer einzigen Pfütze geworden und spiegelten die Lichter der Großstadt wieder. Die Limousine bahnte sich den Weg durch den  Großstadt Dschungel und schien durch nichts aufgehalten zu werden. Schließlich erreichten wir die Halle und fuhren am Haupteingang und an der jubelnden Menschentraube vorbei. Wir hielten an einem schlecht beleuchteten Seiteneingang an, in welchem bereits zwei Männer im Anzug, mit je einem Regenschirm bewaffnet, warteten. Die beiden Männer eilten herbei, öffneten die Tür des Fahrzeugs und begrüßten mich im Chor: „Guten Abend, Herr Klein“.

Ich stieg aus, duckte mich unter dem Regenschirm und antwortete: „Guten Abend, meine Herren“. Nun betraten wir durch den Seiteneingang das Gebäude und liefen eine Treppe hinunter. Am Ende der Treppe erstreckte sich ein lang gezogener Flur. An der Decke hingen, den gesamten Gang entlang, Neon-Röhren. Eine flackerte ab und an und eine andere surrte ziemlich laut. Ein Leibwächter lief vor mir und die anderen beiden hinter mir. Es war totale Stille. Das Surren und Flackern hatten wir hinter uns gelassen. Wir hatten fast das Ende des Ganges erreicht und liefen auf eine Eisentür zu. Plötzlich drehte sich der eine Leibwächter, der vor mir lief, um, richtete seine Waffe auf mich, schrie: „Für Deutschland!“  und gab zwei Schüsse auf mich ab. Vor Schmerzen fiel ich zu Boden und bemerkte im Fallen, wie der Attentäter von einem Leibwächter hinter mir niedergestreckt wurde. Dieser fiel zu Boden und war scheinbar sofort tot. Ich fasste mir instinktiv an den Bauch, Blut lief an meinen Händen herunter und tropfte auf den Boden.

 

Zwischen den Leibwächtern brach nun Panik aus. Beide griffen zu ihren Funkgeräten und schrien Unverständliches hinein. Mir wurde kalt und ich konnte meine Augen nicht mehr offen halten. So kämpfte ich nicht dagegen an, schloss die Augen und bald war es still um mich. Einen Augenblick genoss ich die Stille, keine Schreie mehr, kein Surren, kein Flackern,  aber dann vernahm ich Pieptöne und ein leises Schluchzen. Dies veranlasste mich, meine Augen wieder zu öffnen und ich blickte in die wunderschönsten blauen Augen, die ich je gesehen hatte. Ich glaubte, auf einer Intensivstation zu liegen, angeschlossen an unzählige Geräte. Ringsherum piepte und blinkte es. Ich lenkte nun meinen Blick zur Seite, um mir die Frau mit den blauen Augen genauer anzusehen. Sie bemerkte nicht, dass ich die Augen geöffnet hatte. Sie saß zusammengesunken auf einem Stuhl.  Mit ihren langen roten Haaren kam sie einem Engel gleich. Erstaunt und beeindruckt von ihrer Anmut sah ich sie ganz lange an. Ich hatte irgendwie das Empfinden, dass  neben mir ein Mensch saß, der ein reines und warmes Herz hatte. Plötzlich bemerkte sie, dass ich wach war. Sie griff mit der einen  Hand nach der meinigen, und mit der anderen wischte sie sich schnell die Tränen aus ihrem zarten Gesicht. Ich hatte nicht die Kraft, zu sprechen und lächelte sie einfach nur an. Sie streichelte erst meine Hand, strich dann zärtlich über mein Gesicht und erwiderte mein Lächeln: „Mein Schatz, es hat alles nichts genützt, sie haben eine Lücke entdeckt, um ihr Vorhaben umzusetzen. Ich glaube, es wäre egal gewesen, was wir heute dagegen unternommen hätten, sie hätten sich durchgesetzt. Sie fing an, bitterlich zu weinen, versuchte aber schnell wieder tapfer zu wirken und flüsterte: „Ingo ist mit Marlene auf dem Weg“. Ehe sie diesen Satz ausgesprochen hatte, öffnete sich die Tür und Marlene stürmte in das Zimmer. „Papa, Papa“ schrie sie und ihre Stimme wurde immer lauter. Immer wieder schrie sie: „Papa, Papa“.

Ich hatte nun das Gefühl, obwohl meine Augen offen waren, sie erneut zu öffnen. Ich wagte den Versuch mit aller Kraft und öffnete die Augen. Schweißgebadet lag ich in meinem Schlafzimmer und Marlene hockte neben mir. Ich hatte geträumt und wurde von meiner Tochter wachgerüttelt. „Papa! Du hast nur geträumt, beruhige dich!“, sprach sie und hielt meine Hand. Geschockt von dem Erlebten stand ich blitzartig auf, ging in die Küche, wo ich an der Küchenuhr sah, dass die Nacht vorbei war, woraufhin ich mir einen Kaffee kochte, da die Nacht ohnehin zu Ende war. Marlene kam ebenfalls in die Küche, machte sich eine Schale mit Müsli fertig und sprach dabei: „Du hast im Schlaf gesprochen, dass du einen Engel siehst und als du dich wie ein Verrückter hin- und hergewälzt hast, dachte ich mir, dass ich dich lieber wecke“. Ich streichelte ihr väterlich den Kopf und antwortete: „Danke, Maus“. Ich goss mir, immer noch etwas unter Schock stehend, Kaffe in eine Tasse und setzte mich neben sie an den Tisch. „Papa?“ fragte sie leise. „Ja? Was hast Du auf dem Herzen, meine Sonne?“ antwortete ich. Sie trank einen Schluck Milch, als wolle sie daraus Mut schöpfen und fragte: „Du weißt doch, dass vor zwei Jahren uns drei Männer besuchten und ich dann in mein Zimmer gehen musste.

 

Ich habe aber mitgehört, was dir die Männer erzählt haben“. Sie sah mir mit ihren braunen Augen tief in die meinigen und flüsterte: „Papa? Hast du heute Nacht von deinem Tod geträumt?“. Diese Frage schlug wie ein Blitz ein und nun war ich erst recht hellwach. Ruckartig stand ich auf, verschüttete dabei etwas Kaffee. „Diese Männer waren also keine Spinner und wollten Dich tatsächlich nur warnen“ fügte sie hinzu. Ich war geschockt und zunächst sprachlos. „ Stell dir vor ich habe sogar geträumt wie es passiert. Ich habe im Traum eine Zeitung gelesen und ich konnte mir das Erscheinungsdatum der Zeitung merken. Also, am 23. September 2010 ist alles vorbei“ flüsterte ich. Marlene runzelte die Stirn und antwortete: „Aber doch nun nicht mehr, denn du kennst das Datum und weißt, wie es passiert!“. Ich war mal wieder sehr überrascht, wie weit meine siebenjährige Tochter vom Geiste her war, dass sie mir so etwas sagte. Ich setzte mich in den Wintergarten, um eine Zigarette zu rauchen, und Marlene brachte mir neuen Kaffee. Sie öffnete das Fenster und sprach dabei: „Du weißt jetzt, was an diesem Tag zu tun und nicht zu tun ist“.

„Der Engel hat gesagt, es ist egal, was wir tun“ erwiderte ich. „Ein richtiger Engel?“ fragte sie. „Nein! Es war eine Frau, die wie ein Engel aussah“ antwortete ich. „Eine Frau? Kennst du sie?“ bohrte sie weiter. „Nein, ich habe sie noch nie gesehen“, erwiderte ich. Ich drückte meine Zigarette aus und sprach: „Komm, wir ziehen uns an und gehen auf den Spielplatz! Ich möchte nicht mehr darüber reden und auch nicht mehr daran denken“. Marlene stimmte mir zu und verschwand sofort im Bad. So verbrachten wir bis zum Nachmittag den Tag. Als wir dann zu Mittag gegessen hatten, musste ich sie wieder zu ihrer Mutter bringen. Das Wochenende war wieder einmal viel zu kurz. Wenn wir mit dem Bus fuhren, redete kaum jemand von uns beiden. Unsere Herzen waren über den Zustand, dass wir uns nur alle vierzehn Tage am Wochenende sahen, sehr betrübt. Unter den Argusaugen ihrer Mutter erfolgte dann jedes Mal beim Abschied eine kurze Umarmung und dann musste ich auch schon wieder nach Hause fahren. Jedes Mal machte ich mich mit einem tiefen Schmerz auf den Rückweg, denn sie war meine Sonne, meine einzige Lichtquelle im Leben und dieses Licht schien eben nur alle zwei Wochen für zwei Tage in mein Herz. Nun war es wieder verfinstert und ich dachte daran zurück, wie dies alles passieren konnte.

Wie war es möglich, dass meine Welt eine finstere war und ich kein Licht am Ende sah, dem ich entgegenlaufen könnte,  um diesen Zustand zu beenden? Während ich im Bus saß und nach Hause fuhr, dachte ich zurück. Ich hatte viele Tiefschläge im Leben erleiden müssen. Das Glück lief mir nicht gerade hinterher. Welcher der vielen Tiefschläge löste aber aus, dass sich mein Leben verfinsterte? Das ich keine Hoffnung mehr auf Besserung hatte. Womit fing es eigentlich an? War es etwa schon in meiner Kindheit? Als sich meine Eltern scheiden ließen? Etwas, dass kein Kind auf der Welt nachvollziehen kann. Erst später, wenn alles Kindliche gewichen ist, man die Jugend überlebt hat und erwachsen geworden ist, begreift man, dass man eigentlich die gleichen Fehler macht die, die Eltern Jahre zuvor einem vorlebten.

Aus damals, unerklärlichen Gründen, riss der Kontakt zu meinem Vater ab, als ich zehn Jahre alt war. Aus heutiger Sicht würde ich den Grund allerdings bei dem neuen Lebensgefährten meiner Mutter sehen. Es verging kein Tag an dem ich meinen Vater nicht vermisste. Der Lebensgefährte meiner Mutter tat alles andere als meinen Vater zu ersetzen. Als Vaterersatz war er eine absolute Null. Er war cholerisch und betrachtete scheinbar die Kinder seiner neuen Errungenschaft als ein Übel, welches er in Kauf nahm. In dieser Zeit, fingen meine Träume an, die ich damals überhaupt nicht einordnen konnte. Teilweise waren diese sehr abstrakt. Ich erinnere mich noch an einen ganz bestimmten Traum.

 

Als kleiner Junge stand ich plötzlich in einem Fahnenmeer. Die Fahnen waren blau und in der Mitte war ein gelber Sternenring. Dieser Ring bestand aus zwölf gelben Sternen. Ein Sturm kam auf und Fahnen wehten heftig hin und her. Zeitweise dachte ich sogar sie würden zerreißen. Regen setzte ein. Ich musste aber schmerzhaft feststellen, dass es kein Regen war. Vom Himmel herab regnete es Geldmünzen. Ich hob eine Münze auf und sah sie mir genau an. Auf der Vorderseite war der europäische Kontinent abgebildet. Auf der Rückseite wurde ein Adler dargestellt und dieser wurde ebenfalls von einem Sternenring eingerahmt. Damals als zwölfjähriger Junge  konnte ich die Träume und die Symbole nicht einordnen. Wenn ich einen solchen Traum hatte und wach wurde, schaltete ich sofort das Licht an meinem Bett ein, griff zu einem Block und Buntstiften und malte die Symbole aus dem Gedächtnis ab. Leider half mir das Malen allerdings auch nicht um eventuelle Botschaften herauszufinden.  Vielleicht war dies der Grund warum ich anfing Geschichten zu schreiben. Allerdings musste ich dies heimlich machen und die geschrieben Texte musste ich verstecken. Forciert wurde dies schließlich durch den neuen Lebensgefährten meiner Mutter. Dieser registrierte meine Kindliche Schreiberei eher spöttisch. Er war sogar der Meinung, dass ich dies einstellen sollte, da es mich am Erwachsen werden, hindern würde. Natürlich stellte ich es nicht ein. Ich konnte es nicht.

Ich schrieb, weil ich genau in dieser Zeit meinen inneren Frieden fand, da ich der reellen Welt entfliehen konnte. Ich hatte Glück, dass meine Mutter mich in meinem Hobby unterstützte. Eines Tages schenkte sie mir eine Schreibmaschine und machte mir somit Mut mich in dieser Hinsicht zu entfalten. So plätscherten die Jahre dahin und so wuchs ich heran, ohne einen Vater zu haben, dem ich mich hätte anvertrauen können und schrieb meine Geschichten. Zehn Jahre vergingen, ohne dass ich nicht an meinen Vater dachte und mir wünschte, die Vergangenheit zu ändern. Erst im Alter von zwanzig Jahren fasste ich den Entschluss, meine Angst zu überwinden, nach der Wahrheit und nach meinen Vater zu suchen. Ich fand ihn, aber leider in einem Pflegeheim. Er war an Multipler Sklerose erkrankt und die Krankheit befand sich im Endstadium. Das Pflegepersonal führte, bevor es mich in das Zimmer zu meinem Vater ließ, ein offenes Gespräch. Darin offenbarten sie mir, dass er jeden Tag auf sein Ende wartete. Mit klopfenden Herzen betrat ich das Zimmer. Er war nicht mehr in der Lage,  mit mir zu sprechen. Geschockt über seinen Zustand, aber gleichzeitig ergriffen von unserem Wiedersehen nach zehn langen Jahren, hielt ich seine Hand und wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich hatte mein halbes Leben auf diesen Moment gewartet und nun verschlug es mir die Sprache. Mein Vater nahm über seine Augen Kontakt zu mir auf und daran erinnere ich mich bis heute. Seine blauen Augen leuchteten und strahlten voller Stolz, dass sein Sohn den Weg zu ihm gefunden hatte. So sahen wir uns die ganze Zeit an und ich streichelte seine Hand. Ich wollte ihm soviel erzählen und war dazu unfähig. Ich konnte ihm nicht einmal sagen, dass er Opa werden würde. Drei Tage nach meinem Besuch starb mein Vater. Zu diesem Zeitpunkt erkannte ich nicht, dass sein Wunsch in Erfüllung gegangen war, nämlich der, dass er, bevor er sterben würde, noch ein letztes Mal seinen Sohn wieder sehen sollte. Damals nahm ich das alles nicht wahr und mein Geist verdunkelte sich völlig, denn in meinem Herzen blieb nur die Trauer zurück. In meinen Erinnerungen blieb er am Leben. Ein halbes Jahr, nachdem mein Vater starb, wurde Marlene geboren. Ich verlor meinen Vater und wurde nun selber Vater. Dies war ein Jahr, von dem ich mich vorerst nie erholen sollte. Die Beziehung zu der Mutter meiner Tochter hatte auch nur den einen Sinn: Marlene! Unsere Tochter hielt die Beziehung zusammen, die schon längst keine mehr war. Nicht nur, dass wir beide mit 20 Jahren viel zu jung und zu unreif für diese Aufgabe waren, wir waren einfach auch zu verschieden. Jedenfalls entwickelten wir uns beide einfach unterschiedlich. Ich war einsam, obwohl ich eine Beziehung hatte. Dieser Zustand war zeitweise unerträglich, aber diesmal gab es einen Unterschied – Marlene! Sie war damals schon mein Licht und der einzige Grund, die Beziehung aufrecht zu erhalten.

Ich wollte einfach mit meiner Tochter zusammen sein und dafür nahm ich diesen Zustand der Gefühlskälte hin. Jeder führte sein eigenes Leben, ohne den anderen daran teilhaben zulassen. Das gegenseitige Desinteresse war unerträglich. Scheinbar hatte sie auch schon längst einen neuen Partner an ihrer Seite. Es war ein unwürdiges Dasein und mündete in der Erniedrigung, als ich erfuhr, dass, wenn ich nachts arbeitete, sie mit Marlene bei meinem Nachfolger nächtigte. Nach vier Jahren Einsamkeit musste ich kapitulieren. Ich liebte meine Tochter über alles und konnte mir ein Leben ohne tägliches Zusammensein mit ihr nicht vorstellen, trotzdem konnte ich nicht mehr! Ich hatte das Gefühl, einzugehen und nicht mehr zu leben.  Ich hatte mir geschworen, dass meine Tochter nicht wie ich ohne Vater aufwachsen sollte, denn ich wusste, was mir fehlte. Mir fehlte mein Leben lang Vaterliebe. Ich hatte an nichts mehr Freude. Meine Leidenschaft für bestimmte Dinge war verloren gegangen. Ich fühlte, wie der innere Frust begann, mich aufzufressen und sehnte mich an manchen Tagen sogar nach dem Tod. Es erschien mir als einzige Lösung, meinen seelischen Zustand zu verändern oder gar als die Erlösung meiner Seele. Ich hatte diesen einen Traum: Eine eigene intakte kleine Familie und eine liebevolle Frau an meiner Seite zu haben, die mich einfach so liebte wie ich war. Mit all meinen Ecken und Kanten. Ich sehnte mich nach einem normalen Leben. 

Was hätte ich tun sollen? Hätte ich mich nicht trennen sollen? Ich war in einer Situation, in der ich nicht einmal in der Lage war, mich selbst zu lieben. Ich verabscheute mein Leben und hielt es für wertlos. Dass ich als Kind einmal Geschichten schrieb, um nicht nur in eine andere Welt zu flüchten sondern auch die Erwachsenen wachzurütteln, um sie zum Nachdenken zu bringen, hatte ich schon lange vergessen. Meine Ziele und Ideale hatte ich außen vorgelassen, um einem Traum hinterher zu jagen, der sich nicht erfüllen sollte. Den Traum, geliebt zu werden, musste ich aufgeben. Alle Opfer waren vergebens, ich musste zusehen, wie die berühmte Seifenblase zerplatzte. Alles gab ich auf, mein Leben, mein Ziel, meinen Kindheitstraum, alles! Es begann eine Zeit in der ich etwas hinterher jagte, was scheinbar nicht existierte oder für mich nicht zu erreichen war.  Als wenn ich dem Wind hinterjagte, flüchtete in die nächste Beziehung und dachte, dass Liebe die Leere in mir füllen würde. Ich dachte, ich würde mein Heil in der nächsten Beziehung finden, doch plötzlich wurde Annette schwer krank. Der Arzt hatte eine Lungenentzündung falsch diagnostiziert. Die Folge war, dass sie acht Wochen im künstlichen Koma lag und die Ärzte sie eigentlich schon aufgegeben hatten. Ich saß jeden Tag nach meinem Dienst neben ihrem Bett und haderte mit meinem Schicksal. „Verdammt noch mal“, ich wollte sie nicht an den Tod verlieren. Ich blieb bis in den späten Abendstunden an ihrer Seite. Wenn die Nacht einbrach, begab ich mich nach Hause. Ich hatte solche Angst, sie zu verlieren. Ich lief in unserer Wohnung auf und ab oder saß auf dem Balkon, blickte in den Nachthimmel und flüsterte: „Tu mir das nicht auch noch an“! Aufgrund meiner Erlebnisse der Vergangenheit konnte ich sowieso nicht an eine höhere lenkende Macht glauben oder vielleicht sogar an einen Gott oder so etwas. Trotzdem bat ich den „Himmel“ mir das jetzt nicht anzutun. Sie nicht sterben zulassen. Sie mir nicht wegzunehmen. Manchmal hatte ich solche Sehnsucht danach, ihre Stimme zu hören, dass ich einfach auf ihrem Mobiltelefon anrief um ihre Stimme zuhören. Wenn ich dann ihren Mailbox-Spruch hörte, liefen mir die Tränen die Wangen hinunter.  Keine Ahnung, ob es tatsächlich daran lag, dass ich betete, aber sie wachte aus dem Koma auf und musste weitere drei Monate im Krankenhaus bleiben. Alles musste sich in meinem Leben ihr unterordnen. Mein Leben gab ich auf, um jeden Tag an ihrem Krankenbett zu sein, um ihr Kraft und Mut zu geben. Selbst meine Tochter musste sich dem unterordnen, mein größter Fehler, den ich mir niemals verzeihen werde. Warnende Stimmen, wie etwa aus meinem engsten Freundeskreis, schlug ich in den Wind. All meine Kraft und Energie galt meiner Lebensgefährtin. Mein Leben existierte nicht mehr und es schien, als hätte es ohne ihre Gegenwart  keine Berechtigung mehr. Ich tat alles, was in meiner Macht stand, um ihr den nötigen Halt zu geben. Es war ein Wunder, dass sie überlebte und aus dem Krankenhaus zu einer sechswöchigen Kur entlassen wurde. Es sollte für lange Zeit das letzte Mal sein, dass ich vor Glück heulte. In den sechs Wochen lag mein Bestreben darin, alles optimal auf ihre Rückkehr vorzubereiten. Ein halbes Jahr stand ich unter Strom und verkaufte meine Seele für diese eine Frau.

Für sie vergaß ich, woher ich kam und wohin ich wollte. Sogar, dass in dieser Zeit mich drei Männer besuchten und mir von meinen Visionen erzählten, ging zunächst unter und geriet dann sogar ganz in Vergessenheit. Alles war auf sie fixiert und fünf Tage bevor sie zurück von der Kur kommen sollte, kam ihr ganz spezieller Dank. Sie berichtete mir per Telefon, dass sie während ihres Kuraufenthaltes den Mann ihres Lebens getroffen hätte und sich nun von mir trenne. Ihr Vater würde dann im Laufe der Woche kommen, um ihre Sachen und Möbel zu holen. Keine Ahnung der wievielte Tiefschlag es war. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich Sie nicht mehr zählen. Dann war das Telefonat beendet und wir hörten nie wieder voneinander. Erstaunlicherweise fiel ich in kein Loch und das lag wahrscheinlich nur daran, dass ich mich schon längst darin befand. Ich trank bereits seit Monaten jeden Abend  bis zum Abwinken. Nur so war es mir möglich, im völlig berauschten Zustand in den Schlaf zu finden und somit inneren Frieden zu haben. Schlaf war die einzige Möglichkeit, den Dämonen der Realität zu entkommen, die täglich an meinen Schultern hingen und in meine Ohren flüsterten. Nun war zwar durch die Trennung eine Last entfernt, aber das sah ich noch nicht. Ich lebte in seelischen Schmerzen und Qualen, ohne einen Ausweg zu sehen. Marlene war die einzige Person, die es schaffte, phasenweise etwas Licht in mein Leben zu bringen und ich schämte mich, dass ich gerade sie, den Menschen, der mich am aufrichtigsten liebte, in der Vergangenheit oft vor den Kopf gestoßen hatte. Ich hoffte, dass sie mir das je verzeihen würde.

 

Das zweite Buch ist ebenfalls als Ebook mit der ISBN Nummer: 978-3-7309-1290-4

 

Inhalt:

Frederik Klein hat als zwölfjähriger merkwürdige Träume. Erst kann er diese nicht einordnen. Nachdem er aber beginnt die Dinge an die er sich erinnert zu zeichnen oder zu malen, stellt er fest, dass es Träume aus der nahen Zukunft sein müssen. Als er heranwächst, wird er selbst am Tage von Zukunftsvisionen heimgesucht. Doch plötzlich brechen diese Visionen abrupt ab und er vergisst sie irgendwann. Zehn Jahre vergehen, als plötzlich drei unbekannte Männer bei ihm an der Tür klingeln und ihm auf seine Zukunftsvisionen ansprechen. Einer von ihnen erzählt ihm, dass er von seinem Tod träumen wird und er diesen Traum sehr ernst nehmen soll. Er werde bei einem Attentat getötet werden. Er wird Tag und Uhrzeit in einem Traum erfahren. Diese Information müsse er verwenden um dieses Attentat zu verhindern, denn er habe eine Aufgabe, die er unter allen Umständen erfüllen müsse. Tatsächlich träumt Frederik Klein wenig später von einem Attentat, bei dem er ums Leben kommt. Plötzlich fallen ihm seine Kindheitsträume von der Zukunft wieder ein und er holt die von ihm dazu angefertigten Zeichnungen aus einem Schuhkarton hervor. Darunter eine Europa Flagge mit einem Sternenring und die Zeichnung von einer Münze…….diese wird einmal die Währung in Europa sein, der Euro. Nach und nach erfüllt sich jede Vision die er als Teenager hatte.