Sechsundzwanzigstes Kapitel
Heute bin ich einem alten Freund über den Weg gelaufen. Zumindest jemandem, den ich irrtümlich einmal für einen Freund hielt. Judas-Ralph. Verräter sind die niedrigsten unter Gottes Geschöpfen, verachtet von denen, die sie verraten, und insgeheim verabscheut von denen, denen sie dienen.
Alan Christoffersens Tagebuch
Fremde Stimmen weckten mich. Sie sprachen nicht Englisch. Deutsch oder Litauisch vielleicht. (Ich weiß nicht, warum ich das dachte. Ich habe keine Ahnung, wie Litauisch überhaupt klingt.) Welche Sprache es auch war, die Stimmen waren bald wieder verschwunden.
Meine Beine taten immer noch weh, und ich dehnte sie, so weit es mein Schlafsack zuließ. Die Luft war so kalt, dass ich meinen Atem sehen konnte, der an dem schrägen Dach des Zelts zu einer Fläche hängender Tropfen kondensiert hatte. Als ich mich aufsetzte, stieß ich gegen eine Seite des Zelts, sodass ein Schauer eiskalter Tröpfchen herunterregnete.
Ich öffnete meinen Rucksack und holte das Wasser und die Pop-Tarts heraus. Ich war beinahe am Verhungern und aß zwei ganze Packungen auf. Ich musste an Tolkiens Hobbits denken, die das Lembasbrot der Elben aßen. Nur dass auf meinem Speiseplan Pop-Tarts standen. Zum ersten Mal wünschte ich, ich hätte etwas anderes gekauft.
Ich schlüpfte in meinen Parka, setzte meinen Hut auf, streifte die Handschuhe über und kletterte aus dem Zelt. Ich ging zu den Wasserfällen, um mich zu rasieren, aber das Wasser war eiskalt, daher entschied ich weise, dass ein Eintagebart wohl niemandem schaden würde.
Ich baute mein Zelt ab und hatte wenige Minuten später alles zusammengepackt. Selbst mit meinen schmerzenden Beinen hatte ich es eilig, mich wieder auf den Weg zu machen. Nach meiner Karte befand sich der Stevens-Pass etwa acht Meilen weiter die Straße hoch. Dort würde es eine Hütte geben, Toiletten und ein Restaurant. Ich freute mich auf diesen nächsten Zwischenstopp mit einer warmen Mahlzeit und etwas Komfort und auf die andere Seite des Berges. Auf den Abstieg.
Ich verließ den Campingplatz, warf meinen Abfall – leere Wasserflaschen und Verpackungen – in die Mülltonne und ging dann zurück zur Straße, wo ich die unterhalb gelegenen Wasserfälle überquerte.
Im morgendlichen Licht konnte ich den Berg deutlich sehen. Er erhob sich weiß und schweigend vor mir. Ich war in seinem Schoß. Mein Rucksack kam mir schwerer vor als noch am Tag zuvor, obwohl ich wusste, dass er das nicht war. Ich war nur erschöpft.
Im Verlauf der nächsten drei Meilen führte die Straße auf eine Höhe von 2600 Fuß hinauf, und die Seitenstreifen waren völlig zugeschneit. Zum Glück hatten die Schneepflüge den Wanderweg frei geräumt. Das Hellbraun meiner Wanderstiefel hatte sich in ein dunkles Umbra verwandelt, aber innen waren sie (abgesehen von meinem Schweiß) trocken. Ich war froh, dass ich mir die Zeit genommen hatte, sie gründlich zu imprägnieren.
Nachdem ich eine weitere Stunde gelaufen war, stellte ich fest, dass der Schnee auf den Seitenstreifen inzwischen über dreißig Zentimeter hoch lag. Ich näherte mich offensichtlich dem Gipfel, denn die meisten Autos, die mich überholten, waren mit Skiern und Snowtubes bepackt. Ein Mann, der zu Fuß unterwegs war, wirkte hier geradezu lächerlich fehl am Platz.
Zwischen den Wasserfällen und dem Stevens-Pass – so hieß sowohl der Bergpass als auch der Skiort oben am Gipfel – stieg die Straße noch einmal 1000 Fuß an. Ich kam am Vormittag oben an. Auf dem Ortsschild war die Höhe mit 4061 Fuß angegeben. In den vergangenen zwei Tagen hatte ich also über 2500 Fuß Höhenunterschied bewältigt.
Das Skigebiet war überfüllt, der zugeschneite Parkplatz nördlich des Highways fast voll besetzt, und auf der Straße stauten sich in beiden Richtungen die Autos, die auf den Parkplatz wollten.
Ich mischte mich unter die Skifahrer und stieg zu der Hütte hoch. Scharen von Leuten in bunten Anoraks und mit Skimützen wuselten in dem Gebäude umher. Das Gedränge störte mich nicht mehr, auch wenn ich nicht das Gefühl hatte dazuzugehören.
Ich nahm meinen Rucksack ab und betrat die Hütte. Als Erstes ging ich auf die Toilette, die mir in Anbetracht meiner Umstände wie ein unbeschreiblicher Luxus vorkam – vor allem das heiße Wasser. Ich rasierte mich nicht. Dafür war auf der Herrentoilette zu viel los. Aber ich wusch mir in aller Ruhe Gesicht und Hände mit dem warmen Wasser. Danach ging ich ins Restaurant, um etwas zu essen.
Im Speiseraum herrschte bereits reger Mittagsbetrieb. Ich fand einen kleinen Tisch am Fenster, der noch frei war, und belegte ihn mit meinem Rucksack. Dann ging ich an die Theke, schnappte mir ein Plastiktablett und bestellte mir eine große heiße Schokolade, einen glasierten Donut, einen doppelten Chili-Cheeseburger und eine extragroße Portion Pommes frites mit Käse. Verglichen mit dem, was ich andernorts bezahlt hatte, war das Essen hier teuer, und ich benutzte zum ersten Mal meine Kreditkarte. Ich war froh, dass sie akzeptiert wurde, denn ich hatte keine Ahnung, wie viel Geld noch auf meinem Konto war.
Ich trug das Essen zu meinem Tisch und machte mich darüber her. Als ich aufgegessen hatte, holte ich mir noch eine große heiße Schokolade und einen Apfelbeignet. Zum ersten Mal in meinem Leben löste eine solche Völlerei keine Schuldgefühle in mir aus. Ich nahm ständig ab und würde die Kalorien vermutlich noch vor dem Abendessen verbrannt haben.
Ich zog meinen Parka aus und hängte ihn über die Stuhllehne. Dann saß ich einfach nur da, tauchte den Beignet in meine Schokolade und nahm die Atmosphäre in mich auf. Ich fragte mich, warum McKale und ich nie hierhergekommen waren.
Am Tisch hinter mir saß eine Yuppie-Familie in todschicken Ski-Outfits. Die Eltern versuchten, ihre kleine Tochter zu überreden, wieder mit nach draußen zum Skifahren zu kommen. Sie wollte nicht, und sie sparte nicht an Stimme, um es ihre Eltern oder andere Leute im Speiseraum wissen zu lassen. Aber der Raum war so voll und der Geräuschpegel so hoch, dass kaum jemand auf ihr Geschrei achtete. Das Paar war hilflos. Zuerst versuchten sie, die Kleine mit einem Hello-Kitty-Parka zu bestechen. Sie erhöhten den Einsatz jedoch bald auf eine Karaoke-Maschine und fuhren schließlich das schwere Geschütz auf – ein kleines Hündchen. Aber das Mädchen war völlig außer Kontrolle (auch wenn es seine Eltern ganz offensichtlich unter Kontrolle hatte) und nicht mehr zu bändigen.
Während ich über das Dilemma der Eltern nachdachte, kam ein kleiner, kegelförmiger Mann, dem der Latz seiner Skihose bis zur Taille herunterhing, in den Speiseraum gewatschelt. Irgendetwas an seiner Gangart und Statur kam mir bekannt vor. Als er seine Skibrille abnahm, schnürte es mir die Brust zu. Diese feuerroten Haare und die schmalen Lippen (und das frettchenartige Gesicht) kannte ich. Es war Ralph, mein ehemaliger Chefdesigner und Kyles neuer Partner.
Er nahm nur drei Tische entfernt Platz. Sein Tisch befand sich in der Nähe der Tür, und seine Frau und seine Kinder saßen dort bereits beim Essen. Vermutlich war ich an ihnen vorbeigelaufen, als ich hereinkam. Ich wunderte mich, dass ich seine Frau Cheryl nicht erkannt hatte, aber noch mehr wunderte ich mich, dass sie mit ihm hier war. Im Laufe des letzten Jahres hatte ich die beiden nur selten zusammen gesehen, zum Teil, weil sie sich offenbar nicht besonders für seinen Beruf interessierte, aber vor allem vermutlich, weil er eine Affäre mit einer Frau hatte, die er ein Jahr zuvor auf einem Grafik-Kongress kennengelernt hatte. Ich weiß gar nicht, warum ich mich über seinen Verrat an mir so wunderte. Betrüger betrügen. Wie hatte ich davon ausgehen können, dass er mir gegenüber loyal sein würde, wenn er doch seine Frau betrog?
Wut durchströmte und wärmte mich. Ich überlegte, ob ich ihm mit der Faust ins Gesicht schlagen oder ihn zur Rede stellen sollte, am besten beides. Aber während ich beobachtete, wie er sich mit seiner Frau und seinen Kindern unterhielt, entschied ich mich gegen beides. Ich trat ohnehin schon Wasser in einem Meer von Emotionen, und nach einem peinlichen Showdown vor seiner Frau und seinen Kindern – egal, wie sehr er es verdient hatte – würde ich mich auch nicht besser fühlen.
Ich nahm meine Ray-Ban-Sonnenbrille aus dem Rucksack und setzte sie auf. Dann zog ich mir den Hut tief ins Gesicht und wurde unsichtbar. Während ich meine heiße Schokolade schlürfte, sahen sowohl Ralph als auch Cheryl mehrmals in meine Richtung, aber keiner von beiden erkannte mich. In meinem Aufzug und mit meinem struppigen Gesicht hätte ich Brad Pitt sein können, und mich hätte trotzdem niemand erkannt.
So nah bei Ralph zu sitzen, verdarb mir leider die Freude an meinem Aufenthalt. Ich trank meine Schokolade aus, schlüpfte wieder in meinen Parka und schulterte meinen Rucksack. Als ich an Ralphs Tisch vorbeikam, hörte ich ihn zu seinem ältesten Sohn, Eric, sagen: »Wo hast du dieses Ding denn her?«
Eric, ein strohblonder zwölfjähriger Junge, spielte mit einem Radio und sah trotzig auf. »Nirgends. Jemand hat es auf dem Tisch da liegen lassen.«
»Na, dann leg es wieder hin«, sagte Ralph. »Es gehört dir nicht.«
»Bleib locker«, sagte Cheryl. »Er hat es doch nur gefunden.«
»Das ist mir egal. Es gehört ihm nicht.«
Die Gelegenheit war zu schön, um sie sich entgehen zu lassen. Es war, als hätte mir das Schicksal eine Steilvorlage gemacht. »Er hat Recht«, sagte ich zu Eric. »Du willst doch nichts an dich nehmen, was dir nicht gehört. Das wäre doch nicht richtig.« Ich sah Ralph an. »Oder?«
Ralph und Cheryl sahen mich an, die Augen irritiert zusammengekniffen. »Entschuldigen Sie?«, sagte Ralph.
»Nein, das werde ich nicht tun.« Ich beugte mich vor. »Weißt du, Ralphie, es spielt keine Rolle, wen du betrügst, Cheryl oder mich. Der Lohn fürs Betrügen ist, dass man jeden Abend mit einem Betrüger ins Bett geht.«
Ich wandte mich ab und verließ die Hütte. Ich war sicher, dass Ralphs Augen an meinem Rücken klebten. Vermutlich dämmerte ihm langsam, wer ich war, aber ich war jetzt das geringste seiner Probleme. Wenigstens würden er und Cheryl endlich etwas haben, worüber sie reden konnten.
Kühle Luft empfing mich, als ich wieder ins Freie trat und hinunter zur Straße ging. Auf der Ostseite des Passes ging es immer nur bergab, ein klarer Vorteil, wenn man zu Fuß unterwegs ist – nur dass die Bedingungen auf dieser Seite des Berges weniger günstig und die Linien, die den Wanderweg markierten, zugeschneit waren. Ich war mir nicht sicher, ob es wirklich die Ostwinde waren, die für die ungünstigen Bedingungen auf dieser Seite des Berges gesorgt hatten, denn der Pass war zugleich die Grenze zwischen King County und Chelan County, daher lag es vielleicht eher an der Politik als am Wetter. Selbst mit den Profilsohlen an meinen Stiefeln erwies sich die Straße als rutschig, und als ich das Skigebiet wieder verließ, rutschte ich aus und fiel hin, genau vor einer Reihe von Autos, was eher peinlich als schmerzhaft war. Ich hoffte nur, dass Ralph mich nicht dabei gesehen hatte. Noch zweimal wäre ich um ein Haar gestürzt, und ich begann im Geist bereits, eine geharnischte Beschwerde an das Straßenbauamt des Bezirks zu verfassen.
Zum Glück war ich bis zum Spätnachmittag bereits auf eine Höhe von 2800 Fuß abgestiegen, wo deutlich weniger Schnee auf der Straße lag. Nur hin und wieder gab es ein paar verharschte Stellen, über die ich mühelos hinwegstieg.
Immer wieder kehrten meine Gedanken zurück zu meiner Begegnung mit Ralph. Ich fragte mich, ob Cheryl bereits gewusst hatte, dass er sie betrog. Ich bereute nicht, was ich gesagt hatte. Rache, so heißt es, ist ein Gericht, das am besten kalt serviert wird. Ich habe keine Ahnung, was damit eigentlich gemeint ist, aber angesichts der Tatsache, dass wir uns in einem Skigebiet befanden, kam mir das Sprichwort besonders treffend vor. Ich hätte auf jeden Fall noch viel Schlimmeres anrichten können.
Es dämmerte bereits, als ein den Berg herunterkommender Acura MDX neben mir sein Tempo verlangsamte. Ein junges blondes Mädchen steckte den Kopf aus dem Beifahrerfenster. »Sollen wir Sie mitnehmen?«, fragte sie. Ich vermutete, dass sie getrunken hatte. Aus dem CD-Player des Wagens dröhnte Coldplay.
»Nein, danke.«
»Wohin wollen Sie?«
»Florida.«
»Wohin will er?«, fragte die Fahrerin, ebenfalls ein junges Mädchen. Ich hoffte, dass wenigstens sie nicht getrunken hatte. In diesem Augenblick tauchte hinter ihnen ein Wagen auf. Er hupte und scherte dann aus, um sie zu überholen.
»Florida, hat er gesagt«, antwortete die Blondine am Fenster.
Die Fahrerin sagte etwas, was ich nicht hören konnte. Dann beugte sich das Mädchen wieder aus dem Fenster. »Wir fahren Sie hin.«
»Danke. Ich gehe lieber zu Fuß.«
Sie lachte. »Viel Spaß dabei.«
Der Wagen schoss davon.
Nach weiteren zwei Meilen war kein Schnee mehr zu sehen, weder auf der Straße noch auf den Seitenstreifen. Das freute mich auch deshalb, weil es an der Zeit war, mein Lager aufzuschlagen. Nach meiner Karte lag irgendwo vor mir eine Stadt, aber ich wusste nicht, wie weit entfernt oder wie groß sie war und ob es dort überhaupt eine Übernachtungsmöglichkeit gab. Ich hoffte es. Ich war völlig durchgefroren und sehnte mich nach einem heißen Bad und einer Möglichkeit, meine verschwitzten Kleider zu waschen.
Obwohl ich viel Zeit auf dem Pass vertrödelt hatte, hatte ich eine beträchtliche Strecke zurückgelegt, mehr als an allen Tagen zuvor – fast 30 Meilen. Meinen Beinen ging es so weit gut, nur meine Knie schmerzten ein wenig vom Bergabgehen.
Als ich um eine Kurve kam, sah ich plötzlich etwas im Wald. Nicht weit hinter einer Abzweigung, einem unbefestigten Kiesweg, stand ein Stück zurückgesetzt zwischen den Bäumen eine Reihe baufälliger gelber Hütten. Sie sahen aus, als seien sie früher als Ein-Zimmer-Unterkünfte an Skifahrer vermietet worden, aber ganz offensichtlich wurden sie schon seit vielen Jahren nicht mehr benutzt. Eine der Hütten war bereits eingestürzt. Ihr Dach lag jetzt auf der Erde, die Asphaltziegel von Moos und Blättern bedeckt. Die anderen Hütten befanden sich in unterschiedlichen Stadien des Verfalls.
Irgendetwas an diesem Ort machte mir Angst, und als ich mich der ersten Hütte näherte, durchzuckte mich auf einmal der makabre Gedanke, dass ich dort drinnen auf irgendetwas stoßen könnte, was ich lieber nicht sehen wollte. Die Hütten erinnerten mich an die Orte, an denen Serienkiller in den »Wahre-Verbrechen«-Geschichten irgendwelche Dinge versteckten. Ich wusste nicht, wieso ich ausgerechnet daran denken musste.
Ich warf einen Blick in die erste Hütte. Leichen lagen nicht darin, aber es war offensichtlich, dass ich nicht der erste Mensch war, der diesen Ort entdeckt hatte. Der Raum war ein menschengroßes Rattennest, in dem aller mögliche Müll herumlag – geleerte Bierflaschen, eine verschimmelte Matratze, eine Armeejacke, die Rückbank eines Ford Pinto, ein lila BH, leere Plastikflaschen, in denen einmal Frostschutzmittel gewesen war, und zerrissene Zeitungen.
Ich warf einen Blick in die anderen Hütten. Auch sie hatten Holzböden, die übersät waren mit den eklektischen Hinterlassenschaften früherer Bewohner. In zwei der Hütten sah man noch Reste des ursprünglichen Teppichs – vermodert und mit schwarzen Schimmelflecken übersäht, sodass sie wie ein Leopardenfell aussahen.
Die Fenster waren alle herausgeschlagen worden und boten kaum Schutz. Aber allein ein Dach über dem Kopf zu haben gibt einem schon ein gewisses Gefühl von Sicherheit.
Ich entschied mich für die Hütte, die den stabilsten Eindruck machte und einen noch intakten offenen Kamin hatte. Ich inspizierte die Feuerstelle und den Rauchabzug, dann sammelte ich etwas Brennholz und entfachte ein Feuer. Die Feuerstelle war voller nasser Blätter und der Abzug teilweise verstopft, sodass der Rauch zurück ins Zimmer quoll, was allerdings kein großes Problem war, da sowohl das Dach als auch die Wände Löcher hatten.
Das Feuer, das die Hütte mit Licht und allmählich auch mit Wärme erfüllte, war ein wunderschöner Anblick. Ich fragte mich, ob in der Nacht irgendjemand das Feuer bemerken würde, aber ich machte mir keine Sorgen deswegen. Die Leute, die vorbeifuhren, wollten irgendwohin. Sie hatten nicht die Zeit, sich über solche Dinge den Kopf zu zerbrechen.
Ich rollte meine Isomatte und meinen Schlafsack aus, dann wühlte ich in meinem Rucksack nach einem Abendbrot. Ich hatte nicht mehr viel zu essen – einen Apfel, etwas Dörrfleisch, Studentenfutter und zwei Energieriegel. Ich hätte mir oben in dem Skiort etwas kaufen sollen. Das hatte ich auch vorgehabt, aber dann hatte ich es ja auf einmal eilig, von dort wegzukommen. Ich aß das Studentenfutter und das Dörrfleisch auf, dann lehnte ich mich zurück und aß in aller Ruhe meinen Apfel.
In gewisser Weise hatte ich einen Sieg errungen. Vor dem Schnee und dem Berg hatte mir mehr gegraut, als ich mir selbst eingestanden hatte, aber eigentlich war es gar nicht so schlimm gewesen. Ich hätte gern jemandem erzählt, was ich geschafft hatte, aber es war niemand da, der es hören wollte. McKale hätte alles darüber wissen wollen.
Ich warf das Kerngehäuse des Apfels ins Feuer und kroch zum Schlafen in meinen Schlafsack.