Siebzehntes Kapitel

Ich würde alles geben,
um sie zurückzubekommen.
Alles. Aber ich habe nichts, womit ich
handeln könnte. Nicht einmal mein Leben.
Schon gar nicht mein Leben.

Was könnte ein Leben, das so elend ist
wie meines, schon wert sein?

Alan Christoffersens Tagebuch

Die nächsten beiden Tage waren eine Parade aus verschwommenen Ereignissen, die an mir vorbeizog. Die Leute vom Bestattungsunternehmen zerrten mich mehr oder weniger durch all das, was zu erledigen war – einen unfreiwilligen Beteiligten an einem ungewollten Verfahren. Ich erinnerte mich, wie roboterartig mein Vater nach dem Tod meiner Mutter gehandelt hatte. Ich verurteilte ihn nicht mehr. Jetzt war ich derjenige, der sich roboterartig um die Abwicklung eines Todesfalls kümmerte: Ich suchte einen Sarg und einen Grabstein aus, schrieb einen Nachruf auf McKale, unterzeichnete Papiere und wählte das Kleid aus, in dem sie bestattet werden sollte – ein perlenbesetztes Kleid aus schwarzem Chiffon, das vorn gerafft war. Sie hatte es im vergangenen Januar bei den Feierlichkeiten zur Verleihung der WAF-Awards getragen. Für mich war sie die schönste Frau im ganzen Saal gewesen.

Mir wurde deutlich bewusst, wie sehr ich in der Vergangenheit alle anderen Menschen aus meinem Leben ausgeschlossen hatte. Außer dem jeweils anderen hatten McKale und ich keine echten Freunde, und die einzigen Leute, mit denen wir gesellschaftlichen Umgang hatten, standen auf meiner Gehaltsliste. Ich hatte gedacht, dass ich niemand anderes bräuchte. Ich hatte mich getäuscht.

Sam traf am Donnerstagnachmittag zusammen mit McKales Stiefmutter Gloria ein. Wir waren vor der Leichenhalle verabredet. Sam brach zusammen, als er sie sah. »Mein kleines Mädchen«, schluchzte er. »Mein kleines Mädchen.«

Mein Vater traf zwei Tage später ein, am Tag vor der Beerdigung. Wie es seine Art war, sprach er sehr wenig, wofür ich ihm offen gestanden dankbar war. Ich konnte sehen, dass er meinen Schmerz teilte, und das reichte mir. Er wohnte bei mir und schlief unten im Gästezimmer.

Es regnete die ganze Nacht, und ich saß in der Küche und lauschte auf die Millionen Tropfen, die auf die Erde trommelten. Ich fand einfach keinen Schlaf. Mein Vater kam um drei Uhr morgens hoch in die Küche. Ich saß am Küchentisch, eine Tasse kalten koffeinfreien Kaffee vor mir, und starrte ins Leere.

»Ich konnte auch nicht schlafen«, sagte er. »Hast du etwas dagegen, wenn ich mich zu dir setze?«

Ich schüttelte den Kopf.

Er nahm sich einen Stuhl und setzte sich mir gegenüber an den Tisch. Einen Augenblick lang saßen wir beide schweigend da. Dann räusperte er sich. »Als deine Mutter starb, da fühlte ich mich, als ob mir eine Hälfte meines Körpers amputiert worden wäre. Die Hälfte mit dem Herzen. In der ersten Zeit war ich mir nicht sicher, ob ich weiterleben kann. Offen gestanden, war ich mir nicht sicher, warum ich das überhaupt wollen sollte.« Er sah mich sanft an. »Ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn ich dich nicht gehabt hätte. Der Luxus eines Zusammenbruchs war mir leider nicht vergönnt.«

»McKale wollte Kinder«, sagte ich. »Aber ich habe ihr immer gesagt, dass wir noch warten sollten.« Ich rieb mir die Augen. »Diese verdammte Annahme, es gäbe immer ein Morgen.«

Mein Vater hatte keine Antwort für mich, und meine Worte verloren sich in der Stille.

»Willst du für eine Weile nach Hause kommen?«

Ich schüttelte den Kopf. »Nein.«

»Wie läuft das Geschäft?«

»Nicht gut.«

»Vielleicht solltest du dich in der nächsten Zeit richtig in die Arbeit stürzen.«

Ich sagte nichts. Wir saßen beide schweigend da.

»Dad.«

»Ja?«

»Wie hast du es gemacht?«

»Ich habe keine Ahnung.« Er schwieg eine Weile, dann sah er mich an. »Ich liebe dich, mein Sohn.«

»Ich weiß.«

Ein paar Minuten später ging er zurück in sein Zimmer. Ich legte den Kopf auf den Tisch und weinte.