3 Wann kann man von einem aggressiven Verhalten sprechen?

Alle Kinder und Jugendlichen verhalten sich gelegentlich aggressiv, befolgen Anweisungen nicht und halten Regeln nicht ein. Ein ausgeprägt oppositionelles, aggressives oder dissoziales Verhalten verursacht jedoch erhebliche Beeinträchtigungen und hat negative Folgen in familiären, sozialen, schulischen und beruflichen Lebensbereichen. Die oben genannten Verhaltensweisen sollten besonders dann beachtet werden und zu therapeutischen Maßnahmen führen, wenn diese über mehrere Monate regelmäßig, häufig und stark ausgeprägt zu beobachten sind, wenn sie nicht nur gegenüber einer Person auftreten und wenn sie nicht nur in einem, sondern in mehreren Lebensbereichen (in der Familie, der Schule, bei Gleichaltrigen usw.) registriert werden können.

In den meisten Fällen leiden Eltern oder Lehrer aber auch Geschwister oder andere Kinder und Jugendliche unter dem aggressiven oder dissozialen Verhalten. Bei dem Kind oder dem Jugendlichen, das aggressives oder dissoziales Verhalten zeigt, ist oft kein Leidensdruck erkennbar, obwohl sich viele dieser Kinder und Jugendlichen in ihrer Lage nicht wohl fühlen. Meist haben sie zwar kurzfristig mit ihrem Verhalten einen gewissen Erfolg, langfristig haben sie jedoch viele Nachteile, die sie spätestens im jungen Erwachsenenalter als solche erkennen.

Die im Anhang zu diesem Ratgeber abgedruckte Verhaltensliste soll dabei helfen, das Ausmaß aggressiven und aggressiv-dissozialen Verhaltens einschätzen zu können. Die in der Liste aufgeführten Kriterien entsprechen von „1“ bis „11“ den Merkmalen des oppositionellen Verhaltens, die übrigen aggressiv-oppositionellem Verhalten. Wenn Sie sich mit der Liste eine erste Orientierung verschaffen möchten, sollten Sie aus Ihren Beobachtungen noch keine Diagnose ableiten, sondern dies der eingehenden Untersuchung durch einen Kinder- und Jugendpsychiater oder Klinischen Kinderpsychologen überlassen. Da meist eine Störung in mehreren Lebensbereichen vorliegt, müssen Spezialisten in der Regel auch Lehrer oder Erzieher befragen.