Anmerkungen der Autorin

Sollten Sie einmal nach Hollywood kommen, denken Sie daran, daß auch Produzenten nicht unbedingt wissen, wer oder was Hamlet ist. Manche tippen auf eine Automarke.

Schriftsteller, ob Melville, Faulkner, oder sogar Shakespeare, stehen bei uns nicht sonderlich hoch im Kurs. Kennen Sie den Witz von dem Starlet, das dumm genug war, mit einem Schriftsteller zu schlafen, um eine Rolle zu bekommen? In der Hackordnung Hollywoods rangieren Schriftsteller ganz am Ende.

Das trifft jedenfalls auf die meisten Roman-, Film- und Fernsehautoren, Verfasser von Sketches und Sitcoms zu. Nicht auf alle. Ich zum Beispiel bin Schriftstellerin. Ich habe mir in Los Angeles als Wohnort selbst ausgesucht, und ich werde respektiert. Geliebt sicher nicht. Doch ich bin auch meilenweit von Hohn und Schmähungen entfernt. Wenn sie mich schon nicht mögen, so achten sie mich doch, weil sie mich fürchten. Außerdem verdiene ich einen Haufen Geld.

Wer mich kennt, macht keinen Hehl daraus, daß er nichts für mich übrig hat. »Laura Richie ist ein Biest«, heißt es oft, wobei das noch höflich ist. Im Grunde kennen sie mich alle nicht wirklich. Für sie bin ich nur ein bekannter Name.

Meine Berühmtheit beruht darauf, daß ich über Berühmtheiten schreibe. Ein harter Job, auf den ich stolz bin. Die Biographien beruhen auf Tatsachen, nicht auf Mutmaßungen, nicht auf Hörensagen, nicht auf meinen eigenen Meinungen oder Vorurteilen. Solche habe ich massenhaft. Logisch. Doch die behalte ich für mich, soweit das einer Schriftstellerin möglich ist. Ich arbeite gewissenhaft und emsig wie eine Wühlmaus.

Wenn schon Schriftsteller nicht damit rechnen können, geachtet zu werden oder Interesse zu wecken, wer sonst?

Amerika ist ein Land, in dem nur drei Dinge angebetet werden: Geld, Jugend und Schönheit. Wenn Sie die beiden letzten haben, läßt sich daraus Kapital schlagen, womit Sie das erste dazugewinnen. Schönheit ist gleich Jugend. Schönheit stirbt nicht. Zumindest vermittelt sie diesen Eindruck.

Neu ist nur, daß man heutzutage Schönheit kaufen kann. Und daß das auch jemand getan hat.

Schönheit erzeugt Geld, Geld erzeugt Macht. Nicht immer. Manchmal. Jeder will über schöne Frauen lesen.

Ich weiß, wovon ich rede. Mein erstes Buch war Marion Anderson: Der Lebenskampf einer schwarzen Künstlerin. Der Roman basierte auf meiner Doktorarbeit. Verkauft wurden 2 216 Exemplare. Ich hatte fünf Jahre daran gearbeitet. Doch die Künstlerin war eben nicht schön. Mein letztes Buch, »Cher!«, ist in einer halben Million Exemplaren über die Ladentische gegangen. Als gebundene Ausgabe. Wenn Sie das mit zweiundzwanzig Dollar multiplizieren (von denen ich fünfzehn Prozent einstreiche), können Sie mir alle möglichen Schimpfworte nachrufen, falls Ihnen danach ist.

Es hat lang gedauert, bis ich bekannt wurde. Jetzt verkauft sich ein Laura-Richie-Buch automatisch. Ruhm! Unberechenbar, aber nützlich, Neunundfünfzig Prozent aller Amerikaner wissen, wer Donna Douglas ist — sie spielte die Ella May Clampett in den »Beverly Hillbillies« —, aber sie sind nicht in der Lage, auch nur einen einzigen Nobelpreisträger zu nennen. Darüber sollten Sie mal nachdenken. Keine Vorwürfe bitte! Ich habe diese Gesellschaft nicht gemacht, sondern versuche nur, darin zu leben. Und leben kann ich gut und ruhig. Nicht zu ruhig natürlich. Sonst würde ich überhaupt nichts verkaufen. Ich stelle mich in Talkshows und gebe hunderte von Radiointerviews. Doch davon und von meinem Bild auf der letzten Einbandseite des Buches abgesehen, schaffe ich es, mir ein Privatleben zu erhalten. Wissen Sie auch warum? Weil ein Schriftsteller, mag er noch so berühmt sein, niemals so berühmt ist, daß er seine Privatsphäre völlig einbüßt. Bei Schauspielern ist das anders. Schauspieler, Entertainer, Models, Spitzensportler, sogar berüchtigte Prostituierte oder Mitglieder der königlichen Familien sind öffentlich gefeierte Persönlichkeiten. Die Frauen werden zu Stars, weil sie schön sind. Die Männer, weil sie reich sind oder wegen ihrer Erfolge. Es ist seltsam, wie so etwas funktioniert. Die, die sich aus dem Sumpf der Anonymität ins Licht des Starruhms hochgearbeitet haben, erreichen damit zwar Anerkennung, verlieren aber gleichzeitig ihr Privatleben, das von der Öffentlichkeit vereinnahmt wird.

Denn noch etwas muß man wissen: Amerikaner berauschen sich am Ruhm. Ein Star ist ihnen wichtiger als das, was er tatsächlich bewirkt oder geschaffen hat. Abgesehen davon ist die Lobhudelei der Öffentlichkeit eine zweischneidige Sache. Du wirst von einem Tag auf den anderen hochgejubelt, doch sie stoßen dich ebenso plötzlich in den Dreck, Das ist mein Metier. Ich stoße Stars in den Dreck. Nachdem ich einmal damit begonnen hatte, über die ganze Wahrheit einer gefeierten Persönlichkeit zu schreiben, entdeckte ich damit eine unerschöpfliche Marktlücke. Amerika will die Gefeierten nämlich auch verunglimpft sehen. Es will Geschichten über Beschimpfungen, Pleiten, Inzucht, Schlägereien, Abhängigkeiten und Qualen hören. Kurz, über das Hässliche hinter der Schönheit. Ein bitteres Märchen. Meine Leser schätzen solche Geschichten. Je dunkler die Abgründe sind desto besser. Für Frauen beginnt es meist mit dem Aussehen. Eine Schönheit auf der Suche nach einem Publikum. Wir sind so, wie wir aussehen. Doch Schönheit allein genügt nicht.

Also erlauben Sie mir, Sie durch diese Geschichte zu begleiten. Nur ich kann sie von ihren Anfängen bis zum Ende so erzählen. Denn ich war dabei. Eine Hollywood-Saga wie diese gab es noch nie.

Laura Richie

Halfway, Wyoming 199


Die schoenen Hyaenen
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