49.
Nachdem Flora Lee fort war, wohnte Dobe bei Sharleen und Dean. Sharleen hatte momentan keine Aufnahmen für Three for the Road und erholte sich zusehends. Stundenlang arbeitete sie im Garten, jätete, band Tomaten hoch oder kochte Obst ein und übertraf sich selbst bei köstlichen Salaten.
Dann nahte die Zeit von Dobes Abreise. Sharleen bedauerte das tief. Für sie war er der einzige, an den sie sich anlehnen konnte. Nun wartete die Einsamkeit wieder auf sie.
An diesem Abend sollte das Abschiedsessen stattfinden. Sie unterhielten sich ungezwungen und fröhlich. Dobe erzählte pausenlos Anekdoten, während eine zufriedene Oprah als Herrin inmitten der ausgelassenen Welpen thronte.
Nach dem Essen half Dean beim Abräumen, während Dobe die Spülmaschine einräumte und Sharleen alle Spuren des Essens beseitigte. Sie achtete sehr auf Ordnung und Sauberkeit. Danach ging Dean mit den Hunden hinaus. Das war der Moment, in dem Dobe über Geschäftliches zu sprechen begann.
»In was investierst du?« fragte er.
»Das weiß ich nicht. Lenny macht das für mich.«
»Kaufst du Land?«
«Nun, wir haben das Haus hier gekauft. Aber abgesehen davon, glaube ich nicht, daß wir noch Land haben.« Irgendwie beschlich Sharleen ein ungutes Gefühl. Sie hielt es für falsch, mit Dobe über so etwas zu reden. »Bist du satt geworden?« versuchte sie das Thema zu wechseln.
»Und wie. Es hat wunderbar geschmeckt. Du bist eine tolle Köchin. Aber ich möchte dich noch etwas fragen. Denkst du noch daran, eines Tages eine Ranch zu bewirtschaften?«
Auch darüber wollte sie nicht mit Dobe sprechen. Sie fürchtete, daß das nur zu Schwierigkeiten führte. »Ja«, gab sie zu. »Dean und ich würden das eines Tages schon wollen. Wenn wir genügend Geld haben.« Bei dem Wort »Geld« wußte sie plötzlich, was ihr dieses Unbehagen bereitete. Das ganze Gespräch verlief so, wie Dobe seine Unterhaltungen mit denen führte, die er mit den angeblichen Benzintabletten hinters Licht führte.
»Sucht ihr nach einem Partner?« fragte Dobe. Einen Moment lang wußte Sharleen nicht, auf was die Frage abzielte. Da erklärte er schon: »Ich meine einen Partner für eure Ranch. Jemanden, der das geeignete Anwesen findet und sich darum kümmert, bis ihr selbst es übernehmt.«
»Ich weiß nicht, Dobe.« Das Herz wurde ihr schwer. Lieber Gott, ich hätte es wissen müssen, daß Dobes Hilfe etwas kosten würde! Wie alle anderen ist auch er nur hinterm Geld her. Warum hat er mich nicht einfach um Geld gebeten? Warum muß er versuchen, es mir abzuluchsen?
»Weißt du, ich sehe das so, Sharleen. Je länger du wartest, desto höher steigen die Grundstückspreise in Montana. Ich habe einen Kumpel getroffen, der mir vierhundert Morgen für hunderttausend Dollar bar auf die Hand verkaufen würde. Es ist prächtiges Land. Aber nach diesem Geschäft mit den Schuhen bleiben mir nur fünfzigtausend. Wenn ihr als Partner einsteigen würdet, könnten wir den Besitz entweder teilen oder ihn gemeinsam nutzen. Dort gibt es einen Fluß, Sharleen, der ist einfach bezaubernd. Auch ein Haus. Das ist ein bißchen erneuerungsbedürftig. Man sieht ihm an, daß nur ein einzelner Mann darin gewohnt hat. Aber es ist solide und liegt einmalig. Dir bricht das Herz, wenn du es siehst.«
Sharleen legte keinen Wert darauf, daß ihr Herz schon wieder gebrochen wurde. Das hatten schon Daddy und Flora Lee erreicht. Nun Dobe. Wie oft konnte man sich eigentlich das Herz brechen lassen? Sharleen fühlte sich elend, traurig und hoffnungslos. Offenbar wollten alle außer Dean Geld oder Arbeit von ihr.
»Nun ja, offenbar ist es dafür noch zu früh«, meinte Dobe enttäuscht.
Dobe hatte Sharleen und Dean geholfen, als sie die Hilfe dringend nötig hatten. Sharleen erinnerte sich, wie sie auf der Straße gestanden hatten, müde, mit der Angst vor der Polizei im Nacken und ohne Zuhause. Sharleen meint noch jetzt die wohltuende Klimaanlage in Dobes großem Auto zu fühlen.
»Dean und ich würden uns freuen, dich zum Partner zu haben, Dobe«, sagte sie. »Ich bitte Lenny morgen um einen Scheck.«
»Bist du sicher?« fragte er.
»Ganz sicher.« Doch überzeugend klang es nicht.
Dobe merkte es wohl nicht, denn er schüttelte erfreut ihre Hand. »Das wirst du nicht bereuen. Partner. Ich bin überzeugt davon, daß das ein Supergeschäft ist.«
Sie nickte. »Fein.«
»Hast du was dagegen, wenn ich es Dean sage? Ich wollte es vor ihm nicht anschneiden für den Fall, daß du von meinem Gedanken nichts hältst. Aber nun...«
»Sagen wir ihm lieber nichts, bevor nicht alles perfekt ist. Er ist so schnell Feuer und Flamme und wird dann ebenso-schnell ungeduldig. Überraschen wir ihn lieber nach dem Abschluß. «
»Wie du meinst, Partner.«