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DIE INVASION VON Finch begann an einem milden Montagabend Ende Mai. Noch ahnte mein friedliches englisches Dorf nichts davon, dass es drei Monate später von Horden randalierender Halbstarker, Raufbolden, Aufschneidern und Rüpeln heimgesucht werden sollte. Und obendrein von einem unerwarteten Todesfall.
Niemand von uns sah es kommen. Am fraglichen Abend saßen meine Nachbarn und ich ruhig – manche von uns schläfrig – im alten Schulhaus, das seit vielen Jahren als Gemeindesaal diente. Das Komitee für Dorfangelegenheiten hatte zu der Versammlung eingeladen, zu der sich fast siebzig Bewohner eingefunden hatten, wurde doch die jährliche Maiversammlung als die wichtigste des Jahres angesehen.
Einziges Ziel der Veranstaltung war es, den genauen Ablauf unserer Sommeraktivitäten zu klären. Im Großen und Ganzen war es eine ungeheuerliche Zeitverschwendung, wusste doch jeder, dass das Sommerfest, der Flohmarkt, die Reiterspiele, die Kunstausstellung, die Blumenausstellung, die Hundeschau und der Wettbewerb »Wer hat das schönste Cottage?« genauso abgehalten würden wie eh und je.
Neuerungsvorschläge durften zwar gemacht werden und wurden auch reichlich diskutiert, jedoch niemals befolgt. Schließlich entschied man sich für das immergleiche Datum, die immergleichen Klapptische und ausgefransten Tischtücher, die immergleichen angelaufenen Teekessel und das zunehmend schäbige Dekorationsmaterial. Die Reiterspiele würden auf Anscombe Manor ausgetragen werden, das Sommerfest würde, wie immer, beim Pfarrhaus stattfinden und alles andere – abgesehen von dem Cottage-Wettbewerb – nach alter Tradition im Schulhaus. In den acht Jahren, seit mein Mann und ich nach Finch gezogen waren, war man nicht den kleinsten Deut von dieser Routine abgewichen.
Das Einzige, was sich von Jahr zu Jahr änderte, war die Einteilung der Freiwilligen für die niederen Dienste. Die glanzvollen Jobs waren schon seit 1982 in festen Händen – und zwar in denen von Damen, die unter Einsatz ihres Lebens für das Recht kämpfen würden, große Hüte und geblümte Kleider tragen zu dürfen, während sie die Kunstausstellung oder die Blumenschau eröffneten oder bei den Reiterspielen gönnerhaft Schleifchen überreichten. Bei der Vergabe der weniger glanzvollen Jobs war der Andrang verständlicherweise nicht so groß. Niemand kämpfte dafür, Tischdecken bügeln, Abfalleimer leeren oder Reste von feuchtem Krepppapier vom Rasen des Dorfangers klauben zu dürfen. Doch da derlei Tätigkeiten für den Erfolg einer Veranstaltung unerlässlich waren, musste man wohl oder übel Freiwillige finden.
Unserer wertgeschätzten Komiteevorsitzenden, der allmächtigen Peggy Taxman, oblag es, die minderen Jobs an den Mann zu bringen. Und aus diesem Grund war die Maiversammlung stets gut besucht. In Peggys Macht stand es, uns mit angenehmen Aufgaben zu betrauen, etwa stets für gefüllte Teekessel zu sorgen, oder mit widerlichen Pflichten, wie zum Beispiel der, nach der Hundeschau den Schulhausboden zu schrubben. Gespannt, welches Schicksal uns dieses Jahr ereilen würde, saßen wir da.
»Wir kommen nun zur Tagesordnung.« Peggy schlug mit ihrem Hammer auf den Tisch, um ihn dann anklagend auf das Publikum zu richten. »Und wenn ich einen von euch bei einem Nickerchen erwische, lass ich ihn rauswerfen!«
Mr Barlow, der bereits vor sich hin döste, schrak hoch. »Sind wir schon fertig?«, fragte er schläfrig.
»Nein, wir fangen gerade an«, murmelte Miranda Morrow zwischen den Zähnen.
»Gut.« Mr Barlow gähnte, rieb sich die Augen und hob den Blick zu den fünf Komiteemitgliedern.
Diese saßen Seite an Seite an einem langen, mit einem Leintuch bedeckten Tisch auf der kleinen Bühne im hinteren Teil des Schulhauses. Peggy Taxman nahm den mittleren Platz ein, eine Position, die es ihr erlaubte, drohend über der versammelten Menge zu wachen. Das gemeine Volk der Dorfbewohner hockte kleinlaut auf Klappstühlen zu beiden Seiten des Mittelgangs, der zu der Flügeltür der Schule führte, durch die Peggy nach ihrer Schlusserklärung majestätisch hinausrauschen würde.
Niemand würde es wagen, sich ihr in den Weg oder ihre Entscheidungen in Frage zu stellen. Als Frau mit Unternehmergeist hatte sie sich ein regelrechtes Imperium in Finch geschaffen, das aus den beiden größten Geschäften am Ort und dem Postamt bestand. Sie war eine Frau von Statur, sowohl physisch als auch finanziell, und ihr unerbittlicher Sinn für staatsbürgerliche Pflichten brachte sie dazu, mit eiserner Hand, Argusaugen und donnernder Stimme über das Dorf zu herrschen. In der Regel genügte ein vorwurfsvoller Blick hinter ihrer spitzen, strassbesetzten Brille hervor, um auch den Mutigsten unter uns vor Angst erbeben zu lassen. Wenn der Blick allein keine Wirkung zeigte, nahm sie ihre Stimme zu Hilfe, und auch wenn ich nie mit eigenen Augen gesehen habe, wie sie ihre eiserne Hand zum Einsatz brachte, zweifelte ich nicht im Geringsten daran, dass sie es bei Bedarf tun würde.
Die übrigen Komiteemitglieder waren bei weitem nicht so einschüchternd. Sally Pyne, die Vizevorsitzende und Besitzerin der örtlichen Teestube, zog Tratschen dem Regieren vor und war es zufrieden, dass Peggy der Herr im Haus war. George Wetherhead, Schriftführer und Modelleisenbahn-Liebhaber, war so schüchtern, dass er selten den Blick von seinem Laptop hob, auf dem er die Minuten zu protokollieren pflegte. Mr Wetherhead wäre ebenso wenig auf die Idee gekommen, Peggy zu widersprechen, wie sie zu einem Ringkampf herauszufordern.
Jasper Taxman, unser Schatzmeister, war pensionierter Buchhalter, ehe seine Heirat mit unserer Vorsitzenden ihn dazu zwang, seine Definition von Ruhestand zu überdenken. Keine noch so anstrengende Anstellung hätte ihn mehr beanspruchen können als seine Frau. Wenn er nicht gerade an einer der Kassen in Peggys Geschäften saß oder im Postamt Briefmarken verkaufte, führte er die Bücher von einem der unzähligen Komitees, deren Vorsitz Peggy ausübte.
Der letzte Stuhl auf dem Podium war dem am wenigsten wichtigen Mitglied vorbehalten: mir, Lori Shepherd – Ehefrau, Mutter und glücklos Einberufene. Ich saß an dem langen Tisch, weil ich den schwerwiegenden Fehler begangen hatte, bei der letztjährigen Maiversammlung abwesend zu sein, woraufhin ich, ungefragt, zum Adjutanten ernannt worden war.
Alles in allem betrachtet, war ich damit noch glimpflich davongekommen. Mochte mein Titel auch eindrucksvoll klingen, meine Pflichten waren alles andere als das. Meine Aufgabe bestand darin, während der Versammlung unter den Dorfbewohnern für Ordnung zu sorgen und anschließend Peggys Arbeitspläne zu verteilen. Da unsere Vorsitzende niemanden brauchte, um die Dorfbewohner in Schach zu halten, und sie die Einsatzpläne nicht freigab, ehe sie nicht ihre umfangreichen Notizen durchgesehen hatte, verbrachte ich den größten Teil des Abends damit, abwesend ins Leere zu starren.
»Agendapunkt Nummer eins«, sagte Peggy. »Ein paar Bemerkungen zu den Blumengirlanden, die an den Ausstellungstischen angebracht werden müssen. Sicherheitsnadeln werden als unansehnlich betrachtet und dürfen nur in folgenden Fällen eingesetzt werden …«
Wie durch einen Zauber blieben meine Augen offen, während mein Geist aus dem Schulgebäude schwebte. Mein erster Gedanke galt, wie immer, meinem Zuhause. Finch schmiegte sich behaglich in ein grünes Flusstal inmitten der Flickenteppich-Felder und sanften Hügel der Cotswolds, einer ländlichen Region in den englischen West Midlands. Zusammen mit meinem Mann Bill und Will und Rob, unseren sechsjährigen eineiigen Zwillingen, wohnte ich drei Kilometer südlich von Finch in einem honigfarbenen Steincottage.
Auch wenn Bill, die Zwillinge und ich Amerikaner waren, lebten wir lange genug in England, um den Unterschied zwischen Crème fraîche und Clotted Cream zu kennen und eine unheilbare Sucht nach Letzterem entwickelt zu haben. Bill führte von seinem Hightech-Büro auf dem Dorfanger die europäische Niederlassung der altehrwürdigen und in Boston ansässigen Anwaltskanzlei seiner Familie. Will und Bob gingen in dem nahe gelegenen Marktflecken Upper Deeping zur Schule, und ich teilte meine Zeit zwischen meiner Familie und den diversen Pflichten gegenüber der Dorfgemeinschaft.
Bis vor Kurzem hatte Anneliese Sciaparelli bei uns gewohnt, das geliebte Kindermädchen unserer Söhne, die uns Mitte Mai jedoch verlassen hatte, um ihren langjährigen Verlobten Oliver Elstyn zu heiraten. Seither war ihr Zimmer unbewohnt. Da die Zwillinge eine Ganztagsschule besuchten, fühlten weder Bill noch ich uns bemüßigt, ein weiteres Kindermädchen einzustellen, ohnehin waren wir beide der Ansicht, dass Anneliese unersetzlich sei.
»Agendapunkt Nummer einundzwanzig …«
Peggys bellende Stimme schreckte mich aus meinen Träumereien auf.
»… die richtige Handhabung der Abfalleimerdeckel!«
Augenblicklich sank ich in meine Benommenheit zurück, ein Zustand, den ich mit beinahe jedem Anwesenden im Schulhaus teilte. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal bei einer Dorfversammlung Begeisterung oder Aufregung erlebt hatte. Mein Leben war in vielerlei Hinsicht idyllisch – ich hatte einen rührenden Gatten, gesunde Söhne, ein glückliches Zuhause –, doch in letzter Zeit wurde mir zusehends klar, dass es auch ein ganz klein bisschen … langweilig war. Ich liebte meine Freunde und Nachbarn – meistens –, doch ihre Gesichter hatten begonnen eine Spur zu vertraut zu werden, ihre Gewohnheiten ein wenig zu vorhersehbar. Die beschauliche Routine des Dorflebens, die ich einst als so erfüllend empfunden hatte, wurde in letzter Zeit ein wenig zu … beschaulich.
Während ich den Blick über die Gesichter der Versammelten wandern ließ, musste ich traurig feststellen, dass es kaum etwas gab, was ich über meine Dorfgenossen nicht wusste. Mr Barlow, ein pensionierter Mechaniker, war zurzeit dabei, den Vergaser eines Oldtimer-Mustangs zu säubern, den er für einen wohlhabenden, frisch geschiedenen Kunden aus Tewkesbury restaurierte. Obwohl Miranda Morrow eine strenge Vegetarierin war, verbrachte sie täglich Stunden damit, ausgesuchte Fleischbissen für ihre Katze zuzubereiten. Lilian Bunting, die Frau des Pfarrers, war damit beschäftigt, zum wiederholten Mal den dritten Absatz ihrer Einleitung zu ihrem Buch über Glasmalerei zu überarbeiten. Dick Peacock, der örtliche Wirt, hatte angefangen zu töpfern, doch im Dorf war man sich einig, dass auch seine handgefertigten Becher seinen selbst gekelterten Wein nicht genießbarer machten.
Und so weiter und so fort. Ich hätte auswendig sagen können, wessen Hund Flöhe hatte, wessen Dach undicht war, wessen Enkel engelsgleich waren und wessen nicht. Wenn Finch irgendwelche Überraschungen für mich bereithielt, dann verbarg es sie gründlich.
»Punkt dreiundzwanzig: Anmeldeformulare für die Blumenschau. Beim Ausfüllen müssen unbedingt Blockbuchstaben …«
Während Peggy fortfuhr, ihre Punkte herunterzuleiern, wanderte mein Blick zum Porträt der Königin, das über der Flügeltür seinen Ehrenplatz hatte. Normalerweise überkam mich beim Betrachten von Englands würdevoller Monarchin in ihrem königlichen Ornat ein kleiner, anglophiler Schauder, doch ich hatte das Porträt in diesem Klassenzimmer schon so oft gesehen, dass der Zauber nicht mehr wirkte.
Seufzend blickte ich auf meine untätigen Hände. Wenn man mich gefragt hätte, so hätte ich zugeben müssen, dass niemand anders für mein wachsendes Gefühl der Langeweile verantwortlich war als ich selbst. Nach dem Fiasko mit dem vermeintlichen Vampir im Oktober hatte ich geschworen, mit beiden Füßen fest auf dem Boden zu bleiben. Seit sieben Monaten ließ ich sie nun schon erfolgreich auf dem Boden und unterdrückte auf diese Weise meine angeborene und nahezu unwiderstehliche Neigung, meiner lebhaften Fantasie freien Lauf zu lassen.
Als im Januar Sally Pynes antike Gebäckdose spurlos verschwunden war, hatte ich meinen Impuls im Keim erstickt, den Dieb aufzuspüren. Auf diese Weise überließ ich es Sally, sich zu erinnern – zwei Tage später –, dass sie ihr wertvolles Gefäß Mr Barlow geliehen hatte, der im Krippenspiel einen der drei Weisen aus dem Morgenland gegeben und für den Weihrauch ein angemessenes Gefäß benötigt hatte.
Weder hatte ich es mir eines kalten Februarmorgens, als ein Fremder jede Ecke und jeden Winkel in Finch fotografierte, erlaubt, in ihm den Vorboten rücksichtsloser Landerschließungspläne zu sehen, noch einen redegewandten Location-Scout, der Ausschau nach einem geeigneten Filmset hielt, oder einen hinterhältigen ausländischen Spion; und als ich erfuhr, dass der Mann in der Tat ein Immobilienmakler war, dessen Kunde sich für das seit langem leer stehende Crabtree Cottage interessierte, weigerte ich mich, Nachforschungen anzustellen, ob es irgendwelche finsteren Verbindungen zwischen dem potenziellen Käufer und der Frau gab, die in diesem Cottage das Zeitliche gesegnet hatte.
Und das war auch gut so. Denn der Kunde saß jetzt in Gestalt zweier Männer, Grant Tavistock und Charles Bellingham, zu meinen Füßen auf Klappstühlen in der vordersten Reihe. Die neuen Bewohner von Crabtree Cottage, ein äußerst freundliches Paar, waren beide Kunstsachverständige in mittleren Jahren, die nie zuvor von Prunella Hooper und ihrem tragischen Hinscheiden gehört hatten, und denen so sehr daran gelegen war, sich in die Dorfgemeinschaft einzufügen, dass sie sich freiwillig gemeldet hatten, als es darum ging, wer nach dem Flohmarkt das Saubermachen übernahm. Während ich ihre strahlenden Gesichter betrachtete, dachte ich mitleidig: Sie werden es auch noch lernen.
»… teen und Sukkulenten gehören verschiedenen Pflanzenkategorien an und werden dementsprechend bewertet, ohne Ausnahmen …«
Meine Gedanken drifteten träge von Kakteen über Blumen zu dem wundervollen Brautstrauß, den Anneliese in Händen gehalten hatte, als sie in der Kirche den Mittelgang hinabschritt. Ihre Hochzeit hatte mir definitiv geholfen, meine heimtückische Fantasie in Schach zu halten. Mit dem Einverständnis von Annelieses Mutter hatte ich mich in die Hochzeitsvorbereitung geworfen, mich jedem Detail mit einer solchen Hingabe gewidmet, dass ich keine Energie mehr hatte, um einen Phantomdieb zu jagen oder hinter geheimnisvollen Fremden herzuschnüffeln.
Die Trauung hatte am dritten Samstag im Mai in der katholischen Kirche St. Margaret in Upper Deeping stattgefunden – vor gerade mal neun Tagen –, und ich blickte wehmütig auf den Kalender an der Schulwand, der vom vielen Blättern schon ziemlich abgenutzt aussah. Dank meiner einwandfreien Planung war die Hochzeit ohne die kleinste Störung verlaufen, doch nun, da sie vorbei war, fühlte ich mich ein wenig leer.
Worauf konnte ich mich jetzt noch freuen, fragte ich mich, abgesehen vom Sommerfest, dem Flohmarkt, dem Reiterfest, der Kunstausstellung, der Blumenschau, der Hundeschau und dem »Wer hat das schönste Cottage?« -Wettbewerb? Eine Frau von Verstand würde sich glücklich schätzen, in einer so regen Dorfgemeinschaft zu leben, doch als Peggy fragte, ob es sonst noch irgendein Anliegen gebe, konnte ich nur mit Mühe ein Gähnen unterdrücken. Jeder im Saal wusste, dass Peggys Frage rein rhetorisch gemeint war, denn bei der Maiversammlung gab es nie »noch irgendein Anliegen« zu besprechen.
Deshalb zuckten alle, bis auf Peggy, zusammen, als Mr Malvern zögerlich eine Hand hob und langsam aufstand.
Horace Malvern wohnte auf der Fivefold Farm, dem großen landwirtschaftlichen Betrieb, der an den südlichen Rand unseres Grundstücks grenzte, und ich hatte nie den geringsten Grund gehabt, unsere Nachbarschaft zu bereuen. Einen besseren Nachbarn konnte man sich nicht erträumen – ein ehrenwerter, hart arbeitender Farmer in mittleren Jahren, dessen Verhalten – bis zu dem Zeitpunkt, da er seine Hand hob – so vorhersehbar gewesen war wie Regen im Frühling. Ich konnte mir nicht vorstellen, welches Anliegen er hatte.
Einen Moment lang starrte ich ihn ungläubig an, dann drehte ich abrupt den Kopf zur Seite, um Peggy Taxmans Reaktion zu beobachten, die noch immer mit geschäftiger Miene ihre Notizen durchsah. Erst als Mr Malvern ein demonstratives Hüsteln von sich gab, blickte Peggy von ihrem Klemmbrett auf, sah sich misstrauisch im Raum um, ehe sie ihre stechenden Augen auf den Farmer richtete.
»Was gibt es, Horace?«, sagte sie gereizt. »Fass dich bitte kurz. Ich kann es nicht leiden, wenn Leute einem die Zeit stehlen.«
Mr Malvern trat unbehaglich von einem seiner großen Füße auf den anderen und murmelte barsch etwas gen Boden.
»Sprich lauter, Horace«, befahl Peggy. »Niemand kann dich verstehen.«
Mr Malvern räusperte sich und sagte, mit einem kurzen Blick über die Schulter, laut und deutlich: »Mein Neffe möchte eine Ankündigung machen.«
»Dein Neffe?«, sagte Peggy verdutzt.
»Genau.« Mr Malvern nickte. »Calvin, der Sohn meines Bruders Martin, würde gern etwas verkünden.« Damit drehte er sich um und ging auf die Flügeltür zu, wo er einen schrillen Pfiff ausstieß, ehe er wieder Platz nahm und den Kopf senkte.
Die Doppeltür wurde aufgestoßen, und eine geschmeidige Gestalt im Aufzug eines mittelalterlichen Hofnarren – Schellenkappe und Gewand mit Rautenmuster – kam hereingefegt, indem sie eine Reihe atemberaubender Flickflacks und Radschläge vollführte. Vor dem Podium, geradewegs zu Füßen von Peggy Taxman, fiel der Narr auf die Knie, die Arme ausgestreckt und mit bimmelnden Glöckchen.
Die Knie des Hofnarren hatten kaum den Boden berührt, als sich zwei junge Männer mit federngeschmückten Baretts, gelben Strumpfhosen und leuchtend roten Waffenröcken zu beiden Seiten der Tür aufstellten, lange, schmale Trompeten an die Lippen hoben und gekonnt eine Fanfare schmetterten. Als der letzte Ton verklang, wandten sie sich wie ein Mann dem Publikum zu.
»Erhebt Euch, vornehme Leute!«, riefen sie unisono. »Hier kommt unser großartiger und außerordentlich huldreicher Herrscher, Seine Majestät König Wilfred der Gute!«
Siebenundsechzig Kinnladen fielen gleichzeitig nach unten, als König Wilfred der Gute gemessenen Schritts das Schulhaus betrat.