15. Kapitel
Washington, D.C. 9. Februar
Mark Beamon ging unsicher die Straße entlang. Ungefähr zwanzig Meter entfernt stand ein Lieferwagen, auf dessen Windschutzscheibe sich die Sonne spiegelte und ihn blendete. Langsam drehte er sich im Kreis und beobachtete, wie ringsum bunte Autos anhielten und gut gekleidete junge Männer und Frauen heraussprangen, die hinter den offenen Türen in Deckung gingen.
Eine Bande finsterer Gesellen spähte hinter dem Lieferwagen hervor. Alle hielten alte graue Thompson-Maschinenpistolen in den Händen.
Irgendwie war ihm bewusst, dass er träumte, trotzdem ließ er sich auf die Knie fallen und zog seine Pistole. Er war vollkommen schutzlos in der Mitte der Straße, aber wenigstens hatte er Verstärkung.
Die Männer hinter dem Lieferwagen eröffneten das Feuer, und er sah die einzelnen Kugeln vorbeischwirren. Er schaute sich um. Die jungen Agenten, die hinter ihren Wagentüren kauerten, griffen alle gleichzeitig in ihre Jacketts und zogen Laptops heraus. Das Hochfahren der Computer begleitete ein lautes Piepen, das sogar den Lärm der Schüsse übertönte.
Beamon tastete hastig nach dem Wecker, als aus dem Piepen ein Läuten wurde. Er fand die Schlummertaste, und nun herrschte wieder Stille in seinem dunklen Schlafzimmer, obwohl er sich immer noch einbildete, Schießpulver zu riechen. Kurz darauf setzte erneut das Läuten ein, und nun erkannte er, dass es das Telefon und nicht der Wecker war. Die hellroten Ziffern auf der Uhr schwebten in der Dunkelheit und verkündeten, dass es erst kurz nach vier war.
Im Liegen tastete Beamon nach dem Hörer und zog ihn an sein Ohr.
»Beamon«, meldete er sich schläfrig.
»Schalt mal CNN ein.« Tom Shermans Stimme.
Beamon legte den Hörer auf den Nachttisch und setzte sich auf. In jüngeren Jahren hatte er diese Anrufe mitten in der Nacht geliebt – sie versprachen einen interessanten Morgen und gaben ihm ein Gefühl der Wichtigkeit. Jetzt fühlte er sich bloß müde.
Er stopfte sich zwei Kissen in den Nacken und tastete nach der Fernbedienung. Der Bildschirm warf ein graues Flackerlicht durchs Zimmer. Es lief ein alter Schwarzweißfilm. Humphrey Bogart zündete sich gerade in der Lobby eines zwielichtigen Hotels eine Zigarette an.
Dann wurde die Sendung unterbrochen, Bogart verschwand, und eine schlanke junge Frau mit einem Mikrofon erschien an seiner Stelle.
Ihr grüner Mantel leuchtete in dem grellen Licht der Scheinwerfer, das ihre bleiche Hautfarbe und die rot geschminkten Lippen betonte. Hinter ihr herrschte Dunkelheit, doch gute zehn Meter weiter konnte man ein weißes Gebäude mit dicken Glastüren erkennen. Beamon blinzelte und konzentrierte sich auf den Bereich, der im Dunkeln lag. Bei genauerem Hinschauen schien er voll von Menschen zu sein, die am Boden lagen oder hektisch umhereilten. Unten am Bildschirmrand stand in Großbuchstaben JOHNS HOPKINS HOSPITAL, etwas größer als das Zeichen für Stummschaltung. Beamon hatte immer schon lieber ohne Ton ferngesehen.
»Was, zur Hölle, ist da los, Tommy?«
Er schaltete den Ton ein, und eine selbstbewusste Frauenstimme erklärte: »… was Sie gerade sehen, passiert zurzeit in Krankenhäusern im ganzen Land.«
Die Kamera zoomte auf das Gelände hinter der Reporterin.
Er war nie in einem Krieg gewesen, aber er war ein Fan von Kriegsfilmen. Was er sah, erinnerte ihn an die Szenen nach einer Schlacht. Soldaten lagen überall im Dreck, manche regungslos, andere wanden sich vor Schmerzen, einige bluteten. Heldenhafte Ärzte und Schwestern rannten geduckt unter den Rotoren von Hubschraubern hindurch und eilten von Bahre zu Bahre, obwohl sie von Heckenschützen beschossen wurden.
Ab und zu überflutete Licht aus einer anderen Quelle die Szenerie, und er stellte den Ton noch lauter.
»… es ist unmöglich zu sagen, wie viele Patienten sich derzeit hier befinden, weil ständig welche ins Krankenhaus und wieder heraus gebracht werden – ich habe bei achtundsiebzig den Überblick verloren. Offensichtlich haben die Ärzte begonnen, die Leute hier draußen auf dem Parkplatz zu untersuchen. Von dieser Stelle aus kann ich durch die Glastüren sehen. Es scheint, als läge der ganze Boden voller Patienten. Ich frage mich nur, wie man mit den Tragbahren hinein und hinaus kommt – es sieht aus, als sei es völlig unmöglich.«
Die Kamera schwenkte nach rechts und zeigte einen blonden Mann in einer Lederjacke, der mitten in dem ganzenTumult auf dem Boden lag. Sein Gesicht war totenbleich. Wassertropfen hingen an seinen Wangen, die in dem grellen Scheinwerferlicht wie Diamanten glitzerten. Er schien nichts um sich herum wahrzunehmen, sondern starrte nur nach oben in den Regen und kaute mechanisch an seiner blutenden Unterlippe. Das Blut vermischte sich mit dem Regen und floss ihm übers Kinn.
Beamon saß schweigend in seinem Bett und hörte Shermans Atmen am anderen Ende der Leitung. Die Reporterin versuchte einen vorbeilaufenden jungen Arzt anzuhalten, der sie wortlos abwehrte. Ihr zweiter Versuch, bei dem sie einen seiner Kollegen kurzerhand am Arm festhielt, hatte mehr Erfolg. Er war beträchtlich älter und wusste offensichtlich, wie wichtig gute Publicity in seinem Beruf war.
»Könnten Sie uns sagen, was hier los ist, Dr ….?«
»Mason«, erwiderte er und schaute mit geübter Gelassenheit in die Kamera. »Wir sind nicht ganz sicher. Die Symptome scheinen dieselben zu sein wie bei den drei Männern, die vermeintlich an vergifteten Drogen gestorben sind, was vor kurzem so viel Aufmerksamkeit in den Medien erregt hat, aber gestern hatten wir nur sechs Patienten mit diesen Symptomen. Heute dagegen …« Er deutete auf das Chaos hinter sich.
»Doktor, die ersten Opfer dieser verseuchten Drogen waren alle nicht zu retten. Soll das heißen, dass keiner dieser Menschen hier überleben wird?« Man merkte, dass ihre kühle Selbstsicherheit ins Wanken geriet, als sie begriff, dass sie möglicherweise mitten auf einem Friedhof stand.
»Das kann ich wirklich nicht sagen.« Er tastete nach dem Stethoskop, das um seinen Hals hing. »Ich kann Ihnen aber sagen, dass sie in einem ganz hervorragenden Krankenhaus sind und wir alles Menschenmögliche tun – und jetzt müssen Sie mich entschuldigen.«
Beamon drückte auf die Stummschaltung, als die Reporterin diese wenigen Informationen noch einmal zusammenzufassen begann.
»Scheiße, Tommy«, sagte er. Der Bildschirm wurde für einen Moment dunkel, dann wurde zu einem Reporter geschaltet, der vor einem Krankenhaus stand, wo sich ähnlichen Szenen abspielten. Die Einblendung zeigte, dass es eine Klinik in Phoenix war.
»Ich habe einen Wagen zu dir geschickt, Mark. Er müsste in knapp fünfzehn Minuten da sein. Wir sehen uns im Büro.« Damit legte er auf.
Beamon saß für einen Moment schweigend da und hielt den Hörer in seinem Schoß. Er hatte das deutliche Gefühl, dass dieser Fall größere und hässlichere Dimensionen annehmen würde, als irgendwer erwartet hatte. Aber damit hatte er wirklich nicht gerechnet.
Die Türglocke läutete, als Beamon gerade den rechten Ärmel seines Hemds fertig gebügelt hatte. Er stellte das Bügeleisen aufs Brett und eilte nur in grauen Hosen zur Tür.
»Mr. Beamon, ich bin Steve Adams und soll Sie abholen.« »Kommen Sie rein, Steve.« Beamon fand ihn geradezu unglaublich jung und musterte den frischen weißen Kragen, der aus dem dunkelblauen Mantel ragte. »Agent Adams – Sie sehen mir aus wie ein Mann, der mit einem Bügeleisen umgehen kann.«
Adams schaute ihn verwirrt an.
Beamon führte ihn zum Bügelbrett und deutete auf sein Hemd.
»Ich bin Ihnen was schuldig«, rief er und rannte die Treppe hinauf, um sich zu rasieren.
Knappe fünf Minuten später erschien er wieder, zwar immer noch mit nacktem Oberkörper, aber er trug inzwischen Schuhe und hatte ein Jackett, einen Mantel und eine Krawatte über dem Arm. Sein Hemd hing ordentlich am Bügel, und der junge Agent blätterte in einer sechs Monate alten Ausgabe von Newsweek.
»Ich wusste, dass Sie mich nicht enttäuschen würden … wie war noch mal Ihr Name?«
»Steve Adams.«
»Tut mir Leid, es ist noch so früh.« Beamon knöpfte seinen Kragen zu und begann, die Krawatte zu binden. »Okay, fahren wir.«
Er reckte sich müde, als die Limousine an der Union Station vorbeifuhr, und blickte auf seine Uhr. Kein Wunder, dass er noch etwas benebelt war, es waren noch keine zwanzig Minuten seit Toms Anruf vergangen.
»Ach, Steve, wenn Sie bei dieser Ampel rechts abbiegen, gibt es ungefähr eine Meile weiter auf der linken Seite einen kleinen Donutshop, der vierundzwanzig Stunden geöffnet hat.«
Adams schaute ihn ungläubig an. »Sir, ich weiß nicht, ob man Sie informiert hat, aber Hunderte von Menschen liegen im Sterben. Mr. Sherman hat mir gesagt, ich soll Sie so rasch wie möglich zum Hauptquartier bringen.«
»Herrgott, Junge, ich bin kein Arzt – was ich für diese Menschen tun kann, das kann ich auch noch in zehn Minuten tun. Biegen Sie rechts ab.«
Beamon hatte ein hervorragendes Gedächtnis dafür, wo es gutes Gebäck gab, und kaum drei Minuten später entdeckte er tatsächlich den Donutshop.
Er sprang aus dem Wagen, ehe er richtig stand, und lief rasch auf den Laden zu, aus dem der Duft von frisch gebrühtem Kaffee drang.
»Hier, ich hab Ihnen einen Kaffee mitgebracht.« Beamon schob zwei dampfende Becher in den Getränkehalter zwischen den Sitzen und warf Zucker und Sahne daneben. »Ich hatte vergessen zu fragen, wie Sie ihn trinken.«
Als sie wieder losfuhren, kramte er in der Tüte auf seinem Schoß. »Eine Bärentatze?«
»Nein, danke.«
Beamon musste an sich halten, um nicht laut loszulachen. Junge Agenten konnten wirklich unglaublich steif sein. Aber das war fast die Regel. In der FBI-Academy pumpte man sie voll mit patriotischen Gedanken, trichterte ihnen ein, dass sie dazu bestimmt seien, die Welt zu retten, und stärkte ihr Selbstbewusstsein, indem man sie ständig daran erinnerte, dass sie das Beste waren, das Amerika zu bieten hatte. Er war nach seinem Abschluss genauso gewesen.
»Sicher? Donuts sind der Eckpfeiler guter Polizeiarbeit – besonders die mit Cremefüllung.«
»Ich bin sicher.«
Schulterzuckend lehnte Beamon sich in seinem bequemen Sitz zurück, knabberte an dem Gebäck und zündete sich eine Zigarette an, obwohl der junge Agent demonstrativ das Fenster hinunterkurbelte.
Beamon hatte an dem Tag aufgehört zu rauchen, als er in El Paso angekommen war. Seit seiner Rückkehr nach Washington schien ihm allerdings die nötige Willenskraft zu fehlen. Er hoffte, er konnte diesen Fall abschließen, ehe er noch Lungenkrebs bekam.
Perry Trent spähte zur offenen Tür des Oval Office herein. »Mr. President?«
Daniel Jameson saß in Jeans und einem rot karierten Hemd auf dem Ledersofa in der Mitte des Büros.
»Morgen, Perry. Kommen Sie rein. Kaffee?«
»Ja, danke.« Trent fühlte sich immer unbehaglich, wenn der Präsident der Vereinigten Staaten ihm Kaffee einschenkte. Er nickte Michael Bryce zu, dem Stabschef des Weißen Hauses, der seinen üblichen Platz auf einem weichen Sessel direkt gegenüber dem Präsidenten eingenommen hatte. Als Justizminister gebührte Trent ein weniger bequemer Platz etwas weiter entfernt von dem mächtigsten Mann der Welt.
»Also, was, zur Hölle, ist los, Perry? Gestern haben Sie mir erzählt, irgendein Verrückter habe ein paar Drogen mit Rattengift verseucht, und heute Morgen werde ich aus einem gesunden Schlaf geweckt und erfahre, dass sich im ganzen Land die Krankenhäuser mit sterbenden Süchtigen füllen.« Jameson warf zwei Zuckerwürfel in die Tasse und reichte sie ihm.
Trent errötete ein wenig. Der Präsident litt bereits an einem Magengeschwür und gefährlich hohem Blutdruck, obwohl man diese Tatsachen bislang vor der Presse verheimlicht hatte. Bei seinem Bericht über die ersten Opfer hatte er deshalb die Situation heruntergespielt, um das Magengeschwür des Präsidenten nicht unnötig zu reizen. Zu der Zeit hatte es keinen Grund zu der Annahme gegeben, dass mehr hinter der Sache steckte, als dass irgendein rechtsgerichteter Fanatiker etwas mit einem handelsüblichen Gift herum gepfuscht hatte.
»Ich habe mich geirrt«, erklärte er schlicht.
Trent hatte fast während der gesamten Fahrt zum Weißen Haus mit Tom Sherman vom FBI telefoniert, doch jetzt fragte er sich, worüber sie eigentlich so lange gesprochen hatten. Die Informationen, die er hatte, waren nicht gerade üppig.
»Anscheinend wurde eine Lieferung Kokain mit einem extrem gefährlichen Gift versetzt, das Leber und Niere angreift. Und offenbar ist die Sendung ziemlich weit oben in der Verteilerkette vergiftet worden – sodass das Zeug jetzt über das gesamte Land verteilt ist.«
Der Präsident schnaubte erstickt, und Trent glaubte, er würde eine Frage stellen, doch Jameson schwieg. »Das FBI hat die Ermittlungen aufgenommen, sobald die Anzeigen in den Zeitungen erschienen sind«, fuhr Trent fort, »und die Agenten verfolgen eine Reihe von Spuren. Bislang hat sich allerdings nichts Greifbares ergeben, doch natürlich arbeiten sie mit Hochdruck daran.«
»Und Sie glauben, Bill Calahan ist fähig, eine derart komplizierte Ermittlung zu leiten?«, fragte Bryce.
»Nein, aber Tom Sherman. Und er hat Mark Beamon als Leiter eingesetzt.«
»Ist das nicht der Kerl, der das entführte Kind der Colemans gefunden hat?«
Trent nickte.
»Gute Wahl«, sagte Bryce. »Die Presse hat ihn regelrecht vergöttert – allerdings ist er politisch nicht besonders geschickt.«
Der Präsident schien einen Moment lang tief in Gedanken versunken. Die beiden Männer beobachteten aufmerksam seinen Gesichtsausdruck. »Also, wie lautet Ihre Empfehlung, Perry?«, fragte er schließlich.
Trent runzelte die Stirn. »Ich glaube nicht, dass wir im Weißen Haus im Moment wirklich etwas tun können. Lassen wir das FBI seine Arbeit erledigen. Ich habe Anweisung gegeben, dass sie mit allen Mitteln versuchen sollen, diese Kerle zu erwischen – und zwar so schnell wie möglich. Unter vier Augen habe ich Sherman gesagt, falls er irgendwelche unkonventionellen Ideen hätte, sollte er sie mir ruhig mitteilen. Und wenn sie was taugten, würde ich sie Ihnen vortragen.«
Trent trank einen Schluck Kaffee. »Ich weiß, dass keiner von Ihnen viel für Bill Calahan übrig hat, aber ich glaube nicht, dass er eine besondere Rolle bei dieser Ermittlung spielt. Meiner Meinung nach können wir uns darauf verlassen, dass Tom die Sache zügig vorantreibt.«
»Calahan hat morgen um zehn eine Pressekonferenz, nicht wahr?«, fragte Jameson.
»Ja, Sir.«
»Okay, Perry. Danke. Ich will über alles auf dem Laufenden gehalten werden. Tägliche Berichte. Etwas Unbedeutendes gibt es bei diesem Fall nicht, klar?«
»Ja, Sir.«
Trent nahm sich fest vor, dass er den gleichen Fehler nicht zweimal machen würde. Jameson würde mehr Details kriegen, als ihm lieb war. Er stellte die fast leere Tasse ab und ging zur Tür, wobei er das unbehagliche Gefühl hatte, dass man ihn loswerden wollte.
»Schließen Sie die Tür hinter sich, bitte«, rief Bryce.
»Also, was denken Sie?«, fragte der Präsident seinen Stabschef.
Bryce legte die Füße auf den Tisch und rutschte tiefer in seinen Sessel. »Eine heikle Situation. Die Medien werden sich in diese Geschichte verbeißen und mit jedem Tag, der ohne Festnahme vergeht, uns gegenüber kritischer werden. Andererseits findet die Öffentlichkeit, die Regierung sei bei der Verbrechensbekämpfung viel zu lasch.«
Der Präsident öffnete den Mund, um zu protestieren, doch Bryce ließ ihn nicht zu Wort kommen.
»Ich will damit nicht sagen, dass es wahr ist – aber Sie sind ein Demokrat und haben immer betont, dass die Resozialisierung Krimineller wichtiger sei als ihre Bestrafung. Tatsache ist jedenfalls, dass die Kriminalität mit jeder Regierung seit Lincoln schlimmer geworden ist – Sie haben einfach nur zufällig jetzt das Amt inne.«
»Worauf wollen Sie hinaus, Mike?« Jameson schätzte Bryces Fähigkeit, ein Thema aus allen Blickwinkeln zu betrachten, aber er wusste auch, dass sein Stabschef sich gern reden hörte.
»Dieser Verein – wie nennt er sich … CDFS? Ich könnte mir denken, dass so manch einer ihm sogar Beifall zollt.«
»Ich verstehe nicht ganz.«
»Schauen Sie, Dan, fragen Sie mal irgendeinen Kerl, der vierzig Stunden die Woche in einer Fabrik in Sheridan, Wyoming, arbeitet, wie er darüber denkt. Wissen Sie, was er sagen wird? Er wird sagen, dass die Süchtigen bloß bekommen, was sie verdienen, und es mal an der Zeit war, dass jemand in den Städten aufräumt.«
Jameson wurde rot. »Was wollen Sie vorschlagen? Dass wir verkünden, ich fände es in Ordnung, Menschen zu töten – solange es lediglich Drogenkonsumenten sind?«
Bryce richtete sich auf. »Nein. Aber das macht die Sache ja so schwierig. Sie müssen der Öffentlichkeit erklären, dass die Regierung alles tun wird, was in ihrer Macht steht, um diese Burschen zu fassen – aber Sie müssen es auf eine Weise tun, die unseren Freund in Wyoming nicht gegen Sie aufbringt. Die Medien haben wir schon mal auf unserer Seite. Sie werden mit Vorliebe über die schrecklichsten Todesfälle berichten. Sie wissen schon – Sportstars aus der Highschool mit erstklassigen Noten, niedliche zwölfjährige Kinder allein erziehender Mütter und so was in der Art. Über Süchtige mit einer Mordanklage und sechs Vorstrafen wegen schwerer Körperverletzung wird man keine Zeile verlieren. Das garantiere ich Ihnen.«
Jameson stand auf und ging an das große Fenster hinter seinem Schreibtisch.
»Sie müssen morgen bei dieser Pressekonferenz dabei sein, Dan«, fuhr Bryce fort. »Die Medien müssen sehen, dass Sie sich persönlich dieser Sache annehmen.«
Jameson hörte ihm nur halb zu. »Ist es unsere Schuld, Mike?«
»Wie bitte?«
»Ich meine nicht uns beide. Ich meine die Regierung im Allgemeinen. Was hat die US-Regierung in den, sagen wir mal, letzten fünfzehn Jahren getan, das wirklich etwas gebracht hat?« Er wandte sich um und schaute Bryce an. »Jetzt sind die Zustände so schlimm geworden, dass die Bürger sich gezwungen sehen, selbst etwas gegen die Probleme des Landes zu unternehmen.«
»Es sind nicht die Bürger, die etwas unternehmen, Dan. Das sind irgendwelche Irren, die herumlaufen und Menschen umbringen.«
»Ja, Sie haben wahrscheinlich Recht«, sagte Jameson, aber innerlich war er nicht so sicher.
Bryce stand auf. »Natürlich habe ich Recht. Sie haben immerhin einiges getan, um die Kriminalität einzudämmen. Das müssen wir der Bevölkerung einfach nur deutlich machen.«