Karl Marx
Das Kapital 3
Vorwort
Endlich ist es mir vergönnt, dies dritte Buch des Marxschen Hauptwerks, den Abschluß des theoretischen Teils, der Öffentlichkeit zu übergeben. Bei der Herausgabe des zweiten Buchs, 1885, meinte ich, das dritte würde wohl nur technische Schwierigkeiten machen, mit Ausnahme freilich einiger sehr wichtigen Abschnitte. Dies war in der Tat der Fall; aber von den Schwierigkeiten, die grade diese, die wichtigsten Abschnitte des Ganzen, mir bereiten würden, davon hatte ich damals keine Ahnung, ebensowenig wie von den sonstigen Hindernissen, die die Fertigstellung des Buchs so sehr verzögern sollten.
Zunächst und zumeist störte mich eine anhaltende Augenschwäche, die meine Arbeitszeit für Schriftliches jahrelang auf ein Minimum beschränkte und auch jetzt noch nur ausnahmsweise gestattet, bei künstlichem Licht die Feder in die Hand zu nehmen. Dazu kamen andre, nicht abzuweisende Arbeiten: Neuauflagen und Übersetzungen früherer Arbeiten von Marx und mir, also Revisionen, Vorreden, Ergänzungen, die ohne neue Studien oft unmöglich, usw. Vor allem die englische Ausgabe des ersten Buchs, für deren Text in letzter Instanz ich verantwortlich bin und die mir daher viel Zeit weggenommen hat. Wer den kolossalen Anwachs der Internationalen sozialistischen Literatur während der letzten zehn Jahre, und namentlich die Anzahl der Übersetzungen früherer Arbeiten von Marx und mir, einigermaßen verfolgt hat, der wird mir recht geben, wenn ich mir Glück wünsche, daß die Anzahl der Sprachen sehr beschränkt ist, bei denen ich dem Übersetzer nützlich sein konnte und also die Verpflichtung hatte, eine Revision seiner Arbeit nicht von der Hand zu weisen. Der Anwachs der Literatur aber war nur ein Symptom des entsprechenden Anwachses der internationalen Arbeiterbewegung selbst. Und dieser legte mir neue Pflichten auf. Von den ersten Tagen unsrer öffentlichen Tätigkeit an war ein gutes Stück der Arbeit der Vermittlung zwischen den nationalen Bewegungen der Sozialisten und Arbeiter in den verschiednen Ländern auf Marx und mich gefallen; diese Arbeit wuchs im Verhältnis der Erstarkung der Gesamtbewegung. Während aber bis zu seinem Tode auch hierin Marx die Hauptlast übernommen hatte, fiel von da an die stets anschwellende Arbeit mir allein zu. Nun ist inzwischen der direkte Verkehr der einzelnen nationalen Arbeiterparteien untereinander zur Regel geworden und wird es glücklicherweise von Tag zu Tage mehr; trotzdem wird noch weit öfter, als mir im Interesse meiner theoretischen Arbeiten lieb ist, meine Hilfe in Anspruch genommen. Wer aber wie ich über fünfzig Jahre in dieser Bewegung tätig gewesen, für den sind die hieraus entspringenden Arbeiten eine unabweisbare, augenblicklich zu erfüllende Pflicht. Wie im sechzehnten Jahrhundert, gibt es in unsrer bewegten Zeit auf dem Gebiet der öffentlichen Interessen bloße Theoretiker nur noch auf Seite der Reaktion, und ebendeswegen sind diese Herren auch nicht einmal wirkliche Theoretiker, sondern simple Apologeten dieser Reaktion.
Der Umstand, daß ich in London wohne, bringt es nun mit sich, daß dieser Parteiverkehr im Winter meist brieflich, im Sommer aber großenteils persönlich stattfindet. Und daraus, wie aus der Notwendigkeit, den Gang der Bewegung in einer stets wachsenden Anzahl von Ländern und einer noch stärker wachsenden Anzahl von Preßorganen zu verfolgen, hat sich die Unmöglichkeit für mich entwickelt, Arbeiten, die keine Unterbrechung dulden, anders als im Winter, speziell in den ersten drei Monaten des Jahrs fertigzustellen. Wenn man seine siebenzig Jahre hinter sich hat, so arbeiten die Meynertschen Assoziationsfasern des Gehirns mit einer gewissen fatalen Bedächtigkeit; man überwindet Unterbrechungen in schwieriger theoretischer Arbeit nicht mehr so leicht und so rasch wie früher. Daher kam es, daß die Arbeit eines Winters, soweit sie nicht vollständig zum Abschluß geführt hatte, im nächsten Winter größtenteils wieder von neuem zu machen war, und dies fand statt, namentlich mit dem schwierigsten fünften Abschnitt.
Wie der Leser aus den folgenden Angaben ersehen wird, war die Redaktionsarbeit wesentlich verschieden von der beim zweiten Buch. Für das dritte lag eben nur ein, noch dazu äußerst lückenhafter, erster Entwurf vor. In der Regel waren die Anfänge jedes einzelnen Abschnitts ziemlich sorgfältig ausgearbeitet, auch meist stilistisch abgerundet. Je weiter man aber kam, desto skizzenmäßiger und lückenhafter wurde die Bearbeitung, desto mehr Exkurse über im Lauf der Untersuchung auftauchende Nebenpunkte enthielt sie, wofür die endgültige Stelle späterer Anordnung überlassen blieb, desto länger und verwickelter wurden die Perioden, worin die in statu nascendi niedergeschriebenen Gedanken sich ausdrückten. An mehreren Stellen verraten Handschrift und Darstellung nur zu deutlich das Hereinbrechen und die allmählichen Fortschritte eines jener aus Überarbeit entspringenden Krankheitsanfälle, die dem Verfasser selbständiges Arbeiten erst mehr und mehr erschwerten und endlich zeitweilig ganz unmöglich machten. Und kein Wunder. Zwischen 1863 und 1867 hatte Marx nicht nur die beiden letzten Bücher des Kapitals im Entwurf und das erste Buch in druckfertiger Handschrift hergestellt, sondern auch noch die mit der Gründung und Ausbreitung der Internationalen Arbeiterassoziation verknüpfte Riesenarbeit getan. Dafür stellten sich aber auch schon 1864 und 1865 ernste Anzeichen jener gesundheitlichen Störungen ein, die schuld daran sind, daß Marx an das II. und III. Buch nicht selbst die letzte Hand gelegt hat.
Meine Arbeit begann damit, daß ich das ganze Manuskript aus dem selbst für mich oft nur mühsam zu entziffernden Original in eine leserliche Kopie hinüberdiktierte, was schon eine ziemliche Zeit wegnahm. Erst dann konnte die eigentliche Redaktion beginnen. Ich habe diese auf das Notwendigste beschränkt, habe den Charakter des ersten Entwurfs, überall wo es die Deutlichkeit zuließ, möglichst beibehalten, auch einzelne Wiederholungen nicht gestrichen, da wo sie, wie gewöhnlich bei Marx, den Gegenstand jedesmal von andrer Seite fassen oder doch in andrer Ausdrucksweise wiedergeben. Da, wo meine Änderungen oder Zusätze nicht bloß redaktioneller Natur sind, oder wo ich das von Marx gelieferte tatsächliche Material zu eignen, wenn auch möglichst im Marxschen Geist gehaltnen Schlußfolgerungen verarbeiten mußte, ist die ganze Stelle in eckige [hier: geschweifte] Klammern gesetzt und mit meinen Initialen bezeichnet. Bei meinen Fußnoten fehlen hier und da die Klammern; wo aber meine Initialen darunter stehn, bin ich für die ganze Note verantwortlich.
Wie in einem ersten Entwurf selbstverständlich, finden sich im Manuskript zahlreiche Hinweise auf später zu entwickelnde Punkte, ohne daß diese Versprechungen in allen Fällen eingehalten worden sind. Ich habe sie stehn lassen, da sie die Absichten des Verfassers in Beziehung auf künftige Ausarbeitung darlegen.
Und nun zum einzelnen.
Für den ersten Abschnitt war das Hauptmanuskript nur mit großen Einschränkungen brauchbar. Gleich anfangs wird die ganze mathematische Berechnung des Verhältnisses zwischen Mehrwertsrate und Profitrate (was unser Kapitel 3 ausmacht) hineingezogen, während der in unserm Kap. 1 entwickelte Gegenstand erst später und gelegentlich behandelt wird. Hier kamen zwei Ansätze einer Umarbeitung zu Hilfe, jeder von 8 Seiten Folio; aber auch sie sind nicht durchweg im Zusammenhang ausgearbeitet. Aus ihnen ist das gegenwärtige Kap. 1 zusammengestellt. Kap. 2 ist aus dem Hauptmanuskript. Für Kap. 3 fanden sich eine ganze Reihe unvollständiger mathematischer Bearbeitungen, aber auch ein ganzes, fast vollständiges Heft aus den siebziger Jahren, das Verhältnis der Mehrwertsrate zur Profitrate in Gleichungen darstellend. Mein Freund Samuel Moore, der auch den größten Teil der englischen Übersetzung des ersten Buchs geliefert, übernahm es, dies Heft für mich zu bearbeiten, wozu er als alter Cambridger Mathematiker weit besser befähigt war. Aus seinem Resumé habe ich dann, unter gelegentlicher Benutzung des Hauptmanuskripts, das Kapitel 3 fertiggestellt. – Von Kap. 4 fand sich nur der Titel vor. Da aber der hier behandelte Punkt: Wirkung des Umschlags auf die Profitrate, von entscheidender Wichtigkeit ist, habe ich ihn selbst ausgearbeitet, weshalb das ganze Kapitel im Text auch in Klammern gesetzt ist. Es stellte sich dabei heraus, daß in der Tat die Formel des Kap. 3 für die Profitrate einer Modifikation bedurfte, um allgemein gültig zu sein. Vom fünften Kapitel an ist das Hauptmanuskript einzige Quelle für den Rest des Abschnitts, obwohl auch hier sehr viele Umstellungen und Ergänzungen nötig geworden sind.
Für die folgenden drei Abschnitte konnte ich mich, abgesehn von stilistischer Redaktion, fast durchweg an das Originalmanuskript halten. Einzelne, meist auf die Einwirkung des Umschlags bezügliche Stellen waren in Einklang mit dem von mir eingeschobnen Kap. 4 auszuarbeiten; auch sie sind in Klammern gesetzt und mit meinen Initialen bezeichnet.
Die Hauptschwierigkeit machte Abschnitt V, der auch den verwickeltsten Gegenstand des ganzen Buchs behandelt. Und grade hier war Marx in der Ausarbeitung von einem der erwähnten schweren Krankheitsanfälle überrascht worden. Hier liegt also nicht ein fertiger Entwurf vor, nicht einmal ein Schema, dessen Umrisse auszufüllen wären, sondern nur ein Ansatz von Ausarbeitung, der mehr als einmal in einen ungeordneten Haufen von Notizen, Bemerkungen, Materialien in Auszugsform ausläuft. Ich versuchte anfangs, diesen Abschnitt, wie es mir mit dem ersten einigermaßen gelungen war, durch Ausfüllung der Lücken und Ausarbeitung der nur angedeuteten Bruchstücke zu vervollständigen, so daß er wenigstens annähernd das alles bot, was der Verfasser zu geben beabsichtigt hatte. Ich habe dies wenigstens dreimal versucht, bin aber jedesmal gescheitert, und in der hiermit verlornen Zeit liegt eine der Hauptursachen der Verspätung. Endlich sah ich ein, daß es auf diesem Weg nicht ging. Ich hätte die ganze massenhafte Literatur dieses Gebiets durchnehmen müssen und am Ende etwas zustande gebracht, was doch nicht Marx' Buch war. Mir blieb nichts übrig, als die Sache in gewisser Beziehung übers Knie zu brechen, mich auf möglichste Ordnung des Vorhandenen zu beschränken, nur die notdürftigsten Ergänzungen zu machen. Und so wurde ich Frühjahr 1893 mit der Hauptarbeit für diesen Abschnitt fertig.
Von den einzelnen Kapiteln waren Kap. 21-24 in der Hauptsache ausgearbeitet. Kap. 25 und 26 erforderten Sichtung des Belegstoffs und Einschiebung von Material, das sich an andren Stellen vorfand. Kap. 27 und 29 konnten fast ganz nach dem Ms. gegeben, Kap. 28 dagegen mußte stellenweise anders gruppiert werden. Mit Kap. 30 aber fing die eigentliche Schwierigkeit an. Von hier an galt es, nicht nur das Material von Belegstellen, sondern auch den jeden Augenblick durch Zwischensätze, Abschweifungen usw. unterbrochnen und an andrer Stelle, oft ganz beiläufig, weiter verfolgten Gedankengang in die richtige Ordnung zu bringen. So kam das 30. Kapitel zustande durch Umstellungen und Ausschaltungen, für die sich an andrer Stelle Verwendung fand. Kap. 31 war wieder mehr im Zusammenhang ausgearbeitet. Aber nun folgt im Ms. ein langer Abschnitt, überschrieben: »Die Konfusion«, bestehend aus lauter Auszügen aus den Parlamentsberichten über die Krisen von 1848 und 1857, worin die Aussagen von dreiundzwanzig Geschäftsleuten und ökonomischen Schriftstellern, namentlich über Geld und Kapital, Goldabfluß, Überspekulation etc. zusammengestellt und stellenweise humoristisch kurz glossiert sind. Hier sind, sei es durch die Fragenden, sei es durch die Antwortenden, so ziemlich alle damals gangbaren Ansichten über das Verhältnis von Geld und Kapital vertreten, und die hier zu Tag tretende »Konfusion« über das, was auf dem Geldmarkte Geld und was Kapital sei, wollte Marx kritisch und satirisch behandeln. Ich habe mich nach vielen Versuchen überzeugt, daß eine Herstellung dieses Kapitels unmöglich ist; das Material, besonders das von Marx glossierte, ist da verwandt worden, wo sich ein Zusammenhang dafür vorfand.
Hierauf folgt in ziemlicher Ordnung das von mir im Kap. 32 Untergebrachte, unmittelbar darauf aber ein neuer Stoß von Auszügen aus den Parlamentsberichten über alle möglichen, in diesem Abschnitt berührten Gegenstände, vermischt mit längeren oder kürzeren Bemerkungen des Verfassers. Gegen das Ende konzentrieren sich die Auszüge und Glossen mehr und mehr auf die Bewegung der Geldmetalle und des Wechselkurses, und schließen wieder mit allerhand Nachträglichem. Das »Vorkapitalistische« (Kap. 36) war dagegen vollständig ausgearbeitet.
Aus all diesem Material, von der »Konfusion« an, und soweit es nicht schon an früheren Stellen untergebracht, habe ich die Kapitel 33-35 zusammengestellt. Dies ging natürlich nicht ab ohne starke Einschübe meinerseits zur Herstellung des Zusammenhangs. Soweit diese Einschübe nicht bloß formeller Natur, sind sie als die meinigen ausdrücklich bezeichnet. Es ist mir auf diese Weise endlich gelungen, alle irgendwie zur Sache gehörenden Aussprüche des Verfassers im Text unterzubringen; es ist nichts weggefallen als ein geringer Teil der Auszüge, der entweder anderweitig Gegebnes nur wiederholte oder aber Punkte berührte, auf die im Ms. nicht näher eingegangen ist.
Der Abschnitt über Grundrente war viel vollständiger ausgearbeitet, wenn auch keineswegs geordnet, wie schon daraus hervorgeht, daß Marx es im Kap. 43 (im Ms. das letzte Stück des Abschnitts über Rente) nötig findet, den Plan des ganzen Abschnitts kurz zu rekapitulieren. Und dies war für die Herausgabe um so erwünschter, als das Ms. anfängt mit Kap. 37, worauf Kap. 45-47 folgen und erst hierauf die Kap. 38-44. Die meiste Arbeit machten die Tabellen bei der Differentialrente II und die Entdeckung, daß in Kap. 43 der hier zu behandelnde dritte Fall dieser Rentenart gar nicht untersucht war.
Für diesen Abschnitt über Grundrente hatte Marx in den siebziger Jahren ganz neue Spezialstudien gemacht. Er hatte die nach der »Reform« von 1861 in Rußland unvermeidlich gewordnen statistischen Aufnahmen und sonstigen Veröffentlichungen über Grundeigentum, die ihm von russischen Freunden in wünschenswertester Vollständigkeit zur Verfügung gestellt worden, jahrelang in der Ursprache studiert und ausgezogen und beabsichtigte, sie bei der Neubearbeitung dieses Abschnitts zu verwerten. Bei der Mannigfaltigkeit der Formen sowohl des Grundbesitzes wie der Ausbeutung der ackerbauenden Produzenten in Rußland, sollte im Abschnitt über Grundrente Rußland dieselbe Rolle spielen wie im Buch I, bei der industriellen Lohnarbeit, England. Leider blieb ihm die Ausführung dieses Plans versagt.
Endlich der siebente Abschnitt lag in vollständiger Niederschrift vor, aber nur als erster Entwurf, dessen endlos verschlungne Perioden erst zerlegt werden mußten, umdruckbar zu werden. Vom letzten Kapitel existiert nur der Anfang. Hier sollten die den drei großen Revenueformen: Grundrente, Profit, Arbeitslohn entsprechenden drei großen Klassen der entwickelten kapitalistischen Gesellschaft – Grundeigentümer, Kapitalisten, Lohnarbeiter – und der mit ihrer Existenz notwendig gegebne Klassenkampf als tatsächlich vorliegendes Ergebnis der kapitalistischen Periode dargestellt werden. Dergleichen Schlußzusammenfassungen pflegte Marx sich für die Schlußredaktion, kurz vor dem Druck, vorzubehalten, wo dann die neuesten geschichtlichen Ereignisse ihm mit nie versagender Regelmäßigkeit die Belege seiner theoretischen Entwicklungen in wünschenswertester Aktualität lieferten.
Die Zitate und Belegstellen sind, wie schon im II. Buch, bedeutend spärlicher als im ersten. Zitate aus Buch I geben die Seitenzahlen der 2. und 3. Auflage. Wo im Ms. auf theoretische Aussprüche früherer Ökonomen verwiesen wird, ist meist nur der Name angegeben, die Stelle selbst sollte bei der Schlußbearbeitung angezogen werden. Ich habe das natürlich so lassen müssen. Von Parlamentsberichten sind nur vier, aber diese auch ziemlich reichlich benutzt wor den. Es sind folgende:
1. »Reports from Committees« (des Unterhauses), Vol. VIII, »Commercial Distress«, Vol. II, Part I, 1847/48, Minutes of Evidence. – Zitiert als: »Commercial Distress«, 1847/48.
2. »Secret Committee of the House of Lords on Commercial Distress 1847, Report printed 1848, Evidence printed 1857« (weil 1848 für zu kompromittierlich angesehn). – Zitiert als: C. D., 1848-1857.
3. Report: Bank Acts, 1857. – Ditto, 1858. – Berichte des Unterhausausschusses über die Wirkung der Bankakte von 1844 und 1845, mit Zeugenaussagen. – Zitiert als: B. A. (zuweilen auch B. C.), 1857, resp. 1858.
Das vierte Buch – die Geschichte der Mehrwertstheorie – werde ich in Angriff nehmen, sobald es mir irgendwie möglich wird.
Im Vorwort zum zweiten Band des »Kapital« hatte ich mich abzufinden mit den Herren, die dazumal ein großes Geschrei erhoben, weil sie »in Rodbertus die geheime Quelle und einen überlegnen Vorgänger von Marx« gefunden haben wollten. Ich bot ihnen Gelegenheit, zu zeigen, »was die Rodbertussche Ökonomie leisten kann«; ich forderte sie auf, nachzuweisen, »wie nicht nur ohne Verletzung des Wertgesetzes, sondern vielmehr auf Grundlage desselben, eine gleiche Durchschnittsprofitrate sich bilden kann und muß«. Dieselben Herren, die damals aus subjektiven oder objektiven, in der Regel aber alles andre als wissenschaftlichen Gründen den guten Rodbertus als einen ökonomischen Stern allererster Größe ausposaunten, sind ausnahmslos die Antwort schuldig geblieben. Dagegen haben andre Leute es der Mühe wert gehalten, sich mit dem Problem zu beschäftigen.
In seiner Kritik des II. Bandes (»Conrads Jahrbücher«, XI, 5, 1885, S. 452-465) nimmt Prof. W. Lexis die Frage auf, wenn er auch keine direkte Lösung geben will. Er sagt:
»Die Lösung jenes Widerspruchs« (zwischen dem Ricardo-Marxschen Wertgesetz und der gleichen Durchschnittsprofitrate) »ist unmöglich, wenn die verschiednen Warenarten vereinzelt betrachtet werden und ihr Wert gleich ihrem Tauschwert und dieser gleich oder proportional ihrem Preise sein soll.«
Sie ist nach ihm nur möglich, wenn man
»für die einzelnen Warenarten die Bemessung des Wertes nach der Arbeit aufgibt und nur die Warenproduktion im ganzen und die Verteilung derselben unter die Gesamtklassen der Kapitalisten und Arbeiter ins Auge faßt... Von dem Gesamtprodukt erhält die Arbeiterklasse nur einen gewissen Teil... der andre, den Kapitalisten zufallende Teil bildet im Marxschen Sinne das Mehrprodukt und demnach auch... den Mehrwert. Die Mitglieder der Kapitalistenklasse verteilen nun diesen gesamten Mehrwert unter sich, nicht nach Maßgabe der von ihnen beschäftigten Arbeiterzahl, sondern nach Verhältnis der von jedem gestellten Kapitalgröße, wobei auch Grund und Boden als Kapitalwert mit in Rechnung gezogen wird.« Die Marxschen, durch die in den Waren verkörperten Arbeitseinheiten bestimmten Idealwerte entsprechen nicht den Preisen, können aber »als Ausgangspunkt einer Verschiebung betrachtet werden, die zu den wirklichen Preisen führt. Die letzteren sind dadurch bedingt, daß gleich große Kapitalien gleich große Gewinne verlangen.« Dadurch werden einige Kapitalisten für ihre Waren höhere Preise erhalten als deren Idealwerte, andre erhalten niedrigere. »Da aber die Einbußen und Zulagen an Mehrwert sich innerhalb der Kapitalistenklasse gegenseitig aufheben, so ist die Gesamtgröße des Mehrwerts dieselbe, als wenn alle Preise den Idealwerten der Waren proportional wären.«
Man sieht, die Frage ist hier nicht entfernt gelöst, aber sie ist, wenn auch in laxer und verflachender Weise, doch im ganzen richtig gestellt. Und dies ist in der Tat mehr, als wir von jemand erwarten dürfen, der sich, wie der Verfasser, mit einem gewissen Stolz als einen »Vulgärökonomen« hinstellt; es ist gradezu überraschend, wenn man es mit den später zu behandelnden Leistungen andrer Vulgärökonomen vergleicht. Die Vulgärökonomie des Verfassers ist allerdings eigner Art. Er sagt, der Kapitalgewinn könne allerdings in der Marxschen Weise abgeleitet werden, aber nichts zwinge zu dieser Auffassung. Im Gegenteil. Die Vulgärökonomie habe eine, mindestens plausiblere Erklärungsweise:
»Die kapitalistischen Verkäufer, der Rohstoffproduzent, der Fabrikant, der Großhändler, der Kleinhändler, machen bei ihren Geschäften Gewinn, indem jeder teurer verkauft als er kauft, also den Selbstkostenpreis seiner Ware um einen gewissen Prozentsatz erhöht. Nur der Arbeiter ist nicht imstande, einen ähnlichen Wertzuschlag durchzusetzen, er ist vermöge seiner ungünstigen Lage dem Kapitalisten gegenüber genötigt, seine Arbeit für den Preis zu verkaufen, den sie ihm selbst kostet, nämlich für den notwendigen Lebensunterhalt... so behalten diese Preiszuschläge den kaufenden Lohnarbeitern gegenüber ihre volle Bedeutung und bewirken die Übertragung eines Teils des Wertes des Gesamtprodukts auf die Kapitalistenklasse.«
Nun bedarf es keiner großen Anstrengung des Denkens, um einzusehn, daß diese »vulgärökonomische« Erklärung des Kapitalprofits praktisch auf dieselben Resultate hinausläuft wie die Marxsche Mehrwertstheorie; daß die Arbeiter nach der Lexisschen Auffassung in genau derselben »ungünstigen Lage« sich befinden wie bei Marx; daß sie ganz ebensosehr die Geprellten sind, da jeder Nichtarbeiter über dem Preis verkaufen kann, der Arbeiter aber nicht; und daß auf Grundlage dieser Theorie sich ein mindestens ebenso plausibler Vulgärsozialismus aufbauen läßt, wie der hier in England auf Grundlage der Jevons-Mengerschen Gebrauchswerts- und Grenznutzentheorie aufgebaute. Ja, ich vermute sogar, würde Herrn George Bernard Shaw diese Profittheorie bekannt, er wäre imstand, mit beiden Händen zuzugreifen, Jevons und Karl Menger den Abschied zu geben und auf diesem Felsen die Fabianische Kirche der Zukunft neu zu errichten.
In Wirklichkeit aber ist diese Theorie nur eine Umschreibung der Marxschen. Woraus werden denn die sämtlichen Preiszuschläge bestritten? Aus dem »Gesamtprodukt« der Arbeiter. Und zwar, indem die Ware »Arbeit«, oder, wie Marx sagt, Arbeitskraft, unter ihrem Preis verkauft werden muß. Denn wenn es die gemeinsame Eigenschaft aller Waren ist, teurer verkauft zu werden als die Produktionskosten, wenn aber hiervon die Arbeit allein ausgenommen ist und stets nur zu den Produktionskosten verkauft wird, so wird sie eben unter dem Preis verkauft, der die Regel ist in dieser vulgärökonomischen Welt. Der infolgedessen dem Kapitalisten, resp. der Kapitalistenklasse zufallende Extraprofit besteht eben darin, und kann in letzter Instanz nur dadurch zustande kommen, daß der Arbeiter, nach Reproduktion des Ersatzes für den Preis seiner Arbeit, noch weiteres Produkt produzieren muß, für das er nicht bezahlt wird – Mehrprodukt, Produkt unbezahlter Arbeit, Mehrwert. Lexis ist ein in der Wahl seiner Ausdrücke äußerst vorsichtiger Mann. Er sagt nirgends gradeaus, daß obige Auffassung die seinige ist; ist sie es aber, so ist sonnenklar, daß wir es hier nicht mit einem jener gewöhnlichen Vulgärökonomen zu tun haben, von denen er selbst sagt, daß jeder einzelne in den Augen von Marx »bestenfalls nur ein hoffnungsloser Schwachkopf ist«, sondern mit einem als Vulgärökonomen verkleideten Marxisten. Ob diese Verkleidung bewußt oder unbewußt vor sich gegangen, ist eine uns hier nicht interessierende psychologische Frage. Wer das ergründen möchte, wird vielleicht auch untersuchen, wie es möglich war, daß zu einer gewissen Zeit ein so gescheiter Mann, wie Lexis es unzweifelhaft ist, auch einmal einen solchen Blödsinn wie den Bimetallismus verteidigen konnte.
Der erste, der die Frage wirklich zu beantworten versuchte, war Dr. Conrad Schmidt, »Die Durchschnittsprofitrate auf Grundlage des Marx'schen Werthgesetzes«, Dietz, Stuttgart 1889. Schmidt sucht die Details der Marktpreisbildung in Einklang zu bringen sowohl mit dem Wertgesetz wie mit der Durchschnittsprofitrate. Der industrielle Kapitalist erhält in seinem Produkt erstens Ersatz für sein vorgeschoßnes Kapital, zweitens ein Mehrprodukt, wofür er nichts bezahlt hat. Um dies Mehrprodukt aber zu erhalten, muß er sein Kapital in der Produktion vorschießen; d.h. er muß ein bestimmtes Quantum vergegenständlichter Arbeit anwenden, um sich dies Mehrprodukt aneignen zu können. Für den Kapitalisten ist also dies sein vorgeschoßnes Kapital das Quantum vergegenständlichter Arbeit, das gesellschaftlich nötig ist, um ihm dies Mehrprodukt zu verschaffen. Für jeden andern industriellen Kapitalisten gilt dasselbe. Da nun die Produkte dem Wertgesetz gemäß sich gegeneinander austauschen im Verhältnis der zu ihrer Produktion gesellschaftlich notwendigen Arbeit, und da für den Kapitalisten die zur Herstellung seines Mehrprodukts notwendige Arbeit eben die in seinem Kapital aufgehäufte, vergangene Arbeit ist, so folgt, daß sich die Mehrprodukte austauschen nach dem Verhältnis der zu ihrer Produktion erheischten Kapitale, nicht aber nach dem der wirklich in ihnen verkörperten Arbeit. Der auf jede Kapitaleinheit fallende Anteil ist also gleich der Summe aller produzierten Mehrwerte, dividiert durch die Summe der darauf verwandten Kapitale. Hiernach werfen gleiche Kapitale in gleichen Zeiträumen gleiche Profite ab, und dies wird bewirkt, indem der so berechnete Kostpreis des Mehrprodukts, d.h. der Durchschnittsprofit, auf den Kostpreis des bezahlten Produkts geschlagen und zu diesem erhöhten Preise beides, bezahltes und unbezahltes Produkt, verkauft wird. Die Durchschnittsprofitrate ist hergestellt, trotzdem daß, wie Schmidt meint, die Durchschnittspreise der einzelnen Waren nach dem Wertgesetz bestimmt werden.
Die Konstruktion ist äußerst sinnreich, sie ist ganz nach Hegelschem Muster, aber sie teilt das mit der Mehrzahl der Hegelschen, daß sie nicht richtig ist. Mehrprodukt oder bezahltes Produkt macht keinen Unterschied: soll das Wertgesetz auch für die Durchschnittspreise unmittelbar gelten, so müssen beide verkauft werden im Verhältnis der zu ihrer Herstellung erforderlichen und darin verbrauchten gesellschaftlich nötigen Arbeit. Das Wertgesetz richtet sich von vornherein gegen die aus der kapitalistischen Vorstellungsweise überkommene Ansicht, als sei die aufgehäufte vergangne Arbeit, woraus das Kapital besteht, nicht bloß eine bestimmte Summe von fertigem Wert, sondern, weil Faktor der Produktion und Profitbildung, auch wertbildend, also Quelle von mehr Wert, als es selbst hat; es stellt fest, daß diese Eigenschaft nur der lebendigen Arbeit zukommt. Daß die Kapitalisten im Verhältnis der Größe ihrer Kapitale gleiche Profite erwarten, ihren Kapitalvorschuß also als eine Art Kostpreis ihres Profits ansehn, ist bekannt. Wenn aber Schmidt diese Vorstellung benutzt, um vermittelst ihrer die nach der Durchschnittsprofitrate berechneten Preise in Einklang mit dem Wertgesetz zu bringen, so hebt er das Wertgesetz selbst auf, indem er eine ihm total widersprechende Vorstellung diesem Gesetz als mitbestimmenden Faktor einverleibt.
Entweder ist die aufgehäufte Arbeit wertbildend neben der lebendigen. Dann gilt das Wertgesetz nicht.
Oder sie ist nicht wertbildend. Dann ist Schmidts Beweisführung unverträglich mit dem Wertgesetz.
Schmidt wurde auf diesen Seitenweg geführt, als er der Lösung schon sehr nahe war, weil er glaubte, eine womöglich mathematische Formel finden zu müssen, die den Einklang des Durchschnittspreises jeder einzelnen Ware mit dem Wertgesetz nachweisen ließe. Wenn er aber hier, ganz in der Nähe des Ziels, einem Irrweg folgte, so beweist der übrige Inhalt der Broschüre, mit welchem Verständnis er aus den beiden ersten Büchern des »Kapital« weitere Schlüsse gezogen hat. Ihm gebührt die Ehre, für die bisher unerklärliche sinkende Tendenz der Profitrate die richtige, bei Marx im dritten Abschnitt des dritten Buchs gegebne Erklärung selbständig gefunden zu haben; desgleichen die Ableitung des Handelsprofits aus dem industriellen Mehrwert und eine ganze Reihe von Bemerkungen über Zins und Grundrente, wodurch Dinge antizipiert werden, die bei Marx im vierten und fünften Abschnitt des dritten Buchs entwickelt sind.
In einer späteren Arbeit (»Neue Zeit«, 1892/93, Nr. 3 und 4) versucht Schmidt einen andern Weg der Lösung. Dieser läuft darauf hinaus, daß die Konkurrenz es ist, die die Durchschnittsprofitrate herstellt, indem sie Kapital aus Produktionszweigen mit Unterprofit in andre auswandern macht, wo Überprofit gemacht wird. Daß die Konkurrenz die große Ausgleicherin der Profite ist, ist nicht neu. Aber nun versucht Schmidt den Nachweis, daß diese Nivellierung der Profite identisch ist mit der Reduzierung des Verkaufspreises von im Übermaß produzierten Waren auf das Wertmaß, das die Gesellschaft nach dem Wertgesetz dafür zahlen kann. Warum auch dies nicht zum Ziel führen konnte, ergibt sich hinreichend aus den Auseinandersetzungen von Marx im Buche selbst.
Nach Schmidt ging P. Fireman an das Problem (»Conrads Jahrbücher«, Dritte Folge, III, S. 793). Ich gehe nicht ein auf seine Bemerkungen über sonstige Seiten der Marxschen Darstellung. Sie beruhen auf dem Mißverständnis, daß Marx da definieren will, wo er entwickelt, und daß man überhaupt bei Marx nach fix und fertigen, ein für allemal gültigen Definitionen suchen dürfe. Es versteht sich ja von selbst, daß da, wo die Dinge und ihre gegenseitigen Beziehungen nicht als fixe, sondern als veränderliche aufgefaßt werden, auch ihre Gedankenabbilder, die Begriffe, ebenfalls der Veränderung und Umbildung unterworfen sind; daß man sie nicht in starre Definitionen einkapselt, sondern in ihrem historischen resp. logischen Bildungsprozeß entwickelt. Danach wird es wohl klar sein, warum Marx am Anfang des ersten Buchs, wo er von der einfachen Warenproduktion als seiner historischen Voraussetzung ausgeht, um dann weiterhin von dieser Basis aus zum Kapital zu kommen – warum er da eben von der einfachen Ware ausgeht und nicht von einer begrifflich und geschichtlich sekundären Form, von der schon kapitalistisch modifizierten Ware; was freilich Fireman platterdings nicht einsehn kann. Diese und andre Nebendinge, die noch zu mancherlei Einwendungen Anlaß geben könnten, lassen wir lieber links liegen und gehn sofort zum Kern der Sache über. Während dem Verfasser die Theorie lehrt, daß der Mehrwert bei gegebner Mehrwertsrate der Anzahl der angewandten Arbeitskräfte proportional ist, zeigt ihm die Erfahrung, daß bei gegebner Durchschnittsprofitrate der Profit proportional ist der Größe des angewandten Gesamtkapitals. Dies erklärt Fireman dadurch, daß der Profit eine nur konventionelle (das heißt bei ihm: einer bestimmten gesellschaftlichen Formation angehörige, mit ihr stehende und fallende) Erscheinung ist; seine Existenz ist einfach an das Kapital geknüpft; dies, wenn es stark genug ist, sich einen Profit zu erzwingen, ist durch die Konkurrenz genötigt, sich auch eine für alle Kapitale gleiche Profitrate zu erzwingen. Ohnegleiche Profitrate ist eben keine kapitalistische Produktion möglich; diese Produktionsform vorausgesetzt, kann für jeden Einzelkapitalisten die Masse des Profits nur abhängen, bei gegebner Profitrate, von der Größe seines Kapitals. Andrerseits besteht der Profit aus Mehrwert, unbezahlter Arbeit. Und wie geschieht hier die Verwandlung des Mehrwerts, dessen Größe sich nach der Ausbeutung der Arbeit richtet, in Profit, dessen Größe sich nach der Größe des dazu erforderten Kapitals richtet?
»Einfach dadurch, daß in allen Produktionszweigen, wo das Verhältnis zwischen... konstantem und variablem Kapital am größten ist, die Waren über ihrem Wert verkauft werden, das heißt aber auch, daß in denjenigen Produktionszweigen, wo das Verhältnis konstantes Kapital: variables Kapital = c : v am kleinsten ist, die Waren unter ihrem Wert verkauft werden, und daß nur, wo das Verhältnis c : v eine bestimmte Mittelgroße darstellt, die Waren zu ihrem wahren Wert veräußert werden... Ist diese Inkongruenz einzelner Preise mit ihren respektiven Werten eine Widerlegung des Wertprinzips? Keineswegs. Denn dadurch, daß die Preise einiger Waren in gleichem Maß über den Wert steigen, wie die Preise andrer unter den Wert sinken, bleibt die Totalsumme der Preise der Totalsumme der Werte gleich... ›in letzter Instanz‹ verschwindet die Inkongruenz.« Diese Inkongruenz ist eine »Störung«; »in den exakten Wissenschaften aber pflegt man eine berechenbare Störung nie als eine Widerlegung eines Gesetzes zu betrachten«.
Man vergleiche hiermit die entsprechenden Stellen in Kap. IX, und man wird finden, daß Fireman hier in der Tat den Finger auf den entscheidenden Punkt gelegt hat. Wie vieler Mittelglieder es aber auch nach dieser Entdeckung noch bedürfte, um Fireman zu befähigen, die volle handgreifliche Lösung des Problems herauszuarbeiten, beweist die unverdient kühle Aufnahme, die sein so bedeutender Artikel gefunden hat. So viele sich auch für das Problem interessierten, sie alle fürchteten noch immer, sich die Finger zu verbrennen. Und dies erklärt sich nicht nur aus der unvollendeten Form, worin Fireman seinen Fund gelassen hat, sondern auch aus der unleugbaren Mangelhaftigkeit sowohl seiner Auffassung der Marxschen Darstellung, wie seiner eignen, auf dieser Auffassung begründeten allgemeinen Kritik derselben.
Wo es Gelegenheit gibt, sich bei einer schwierigen Sache zu blamieren, da fehlt Herr Professor Julius Wolf in Zürich nie. Das ganze Problem, erzählt er uns (»Conrads Jahrbücher«, Dritte Folge, II, S. 352 und ff.), löst sich durch den relativen Mehrwert. Die Produktion des relativen Mehrwerts beruht auf Vermehrung des konstanten Kapitals gegenüber dem variablen.
»Ein Plus an konstantem Kapital hat ein Plus an Produktivkraft der Arbeiter zur Voraussetzung. Da dies Plus an Produktivkraft aber (auf dem Wege über die Verbilligung der Lebensmittel) ein Plus an Mehrwert nach sich zieht, ist die direkte Beziehung zwischen wachsendem Mehrwert und wachsender Beteiligung des konstanten Kapitals im Gesamtkapital hergestellt. Ein Mehr an konstantem Kapital weist ein Mehr an Produktivkraft der Arbeit aus. Bei gleichbleibendem variablem und wachsendem konstantem Kapital muß daher der Mehrwert steigen im Einklang mit Marx. Diese Frage war uns aufgegeben.«
Zwar sagt Marx an hundert Stellen des ersten Buchs das grade Gegenteil; zwar ist die Behauptung, nach Marx steige der relative Mehrwert, bei fallendem variablem Kapital, im Verhältnis wie das konstante Kapital steigt, von einer Erstaunlichkeit, die jedes parlamentarischen Ausdrucks spottet; zwar beweist Herr Julius Wolf in jeder Zeile, daß er weder relativ noch absolut das geringste verstanden hat weder von absolutem noch von relativem Mehrwert; zwar sagt er selbst:
»man scheint sich auf den ersten Blick hier wirklich in einem Nest von Ungereimtheiten zu befinden«,
was beiläufig das einzige wahre Wort in seinem ganzen Artikel ist. Aber was tut das alles? Herr Julius Wolf ist so stolz auf seine geniale Entdeckung, daß er nicht unterlassen kann, dem Marx dafür posthume Lobsprüche zu erteilen und diesen seinen eignen unergründlichen Unsinn anzupreisen als einen
»neuerlichen Beweis der Schärfe und Weitsichtigkeit, mit der sein« (Marx') »kritisches System der kapitalistischen Wirtschaft entworfen ist«!
Aber es kommt noch besser: Herr Wolf sagt:
»Ricardo hat ebensowohl behauptet: gleicher Kapitalaufwand, gleicher Mehrwert (Profit), wie: gleicher Arbeitsaufwand, gleicher Mehrwert (der Masse nach). Und die Frage war nun: wie reimt sich das eine mit dem andern. Marx hat die Frage in dieser Form nun aber nicht anerkannt. Er hat (im dritten Band) zweifellos nachgewiesen, daß die zweite Behauptung nicht unbedingte Konsequenz des Wertgesetzes sei, ja daß sie seinem Wertgesetze widerspreche und also... direkt zu verwerfen sei.«
Und nun untersucht er, wer von uns beiden sich geirrt hat, ich oder Marx. Daß er selbst in der Irre spazierengeht, daran denkt er natürlich nicht.
Es hieße meine Leser beleidigen und die Komik der Situation total verkennen, wollte ich nur ein Wort verlieren über diese Prachtstelle. Ich füge nur noch hinzu: Mit derselben Kühnheit, womit er damals bereits sagen konnte, was »Marx im dritten Band zweifellos nachgewiesen«, benutzt er die Gelegenheit, einen angeblichen Professorenklatsch zu berichten, wonach Conrad Schmidts obige Schrift »von Engels direkt Inspiriert sei«. Herr Julius Wolf! in der Welt, worin Sie leben und weben, mag es üblich sein, daß der Mann, der andern öffentlich ein Problem stellt, seine Privatfreunde im stillen mit der Lösung bekannt macht. Daß Sie dazu kapabel sind, will ich Ihnen gern glauben. Daß in der Welt, worin ich verkehre, man sich nicht zu solchen Erbärmlichkeiten herabzulassen braucht, beweist Ihnen das gegenwärtige Vorwort. –
Kaum war Marx gestorben, da veröffentlichte Herr Achille Loria schleunigst einen Artikel über ihn in der »Nuova Antologia« (April 1883): zuerst eine von falschen Angaben strotzende Biographie, sodann eine Kritik der öffentlichen, politischen und literarischen Tätigkeit. Die Marxische materialistische Auffassung der Geschichte wird hier gefälscht und verdreht mit einer Zuversichtlichkeit, die einen großen Zweck erraten läßt. Und dieser Zweck ist erreicht worden: 1886 veröffentlichte derselbe Herr Loria ein Buch »La teoria economica della costituzione politica«, worin er die 1883 so gänzlich und so absichtlich entstellte Marxsche Geschichtstheorie als seine eigne Erfindung der staunenden Mitwelt verkündet. Allerdings ist die Marxsche Theorie hier auf ein ziemlich philiströses Niveau heruntergebracht; auch wimmeln die historischen Belege und Beispiele von Schnitzern, die man keinem Quartaner durchlassen würde; aber was verschlägt das alles? Die Entdeckung, daß überall und immer die politischen Zustände und Ereignisse ihre Erklärung finden in den entsprechenden ökonomischen Zuständen, wurde, wie hiermit bewiesen, keineswegs von Marx im Jahr 1845 gemacht, sondern von Herrn Loria 1886. Wenigstens hat er dies seinen Landsleuten, und seit sein Buch französisch erschienen, auch einigen Franzosen glücklich aufgebunden und kann jetzt als Autor einer neuen epochemachenden Geschichtstheorie in Italien herumstolzieren, bis die dortigen Sozialisten Zeit finden, dem illustre Loria die gestohlnen Pfauenfedern herunterzuzupfen.
Das ist aber erst ein kleines Pröbchen von Herrn Lorias Manier. Er versichert uns, daß sämtliche Theorien von Marx beruhen auf einem bewußten Sophisma (un consaputo sofisma); daß Marx vor Paralogismen nicht zurückscheute, auch wenn er sie als solche erkannte (sapendoli tali) usw. Und nachdem er mit einer ganzen Reihe ähnlicher gemeiner Schnurren seinen Lesern das Nötige beigebracht hat, damit sie Marx für einen Streber à la Loria ansehn, der seine Effektchen mit denselben kleinen faulen Humbugs mittelchen in Szene setzt wie unser paduanischer Professor, jetzt kann er ihnen ein wichtiges Geheimnis verraten, und damit führt er auch uns zur Profitrate zurück.
Herr Loria sagt: Nach Marx soll sich die in einem kapitalistischen Industriegeschäft produzierte Masse des Mehrwerts (den Herr Loria hier mit dem Profit identifiziert) richten nach dem darin angewandten variablen Kapital, da das konstante Kapital keinen Profit abwirft. Das widerspricht aber der Wirklichkeit. Denn in der Praxis richtet sich der Profit nicht nach dem variablen, sondern nach dem Gesamtkapital. Und Marx sieht dies selbst ein (I, Kap. XI) und gibt zu, daß dem Anschein nach die Tatsachen seiner Theorie widersprechen. Wie aber löst er den Widerspruch? Er verweist seine Leser auf einen noch nicht erschienenen folgenden Band. Von diesem Band hatte Loria seinen Lesern schon früher gesagt, er glaube nicht, daß Marx auch nur einen Augenblick daran gedacht habe, ihn zu schreiben, und jetzt ruft er triumphierend aus:
»Nicht mit Unrecht habe ich also behauptet, dieser zweite Band, womit Marx in einem fort seinen Gegnern droht, ohne daß er je erscheint, dieser Band könne sehr wohl ein pfiffiges Auskunftsmittel gewesen sein, das Marx da anwandte, wo ihm die wissenschaftlichen Argumente ausgingen (un ingegnoso spediente ideato dal Marx a sostituzione degli argomenti scientifici).«
Und wer jetzt nicht überzeugt ist, daß Marx auf derselben Höhe des wissenschaftlichen Schwindels steht wie l'illustre Loria, an dem ist Hopfen und Malz verloren.
Soviel also haben wir gelernt: nach Herrn Loria ist die Marxsche Mehrwertstheorie absolut unvereinbar mit der Tatsache der allgemeinen gleichen Profitrate. Nun kam das zweite Buch heraus und damit meine öffentlich gestellte Frage grade über diesen selben Punkt. Wäre Herr Loria einer von uns blöden Deutschen gewesen, er wäre einigermaßen in Verlegenheit geraten. Aber er ist ein kecker Südländer, er kommt aus einem heißen Klima, wo, wie er behaupten kann, die Unverfrorenheit gewissermaßen Naturbedingung ist. Die Frage wegen der Profitrate ist öffentlich gestellt. Herr Loria hat sie öffentlich für unlöslich erklärt. Und grade deshalb wird er sich jetzt selbst übertreffen, indem er sie öffentlich löst.
Dies Wunder geschieht in »Conrads Jahrbüchern«, N. F., Bd. XX, S. 272 ff., in einem Artikel über Conrad Schmidts oben erwähnte Schrift. Nachdem er von Schmidt gelernt, wie der kommerzielle Profit zustande kommt, ist ihm auf einmal alles klar.
»Da nun die Wertbestimmung durch die Arbeitszeit den Kapitalisten, die einen größeren Teil ihres Kapitals in Löhnen anlegen, einen Vorteil gibt, so kann das unproduktive« (soll heißen kommerzielle) »Kapital von diesen bevorzugten Kapitalisten einen höheren Zins« (soll heißen Profit) »erzwingen und die Gleichheit zwischen den einzelnen industriellen Kapitalisten hervorbringen... So z.B., wenn die industriellen Kapitalisten A, B, C, 100 Arbeitstage für jeden, und respektive 0, 100, 200 konstantes Kapital in der Produktion anwenden, und der Arbeitslohn für 100 Arbeitstage 50 Arbeitstage in sich enthält, jeder Kapitalist einen Mehrwert von 50 Arbeitstagen bekommt und die Profitrate 100% ist für den ersten, 33,3% für den zweiten und 20% für den dritten Kapitalisten. Wenn aber ein vierter Kapitalist D ein unproduktives Kapital von 300 akkumuliert, das einen Zins« (Profit) »von dem Wert von 40 Arbeitstagen von A, einen Zins von 20 Arbeitstagen von B erheischt, so wird die Profitrate der Kapitalisten A und B zu 20%, wie die C's, sinken und D mit einem Kapital von 300 wird einen Profit von 60, d.h. eine Profitrate von 20%, wie die übrigen Kapitalisten bekommen.«
Mit so überraschender Gewandtheit, im Handumdrehn, löst l'illustre Loria dieselbe Frage, die er vor zehn Jahren für unlösbar erklärt hatte. Leider hat er uns das Geheimnis nicht verraten, woher das »unproduktive Kapital« die Macht erhält, den Industriellen diesen ihren, die Durchschnittsprofitrate überschreitenden Extraprofit nicht nur abzuzwacken, sondern auch selbst in der Tasche zu behalten, ganz wie der Grundeigentümer den überschüssigen Profit des Pächters als Grundrente einsteckt. In der Tat würden die Kaufleute hiernach einen der Grundrente durchaus analogen Tribut von den industriellen erheben und dadurch die Durchschnittsprofitrate herstellen. Allerdings ist das Handelskapital ein sehr wesentlicher Faktor in der Herstellung der allgemeinen Profitrate, wie so ziemlich jedermann weiß. Aber nur ein literarischer Abenteurer, der im Grunde seines Herzens auf die ganze Ökonomie pfeift, kann sich die Behauptung erlauben, es besitze die Zauberkraft, allen über die allgemeine Profitrate, und dazu noch ehe eine solche hergestellt ist, überschüssigen Mehrwert an sich zu saugen und in Grundrente für sich selbst zu verwandeln, und das obendrein, ohne daß es irgendein Grundeigentum dazu nötig hat. Nicht weniger erstaunlich ist die Behauptung, das Handelskapital bringe es fertig, diejenigen Industriellen zu entdecken, deren Mehrwert nur grade die Durchschnittsprofitrate deckt, und es rechne es sich zur Ehre an, diesen unglücklichen Opfern des Marxschen Wertgesetzes ihr Los einigermaßen zu erleichtern, indem es ihnen ihre Produkte gratis, sogar ohne jede Provision verkauft. Welch ein Taschenspieler gehört dazu, sich einzubilden, Marx habe solche jämmerliche Kunststückchen nötig!
In seiner vollen Glorie aber strahlt unser illustre Loria erst, wenn wir ihn mit seinen nordischen Konkurrenten vergleichen, z.B. mit Herrn Julius Wolf, der doch auch nicht von gestern ist. Welch ein kleiner Kläffer scheint dieser, selbst in seinem dicken Buch über »Sozialismus und kapitalistische Gesellschaftsordnung«, neben dem Italiener! Wie unbehilflich, ich wäre fast versucht zu sagen, wie bescheiden steht er da neben der edlen Dreistigkeit, womit der Maestro es als selbstredend hinstellt, daß Marx nicht mehr und nicht minder als alle andern Leute auch, ein genau ebenso bewußter Sophist, Paralogist, Aufschneider und Marktschreier war wie Herr Loria selbst – daß Marx jedesmal, wenn er festsitzt, dem Publikum von einem Abschluß seiner Theorie in einem folgenden Band vorschwefelt, den er, wie er selbst sehr gut weiß, weder liefern kann noch will! Unbegrenzte Keckheit, gepaart mit aalglattem Durchschlüpfen durch unmögliche Situationen, heroische Verachtung gegen erhaltne Fußtritte, rasch zugreifende Aneignung fremder Leistungen, zudringliche Marktschreierei der Reklame, Organisation des Ruhms vermittelst des Kamaraderieklüngels – wer reicht ihm in alledem das Wasser?
Italien ist das Land der Klassizität. Seit der großen Zeit, als bei ihm die Morgenröte der modernen Welt aufging, brachte es großartige Charaktere hervor in unerreicht klassischer Vollendung, von Dante bis auf Garibaldi. Aber auch die Zeit der Erniedrigung und Fremdherrschaft hinterließ ihm klassische Charaktermasken, darunter zwei besonders ausgemeißelte Typen: den Sganarell und den Dulcamara. Die klassische Einheit beider sehn wir verkörpert in unserm illustre Loria.
Zum Schluß muß ich meine Leser über den Ozean führen. In New York hat Herr Dr. med. George C. Stiebeling auch eine Lösung des Problems gefunden, und zwar eine äußerst einfache. So einfach, daß kein Mensch weder hüben noch drüben sie anerkennen wollte; worüber er in großen Zorn geriet und in einer endlosen Reihe Broschüren und Zeitungsartikel auf beiden Seiten des großen Wassers sich bitterlichst über diese Unbill beschwerte. Man sagte ihm zwar in der »Neuen Zeit«, seine ganze Lösung beruhe auf einem Rechenfehler. Aber das konnte ihn nicht stören; Marx hat auch Rechenfehler gemacht und behält dennoch in vielen Dingen recht. Sehn wir uns also die Stiebelingsche Lösung an.
»Ich nehme zwei Fabriken an, die mit gleichem Kapital gleiche Zeit arbeiten, aber mit einem verschiednen Verhältnis des konstanten und des variablen Kapitals. Das Gesamtkapital (c + v) setze ich = y, und bezeichne den Unterschied in dem Verhältnis des konstanten zu dem variablen Kapital mit x. In Fabrik I ist y = c + v, in Fabrik II ist y = (c – x) + (v + x). Die Rate des Mehrwerts ist also in Fabrik I = m/v und in Fabrik II = m/(v + x). Profit (p) nenne ich den Gesamtmehrwert (m), um den sich das Gesamtkapital y oder c + v in der gegebnen Zeit vermehrt, also p = m. Die Rate des Profits ist demnach in Fabrik I = p/y oder m/(c + v), und in Fabrik II ebenfalls p/y oder m/((c-x) + (v + x)), d.h. ebenfalls = m/(c + v). Das... Problem löst sich also derart, daß auf Grundlage des Wertgesetzes, bei Anwendung gleichen Kapitals und gleicher Zeit, aber ungleicher Mengen lebendiger Arbeit, aus der Veränderung der Rate des Mehrwerts eine gleiche Durchschnittsprofitrate hervorgeht.« (G. C. Stiebeling, »Das Werthgesetz und die Profitrate«, New York, John Heinrich.)
So schön und einleuchtend auch die obige Rechnung ist, so sind wir doch genötigt, eine Frage an Herrn Dr. Stiebeling zu richten: Woher weiß er, daß die Summe des Mehrwerts, den Fabrik I produziert, aufs Haar gleich ist der Summe des in Fabrik II erzeugten Mehrwerts? Von c, v, y und x, also von allen übrigen Faktoren der Rechnung sagt er uns ausdrücklich, daß sie für beide Fabriken gleiche Größe haben, aber von m kein Wort. Daraus aber, daß er beide hier vorkommende Mengen Mehrwert algebraisch mit m bezeichnet, folgt dies keineswegs. Es ist, da Herr Stiebeling auch den Profit p ohne weiteres mit dem Mehrwert identifiziert, vielmehr grade das, was bewiesen werden soll. Nun sind nur zwei Fälle möglich: entweder sind die beiden m gleich, jede Fabrik produziert gleich viel Mehrwert, also bei gleichem Gesamtkapital auch gleich viel Profit, und dann hat Herr Stiebeling von vornherein das schon vorausgesetzt, was er erst beweisen soll. Oder aber, die eine Fabrik produziert eine größere Summe Mehrwert als die andre, und dann fällt seine ganze Rechnung dahin.
Herr Stiebeling hat weder Mühe noch Kosten gescheut, auf diesen seinen Rechenfehler ganze Berge von Rechnungen aufzubauen und dem Publikum zur Schau zu stellen. Ich kann ihm die beruhigende Versicherung geben, daß sie fast alle gleichmäßig unrichtig sind, und daß sie da, wo dies ausnahmsweise nicht der Fall ist, ganz etwas anders beweisen, als er beweisen will. So beweist er aus der Vergleichung der amerikanischen Zensusberichte von 1870 und 1880 tatsächlich den Fall der Profitrate, erklärt ihn aber total falsch und meint, die Marxsche Theorie einer sich immer gleichbleibenden, stabilen Profitrate durch die Praxis berichtigen zu müssen. Nun folgt aber aus dem dritten Abschnitt des vorliegenden dritten Buchs, daß diese Marxsche »feststehende Profitrate« ein reines Hirngespinst ist, und daß die fallende Tendenz der Profitrate auf Ursachen beruht, die den von Dr. Stie beling angegebnen diametral entgegengesetzt sind. Herr Dr. Stiebeling meint es sicher sehr gut, aber wenn man sich mit wissenschaftlichen Fragen beschäftigen will, muß man vor allen Dingen lernen, die Schriften, die man benutzen will, so zu lesen, wie der Verfasser sie geschrieben hat, und vor allem, ohne Dinge hineinzulesen, die nicht darinstehn.
Resultat der ganzen Untersuchung: auch mit Bezug auf die vorliegende Frage ist es wieder nur die Marxsche Schule, die etwas geleistet hat. Fireman und Conrad Schmidt können, wenn sie dies dritte Buch lesen, mit ihren eignen Arbeiten jeder an seinem Teil ganz zufrieden sein.
London, 4. Oktober 1894
F. Engels
I. Die Verwandlung des Mehrwerts in Profit und der Rate des Mehrwerts in Profitrate
1. Kostpreis und Profit
Im ersten Buch wurden die Erscheinungen untersucht, die der kapitalistische Produktionsprozeß, für sich genommen, darbietet, als unmittelbarer Produktionsprozeß, bei dem noch von allen sekundären Einwirkungen ihm fremder Umstände abgesehn wurde. Aber dieser unmittelbare Produktionsprozeß erschöpft nicht den Lebenslauf des Kapitals. Er wird in der wirklichen Welt ergänzt durch den Zirkulationsprozeß, und dieser bildete den Gegenstand der Untersuchungen des zweiten Buchs. Hier zeigte sich, namentlich im dritten Abschnitt, bei Betrachtung des Zirkulationsprozesses als der Vermittlung des gesellschaftlichen Reproduktionsprozesses, daß der kapitalistische Produktionsprozeß, im ganzen betrachtet, Einheit von Produktions- und Zirkulationsprozeß ist. Worum es sich in diesem dritten Buch handelt, kann nicht sein, allgemeine Reflexionen über diese Einheit anzustellen. Es gilt vielmehr, die konkreten Formen aufzufinden und darzustellen, welche aus dem Bewegungsprozeß des Kapitals, als Ganzes betrachtet, hervorwachsen. In ihrer wirklichen Bewegung treten sich die Kapitale in solchen konkreten Formen gegenüber, für die die Gestalt des Kapitals im unmittelbaren Produktionsprozeß, wie seine Gestalt im Zirkulationsprozeß, nur als besondere Momente erscheinen. Die Gestaltungen des Kapitals, wie wir sie in diesem Buch entwickeln, nähern sich also schrittweis der Form, worin sie auf der Oberfläche der Gesellschaft, in der Aktion der verschiedenen Kapitale aufeinander, der Konkurrenz, und im gewöhnlichen Bewußtsein der Produktionsagenten selbst auftreten.
Der Wert jeder kapitalistisch produzierten Ware W stellt sich dar in der Formel: W = c + v + m. Ziehn wir von diesem Produktenwert den Mehrwert m ab, so bleibt ein bloßes Äquivalent oder ein Ersatzwert in Ware für den in den Produktionselementen verausgabten Kapitalwert c + v.
Verursacht z.B. die Herstellung eines gewissen Artikels eine Kapitalausgabe von 500 Pfd. St.: 20 Pfd. St. für Verschleiß von Arbeitsmitteln, 380 Pfd. St. für Produktionsstoffe, 100 Pfd. St. für Arbeitskraft, und beträgt die Rate des Mehrwertes 100%, so ist der Wert des Produkts = 400c + 100v + 100m, = 600 Pfd. St.
Nach Abzug des Mehrwerts von 100 Pfd. St. bleibt ein Warenwert von 500 Pfd. St., und dieser ersetzt nur das verausgabte Kapital von 500 Pfd. St. Dieser Wertteil der Ware, der den Preis der verzehrten Produktionsmittel und den Preis der angewandten Arbeitskraft ersetzt, ersetzt nur, was die Ware dem Kapitalisten selbst kostet, und bildet daher für ihn den Kostpreis der Ware.
Was die Ware dem Kapitalisten kostet, und was die Produktion der Ware selbst kostet, sind allerdings zwei ganz verschiedne Größen. Der aus Mehrwert bestehende Teil des Warenwerts kostet dem Kapitalisten nichts, eben weil er dem Arbeiter unbezahlte Arbeit kostet. Da jedoch auf Grundlage der kapitalistischen Produktion der Arbeiter selbst, nach seinem Eintritt in den Produktionsprozeß, ein Ingrediens des in Funktion begriffenen und dem Kapitalisten zugehörigen produktiven Kapitals bildet, der Kapitalist also der wirkliche Warenproduzent ist, so erscheint notwendig der Kostpreis der Ware für ihn als die wirkliche Kost der Ware selbst. Nennen wir den Kostpreis k, so verwandelt sich die Formel: W = c + v + m in die Formel: W = k + m, oder Warenwert = Kostpreis + Mehrwert.
Die Zusammenfassung der verschiednen Wertteile der Ware, die nur den in ihrer Produktion verausgabten Kapitalwert ersetzen, unter der Kategorie des Kostpreises drückt daher einerseits den spezifischen Charakter der kapitalistischen Produktion aus. Die kapitalistische Kost der Ware mißt sich an der Ausgabe in Kapital, die wirkliche Kost der Ware an der Ausgabe in Arbeit. Der kapitalistische Kostpreis der Ware ist daher quantitativ verschieden von ihrem Wert oder ihrem wirklichen Kostpreis; er ist kleiner als der Warenwert, denn da W = k + m, ist k = W – m. Andrerseits ist der Kostpreis der Ware keineswegs eine Rubrik, die nur in der kapitalistischen Buchführung existiert. Die Verselbständigung dieses Wertteils macht sich in der wirklichen Produktion der Ware fortwährend praktisch geltend, da er aus seiner Warenform durch den Zirkulationsprozeß stets wieder in die Form von produktivem Kapital rückverwandelt werden, der Kostpreis der Ware also beständig die in ihrer Produktion verzehrten Produktionselemente rückkaufen muß.
Dagegen hat die Kategorie des Kostpreises in keiner Weise zu tun mit der Wertbildung der Ware oder mit dem Verwertungsprozeß des Kapitals. Wenn ich weiß, daß 5/6 des Warenwerts, von 600 Pfd. St., oder 500 Pfd. St. nur ein Äquivalent, einen Ersatzwert des verausgabten Kapitals von 500 Pfd. St. bilden, und daher nur hinreichen, die stofflichen Elemente dieses Kapitals rückzukaufen, so weiß ich damit weder, wie diese 5/6 des Werts der Ware, die ihren Kostpreis bilden, noch wie das letzte Sechstel, das ihren Mehrwert bildet, produziert worden sind. Die Untersuchung wird jedoch zeigen, daß der Kostpreis in der Kapitalwirtschaft den falschen Schein einer Kategorie der Wertproduktion selbst erhält.
Kehren wir zu unserm Beispiel zurück. Unterstellen wir, daß der in einem durchschnittlichen gesellschaftlichen Arbeitstag von einem Arbeiter produzierte Wert sich in einer Geldsumme von 6 sh. = 6 M. darstellt, so ist das vorgeschoßne Kapital von 500 Pfd. St. = 400c + 100v, das Wertprodukt von 1666 2/3 zehnstündigen Arbeitstagen, wovon 1333 1/3 Arbeitstage im Wert der Produktionsmittel = 400c, 333 1/3 im Wert der Arbeitskraft = 100v kristallisiert sind. Bei der angenommenen Mehrwertrate von 100% kostet die Produktion der neu zu bildenden Ware selbst also eine Verausgabung von Arbeitskraft = 100v + 100m = 666 2/3 zehnstündigen Arbeitstagen.
Wir wissen dann (siehe Buch I, Kap. VII, p. 201/193), daß der Wert des neugebildeten Produkts von 600 Pfd. St. sich zusammensetzt aus 1. dem wiedererscheinenden Wert des in Produktionsmitteln verausgabten konstanten Kapitals von 400 Pfd. St. und 2. einem neuproduzierten Wert von 200 Pfd. St. Der Kostpreis der Ware = 500 Pfd. St. umschließt die wiedererscheinenden 400c und eine Hälfte des neuproduzierten Werts von 200 Pfd. St. (= 100v), also zwei mit Bezug auf ihre Entstehung ganz und gar verschiedne Elemente des Warenwerts.
Durch den zweckgemäßen Charakter der während 666 2/3 zehnstündigen Tagen verausgabten Arbeit wird der Wert der verzehrten Produktionsmittel, zum Belauf von 400 Pfd. St., von diesen Produktionsmitteln auf das Produkt übertragen. Dieser alte Wert erscheint daher wieder als Bestandteil des Produktenwerts, aber er entsteht nicht im Produktionsprozeß dieser Ware. Er existiert nur als Bestandteil des Warenwerts, weil er vorher als Bestandteil des vorgeschoßnen Kapitals existierte. Das verausgabte konstante Kapital wird also durch den Teil des Warenwerts ersetzt, den es selbst dem Warenwert zusetzt. Dies Element des Kostpreises hat also den zweideutigen Sinn: Es geht einerseits in den Kostpreis der Ware ein, weil es ein Bestandteil des Warenwerts ist, der verausgabtes Kapital ersetzt; und andrerseits bildet es nur einen Bestandteil des Warenwerts, weil es der Wert von verausgabtem Kapital ist, oder weil die Produktionsmittel soundso viel kosten.
Ganz umgekehrt mit dem andern Bestandteil des Kostpreises. Die während der Warenproduktion verausgabten 666 2/3 Tage Arbeit bilden einen Neuwert von 200 Pfd. St. Von diesem Neuwert ersetzt ein Teil nur das vorgeschoßne variable Kapital von 100 Pfd. St. oder den Preis der angewandten Arbeitskraft. Aber dieser vorgeschoßne Kapitalwert geht in keiner Weise in die Bildung des Neuwerts ein. Innerhalb des Kapitalvorschusses zählt die Arbeitskraft als Wert, aber im Produktionsprozeß fungiert sie als Wertbildner. An die Stelle des Werts der Arbeitskraft, der innerhalb des Kapitalvorschusses figuriert, tritt im wirklich fungierenden produktiven Kapital die lebendige, wertbildende Arbeitskraft selbst.
Der Unterschied zwischen diesen verschiednen Bestandteilen des Warenwerts, die zusammen den Kostpreis bilden, springt ins Auge, sobald ein Wechsel in der Wertgröße, das eine Mal des verausgabten konstanten, das andre Mal des verausgabten variablen Kapitalteils eintritt. Der Preis derselben Produktionsmittel oder der konstante Kapitalteil steige von 400 Pfd. St. auf 600 Pfd. St., oder sinke umgekehrt auf 200 Pfd. St. Im ersten Fall steigt nicht nur der Kostpreis der Ware von 500 Pfd. St. auf 600c + 100v = 700 Pfd. St., sondern der Warenwert selbst steigt von 600 Pfd. St. auf 600c + 100v + 100m = 800 Pfd. St. Im zweiten Fall sinkt nicht nur der Kostpreis von 500 Pfd. St. auf 200c + 100v = 300 Pfd. St., sondern der Warenwert selbst von 600 Pfd. St. auf 200c + 100v + 100m = 400 Pfd. St. Weil das verausgabte konstante Kapital seinen eignen Wert auf das Produkt überträgt, wächst oder fällt, bei sonst gleichbleibenden Umständen, der Produktenwert mit der absoluten Größe jenes Kapitalwerts. Nimm umgekehrt an, bei sonst gleichbleibenden Umständen wachse der Preis derselben Masse Arbeitskraft von 100 Pfd. St. auf 150 Pfd. St., oder sinke umgekehrt auf 50 Pfd. St. Im ersten Fall steigt zwar der Kostpreis von 500 Pfd. St. auf 400c + 150v = 550 Pfd. St. und sinkt im zweiten Fall von 500 Pfd. St. auf 400c + 50v = 450 Pfd. St., aber in beiden Fällen bleibt der Warenwert unverändert = 600 Pfd. St.; das eine Mal = 400c + 150v + 50m, das andre Mal = 400c + 50v + 150m. Das vorgeschoßne variable Kapital setzt dem Produkt nicht seinen eignen Wert zu. An die Stelle seines Werts ist vielmehr im Produkt ein von der Arbeit geschaffner Neuwert getreten. Ein Wechsel in der absoluten Wertgröße des variablen Kapitals, soweit er nur einen Wechsel im Preis der Arbeitskraft ausdrückt, ändert daher nicht das geringste an der absoluten Größe des Warenwerts, weil nichts an der absoluten Größe des Neuwerts, welchen flüssige Arbeitskraft schafft. Solcher Wechsel affiziert vielmehr nur das Größenverhältnis der beiden Bestandteile des Neuwerts, wovon der eine Mehrwert bildet, der andre das variable Kapital ersetzt, und daher in den Kostpreis der Ware eingeht.
Gemeinsam haben beide Teile des Kostpreises, in unserm Fall 400c + 100v, nur das: daß sie beide Teile des Warenwerts sind, die vorgeschoßnes Kapital ersetzen.
Dieser wirkliche Sachverhalt erscheint aber notwendig in verkehrter Weise vom Standpunkt der kapitalistischen Produktion.
Die kapitalistische Produktionsweise unterscheidet sich von der auf Sklaverei gegründeten Produktionsweise unter anderm dadurch, daß der Wert, resp. Preis der Arbeitskraft, sich darstellt als Wert, resp. Preis, der Arbeit selbst oder als Arbeitslohn. (Buch I, Kap. XVII.) Der variable Wertteil des Kapitalvorschusses erscheint daher als in Arbeitslohn verausgabtes Kapital, als ein Kapitalwert, der den Wert, resp. Preis, aller in der Produktion verausgabten Arbeit zahlt. Nehmen wir z.B. an, daß ein durchschnittlicher gesellschaftlicher Arbeitstag von 10 Stunden sich in einer Geldmasse von 6 sh. verkörpert, so ist der variable Kapitalvorschuß von 100 Pfd. St. der Geldausdruck eines in 333 1/3 zehnstündigen Arbeitstagen produzierten Werts. Dieser im Kapitalvorschuß figurierende Wert der angekauften Arbeitskraft bildet aber keinen Teil des wirklich fungierenden Kapitals. An seine Stelle tritt im Produktionsprozeß selbst die lebendige Arbeitskraft. Beträgt, wie in unserm Beispiel, der Exploitationsgrad der letztern 100%, so wird sie verausgabt während 666 2/3 zehnstündigen Arbeitstagen und setzt daher dem Produkt einen Neuwert von 200 Pfd. St. zu. Aber im Kapitalvorschuß figuriert das variable Kapital von 100 Pfd. St. als in Arbeitslohn ausgelegtes Kapital, oder als Preis der Arbeit, die wählend 666 2/3 zehnstündigen Tagen verrichtet wird. 100 Pfd. St. dividiert durch 666 2/3 gibt uns als Preis des zehnstündigen Arbeitstags 3 sh., das Wert produkt fünfstündiger Arbeit.
Vergleichen wir nun Kapitalvorschuß auf der einen Seite und Warenwert auf der andern, so haben wir:
I. Kapitalvorschuß von 500 Pfd. St. = 400 Pfd. St. in Produktionsmitteln verausgabtes Kapital (Preis der Produktionsmittel) + 100 Pfd. St. in Arbeit verausgabtes Kapital (Preis von 666 2/3 Arbeitstagen oder Arbeitslohn für selbe).
II. Warenwert von 600 Pfd. St. = Kostpreis von 500 Pfd. St. (400 Pfd. St. Preis der verausgabten Produktionsmittel + 100 Pfd. St. Preis der verausgabten 666 2/3 Arbeitstage) + 100 Pfd. St. Mehrwert.
In dieser Formel unterscheidet sich der in Arbeit ausgelegte Kapitalteil von dem in Produktionsmitteln, z.B. Baumwolle oder Kohlen ausgelegten Kapitalteil nur dadurch, daß er zur Zahlung eines stofflich verschiednen Produktionselements dient, aber in keiner Weise dadurch, daß er im Wertbildungsprozeß der Ware und daher auch im Verwertungsprozeß des Kapitals eine funktionell verschiedne Rolle spielt. Im Kostpreis der Ware kehrt der Preis der Produktionsmittel wieder, wie er bereits im Kapitalvorschuß figurierte, und zwar weil diese Produktionsmittel zweckgemäß vernutzt worden sind. Ganz ebenso kehrt im Kostpreis der Ware der Preis oder Arbeitslohn für die zu ihrer Produktion verbrauchten 666 2/3 Arbeitstage wieder, wie er bereits im Kapitalvorschuß figurierte, und zwar ebenfalls weil diese Masse Arbeit in zweckgemäßer Form verausgabt wurde. Wir sehn nur fertige, vorhandne Werte – die Wertteile des vorgeschoßnen Kapitals, die in die Bildung des Produktenwerts eingehn – aber kein Neuwert schaffendes Element. Der Unterschied zwischen konstantem und variablem Kapital ist verschwunden. Der ganze Kostpreis von 500 Pfd. St. erhält jetzt den Doppelsinn, daß er erstens der Bestandteil des Warenwerts von 600 Pfd. St. ist, der das in der Produktion der Ware verausgabte Kapital von 500 Pfd. St. ersetzt; und daß zweitens dieser Wertbestandteil der Ware selbst nur existiert, weil er vorher als Kostpreis der angewandten Produktionselemente, der Produktionsmittel und Arbeit d.h. als Kapitalvorschuß existierte. Der Kapitalwert kehrt als Kostpreis der Ware wieder, weil und sofern er als Kapitalwert verausgabt worden ist.
Der Umstand, daß die verschiednen Wertbestandteile des vorgeschoßnen Kapitals in stofflich verschiednen Produktionselementen ausgelegt sind, in Arbeitsmitteln, Roh- und Hilfsstoffen und Arbeit, bedingt nur, daß der Kostpreis der Ware diese stofflich verschiednen Produktionselemente wieder rückkaufen muß. Mit Bezug auf die Bildung des Kostpreises selbst macht sich dagegen nur ein Unterschied geltend, der Unterschied zwischen fixem und zirkulierendem Kapital. In unserm Beispiel waren 20 Pfd. St. berechnet für Verschleiß der Arbeitsmittel (400c = 20 Pfd. St. für Verschleiß der Arbeitsmittel + 380 Pfd. St. für Produktionsstoffe). War der Wert dieser Arbeitsmittel vor der Produktion der Ware = 1200 Pfd. St., so existiert er nach ihrer Produktion in zwei Gestalten, 20 Pfd. St. als Teil des Warenwerts, 1200-20 oder 1180 Pfd. St. als restierender Wert der nach wie vor im Besitz des Kapitalisten befindlichen Arbeitsmittel, oder als Wertelement nicht seines Warenkapitals, sondern seines produktiven Kapitals. Im Gegensatz zu den Arbeitsmitteln werden Produktionsstoffe und Arbeitslohn in der Produktion der Ware ganz verausgabt, und geht daher auch ihr ganzer Wert in den Wert der produzierten Ware ein. Wir haben gesehn, wie diese verschiednen Bestandteile des vorgeschoßnen Kapitals mit Bezug auf den Umschlag die Formen von fixem und zirkulierendem Kapital erhalten.
Der Kapitalvorschuß ist also = 1680 Pfd. St.: fixes Kapital = 1200 Pfd. St. plus zirkulierendes Kapital = 480 Pfd. St. (= 380 Pfd. St. in Produktionsstoffen plus 100 Pfd. St. in Arbeitslohn).
Der Kostpreis der Ware ist dagegen nur = 500 Pfd. St. (20 Pfd. St. für Verschleiß des fixen Kapitals, 480 Pfd. St. für zirkulierendes Kapital).
Diese Differenz zwischen Kostpreis der Ware und Kapitalvorschuß bestätigt jedoch nur, daß der Kostpreis der Ware ausschließlich gebildet wird durch das für ihre Produktion wirklich verausgabte Kapital.
In der Produktion der Ware werden Arbeitsmittel zum Wert von 1200 Pfd. St. angewandt, aber von diesem vorgeschoßnen Kapitalwert gehn nur 20 Pfd. St. in der Produktion verloren. Das angewandte fixe Kapital geht daher nur teilweise in den Kostpreis der Ware ein, weil es nur teilweise in ihrer Produktion verausgabt wird. Das angewandte zirkulierende Kapital geht ganz in den Kostpreis der Ware ein, weil es in ihrer Produktion ganz verausgabt wird. Was beweist dies aber, als daß die verbrauchten fixen und zirkulierenden Kapitalteile, pro rata ihrer Wertgröße, gleichmäßig in den Kostpreis ihrer Ware eingehn und daß dieser Wertbestandteil der Ware überhaupt nur aus dem in ihrer Produktion verausgabten Kapital entspringt? Wäre dies nicht der Fall, so wäre nicht abzusehn, warum das vorgeschoßne fixe Kapital von 1200 Pfd. St. dem Produktenwert, statt der 20 Pfd. St., die es im Produktionsprozeß verliert, nicht auch die 1180 Pfd. St. zusetzt, die es nicht in ihm verliert.
Diese Differenz zwischen fixem und zirkulierendem Kapital in bezug auf die Berechnung des Kostpreises bestätigt also nur die scheinbare Entstehung des Kostpreises aus dem verausgabten Kapitalwert oder dem Preis, den die verausgabten Produktionselemente, die Arbeit einbegriffen, dem Kapitalisten selbst kosten. Andrerseits wird der variable, in Arbeitskraft ausgelegte Kapitalteil in bezug auf Wertbildung hier unter der Rubrik von zirkulierendem Kapital ausdrücklich identifiziert mit konstantem Kapital (dem in Produktionsstoffen bestehenden Kapitalteil) und so die Mystifikation des Verwertungsprozesses des Kapitals vollendet.1
Wir haben bisher nur ein Element des Warenwerts betrachtet, den Kostpreis. Wir müssen uns jetzt auch nach dem andern Bestandteil des Warenwerts umsehn, dem Überschuß über den Kostpreis oder dem Mehrwert. Zunächst ist der Mehrwert also ein Überschuß des Werts der Ware über ihren Kostpreis. Da aber der Kostpreis gleich dem Wert des verausgabten Kapitals, in dessen stoffliche Elemente er auch beständig rückverwandelt wird, so ist dieser Wertüberschuß ein Wertzuwachs des in der Produktion der Ware verausgabten und aus ihrer Zirkulation zurückkehrenden Kapitals.
Man sah bereits früher, daß, obgleich m, der Mehrwert, nur aus einer Wertveränderung von v, dem variablen Kapital entspringt und daher ursprünglich bloß ein Inkrement des variablen Kapitals ist, er dennoch nach beendigtem Produktionsprozeß ebensosehr einen Wertzuwachs von c + v, dem verausgabten Gesamtkapital bildet. Die Formel c + (v + m), die andeutet, daß m produziert wird durch die Verwandlung des in Arbeitskraft vorgeschoßnen bestimmten Kapital werts v in eine fließende Größe, also einer konstanten Größe in eine variable, stellt sich ebenso dar als (c + v) + m. Vor der Produktion hatten wir ein Kapital von 500 Pfd. St. Nach der Produktion haben wir das Kapital von 500 Pfd. St. plus einem Wertzuwachs von 100 Pfd. St.2
Der Mehrwert bildet jedoch einen Zuwachs, nicht nur zu dem in den Verwertungsprozeß eingehenden, sondern auch zu dem nicht darin eingehenden Teil des vorgeschoßnen Kapitals; also einen Wertzuwachs, nicht nur zu dem verausgabten Kapital, das aus dem Kostpreis der Ware ersetzt wird, sondern zu dem in der Produktion überhaupt angewandten Kapital. Vor dem Produktionsprozeß hatten wir einen Kapitalwert von 1680 Pfd. St.: 1200 Pfd. St. in Arbeitsmitteln ausgelegtes fixes Kapital, wovon nur 20 Pfd. St. für Verschleiß in den Wert der Ware eingehn, plus 480 Pfd. St. zirkulierendes Kapital in Produktionsstoffen und Arbeitslohn. Nach dem Produktionsprozeß haben wir 1180 Pfd. St. als Wertbestandteil des produktiven Kapitals plus einem Warenkapital von 600 Pfd. St. Addieren wir diese beiden Wertsummen, so besitzt der Kapitalist jetzt einen Wert von 1780 Pfd. St. Zieht er davon das vorgeschoßne Gesamtkapital von 1680 Pfd. St. ab, so bleibt ein Wertzuwachs von 100 Pfd. St. Die 100 Pfd. St. Mehrwert bilden also ebensosehr einen Wertzuwachs zu dem angewandten Kapital von 1680 Pfd. St., wie zu dem während der Produktion verausgabten Bruchstück desselben von 500 Pfd. St.
Es ist dem Kapitalisten nun klar, daß dieser Wertzuwachs aus den produktiven Vorgängen entspringt, die mit dem Kapital vorgenommen werden, daß er also aus dem Kapital selbst entspringt; denn nach dem Produktionsprozeß ist er da, und vor dem Produktionsprozeß war er nicht da. Was zunächst das in der Produktion verausgabte Kapital betrifft, so scheint der Mehrwert gleichmäßig aus dessen verschiednen, in Produktionsmitteln und Arbeit bestehenden Wertelementen zu entspringen. Denn diese Elemente gehn gleichmäßig in die Bildung des Kostpreises ein. Sie setzen gleichmäßig ihre als Kapitalvorschüsse vorhandnen Werte dem Produktenwert zu und unterscheiden sich nicht als konstante und variable Wertgrößen. Dies wird handgreiflich, wenn wir einen Augenblick unterstellen alles verausgabte Kapital bestehe entweder ausschließlich aus Arbeitslohn oder ausschließlich aus dem Wert von Produktionsmitteln. Wir hätten dann im ersten Fall statt des Warenwerts 400c + 100v + 100m den Warenwert 500v + 100m. Das in Arbeitslohn ausgelegte Kapital von 500 Pfd. St. ist der Wert aller in der Produktion des Warenwerts von 600 Pfd. St. aufgewandten Arbeit und bildet ebendaher den Kostpreis des ganzen Produkts. Die Bildung dieses Kostpreises, wodurch der Wert des verausgabten Kapitals als Wertbestandteil des Produkts wiedererscheint, ist aber der einzige uns bekannte Vorgang in der Bildung dieses Warenwerts. Wie sein Mehrwertsbestandteil von 100 Pfd. St. entspringt, wissen wir nicht. Ganz ebenso im zweiten Fall, wo der Warenwert = 500c + 100m wäre. In beiden Fällen wissen wir, daß der Mehrwert aus einem gegebnen Wert entspringt, weil dieser Wert in der Form von produktivem Kapital vorgeschossen wurde, gleichgültig ob in der Form von Arbeit oder in der Form von Produktionsmitteln. Andrerseits aber kann der vorgeschoßne Kapitalwert den Mehrwert nicht aus dem Grunde bilden, weil er verausgabt worden ist, und daher den Kostpreis der Ware bildet. Denn gerade soweit er den Kostpreis der Ware bildet, bildet er keinen Mehrwert, sondern nur ein Äquivalent, einen Ersatzwert des verausgabten Kapitals. Soweit er also Mehrwert bildet, bildet er ihn nicht in seiner spezifischen Eigenschaft als verausgabtes, sondern als vorgeschoßnes und daher angewandtes Kapital überhaupt. Der Mehrwert entspringt daher ebensosehr aus dem Teil des vorgeschoßnen Kapitals, der in den Kostpreis der Ware eingeht, wie aus dem Teil desselben, der nicht in den Kostpreis eingeht; in einem Wort: gleichmäßig aus den fixen und zirkulierenden Bestandteilen des angewandten Kapitals. Das Gesamtkapital dient stofflich als Produktbildner, die Arbeitsmittel sowohl wie die Produktionsstoffe und die Arbeit. Das Gesamtkapital geht stofflich in den wirklichen Arbeitsprozeß ein, wenn auch nur ein Teil desselben in den Verwertungsprozeß eingeht. Dies ist vielleicht eben der Grund, daß es nur teilweis zur Bildung des Kostpreises, aber ganz zur Bildung des Mehrwerts beiträgt. Wie dem auch sei, das Fazit bleibt, daß der Mehrwert gleichzeitig aus allen Teilen des angewandten Kapitals entspringt. Die Deduktion kann noch sehr abgekürzt werden, wenn man mit Malthus ebenso derb wie einfach sagt:
»Der Kapitalist erwartet gleichen Vorteil auf alle Teile des Kapitals, die er vorstreckt.«3
Als solcher vorgestellter Abkömmling des vorgeschoßnen Gesamtkapitals erhält der Mehrwert die verwandelte Form des Profits. Eine Wertsumme ist daher Kapital, weil sie ausgelegt wird, um einen Profit zu erzeugen4, oder der Profit kommt heraus, weil eine Wertsumme als Kapital angewandt wird. Nennen wir den Profit p, so verwandelt sich die Formel W = c + v + m = k + m in die Formel W = k + p oder Warenwert = Kostpreis + Profit.
Der Profit, wie wir ihn hier zunächst vor uns haben, ist also dasselbe, was der Mehrwert ist, nur in einer mystifizierten Form, die jedoch mit Notwendigkeit aus der kapitalistischen Produktionsweise heraus wächst. Weil in der scheinbaren Bildung des Kostpreises kein Unterschied zwischen konstantem und variablem Kapital zu erkennen ist, muß der Ursprung der Wertveränderung, die während des Produktionsprozesses sich ereignet, von dem variablen Kapitalteil in das Gesamtkapital verlegt werden. Weil auf dem einen Pol der Preis der Arbeitskraft in der verwandelten Form von Arbeitslohn, erscheint auf dem Gegenpol der Mehrwert in der verwandelten Form von Profit.
Wir haben gesehn: Der Kostpreis der Ware ist kleiner als ihr Wert. Da W = k + m, ist k = W – m. Die Formel W = k + m reduziert sich nur auf W = k, Warenwert = Kostpreis der Ware, wenn m = 0, ein Fall, der auf Grundlage der kapitalistischen Produktion niemals eintritt, obgleich unter besondren Marktkonjunkturen der Verkaufspreis der Waren auf oder selbst unter ihren Kostpreis sinken mag.
Wird die Ware daher zu ihrem Wert verkauft, so wird ein Profit realisiert, der gleich dem Überschuß ihres Werts über ihren Kostpreis ist, also gleich dem ganzen im Warenwert steckenden Mehrwert. Aber der Kapitalist kann die Ware mit Profit verkaufen, obgleich er sie unter ihrem Wert verkauft. Solange ihr Verkaufspreis über ihrem Kostpreis, wenn auch unter ihrem Wert steht, wird stets ein Teil des in ihr enthaltenen Mehrwerts realisiert, also stets ein Profit ge macht. In unserm Beispiel ist der Warenwert = 600 Pfd. St., der Kostpreis = 500 Pfd. St. Wird die Ware zu 510, 520, 530, 560, 590 Pfd. St. verkauft, so wird sie respektive zu 90, 80, 70, 40, 10 Pfd. St. unter ihrem Wert verkauft und dennoch ein Profit von je 10, 20, 30, 60, 90 Pfd. St. aus ihrem Verkauf herausgeschlagen. Zwischen dem Wert der Ware und ihrem Kostpreis ist offenbar eine unbestimmte Reihe von Verkaufspreisen möglich. Je größer das aus Mehrwert bestehende Element des Warenwerts, desto größer der praktische Spielraum dieser Zwischenpreise.
Hieraus erklären sich nicht nur alltägliche Erscheinungen der Konkurrenz, wie z.B. gewisse Fälle des Unterverkaufs (underselling), anormale Niedrigkeit der Warenpreise in bestimmten Industriezweigen5 etc. Das bisher von der politischen Ökonomie unbegriffne Grundgesetz der kapitalistischen Konkurrenz, das Gesetz, welches die allgemeine Profitrate und die durch sie bestimmten sog. Produktionspreise regelt, beruht, wie man später sehn wird, auf dieser Differenz zwischen Wert und Kostpreis der Ware und der daher entspringenden Möglichkeit, die Ware mit Profit unter ihrem Wert zu verkaufen.
Die Minimalgrenze des Verkaufspreises der Ware ist gegeben durch ihren Kostpreis. Wird sie unter ihrem Kostpreis verkauft, so können die verausgabten Bestandteile des produktiven Kapitals nicht völlig aus dem Verkaufspreis ersetzt werden. Dauert dieser Prozeß fort, so verschwindet der vorgeschoßne Kapitalwert. Schon von diesem Gesichtspunkt aus ist der Kapitalist geneigt, den Kostpreis für den eigentlichen inneren Wert der Ware zu halten, weil er der zur bloßen Erhaltung seines Kapitals notwendige Preis ist. Es kommt aber hinzu, daß der Kostpreis der Ware der Kaufpreis ist, den der Kapitalist selbst für ihre Produktion gezahlt hat, also der durch ihren Produktionsprozeß selbst bestimmte Kaufpreis. Der beim Verkauf der Ware realisierte Wertüberschuß oder Mehrwert erscheint dem Kapitalisten daher als Überschuß ihres Verkaufspreises über ihren Wert, statt als Überschuß ihres Werts über ihren Kostpreis, so daß der in der Ware steckende Mehrwert sich nicht durch ihren Verkauf realisiert, sondern aus dem Verkauf selbst entspringt. Wir haben diese Illusion bereits näher beleuchtet in Buch I, Kap. IV, 2 (Widersprüche der allgemeinen Formel des Kapitals), kehren hier aber einen Augenblick zu der Form zurück, worin sie als Fortschritt der politischen Ökonomie über Ricardo hinaus von Torrens u.a. wieder geltend gemacht wurde.
»Der natürliche Preis, der aus der Produktionskost besteht oder in andren Worten aus der Kapitalauslage in der Produktion oder Fabrikation von Ware, kann unmöglich den Profit einschließen... Wenn ein Pächter im Anbau seiner Felder 100 Quarter Korn auslegt und dafür 120 Quarters wiedererhält, bilden die 20 Quarter, als Überschuß des Produkts über die Auslage, seinen Profit; aber es wäre absurd, diesen Überschuß oder Profit einen Teil seiner Auslage zu nennen... Der Fabrikant legt eine gewisse Quantität von Rohstoffen, Werkzeugen und Subsistenzmitteln für Arbeit aus, und erhält dagegen eine Quantität fertiger Ware. Diese fertige Ware muß einen höhern Tauschwert besitzen als die Rohstoffe, Werkzeuge und Subsistenzmittel, durch deren Vorschuß sie erworben wurden.«
Daher schließt Torrens, der Überschuß des Verkaufspreises über den Kostpreis oder der Profit entspringe daher, daß die Konsumenten
»durch unmittelbaren oder vermittelten (circuitous) Austausch eine gewisse größre Portion aller Ingredienzien des Kapitals geben, als deren Produktion kostet«6.
In der Tat, der Überschuß über eine gegebne Größe kann keinen Teil dieser Größe bilden, also kann auch der Profit, der Überschuß des Warenwerts über die Auslagen des Kapitalisten, keinen Teil dieser Auslagen bilden. Geht also in die Wertbildung der Ware kein andres Element ein als der Wertvorschuß des Kapitalisten, so ist nicht abzusehn, wie aus der Produktion mehr Wert herauskommen soll als in sie ein ging, oder es werde etwas aus Nichts. Dieser Schöpfung aus Nichts entrinnt Torrens jedoch nur, indem er sie aus der Sphäre der Warenproduktion in die Sphäre der Warenzirkulation verlegt. Der Profit kann nicht aus der Produktion herkommen, sagt Torrens, denn sonst wäre er schon in den Kosten der Produktion enthalten, also kein Überschuß über diese Kosten. Der Profit kann nicht aus dem Warenaustausch herkommen, antwortet ihm Ramsay, wenn er nicht bereits vor dem Warenaustausch vorhanden war. Die Wertsumme der ausgetauschten Produkte ändert sich offenbar nicht durch den Austausch der Produkte, deren Wertsumme sie ist. Sie bleibt dieselbe nach wie vor dem Austausch. Es sei hier bemerkt, daß Malthus sich ausdrücklich auf die Autorität von Torrens beruft7, obgleich er selbst den Verkauf der Waren über ihren Wert anders entwickelt oder vielmehr nicht entwickelt, da alle Argumente dieser Art, der Sache nach, unfehlbar auf das seinerzeit vielberühmte negative Gewicht des Phlogiston hinauslaufen.
Innerhalb eines durch die kapitalistische Produktion beherrschten Gesellschaftszustandes ist auch der nichtkapitalistische Produzent durch die kapitalistischen Vorstellungen beherrscht. In seinem letzten Roman, den »Paysans«, stellt Balzac, überhaupt ausgezeichnet durch tiefe Auffassung der realen Verhältnisse, treffend dar, wie der kleine Bauer, um das Wohlwollen seines Wucherers zu bewahren, diesem allerlei Arbeiten umsonst leistet und ihm damit nichts zu schenken glaubt, weil seine eigne Arbeit ihm selbst keine bare Auslage kostet. Der Wucherer seinerseits schlägt so zwei Fliegen mit einer Klappe. Er erspart bare Auslage von Arbeitslohn und verstrickt den Bauer, den die Entziehung der Arbeit vom eignen Feld fortschreitend ruiniert, tiefer und tiefer in das Fangnetz der Wucherspinne.
Die gedankenlose Vorstellung, daß der Kostpreis der Ware ihren wirklichen Wert ausmacht, der Mehrwert aber aus dem Verkauf der Ware über ihren Wert entspringt, daß die Waren also zu ihren Werten verkauft werden, wenn ihr Verkaufspreis gleich ihrem Kostpreis, d.h. gleich dem Preis der in ihnen aufgezehrten Produktionsmittel plus Arbeitslohn, ist von Proudhon mit gewohnter, sich wissenschaftlich spreizender Scharlatanerie als neuentdecktes Geheimnis des Sozialismus ausposaunt worden. Diese Reduktion des Werts der Waren auf ihren Kostpreis bildet in der Tat die Grundlage seiner Volksbank. Es ward früher auseinandergesetzt, daß sich die verschiednen Wertbestandteile des Produkts in proportionellen Teilen des Produkts selbst darstellen lassen. Beträgt z.B. (Buch I, Kap. VII, 2, S. 211/203) der Wert von 20 Pfund Garn 30 sh. – nämlich 24 sh. Produktionsmittel, 3 sh. Arbeitskraft und 3 sh. Mehrwert – so ist die ser Mehrwert darstellbar in 1/10 des Produkts = 2 Pfund Garn. Werden die 20 Pfund Garn nun zu ihrem Kostpreis verkauft, zu 27 sh., so erhält der Käufer 2 Pfund Garn umsonst, oder die Ware ist um 1/10 unter ihrem Wert verkauft; aber der Arbeiter hat nach wie vor seine Mehrarbeit geleistet, nur für den Käufer des Garns, statt für den kapitalistischen Garnproduzenten. Es wäre durchaus falsch, vorauszusetzen, daß, wenn alle Waren zu ihren Kostpreisen verkauft würden, das Resultat tatsächlich dasselbe wäre, als wenn sie sich alle über ihren Kostpreisen, aber zu ihren Werten verkauften. Denn selbst wenn Wert der Arbeitskraft, Länge des Arbeitstags und Exploitationsgrad der Arbeit überall gleichgesetzt werden, so sind doch die in den Werten der verschiednen Warenarten enthaltnen Massen von Mehrwert durchaus ungleich, je nach der verschiednen organischen Zusammensetzung der zu ihrer Produktion vorgeschoßnen Kapitale.8
2. Die Profitrate
Die allgemeine Formel des Kapitals ist G – W – G'; d.h. eine Wertsumme wird in Zirkulation geworfen, um eine größre Wertsumme aus ihr herauszuziehn. Der Prozeß, der diese größre Wertsumme erzeugt, ist die kapitalistische Produktion; der Prozeß, der sie realisiert, ist die Zirkulation des Kapitals. Der Kapitalist produziert die Ware nicht ihrer selbst wegen, nicht ihres Gebrauchswerts oder seiner persönlichen Konsumtion wegen. Das Produkt, um das es sich in der Tat für den Kapitalisten handelt, ist nicht das handgreifliche Produkt selbst, sondern der Wertüberschuß des Produkts über den Wert des in ihm konsumierten Kapitals. Der Kapitalist schießt das Gesamtkapital vor ohne Rücksicht auf die verschiedne Rolle, die seine Bestandteile in der Produktion des Mehrwerts spielen. Er schießt alle diese Bestandteile gleichmäßig vor, nicht nur um das vorgeschoßne Kapital zu reproduzieren, sondern um einen Wertüberschuß über dasselbe zu produzieren. Er kann den Wert des variablen Kapitals, den er vorschießt, nur in höhern Wert verwandeln durch seinen Austausch mit lebendiger Arbeit, durch Exploitation lebendiger Arbeit. Aber er kann die Arbeit nur exploitieren, indem er gleichzeitig die Bedingungen für die Verwirklichung dieser Arbeit, Arbeitsmittel und Arbeitsgegenstand, Maschinerie und Rohstoff vorschießt, d.h. indem er eine in seinem Besitz befindliche Wertsumme in die Form von Produktionsbedingungen verwandelt; wie er überhaupt nur Kapitalist ist, den Exploitationsprozeß der Arbeit überhaupt nur vornehmen kann, weil er als Eigentümer der Arbeitsbedingungen dem Arbeiter als bloßem Besitzer der Arbeitskraft gegenübersteht. Es hat sich schon früher, im ersten Buch, gezeigt, daß es grade der Besitz dieser Produktionsmittel durch die Nichtarbeiter ist, welcher die Arbeiter in Lohnarbeiter, die Nichtarbeiter in Kapitalisten verwandelt.
Dem Kapitalisten ist es gleichgültig, die Sache so zu betrachten, daß er das konstante Kapital vorschießt, um aus dem variablen Gewinn zu schlagen, oder das variable vorschießt, um das konstante zu verwerten; daß er Geld in Arbeitslohn auslegt, um Maschinen und Rohmaterial höhern Wert zu geben, oder das Geld in Maschinerie und Rohmaterial vorschießt, um die Arbeit exploitieren zu können. Obgleich nur der variable Teil des Kapitals Mehrwert schafft, so schafft er ihn unter der Bedingung, daß auch die andren Teile vorgeschossen werden, die Produktionsbedingungen der Arbeit. Da der Kapitalist die Arbeit nur exploitieren kann durch Vorschuß des konstanten Kapitals, da er das konstante Kapital nur verwerten kann durch Vorschuß des variablen, so fallen ihm diese in der Vorstellung alle gleichmäßig zusammen, und dies um so mehr, als der wirkliche Grad seines Gewinns bestimmt ist nicht durch das Verhältnis zum variablen Kapital, sondern zum Gesamtkapital, nicht durch die Rate des Mehrwerts, sondern durch die Rate des Profits, die, wie wir sehn werden, dieselbe bleiben und doch verschiedne Raten des Mehrwerts ausdrücken kann.
Zu den Kosten des Produkts gehören alle seine Wertbestandteile, die der Kapitalist gezahlt, oder für die er ein Äquivalent in die Produktion geworfen hat. Diese Kosten müssen ersetzt werden, damit das Kapital sich einfach erhalte oder in seiner ursprünglichen Größe reproduziere.
Der in der Ware enthaltne Wert ist gleich der Arbeitszeit, die ihre Herstellung kostet, und die Summe dieser Arbeit besteht aus bezahlter und unbezahlter. Die Kosten der Ware für den Kapitalisten bestehn dagegen nur aus dem Teil der in ihr vergegenständlichten Arbeit, den er gezahlt hat. Die in der Ware enthaltne Mehrarbeit kostet dem Kapitalisten nichts, obgleich sie dem Arbeiter, ganz so gut wie die bezahlte, Arbeit kostet, und obgleich sie, ganz so gut wie jene, Wert schafft und als wertbildendes Element in die Ware eingeht. Der Profit des Kapitalisten kommt daher, daß er etwas zu verkaufen hat, das er nicht bezahlt hat. Der Mehrwert resp. Profit besteht gerade in dem Überschuß des Warenwerts über ihren Kostpreis, d.h. in dem Überschuß der in der Ware enthaltnen Gesamtsumme von Arbeit über die in ihr enthaltne bezahlte Summe Arbeit. Der Mehrwert, woher er immer entspringe, ist sonach ein Überschuß über das vorgeschoßne Gesamtkapital. Dieser Überschuß steht also in einem Verhältnis zum Gesamtkapital, das sich ausdrückt in dem Bruch m/C, wo C das Gesamtkapital bedeutet. So erhalten wir die Profitrate m/C = m/(c + v), im Unterschiede von der Rate des Mehrwerts m/v.
Die Rate des Mehrwerts gemessen am variablen Kapital heißt Rate des Mehrwerts; die Rate des Mehrwerts gemessen am Gesamtkapital heißt Profitrate. Es sind zwei verschiedne Messungen derselben Größe, die infolge der Verschiedenheit der Maßstäbe zugleich verschiedne Verhältnisse oder Beziehungen derselben Größe ausdrücken.
Aus der Verwandlung der Mehrwertsrate in Profitrate ist die Verwandlung des Mehrwerts in Profit abzuleiten, nicht umgekehrt. Und in der Tat ist die Profitrate das, wovon historisch ausgegangen wird. Mehrwert und Rate des Mehrwerts sind, relativ, das Unsichtbare und das zu erforschende Wesentliche, während Profitrate und daher die Form des Mehrwerts als Profit sich auf der Oberfläche der Erscheinungen zeigen.
Was den einzelnen Kapitalisten angeht, so ist klar, daß das einzige, was ihn interessiert, das Verhältnis des Mehrwerts oder des Wertüberschusses, wozu er seine Waren verkauft, zu dem für die Produktion der Ware vorgeschoßnen Gesamtkapital ist; während ihn das bestimmte Verhältnis dieses Überschusses zu, und sein innerer Zusammenhang mit den besondren Bestandteilen des Kapitals nicht nur nicht interessiert, sondern es sein Interesse ist, sich blauen Dunst über dies bestimmte Verhältnis und diesen innern Zusammenhang vorzublasen.
Obgleich der Überschuß des Werts der Ware über ihren Kostpreis im unmittelbaren Produktionsprozeß entsteht, wird er erst realisiert im Zirkulationsprozeß, und erhält um so leichter den Schein, aus dem Zirkulationsprozeß zu entspringen, als es in der Wirklichkeit, innerhalb der Konkurrenz, auf dem wirklichen Markt, von Marktverhältnissen abhängt, ob oder nicht, und zu welchem Grad, dieser Überschuß realisiert wird. Es bedarf hier keiner Erörterung, daß, wenn eine Ware über oder unter ihrem Wert verkauft wird, nur eine andre Verteilung des Mehrwerts stattfindet, und daß diese verschiedne Verteilung, das veränderte Verhältnis, worin verschiedne Personen sich in den Mehrwert teilen, weder an der Größe noch an der Natur des Mehrwerts irgend etwas ändert. Im tatsächlichen Zirkulationsprozeß gehn nicht nur die Verwandlungen vor, die wir in Buch II betrachtet, sondern sie fallen zusammen mit der wirklichen Konkurrenz, mit Kauf und Verkauf der Waren über oder unter ihrem Wert, so daß für den einzelnen Kapitalisten der von ihm selbst realisierte Mehrwert ebensosehr von der wechselseitigen Übervorteilung, wie von der direkten Exploitation der Arbeit abhängt.
Im Zirkulationsprozeß tritt neben der Arbeitszeit die Zirkulationszeit in Wirksamkeit, die hiermit die Masse des in einem bestimmten Zeitraum realisierbaren Mehrwerts beschränkt. Es greifen noch andre, der Zirkulation entspringende Momente in den unmittelbaren Produktionsprozeß bestimmend ein. Beide, der unmittelbare Produktionsprozeß und der Zirkulationsprozeß, laufen beständig ineinander, durchdringen sich und verfälschen dadurch beständig ihre charakteristischen Unterscheidungsmerkmale. Die Produktion des Mehrwerts wie des Werts überhaupt erhält im Zirkulationsprozeß, wie früher gezeigt, neue Bestimmungen; das Kapital durchläuft den Kreis seiner Verwandlungen; endlich tritt es sozusagen aus seinem innern organischen Leben in auswärtige Lebensverhältnisse, in Verhältnisse, wo nicht Kapital und Arbeit, sondern einerseits Kapital und Kapital, andrerseits die Individuen auch wieder einfach als Käufer und Verkäufer sich gegenüberstehn; Zirkulationszeit und Arbeitszeit durchkreuzen sich in ihrer Bahn und scheinen so beide gleichmäßig den Mehrwert zu bestimmen; die ursprüngliche Form, worin sich Kapital und Lohnarbeit gegenüberstehn, wird verkleidet durch Einmischung scheinbar davon unabhängiger Beziehungen; der Mehrwert selbst erscheint nicht als Produkt der Aneignung von Arbeitszeit, sondern als Überschuß des Verkaufspreises der Waren über ihren Kostpreis, welcher letztre daher leicht als ihr eigentlicher Wert (valeur intrinsèque) sich darstellt, so daß der Profit als Überschuß des Verkaufspreises der Waren über ihren immanenten Wert erscheint.
Allerdings tritt während des unmittelbaren Produktionsprozesses die Natur des Mehrwerts fortwährend in das Bewußtsein des Kapitalisten, wie seine Gier nach fremder Arbeitszeit etc. uns schon bei Betrachtung des Mehrwerts zeigte. Allein: 1. Es ist der unmittelbare Produktionsprozeß selbst nur ein verschwindendes Moment, das beständig in den Zirkulationsprozeß, wie dieser in jenen übergeht, so daß die im Produktionsprozeß klarer oder dunkler aufgedämmerte Ahnung von der Quelle des in ihm gemachten Gewinns, d.h. von der Natur des Mehrwerts, höchstens als ein gleichberechtigtes Moment erscheint neben der Vorstellung, der realisierte Überschuß stamme aus der vom Produktionsprozeß unabhängigen, aus der Zirkulation selbst entspringenden, also dem Kapital unabhängig von seinem Verhältnis zur Arbeit angehörigen Bewegung. Werden diese Phänomene der Zirkulation doch selbst von modernen Ökonomen, wie Ramsey, Malthus, Senior, Torrens usw., direkt als Beweise angeführt, daß das Kapital in seiner bloß dinglichen Existenz, unabhängig von dem gesellschaftlichen Verhältnis zur Arbeit, worin es eben Kapital ist, ein selbständiger Quell des Mehrwerts neben der Arbeit und unabhängig von der Arbeit sei. – 2. Unter der Rubrik der Kosten, worunter der Arbeitslohn fällt, ebensogut wie der Preis von Rohstoff, Verschleiß der Maschinerie etc., erscheint Auspressung von unbezahlter Arbeit nur als Ersparung in der Zahlung eines der Artikel, der in die Kosten eingeht, nur als geringre Zahlung für ein bestimmtes Quantum Arbeit; ganz wie ebenfalls gespart wird, wenn der Rohstoff wohlfeiler eingekauft, oder der Verschleiß der Maschinerie verringert wird. So verliert die Abpressung von Mehrarbeit ihren spezifischen Charakter; ihr spezifisches Verhältnis zum Mehrwert wird verdunkelt; und dies wird sehr befördert und erleichtert, wie Buch I, Abschn. VI gezeigt, durch die Darstellung des Werts der Arbeitskraft in der Form des Arbeitslohns.
Indem alle Teile des Kapitals gleichmäßig als Quelle des überschüssigen Werts (Profits) erscheinen, wird das Kapitalverhältnis mystifiziert.
Die Art, wie mittelst des Übergangs durch die Pro fitrate der Mehrwert in die Form des Profits verwandelt wird, ist jedoch nur die Weiterentwicklung der schon während des Produktionsprozesses vorgehenden Verkehrung von Subjekt und Objekt. Schon hier sahen wir sämtliche subjektiven Produktivkräfte der Arbeit sich als Produktivkräfte des Kapitals darstellen. Einerseits wird der Wert, die vergangne Arbeit, die die lebendige beherrscht, im Kapitalisten personifiziert; andrerseits erscheint umgekehrt der Arbeiter als bloß gegenständliche Arbeitskraft, als Ware. Aus diesem verkehrten Verhältnis entspringt notwendig schon im einfachen Produktionsverhältnis selbst die entsprechende verkehrte Vorstellung, ein transponiertes Bewußtsein, das durch die Verwandlungen und Modifikationen des eigentlichen Zirkulationsprozesses weiterentwickelt wird.
Es ist, wie man bei der Ricardoschen Schule studieren kann, ein ganz verkehrter Versuch, die Gesetze der Profitrate unmittelbar als Gesetze der Mehrwertsrate oder umgekehrt darstellen zu wollen. In dem Kopf des Kapitalisten unterscheiden sie sich natürlich nicht. In dem Ausdruck m/C ist der Mehrwert gemessen am Wert des Gesamtkapitals, das zu seiner Produktion vorgeschossen und in dieser Produktion teilweise ganz konsumiert, teilweise nur angewandt worden ist. In der Tat drückt das Verhältnis m/C den Verwertungsgrad des ganzen vorgeschoßnen Kapitals aus, d.h. dem begrifflichen, innern Zusammenhang und der Natur des Mehrwerts entsprechend gefaßt, es zeigt an, wie sich die Größe der Variation des variablen Kapitals zur Größe des vorgeschoßnen Gesamtkapitals verhält.
An und für sich steht die Wertgröße des Gesamtkapitals in keinem innern Verhältnis zur Größe des Mehrwerts, wenigstens nicht unmittelbar. Seinen stofflichen Elementen nach besteht das Gesamtkapital minus das variable Kapital, besteht also das konstante Kapital aus den stofflichen Bedingungen zur Verwirklichung der Arbeit, Arbeitsmitteln und Arbeitsmaterial. Damit ein bestimmtes Quantum Arbeit sich in Waren verwirklicht, und daher auch Wert bildet, ist ein bestimmtes Quantum Arbeitsmaterial und Arbeitsmittel erheischt. Es findet je nach dem besondern Charakter der zugesetzten Arbeit ein bestimmtes technisches Verhältnis statt zwischen der Masse der Arbeit und der Masse der Produktionsmittel, denen diese lebendige Arbeit zugesetzt werden soll. Es findet also insofern auch ein bestimmtes Verhältnis statt zwischen der Masse des Mehrwerts oder der Mehrarbeit und der Masse der Produktionsmittel. Wenn z.B. die notwendige Arbeit zur Produktion des Arbeitslohns 6 Stunden täglich beträgt, muß der Arbeiter 12 Stunden arbeiten, um 6 Stunden Mehrarbeit zu tun, um einen Mehrwert von 100% zu erzeugen. Er verbraucht in den 12 Stunden doppelt soviel Produktionsmittel wie in den 6. Aber deswegen steht der Mehrwert, den er in 6 Stunden zusetzt, durchaus in keinem unmittelbaren Verhältnis zu dem Wert der in den 6 oder auch in den 12 Stunden vernutzten Produktionsmittel. Dieser Wert ist hier ganz gleichgültig; es kommt nur auf die technisch nötige Masse an. Ob der Rohstoff oder das Arbeitsmittel wohlfeil oder teuer, ist ganz gleichgültig; wenn es nur den erheischten Gebrauchswert besitzt und in der technisch vorgeschriebnen Proportion zu der zu absorbierenden lebendigen Arbeit vorhanden ist. Weiß ich jedoch, daß in einer Stunde x Pfund Baumwolle versponnen werden und a Schillinge kosten, so weiß ich natürlich auch, daß in 12 Stunden 12 x Pfund Baumwolle = 12 a Schillinge versponnen werden, und ich kann dann das Verhältnis des Mehrwerts zum Wert der 12 so gut wie zum Wert der 6 berechnen. Aber das Verhältnis der lebendigen Arbeit zum Wert der Produktionsmittel kommt hier nur herein, soweit a Schillinge als Name für x Pfund Baumwolle dient; weil ein bestimmtes Quantum Baumwolle einen bestimmten Preis hat und daher auch umgekehrt ein bestimmter Preis als Index für ein bestimmtes Quantum Baumwolle dienen kann, solange der Baumwollenpreis sich nicht ändert. Wenn ich weiß, daß ich, um 6 Stunden Mehrarbeit anzueignen, 12 Stunden arbeiten lassen, also Baumwolle für 12 Stunden parat haben muß und den Preis dieses für 12 Stunden erheischten Quantums Baumwolle kenne, so existiert auf einem Umweg ein Verhältnis zwischen dem Preis der Baumwolle (als Index des notwendigen Quantums) und dem Mehrwert. Umgekehrt kann ich aber nie aus dem Preise des Rohmaterials schließen auf die Masse des Rohmaterials, die z.B. in einer Stunde und nicht in 6 versponnen werden kann. Es findet also kein inneres, notwendiges Verhältnis statt zwischen dem Wert des konstanten Kapitals, also auch nicht zwischen dem Wert des Gesamtkapitals (= c + v) und dem Mehrwert.
Wenn die Rate des Mehrwerts bekannt und seine Größe gegeben ist, drückt die Profitrate nichts andres aus als das, was sie in der Tat ist, eine andre Messung des Mehrwerts, seine Messung am Wert des Gesamtkapitals, statt an dem Wert des Kapitalteils, aus dem er durch dessen Austausch mit Arbeit direkt entspringt. Aber in der Wirklichkeit (d.h. in der Erscheinungswelt) verhält sich die Sache umgekehrt. Der Mehrwert ist gegeben, aber gegeben als Überschuß des Verkaufspreises der Ware über ihren Kostpreis; wobei es mysteriös bleibt, woher dieser Überschuß stammt, aus der Exploitation der Arbeit im Produktionsprozeß, aus der Übervorteilung der Käufer im Zirkulationsprozeß, oder aus beiden. Was ferner gegeben, ist das Verhältnis dieses Überschusses zum Wert des Gesamtkapitals, oder die Profitrate. Die Berechnung dieses Überschusses des Verkaufspreises über den Kostpreis auf den Wert des vorgeschoßnen Gesamtkapitals ist sehr wichtig und natürlich, da hierdurch in der Tat die Verhältniszahl gefunden wird, worin sich das Gesamtkapital verwertet hat, oder sein Verwertungsgrad. Wird von dieser Profitrate ausgegangen, so ist also durchaus auf kein spezifisches Verhältnis zwischen dem Überschuß und dem in Arbeitslohn ausgelegten Teil des Kapitals zu schließen. Man wird in einem spätern Kapitel sehn, welche drollige Bocksprünge Malthus macht, wenn er auf diesem Weg hinter das Geheimnis des Mehrwerts und des spezifischen Verhältnisses desselben zum variablen Teil des Kapitals durchzudringen sucht. Was die Profitrate als solche zeigt, ist vielmehr gleichmäßiges Verhalten des Überschusses zu gleich großen Teilen des Kapitals, das von diesem Gesichtspunkt aus überhaupt keine inneren Unterschiede zeigt, außer dem zwischen fixem und zirkulierendem Kapital. Und diesen Unterschied auch nur, weil der Überschuß doppelt berechnet wird. Nämlich erstens als einfache Größe: Überschuß über den Kostpreis. In dieser seiner ersten Form geht das ganze zirkulierende Kapital in den Kostpreis ein, während vom fixen Kapital nur der Verschleiß in ihn eingeht. Ferner zweitens: das Verhältnis dieses Wertüberschusses zum Gesamtwert des vorgeschoßnen Kapitals. Hier geht der Wert des ganzen fixen Kapitals so gut wie der des zirkulierenden in die Rechnung ein. Das zirkulierende Kapital geht also beidemal in derselben Weise ein, während das fixe Kapital das eine Mal in einer verschiednen, das andre Mal in derselben Weise wie das zirkulierende Kapital eingeht. So drängt sich der Unterschied zwischen zirkulierendem und fixem Kapital hier als der einzige auf.
Der Überschuß also, wenn er, hegelisch gesprochen, sich aus der Profitrate in sich zurückreflektiert, oder anders, der Überschuß, näher durch die Profitrate charakterisiert, erscheint als ein Überschuß, den das Kapital über seinen eignen Wert hinaus jährlich, oder in einer bestimmten Zirkulationsperiode, erzeugt.
Obgleich daher die Profitrate von der Rate des Mehrwerts numerisch verschieden ist, während Mehrwert und Profit in der Tat dasselbe und auch numerisch gleich sind, so ist der Profit jedoch eine verwandelte Form des Mehrwerts, eine Form, worin sein Ursprung und das Geheimnis seines Daseins verschleiert und ausgelöscht ist. In der Tat ist der Profit die Erscheinungsform des Mehrwerts, welcher letztre erst durch Analyse aus der erstern herausgeschält werden muß. Im Mehrwert ist das Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit bloßgelegt; im Verhältnis von Kapital und Profit, d.h. von Kapital und dem Mehrwert, wie er einerseits als im Zirkulationsprozeß realisierter Überschuß über den Kostpreis der Ware, andrerseits als ein durch sein Verhältnis zum Gesamtkapital näher bestimmter Überschuß erscheint, erscheint das Kapital als Verhältnis zu sich selbst, ein Verhältnis, worin es sich als ursprüngliche Wertsumme von einem, von ihm selbst gesetzten Neuwert unterscheidet. Daß es diesen Neuwert während seiner Bewegung durch den Produktionsprozeß und den Zirkulationsprozeß erzeugt, dies ist im Bewußtsein. Aber wie dies geschieht, das ist nun mystifiziert und scheint von ihm selbst zukommenden, verborgnen Qualitäten herzustammen.
Je weiter wir den Verwertungsprozeß des Kapitals verfolgen, um so mehr wird sich das Kapitalverhältnis mystifizieren, und um so weniger das Geheimnis seines inneren Organismus bloßlegen.
In diesem Abschnitt ist die Profitrate numerisch von der Rate des Mehrwerts verschieden; dagegen sind Profit und Mehrwert behandelt als dieselbe numerische Größe, nur in verschiedner Form. Im folgenden Abschnitt werden wir sehn, wie die Veräußerlichung weitergeht und der Profit auch numerisch als eine vom Mehrwert verschiedne Größe sich darstellt.
3. Verhältnis der Profitrate zur Mehrwertsrate
Wie am Schluß des vorigen Kapitels hervorgehoben, unterstellen wir hier, wie überhaupt in diesem ganzen ersten Abschnitt, daß die Summe des Profits, die auf ein gegebnes Kapital fällt, gleich ist der gesamten Summe des vermittelst dieses Kapitals in einem gegebnen Zirkulationsabschnitt produzierten Mehrwerts. Wir sehn also einstweilen davon ab, daß dieser Mehrwert einerseits sich spaltet in verschiedne Unterformen: Kapitalzins, Grundrente, Steuern etc., und daß er andrerseits in der Mehrzahl der Fälle sich keineswegs deckt mit dem Profit, wie er angeeignet wird kraft der allgemeinen Durchschnittsprofitrate, von der im zweiten Abschnitt die Rede sein wird.
Soweit der Profit quantitativ dem Mehrwert gleichgesetzt wird, ist seine Größe, und die Größe der Profitrate, bestimmt durch die Verhältnisse einfacher, in jedem einzelnen Fall gegebner oder bestimmbarer Zahlengrößen. Die Untersuchung bewegt sich also zunächst auf rein mathematischem Gebiet.
Wir behalten die im ersten und zweiten Buch angewandten Bezeichnungen bei. Das Gesamtkapital C teilt sich in das konstante Kapital c und das variable Kapital v, und produziert einen Mehrwert m. Das Verhältnis dieses Mehrwerts zum vorgeschoßnen variablen Kapital, also m/v, nennen wir die Rate des Mehrwerts und bezeichnen sie mit m'. Es ist also m/v = m', und folglich m = m'v. Wird dieser Mehrwert, statt auf das variable Kapital, auf das Gesamtkapital bezogen, so heißt er Profit (p) und das Verhältnis des Mehrwerts m zum Gesamtkapital C, also m/C, heißt die Profitrate p'. Wir haben demnach:
setzen wir für m seinen oben gefundnen Wert m'v, so haben wir
welche Gleichung sich auch ausdrücken läßt in der Proportion:
die Profitrate verhält sich zur Mehrwertsrate wie das variable Kapital zum Gesamtkapital.
Es folgt aus dieser Proportion, daß p', die Profitrate, stets kleiner ist als m', die Mehrwertsrate, weil v, das variable Kapital, stets kleiner ist als C, die Summe von v + c, von variablem und konstantem Kapital; den einzigen, praktisch unmöglichen Fall ausgenommen, wo v = C, wo also gar kein konstantes Kapital, kein Produktionsmittel, sondern nur Arbeitslohn vom Kapitalisten vorgeschossen würde.
Es kommen bei unsrer Untersuchung indes noch eine Reihe andrer Faktoren in Betracht, die auf die Größe von c, v und m bestimmend einwirken, und daher kurz zu erwähnen sind.
Erstens der Wert des Geldes. Diesen können wir überall als konstant annehmen.
Zweitens der Umschlag. Diesen Faktor lassen wir einstweilen ganz außer Betracht, da sein Einfluß auf die Profitrate in einem spätern Kapitel besonders behandelt wird. 〈Hier nehmen wir nur den einen Punkt vorweg, daß die Formel p'= m' v/C streng richtig ist nur für eine Umschlagsperiode des variablen Kapitals, daß wir sie aber für den Jahresumschlag richtig machen, indem wir statt m', der einfachen Rate des Mehrwerts, m'n, die Jahresrate des Mehrwerts setzen; worin n die Anzahl der Umschläge des variablen Kapitals innerhalb eines Jahres ist (s. Buch II, Kap. XVI, I). – F. E.}.
Drittens kommt in Betracht die Produktivität der Arbeit, deren Einfluß auf die Rate des Mehrwerts in Buch I, Abschnitt IV, ausführlich erörtert worden ist. Sie kann aber auch noch einen direkten Einfluß auf die Profitrate, wenigstens eines Einzelkapitals, ausüben, wenn, wie Buch I, Kap. X, S. 323/314 entwickelt, dies Einzelkapital mit größerer als der gesellschaftlich-durchschnittlichen Produktivität arbeitet, seine Produkte zu einem niedrigem Wert darstellt, als dem gesellschaftlichen Durchschnittswert derselben Ware, und so einen Extraprofit realisiert. Dieser Fall bleibt hier aber noch unberücksichtigt, da wir auch in diesem Abschnitt noch von der Voraussetzung ausgehn, daß die Waren unter gesellschaftlich-normalen Bedingungen produziert und zu ihren Werten verkauft werden. Wir gehn also in jedem einzelnen Fall von der Annahme aus, daß die Produktivität der Arbeit konstant bleibt. In der Tat drückt die Wertzusammensetzung des in einem Industriezweig angelegten Kapitals, also ein bestimmtes Verhältnis des variablen zum konstanten Kapital, jedesmal einen bestimmten Grad der Produktivität der Arbeit aus. Sobald also dies Verhältnis anders als durch bloße Wertänderung der stofflichen Bestandteile des konstanten Kapitals, oder durch Änderung des Arbeitslohns, eine Veränderung erfährt, muß auch die Produktivität der Arbeit eine Änderung erlitten haben, und wir werden daher oft genug finden, daß die mit den Faktoren c, v und m vorgehenden Veränderungen ebenfalls Änderungen in der Produktivität der Arbeit einschließen.
Dasselbe gilt von den noch übrigen drei Faktoren: Länge des Arbeitstags, Intensität der Arbeit und Arbeitslohn. Ihr Einfluß auf Masse und Rate des Mehrwerts ist im ersten Buch ausführlich entwickelt. Es ist also begreiflich, daß, wenn wir auch zur Vereinfachung stets von der Voraussetzung ausgehn, daß diese drei Faktoren konstant bleiben, dennoch die Veränderungen, die mit v und m vorgehn, ebenfalls Wechsel in der Größe dieser ihrer Bestimmungsmomente in sich schließen können. Und da ist nur kurz daran zu erinnern, daß der Arbeitslohn auf Größe des Mehrwerts und Höhe der Mehrwertsrate umgekehrt wirkt wie die Länge des Arbeitstags und die Intensität der Arbeit; daß Steigerung des Arbeitslohns den Mehrwert verringert, während Verlängerung des Arbeitstags und Erhöhung der Intensität der Arbeit ihn vermehren.
Gesetzt z.B., ein Kapital von 100 produziere mit 20 Arbeitern bei zehnstündiger Arbeit und einem Gesamtwochenlohn von 20 einen Mehrwert von 20, so haben wir:
80c + 20v + 20m; m' = 100%, p'= 20%.
Der Arbeitstag werde verlängert, ohne Lohnerhöhung, auf 15 Stunden; das Gesamtwertprodukt der 20 Arbeiter erhöht sich dadurch von 40 auf 60 (10: 15= 40: 60); da v, der gezahlte Arbeitslohn, derselbe bleibt, steigt der Mehrwert von 20 auf 40, und wir haben:
80c + 20v + 40m; m' = 200%, p' = 40%.
Wenn andrerseits, bei zehnstündiger Arbeit, der Lohn von 20 auf 12 fällt, so haben wir ein Gesamtwertprodukt von 40 wie anfangs, aber es verteilt sich anders; v sinkt auf 12 und läßt daher den Rest von 28 für m. Wir haben also:
80c + 12v + 28m; m' =233 1/3%, p'= 28/92 = 30 10/23%.
Wir sehn also, daß sowohl verlängerter Arbeitstag (oder desgleichen gesteigerte Arbeitsintensität) wie Senkung des Lohns die Masse und damit die Rate des Mehrwerts steigern; umgekehrt würde erhöhter Lohn bei sonst gleichen Umständen die Rate des Mehrwerts herabdrücken. Wächst also v durch Lohnsteigerung, so drückt es nicht ein gesteigertes, sondern nur ein teurer bezahltes Arbeitsquantum aus; m' und p' steigen nicht, sondern fallen.
Es zeigt sich hier schon, daß Änderungen in Arbeitstag, Arbeitsintensität und Arbeitslohn nicht eintreten können ohne gleichzeitige Änderung in v und m und ihrem Verhältnis, also auch in p', dem Verhältnis von m zu c + v, dem Gesamtkapital; und ebenso ist es klar, daß Änderungen des Verhältnisses von m zu v ebenfalls Wechsel in mindestens einer der erwähnten drei Arbeitsbedingungen einschließen.
Hierin zeigt sich eben die besondre organische Beziehung des variablen Kapitals zur Bewegung des Gesamtkapitals und seiner Verwertung, sowie sein Unterschied vom konstanten Kapital. Das konstante Kapital, soweit Wertbildung in Betracht kommt, ist nur wichtig wegen dem Wert, den es hat; wobei es ganz gleichgültig für die Wertbildung ist, ob ein konstantes Kapital von 1500 Pfd. St. 1500 Tonnen Eisen sage zu 1 Pfd. St., oder 500 Tonnen Eisen zu 3 Pfd. St. vorstellt. Das Quantum der wirklichen Stoffe, das sein Wert darstellt, ist vollständig gleichgültig für die Wertbildung und für die Rate des Profits, die in umgekehrter Richtung mit diesem Wert variiert, einerlei welches Verhältnis die Zu- oder Abnahme des Werts des konstanten Kapitals zur Masse der stofflichen Gebrauchswerte hat, die es darstellt.
Ganz anders verhält es sich mit dem variablen Kapital. Es ist nicht der Wert, den es hat, die Arbeit, die in ihm vergegenständlicht ist, worauf es zunächst ankommt, sondern dieser Wert als bloßer Index der Gesamtarbeit, die es in Bewegung setzt, und die nicht in ihm ausgedrückt ist; der Gesamtarbeit, deren Unterschied von der in ihm selbst ausgedrückten und daher bezahlten Arbeit, deren Mehrwert bildender Teil eben um so größer ist, je kleiner die in ihm selbst enthaltne Arbeit. Ein Arbeitstag von 10 Stunden sei gleich zehn Schilling = zehn Mark. Ist die notwendige, den Arbeitslohn, also das variable Kapital ersetzende Arbeit = 5 Stunden = 5 Schill., so die Mehrarbeit = 5 Stunden und der Mehrwert = 5 Schill., ist jene = 4 Stunden = 4 Schill., so die Mehrarbeit = 6 Stunden und der Mehrwert = 6 Schilling.
Sobald also die Wertgroße des variablen Kapitals aufhört, Index der von ihm in Bewegung gesetzten Arbeitsmasse zu sein, vielmehr das Maß dieses Index selbst sich ändert, wird die Rate des Mehrwerts in entgegengesetzter Richtung und in umgekehrtem Verhältnis mit geändert.
Wir gehn jetzt dazu über, die obige Gleichung der Profitrate p' = m' v/C auf die verschiednen möglichen Fälle anzuwenden. Wir werden nacheinander die einzelnen Faktoren von m' v/C ihren Wert ändern lassen und die Wirkung dieser Änderungen auf die Profitrate feststellen. Wir erhalten so verschiedne Reihen von Fällen, die wir entweder als sukzessive veränderte Wirkungsumstände eines und desselben Kapitals ansehn können oder aber als verschiedne, gleichzeitig nebeneinander bestehende und zur Vergleichung herangezogne Kapitale, etwa in verschiednen Industriezweigen oder verschiednen Ländern. Wenn daher die Auffassung mancher unsrer Beispiele als zeitlich aufeinanderfolgender Zustände eines und desselben Kapitals gezwungen oder praktisch unmöglich erscheint, so fällt dieser Einwand weg, sobald sie als Vergleichung unabhängiger Kapitale gefaßt werden.
Wir trennen also das Produkt m' v/C in seine beiden Faktoren m' und v/C, ; wir behandeln zuerst m' als konstant und untersuchen die Wirkung der möglichen Variationen von v/C; wir setzen dann den Bruch v/C als konstant und lassen m' die möglichen Variationen durchmachen; endlich setzen wir sämtliche Faktoren als variabel, und erschöpfen damit die sämtlichen Fälle, aus denen sich Gesetze über die Profitrate ableiten lassen.
Für diesen Fall, der mehrere Unterfälle umfaßt, läßt sich eine allgemeine Formel aufstellen. Haben wir zwei Kapitale C und C1 mit den respektiven variablen Bestandteilen v und v1, mit der beiden gemeinsamen Mehrwertsrate m', und den Profitraten p' und p'1 – so ist:
p' = m' (v/C); p'1 = m' (v1/C1).
Setzen wir nun C und C1, sowie v und v1 in Verhältnis zueinander, setzen wir z.B. den Wert des Bruchs C1/C = E, und den des Bruchs v1/v = e, so ist C1 = EC, und v1=ev. Indem wir nun in der obigen Gleichung für p'1, für C1 und v1 die so gewonnenen Werte setzen, haben wir:
p'1 = m' ev/EC.
Wir können aber noch eine zweite Formel aus obigen beiden Gleichungen ableiten, indem wir sie in die Proportion verwandeln:
Da der Wert eines Bruchs derselbe bleibt, wenn Zähler und Nenner mit derselben Zahl multipliziert oder dividiert werden, so können wir v/C und v1/C1 auf Prozentsätze reduzieren, d.h. C und C1 beide = 100 setzen. Dann haben wir v/C = v/100 und v1/C1 = v1/100, und können in obiger Proportion die Nenner weglassen, und erhalten:
p' : p'1 = v : v1; oder:
Bei zwei beliebigen Kapitalen, die mit gleicher Mehrwertsrate fungieren, verhalten sich die Profitraten wie die variablen Kapitalteile, prozentig auf ihre respektiven Gesamtkapitale berechnet.
Diese beiden Formen umfassen alle Fälle der Variation von v/C.
Ehe wir diese Fälle einzeln untersuchen, noch eine Bemerkung. Da C die Summe von c und v, des konstanten und des variablen Kapitals, ist, und da die Mehrwertsrate wie die Profitrate gewöhnlich in Prozenten ausgedrückt werden, so ist es überhaupt bequem, die Summe c + v ebenfalls gleich Hundert zu setzen, d.h. c und v prozentig auszudrücken. Es ist für die Bestimmung zwar nicht der Masse, aber wohl der Rate des Profits einerlei, ob wir sagen: ein Kapital von 15000, wovon 12000 konstantes und 3000 variables Kapital, produziert einen Mehrwert von 3000; oder ob wir dies Kapital auf Prozente reduzieren:
15000 C = 12000c + 3000v (+ 3000m)
100 C = 80c + 20v (+ 20m).
In beiden Fällen ist die Rate des Mehrwerts m' = 100%, die Profitrate = 20%.
Ebenso, wenn wir zwei Kapitale miteinander vergleichen, z.B. mit dem vorstehenden ein andres Kapital:
12000 C= 108000c + 1200v (+ 1200m)
100 C = 90c + 10v (+ 10m),
wo beidemal m' = 100%, p' = 10% ist, und wo die Vergleichung mit dem vorstehenden Kapital in der prozentigen Form weit übersichtlicher ist.
Handelt es sich dagegen um Veränderungen, die an einem und demselben Kapital vorgehn, so ist die prozentige Form nur selten zu gebrauchen, weil sie diese Veränderungen fast immer verwischt. Geht ein Kapital von der prozentigen Form:
80c + 20v + 20m
über in die prozentige Form:
90c + 10v + 10m,
so ist nicht ersichtlich, ob die veränderte prozentige Zusammensetzung 90c + 10v entstanden ist durch absolute Abnahme von v oder absolute Zunahme von c, oder durch beides. Dazu müssen wir die absoluten Zahlengrößen haben. Für die Untersuchung der nachfolgenden einzelnen Fälle von Variation aber kommt alles darauf an, wie diese Veränderung zustande gekommen ist, ob die 80c + 20v zu 90c + 10v geworden sind dadurch, daß meinetwegen die 12000c + 3000v durch Vermehrung des konstanten Kapitals bei gleichbleibendem variablen sich verwandelt haben in 27000c + 3000v (prozentig 90c + 10v); oder ob sie diese Form angenommen haben, bei gleichbleibendem konstantem Kapital durch Verringerung des variablen, also durch Übergang in 12000c + 1333 1/3v (prozentig ebenfalls 90c + 10v); oder endlich durch Änderung beider Summanden, etwa 13500c + 1500v (prozentig wieder 90c + 10v). Diese Fälle werden wir aber gerade alle nacheinander zu untersuchen, und damit auf die Annehmlichkeiten der prozentigen Form zu verzichten, oder sie nur in zweiter Linie anzuwenden haben.
1. m' und C konstant, v variabel
Wenn v seine Größe ändert, kann C nur unverändert bleiben dadurch, daß der andre Bestandteil von C, nämlich das konstante Kapital c, seine Größe um dieselbe Summe, aber in entgegengesetzter Richtung, ändert wie v. Ist C ursprünglich = 80c + 20v = 100 und verringert sich dann v auf 10, so kann C nur = 100 bleiben, wenn c auf 90 steigt; 90c + 10v = 100. Allgemein gesprochen: verwandelt sich v in v ± d, in v vermehrt oder vermindert um d, so muß c sich verwandeln in c ± d, muß um dieselbe Summe, aber in entgegengesetzter Richtung, variieren, damit den Bedingungen des vorliegenden Falls genügt werde.
Ebenfalls muß, bei gleichbleibender Mehrwertsrate m', aber wechselndem variablem Kapital v, die Masse des Mehrwerts m sich ändern, da m = m'v und in m'v der eine Faktor, v, einen andern Wert erhält.
Die Voraussetzungen unsres Falls ergeben neben der ursprünglichen Gleichung
durch Variation von v die zweite:
p'1 = m' (v1/C),
worin v in v1 übergegangen, und p'1, die daraus folgende veränderte Profitrate, zu finden ist.
Sie wird gefunden durch die entsprechende Proportion:
p' : p'1 = m' (v/C) : m' (v1/C) = v: v1.
Oder: bei gleichbleibender Mehrwertsrate und gleichbleibendem Gesamtkapital verhält sich die ursprüngliche Profitrate zu der durch Änderung des variablen Kapitals entstandnen wie das ursprüngliche variable Kapital zum veränderten.
War das Kapital ursprünglich wie oben:
I. 15000 C = 12000c + 3000v (+ 3000m); und ist es jetzt:
II. 15000 C = 13000c + 2000v (+ 2000m); so ist C = 15000 und m' = 100% in beiden Fällen, und die Profitrate von I, 20%, verhält sich zu der von II, 13 1/3%, wie das variable Kapital von I, 3000, zu dem von II, 2000, also 20%: 13 1/3% = 3000 : 2000.
Das variable Kapital kann nun entweder steigen oder fallen. Nehmen wir zuerst ein Beispiel, worin es steigt. Ein Kapital sei ursprünglich konstituiert und fungiere wie folgt:
I. 100c + 20v + 10m; C=120, m' = 50%, p' = 8 1/3%.
Das variable Kapital steige nun auf 30; dann muß nach der Voraussetzung das konstante Kapital von 100 auf 90 fallen, damit das Gesamtkapital unverändert = 120 bleibe. Der produzierte Mehrwert muß, bei gleicher Mehrwertsrate von 50%, auf 15 steigen. Wir haben also:
II. 90c + 30v + 15m; C = 120, m' = 50%, p' = 12 1/2%.
Gehn wir zunächst von der Annahme aus, daß der Arbeitslohn unverändert sei. Dann müssen die andern Faktoren der Mehrwertsrate, Arbeitstag und Arbeitsintensität, ebenfalls gleichgeblieben sein. Die Steigerung von v (von 20 auf 30) kann also nur den Sinn haben, daß die Hälfte mehr Arbeiter angewandt werden. Dann steigt auch das Gesamtwertprodukt um die Hälfte, von 30 auf 45, und verteilt sich, ganz wie vorher, zu 2/3 auf Arbeitslohn und 1/3 auf Mehrwert. Gleichzeitig aber ist bei vermehrter Arbeiteranzahl das konstante Kapital, der Wert der Produktionsmittel, von 100 auf 90 gefallen. Wir haben also vor uns einen Fall von abnehmender Produktivität der Arbeit, verbunden mit gleichzeitiger Abnahme des konstanten Kapitals; ist dieser Fall ökonomisch möglich?
In der Agrikultur und extraktiven Industrie, wo Abnahme der Produktivität der Arbeit und daher Zunahme der beschäftigten Arbeiterzahl leicht zu begreifen, ist dieser Prozeß – innerhalb der Schranken der kapitalistischen Produktion und auf deren Basis – verbunden nicht mit Abnahme, sondern mit Zunahme des konstanten Kapitals. Selbst wenn die obige Abnahme von c durch bloßen Preisfall bedingt wäre, würde ein einzelnes Kapital den Übergang von I zu II nur unter ganz ausnahmsweisen Umständen vollziehn können. Bei zwei unabhängigen Kapitalen aber, die in verschiednen Ländern oder in verschiednen Zweigen der Agrikultur oder extraktiven Industrie angelegt, wäre es nichts Auffallendes, wenn in dem einen Fall mehr Arbeiter (daher größeres variables Kapital) angewandt würden und mit minder wertvollen oder spärlicheren Produktionsmitteln arbeiteten als im andern Fall.
Lassen wir aber die Voraussetzung fallen, daß der Arbeitslohn sich gleichbleibt, und erklären wir die Steigerung des variablen Kapitals von 20 auf 30 durch Erhöhung des Arbeitslohns um die Hälfte, so tritt ein ganz andrer Fall ein. Dieselbe Arbeiteranzahl – sagen wir 20 Arbeiter – arbeitet mit denselben oder nur unbedeutend verringerten Produktionsmitteln weiter. Bleibt der Arbeitstag unverändert – z.B. auf 10 Stunden –, so ist das Gesamtwertprodukt ebenfalls unverändert; es ist nach wie vor = 30. Diese 30 wer den aber sämtlich gebraucht, um das vorgeschoßne variable Kapital von 30 zu ersetzen; der Mehrwert wäre verschwunden. Es war aber vorausgesetzt, daß die Mehrwertsrate konstant, also wie in I auf 50% stehnbliebe. Dies ist nur möglich, wenn der Arbeitstag um die Hälfte verlängert, auf 15 Stunden erhöht wird. Die 20 Arbeiter produzierten dann in 15 Stunden einen Gesamtwert von 45, und die sämtlichen Bedingungen wären erfüllt:
II. 90c + 30v + 15m; C = 120, m' = 50%, p' = 12 1/2%.
In diesem Fall brauchen die 20 Arbeiter nicht mehr Arbeitsmittel, Werkzeug, Maschinen etc. als im Fall I; nur das Rohmaterial oder die Hilfsstoffe müßten sich um die Hälfte vermehren. Bei einem Preisfall dieser Stoffe wäre also der Übergang von I zu II unter unseren Voraussetzungen schon weit eher auch für ein einzelnes Kapital ökonomisch zulässig. Und der Kapitalist würde für seinen, bei Entwertung seines konstanten Kapitals etwa erlittenen Verlust wenigstens einigermaßen entschädigt durch größern Profit.
Nehmen wir nun an, das variable Kapital falle statt zu steigen. Dann brauchen wir nur unser obiges Beispiel umzukehren, Nr. II als das ursprüngliche Kapital zu setzen und von II zu I überzugehn.
II. 90c + 30v + 15m verwandelt sich dann in
I. 100c + 20v + 10m, und es ist augenscheinlich, daß durch diese Umstellung an den die beiderseitigen Profitraten und ihr gegenseitiges Verhältnis regelnden Bedingungen nicht das geringste geändert wird.
Fällt v von 30 auf 20, weil 1/3 weniger Arbeiter beschäftigt werden bei wachsendem konstantem Kapital, so haben wir hier den Normalfall der modernen Industrie vor uns: steigende Produktivität der Arbeit, Bewältigung größerer Massen von Produktionsmitteln durch weniger Arbeiter. Daß diese Bewegung mit dem gleichzeitig eintretenden Fall in der Profitrate notwendig verbunden ist, wird sich im dritten Abschnitt dieses Buchs herausstellen.
Sinkt aber v von 30 auf 20, weil dieselbe Arbeiteranzahl, aber zu niedrigerem Lohn beschäftigt wird, so bliebe, bei unverändertem Arbeitstag, das Gesamtwertprodukt nach wie vor = 30v + 15m = 45; da v auf 20 gefallen, würde der Mehrwert auf 25 steigen, die Mehrwertsrate von 50% auf 125%, was gegen die Voraussetzung wäre. Um innerhalb der Bedingungen unsres Falls zu bleiben, muß der Mehrwert, zur Rate von 50%, vielmehr auf 10 fallen, also das Gesamtwertprodukt von 45 auf 30, und dies ist nur möglich durch Verkürzung des Arbeitstags um 1/3. Dann haben wir wie oben:
100c + 20v + 10m; m' = 50%, p' = 8 1/3%.
Es bedarf wohl keiner Erwähnung, daß diese Herabsetzung der Arbeitszeit bei fallendem Lohn in der Praxis nicht vorkommen würde. Dies ist indes gleichgültig. Die Profitrate ist eine Funktion von mehreren Variablen, und wenn wir wissen wollen, wie diese Variablen auf die Profitrate wirken, müssen wir die Einzelwirkung einer jeden nach der Reihe untersuchen, einerlei ob solche isolierte Wirkung bei einem und demselben Kapital ökonomisch zulässig ist oder nicht.
2. m' konstant, v variabel, C verändert durch die Variation von v
Dieser Fall ist vom vorigen nur dem Grade nach unterschieden. Statt daß c um ebensoviel ab- oder zunimmt, wie v zu- oder abnimmt, bleibt c hier konstant. Unter den heutigen Bedingungen der großen Industrie und Agrikultur ist das variable Kapital aber nur ein relativ geringer Teil des Gesamtkapitals und daher die Abnahme oder das Wachstum des letztern, soweit sie durch Änderung des erstern bestimmt werden, ebenfalls relativ gering. Gehn wir wieder aus von einem Kapital:
I. 100c + 20v + 10m; C = 120, m' = 50%, p' = 8 1/3%,
so würde dies sich etwa verwandeln in:
II. 100c + 30v + 15m; C =130, m' = 50%, p' = 11 7/13%.
Der entgegengesetzte Fall der Abnahme des variablen Kapitals würde wieder versinnlicht durch den umgekehrten Übergang von II zu I.
Die ökonomischen Bedingungen wären im wesentlichen dieselben wie im vorigen Fall und bedürfen daher keiner wiederholten Erörterung. Der Übergang von I zu II schließt ein: Verringerung der Produktivität der Arbeit um die Hälfte; die Bewältigung von 100c erfordert um die Hälfte mehr Arbeit in II als in I. Dieser Fall kann in der Agrikultur vorkommen.9
Während aber im vorigen Fall das Gesamtkapital konstant blieb dadurch, daß konstantes Kapital invariables verwandelt wurde oder umgekehrt, findet hier bei Vermehrung des variablen Teils Bindung von zuschüssigem Kapital, bei Verminderung desselben Freisetzung von vorher angewandtem Kapital statt.
3. m' und v konstant, c und damit auch C variabel
In diesem Fall verändert sich die Gleichung:
p' = m' (v/C) in: p'1 = m' (v/C1)
und führt unter Streichung der auf beiden Seiten vorkommenden Faktoren zur Proportion:
p'1 : p' = C: C1;
bei gleicher Mehrwertsrate und gleichen variablen Kapitalteilen verhalten sich die Profitraten umgekehrt wie die Gesamtkapitale.
Haben wir z.B. drei Kapitale oder drei verschiedne Zustände desselben Kapitals:
I. 80c , + 20v + 20m; C =100, m' = 100%, p' = 20%;
II. 100c + 20v + 20m; C=120, m' = 100%, p'= 16 2/3%;
III. 60c + 20v + 20m; C = 80, m' = 100%, p'=25%;
so verhalten sich:
20%: 16 2/3%= 120 : 100 und
Die früher gegebne allgemeine Formel für Variationen von v/C bei konstantem m' war:
p'1 = m' (ev/EC); sie wird jetzt: p'1 = m' (v/EC),
da v keine Veränderung erleidet, also der Faktor e = v1/v hier = 1 wird.
Da m'v = m, der Masse des Mehrwerts, und da m' und v beide konstant bleiben, so wird auch m nicht von der Variation von C berührt; die Mehrwertsmasse bleibt nach wie vor der Veränderung dieselbe.
Sänke c auf Null, so wäre p' = m', die Profitrate gleich der Mehrwertsrate.
Die Veränderung von c kann entstehn entweder aus bloßem Wertwechsel der stofflichen Elemente des konstanten Kapitals oder aus veränderter technischer Zusammensetzung des Gesamtkapitals, also aus einer Veränderung in der Produktivität der Arbeit im betreffenden ProduktionszweigA1. In letzterm Fall würde die mit der Entwicklung der großen Industrie und Agrikultur steigende Produktivität der gesellschaftlichen Arbeit bedingen, daß der Übergang stattfindet in der Reihenfolge (im obigen Beispiel) von III zu I und von I zu II. Ein Arbeitsquantum, das mit 20 bezahlt wird und das einen Wert von 40 produziert, würde zuerst eine Masse Arbeitsmittel bewältigen vom Wert von 60; bei steigender Produktivität und gleichbleibendem Wert würden die bewältigten Arbeitsmittel wachsen zuerst auf 80, dann auf 100. Die umgekehrte Reihenfolge würde Abnahme der Produktivität bedingen; dasselbe Arbeitsquantum würde weniger Produktionsmittel in Bewegung setzen können, der Betrieb würde eingeschränkt, wie dies in Agrikultur, Bergwerken etc. vorkommen kann.
Ersparnis an konstantem Kapital erhöht einerseits die Profitrate und setzt andrerseits Kapital frei, ist also von Wichtigkeit für den Kapitalisten. Diesen Punkt sowie die Einwirkung von Preiswechsel der Elemente des konstanten Kapitals, namentlich der Rohstoffe, werden wir späterhin noch näher untersuchen.
Es zeigt sich auch hier wieder, daß Variation des konstanten Kapitals gleichmäßig auf die Profitrate wirkt, einerlei ob diese Variation hervorgerufen ist durch Zu- oder Abnahme der stofflichen Bestandteile von c oder durch bloße Wertveränderung derselben.
4. m' konstant, v, c und C sämtlich variabel
In diesem Fall bleibt die obige allgemeine Formel für die veränderte Profitrate:
p'1 = m' (ev)/(EC)
maßgebend. Es ergibt sich daraus, daß bei gleichbleibender Mehrwertsrate:
a) die Profitrate fällt, wenn E größer als e, d.h. wenn das konstante Kapital sich derart vermehrt, daß das Gesamtkapital in stärkerem Verhältnis wächst als das variable Kapital. Geht ein Kapital von 80c + 20v + 20m über in die Zusammensetzung 170c + 30v + 30m, so bleibt m' = 100%, aber v/C fällt von 20/100 auf 30/200, trotzdem daß sowohl v wie C sich vermehrt haben, und die Profitrate fällt entsprechend von 20% auf 15%.
b) die Profitrate bleibt unverändert nur wenn e = E, d.h. wenn der Bruch v/C bei scheinbarer Veränderung denselben Wert behält, d.h. wenn Zähler und Nenner mit derselben Zahl multipliziert oder dividiert werden. 80c + 20v + 20m und 160c + 40v + 40m haben augenscheinlich dieselbe Profitrate von 20%, weil m' = 100% bleibt und v/C = 20/100 =40/200 in beiden Beispielen denselben Wert darstellt.
c) die Profitrate steigt, wenn e größer als E, d.h. wenn das variable Kapital in stärkerem Verhältnis wächst als das Gesamtkapital. Wird 80c + 20v + 20m zu 120c + 40v + 40m, so steigt die Profitrate von 20% auf 25% weil bei unverändertem m' v/C = 20/100 gestiegen ist auf 40/160 , von 1/5 auf 1/4.
Bei Wechsel von v und C in gleicher Richtung können wir diese Größenveränderung so auffassen, daß beide bis zu einem gewissen Grad in demselben Verhältnis variieren, so daß bis dahin v/C unverändert bleibt. Über diesen Grad hinaus würde dann nur eins von beiden variieren, und wir haben damit diesen komplizierteren Fall auf einen der vorhergehenden einfachern reduziert.
Geht z.B. 80c + 20v + 20m über in: 100c + 30v + 30m, so bleibt das Verhältnis von v zu c und also auch zu C unverändert bei dieser Variation bis zu: 100c + 25v + 25m. Bis dahin also bleibt auch die Profitrate unberührt. Wir können also jetzt 100c + 25v + 25m, zum Ausgangspunkt nehmen; wir finden, daß v um 5, auf 30v, und dadurch C von 125 auf 130 gestiegen ist, und haben damit den zweiten Fall, den der einfachen Variation von v und der dadurch verursachten Variation von C vor uns. Die Profitrate, die ursprünglich 20% war, steigt durch diesen Zusatz von 5 v bei gleicher Mehrwertsrate auf 23 1/13%.
Dieselbe Reduktion auf einen einfachern Fall kann stattfinden, auch wenn v und C in entgegengesetzter Richtung ihre Größe ändern. Gehn wir z.B. wieder aus von 80c + 20v + 20m und lassen dies übergehn in die Form: 110c + 10v + 10m, so wäre bei einer Änderung auf 40c + 10v + 10m die Profitrate dieselbe wie anfangs, nämlich 20%. Durch Zusatz von 70c zu dieser Zwischenform wird sie gesenkt auf 8 1/3%. Wir haben den Fall also wieder reduziert auf einen Fall der Variation einer einzigen Variablen, nämlich von c.
Gleichzeitige Variation von v, c und C bietet also keine neuen Gesichtspunkte und führt in letzter Instanz stets zurück auf einen Fall, wo nur ein Faktor variabel ist.
Selbst der einzige noch übrige Fall ist tatsächlich bereits erschöpft, nämlich der Fall, wo v und C numerisch gleich groß bleiben, aber ihre stofflichen Elemente einen Wertwechsel erleiden, wo also v ein verändertes Quantum in Bewegung gesetzter Arbeit, c ein verändertes Quantum in Bewegung gesetzter Produktionsmittel anzeigt.
In 80c + 20v + 20m stelle 20v ursprünglich den Lohn von 20 Arbeitern, zu 10 Arbeitsstunden täglich, dar. Der Lohn eines jeden steige von 1 auf 1 1/4. Dann bezahlen 20v statt 20 nur noch 16 Arbeiter. Wenn aber die 20 in 200 Arbeitsstunden einen Wert von 40 produzierten, werden die 16, in 10 Stunden täglich, also 160 Arbeitsstunden in allem, nur einen Wert von 32 produzieren. Nach Abzug von 20v für Lohn bleibt dann von 32 nur noch 12 für Mehrwert; die Rate des Mehrwerts wäre gefallen von 100% auf 60%. Da aber nach der Voraussetzung die Rate des Mehrwerts konstant bleiben muß, so müßte der Arbeitstag um 1/4, von 10 Stunden auf 12 1/2, verlängert werden; wenn 20 Arbeiter in 10 Stunden täglich = 200 Arbeitsstunden einen Wert von 80 produzieren, so produzieren 16 Arbeiter in 12 1/2 Stunden täglich = 200 Stunden denselben Wert, das Kapital von 80c + 20v produzierte nach wie vor einen Mehrwert von 20.
Umgekehrt: fällt der Lohn derart, daß 20v den Lohn von 30 Arbeitern bestreitet, so kann m' nur konstant bleiben, wenn der Arbeitstag von 10 auf 6 2/3 Stunden herabgesetzt wird. 20 * 10 = 30 * 6 2/3 = 200 Arbeitsstunden.
Inwiefern bei diesen entgegengesetzten Annahmen c dem Wertausdruck in Geld nach gleichbleiben, aber dennoch die den veränderten Verhältnissen entsprechende veränderte Menge Produktionsmittel darstellen kann, ist im wesentlichen schon oben erörtert. In seiner Reinheit dürfte dieser Fall nur sehr ausnahmsweise zulässig sein.
Was den Wertwechsel der Elemente von c betrifft, der ihre Masse vergrößert oder vermindert, aber die Wertsumme c unverändert läßt, so berührt er weder die Profitrate noch die Mehrwertsrate, solange er keine Veränderung der Größe von v nach sich zieht.
Wir haben hiermit alle möglichen Fälle der Variation von v, c und C in unsrer Gleichung erschöpft. Wir haben gesehn, daß die Profitrate, bei gleichbleibender Rate des Mehrwerts, fallen, gleichbleiben oder steigen kann, indem die geringste Änderung im Verhältnis von v zu c, resp. C, hinreicht, um die Profitrate ebenfalls zu ändern.
Es hat sich ferner gezeigt, daß bei der Variation von v überall eine Grenze eintritt, wo die Konstanz von m' ökonomisch unmöglich wird. Da jede einseitige Variation von c ebenfalls an einer Grenze ankommen muß, wo v nicht länger konstant bleiben kann, so zeigt sich, daß für alle möglichen Variationen von v/C Grenzen gesetzt sind, jenseits deren m' ebenfalls variabel werden muß. Bei den Variationen von m', zu deren Untersuchung wir jetzt übergehn, wird diese Wechselwirkung der verschiednen Variabeln unsrer Gleichung noch deutlicher hervortreten.
Eine allgemeine Formel für die Profitraten bei verschiednen Mehrwertsraten, einerlei ob v/C konstant bleibt oder ebenfalls variiert, ergibt sich, wenn wir die Gleichung:
übergehn lassen in die andre:
p'1 = m'1 (v1/C1),
wo p'1, m'1, v1 und C1 die veränderten Werte von p', m', v und C bedeuten.
Wir haben dann:
p' : p'1 = m' (v/C) : m'1 (v1/C1),
und daraus:
p'1 = m'1/m' * v1/v * C/C1 * p'.
1. m' variabel, v/C konstant
In diesem Fall haben wir die Gleichungen:
p' = m' v/C; p'1 = m'1 v/C,
in beiden v/C gleichwertig. Es verhält sich daher:
p' : p'1 = m' : m'1.
Die Profitraten zweier Kapitale von gleicher Zusammensetzung verhalten sich wie die bezüglichen beiden Mehrwertsraten. Da es im Bruch v/C nicht auf die absoluten Größen von v und C ankommt, sondern nur auf das Verhältnis beider, gilt dies für alle Kapitale gleicher Zusammensetzung, was immer ihre absolute Größe sei.
80c + 20v + 20m; C=100, m' = 100%, p' =20%
160c + 40v + 20m; C = 200, m'= 50%, p' =10%
Sind die absoluten Größen von v und C in beiden Fällen dieselben, so verhalten sich die Profitraten außerdem wie die Mehrwertsmassen:
p': p'1 = m'v : m'1v = m: m1.
Zum Beispiel:
80c + 20v + 20m; m' = 100%, p' = 20%
80c + 20v + 10m; m'= 50%, p'=10%
20% : 10% = 100 * 20 : 50 * 20 = 20m : 10m.
Es ist nun klar, daß bei Kapitalen von gleicher absoluter oder prozentiger Zusammensetzung die Mehrwertsrate nur verschieden sein kann, wenn entweder der Arbeitslohn oder die Länge des Arbeitstags oder die Intensität der Arbeit verschieden ist. In den drei Fällen:
I. 80c + 20v + 10m; m' = 50%, p' =10%,
II. 80c + 20v + 20m; m' = 100%, p' =20%,
III. 80c + 20v + 40m; m' = 200%, p' = 40%,
wird ein Gesamtwertprodukt erzeugt in I von 30 (20v + 10m), in II von 40, in III von 60. Dies kann auf dreierlei Weise geschehn.
Erstens, wenn die Arbeitslöhne verschieden sind, also 20v in jedem einzelnen Fall eine verschiedne Arbeiteranzahl ausdrückt. Gesetzt, in I werden 15 Arbeiter 10 Stunden beschäftigt zum Lohn von 1 2/3 Pfd. St. und produzieren einen Wert von 30 Pfd. St., davon 20 Pfd. St. den Lohn ersetzen und 10 Pfd. St. für Mehrwert bleiben. Fällt der Lohn auf 1 Pfd. St., so können 20 Arbeiter 10 Stunden beschäftigt werden und produzieren dann einen Wert von 40 Pfd. St., wovon 20 Pfd. St. für Lohn und 20 Pfd. St. Mehr wert. Fällt der Lohn noch weiter auf 2/3 Pfd. St., so werden 30 Arbeiter 10 Stunden beschäftigt und produzieren einen Wert von 60 Pfd. St., wovon nach Abzug von 20 Pfd. St. für Lohn noch 40 Pfd. St. für Mehrwert bleiben.
Dieser Fall: konstante prozentige Zusammensetzung des Kapitals, konstanter Arbeitstag, konstante Arbeitsintensität, Wechsel der Mehrwertsrate verursacht durch Wechsel des Arbeitslohns, ist der einzige, wo Ricardos Annahme zutrifft:
»Profits would be high or low, exactly in proportion as wages would be low or high.« (»Principles«, ch. I, sect. III, p. 18 der »Works of D. Ricardo«, ed. MacCulloch, 1852.)
Oder zweitens, wenn die Intensität der Arbeit verschieden ist. Dann machen z.B. 20 Arbeiter mit denselben Arbeitsmitteln in 10 täglichen Arbeitsstunden, in I 30, in II 40, in III 60 Stück einer bestimmten Ware, wovon jedes Stück, außer dem Wert der darin verbrauchten Produktionsmittel, einen Neuwert von 1 Pfd. St. darstellt. Da jedesmal 20 Stück = 20 Pfd. St. den Arbeitslohn ersetzen, bleiben für Mehrwert in I 10 Stück = 10 Pfd. St., in II 20 Stück = 20 Pfd. St., in III 40 Stück = 40 Pfd. St.
Oder drittens, der Arbeitstag ist von verschiedner Länge. Arbeiten bei gleicher Intensität 20 Arbeiter in I neun, in II zwölf, in III achtzehn Stunden täglich, so verhält sich ihr Gesamtprodukt 30 : 40 : 60 wie 9: 12 : 18, und da der Lohn jedesmal = 20, so bleiben wieder 10, resp. 20 und 40 für Mehrwert.
Steigerung oder Senkung des Arbeitslohns wirkt also in umgekehrter Richtung, Steigerung oder Senkung der Arbeitsintensität und Verlängerung oder Kürzung des Arbeitstags wirkt in derselben Richtung auf die Höhe der Mehrwertsrate und damit, bei konstantem v/C , auf die Profitrate.
2. m' und v variabel, C konstant
In diesem Fall gilt die Proportion:
p' : p'1 =m' (v/C) : m'1 (v1/C) = m'v : m'1v1 = m : m1.
Die Profitraten verhalten sich wie die respektiven Mehrwertsmassen.
Variierung der Mehrwertsrate bei gleichbleibendem variablem Kapital bedeutete Veränderung in Größe und Verteilung des Wertprodukts. Gleichzeitige Variation von v und m' schließt ebenfalls eine andre Verteilung, aber nicht immer einen Größenwechsel des Wertprodukts ein. Es sind drei Fälle möglich:
a) Die Variation von v und m' erfolgt in entgegengesetzter Richtung, aber um dieselbe Größe; z.B.:
80c + 20v + 10m; m' = 50%, p' = 10%
90c + 10v + 20m; m' = 200%, p' = 20%.
Das Wertprodukt ist in beiden Fällen gleich, also auch das geleistete Arbeitsquantum; 20v + 10m = 10v + 20m = 30. Der Unterschied ist nur, daß im ersten Fall 20 für Lohn gezahlt werden und 10 für Mehrwert bleiben, während im zweiten Fall der Lohn nur 10 beträgt und der Mehrwert daher 20. Dies ist der einzige Fall, wo bei gleichzeitiger Variation von v und m' Arbeiterzahl, Arbeitsintensität und Länge des Arbeitstags unberührt bleiben.
b) Die Variation von m' und v erfolgt ebenfalls in entgegengesetzter Richtung, aber nicht um dieselbe Größe bei beiden. Dann überwiegt die Variation entweder von v oder von m'.
I. 80c + 20v + 20m, m' = 100%, p' = 20%
II. 72c + 28v + 20m, m' = 71 1/3% p' = 20%
III. 84c + 16v + 20m, m' =125%, p' = 20%.
In I wird ein Wertprodukt von 40 mit 20v, in II eins von 48 mit 28v, in III eins von 36 mit 16v bezahlt. Sowohl das Wertprodukt wie der Lohn hat sich verändert; Änderung des Wertprodukts aber heißt Änderung des geleisteten Arbeitsquantums, also entweder der Arbeiterzahl, der Arbeitsdauer oder der Arbeitsintensität oder mehrerer von diesen dreien.
c) Die Variation von m' und v erfolgt in derselben Richtung; dann verstärkt die eine die Wirkung der andern.
90c + 10v + 10m; m' = 100%, p' = 10%
80c + 20v + 30m; m' = 150%, p' = 30%
92c + 8v + 6m; m' = 75%, p' = 6%.
Auch hier sind die drei Wertprodukte verschieden, nämlich 20, 50 und 14; und diese Verschiedenheit in der Größe des jedesmaligen Arbeitsquantums reduziert sich wieder auf Verschiedenheit der Arbeiterzahl, der Arbeitsdauer, der Arbeitsintensität oder mehrerer resp. aller dieser Faktoren.
3. m', v und C variabel
Dieser Fall bietet keine neuen Gesichtspunkte und erledigt sich durch die unter II., m' variabel, gegebne allgemeine Formel.
Die Wirkung eines Größenwechsels der Mehrwertsrate auf die Profitrate ergibt also folgende Fälle:
1. p' vermehrt oder vermindert sich in demselben Verhältnis wie m', wenn v/C konstant bleibt.
80c + 20v + 20m; m' = 100%, p' = 20%
80c + 20v + 10m; m' = 50%, p' = 10%
2. p' steigt oder fällt in stärkerem Verhältnis als m', wenn v/C sich in derselben Richtung bewegt wie m', d.h. zunimmt oder abnimmt, wenn m' zu- oder abnimmt.
80c + 20v + 10m; m' = 50%, p' = 10%
70c + 30v + 20m; m' = 66 2/3%, p' = 20%
50% : 66 2/3% ‹ 10%:20%.
3. p' steigt oder fällt in kleinerm Verhältnis als m', wenn v/C sich in entgegengesetzter Richtung ändert wie m', aber in kleinerm Verhältnis.
80c + 20v + 10m; m' = 50%, p' = 10%
90c + 10v + 15m; m' = 150%, p' = 15%
4. p' steigt, obgleich m' fällt, oder fällt, obgleich m' steigt, wenn v/C sich in entgegengesetzter Richtung ändert wie m' und in größerem Verhältnis als dieses.
80c + 20v + 20m; m' = 100%, p' = 20%
90c + 10v + 15m; m' = 150%, p' = 15%
m' gestiegen von 100% auf 150%, p' gefallen von 20% auf 15%.
5. Endlich: p' bleibt konstant, obgleich m' steigt oder fällt, wenn v/C in entgegengesetzter Richtung, aber genau in demselben Verhältnis wie m' seine Größe ändert.
Es ist nur dieser letzte Fall, der noch einiger Erörterung bedarf. Wie wir oben bei den Variationen von v/C sahen, daß eine und dieselbe Mehrwertsrate sich in den verschiedensten Profitraten ausdrücken kann, so sehn wir hier, daß einer und derselben Profitrate sehr verschiedne Mehrwertsraten zugrunde liegen können. Während aber bei konstantem m' jede beliebige Änderung im Verhältnis von v zu C genügte, um eine Verschiedenheit der Profitrate hervorzurufen, muß bei Größenwechsel von m' ein genau entsprechender, umgekehrter Größenwechsel von v/C eintreten, damit die Profitrate dieselbe bleibe. Dies ist bei einem und demselben Kapital oder bei zwei Kapitalen in demselben Land nur sehr ausnahmsweise möglich. Nehmen wir z.B. ein Kapital
80c + 20v + 20m; C = 100, m' = 100%, p' = 20%,
und nehmen wir an, der Arbeitslohn falle derart, daß dieselbe Arbeiterzahl nunmehr mit 16v zu haben wäre statt mit 20v. Dann haben wir, bei sonst unveränderten Verhältnissen, unter Freisetzung von 4v,
80c + 16v + 24m; C = 96, m' = 150%, p' = 25%.
Damit nun p' = 20% wäre, wie vorher, müßte das Gesamtkapital auf 120, also das konstante auf 104 wachsen:
104c + 16v + 24m; C = 120, m' = 150%, p' = 20%.
Dies wäre nur möglich, wenn gleichzeitig mit der Lohnsenkung eine Änderung in der Produktivität der Arbeit einträte, die diese veränderte Zusammensetzung des Kapitals erheischte; oder aber, wenn der Geldwert des konstanten Kapitals von 80 auf 104 stiege; kurz, ein zufälliges Zusammentreffen von Bedingungen, wie es nur in Ausnahmefällen vorkommt. In der Tat ist eine Änderung von m', die nicht gleichzeitig eine Änderung von v, und damit auch von v/C bedingt, nur unter ganz bestimmten Umständen denkbar, bei solchen Industriezweigen nämlich, worin nur fixes Kapital und Arbeit angewandt wird und der Arbeitsgegenstand von der Natur geliefert ist.
Aber im Vergleich der Profitraten zweier Länder ist dies anders. Dieselbe Profitrate drückt hier in der Tat meist verschiedne Raten des Mehrwerts aus.
Aus den sämtlichen fünf Fällen ergibt sich also, daß eine steigende Profitrate einer fallenden oder steigenden Mehrwertsrate, eine fallende Profitrate einer steigenden oder fallenden, eine gleichbleibende Profitrate einer steigenden oder fallenden Mehrwertsrate entsprechen kann. Daß eine steigende, fallende oder gleichbleibende Profitrate ebenfalls einer gleichbleibenden Mehrwertsrate entsprechen kann, haben wir unter I gesehn.
Die Profitrate wird also bestimmt durch zwei Hauptfaktoren: die Rate des Mehrwerts und die Wertzusammensetzung des Kapitals. Die Wirkungen dieser beiden Faktoren lassen sich kurz zusammenfassen wie folgt, wobei wir die Zusammensetzung in Prozenten ausdrücken können, da es hier gleichgültig ist, von welchem der beiden Kapitalteile die Änderung ausgeht:
Die Profitraten zweier Kapitale oder eines und desselben Kapitals in zwei sukzessiven, verschiednen Zuständen
sind gleich:
1. bei gleicher prozentiger Zusammensetzung der Kapitale und gleicher Mehrwertsrate.
2. bei ungleicher prozentiger Zusammensetzung und ungleicher Mehrwertsrate, wenn die Produkte der Mehrwertsraten in die prozentigen variablen Kapitalteile (die m' und v), d.h. die prozentig aufs Gesamtkapital berechneten Mehrwertsmassen (m = m'v) gleich sind, in andern Worten, wenn beide Male die Faktoren m' und v in umgekehrtem Verhältnis zueinander stehn.
Sie sind ungleich:
1. bei gleicher prozentiger Zusammensetzung, wenn die Mehrwertsraten ungleich sind, wo sie sich verhalten wie die Mehrwertsraten.
2. bei gleicher Mehrwertsrate und ungleicher prozentiger Zusammensetzung, wo sie sich verhalten wie die variablen Kapitalteile.
3. bei ungleicher Mehrwertsrate und ungleicher prozentiger Zusammensetzung, wo sie sich verhalten wie die Produkte m'v, d.h. wie die prozentig aufs Gesamtkapital berechneten Mehrwertsmassen.10
4. Wirkung des Umschlags auf die Profitrate
〈Die Wirkung des Umschlags auf die Produktion von Mehrwert, also auch von Profit, ist im zweiten Buch erörtert worden. Sie läßt sich kurz dahin zusammenfassen, daß infolge der für den Umschlag erforderlichen Zeitdauer nicht das ganze Kapital gleichzeitig in der Produktion verwendet werden kann; daß also ein Teil des Kapitals fortwährend brachliegt, sei es in der Form von Geldkapital, von vorrätigen Rohstoffen, von fertigem, aber noch unverkauftem Warenkapital oder von noch nicht fälligen Schuldforderungen; daß das in der aktiven Produktion, also bei der Erzeugung und Aneignung von Mehrwert tätige Kapital fortwährend um diesen Teil verkürzt und der erzeugte und angeeignete Mehrwert fortwährend im selben Verhältnis verringert wird. Je kürzer die Umschlagszeit, desto kleiner wird dieser brachliegende Teil des Kapitals, verglichen mit dem Ganzen; desto größer wird also auch, bei sonst gleichbleibenden Umständen, der angeeignete Mehrwert.
Es ist bereits im zweiten Buch im einzelnen entwickelt, wie die Verkürzung der Umschlagszeit oder eines ihrer beiden Abschnitte, der Produktionszeit und der Zirkulationszeit, die Masse des produzierten Mehrwerts steigert. Da aber die Profitrate nur das Verhältnis der produzierten Masse von Mehrwert zu dem in ihrer Produktion engagierten Gesamtkapital ausdrückt, so ist es augenscheinlich, daß jede solche Verkürzung die Profitrate steigert. Was vorher im zweiten Abschnitt des zweiten Buchs mit Bezug auf den Mehrwert entwickelt, gilt ebensosehr für den Profit und die Profitrate und bedarf keiner Wiederholung hier. Nur ein paar Hauptmomente wollen wir hervorheben.
Das Hauptmittel der Verkürzung der Produktionszeit ist die Steigerung der Produktivität der Arbeit, was man gewöhnlich den Fortschritt der Industrie nennt. Wird dadurch gleichzeitig nicht eine bedeutende Verstärkung der gesamten Kapitalauslage durch Anlage kostspieliger Maschinerie usw. und damit eine Senkung der auf das Gesamtkapital zu berechnenden Profitrate bewirkt, so muß diese letztere steigen. Und dies ist entschieden der Fall bei vielen der neuesten Fortschritte der Metallurgie und chemischen Industrie. Die neuentdeckten Verfahrungsweisen der Eisen- und Stahlbereitung von Bessemer, Siemens, Gilchrist-Thomas u.a. kürzen, bei relativ geringen Kosten, früher höchst langwierige Prozesse auf ein Minimum ab. Die Bereitung des Alizarins oder Krappfarbstoffes aus Kohlenteer bringt in wenig Wochen, und mit der schon bisher für Kohlenteerfarben im Gebrauch befindlichen Fabrikeinrichtung, dasselbe Resultat zu stande, das früher Jahre erforderte; ein Jahr brauchte der Krapp zum Wachsen, und dann ließ man die Wurzeln noch mehrere Jahre nachreifen, ehe man sie verfärbte.
Das Hauptmittel zur Verkürzung der Zirkulationszeit sind verbesserte Kommunikationen. Und hierin haben die letzten fünfzig Jahre eine Revolution gebracht, die sich nur mit der industriellen Revolution der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts vergleichen läßt. Auf dem Lande ist die makadamisierte Straße durch die Eisenbahn, auf der See das langsame und unregelmäßige Segelschiff durch die rasche und regelmäßige Dampferlinie in den Hintergrund gedrängt worden, und der ganze Erdball wird umspannt von Telegraphendrähten. Der Suezkanal hat Ostasien und Australien dem Dampferverkehr erst eigentlich erschlossen. Die Zirkulationszeit einer Warensendung nach Ostasien, 1847 noch mindestens zwölf Monate (s. Buch II, S. 235), ist jetzt ungefähr auf ungefähr ebensoviel Wochen reduzierbar geworden. Die beiden großen Krisenherde von 1825-1857, Amerika und Indien, sind durch diese Umwälzung der Verkehrsmittel den europäischen Industrieländern um 70-90% nähergerückt und haben damit einen großen Teil ihrer Explosionsfähigkeit verloren. Die Umschlagszeit des gesamten Welthandels ist in demselben Maß verkürzt, und die Aktionsfähigkeit des darin beteiligten Kapitals um mehr als das Doppelte oder Dreifache gesteigert worden. Daß dies nicht ohne Wirkung auf die Profitrate geblieben, versteht sich von selbst.
Um die Wirkung des Umschlags des Gesamtkapitals auf die Profitrate rein darzustellen, müssen wir bei den zu vergleichenden zwei Kapitalen alle andern Umstände als gleich annehmen. Außer der Mehrwertsrate und dem Arbeitstag sei also namentlich auch die prozentige Zusammensetzung gleich. Nehmen wir nun ein Kapital A von der Zusammensetzung 80c + 20v = 100 C, welches mit einer Mehrwertsrate von 100% zweimal im Jahr umschlägt. Dann ist das Jahresprodukt:
160c + 40v + 40m. Aber zur Ermittlung der Profitrate berechnen wir diese 40m nicht auf den umgeschlagnen Kapitalwert von 200, sondern auf den vorgeschoßnen von 100 und erhalten so p' = 40%.
Vergleichen wir damit ein Kapital B = 160c + 40v = 200 C, das mit derselben Mehrwertsrate von 100%, aber nur einmal im Jahr umschlage. Dann ist das Jahresprodukt wie oben:
160c + 40v + 40m. Diesmal aber sind die 40m zu berechnen auf ein vorgeschoßnes Kapital von 200, dies ergibt für die Profitrate nur 20%, also nur die Hälfte der Rate für A.
Es ergibt sich also: bei Kapitalen gleicher prozentiger Zusammensetzung, bei gleicher Mehrwertsrate und gleichem Arbeitstag verhalten sich die Profitraten zweier Kapitale umgekehrt wie ihre Umschlagszeiten. Ist entweder die Zusammensetzung oder die Mehrwertsrate oder der Arbeitstag oder Arbeitslohn in den beiden verglichenen Fällen nicht gleich, so werden dadurch allerdings auch weitere Verschiedenheiten in der Profitrate erzeugt; diese aber sind unabhängig vom Umschlag und gehn uns daher hier nichts an; sie sind auch bereits in Kap. III erörtert.
Die direkte Wirkung der verkürzten Umschlagszeit auf die Produktion von Mehrwert, also auch von Profit, besteht in der gesteigerten Wirksamkeit, die dem variablen Kapitalteil dadurch gegeben wird, worüber nachzusehn Buch II, Kap. XVI: Der Umschlag des variablen Kapitals. Es zeigte sich da, daß ein variables Kapital von 500, das zehnmal im Jahr umschlägt, in dieser Zeit ebensoviel Mehrwert aneignet wie ein variables Kapital von 5000, das bei gleicher Mehrwertsrate und gleichem Arbeitslohn nur einmal im Jahr umschlägt.
Nehmen wir ein Kapital I, bestehend aus 10000 fixem Kapital, dessen jährlicher Verschleiß 10% = 1000 betrage, 500 zirkulierendem konstantem und 500 variablem Kapital. Bei einer Mehrwertsrate von 100% schlage das variable Kapital zehnmal im Jahre um. Der Einfachheit wegen nehme wir in allen folgenden Beispielen an, daß das zirkulierende konstante Kapital in derselben Zeit umschlägt wie das variable, was auch in der Praxis meist so ziemlich der Fall sein wird. Dann wird das Produkt einer solchen Umschlagsperiode sein:
100c (Verschleiß) + 500c + 500v + 500m, = 1600
und das des ganzen Jahres von zehn solchen Umschlägen:
1000c (Verschleiß) + 5000c + 5000v + 5000m = 16000,
C = 11000, m = 5000, p' = 5000/11000 = 45 5/11%.
Nehmen wir nun ein Kapital II: fixes Kapital 9000, jährlicher Verschleiß desselben 1000, zirkulierendes konstantes Kapital 1000, variables Kapital 1000, Mehrwertsrate 100%, Zahl der jährlichen Umschläge des variablen Kapitals: 5. Das Produkt einer jeden Umschlagsperiode des variablen Kapitals wird also sein:
200c (Verschleiß) + 1000c + 1000v + 1000m = 3200,
und das Gesamtjahresprodukt bei fünf Umschlägen:
1000c (Verschleiß) + 5000c + 5000v + 5000m = 16000,
C = 11000, m = 5000, p' = 5000/11000 = 45 5/11%.
Nehmen wir ferner ein Kapital III, worin gar kein fixes Kapital, dagegen 6000 zirkulierendes konstantes und 5000 variables Kapital. Bei 100% Mehrwertsrate schlage es einmal im Jahr um. Das Gesamtprodukt im Jahr ist dann:
6000c + 5000v + 5000m = 16000,
C = 11000, m = 5000, p' = 5000/11000 = 45 5/11%.
Wir haben also in allen drei Fällen dieselbe jährliche Masse von Mehrwert, = 5000, und da das Gesamtkapital in allen drei Fällen ebenfalls gleich, nämlich = 11 000 ist, dieselbe Profitrate von 45 5/11%.
Haben wir dagegen bei dem obigen Kapital I, statt 10, nur 5 jährliche Umschläge des variablen Teils, so stellt sich die Sache anders. Das Produkt eines Umschlags ist dann:
200c (Verschleiß) + 500c + 500v + 500m = 1700.
Oder Jahresprodukt:
1000c (Verschleiß) + 2500c + 2500v + 2500m = 8500,
C = 11000, m = 2500; p' = 2500/11000 = 22 8/11%.
Die Profitrate ist auf die Hälfte gesunken, weil die Umschlagszeit verdoppelt worden ist.
Die im Lauf des Jahrs angeeignete Masse Mehrwert ist also gleich der Masse des in einer Umschlagsperiode des variablen Kapitals angeeigneten Mehrwerts, multipliziert durch die Anzahl solcher Umschläge im Jahr. Nennen wir den jährlich angeeigneten Mehrwert oder Profit M, den in einer Umschlagsperiode angeeigneten Mehrwert m, die Anzahl der jährlichen Umschläge des variablen Kapitals n, so ist M = mn und die jährliche Mehrwertsrate M' = m'n, wie bereits entwickelt Buch II, Kap. XVI, 1.
Die Formel der Profitrate p' = m' (v/C) = m' (v/(c + v)) ist selbstredend nur richtig, wenn das v des Zählers dasselbe ist wie das des Nenners. Im Nenner ist v der gesamte, durchschnittlich als variables Kapital, für Arbeitslohn verwandte Teil des Gesamtkapitals. Das v des Zählers ist zunächst nur bestimmt dadurch, daß es ein gewisses Quantum Mehrwert = m produziert und angeeignet hat, dessen Verhältnis zu ihm m/v die Mehrwertsrate m' ist. Nur auf diesem Wege hat sich die Gleichung p' = m /(c + v) verwandelt in die andre: p' = m' v/(c + v). Das v des Zählers wird nun näher dahin bestimmt, daß es gleich sein muß dem v des Nenners, d.h. dem gesamten variablen Teil des Kapitals C. In andern Worten, die Gleichung p' = m/C läßt sich nur dann ohne Fehler in die andre p' = m' (v/(c + v)) verwandeln, wenn m den in einer Umschlagsperiode des variablen Kapitals produzierten Mehrwert bedeutet. Umfaßt m nur einen Teil dieses Mehrwerts, so ist m = m'v zwar richtig, aber dies v ist hier kleiner als das v in C = c + v, weil weniger als das ganze variable Kapital in Arbeitslohn ausgelegt worden. Umfaßt m aber mehr als den Mehrwert eines Umschlags von v, so fungiert ein Teil dieses v oder auch das Ganze zweimal, zuerst im ersten, dann im zweiten, resp. zweiten und fernern Umschlag; das v, das den Mehrwert produziert und das die Summe aller gezahlten Arbeitslöhne ist, ist also größer als das v in c + v, und die Rechnung wird unrichtig.
Damit die Formel für die Jahresprofitrate exakt richtig werde, müssen wir statt der einfachen Mehrwertsrate die Jahresrate des Mehrwerts einsetzen, also statt m' setzen M' oder m'n. Mit andern Worten, wir müssen m', die Mehrwertsrate – oder was auf dasselbe herauskommt, den in C enthaltnen variablen Kapitalteil v – mit n, der Anzahl der Umschläge dieses variablen Kapitals im Jahr, multiplizieren, und wir erhalten so: p' = m'n (v/C), welches die Formel zur Berechnung der Jahresprofitrate ist.
Wie groß aber das variable Kapital in einem Geschäft ist, das weiß in den allermeisten Fällen der Kapitalist selbst nicht. Wir haben im achten Kapitel des zweiten Buchs gesehn und werden es noch weiterhin sehn, daß der einzige Unterschied Innerhalb seines Kapitals, der sich dem Kapitalisten als wesentlich aufdrängt, der Unterschied von fixem und zirkulierendem Kapital ist. Aus der Kasse, die den in Geldform in seinen Händen befindlichen Teil des zirkulierenden Kapitals enthält, soweit dieser nicht auf der Bank liegt, holt er das Geld für Arbeitslohn, aus derselben Kasse das Geld für Roh- und Hilfsstoffe und schreibt beides einem und demselben Kassakonto gut. Und sollte er auch ein besonderes Konto über die gezahlten Arbeitslöhne führen, so würde dies am Jahresschluß zwar die dafür gezahlte Summe, also vn, aufweisen, aber nicht das variable Kapital v selbst. Um dies zu ermitteln, müßte er eine eigne Berechnung anstellen, von der wir hier ein Beispiel geben wollen.
Wir nehmen dazu die in Buch I, S. 209/201 beschriebne Baumwollspinnerei von 10000 Mulespindeln und nehmen dabei an, daß die für eine Woche des April 1871 gegebnen Daten für das ganze Jahr Geltung behielten. Das in der Maschinerie steckende fixe Kapital war 10000 Pfd. St. Das zirkulierende Kapital war nicht angegeben; wir nehmen an, es sei 2500 Pfd. St. gewesen, ein ziemlich hoher Ansatz, der aber gerechtfertigt ist durch die Annahme, die wir hier immer machen müssen, daß keine Kreditoperationen stattfinden, also keine dauernde oder zeitweilige Benutzung von fremdem Kapital. Das Wochenprodukt war seinem Wert nach zusammengesetzt aus 20 Pfd. St. für Verschleiß der Maschinerie, 358 Pfd. St. zirkulierendem konstantem Kapitalvorschuß (Miete 6 Pfd. St., Baumwolle 342 Pfd. St., Kohlen, Gas, Öl 10 Pfd. St.), 52 Pfd. St. in Arbeitslohn ausgelegtem variablem Kapital und 80 Pfd. St. Mehrwert, also:
20c (Verschleiß) + 358c + 52v + 80m = 510.
Der wöchentliche Vorschuß an zirkulierendem Kapital war also 358c + 52v = 410, und seine prozentige Zusammensetzung = 87,3c + 12,7v. Dies auf das ganze zirkulierende Kapital von 2500 Pfd. St. berechnet, ergibt 2182 Pfd. St. konstantes und 318 Pfd. St. variables Kapital. Da die Gesamtauslage für Arbeitslohn im Jahr 52 mal 52 Pfd. St. war, also 2704 Pfd. St., ergibt sich, daß das variable Kapital von 318 Pfd. St. im Jahr fast genau 8 1/2 mal umschlug. Die Rate des Mehrwerts war 80/52 = 153 11/13%. Aus diesen Elementen berechnen wir die Profitrate, indem wir in der Formel p' = m'n (v/C) die Werte einsetzen: m' = 153 11/13, n = 8 1/2, v = 318, C =12500; also:
p' = 153 11/13 * 8 1/2 * 318/12500 = 33,27%.
Die Probe hierauf machen wir durch den Gebrauch der einfachen Formel p' * m/C. Der Gesamtmehrwert oder Profit im Jahr beläuft sich auf 80 Pfd. St. + 52 = 4160 Pfd. St., dies dividiert durch das Gesamtkapital von 12500 Pfd. St. ergibt fast wie oben 33,28%, eine abnorm hohe Profitrate, die nur aus den momentan äußerst günstigen Verhältnissen (sehr wohlfeile Baumwollpreise neben sehr hohen Garnpreisen) sich erklärt und in Wirklichkeit sicher nicht das ganze Jahr durch gegolten hat.
In der Formel p' = m'n (v/C) ist m'n, wie gesagt, das was im zweiten Buch als die Jahresrate des Mehrwerts bezeichnet wurde. Sie beträgt im obigen Fall 153 11/13% * 8 1/2, oder genau gerechnet 1307 9/13%. Wenn also ein gewisser Biedermann über die im zweiten Buch in einem Beispiel aufgestellte Ungeheuerlichkeit einer Jahresrate des Mehrwerts von 1000% die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen hat, so wird er sich vielleicht beruhigen bei der ihm hier aus der lebendigen Praxis von Manchester vorgeführten Tatsache einer Jahresrate des Mehrwerts von über 1300%. In Zeiten höchster Prosperität, wie wir sie freilich schon lange nicht mehr durchgemacht, ist eine solche Rate keineswegs eine Seltenheit.
Beiläufig haben wir hier ein Beispiel von der tatsächlichen Zusammensetzung des Kapitals innerhalb der modernen großen Industrie. Das Gesamtkapital teilt sich in 12182 Pfd. St. konstantes und 318 Pfd. St. variables Kapital, zusammen 12500 Pfd. St. Oder prozentig: 971/2c + 21/2v = 100 C. Nur der vierzigste Teil des Ganzen dient, aber in mehr als achtmaliger Wiederkehr im Jahr, zur Bestreitung von Arbeitslohn.
Da es wohl nur wenigen Kapitalisten einfällt, derartige Berechnungen über ihr eignes Geschäft anzustellen, so schwelgt die Statistik fast absolut über das Verhältnis des konstanten Teils des gesellschaftlichen Gesamtkapitals zum variablen Teil. Nur der amerikanische Zensus gibt, was unter den heutigen Verhältnissen möglich: die Summe der in jedem Geschäftszweig gezahlten Arbeitslöhne und der gemachten Profite. So anrüchig diese Daten auch sind, weil nur auf unkontrollierten Angaben der Industriellen selbst beruhend, so sind sie doch äußerst wertvoll und das einzige, was wir über den Gegenstand haben. In Europa sind wir viel zu zartfühlend, um unsern Großindustriellen dergleichen Enthüllungen zuzumuten. – F. E.}
5. Ökonomie in der Anwendung des konstanten Kapitals
I. Im allgemeinen
Die Vermehrung des absoluten Mehrwerts oder die Verlängerung der Mehrarbeit und darum des Arbeitstags, bei gleichbleibendem variablem Kapital, also bei Anwendung derselben Arbeiteranzahl zu nominell demselben Lohn – wobei es gleichgültig, ob die Überzeit bezahlt wird oder nicht – senkt relativ den Wert des konstanten Kapitals gegenüber dem Gesamtkapital und dem variablen Kapital und erhöht dadurch die Profitrate, auch abgesehn von dem Wachstum und der Masse des Mehrwerts und der möglicherweise steigenden Rate des Mehrwerts. Der Umfang des fixen Teils des konstanten Kapitals, Fabrikgebäude, Maschinerie etc. bleibt derselbe, ob 16 oder 12 Stunden damit gearbeitet wird. Die Verlängerung des Arbeitstags erheischt keine neue Auslage in diesem, dem kostspieligsten Teil des konstanten Kapitals. Es kommt hinzu, daß der Wert des fixen Kapitals so in einer kürzern Reihe von Umschlagsperioden reproduziert, also die Zeit verkürzt wird, für die es vorgeschossen werden muß, um einen bestimmten Profit zu machen. Die Verlängerung des Arbeitstags steigert daher den Profit, selbst wenn die Überzeit bezahlt, und bis zu einer gewissen Grenze, selbst wenn sie höher bezahlt wird als die normalen Arbeitsstunden. Die stets wachsende Notwendigkeit der Vermehrung des fixen Kapitals im modernen Industriesystem war daher ein Hauptstachel zur Verlängerung des Arbeitstags für profitwütige Kapitalisten.11
Es findet nicht dasselbe Verhältnis bei konstantem Arbeitstag statt. Es ist hier entweder nötig, die Zahl der Arbeiter und mit ihnen auch zu einem gewissen Verhältnis die Masse des fixen Kapitals, der Baulichkeiten, Maschinerie etc. zu vermehren, um eine größere Masse von Arbeit zu exploitieren (denn es wird hier abgesehn von Abzügen am Lohn oder Herabpressen des Lohns unter seine normale Höhe). Oder, wo die Intensität der Arbeit vermehrt, beziehungsweise die Produktivkraft der Arbeit erhöht, überhaupt mehr relativer Mehrwert erzeugt werden soll, wächst in den Industriezweigen, die Rohstoff anwenden, die Masse des zirkulierenden Teils des konstanten Kapitals, indem mehr Rohstoff etc. in dem gegebnen Zeitraum verarbeitet wird; und zweitens wächst die von derselben Zahl Arbeiter in Bewegung gesetzte Maschinerie, also auch dieser Teil des konstanten Kapitals. Das Wachsen des Mehrwerts ist also begleitet von einem Wachsen des konstanten Kapitals, die wachsende Exploitation der Arbeit von einer Verteuerung der Produktionsbedingungen, vermittelst welcher die Arbeit exploitiert wird, d.h. von größrer Kapitalauslage. Die Profitrate wird also hierdurch auf der einen Seite vermindert, wenn auf der andern erhöht.
Eine ganze Reihe laufender Unkosten bleibt sich beinahe oder ganz gleich bei längrem wie bei kürzrem Arbeitstag. Die Aufsichtskosten sind geringer für 500 Arbeiter bei 18 Arbeitsstunden als für 750 bei 12 Stunden.
»Die Betriebskosten einer Fabrik bei zehnstündiger Arbeit sind beinahe gleich hoch wie bei zwölfstündiger.« (»Rep. Fact., Oct. 1848«, p. 37.)
Staats- und Gemeindesteuern, Feuerversichrung, Lohn verschiedner ständiger Angestellter, Entwertung der Maschinerie und verschiedne andre Unkosten einer Fabrik laufen unverändert voran bei langer oder kurzer Arbeitszeit; im Verhältnis wie die Produktion abnimmt, steigen sie gegenüber dem Profit. (»Rep. Fact., Oct. 1862«, p. 19.)
Die Zeitdauer, worin sich der Wert der Maschinerie und andrer Bestandteile des fixen Kapitals reproduziert, ist praktisch bestimmt nicht durch die Zeit ihrer bloßen Dauer, sondern durch die Gesamtdauer des Arbeitsprozesses, während dessen sie wirkt und vernutzt wird. Müssen die Arbeiter 18 Stunden statt 12 schanzen, so gibt dies drei Tage mehr auf die Woche, eine Woche wird zu anderthalb, zwei Jahre zu drei. Wird die Überzeit nicht bezahlt, so geben die Arbeiter also, außer der normalen Mehrarbeitszeit, auf zwei Wochen die dritte, auf zwei Jahre das dritte gratis. Und so wird die Wertreproduktion der Maschinerie um 50% gesteigert und in 2/3 der sonst notwendigen Zeit erreicht.
Wir gehn bei dieser Untersuchung sowie bei der über die Preisschwankungen des Rohmaterials (in Kap. VI) von der Voraussetzung aus, daß Masse und Rate des Mehrwerts gegeben sind – zur Vermeidung nutzloser Komplikationen.
Wie bereits bei Darstellung der Kooperation, der Teilung der Arbeit und der Maschinerie hervorgehoben, entspringt die Ökonomie in den Produktionsbedingungen, welche die Produktion auf großer Stufenleiter charakterisiert, wesentlich daraus, daß diese Bedingungen als Bedingungen gesellschaftlicher, gesellschaftlich kombinierter Arbeit, also als gesellschaftliche Bedingungen der Arbeit fungieren. Sie werden gemeinsam im Produktionsprozeß konsumiert, vom Gesamtarbeiter, statt in zersplitterter Form von einer Masse unzusammenhängender oder höchstens auf kleinem Maßstab unmittelbar kooperierender Arbeiter. In einer großen Fabrik mit einem oder zwei Zentralmotoren wachsen die Kosten dieser Motoren nicht in demselben Verhältnis wie ihre Pferdekraft und daher ihre mögliche Wirkungssphäre; die Kosten der Übertragungsmaschinerie wachsen nicht in demselben Verhältnis wie die Masse der Arbeitsmaschinen, denen sie die Bewegung mitteilt; der Rumpf der Arbeitsmaschine selbst verteuert sich nicht im Verhältnis mit der steigenden Anzahl der Werkzeuge, womit als mit ihren Organen sie fungiert usw. Die Konzentration der Produktionsmittel erspart ferner Baulichkeiten aller Art, nicht nur für die eigentlichen Werkstätten, sondern auch für die Lagerlokale usw. Ebenso verhält es sich mit den Ausgaben für Feuerung, Beleuchtung usw. Andre Produktionsbedingungen bleiben dieselben, ob von wenigen oder vielen benutzt.
Diese ganze Ökonomie, die aus der Konzentration der Produktionsmittel und ihrer massenhaften Anwendung entspringt, setzt aber als wesentliche Bedingung die Anhäufung und das Zusammenwirken der Arbeiter voraus, also gesellschaftliche Kombination der Arbeit. Sie entspringt daher ebensogut aus dem gesellschaftlichen Charakter der Arbeit, wie der Mehrwert aus der Mehrarbeit jedes einzelnen Arbeiters, für sich isoliert betrachtet. Selbst die beständigen Verbesserungen, die hier möglich und notwendig sind, entspringen einzig und allein aus den gesellschaftlichen Erfahrungen und Beobachtungen, welche die Produktion des auf großer Stufenleiter kombinierten Gesamtarbeiters gewährt und erlaubt.
Dasselbe gilt von dem zweiten großen Zweig der Ökonomie in den Produktionsbedingungen. Wir meinen die Rückverwandlung der Exkremente der Produktion, ihrer sogenannten Abfälle, in neue Produktionselemente sei es desselben, sei es eines andern Industriezweigs; die Prozesse, wodurch diese sogenannten Exkremente in den Kreislauf der Produktion und daher der Konsumtion – produktiver oder individueller – zurückgeschleudert werden. Auch dieser Zweig der Ersparungen, auf den wir später etwas näher eingehn, ist das Resultat der gesellschaftlichen Arbeit auf großer Stufenleiter. Es ist die ihr entsprechende Massenhaftigkeit dieser Abfälle, die sie selbst wieder zu Handelsgegenständen und damit zu neuen Elementen der Produktion macht. Nur als Abfälle gemeinsamer Produktion, und daher der Produktion auf großer Stufenleiter, erhalten sie diese Wichtigkeit für den Produktionsprozeß, bleiben sie Träger von Tauschwert. Diese Abfälle – abgesehn von dem Dienst, den sie als neue Produktionselemente leisten – verwohlfeilern, im Maß wie sie wieder verkaufbar werden, die Kosten des Rohstoffs, in welche immer sein normaler Abfall eingerechnet ist, nämlich das Quantum, das durchschnittlich bei seiner Bearbeitung verlorengehn muß. Die Verminderung der Kosten dieses Teils des konstanten Kapitals erhöht pro tanto die Profitrate bei gegebner Größe des variablen Kapitals und gegebner Rate des Mehrwerts.
Wenn der Mehrwert gegeben ist, kann die Profitrate nur vermehrt werden durch Verminderung des Werts des zur Warenproduktion erheischten konstanten Kapitals. Soweit das konstante Kapital in die Produktion der Waren eingeht, ist es nicht sein Tauschwert, sondern sein Gebrauchswert, der allein in Betracht kommt. Wieviel Arbeit der Flachs in einer Spinnerei einsaugen kann, hängt nicht von seinem Wert ab, sondern von seiner Quantität, wenn der Grad der Produktivität der Arbeit, d.h. die Stufe der technischen Entwicklung gegeben ist. Ebenso hängt die Beihilfe, die eine Maschine z.B. drei Arbeitern leistet, nicht von ihrem Wert, sondern von ihrem Gebrauchswert als Maschine ab. Auf einer Stufe der technischen Entwicklung kann eine schlechte Maschine kostspielig, auf einer andern eine gute Maschine wohlfeil sein.
Der gesteigerte Profit, den ein Kapitalist dadurch erhält, daß z.B. Baumwolle und Spinnmaschinerie wohlfeiler geworden, ist das Resultat der gesteigerten Produktivität der Arbeit, zwar nicht in der Spinnerei, wohl aber im Maschinen- und Baumwollenbau. Um ein gegebnes Quantum Arbeit zu vergegenständlichen, also ein gegebnes Quantum Mehrarbeit anzueignen, bedarf es geringrer Auslage in den Bedingungen der Arbeit. Es fallen die Kosten, die erheischt sind, um dies bestimmte Quantum Mehrarbeit anzueignen.
Es ist schon gesprochen worden von der Ersparung, die aus der gemeinschaftlichen Anwendung der Produktionsmittel durch den Gesamtarbeiterden gesellschaftlich kombinierten Arbeiter – im Produktionsprozeß erfolgt. Weitere, aus der Abkürzung der Zirkulationszeit (wo Entwicklung der Kommunikationsmittel wesentliches materielles Moment) entspringende Ersparung in der Auslage von konstantem Kapital wird weiter unten betrachtet werden. Hier aber soll gleich noch gedacht werden der Ökonomie, die hervorgeht aus der fortwährenden Verbesserung der Maschinerie, nämlich 1. ihres Stoffs, z.B. Eisen statt Holz; 2. der Verwohlfeilerung der Maschinerie durch Verbesserung der Maschinenfabrikation überhaupt; so daß, obgleich der Wert des fixen Teils des konstanten Kapitals beständig wächst mit der Entwicklung der Arbeit auf großer Stufenleiter, er weitaus nicht in demselben Grad wächst12; 3. der speziellen Verbesserungen, die der schon vorhandenen Maschinerie erlauben, wohlfeiler und wirksamer zu arbeiten, z.B. Verbesserung der Dampfkessel etc., worüber später noch etwas im einzelnen; 4. der Verminderung der Abfälle durch bessere Maschinerie.
Alles, was den Verschleiß der Maschinerie und überhaupt des fixen Kapitals für eine gegebne Produktionsperiode vermindert, verwohlfeilert nicht nur die einzelne Ware, da jede einzelne Ware den auf sie fallenden aliquoten Teil des Verschleißes in ihrem Preis reproduziert, sondern vermindert die aliquote Kapitalauslage für diese Periode. Reparaturarbeiten u. dgl., im Maß wie sie nötig werden, zählen bei der Rechnung zu den Originalkosten der Maschinerie. Ihre Verminderung, infolge der größern Dauerhaftigkeit der Maschinerie, vermindert pro tanto deren Preis.
Von aller Ökonomie dieser Art gilt großenteils wieder, daß sie nur möglich ist für den kombinierten Arbeiter und sich oft erst verwirklichen kann bei Arbeiten auf noch größrer Stufenleiter, daß sie also noch größre Kombination von Arbeitern unmittelbar im Produktionsprozeß erheischt.
Andrerseits aber erscheint hier die Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit in einem Produktionszweig, z.B. in der Produktion von Eisen, Kohlen, Maschinen, in der Baukunst usw., die zum Teil wieder zusammenhängen mag mit Fortschritten im Gebiet der geistigen Produktion, namentlich der Naturwissenschaft und ihrer Anwendung, als die Bedingung der Verminderung des Werts und damit der Kosten, der Produktionsmittel in andern Industriezweigen, z.B. der Textilindustrie oder dem Ackerbau. Es ergibt sich dies von selbst, da die Ware, die als Produkt aus einem Industriezweig herauskommt, als Produktionsmittel in den andern wieder eingeht. Ihre größre oder geringre Wohlfeilheit hängt ab von der Produktivität der Arbeit in dem Produktionszweig, aus dem sie als Produkt herauskommt, und ist gleichzeitig Bedingung nicht nur für die Verwohlfeilerung der Waren, in deren Produktion sie als Produktionsmittel eingeht, sondern auch für die Wertverminderung des konstanten Kapitals, dessen Element sie hier wird, und daher für die Erhöhung der Profitrate.
Das Charakteristische dieser Art der Ökonomie des konstanten Kapitals, die aus der fortschreitenden Entwicklung der Industrie hervorgeht, ist, daß hier das Steigen der Profitrate in einem Industriezweig geschuldet wird der Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit in einem andern. Was hier dem Kapitalisten zugut kommt, ist wieder ein Gewinn, der das Produkt der gesellschaftlichen Arbeit ist, wenn auch nicht das Produkt der direkt von ihm selbst exploitierten Arbeiter. Jene Entwicklung der Produktivkraft führt sich in letzter Instanz immer zurück auf den gesellschaftlichen Charakter der in Tätigkeit gesetzten Arbeit; auf die Teilung der Arbeit innerhalb der Gesellschaft; auf die Entwicklung der geistigen Arbeit, namentlich der Naturwissenschaft. Was der Kapitalist hier benutzt, sind die Vorteile des gesamten Systems der gesellschaftlichen Arbeitsteilung. Es ist die Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit in ihrer auswärtigen Abteilung, in der Abteilung, die ihm Produktionsmittel liefert, wodurch hier der Wert des vom Kapitalisten angewandten konstanten Kapitals relativ gesenkt, also die Profitrate erhöht wird.
Eine andre Steigerung der Profitrate entspringt nicht aus der Ökonomie der Arbeit, wodurch das konstante Kapital produziert wird, sondern aus der Ökonomie in der Anwendung des konstanten Kapitals selbst. Durch die Konzentration der Arbeiter und ihre Kooperation auf großem Maßstab wird einerseits konstantes Kapital gespart. Dieselben Gebäude, Heiz-und Beleuchtungsvorrichtungen usw. kosten verhältnismäßig weniger für große als für kleine Produktionsstufen. Dasselbe gilt von der Kraft- und Arbeitsmaschinerie. Obgleich ihr Wert absolut steigt, fällt er relativ, im Verhältnis zur steigenden Ausdehnung der Produktion und zur Größe des variablen Kapitals oder der Masse der Arbeitskraft, die in Bewegung gesetzt wird. Die Ökonomie, die ein Kapital in seinem eignen Produktionszweig anwendet, besteht zunächst und direkt in Ökonomie der Arbeit, d.h. in Verringerung der bezahlten Arbeit seiner eignen Arbeiter; die vorher erwähnte Ökonomie besteht dagegen darin, diese größtmögliche Aneignung fremder unbezahlter Arbeit auf möglichst ökonomische Weise, d.h. auf dem gegebnen Produktionsmaßstab mit möglichst geringen Kosten zu bewerkstelligen. Soweit diese Ökonomie nicht beruht auf der schon erwähnten Ausbeutung der Produktivität der in der Produktion des konstanten Kapitals angewandten gesellschaftlichen Arbeit, sondern in der Ökonomie in Anwendung des konstanten Kapitals selbst, entspringt sie entweder direkt aus der Kooperation und gesellschaftlichen Form der Arbeit innerhalb des bestimmten Produktionszweigs selbst oder aus der Produktion der Maschinerie usw. auf einer Stufenleiter, worin ihr Wert nicht in demselben Grad wächst wie ihr Gebrauchswert.
Es sind hier zwei Punkte im Auge zu halten: Wäre der Wert von c = 0, so wäre p' = m', und die Profitrate stände auf ihrem Maximum. Zweitens aber: Was das wichtige für die unmittelbare Exploitation der Arbeit selbst ist, ist keineswegs der Wert der angewandten Exploitationsmittel, sei es des fixen Kapitals, sei es der Roh- und Hilfsstoffe. Soweit sie dienen als Aufsauger von Arbeit, als Media, worin oder wodurch sich die Arbeit und darum auch die Mehrarbeit vergegenständlicht, ist der Tauschwert der Maschinerie, der Gebäude, der Rohstoffe etc. vollständig gleichgültig. Worauf es ausschließlich ankommt, ist einerseits ihre Masse, wie sie technisch zur Verbindung mit einem bestimmten Quantum lebendiger Arbeit erheischt ist, andrerseits ihre Zweckgemäßheit, also nicht nur gute Maschinerie, sondern auch gute Roh- und Hilfsstoffe. Von der Güte des Rohstoffs hängt z. T. die Profitrate ab. Gutes Material liefert weniger Abfall; es ist also eine geringre Masse von Rohstoff für die Aufsaugung desselben Quantums Arbeit erheischt. Ferner ist der Widerstand geringer, den die Arbeitsmaschine findet. Z. T. wirkt dies sogar auf den Mehrwert und auf die Rate des Mehrwerts. Der Arbeiter braucht bei schlechtem Rohstoff mehr Zeit, um dasselbe Quantum zu verarbeiten; bei gleichbleibender Lohnzahlung ergibt dies einen Abzug von der Mehrarbeit. Es wirkt dies ferner sehr bedeutend ein auf die Reproduktion und Akkumulation des Kapitals, die, wie Buch I, S.627/619 und folgende entwickelt, noch mehr von der Produktivität als von der Masse der angewandten Arbeit abhängt.
Begreiflich ist daher der Fanatismus des Kapitalisten für Ökonomisierung der Produktionsmittel. Daß nichts umkommt oder verschleudert wird, daß die Produktionsmittel nur in der durch die Produktion selbst erheischten Weise verbraucht werden, hängt teils von der Dressur und Bildung der Arbeiter ab, teils von der Disziplin, die der Kapitalist über die kombinierten Arbeiter ausübt und die überflüssig wird in einem Gesellschaftszustand, wo die Arbeiter für ihre eigne Rechnung arbeiten, wie sie jetzt schon beim Stücklohn fast ganz überflüssig wird. Dieser Fanatismus äußert sich auch umgekehrt in der Fälschung der Produktionselemente, die ein Hauptmittel ist, den Wert des konstanten Kapitals im Verhältnis zum variablen zu senken und so die Rate des Profits zu erhöhen; wobei denn noch der Verkauf dieser Produktionselemente über ihrem Wert, soweit dieser Wert im Produkt wiedererscheint, als bedeutendes Element der Prellerei hinzukommt. Dies Moment spielt entscheidende Rolle namentlich in der deutschen Industrie, deren Grundsatz ist: Es kann den Leuten ja nur angenehm sein, wenn wir ihnen zuerst gute Proben schicken und nachher schlechte Ware. Indes diese der Konkurrenz angehörigen Erscheinungen gehn uns hier nichts an.
Es ist zu merken, daß diese durch Verminderung des Werts, also der Kostspieligkeit des konstanten Kapitals hervorgebrachte Steigerung der Profitrate durchaus unabhängig davon ist, ob der Industriezweig, worin sie stattfindet, Luxusprodukte hervorbringt oder in den Konsum der Arbeiter eingehende Lebensmittel oder Produktionsmittel überhaupt. Letztrer Umstand würde nur wichtig sein, soweit es sich um die Rate des Mehrwerts handelt, die wesentlich abhängt vom Wert der Arbeitskraft, d.h. vom Wert der herkömmlichen Lebensmittel des Arbeiters. Hier dagegen sind Mehrwert und Rate des Mehrwerts als gegeben vorausgesetzt. Wie der Mehrwert sich zum Gesamtkapital verhält – und dies bestimmt die Profitrate –, hängt unter diesen Umständen ausschließlich vom Wert des konstanten Kapitals ab und in keiner Weise vom Gebrauchswert der Elemente, woraus es besteht.
Die relative Verwohlfeilerung der Produktionsmittel schließt natürlich nicht aus, daß ihre absolute Wertsumme wächst; denn der absolute Umfang, worin sie angewandt werden, nimmt außerordentlich zu mit der Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit und der sie begleitenden, wachsenden Stufenleiter der Produktion. Die Ökonomie in der Anwendung des konstanten Kapitals, nach welcher Seite sie immer betrachtet werde, ist das Resultat, teils ausschließlich davon, daß die Produktionsmittel als gemeinsame Produktionsmittel des kombinierten Arbeiters fungieren und verbraucht werden, so daß diese Ökonomie selbst als ein Produkt des gesellschaftlichen Charakters der unmittelbar produktiven Arbeit erscheint; teils aber ist sie das Resultat der Entwicklung der Produktivität der Arbeit in den Sphären, die dem Kapital seine Produktionsmittel liefern, so daß, wenn die Gesamtarbeit gegenüber dem Gesamtkapital, nicht bloß die vom Kapitalisten X angewandten Arbeiter diesem Kapitalisten X gegenüber betrachtet werden, diese Ökonomie wieder als Produkt der Entwicklung der Produktivkräfte der gesellschaftlichen Arbeit sich darstellt und der Unterschied nur der ist, daß Kapitalist X nicht nur aus der Produktivität der Arbeit seiner eignen Werkstatt, sondern auch aus der von fremden Werkstätten Vorteil zieht. Dennoch aber erscheint die Ökonomie des konstanten Kapitals dem Kapitalisten als eine dem Arbeiter gänzlich fremde und ihn absolut nichts angehende Bedingung, mit der der Arbeiter gar nichts zu tun hat; während es dem Kapitalisten immer sehr klar bleibt, daß der Arbeiter wohl etwas damit zu tun hat, ob der Kapitalist viel oder wenig Arbeit für dasselbe Geld kauft (denn so erscheint in seinem Bewußtsein die Transaktion zwischen Kapitalist und Arbeiter). In einem noch viel höhern Grad als bei den andern der Arbeit innewohnenden Kräften erscheint diese Ökonomie in Anwendung der Produktionsmittel, diese Methode, ein bestimmtes Resultat mit den geringsten Ausgaben zu erreichen, als eine dem Kapital inhärente Kraft und als eine der kapitalistischen Produktionsweise eigentümliche und sie charakterisierende Methode.
Diese Vorstellungsweise ist um so weniger befremdlich, als ihr der Schein der Tatsachen entspricht und als das Kapitalverhältnis in der Tat den innern Zusammenhang verbirgt in der vollständigen Gleichgültigkeit, Äußerlichkeit und Entfremdung, worin es den Arbeiter versetzt gegenüber den Bedingungen der Verwirklichung seiner eignen Arbeit.
Erstens: Die Produktionsmittel, aus denen das konstante Kapital besteht, repräsentieren nur das Geld des Kapitalisten (wie der Leib des römischen Schuldners das Geld seines Gläubigers nach Linguet) und stehn in einem Verhältnis nur zu ihm, während der Arbeiter, soweit er im wirklichen Produktionsprozeß mit ihnen in Berührung kommt, sich mit ihnen befaßt nur als mit Gebrauchswerten der Produktion, Arbeitsmitteln und Arbeitsstoff. Die Ab- oder Zunahme dieses Werts ist also eine Sache, die sein Verhältnis zum Kapitalisten sowenig berührt wie der Umstand, ob er in Kupfer oder in Eisen arbeitet. Allerdings liebt es der Kapitalist, die Sache, wie wir später andeuten werden, anders aufzufassen, sobald Wertzunahme der Produktionsmittel und dadurch Verminderung der Profitrate stattfindet.
Zweitens: Soweit diese Produktionsmittel im kapitalistischen Produktionsprozeß zugleich Exploitationsmittel der Arbeit sind, kümmert die relative Wohlfeilheit oder Kostspieligkeit dieser Exploitationsmittel den Arbeiter ebensowenig, wie es ein Pferd kümmert, ob es mit einem teuern oder wohlfeilen Gebiß und Zaum regiert wird.
Endlich verhält sich, wie früher gesehn, der Arbeiter in der Tat zu dem gesellschaftlichen Charakter seiner Arbeit, zu ihrer Kombination mit der Arbeit andrer für einen gemeinsamen Zweck, als zu einer ihm fremden Macht; die Verwirklichungsbedingungen dieser Kombination sind ihm fremdes Eigentum, dessen Verschleuderung ihm völlig gleichgültig wäre, würde er nicht zur Ökonomisierung desselben gezwungen. Ganz anders ist dies in den den Arbeitern selbst gehörigen Fabriken, z.B. zu Rochdale.
Es bedarf also kaum der Erwähnung, daß, soweit die Produktivität der Arbeit in dem einen Produktionszweig als Verwohlfeilerung und Verbesserung der Produktionsmittel in dem andern erscheint und damit zur Erhöhung der Profitrate dient, dieser allgemeine Zusammenhang der gesellschaftlichen Arbeit als etwas den Arbeitern durchaus Fremdes auftritt, das in der Tat nur den Kapitalisten angeht, sofern er allein diese Produktionsmittel kauft und sich aneignet. Daß er das Produkt der Arbeiter in einem fremden Produktionszweig mit dem Produkt der Arbeiter in seinem eignen Produktionszweig kauft und daher über das Produkt fremder Arbeiter nur verfügt, soweit er sich das seiner eignen unentgeltlich angeeignet hat, ist ein Zusammenhang, der durch den Zirkulationsprozeß usw. glücklich verdeckt ist.
Es kommt hinzu, daß, wie die Produktion im großen sich zuerst in der kapitalistischen Form entwickelt, so die Profitwut einerseits, die Konkurrenz andrerseits, die zu möglichst wohlfeiler Produktion der Waren zwingt, diese Ökonomie in Anwendung des konstanten Kapitals als der kapitalistischen Produktionsweise eigentümlich und daher als Funktion des Kapitalisten erscheinen läßt.
Wie die kapitalistische Produktionsweise auf der einen Seite zur Entwicklung der Produktivkräfte der gesellschaftlichen Arbeit, treibt sie auf der andern zur Ökonomie in der Anwendung des konstanten Kapitals.
Es bleibt jedoch nicht bei der Entfremdung und Gleichgültigkeit zwischen dem Arbeiter, dem Träger der lebendigen Arbeit hier, und der ökonomischen, d.h. rationellen und sparsamen Anwendung seiner Arbeitsbedingungen dort. Ihrer widersprechenden, gegensätzlichen Natur nach geht die kapitalistische Produktionsweise dazu fort, die Verschwendung am Leben und der Gesundheit des Arbeiters, die Herabdrückung seiner Existenzbedingungen selbst zur Ökonomie in der Anwendung des konstanten Kapitals zu zählen und damit zu Mitteln zur Erhöhung der Profitrate.
Da der Arbeiter den größten Teil seines Lebens im Produktionsprozeß zubringt, so sind die Bedingungen des Produktionsprozesses zum großen Teil Bedingungen seines aktiven Lebensprozesses, seine Lebensbedingungen, und die Ökonomie in diesen Lebensbedingungen ist eine Methode, die Profitrate zu erhöhen; ganz wie wir früher schon sahen, daß die Überarbeitung, die Verwandlung des Arbeiters in ein Arbeitsvieh, eine Methode ist, die Selbstverwertung des Kapitals, die Produktion des Mehrwerts zu beschleunigen. Diese Ökonomie erstreckt sich auf Überfüllung enger, ungesunder Räume mit Arbeitern, was auf kapitalistisch Ersparung an Baulichkeiten heißt; Zusammendrängung gefährlicher Maschinerie in denselben Räumen und Versäumnis von Schutzmitteln gegen die Gefahr; Unterlassung von Vorsichtsmaßregeln in Produktionsprozessen, die ihrer Natur nach gesundheitswidrig oder wie in Bergwerken mit Gefahr verbunden sind usw. Gar nicht zu sprechen von der Abwesenheit aller Anstalten, um dem Arbeiter den Produktionsprozeß zu vermenschlichen, angenehm oder nur erträglich zu machen. Es würde dies vom kapitalistischen Standpunkt eine ganz zweck- und sinnlose Verschwendung sein. Die kapitalistische Produktion ist überhaupt, bei aller Knauserei, durchaus verschwenderisch mit dem Menschenmaterial, ganz wie sie andrerseits, dank der Methode der Verteilung ihrer Produkte durch den Handel und ihrer Manier der Konkurrenz, sehr verschwenderisch mit den materiellen Mitteln umgeht und auf der einen Seite für die Gesellschaft verliert, was sie auf der andern für den einzelnen Kapitalisten gewinnt.
Wie das Kapital die Tendenz hat, in der direkten Anwendung der lebendigen Arbeit sie auf notwendige Arbeit zu reduzieren und die zur Herstellung eines Produkts notwendige Arbeit stets abzukürzen durch Ausbeutung der gesellschaftlichen Produktivkräfte der Arbeit, also die direkt angewandte lebendige Arbeit möglichst zu ökonomisieren, so hat es auch die Tendenz, diese auf ihr notwendiges Maß reduzierte Arbeit unter den ökonomischsten Bedingungen anzuwenden, d.h. den Wert des angewandten konstanten Kapitals auf sein möglichstes Minimum zu reduzieren. Wenn der Wert der Waren bestimmt ist durch die in ihnen enthaltne notwendige Arbeitszeit, nicht durch die überhaupt in ihnen enthaltne Arbeitszeit, so ist es das Kapital, das diese Bestimmung erst realisiert und zugleich fortwährend die zur Produktion einer Ware gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit verkürzt. Der Preis der Ware wird dadurch auf sein Minimum reduziert, indem jeder Teil der zu ihrer Produktion erheischten Arbeit auf sein Minimum reduziert wird.
Man muß bei der Ökonomie in der Anwendung des konstanten Kapitals unterscheiden. Wächst die Masse und mit ihr die Wertsumme des angewandten Kapitals, so ist dies zunächst nur Konzentration von mehr Kapital in einer Hand. Es ist aber gerade diese größre, von einer Hand angewandte Masse – der meist auch eine absolut größre, aber relativ kleinere Anzahl angewandter Arbeit entspricht –, die die Ökonomie des konstanten Kapitals erlaubt. Den einzelnen Kapitalisten betrachtet, wächst der Umfang der notwendigen Kapitalauslage, besonders beim fixen Kapital; aber mit Bezug auf die Masse des verarbeiteten Stoffs und der exploitierten Arbeit nimmt ihr Wert relativ ab.
Es ist dies nun kurz durch einzelne Illustrationen auszuführen. Wir beginnen mit dem Ende, mit der Ökonomie in den Produktionsbedingungen, soweit diese zugleich als Existenz- und Lebensbedingungen des Arbeiters sich darstellen.
II. Ersparnis an den Arbeitsbedingungen auf Kosten der Arbeiter
Kohlenbergwerke. Vernachlässigung der notwendigsten Auslagen.
»Bei der Konkurrenz, die unter den Besitzern von Kohlengruben... herrscht, werden nicht mehr Auslagen gemacht als nötig sind, um die handgreiflichsten physischen Schwierigkeiten zu überwinden; und bei der Konkurrenz unter den Grubenarbeitern, die gewöhnlich in Überzahl vorhanden sind, setzen diese sich bedeutenden Gefahren und den schädlichsten Einflüssen mit Vergnügen aus für einen Lohn, der nur wenig höher ist als der der benachbarten Landtaglöhner, da die Bergwerksarbeit zudem gestattet, ihre Kinder profitlich zu verwenden. Diese doppelte Konkurrenz reicht vollständig hin... um zu bewirken, daß ein großer Teil der Gruben mit der unvollkommensten Trockenlegung und Ventilation betrieben wird; oft mit schlecht gebauten Schachten, schlechtem Gestänge, unfähigen Maschinisten, mit schlecht angelegten und schlecht ausgebauten Stollen und Fahrbahnen; und dies verursacht eine Zerstörung an Leben, Gliedmaßen und Gesundheit, deren Statistik ein entsetzendes Bild darstellen würde.« (»First Report on Children's Employment in Mines and Collieries etc., 21. April 1829«, p. 102.)
In den englischen Kohlengruben wurden gegen 1860 wöchentlich im Durchschnitt 15 Mann getötet. Nach dem Bericht über »Coal Mines Accidents« (6. Febr. 1862) wurden in den 10 Jahren 1852-1861 zusammen 8466 getötet. Diese Zahl ist aber viel zu gering, wie der Bericht selbst sagt, da in den ersten Jahren, als die Inspektoren erst eben eingesetzt und ihre Bezirke viel zu groß waren, eine große Masse Unglücks- und Todesfälle gar nicht angemeldet wurden. Gerade der Umstand, daß trotz der noch sehr großen Schlächterei und der ungenügenden Zahl und geringen Macht der Inspektoren, die Zahl der Unfälle sehr abgenommen hat seit Einrichtung der Inspektion, zeigt die natürliche Tendenz der kapitalistischen Exploitation. – Diese Menschenopfer sind größtenteils geschuldet dem schmutzigen Geiz der Grubenbesitzer, die z.B. oft nur einen Schacht graben ließen, so daß nicht nur keine wirksame Ventilation, sondern auch kein Ausweg möglich, sobald der eine verstopft war.
Die kapitalistische Produktion, wenn wir sie im einzelnen betrachten und von dem Prozeß der Zirkulation und den Überwucherungen der Konkurrenz absehn, geht äußerst sparsam um mit der verwirklichten, in Waren vergegenständlichten Arbeit. Dagegen ist sie, weit mehr als jede andre Produktionsweise, eine Vergeuderin von Menschen, von lebendiger Arbeit, eine Vergeuderin nicht nur von Fleisch und Blut, sondern auch von Nerven und Hirn. Es ist in der Tat nur durch die ungeheuerste Verschwendung von individueller Entwicklung, daß die Entwicklung der Menschheit überhaupt gesichert und durchgeführt wird in der Geschichtsepoche, die der bewußten Rekonstitution der menschlichen Gesellschaft unmittelbar vorausgeht. Da die ganze Ökonomisierung, von der hier die Rede, entspringt aus dem gesellschaftlichen Charakter der Arbeit, so ist es in der Tat gerade dieser unmittelbar gesellschaftliche Charakter der Arbeit, der diese Verschwendung von Leben und Gesundheit der Arbeiter erzeugt. Charakteristisch in dieser Hinsicht ist schon die vom Fabrikinspektor R. Baker aufgeworfne Frage:
»The whole question is one for serious consideration, in what way this sacrifice of infant life occasioned by congregational labour can be best averted?« (»Rep. Fact., Oct. 1863«, p. 157.)
Fabriken. Es gehört hierher die Unterdrückung aller Vorsichtsmaßregeln zur Sicherheit, Bequemlichkeit und Gesundheit der Arbeiter auch in den eigentlichen Fabriken. Ein großer Teil der Schlachtbulletins, die die Verwundeten und Getöteten der industriellen Armee aufzählen (siehe die alljährlichen Fabrikberichte), stammt hieher. Ebenso Mangel an Raum, Lüftung etc.
Noch Oktober 1855 beklagt sich Leonard Horner über den Widerstand sehr zahlreicher Fabrikanten gegen die gesetzlichen Bestimmungen über Schutzvorrichtungen an Horizontalwellen, trotzdem daß die Gefahr fortwährend durch, oft tödliche, Unfälle bewiesen wird und die Schutzvorrichtung weder kostspielig ist, noch den Betrieb irgendwie stört. (»Rep. Fact., Oct. 1855«, p. 6.) In solchem Widerstand gegen diese und andre gesetzliche Bestimmungen wurden die Fabrikanten redlich unterstützt von den unbezahlten Friedensrichtern, die, meist selbst Fabrikanten oder deren Freunde, über solche Fälle zu entscheiden hatten. Welcher Art die Urteile dieser Herren waren, sagte der Oberrichter Campbell mit Bezug auf eins derselben, wogegen an ihn appelliert wurde: »Dies ist nicht eine Auslegung des Parlamentsakts, es ist einfach seine Abschaffung« (l.c. p. 11). – In demselben Bericht erzählt Horner, daß in vielen Fabriken die Maschinerie in Bewegung gesetzt wird, ohne dies den Arbeitern vorher kundzugeben. Da auch an der stillstehenden Maschinerie immer etwas zu tun ist, sind dann immer Hände und Finger darin beschäftigt, und fortwährende Unfälle entstehn aus dieser einfachen Unterlassung eines Signals (l.c. p. 44). Die Fabrikanten hatten damals eine Trades-Union zum Widerstand gegen die Fabrikgesetzgebung gebildet, die sog. »National Association for the Amendment of the Factory Laws« in Manchester, die im März 1855 vermittelst Beiträgen von 2 sh. per Pferdekraft eine Summe von über 50000 Pfd. St. aufbrachte, um hieraus die Prozeßkosten der Mitglieder gegen gerichtliche Klagen der Fabrikinspektoren zu bestreiten und die Prozesse von Vereins wegen zu führen. Es handelte sich zu beweisen, daß killing no murder ist, wenn es um des Profits willen geschieht. Der Fabrikinspektor für Schottland, Sir John Kincaid, erzählt von einer Firma in Glasgow, daß sie mit dem alten Eisen in ihrer Fabrik ihre sämtliche Maschinerie mit Schutzvorrichtungen versah, was ihr 9 Pfd. St. 1 sh. kostete. Hätte sie sich an jenen Verein angeschlossen, so hätte sie für ihre 110 Pferdekraft 11 Pfd. St. Beitrag zahlen müssen, also mehr als ihr die gesamte Schutzvorrichtung kostete. Die National Association war aber 1854 ausdrücklich gestiftet worden, um dem Gesetz zu trotzen, das solche Schutzvorrichtungen vorschrieb. Während der ganzen Zeit von 1844-1854 hatten die Fabrikanten nicht die geringste Rücksicht darauf genommen. Auf Anweisung Palmerstons kündigten die Fabrikinspektoren den Fabrikanten jetzt an, daß nun mit dem Gesetz Ernst gemacht werden soll. Sofort stifteten die Fabrikanten ihre Assoziation, unter deren hervorragendsten Mitgliedern viele selbst Friedensrichter waren und in dieser Eigenschaft das Gesetz selbst anzuwenden hatten. Als April 1855 der neue Minister des Innern, Sir George Grey, einen Vermittlungsvorschlag machte, wonach die Regierung sich mit fast nur nominellen Schutzvorrichtungen zufriedengeben wollte, wies die Assoziation auch dies mit Entrüstung zurück. Bei verschiednen Prozessen gab sich der berühmte Ingenieur WilliamA2 Fairbairn dazu her, als Sachverständiger zugunsten der Ökonomie und verletzten Freiheit des Kapitals seinen Ruf in die Schanze zu schlagen. Der Chef der Fabrikinspektion, Leonard Horner, wurde von den Fabrikanten in jeder Weise verfolgt und verlästert.
Die Fabrikanten ruhten jedoch nicht, bis sie ein Urteil des Court of Queen's Bench erwirkt, nach dessen Auslegung das Gesetz von 1844 keine Schutzvorrichtungen vorschrieb bei Horizontalwellen, die mehr als 7 Fuß über dem Boden angebracht waren, und endlich 1856 gelang es ihnen durch den Mucker Wilson-Patten – einen von jenen frommen Leuten, deren zur Schau getragne Religion sich stets bereit macht, den Rittern vom Geldsack zu Gefallen schmutzige Arbeit zu tun – einen Parlamentsakt durchzusetzen, mit dem sie unter den Umständen zufrieden sein konnten. Der Akt entzog tatsächlich den Arbeitern allen besondren Schutz und verwies sie für Schadenersatz bei Unfällen durch Maschinerie an die gewöhnlichen Gerichte (reiner Hohn bei englischen Gerichtskosten), während er andrerseits durch eine sehr fein ausgetüftelte Vorschrift wegen der einzuhaltenden Expertise es den Fabrikanten fast unmöglich machte, den Prozeß zu verlieren. Die Folge war rasche Zunahme der Unfälle. Im Halbjahr Mai bis Oktober 1858 hatte Inspektor Baker eine Zunahme der Unfälle von 21% allein gegen das vorige Halbjahr. 36,7% sämtlicher Unfälle konnten nach seiner Ansicht vermieden werden. Allerdings hatte 1858 und 1859 die Zahl der Unfälle sich gegen 1845 und 1846 bedeutend vermindert, nämlich um 29%, bei einer Vermehrung der Arbeiterzahl in den der Inspektion unterworfnen Industriezweigen um 20%. Aber woher kam dies? Soweit der Streitpunkt bis jetzt (1865) erledigt ist, ist er hauptsächlich erledigt worden durch die Einführung neuer Maschinerie, bei der die Schutzvorrichtungen schon von vornherein angebracht sind und wo sie sich der Fabrikant gefallen läßt, weil sie ihm keine Extrakosten machen. Auch war es einigen Arbeitern gelungen, für ihre verlornen Arme schweren gerichtlichen Schadenersatz und diese Urteile bis in die höchste Instanz bestätigt zu erhalten. (»Rep. Fact., 30. April 1861«, p. 31, ditto April 1862, p. 17.)
Soweit über Ökonomie in den Mitteln zur Sicherung des Lebens und der Glieder der Arbeiter (worunter viele Kinder) vor den Gefahren, die direkt aus ihrer Verwendung bei Maschinerie entspringen.
Arbeit in geschloßnen Räumen überhaupt. – Es ist bekannt, wie sehr die Ökonomie am Raum, und daher an den Baulichkeiten, die Arbeiter in engen Lokalen zusammendrängt. Dazu kommt noch Ökonomie an den Lüftungsmitteln. Zusammen mit der längern Arbeitszeit produziert beides große Vermehrung der Krankheiten der Atmungsorgane und folglich vermehrte Sterblichkeit. Die folgenden Illustrationen sind genommen aus den Berichten über »Public Health, 6tb Rep. 1863«; der Bericht ist kompiliert von dem aus unserm Buch I wohlbekannten Dr. John Simon.
Wie es die Kombination der Arbeiter und ihre Kooperation ist, die die Anwendung der Maschinerie auf großer Stufenleiter, die Konzentration der Produktionsmittel und die Ökonomie in ihrer Anwendung erlaubt, so ist es dies massenhafte Zusammenarbeiten in geschloßnen Räumen und unter Umständen, für die nicht die Gesundheit der Arbeiter, sondern die erleichterte Herstellung des Produkts entscheidend ist – es ist diese massenhafte Konzentration in derselben Werkstatt, die einerseits Quelle des wachsenden Profits für den Kapitalisten, andrerseits aber auch, wenn nicht kompensiert sowohl durch Kürze der Arbeitszeit wie durch besondere Vorsichtsmaßregeln, zugleich Ursache der Verschwendung des Lebens und der Gesundheit der Arbeiter ist.
Dr. Simon stellt als Regel auf, die er durch massenhafte Statistik beweist:
»Im Verhältnis wie die Bevölkerung einer Gegend auf gemeinschaftliche Arbeit in geschloßnen Räumen angewiesen wird, in demselben Verhältnis steigt, bei sonst gleichen Umständen, die Sterblichkeitsrate dieses Distrikts infolge von Lungenkrankheiten« (p.23). Die Ursache ist die schlechte Ventilation. »Und wahrscheinlich gibt es in ganz England keine einzige Ausnahme von der Regel, daß in jedem Distrikt, der eine bedeutende, in geschloßnen Räumen betriebne Industrie besitzt, die vermehrte Sterblichkeit dieser Arbeiter hinreicht, die Sterblichkeitsstatistik des ganzen Distrikts mit einem entschiednen Überschuß von Lungenkrankheiten zu färben« (p.23).
Aus der Sterblichkeitsstatistik mit Bezug auf Industrien, die in geschloßnen Räumen betrieben werden und die 1860 und 1861 vom Gesundheitsamt untersucht wurden, ergibt sich: auf dieselbe Zahl von Männern zwischen 15 und 55 Jahren, auf die in den englischen Ackerbaudistrikten 100 Todesfälle von Schwindsucht und andren Lungenkrankheiten kommen, ist die Zahl für eine gleiche Bevölkerungszahl von Männern: in Coventry 163 Todesfälle von Schwindsucht, in Blackburn und Skipton 167, in Congleton und Bradford 168, in Leicester 171, in Leek 182, in Macclesfield 184, in Bolton 190, in Nottingham 192, in Rochdale 193, in Derby 198, in Salford und Ashton-under-Lyne 203, in Leeds 218, in Preston 220 und in Manchester 263 (p. 24). Die nachfolgende Tabelle gibt ein noch schlagenderes Beispiel. Sie gibt die Todesfälle durch Lungenkrankheiten getrennt für beide Geschlechter für das Alter von 15 bis 25 Jahren und berechnet auf je 100000. Die ausgewählten Distrikte sind solche, wo nur die Frauen in der in geschloßnen Räumen betriebnen Industrie, die Männer aber in allen möglichen Arbeitszweigen beschäftigt werden.
In den Bezirken der Seidenindustrie, wo die Beteiligung der Männer an der Fabrikarbeit größer, ist auch ihre Sterblichkeit bedeutend. Die Sterblichkeitsrate an Schwindsucht etc. bei beiden Geschlechtern enthüllt hier, wie es in dem Bericht heißt,
»die empörenden (atrocious) sanitären Umstände, unter denen ein großer Teil unsrer Seidenindustrie betrieben wird«.
Und es ist dies dieselbe Seidenindustrie, bei der die Fabrikanten, unter Berufung auf die ausnahmsweise günstigen Gesundheitsbedingungen ihres Betriebs, ausnahmsweis lange Arbeitszeit der Kinder unter 13 Jahren verlangten und auch teilweis bewilligt erhielten (Buch I, Kap. VIII, 6, S. 296/286).
Todesfälle von Lungenkrankhei— Distrikt Hauptindustrie ten zwischen 15 und 25 Jahren, berechnet auf je 100000 Männer Weiber ——————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— Berkhampstead Strohflechterei, von Weibern betrieben 219 578 Leighton Buzzard Strohflechterei, von Weibern betrieben 309 554 Newport Pagnell Spitzenfabrikation durch Weiber 301 617 Towcester Spitzenfabrikation durch Weiber 239 577 Yeovil Handschuhmachen, meist durch Weiber 280 409 Leek Seidenindustrie, Weiber vorwiegend 437 856 Congleton Seidenindustrie, Weiber vorwiegend 566 790 Macclesfield Seidenindustrie, Weiber vorwiegend 593 890 Gesunde Landgegend Ackerbau 331 333
»Keine der bisher untersuchten Industrien hat wohl ein schlimmeres Bild geliefert als das, welches Dr. Smith von der Schneiderei gibt... Die Werkstätten, sagt er, sind sehr verschieden in sanitärer Beziehung; aber fast alle sind überfüllt, schlecht gelüftet und der Gesundheit in hohem Grade ungünstig... Solche Zimmer sind notwendig ohnehin heiß; wenn aber das Gas angesteckt wird, wie bei Tage während des Nebels und des Abends im Winter, steigt die Hitze auf 80 und selbst 90 Grad« (Fahrenheit, = 27-33°C) »und verursacht triefenden Schweiß und Verdichtung des Dunstes auf den Glasscheiben, so daß das Wasser fortwährend herabrieselt oder vom Oberlicht heruntertropft und die Arbeiter gezwungen sind, einige Fenster offenzuhalten, obgleich sie sich dabei unvermeidlich erkälten. – Von dem Zustand in 16 der bedeutendsten Werkstätten des Westends von London gibt er folgende Beschreibung: Der größte Kubikraum, der in diesen schlechtgelüfteten Zimmern auf einen Arbeiter kommt, ist 270 Kubikfuß; der geringste 105 Fuß, im Durchschnitt aller nur 156 Fuß pro Mann. In einer Werkstatt, in der eine Galerie rundherum läuft und die nur Oberlicht hat, werden von 92 bis über 100 Leute beschäftigt, eine große Menge Gasflammen gebrannt; die Abtritte sind dicht daneben, und der Raum übersteigt nicht 150 Kubikfuß pro Mann. In einer andern Werkstatt, die nur als ein Hundehaus in einem von oben erhellten Hof bezeichnet, und nur durch ein kleines Dachfenster gelüftet werden kann, arbeiten 5 oder 6 Leute in einem Raum von 112 Kubikfuß per Mann.« Und »in diesen infamen (atrocious) Werkstätten, die Dr. Smith beschreibt, arbeiten die Schneider gewöhnlich 12-13 Stunden des Tages, und zu gewissen Zeiten wird die Arbeit während 15-16 Stunden fortgesetzt« (p.25, 26, 28).
Anzahl der beschäf— Industriezwecke Sterblichkeitsrate pro tigten Leute und Lokalität 100000 im Alter von 25 — 35 35 — 45 45 — 55 ————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— 958.265 Ackerbau, England und Wales 743 805 1.145 22.301 Männer und 12.377 Weiber Schneider, London 958 1.262 2.093 13.803 Schriftsetzer und Drucker, London 894 1.747 2.367
(p. 30.) Es ist zu bemerken und ist in der Tat von John Simon, dem Chef der medizinischen Abteilung, von dem der Bericht ausgeht, bemerkt, daß für das Alter von 25-35 Jahren die Sterblichkeit der Schneider, Schriftsetzer und Drucker in London zu gering angegeben ist, weil in beiden Geschäftszweigen die Londoner Meister eine große Zahl junger Leute (wahrscheinlich bis zu 30 Jahren) vom Lande als Lehrlinge und »improvers«, d.h. zur weitern Ausbildung, erhalten. Sie vermehren die Anzahl der Beschäftigten, worauf die industriellen Sterblichkeitsraten für London berechnet werden müssen; aber sie tragen nicht in gleichem Verhältnis bei zur Anzahl der Todesfälle in London, weil ihr Aufenthalt dort nur zeitweilig ist; erkranken sie während dieser Zeit, so gehn sie aufs Land nach Hause zurück, und dort wird, wenn sie sterben, der Todesfall eingetragen. Dieser Umstand affiziert noch mehr die frühern Altersstufen und macht die Londoner Sterblichkeitsraten für diese Stufen vollständig wertlos als Maßstäbe der industriellen Gesundheitswidrigkeit (p. 30).
Ähnlich wie mit den Schneidern verhält es sich mit den Schriftsetzern, bei denen zum Mangel an Ventilation, zur Pestluft usw. noch Nachtarbeit hinzukommt. Ihre gewöhnliche Arbeitszeit dauert 12 bis 13 Stunden, manchmal 15 bis 16.
»Große Hitze und Stickluft, sobald das Gas angezündet wird... Es kommt nicht selten vor, daß Dünste von einer Gießerei oder Gestank von Maschinerie oder Senkgruben aus dem untern Stockwerk heraufsteigen und die Übel des obern Zimmers verschlimmern. Die erhitzte Luft der untern Räume heizt die obern schon durch Erwärmung des Bodens, und wenn die Räume bei großem Gasverbrauch niedrig sind, ist dies ein großes Übel. Noch schlimmer ist es da, wo die Dampfkessel im untern Raum stehn und das ganze Haus mit unerwünschter Hitze füllen... Im allgemeinen kann gesagt werden, daß die Lüftung durchweg mangelhaft und total ungenügend ist, um die Hitze und die Verbrennungsprodukte des Gases nach Sonnenuntergang zu entfernen, und daß in vielen Werkstätten, besonders wo sie früher Wohnhäuser waren, der Zustand höchst beklagenswert ist.« »In einigen Werkstätten, besonders für Wochenzeitungen, wo ebenfalls Jungen von 12 bis 16 Jahren beschäftigt werden, wird während zwei Tagen und einer Nacht fast ununterbrochen gearbeitet; während in andern Setzereien, die sich auf die Besorgung ›dringender‹ Arbeit legen, auch der Sonntag dem Arbeiter keine Ruhe gibt und seine Arbeitstage 7 statt 6 in jeder Woche betragen.« (p. 26, 28.)
Die Putzmacherinnen (milliners and dressmakers) beschäftigten uns schon in Buch I, Kap. VIII, 3, S.249/241 mit Bezug auf Überarbeit. Ihre Arbeitslokale werden in unserm Bericht von Dr. Ord geschildert. Selbst wenn während des Tages besser, sind sie während der Stunden, wo Gas gebrannt wird, überhitzt, müffig (foul) und ungesund. In 34 Werkstätten der bessern Sorte fand Dr. Ord, daß die Durchschnittsanzahl von Kubikfuß Raum für je eine Arbeiterin war:
»In 4 Fällen mehr als 500; in 4 andern 400-500; in 5 [andern von 300-400; in 5 andern von 250-300; in 7 andern] von 200-250; in 4 von 150-200; und endlich in 9 nur 100-150. Selbst der günstigste dieser Fälle genügt nur knapp für andauernde Arbeit, wenn das Lokal nicht vollkommen gelüftet ist... Selbst mit guter Lüftung werden die Werkstätten sehr heiß und dumpfig nach Dunkelwerden wegen der vielen erforderlichen Gasflammen.«
Und hier ist die Bemerkung Dr. Ords über eine von ihm besuchte Werkstatt der geringern, für Rechnung eines Zwischenfaktors (middleman) betriebnen Klasse:
»Ein Zimmer, haltend 1280 Kubikfuß; anwesende Personen 14; Raum für jede 91,5 Kubikfuß. Die Arbeiterinnen sahen hier abgearbeitet und verkommen aus. Ihr Verdienst wurde angegeben auf 7-15 sh. die Woche, daneben den Tee... Arbeitsstunden von 8-8. Das kleine Zimmer, worin diese 14 Personen zusammengedrängt, war schlecht ventiliert. Es waren zwei bewegliche Fenster und ein Kamin, der aber verstopft war; besondre Lüftungsvorrichtungen irgendwelcher Art waren nicht vorhanden« (p.27).
Derselbe Bericht bemerkt mit Bezug auf die Überarbeit der Putzmacherinnen:
»Die Überarbeitung junger Frauenzimmer in fashionablen Putzmacherläden herrscht nur für ungefähr 4 Monate des Jahrs in dem monströsen Grad vor, der bei vielen Gelegenheiten die Überraschung und den Unwillen des Publikums für einen Augenblick hervorgerufen hat; aber während dieser Monate wird in der Werkstatt als Regel während voller 14 Stunden täglich gearbeitet, und bei gehäuften eiligen Aufträgen während ganzer Tage 17-18 Stunden. Während andrer Jahreszeiten wird in der Werkstatt wahrscheinlich 10-14 Stunden gearbeitet; die zu Hause arbeiten, sind regelmäßig 12 oder 13 Stunden am Werk. In der Konfektion von Damenmänteln, Kragen, Hemden etc., die Arbeit mit der Nähmaschine einbegriffen, sind die in der gemeinsamen Werkstatt zugebrachten Stunden weniger, meist nicht mehr als 10-12; aber, sagt Dr. Ord, die regelmäßigen Arbeitsstunden sind in gewissen Häusern zu gewissen Zeiten bedeutender Ausdehnung unterworfen durch besonders bezahlte Überstunden, und in andern Häusern wird Arbeit mit nach Hause genommen, um nach der regelmäßigen Arbeitszeit fertiggemacht zu werden: Die eine wie die andre Art der Überarbeit, können wir hinzufügen, ist oft zwangsmäßig« (p. 28).
John Simon bemerkt in einer Note zu dieser Seite:
»Herr Radcliffe, der Sekretär der Epidemiological Society, der besonders viel Gelegenheit hatte, die Gesundheit von Putzmacherinnen der ersten Geschäftshäuser zu prüfen, fand auf je 20 Mädchen, die von sich sagten, sie seien ›ganz wohl‹, nur eine gesund; die übrigen zeigten verschiedne Grade physischer Kräfteabspannung, nervöser Erschöpfung und zahlreicher daher stammender Funktionsstörungen. Er gibt als Gründe an: In erster Instanz die Länge der Arbeitsstunden, die er im Minimum auf 12 täglich selbst in der stillen Jahreszeit schätzt; und zweitens Überfüllung und schlechte Lüftung der Werkstätten, durch Gasflammen verdorbne Luft, ungenügende oder schlechte Nahrung und Mangel an Sorge für häuslichen Komfort.«
Der Schluß, zu dem der Chef des englischen Gesundheitsamts kommt, ist der, daß
»es für die Arbeiter praktisch unmöglich ist, auf dem zu bestehn, was theoretisch ihr erstes Gesundheitsrecht ist: das Recht, daß, zur Vollendung welcher Arbeit ihr Beschäftiger sie auch zusammenbringt, diese gemeinsame Arbeit, soweit an ihm liegt und auf seine Kosten, von allen unnötigen gesundheitsschädlichen Umständen befreit werden soll; und daß, während die Arbeiter selbst tatsächlich nicht imstande sind, diese sanitäre Justiz für sich selbst zu erzwingen, sie ebensowenig, trotz der präsumierten Absicht des Gesetzgebers, irgendwelchen wirksamen Beistand erwarten können von den Beamten, die die Nuisances Removal Acts durchzuführen haben« (p.29). – »Ohne Zweifel wird es einige kleine technische Schwierigkeiten machen, die genaue Grenze zu bestimmen, von welcher an die Beschäftiger der Regulierung unterworfen werden sollen. Aber... im Prinzip ist der Anspruch auf Gesundheitsschonung universell. Und im Interesse von Myriaden Arbeiter und Arbeiterinnen, deren Leben jetzt ohne Not verkümmert und verkürzt wird durch die unendlichen physischen Leiden, die ihre bloße Beschäftigung erzeugt, wage ich die Hoffnung auszusprechen, daß die sanitären Bedingungen der Arbeit ebenso universell unter geeigneten gesetzlichen Schutz gestellt werden; wenigstens soweit, daß die wirksame Lüftung aller geschloßnen Arbeitsräume sichergestellt und daß in jedem seiner Natur nach ungesunden Arbeitszweig die besondre gesundheitsgefährliche Einwirkung soviel wie möglich beschränkt wird.« (p.31.)
III. Ökonomie in Krafterzeugung, Kraftübertragung und Baulichkeiten
In seinem Bericht für Oktober 1852 zitiert L. Horner einen Brief des berühmten Ingenieurs James Nasmyth von Patricroft, des Erfinders des Dampfhammers, worin es u. a. heißt:
»Das Publikum ist sehr wenig bekannt mit dem ungeheuren Zuwachs an Triebkraft, der durch solche Systemänderungen und Verbesserungen« (an Dampfmaschinen) »erlangt worden ist, wie die, von denen ich spreche. Die Maschinenkraft unsres Bezirks« (Lancashire) »lag unter dem Alpdruck furchtsamer und vorurteilsvoller Überlieferung während fast 40 Jahren, aber jetzt sind wir glücklicherweise emanzipiert. Während der letzten 15 Jahre, aber besonders im Lauf der letzten 4 Jahre« (also seit 1848) »haben einige sehr wichtige Änderungen stattgefunden in der Betriebsweise kondensierender Dampfmaschinen... Der Erfolg war... daß dieselben Maschinen einen weit größern Arbeitsbetrag leisteten, und das obendrein bei sehr bedeutender Verringerung des Kohlenverbrauchs... Während sehr vieler Jahre seit der Einführung der Dampfkraft in die Fabriken dieser Bezirke war die Geschwindigkeit, mit der man kondensierende Dampfmaschinen glaubte arbeiten [lassen] zu dürfen, ungefähr 220 Fuß Pistonhub per Minute; d.h. eine Maschine mit 5 Fuß Kolbenhub war schon vorschriftsmäßig auf 22 Drehungen der Kurbelwelle beschränkt. Es galt nicht für angemessen, die Maschine rascher zu treiben; und da das ganze Geschirr dieser Geschwindigkeit von 220 Fuß Kolbenbewegung per Minute angepaßt war, beherrschte diese langsame und unsinnig beschränkte Geschwindigkeit den ganzen Betrieb während vieler Jahre. Endlich aber, sei es durch glückliche Unkenntnis der Vorschrift, sei es aus bessern Gründen bei irgendeinem kühnen Neuerer, wurde eine größre Geschwindigkeit versucht und, da der Erfolg höchst günstig war, das Beispiel von andren befolgt; man ließ, wie man sagte, der Maschine die Zügel schießen und änderte die Haupträder des Übertragungsgeschirrs derart ab, daß die Dampfmaschine 300 Fuß und mehr per Minute machen konnte, während die Maschinerie auf ihrer frühern Geschwindigkeit gehalten wurde... Diese Beschleunigung der Dampfmaschine ist jetzt fast allgemein, weil es sich zeigte, daß nicht nur aus derselben Maschine mehr verwendbare Kraft gewonnen wurde, sondern die Bewegung auch, infolge des größern Moments des Schwungrads, viel regelmäßiger war. Bei gleichbleibendem Dampfdruck und gleichbleibendem Vakuum im Kondenser erhielt man mehr Kraft durch einfache Beschleunigung des Kolbenhubs. Können wir z.B. eine Dampfmaschine, die bei 200 Fuß per Minute 40 Pferdekraft gibt, durch passende Änderung dahin bringen, daß sie, bei gleichem Dampfdruck und Vakuum, 400 Fuß per Minute macht, so werden wir genau die doppelte Kraft haben; und da Dampfdruck und Vakuum in beiden Fällen dieselben sind, so wird die Anstrengung der einzelnen Maschinenteile und damit die Gefahr von ›Unfällen‹ mit der vermehrten Geschwindigkeit nicht wesentlich vermehrt. Der ganze Unterschied ist, daß wir mehr Dampf konsumieren im Verhältnis zur beschleunigten Kolbenbewegung oder annähernd; und ferner tritt etwas rascherer Verschleiß der Lager oder Reibungsteile ein, aber kaum der Rede wert... Aber um von derselben Maschine mehr Kraft durch beschleunigte Kolbenbewegung zu erlangen, muß mehr Kohle unter demselben Dampfkessel verbrannt oder ein Kessel von größrer Verdunstungsfähigkeit angewandt, kurz, mehr Dampf erzeugt werden. Dies geschah, und Kessel mit größrer Fähigkeit der Dampferzeugung wurden bei den alten ›beschleunigten‹ Maschinen angelegt; diese lieferten so in vielen Fällen 100% mehr Arbeit. Gegen 1842 begann die außerordentlich wohlfeile Krafterzeugung der Dampfmaschinen in den Bergwerken von Cornwall Aufmerksamkeit zu erregen; die Konkurrenz in der Baumwollspinnerei zwang die Fabrikanten, die Hauptquelle ihres Profits in ›Ersparnissen‹ zu suchen; der merkwürdige Unterschied im Kohlenverbrauch per Stunde und Pferdekraft, den die cornischen Maschinen aufzeigten, und ebenso die außerordentlich ökonomischen Leistungen der Woolfschen Doppelzylindermaschinen brachten auch in unsrer Gegend die Ersparung an Heizstoff in den Vordergrund. Die cornischen und die Doppelzylindermaschinen lieferten eine Pferdekraft per Stunde für je 3 1/2 bis 4 Pfund Kohlen, während die Maschinen in den Baumwolldistrikten allgemein 8 oder 12 Pfund per Pferd und Stunde verbrauchten. Ein so bedeutender Unterschied bewog die Fabrikanten und Maschinenbauer unsers Bezirks, durch ähnliche Mittel solche außerordentlich ökonomischen Ergebnisse zu erreichen, wie sie in Cornwall und Frankreich bereits gewöhnlich waren, da dort der hohe Kohlenpreis die Fabrikanten gezwungen hatte, diesen kostspieligen Zweig ihres Geschäfts möglichst einzuschränken. Dies führte zu sehr wichtigen Resultaten. Erstens: Viele Kessel, deren halbe Oberfläche in der guten alten Zeit hoher Profite der kalten Außenluft ausgesetzt blieb, wurden jetzt mit dicken Filzlagen oder Ziegeln und Mörtel und andern Mitteln eingedeckt, wodurch die Ausstrahlung der mit so viel Kosten erzeugten Hitze verhindert wurde. Dampfröhren wurden in derselben Weise geschützt, ebenso der Zylinder mit Filz und Holz umgeben. Zweitens kam die Anwendung des Hochdrucks. Bisher war die Sicherheitsklappe nur soweit beschwert worden, daß sie schon bei 4, 6 oder 8 Pfund Dampfdruck auf den Quadratzoll sich öffnete; jetzt fand man, daß durch Erhöhung des Drucks auf 14 oder 20 Pfund... eine sehr bedeutende Kohlenersparnis erreicht wurde; in andern Worten, die Arbeit der Fabrik wurde durch einen bedeutend geringern Kohlenverbrauch geleistet... Diejenigen, die die Mittel und die Kühnheit dazu hatten, führten das System des vermehrten Drucks und der Expansion in seiner vollen Ausdehnung aus, und wandten zweckmäßig konstruierte Dampfkessel an, die Dampf von einem Druck von 30, 40, 60 und 70 Pfund per Quadratzoll lieferten; ein Druck, bei dem ein Ingenieur der alten Schule vor Schrecken umgefallen wäre. Aber da das ökonomische Ergebnis dieses gesteigerten Dampfdrucks... sich sehr bald kundgab in der nicht mißzuverstehenden Form von Pfunden, Schillingen und Pence, wurden die Hochdruckkessel bei Kondensiermaschinen fast allgemein. Diejenigen, die die Reform radikal durchführten, wandten die Woolfschen Maschinen an, und dies geschah in den meisten der neuerdings gebauten Maschinen; nämlich die Woolfschen Maschinen mit 2 Zylindern, in deren einem der Dampf aus dem Kessel Kraft leistet vermöge des Überschusses des Drucks über den der Atmosphäre, worauf er dann, statt wie früher nach jedem Kolbenhub in die freie Luft zu entweichen, in einen Niederdruckzylinder von ungefähr vierfach größerm Rauminhalt tritt und, nachdem er dort weitre Expansion geleistet, in den Kondensator geleitet wird. Das ökonomische Resultat, das man bei solchen Maschinen erhält, ist die Leistung einer Pferdekraft für eine Stunde, für jede 3 1/2 bis 4 Pfund Kohlen; während bei den Maschinen alten Systems hierzu 12 bis 14 Pfund erforderlich waren. Eine geschickte Vorrichtung hat erlaubt, das Woolfsche System des doppelten Zylinders oder der kombinierten Hoch- und Niederdruckmaschine auf schon bestehende ältere Maschinen anzuwenden und so ihre Leistungen zu steigern bei gleichzeitig vermindertem Kohlenverbrauch. Dasselbe Resultat ist erreicht worden während der letzten 8-10 Jahre durch Verbindung einer Hochdruckmaschine mit einer Kondensiermaschine, derart, daß der verbrauchte Dampf der erstern in die zweite überging und diese trieb. Dies System ist in vielen Fällen nützlich.«
»Es würde nicht leicht möglich sein, eine genaue Aufstellung der vermehrten Arbeitsleistung derselben identischen Dampfmaschinen zu erhalten, bei denen einige oder alle dieser neuern Verbesserungen angebracht sind. Ich bin aber sicher, daß für dasselbe Gewicht Dampfmaschinerie wir jetzt mindestens 50% mehr Dienst oder Arbeit im Durchschnitt erhalten und daß in vielen Fällen dieselbe Dampfmaschine, die zur Zeit der beschränkten Geschwindigkeit von 220 Fuß in der Minute 50 Pferdekraft gab, jetzt über 100 liefert. Die höchst ökonomischen Resultate der Anwendung des Hochdruckdampfs bei Kondensiermaschinen sowie die weit größern Anforderungen, die zum Zweck von Geschäftsausdehnungen an die alten Dampfmaschinen gemacht werden, haben in den letzten drei Jahren zur Einführung von Röhrenkesseln geführt und hierdurch die Kosten der Dampferzeugung wieder bedeutend vermindert.« (»Rep. Fact., Oct. 1852«, p.23-27.)
Was von der Kraft erzeugenden, gilt ebenfalls von der Kraft übertragenden und von der Arbeitsmaschinerie.
»Die raschen Schritte, womit die Verbesserungen in der Maschinerie in den letzten wenigen Jahren sich entwickelten, haben die Fabrikanten befähigt, die Produktion auszudehnen ohne zusätzliche Triebkraft. Die sparsamere Verwendung der Arbeit ist notwendig geworden durch die Verkürzung des Arbeitstags, und in den meisten gutgeleiteten Fabriken wird immer erwogen, auf welchem Wege die Produktion vermehrt werden kann bei verminderter Auslage. Ich habe eine Aufstellung vor mir, die ich der Gefälligkeit eines sehr intelligenten Herrn in meinem Bezirk verdanke, über die Zahl und das Alter der in seiner Fabrik beschäftigten Arbeiter, die angewandten Maschinen und den bezahlten Lohn während der Zeit von 1840 bis jetzt. Im Oktober 1840 beschäftigte seine Firma 600 Arbeiter, wovon 200 unter 13 Jahren, Oktober 1852 nur 350 Arbeiter, wovon nur 60 unter 13 Jahren. Dieselbe Anzahl von Maschinen, bis auf sehr wenige, waren in Betrieb, und dieselbe Summe wurde in Arbeitslohn ausgezahlt in beiden Jahren.« (Redgraves Bericht, in »Rep. Fact., Oct. 1852«, p. 58, 59.)
Diese Verbesserungen in der Maschinerie zeigen erst ihre volle Wirkung, sobald sie in neuen, zweckmäßig eingerichteten Fabrikgebäuden aufgestellt werden.
»Mit Beziehung auf Verbesserungen in der Maschinerie muß ich bemerken, daß vor allem ein großer Fortschritt gemacht worden ist im Bau von Fabriken, die zur Aufstellung dieser neuen Maschinerie geeignet sind... Im Erdgeschoß zwirne ich all mein Garn, und hier allein stelle ich 29000 Doublierspindeln auf. In diesem Zimmer und dem Schuppen allein bewirke ich eine Ersparung an Arbeit von mindestens 10%; nicht sosehr infolge von Verbesserungen im Doubliersystem selbst, als von Konzentration der Maschinen unter einer einzigen Leitung; und ich kann dieselbe Anzahl Spindeln mit einer einzigen Triebwelle treiben, wodurch ich gegenüber andern Firmen an Wellenleitung 60 bis 80% erspare. Außerdem ergibt dies eine große Ersparnis an Öl, Fett etc.... kurz, mit vervollkommneter Einrichtung der Fabrik und verbesserter Maschinerie habe ich, gering gerechnet, an Arbeit 10% gespart und daneben große Ersparnis an Kraft, Kohlen, Öl, Talg, Triebwellen und Riemen etc.« (Aussage eines Baumwollspinners, »Rep. Fact., Oct. 1863«, p. 109, 110.)
IV. Nutzbarmachung der Exkremente der Produktion
Mit der kapitalistischen Produktionsweise erweitert sich die Benutzung der Exkremente der Produktion und Konsumtion. Unter erstern verstehn wir die Abfälle der Industrie und Agrikultur, unter letztern teils die Exkremente, die aus dem natürlichen Stoffwechsel des Menschen hervorgehn, teils die Form, worin die Verbrauchsgegenstände nach ihrem Verbrauch übrigbleiben. Exkremente der Produktion sind also in der chemischen Industrie die Nebenprodukte, die bei kleiner Produktionsstufe verlorengehn; die Eisenspäne, die bei der Maschinenfabrikation abfallen und wieder als Rohstoff in die Eisenproduktion eingehn etc. Exkremente der Konsumtion sind die natürlichen Ausscheidungsstoffe der Menschen, Kleiderreste in Form von Lumpen usw. Die Exkremente der Konsumtion sind am wichtigsten für die Agrikultur. In Beziehung auf ihre Verwendung findet in der kapitalistischen Wirtschaft eine kolossale Verschwendung statt; in London z.B. weiß sie mit dem Dünger von 4 1/2 Millionen Menschen nichts Beßres anzufangen, als ihn mit ungeheuren Kosten zur Verpestung der Themse zu gebrauchen.
Die Verteuerung der Rohstoffe bildet natürlich den Antrieb zur Vernutzung der Abfälle.
Im ganzen sind die Bedingungen dieser Wiederbenutzung: Massenhaftigkeit solcher Exkremente, die sich nur ergibt bei Arbeit auf großer Stufenleiter; Verbesserung der Maschinerie, womit Stoffe, die in ihrer gegebnen Form früher unbrauchbar, in eine der Neuproduktion dienstbare Gestalt übergeführt werden; Fortschritt der Wissenschaft, speziell der Chemie, welche die nutzbaren Eigenschaften solcher Abfälle entdeckt. Allerdings findet auch in der kleinen, gärtnermäßig betriebnen Agrikultur, wie etwa in der Lombardei, im südlichen China und in Japan, große Ökonomie dieser Art statt. Im ganzen aber ist in diesem System die Produktivität der Agrikultur erkauft durch große Verschwendung menschlicher Arbeitskraft, die andren Sphären der Produktion entzogen wird.
Die sog. Abfälle spielen eine bedeutende Rolle in fast jeder Industrie. So wird im Fabrikbericht Oktober 1863 als einer der Hauptgründe angegeben, weshalb sowohl in England wie in vielen Teilen von Irland die Pächter nur ungern und selten Flachs bauen:
»Der große Abfall... der bei der Bereitung des Flachses in den kleinen mit Wasserkraft getriebenen Hechelfabriken (scutch mills) stattfindet... Der Abfall bei Baumwolle ist verhältnismäßig gering, aber bei Flachs sehr groß. Gute Behandlung beim Wasserrösten und mechanischen Hecheln kann diesen Nachteil bedeutend einschränken... In Irland wird Flachs oft auf höchst schmähliche Weise gehechelt, so daß 28-30% verlorengehn«,
was alles durch Anwendung von beßrer Maschinerie vermieden werden könnte. Das Werg fiel dabei so massenhaft ab, daß der Fabrikinspektor sagt:
»Von einigen der Hechelfabriken in Irland ist mir mitgeteilt worden, daß die Hechler den dort gemachten Abfall oft zu Hause auf ihren Herden als Brennstoff verwandt haben, und doch ist er sehr wertvoll.« (l.c. p. 140.)
Von Baumwollabfall wird weiter unten die Rede sein, wo wir von den Preisschwankungen des Rohstoffs handeln.
Die Wollenindustrie war gescheiter als die Flachsbereitung.
»Es war früher gewöhnlich, die Zubereitung von Wollenabfall und wollnen Lumpen zu wiederholter Bearbeitung in Verruf zu erklären, aber das Vorurteil hat sich vollständig gelegt mit Beziehung auf den shoddy trade (Kunstwollindustrie), die ein wichtiger Zweig des Wollendistrikts von Yorkshire geworden ist, und ohne Zweifel wird auch das Geschäft in Baumwollabfall bald denselben Platz einnehmen als ein Geschäftszweig, der einem anerkannten Bedürfnis abhilft. Vor 30 Jahren waren wollne Lumpen, d.h. Stücke von ganz wollnem Tuch etc... im Durchschnitt etwa 4 Pfd. St. 4 sh. per Tonne wert; in den letzten paar Jahren sind sie 44 Pfd. St. per Tonne wert geworden. Und die Nachfrage ist so gestiegen, daß auch gemischte Gewebe aus Wolle und Baumwolle vernutzt werden, indem man Mittel gefunden hat, die Baumwolle zu zerstören, ohne der Wolle zu schaden; und jetzt sind Tausende von Arbeitern in der Fabrikation von Shoddy beschäftigt, und der Konsument hat großen Vorteil davon, indem er jetzt Tuch von guter Durchschnittsqualität zu einem sehr mäßigen Preis kaufen kann.« (»Rep. Fact., Oct. 1863«, p. 107.)
Die so verjüngte Kunstwolle betrug schon Ende 1862 ein Drittel des ganzen Wollverbrauchs der englischen Industrie. (»Rep. Fact., Oct. 1862«, p. 81.) Der »große Vorteil« für den »Konsumenten« besteht darin, daß seine Wollkleider nur ein Drittel der frühern Zeit brauchen, um zu verschleißen, und ein Sechstel, um fadenscheinig zu werden.
Die englische Seidenindustrie bewegte sich auf derselben abschüssigen Bahn. Von 1839-1862 hatte der Verbrauch von wirklicher Rohseide sich etwas vermindert, dagegen der von Seidenabfällen verdoppelt. Mit verbesserter Maschinerie war man im Stand, aus diesem, anderswo ziemlich wertlosen Stoff eine zu vielen Zwecken verwendbare Seide zu fabrizieren.
Das schlagendste Beispiel von Verwendung von Abfällen liefert die chemische Industrie. Sie verbraucht nicht nur ihre eignen Abfälle, indem sie neue Verwendung dafür findet, sondern auch diejenigen der verschiedenartigsten andern Industrien und verwandelt z.B. den früher fast nutzlosen Gasteer in Anilinfarben, Krappfarbstoff (Alizarin), und neuerdings auch in Medikamente.
Von dieser Ökonomie der Exkremente der Produktion, durch ihre Wiederbenutzung, ist zu unterscheiden die Ökonomie bei der Erzeugung von Abfall, also die Reduktion der Produktionsexkremente auf ihr Minimum, und die unmittelbare Vernutzung, bis zum Maximum, aller in die Produktion eingehenden Roh-und Hilfsstoffe.
Die Ersparung von Abfall ist zum Teil durch die Güte der angewandten Maschinerie bedingt. Öl, Seife etc. wird gespart im Verhältnis wie die Maschinenteile genauer gearbeitet und besser poliert sind. Dies bezieht sich auf die Hilfsstoffe. Z. T. aber, und dies ist das wichtigste, hängt es von der Güte der angewandten Maschinen und Werkzeuge ab, ob ein größrer oder geringrer Teil des Rohstoffs im Produktionsprozeß sich in Abfall verwandelt. Endlich hängt dies ab von der Güte des Rohstoffs selbst. Diese ist wieder bedingt teils durch die Entwicklung der extraktiven Industrie und Agrikultur, die ihn erzeugt (von dem Fortschritt der Kultur im eigentlichen Sinn), teils von der Ausbildung der Prozesse, die der Rohstoff vor seinem Eintritt in die Manufaktur durchmacht.
»Parmentier hat bewiesen, daß seit einer nicht sehr entfernten Epoche, z.B. der Zeit Ludwigs XIV., die Kunst, Korn zu mahlen, in Frankreich sehr bedeutend vervollkommnet worden ist, so daß die neuen Mühlen, gegenüber den alten, aus derselben Menge Korn bis zur Hälfte mehr Brot liefern können. Man hat in der Tat für die jährliche Konsumtion eines Einwohners von Paris anfangs 4 setiers Korn, dann 3, endlich 2 gerechnet, während sie heutzutage nur noch 1 1/3 setier oder ungefähr 342 Pfund per Kopf ist... In der Perche, wo ich lange gewohnt habe, sind plump konstruierte Mühlen, die Mühlsteine von Granit und Trapp hatten, nach den Regeln der seit 30 Jahren so sehr fortgeschrittnen Mechanik umgebaut worden. Man hat sie mit guten Mühlsteinen von La Ferté versehn, man hat das Korn zweimal ausgemahlen, man hat dem Mahlbeutel eine kreisförmige Bewegung gegeben, und das Produkt an Mehl hat sich für dieselbe Menge Korn um 1/6 vermehrt. Ich erkläre mir also leicht das enorme Mißverhältnis zwischen dem täglichen Kornverbrauch bei den Römern und bei uns; der ganze Grund liegt einfach in der Mangelhaftigkeit der Verfahrensweisen beim Mahlen und bei der Brotbereitung. So muß ich auch eine merkwürdige Tatsache erklären, die Plinius XVIII., c.20, 2 anführt... Das Mehl wurde in Rom verkauft, je nach Qualität, zu 40, 48 oder 96 Ass der Modius. Diese Preise, so hoch im Verhältnis zu den gleichzeitigen Kornpreisen, erklären sich aus den damals noch in der Kindheit befindlichen, unvollkommnen Mühlen und den daraus folgenden beträchtlichen Mahlkosten.« (Dureau de la Malle, »Écon. Pol. des Romains«, Paris 1840, I, p.280, 281.)
V. Ökonomie durch Erfindungen
Diese Ersparungen in Anwendung des fixen Kapitals sind wie gesagt das Resultat davon, daß die Arbeitsbedingungen auf großer Stufenleiter angewandt werden, kurz, daß sie dienen als Bedingungen unmittelbar gesellschaftlicher, vergesellschafteter Arbeit oder der unmittelbaren Kooperation innerhalb des Produktionsprozesses. Es ist dies einesteils die Bedingung, worunter allein die mechanischen und chemischen Erfindungen angewandt werden können, ohne den Preis der Ware zu verteuern, und dies ist immer die conditio sine qua non. Andernteils werden erst bei großer Stufenleiter der Produktion die Ökonomien möglich, die aus der gemeinschaftlichen produktiven Konsumtion hervorfließen. Endlich aber entdeckt und zeigt erst die Erfahrung des kombinierten Arbeiters, wo und wie zu ökonomisieren, wie die bereits gemachten Entdeckungen am einfachsten auszuführen, welche praktischen Friktionen bei Ausführung der Theorie – ihrer Anwendung auf den Produktionsprozeß – zu überwinden usw.
Nebenbei bemerkt, ist zu unterscheiden zwischen allgemeiner Arbeit und gemeinschaftlicher Arbeit. Beide spielen im Produktionsprozeß ihre Rolle, beide gehn ineinander über, aber beide unterscheiden sich auch. Allgemeine Arbeit ist alle wissenschaftliche Arbeit, alle Entdeckung, alle Erfindung. Sie ist bedingt teils durch Kooperation mit Lebenden, teils durch Benutzung der Arbeiten Früherer. Gemeinschaftliche Arbeit unterstellt die unmittelbare Kooperation der Individuen.
Das Obengesagte erhält neue Bestätigung durch das oft Beobachtete:
1. Den großen Unterschied in den Kosten zwischen dem ersten Bau einer neuen Maschine und ihrer Reproduktion, worüber Ure und Babbage nachzusehn.
2. Die viel größern Kosten, womit überhaupt ein auf neuen Erfindungen beruhendes Etablissement betrieben wird, verglichen mit den spätern, auf seinen Ruinen, ex suis ossibus aufsteigenden Etablissements. Dies geht so weit, daß die ersten Unternehmer meist Bankrott machen und erst die spätern, in deren Hand Gebäude, Maschinerie etc. wohlfeiler kommen, florieren. Es ist daher meist die wertloseste und miserabelste Sorte von Geldkapitalisten, die aus allen neuen Entwicklungen der allgemeinen Arbeit des menschlichen Geistes und ihrer gesellschaftlichen Anwendung durch kombinierte Arbeit den größten Profit zieht.
6. Wirkung von Preiswechsel
I. Preisschwankungen des Rohstoffs, ihre direkten Wirkungen auf die Profitrate
Es wird hier wie bisher vorausgesetzt, daß kein Wechsel in der Rate des Mehrwerts stattfindet. Diese Voraussetzung ist nötig, um den Fall in seiner Reinheit zu untersuchen. Es wäre indes möglich, bei gleichbleibender Rate des Mehrwerts, daß ein Kapital eine wachsende oder abnehmende Zahl von Arbeitern beschäftigte, infolge der Kontraktion oder Expansion, welche die hier zu betrachtenden Preisschwankungen des Rohstoffs bei ihm verursachte. In diesem Fall könnte die Masse des Mehrwerts wechseln bei konstanter Rate des Mehrwerts. Indes ist auch dies als ein Zwischenfall hier zu beseitigen. Wenn Verbesserung der Maschinerie und Preisänderung des Rohstoffs gleichzeitig wirken, sei es auf die Masse der von einem gegebnen Kapital beschäftigten Arbeiter, oder auf die Höhe des Arbeitslohns, so hat man bloß zusammenzustellen 1. die Wirkung, welche die Variation im konstanten Kapital auf die Profitrate hervorbringt, 2. die Wirkung, welche die Variation im Arbeitslohn auf die Profitrate hervorbringt; das Fazit ergibt sich dann von selbst.
Es ist aber im allgemeinen hier zu bemerken, wie bei dem frühern Fall: Finden Variationen statt, sei es infolge von Ökonomie des konstanten Kapitals, sei es infolge von Preisschwankungen des Rohstoffs, so affizieren sie stets die Profitrate, auch wenn sie den Arbeitslohn, also die Rate und Masse des Mehrwerts, ganz unberührt lassen. Sie ändern in m' v/C die Größe von C und damit den Wert des ganzen Bruchs. Es ist also auch hier ganz gleichgültig – im Unterschied von dem, was sich bei der Betrachtung des Mehrwerts zeigte – in welchen Produktionssphären diese Variationen vorgehn; ob die von ihnen berührten Industriezweige Lebensmittel für die Arbeiter, resp. konstantes Kapital zur Produktion solcher Lebensmittel, produzieren oder nicht. Das hier Entwickelte gilt ebensowohl, wo die Variationen sich in Luxusproduktionen ereignen, und unter Luxusprodukt ist hier alle Produktion zu verstehn, die nicht zur Reproduktion der Arbeitskraft erheischt ist.
Unter Rohstoff werden hier auch die Hilfsstoffe einbegriffen, wie Indigo, Kohle, Gas etc. Ferner, soweit die Maschinerie in dieser Rubrik in Betracht kommt, besteht ihr eigner Rohstoff aus Eisen, Holz, Leder etc. Ihr eigner Preis ist daher affiziert durch die Preisschwankungen des Rohmaterials, das in ihre Konstruktion eingeht. Sofern ihr Preis erhöht wird durch Preisschwankungen, sei es des Rohstoffs, woraus sie besteht, sei es des Hilfsstoffs, den ihr Betrieb verbraucht, fällt pro tanto die Profitrate. Umgekehrt, umgekehrt.
In den folgenden Untersuchungen wird man sich beschränken auf Preisschwankungen des Rohstoffs, nicht soweit er eingeht, sei es als Rohstoff der Maschinerie, die als Arbeitsmittel fungiert, sei es als Hilfsstoff in ihrer Anwendung, sondern soweit er als Rohstoff in den Produktionsprozeß der Ware eingeht. Nur dies ist hier zu merken: Der Naturreichtum an Eisen, Kohle, Holz etc., den Hauptelementen in der Konstruktion und Anwendung von Maschinerie, erscheint hier als naturwüchsige Fruchtbarkeit des Kapitals und ist ein Element in der Bestimmung der Profitrate, unabhängig von der Höhe oder Niedrigkeit des Arbeitslohns.
Da die Profitrate m/C oder = m/c+v, so ist klar, daß alles, was einen Wechsel in der Größe von c und deswegen von C verursacht, ebenfalls einen Wechsel in der Profitrate hervorbringt, auch wenn m und v und ihr gegenseitiges Verhältnis unverändert bleiben. Der Rohstoff bildet aber einen Hauptteil des konstanten Kapitals. Selbst in Industriezweigen, worin kein eigentlicher Rohstoff eingeht, geht er ein als Hilfsstoff oder als Bestandteil der Maschine usw., und beeinflussen dadurch seine Preisschwankungen pro tanto die Profitrate. Fällt der Preis des Rohstoffs um eine Summe = d, so geht m/C oder m/(c + v) über in m/(C – d) oder m/((c – d) + v)). Es steigt daher die Profitrate. Umgekehrt. Steigt der Preis des Rohstoffs, so wird aus m/C oder m/(c + v) nun m/(C + d) oder m/((c + d) + v); es fällt daher die Profitrate. Bei sonst gleichen Umständen fällt und steigt die Profitrate daher in umgekehrter Richtung wie der Preis des Rohstoffs. Es ergibt sich hieraus u.a., wie wichtig für industrielle Länder der niedrige Preis des Rohstoffs ist, selbst wenn die Schwankungen im Preis des Rohstoffs durchaus nicht begleitet wären von Änderungen in der Verkaufssphäre des Produkts, also ganz abgesehn von dem Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr. Es ergibt sich ferner, daß der auswärtige Handel die Profitrate beeinflußt, auch abgesehn von aller Einwirkung desselben auf den Arbeitslohn durch Verwohlfeilerung der notwendigen Lebensmittel. Er affiziert nämlich die Preise der in die Industrie oder Agrikultur eingehenden Roh- oder Hilfsstoffe. Der bisher noch durchaus mangelhaften Einsicht in die Natur der Profitrate und in ihre spezifische Verschiedenheit von der Rate des Mehrwerts ist es geschuldet, wenn einerseits Ökonomen, die den durch praktische Erfahrung festgestellten, bedeutenden Einfluß der Preise des Rohstoffs auf die Profitrate hervorheben, dies theoretisch ganz falsch erklären (Torrens), während andrerseits an den allgemeinen Prinzipien festhaltende Ökonomen, wie Ricardo, den Einfluß z.B. des Welthandels auf die Profitrate verkennen.
Man begreift daher die große Wichtigkeit, für die Industrie, von Aufhebung oder Ermäßigung der Zölle auf Rohstoffe; diese möglichst frei hereinzulassen, war daher schon Hauptlehre des rationeller entwickelten Schutzzollsystems. Dies war, neben der Abschaffung der Kornzölle, Hauptaugenmerk der englischen Freetraders, die vor allem sorgten, daß auch der Zoll auf Baumwolle abgeschafft wurde.
Als ein Beispiel von der Wichtigkeit der Preiserniedrigung, nicht eines eigentlichen Rohstoffs, sondern eines Hilfsstoffs, der allerdings zugleich Hauptelement der Nahrung ist, kann der Gebrauch des Mehls in der Baumwollindustrie dienen. Schon 1837 berechnete R. H. Greg13, daß die damals in Großbritannien betriebnen 100000 Kraftstühle und 250000 Handstühle der Baumwollweberei jährlich 41 Millionen Pfund Mehl zum Kettenschlichten verbrauchten. Dazu kam noch ein Drittel dieser Quantität beim Bleichen und andern Prozessen. Den Gesamtwert des so verbrauchten Mehls berechnet er auf 342000 Pfd. St. jährlich für die letzten 10 Jahre. Der Vergleich mit den Mehlpreisen auf dem Kontinent zeigte, daß der durch die Kornzölle den Fabrikanten aufgenötigte Preisaufschlag für Mehl allein jährlich 170000 Pfd. St. betragen hatte. Für 1837 schätzt ihn Greg auf mindestens 200000 Pfd. St. und spricht von einer Firma, für die der Preisaufschlag auf Mehl 1000 Pfd. St. jährlich betrug. Infolge hiervon
»haben große Fabrikanten, sorgfältige und berechnende Geschäftsmänner, gesagt, daß 10 Stunden tägliche Arbeit ganz hinreichend sein würden, wären die Kornzölle abgeschafft«. (»Rep. Fact., Oct. 1848«, p.98.)
Die Kornzölle wurden abgeschafft; außerdem der Zoll auf Baumwolle und andre Rohstoffe; aber kaum war dies erreicht, so wurde die Opposition der Fabrikanten gegen die Zehnstundenbill heftiger als je. Und als die zehnstündige Fabrikarbeit trotzdem gleich darauf Gesetz wurde, war die erste Folge ein Versuch allgemeiner Herabsetzung des Lohns.
Der Wert der Roh- und Hilfsstoffe geht ganz und auf einmal in den Wert des Produkts ein, wozu sie verbraucht werden, während der Wert der Elemente des fixen Kapitals nur nach Maßgabe seines Verschleißes, also nur allmählich in das Produkt eingeht. Es folgt daraus, daß der Preis des Produkts in einem viel höhern Grad affiziert wird vom Preis des Rohmaterials als von dem des fixen Kapitals, obwohl die Profitrate bestimmt wird durch die Gesamtwertsumme des angewandten Kapitals, einerlei, wieviel davon konsumiert ist oder nicht. Es ist aber klar – obgleich dies nur nebenbei erwähnt wird, da wir hier noch voraussetzen, daß die Waren zu ihrem Wert verkauft werden, die durch die Konkurrenz herbeigeführten Preisschwankungen uns also hier noch nichts angehn –, daß Ausdehnung oder Einschränkung des Markts vom Preis der einzelnen Ware abhängt und in umgekehrtem Verhältnis zum Steigen oder Fallen dieses Preises steht. In der Wirklichkeit findet sich daher auch, daß mit steigendem Preis des Rohstoffs der Preis des Fabrikats nicht in demselben Verhältnis steigt wie jener und bei fallendem Preis des Rohstoffs nicht in demselben Verhältnis sinkt. Daher fällt in dem einen Fall die Profitrate tiefer und steigt in dem andern höher, als bei Verkauf der Waren zu ihrem Wert der Fall wäre.
Ferner: Masse und Wert der angewandten Maschinerie wächst mit der Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit, aber nicht im selben Verhältnis wie diese Produktivkraft wächst, d.h. wie diese Maschinerie ein vermehrtes Produkt liefert. In den Industriezweigen also, worin überhaupt Rohstoff eingeht, d.h. wo der Arbeitsgegenstand selbst schon Produkt früherer Arbeit ist, drückt sich die wachsende Produktivkraft der Arbeit gerade in dem Verhältnis aus, worin ein größeres Quantum Rohstoff ein bestimmtes Quantum Arbeit absorbiert, also in der wachsenden Masse Rohstoff, die z.B. in einer Arbeitsstunde in Produkt verwandelt, zu Ware verarbeitet wird. Im Verhältnis also wie die Produktivkraft der Arbeit sich entwickelt, bildet der Wert des Rohstoffs einen stets wachsenden Bestandteil des Werts des Warenprodukts, nicht nur weil er ganz in diesen eingeht, sondern weil in jedem aliquoten Teil des Gesamtprodukts der Teil, den der Verschleiß der Maschinerie, und der Teil, den die neu zugesetzte Arbeit bildet, beide beständig abnehmen. Infolge dieser fallenden Bewegung wächst verhältnismäßig der andre Wertteil, den der Rohstoff bildet, wenn dies Wachstum nicht aufgehoben wird durch eine entsprechende Wertabnahme auf seiten des Rohstoffs, die aus der wachsenden Produktivität der zu seiner eignen Erzeugung angewandten Arbeit hervorgeht.
Ferner: Da die Roh- und Hilfsstoffe, ganz wie der Arbeitslohn, Bestandteile des zirkulierenden Kapitals bilden, also beständig ganz ersetzt werden müssen aus dem jedesmaligen Verkauf des Produkts, während von der Maschinerie nur der Verschleiß, und zwar zunächst in Form eines Reservefonds, zu ersetzen ist – wobei es in der Tat keineswegs so wesentlich ist, ob jeder einzelne Verkauf seinen Teil zu diesem Reservefonds beiträgt, vorausgesetzt nur, daß der ganze Jahresverkauf seinen Jahresanteil dazu liefert –, so zeigt sich hier wieder, wie ein Steigen im Preis des Rohstoffs den ganzen Reproduktionsprozeß beschneiden oder hemmen kann, indem der aus dem Warenverkauf gelöste Preis nicht hinreicht, alle Elemente der Ware zu ersetzen; oder indem er es unmöglich macht, den Prozeß auf einer, seiner technischen Grundlage gemäßen Stufe fortzusetzen, so daß also entweder nur ein Teil der Maschinerie beschäftigt werden oder die gesamte Maschinerie nicht die volle gewohnheitsmäßige Zeit arbeiten kann.
Endlich wechseln die durch Abfälle verursachten Kosten in direktem Verhältnis zu den Preisschwankungen des Rohstoffs, steigen, wenn er steigt, und fallen, wenn er fällt. Aber auch hier gibt es eine Grenze. 1850 hieß es noch:
»Eine Quelle beträchtlichen Verlustes aus der Preissteigerung des Rohstoffs würde kaum jemandem auffallen, der kein praktischer Spinner ist, nämlich der Verlust durch Abfall. Man teilt mir mit, daß, wenn Baumwolle steigt, die Kosten für den Spinner, besonders der geringern Qualitäten, in höherm Verhältnis wachsen als der gezahlte Preisaufschlag anzeigt. Der Abfall beim Spinnen grober Garne beträgt reichlich 15%; wenn dieser Satz also einen Verlust von 1/2 d. per Pfund bei einem Baumwollpreis von 3 1/2 d. verursacht, so steigert er den Verlust per Pfund auf 1 d., sobald Baumwolle auf 7 d. per Pfund steigt.« (»Rep. Fact., April 1850«, p. 17.)
Als aber infolge des Amerikanischen Bürgerkriegs die Baumwolle auf seit fast 100 Jahren unerhörte Preise stieg, lautete der Bericht ganz anders:
»Der Preis, der jetzt für Baumwollabfall gegeben wird, und die Wiedereinführung des Abfalls in die Fabrik als Rohstoff bieten einigen Ersatz für den Unterschied, im Verlust durch Abfall, zwischen indischer und amerikanischer Baumwolle. Dieser Unterschied beträgt ungefähr 12 1/2%. Der Verlust bei Verarbeitung indischer Baumwolle ist 25%, so daß die Baumwolle in Wirklichkeit dem Spinner 1/4 mehr kostet, als er für sie zahlt. Der Verlust durch Abfall war nicht so wichtig, als amerikanische Baumwolle auf 5 oder 6 d. per Pfund stand, denn er überstieg nicht 3/4 d. per Pfund; aber er ist jetzt sehr wichtig, wo das Pfund Baumwolle 2 sh. kostet und der Verlust durch Abfall also 6 d. beträgt.«14 (»Rep. Fact., Oct. 1863«, p. 106.)
II. Wertsteigerung und Entwertung, Freisetzung und Bindung von Kapital
Die Phänomene, die wir in diesem Kapitel untersuchen, setzen zu ihrer vollen Entwicklung das Kreditwesen und die Konkurrenz auf dem Weltmarkt voraus, der überhaupt die Basis und die Lebensatmosphäre der kapitalistischen Produktionsweise bildet. Diese konkreteren Formen der kapitalistischen Produktion können aber nur umfassend dargestellt wer den, nachdem die allgemeine Natur des Kapitals begriffen ist; zudem liegt ihre Darstellung außer dem Plan unsers Werks und gehört seiner etwaigen Fortsetzung an. Nichtsdestoweniger können die in der Überschrift bezeichneten Erscheinungen hier im allgemeinen behandelt werden. Sie hängen zusammen, erstens untereinander und zweitens sowohl mit der Rate wie mit der Masse des Profits. Sie sind auch schon deswegen kurz darzustellen, weil sie den Schein hervorbringen, als ob nicht nur die Rate, sondern auch die Masse des Profits – die in der Tat identisch ist mit der Masse des Mehrwerts – ab- und zunehmen kann unabhängig von den Bewegungen des Mehrwerts, sei es seiner Masse oder seiner Rate.
Sind Freisetzung und Bindung von Kapital auf der einen Seite, Wertsteigerung und Entwertung auf der andern als verschiedne Phänomene zu betrachten?
Es fragt sich zunächst: Was verstehn wir unter Freisetzung und Bindung von Kapital? Wertsteigerung und Entwertung verstehn sich von selbst. Sie meinen nichts, als daß vorhandnes Kapital infolge irgendwelcher allgemeinen ökonomischen Umstände – denn es handelt sich nicht um besondre Schicksale eines beliebigen Privatkapitals – an Wert zu- oder abnimmt; also daß der Wert des der Produktion vorgeschoßnen Kapitals, abgesehn von seiner Verwertung durch die von ihm angewandte Mehrarbeit, steigt oder fällt.
Unter Bindung von Kapital verstehn wir, daß aus dem Gesamtwert des Produkts bestimmte gegebne Proportionen von neuem in die Elemente des konstanten oder variablen Kapitals rückverwandelt werden müssen, soll die Produktion auf ihrer alten Stufenleiter fortgehn. Unter Freisetzung von Kapital verstehn wir, daß ein Teil vom Gesamtwert des Produkts, der bisher entweder in konstantes oder variables Kapital rückverwandelt werden mußte, disponibel und überschüssig wird, soll die Produktion innerhalb der Schranken der alten Stufenleiter fortdauern. Diese Freisetzung oder Bindung von Kapital ist verschieden von Freisetzung oder Bindung von Revenue. Wenn der jährliche Mehrwert für ein Kapital C z.B. = x ist, so kann infolge der Verwohlfeilerung von Waren, die in den Konsum der Kapitalisten eingehn, x – a hinreichen, um dieselbe Masse Genüsse etc. wie früher zu schaffen. Es wird also ein Teil der Revenue = a freigesetzt, der nun entweder zur Vergrößerung des Konsums oder zur Rückverwandlung in Kapital (zur Akkumulation) dienen kann. Umgekehrt: Ist x + a erheischt, um dieselbe Lebensweise fortzuführen, so muß diese entweder eingeschränkt werden oder ein Einkommenteil = a, der früher akkumuliert wurde, muß nun als Revenue verausgabt werden.
Die Wertsteigerung und Entwertung kann entweder konstantes oder variables Kapital oder beide treffen, und beim konstanten Kapital kann sie wieder auf den fixen oder den zirkulierenden Teil oder auf beide sich beziehn.
Es sind beim konstanten Kapital zu betrachten: Roh- und Hilfsstoffe, wozu auch Halbfabrikate gehören, die wir hier unter dem Namen Rohstoffe zusammenfassen, und Maschinerie und andres fixes Kapital.
Es wurde oben namentlich Variation im Preis resp. Wert des Rohstoffs mit Bezug auf seinen Einfluß auf die Profitrate betrachtet und das allgemeine Gesetz aufgestellt, daß bei sonst gleichen Umständen die Profitrate im umgekehrten Verhältnis zur Werthöhe des Rohstoffs steht. Und dies ist unbedingt richtig für das Kapital, das neu in einem Geschäft engagiert wird, wo also die Kapitalanlage, die Verwandlung von Geld in produktives Kapital, erst stattfindet.
Aber abgesehn von diesem in der Neuanlage begriffnen Kapital, befindet sich ein großer Teil des schon fungierenden Kapitals in der Zirkulationssphäre, während ein andrer Teil sich in der Produktionssphäre befindet. Ein Teil ist als Ware auf dem Markt vorhanden und soll in Geld verwandelt werden; ein andrer Teil ist als Geld, in welcher Form immer, vorhanden und soll in die Produktionsbedingungen rückverwandelt werden; ein dritter Teil endlich befindet sich innerhalb der Produktionssphäre, teils in der ursprünglichen Form der Produktionsmittel, Rohstoff, Hilfsstoff, auf dem Markt gekauftes Halbfabrikat, Maschinerie und andres fixes Kapital, teils als noch in der Anfertigung begriffnes Produkt. Wie Wertsteigerung oder Entwertung hier wirkt, hängt sehr ab von der Proportion, worin diese Bestandteile zueinander stehn. Lassen wir, zur Vereinfachung der Frage, alles fixe Kapital zunächst ganz aus dem Spiel und betrachten wir nur den aus Rohstoffen, Hilfsstoffen, Halbfabrikaten, in der Anfertigung begriffnen und fertigen auf dem Markt befindlichen Waren bestehenden Teil des konstanten Kapitals.
Steigt der Preis des Rohstoffs, z.B. der Baumwolle, so steigt auch der Preis der Baumwollenwaren – der Halbfabrikate, wie Garn, und der fertigen Waren, wie Gewebe etc. –, die mit wohlfeilerer Baumwolle fabriziert wurden; ebenso steigt der Wert der noch nicht verarbeiteten, auf Lager vorhandnen, wie der noch in der Verarbeitung begriffnen Baumwolle. Letztre, weil sie durch Rückwirkung Ausdruck von mehr Arbeitszeit wird, setzt dem Produkt, worin sie als Bestandteil eingeht, höhern Wert zu als sie selbst ursprünglich besaß und als der Kapitalist für sie gezahlt hat.
Ist also eine Erhöhung im Preis des Rohstoffs begleitet von einer bedeutenden Masse auf dem Markt vorhandner fertiger Ware, auf welcher Stufe der Vollendung immer, so steigt der Wert dieser Ware, und es findet damit eine Erhöhung im Wert des vorhandnen Kapitals statt. Dasselbe gilt für die in der Hand der Produzenten befindlichen Vorräte an Rohstoff etc. Diese Wertsteigerung kann den einzelnen Kapitalisten, oder auch eine ganze besondre Produktionssphäre des Kapitals, entschädigen oder mehr als entschädigen für den Fall der Profitrate, der aus der Preissteigerung des Rohstoffs folgt. Ohne hier auf die Details der Konkurrenzwirkungen einzugehn, kann jedoch der Vollständigkeit wegen bemerkt werden, daß 1. wenn die auf Lager befindlichen Vorräte von Rohstoff bedeutend sind, sie der am Produktionsherd des Rohstoffs entstandnen Preissteigerung entgegenwirken; 2. wenn die auf dem Markt befindlichen Halbfabrikate oder fertigen Waren sehr schwer auf dem Markt lasten, sie den Preis der fertigen Waren und des Halbfabrikats hindern, im Verhältnis zum Preis ihres Rohstoffs zu wachsen.
Umgekehrt beim Preisfall des Rohstoffs, der bei sonst gleichen Umständen die Profitrate erhöht. Die auf dem Markt befindlichen Waren, die noch in der Anfertigung begriffnen Artikel, die Vorräte von Rohstoff werden entwertet und damit der gleichzeitigen Steigerung der Profitrate entgegengewirkt.
Je geringer z.B. am Ende des Geschäftsjahrs, zur Zeit wo der Rohstoff massenhaft neu geliefert wird, also bei Ackerbauprodukten nach der Ernte, die in der Produktionssphäre und auf dem Markt befindlichen Vorräte, desto reiner tritt die Wirkung einer Preisveränderung im Rohstoff hervor.
In unsrer ganzen Untersuchung wird ausgegangen von der Voraussetzung, daß Erhöhung oder Erniedrigung der Preise Ausdrücke von wirklichen Wertschwankungen sind. Da es sich hier aber um die Wirkung handelt, die diese Preisschwankungen auf die Profitrate hervorbringen, so ist es in der Tat gleichgültig, worin sie begründet sind; das hier Entwickelte gilt also ebenfalls, wenn die Preise steigen und fallen infolge nicht von Wertschwankungen, sondern von Einwirkungen des Kreditsystems, der Konkurrenz etc.
Da die Profitrate gleich ist dem Verhältnis des Überschusses des Werts des Produkts zum Wert des vorgeschoßnen Gesamtkapitals, so wäre eine Erhöhung der Profitrate, die aus einer Entwertung des vorgeschoßnen Kapitals hervorginge, mit Verlust an Kapitalwert verbunden, ebenso eine Erniedrigung der Profitrate, die aus Wertsteigerung des vorgeschoßnen Kapitals hervorginge, möglicherweise mit Gewinn.
Was den andern Teil des konstanten Kapitals angeht, Maschinerie und überhaupt fixes Kapital, so sind die Wertsteigerungen, die hier stattfinden und sich namentlich auf Baulichkeiten, auf Grund und Boden etc. beziehn, nicht darstellbar ohne die Lehre von der Grundrente und gehören daher nicht hierher. Für die Entwertung aber sind von allgemeiner Wichtigkeit:
1. Die beständigen Verbesserungen, welche vorhandne Maschinerie, Fabrikeinrichtung usw. relativ ihres Gebrauchswerts und damit auch ihres Werts berauben. Dieser Prozeß wirkt gewaltsam namentlich in der ersten Epoche neu eingeführter Maschinerie, bevor diese einen bestimmten Grad der Reife erlangt hat, und wo sie daher beständig antiquiert ist, bevor sie Zeit hatte, ihren Wert zu reproduzieren. Es ist dies einer der Gründe der in solchen Epochen üblichen, maßlosen Verlängerung der Arbeitszeit, des Arbeitens mit wechselnder Schicht bei Tag und bei Nacht, damit in kürzerm Zeitraum, ohne den Verschleiß der Maschinerie zu hoch zu berechnen, ihr Wert sich reproduziert. Wird dagegen kurze Wirkungszeit der Maschinerie (ihre kurze Lebensfrist gegenüber voraussichtlichen Verbesserungen) nicht so ausgeglichen, so gibt sie zu viel Wertteil für moralischen Verschleiß an das Produkt ab, so daß sie selbst mit der Handarbeit nicht konkurrieren kann.15
Wenn Maschinerie, Einrichtung der Baulichkeiten, überhaupt das fixe Kapital, eine gewisse Reife erlangt hat, so daß es für längre Zeit wenigstens in seiner Grundkonstruktion unverändert bleibt, so tritt eine ähnliche Entwertung ein infolge von Verbesserungen in den Methoden der Reproduktion dieses fixen Kapitals. Der Wert der Maschinerie etc. sinkt jetzt, nicht weil sie rasch verdrängt oder in gewissem Grad entwertet wird durch neuere, produktivere Maschinerie etc., sondern weil sie jetzt wohlfeiler reproduziert werden kann. Es ist dies einer der Gründe, warum große Geschäftsanlagen oft erst in zweiter Hand florieren, nachdem der erste Besitzer Bankrott gemacht und der zweite, der sie wohlfeil angekauft, deshalb von vornherein seine Produktion mit geringrer Kapitalauslage beginnt.
Bei der Agrikultur speziell springt in die Augen, daß dieselben Gründe, die den Preis des Produkts erhöhen oder senken, auch den Wert des Kapitals erhöhen oder senken, weil dies selbst zum großen Teil aus jenem Produkt, Korn, Vieh etc. besteht. (Ricardo.)
Es wäre nun noch zu erwähnen das variable Kapital.
Soweit der Wert der Arbeitskraft steigt, weil der Wert der zu ihrer Reproduktion erheischten Lebensmittel steigt, oder umgekehrt fällt, weil der Wert dieser Lebensmittel fällt – und Wertsteigerung und Entwertung des variablen Kapitals drücken weiter nichts aus als diese beiden Fälle –, so entspricht, bei gleichbleibender Länge des Arbeitstags, Fallen des Mehrwerts dieser Wertsteigerung und Wachsen des Mehrwerts dieser Entwertung. Aber es können hiermit zu gleich auch andre Umstände – Freisetzung und Bindung von Kapital – verbunden sein, die vorher nicht untersucht wurden und die jetzt kurz angegeben werden sollen.
Sinkt der Arbeitslohn infolge eines Wertfalls der Arbeitskraft (womit sogar Steigen im realen Preis der Arbeit verbunden sein kann), so wird also ein Teil des Kapitals, der bisher in Arbeitslohn ausgelegt war, freigesetzt. Es findet Freisetzung von variablem Kapital statt. Für neu anzulegendes Kapital hat dies einfach die Wirkung, daß es mit erhöhter Rate des Mehrwerts arbeitet. Es wird mit weniger Geld als früher dasselbe Quantum Arbeit in Bewegung gesetzt, und so erhöht sich der unbezahlte Teil der Arbeit auf Kosten des bezahlten. Aber für bisher beschäftigtes Kapital erhöht sich nicht nur die Rate des Mehrwerts, sondern außerdem wird ein Teil des bisher in Arbeitslohn ausgelegten Kapitals frei. Er war bisher gebunden und bildete einen ständigen Teil, der vom Erlös des Produkts abging, in Arbeitslohn ausgelegt werden, als variables Kapital fungieren mußte, sollte das Geschäft auf der alten Stufenleiter fortgehn. Jetzt wird dieser Teil disponibel und kann also benutzt werden als neue Kapitalanlage, sei es zur Erweiterung desselben Geschäfts, sei es zur Funktion in einer andern Produktionssphäre.
Nehmen wir z.B. an, es seien anfänglich 500 Pfd. St. erheischt gewesen, um 500 Arbeiter wöchentlich in Bewegung zu setzen, und es seien jetzt nur noch 400 Pfd. St. dazu erheischt. Dann war, wenn die Masse des produzierten Werts beidemal = 1000 Pfd. St., die Masse des wöchentlichen Mehrwerts das erstemal = 500 Pfd. St., die Mehrwertsrate 500/500 = 100%; aber nach der Lohnsenkung wird die Masse des Mehrwerts 1000 Pfd. St. – 400 Pfd. St. = 600 Pfd. St. und seine Rate 600/400 = 150%. Und diese Erhöhung der Mehrwertsrate ist die einzige Wirkung für den, der mit einem variablen Kapital von 400 Pfd. St. und entsprechendem konstanten Kapital ein neues Geschäft in derselben Produktionssphäre anlegt. Aber in einem bereits fungierenden Geschäft ist in diesem Fall nicht nur infolge der Entwertung des variablen Kapitals die Mehrwertsmasse von 500 auf 600 Pfd. St. und die Mehrwertsrate von 100 auf 150% gestiegen; es sind außerdem 100 Pfd. St. vom variablen Kapital freigesetzt, mit denen wieder Arbeit exploitiert werden kann. Dieselbe Arbeitsmenge wird also nicht nur vorteilhafter exploitiert, sondern es können auch durch die Freisetzung der 100 Pfd. St. mit demselben variablen Kapital von 500 Pfd. St. mehr Arbeiter als zuvor zu der erhöhten Rate exploitiert werden.
Nun umgekehrt. Gesetzt, das ursprüngliche Verhältnis der Produktverteilung, bei 500 beschäftigten Arbeitern, sei = 400v + 600m = 1000, also die Rate des Mehrwerts = 150%. Der Arbeiter erhält also hier wöchentlich 4/5 Pfd. St. = 16 Schillinge. Wenn infolge der Wertsteigerung des variablen Kapitals 500 Arbeiter nun wöchentlich 500 Pfd. St. kosten, so wird der Wochenlohn eines jeden = 1 Pfd. St., und 400 Pfd. St. können nur 400 Arbeiter in Bewegung setzen. Wird also dieselbe Arbeiteranzahl wie bisher in Bewegung gesetzt, so haben wir 500v + 500m = 1000; die Rate des Mehrwerts wäre gesunken von 150 auf 100%, also um 1/3. Für ein neu anzulegendes Kapital wäre dies die einzige Wirkung, daß die Rate des Mehrwerts geringer wäre. Bei sonst gleichen Umständen wäre die Profitrate entsprechend gesunken, wenn auch nicht im selben Verhältnis. Wenn z.B. c = 2000, so haben wir in einem Fall 2000c + 400v + 600m = 3000. m' = 150%, p' = 600/2400 = 25%. Im zweiten Fall 2000c + 500v + 500m = 3000, m' = 100%; p' = 500/2500 = 20%. Dagegen für das bereits engagierte Kapital wäre die Wirkung doppelt. Mit 400 Pfd. St. variablem Kapital können jetzt nur 400 Arbeiter beschäftigt werden, und zwar zu einer Mehrwertsrate von 100%. Sie geben also nur einen Gesamtmehrwert von 400 Pfd. St. Da ferner ein konstantes Kapital vom Wert von 2000 Pfd. St. 500 Arbeiter erfordert, um es in Bewegung zu setzen, so setzen 400 Arbeiter nur ein konstantes Kapital zum Wert von 1600 Pfd. St. in Bewegung. Soll also die Produktion auf der bis herigen Stufe fortgeführt und nicht 1/5 der Maschinerie stillgesetzt werden, so muß das variable Kapital um 100 Pfd. St. erhöht werden, um nach wie vor 500 Arbeiter zu beschäftigen; und dies ist nur möglich dadurch, daß bisher disponibles Kapital gebunden wird, indem ein Teil der Akkumulation, der zur Ausdehnung dienen sollte, jetzt bloß zur Ausfüllung dient oder ein zur Verausgabung als Revenue bestimmter Teil dem alten Kapital zugeschlagen wird. Mit einer um 100 Pfd. St. vermehrten Auslage an variablem Kapital wird dann 100 Pfd. St. weniger Mehrwert produziert. Um dieselbe Anzahl Arbeiter in Bewegung zu setzen, ist mehr Kapital nötig, und zugleich ist der Mehrwert verringert, den jeder einzelne Arbeiter liefert.
Die Vorteile, die aus der Freisetzung, und die Nachteile, die aus der Bindung von variablem Kapital hervorgehn, existieren beide nur für das schon engagierte und daher sich in gegebnen Verhältnissen reproduzierende Kapital. Für neu anzulegendes Kapital beschränkt sich der Vorteil auf der einen, der Nachteil auf der andern Seite auf Erhöhung resp. Erniedrigung der Rate des Mehrwerts und entsprechenden, wenn auch keineswegs proportionellen Wechsel der Rate des Profits.
Die eben untersuchte Freisetzung und Bindung von variablem Kapital ist die Folge von Entwertung und Wertsteigerung der Elemente des variablen Kapitals, d.h. der Reproduktionskosten der Arbeitskraft. Es könnte aber auch variables Kapital freigesetzt werden, wenn infolge der Entwicklung der Produktivkraft, bei gleichbleibender Rate des Arbeitslohns, weniger Arbeiter erheischt werden, um dieselbe Masse konstantes Kapital in Bewegung zu setzen. Ebenso kann umgekehrt Bindung von zusätzlichem variablen Kapital stattfinden, wenn infolge von Abnahme der Produktivkraft der Arbeit mehr Arbeiter erheischt sind auf dieselbe Masse konstantes Kapital. Wenn dagegen ein Teil des früher als variabel angewandten Kapitals in Form von konstantem angewandt wird, also nur veränderte Verteilung zwischen den Bestandteilen desselben Kapitals stattfindet, so hat dies zwar Einfluß auf die Rate des Mehrwerts wie des Profits, aber gehört nicht in die hier betrachtete Rubrik der Bindung und Freisetzung von Kapital.
Konstantes Kapital kann, wie wir schon sahen, ebenfalls gebunden oder entbunden werden infolge der Wertsteigerung oder Entwertung der Elemente, aus denen es besteht. Hiervon abgesehn, ist nur Bindung desselben möglich (ohne daß etwa ein Teil des variablen in konstantes verwandelt wird), wenn die Produktivkraft der Arbeit zunimmt, also dieselbe Arbeitsmasse größres Produkt erzeugt und daher mehr konstantes Kapital in Bewegung setzt. Dasselbe kann unter gewissen Umständen stattfinden, wenn die Produktivkraft abnimmt, wie z.B. im Ackerbau, so daß dieselbe Arbeitsmenge, um dasselbe Produkt zu erzeugen, mehr Produktionsmittel bedarf, z.B. größere Aussaat oder Düngung, Dränierung etc. Ohne Entwertung kann konstantes Kapital freigesetzt werden, wenn durch Verbesserungen, Anwendung von Naturkräften etc. ein konstantes Kapital von geringerm Wert in den Stand gesetzt wird, technisch denselben Dienst zu leisten, wie früher ein höherwertiges.
Man hat im Buch II gesehn, daß, nachdem die Waren in Geld verwandelt, verkauft sind, ein bestimmter Teil dieses Geldes wieder in die stofflichen Elemente des konstanten Kapitals rückverwandelt werden muß, und zwar in den Verhältnissen, wie sie der bestimmte technische Charakter jeder gegebnen Produktionssphäre erheischt. Hier ist in allen Zweigen – vom Arbeitslohn, also vom variablen Kapital abgesehn – das wichtigste Element der Rohstoff, mit Einschluß der Hilfsstoffe, die namentlich wichtig in Produktionszweigen, wo kein eigentlicher Rohstoff eingeht, wie in Bergwerken und der extraktiven Industrie überhaupt. Der Teil des Preises, der den Verschleiß der Maschinerie ersetzen muß, geht mehr ideell in die Rechnung ein, solange die Maschinerie überhaupt noch werkfähig ist; es kommt nicht sehr darauf an, ob er heute oder morgen, oder in welchem Abschnitt der Umschlagszeit des Kapitals er gezahlt und in Geld ersetzt wird. Anders mit dem Rohstoff. Steigt der Preis des Rohstoffs, so mag es unmöglich sein, ihn nach Abzug des Arbeitslohns aus dem Wert der Ware vollständig zu ersetzen. Heftige Preisschwankungen bringen daher Unterbrechungen, große Kollisionen und selbst Katastrophen im Reproduktionsprozeß hervor. Es sind namentlich eigentliche Agrikulturprodukte, der organischen Natur entstammende Rohstoffe, die solchen Wertschwankungen infolge wechselnder Ernteerträge etc. – hier noch ganz vom Kreditsystem abgesehn – unterworfen sind. Dasselbe Quantum Arbeit kann sich hier infolge unkontrollierbarer Naturverhältnisse, der Gunst oder Ungunst der Jahreszeiten usw., in sehr verschiednen Mengen von Gebrauchswerten darstellen, und ein bestimmtes Maß dieser Gebrauchswerte wird darnach einen sehr verschiednen Preis haben. Stellt sich der Wert x in 100 Pfund der Ware a dar, so ist der Preis von einem Pfund von a = x/100; wenn in 1000 Pfund a, ist der Preis eines Pfundes von a = x/1000 usw. Es ist dies also das eine Element dieser Preisschwankungen des Rohstoffs. Ein zweites, das nur der Vollständigkeit wegen hier erwähnt wird – da die Konkurrenz wie das Kreditsystem hier noch außer dem Kreis unsrer Betrachtung liegt –, ist dies: Es ist in der Natur der Sache begründet, daß pflanzliche und tierische Stoffe, deren Wachstum und Produktion bestimmten organischen, an gewisse natürliche Zeiträume gebundnen Gesetzen unterworfen sind, nicht plötzlich in demselben Maß vermehrt werden können, wie z.B. Maschinen und andres fixes Kapital, Kohlen, Erze etc., deren Vermehrung, die sonstigen Naturbedingungen vorausgesetzt, in einem industriell entwickelten Land in kürzester Frist vor sich gehn kann. Es ist daher möglich und bei entwickelter kapitalistischer Produktion sogar unvermeidlich, daß die Produktion und Vermehrung des Teils des konstanten Kapitals, der aus fixem Kapital, Maschinerie etc. besteht, einen bedeutenden Vorsprung gewinnt vor dem Teil desselben, der aus organischen Rohstoffen besteht, so daß die Nachfrage nach diesen Rohstoffen schneller wächst als ihre Zufuhr und daher ihr Preis steigt. Dies Steigen des Preises führt in der Tat nach sich 1. daß diese Rohstoffe aus größrer Entfernung zugeführt werden, indem der steigende Preis größre Transportkosten deckt; 2. daß die Produktion derselben vermehrt wird, ein Umstand, welcher, der Natur der Sache nach, aber vielleicht erst ein Jahr später die Produktenmasse wirklich vermehren kann; und 3. daß allerlei früher unbenutzte Surrogate vernutzt und ökonomischer mit den Abfällen umgegangen wird. Wenn das Steigen der Preise anfängt, sehr merklich auf die Ausdehnung der Produktion und die Zufuhr zu wirken, ist meist schon der Wendepunkt eingetreten, wo infolge des länger fortgesetzten Steigens des Rohstoffs und aller Waren, in die er als Element eingeht, die Nachfrage fällt und daher auch eine Reaktion im Preis des Rohstoffs eintritt. Abgesehn von den Konvulsionen, die dies durch Entwertung von Kapital in verschiednen Formen bewirkt, treten noch andre gleich zu erwähnende Umstände ein.
Zunächst ist aber schon aus dem bisher Gesagten klar: Je entwickelter die kapitalistische Produktion und je größer daher die Mittel plötzlicher und anhaltender Vermehrung des aus Maschinerie usw. bestehenden Teils des konstanten Kapitals, je rascher die Akkumulation (wie namentlich in Zeiten der Prosperität), desto größer die relative Überproduktion von Maschinerie und andrem fixem Kapital und desto häufiger die relative Unterproduktion der pflanzlichen und tierischen Rohstoffe, desto markierter das vorher beschriebne Steigen ihres Preises und der diesem entsprechende Rückschlag. Desto häufiger sind also die Revulsionen, die in dieser heftigen Preisschwankung eines der Hauptelemente des Reproduktionsprozesses ihren Grund haben.
Tritt nun aber der Zusammenbruch dieser hohen Preise ein, weil ihr Steigen teils eine Verminderung der Nachfrage hervorgerufen, teils aber eine Erweiterung der Produktion hier, eine Zufuhr von entferntern und bisher weniger oder gar nicht benutzten Produktionsgegenden dort verursacht hat und mit beiden eine die Nachfrage überholende Zufuhr der Rohstoffe – sie namentlich überholend bei den alten hohen Preisen –, so ist das Resultat von verschiednen Gesichtspunkten zu betrachten. Der plötzliche Zusammenbruch des Preises der Rohprodukte legt ihrer Reproduktion einen Hemmschuh an, und so wird das Monopol der Ursprungsländer, die unter den günstigsten Bedingungen produzieren, wieder hergestellt; vielleicht unter gewissen Einschränkungen hergestellt, aber doch hergestellt. Die Reproduktion der Rohstoffe geht zwar infolge des gegebnen Anstoßes auf erweiterter Stufenleiter vor sich, namentlich in den Ländern, die mehr oder weniger das Monopol dieser Produktion besitzen. Aber die Basis, auf der infolge der erweiterten Maschinerie etc. die Produktion vor sich geht, und die nun nach einigen Schwankungen als neue normale Basis, als neuer Ausgangspunkt zu gelten hat, ist sehr erweitert durch die Vorgänge während des letzten Umschlagszyklus. Dabei hat aber in einem Teil der sekundären Bezugsquellen die eben erst gesteigerte Reproduktion wieder bedeutende Hemmung erfahren. So kann man z.B. aus den Exporttabellen mit den Fingern herauszeigen, wie während der letzten 30 Jahre (bis 1865) die indische Baumwollproduktion wächst, wenn Ausfall in der amerikanischen eintritt, und dann plötzlich wieder mehr oder minder nachhaltig zurückgeht. Während der Zeit der Rohstoffteurung tun sich die industriellen Kapitalisten zusammen, bilden Assoziationen, um die Produktion zu regulieren. So z.B. nach dem Steigen der Baumwollpreise 1848 in Manchester, ähnlich für die Produktion des Flachses in Irland. Sobald aber der unmittelbare Anstoß vorüber ist und das allgemeine Prinzip der Konkurrenz, »im wohlfeilsten Markt zu kaufen« (statt wie jene Assoziationen bezwecken, die Produktionsfähigkeit in passenden Ursprungsländern zu begünstigen, abgesehn vom unmittelbaren, augenblicklichen Preis, wozu diese das Produkt derzeit liefern können) – sobald also das Prinzip der Konkurrenz wieder souverän herrscht, überläßt man es wieder dem »Preise«, die Zufuhr zu regulieren. Aller Gedanke an gemeinsame, übergreifende und vorsehende Kontrolle der Produktion der Rohstoffe – eine Kontrolle, die im ganzen und großen auch durchaus unvereinbar ist mit den Gesetzen der kapitalistischen Produktion, und daher immer frommer Wunsch bleibt oder sich auf ausnahmsweise gemeinsame Schritte in Augenblicken großer unmittelbarer Gefahr und Ratlosigkeit beschränkt – macht Platz dem Glauben, daß Nachfrage und Zufuhr sich gegenseitig regulieren werden.16 Der Aberglaube der Kapitalisten ist hier so grob, daß selbst die Fabrikinspektoren wieder und wieder in ihren Berichten dar über die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Die Abwechslung guter und schlechter Jahre bringt natürlich auch wieder wohlfeilere Rohstoffe hervor. Abgesehn von der unmittelbaren Wirkung, die dies auf Ausdehnung der Nachfrage hat, kommt hinzu die früher erwähnte Wirkung auf die Profitrate, als Stimulus. Und der obige Prozeß mit dem allmählichen Überholtwerden der Produktion der Rohstoffe durch die Produktion von Maschinerie etc. wiederholt sich dann auf größrer Stufenleiter. Die wirkliche Verbesserung des Rohstoffs, so daß er nicht nur der Quantität, sondern auch der erheischten Qualität nach geliefert würde, z.B. Baumwolle amerikanischer Qualität von Indien aus, würde erheischen lang fortgesetzte, regelmäßig wachsende und stetige europäische Nachfrage (ganz abgesehn von den ökonomischen Bedingungen, worunter der indische Produzent in seiner Heimat gestellt ist). So aber wird die Produktionssphäre der Rohstoffe nur stoßweise, bald plötzlich erweitert, dann wieder gewaltsam kontrahiert. Es ist dies alles, wie auch der Geist der kapitalistischen Produktion überhaupt, sehr gut zu studieren an der Baumwollennot von 1861-1865, wo noch hinzukam, daß ein Rohstoff zeitweis ganz fehlte, der eins der wesentlichsten Elemente der Reproduktion ist. Es kann nämlich auch der Preis steigen, während die Zufuhr voll ist, aber unter schwierigern Bedingungen voll. Oder es kann wirklicher Mangel an Rohstoff vorhanden sein. In der Baumwollkrisis fand ursprünglich das letztre statt.
Je mehr wir daher in der Geschichte der Produktion der unmittelbarsten Gegenwart näherrücken, um so regelmäßiger finden wir, namentlich in den entscheidenden Industriezweigen, den stets sich wiederholenden Wechsel zwischen relativer Teurung und daraus entspringender, spätrer Entwertung der der organischen Natur entlehnten Rohstoffe. Man wird das bisher Entwickelte illustriert finden in den folgenden, den Berichten der Fabrikinspektoren entlehnten Beispielen.
Die Moral von der Geschichte, die man auch durch sonstige Betrachtung der Agrikultur gewinnen kann, ist die, daß das kapitalistische System einer rationellen Agrikultur widerstrebt oder die rationelle Agrikultur unverträglich ist mit dem kapitalistischen System (obgleich dies ihre technische Entwicklung befördert) und entweder der Hand des selbst arbeitenden Kleinbauern oder der Kontrolle der assoziierten Produzenten bedarf.
Wir lassen nun die soeben erwähnten Illustrationen aus den englischen Fabrikberichten folgen.
»Der Stand des Geschäfts ist besser; aber der Zyklus guter und schlechter Zeiten verkürzt sich mit der Vermehrung der Maschinerie, und wie sich damit die Nachfrage nach Rohstoff vermehrt, wiederholen sich auch die Schwankungen in der Geschäftslage häufiger... Augenblicklich ist nicht nur das Vertrauen wiederhergestellt nach der Panik von 1857, sondern die Panik selbst scheint fast ganz vergessen. Ob diese Besserung anhalten wird oder nicht, hängt in sehr großem Maß ab vom Preis der Rohstoffe. Es zeigen sich mir bereits Vorzeichen, daß in einigen Fällen das Maximum schon erreicht ist, worüber hinaus die Fabrikation immer weniger profitlich wird, bis sie endlich ganz aufhört, Profit zu liefern. Nehmen wir z.B. die gewinnreichen Jahre im Worsted-Geschäft 1849 und 1850, so sehn wir, daß der Preis englischer Kammwolle auf 13 d. stand und von australischer 14 bis 17 d. per Pfund, und daß im Durchschnitt der 10 Jahre 1841-1850 der Durchschnittspreis englischer Wolle nie über 14 d. und australischer über 17 d. per Pfund stieg. Aber im Anfang des Unglücksjahrs 1857 stand australische Wolle auf 23 d.; sie fiel im Dezember, in der schlimmsten Zeit der Panik, auf 18 d., ist aber im Lauf des Jahres 1858 wieder auf den gegenwärtigen Preis von 21 d. gestiegen. Englische Wolle fing 1857 ebenfalls mit 20 d. an, stieg im April und September auf 21 d., fiel im Januar 1858 auf 14 d. und ist seitdem auf 17 d. gestiegen, so daß sie 3 d. per Pfund höher steht als der Durchschnitt der angeführten 10 Jahre... Dies zeigt nach meiner Ansicht, daß entweder die Fallimente von 1857, die ähnlichen Preisen geschuldet waren, vergessen sind; oder daß nur knapp so viel Wolle produziert wird, wie die vorhandnen Spindeln verspinnen können; oder aber daß die Preise von Geweben eine dauernde Steigerung erfahren werden... Ich habe aber in meiner bisherigen Erfahrung gesehn, wie in unglaublich kurzer Zeit die Spindeln und Webstühle nicht nur ihre Zahl vervielfältigt haben, sondern auch ihre Betriebsgeschwindigkeit; daß ferner unsre Wollausfuhr nach Frankreich fast in demselben Verhältnis gestiegen ist, während sowohl im In- wie im Ausland das Durchschnittsalter der gehaltnen Schafe immer niedriger wird, da die Bevölkerung sich rasch vermehrt und die Züchter ihren Viehbestand so rasch wie möglich in Geld verwandeln wollen. Es ist mir daher oft ängstlich zumute gewesen, wenn ich Leute sah, die, ohne diese Kenntnis, ihr Geschick und ihr Kapital in Unternehmungen angelegt haben, deren Erfolg von der Zufuhr eines Produkts abhängt, das nur nach gewissen organischen Gesetzen sich vermehren kann... Der Stand von Nachfrage und Zufuhr aller Rohstoffe... scheint viele Schwankungen im Baumwollengeschäft zu erklären und ebenso die Lage des englischen Wollmarkts im Herbst 1857 und die daraus folgende Geschäftskrisis.«17 (R. Baker in »Rep. Fact., Oct. 1858«, p. 56-61.)
Die Blütezeit der Worsted-Industrie des West Riding von Yorkshire war 1849/50. Es wurden dort hierin beschäftigt 1838 29246 Personen, 1843 37060, 1845 48097, 1850 74891. In demselben Distrikt: 1838 2768 mechanische Webstühle, 1841 11458, 1843 16870, 1845 19121 und 1850 29539. (»Rep. Fact., [Oct.] 1850«, p. 60.) Diese Blüte der Kammwollindustrie fing an bereits im Oktober 1850 verdächtig zu werden. Im Bericht vom April 1851 sagt Subinspektor Baker über Leeds und Bradford:
»Der Stand des Geschäfts ist seit einiger Zeit sehr unbefriedigend. Die Kammgarnspinner verlieren rasch die Profite von 1850, und die Mehrzahl der Weber kommt auch nicht besonders voran. Ich glaube, daß augenblicklich mehr Wollenmaschinerie stillsteht als je vorher, und auch die Flachsspinner entlassen Arbeiter und stellen Maschinen still. Die Zyklen der Textilindustrie sind jetzt in der Tat äußerst ungewiß, und wir werden, denke ich, bald zur Einsicht kommen... daß kein Verhältnis eingehalten wird zwischen der Produktionsfähigkeit der Spindeln, der Menge des Rohstoffs und der Vermehrung der Bevölkerung.« (p.52.)
Dasselbe gilt für die Baumwollindustrie. In dem eben zitierten Bericht von Oktober 1858 heißt es:
»Seitdem die Arbeitsstunden in Fabriken festgesetzt worden, sind die Beträge des Rohstoffverbrauchs, der Produktion, der Löhne in allen Textilindustrien auf einfache Regeldetri reduziert worden... Ich zitiere aus einem neulichen Vortrag... des Herrn Baynes, des jetzigen Mayor von Blackburn, über die Baumwollindustrie, worin er die industrielle Statistik seiner eignen Gegend mit möglichster Genauigkeit zusammengestellt:
›Jede wirkliche Pferdekraft bewegt 450 self-actor-Spindeln nebst Vorspinnmaschinerie oder 200 throstle-Spindeln oder 15 Stühle für 40 Zoll breites Tuch, nebst Haspel-, Scherungs- und Schlichtmaschinerie. Jede Pferdekraft beschäftigt beim Spinnen 2 1/2 Arbeiter, beim Weben aber 10; ihr Durchschnittslohn ist reichlich 10 1/2 sh. per Kopf per Woche... Die verarbeiteten Durchschnittsnummern sind Nr. 30-32 für die Kette und Nr. 34-36 für den Einschlag; nehmen wir das wöchentlich produzierte Gespinst auf 13 Unzen per Spindel an, so gibt dies 824700 Pfund Garn per Woche, wofür 970000 Pfund oder 2300 Ballen Baumwolle zum Preis von 28300 Pfd. St. verbraucht werden... In unserm Distrikt (in einem Umkreis um Blackburn mit 5 englischen Meilen Radius) ist der wöchentliche Baumwollverbrauch 1530000 Pfund oder 3650 Ballen zum Kostpreis von 44625 Pfd. St. Es ist dies 1/18 der ganzen Baumwollspinnerei des Vereinigten Königreichs und 1/6 der sämtlichen mechanischen Weberei.‹
Nach den Berechnungen des Herrn Baynes wäre also die Gesamtzahl der Baumwollspindeln des Königreichs 28800000, und um diese in voller Beschäftigung zu halten, würden jährlich 1432080000 Pfund Baumwolle erfordert. Aber die Baumwolleinfuhr, nach Abzug der Ausfuhr, war 1856 und 1857 nur 1022576832 Pfund; es muß also notwendig ein Defizit von 409503168 Pfund stattgefunden haben. Herr Baynes, der die Güte hatte, diesen Punkt mit mir zu besprechen, glaubt, daß eine Berechnung des jährlichen Baumwollverbrauchs, begründet auf den Verbrauch des Distrikts von Blackburn, zu hoch ausfallen würde infolge des Unterschieds, nicht nur der gesponnenen Nummern, sondern auch der Vortrefflichkeit der Maschinerie. Er schätzt den gesamten jährlichen Baumwollverbrauch des Vereinigten Königreichs auf 1000 Mill. Pfund. Aber wenn er recht hat und wirklich ein Überschuß der Zufuhr von 221/2 Mill. stattfindet, so scheint Nachfrage und Zufuhr sich schon jetzt beinahe das Gleichgewicht zu halten, auch ohne daß wir die zusätzlichen Spindeln und Webstühle in Erwägung ziehn, die nach Herrn Baynes in seinem eignen Bezirk in Aufstellung begriffen sind und, darnach zu urteilen, in andren Distrikten wahrscheinlich ebenfalls.« (p.59, 60, 61.)
III. Allgemeine Illustration: die Baumwollkrisis 1861
Vorgeschichte 1845-1860
1845. Blütezeit der Baumwollindustrie. Sehr niedriger Baumwollpreis. L. Horner sagt darüber:
»Während der letzten 8 Jahre ist mir keine so lebhafte Geschäftsperiode vorgekommen, wie sie im letzten Sommer und Herbst vorgeherrscht hat. Besonders in der Baumwollspinnerei. Das ganze halbe Jahr durch habe ich jede Woche Anmeldungen neuer Kapitalanlagen in Fabriken erhalten; bald waren es neue Fabriken, die gebaut wurden, bald hatten die wenigen leerstehenden neue Mieter gefunden, bald wurden im Betrieb befindliche Fabriken ausgedehnt, neue stärkre Dampfmaschinen und vermehrte Arbeitsmaschinerie aufgestellt.« (»Rep. Fact., Oct. 1845«, p. 13.)
1846. Die Klagen beginnen.
»Schon seit längrer Zeit höre ich von den Baumwollfabrikanten sehr verbreitete Klagen über den gedrückten Stand ihres Geschäfts... während der letzten 6 Wochen haben verschiedne Fabriken angefangen kurze Zeit zu arbeiten, gewöhnlich 8 Stunden täglich statt 12; dies scheint sich zu verbreiten... es hat ein großer Preisaufschlag der Baumwolle stattgefunden und... nicht nur keine Preiserhöhung des Fabrikats, sondern... seine Preise sind niedriger als vor dem Aufschlag in Baumwolle. Die große Vermehrung in der Zahl der Baumwollfabriken während der letzten 4 Jahre muß zur Folge gehabt haben einerseits eine stark vermehrte Nachfrage nach dem Rohstoff und andrerseits eine stark vermehrte Zufuhr von Fabrikaten auf den Markt; beide Ursachen müssen gemeinsam zur Herabdrückung des Profits gewirkt haben, solange die Zufuhr des Rohstoffs und die Nachfrage nach dem Fabrikat unverändert blieb; aber sie haben noch weit stärker gewirkt, weil einerseits die Zufuhr von Baumwolle neuerdings ungenügend war und andrerseits die Nachfrage nach den Fabrikaten in verschiednen inländischen und ausländischen Märkten abgenommen hat.« (»Rep. Fact., Oct. 1846«, p. 10.)
Die steigende Nachfrage nach Rohstoff und die Überfüllung des Markts mit Fabrikat gehn natürlich Hand in Hand. – Beiläufig beschränkte sich die damalige Ausdehnung der Industrie und nachfolgende Stockung nicht auf die Baumwolldistrikte. Im Kammwolldistrikt von Bradford waren 1836 nur 318 Fabriken, 1846 dagegen 490. Diese Zahlen drücken bei weitem nicht die wirkliche Steigerung der Produktion aus, da die bestehenden Fabriken gleichzeitig bedeutend erweitert wurden. Dies gilt besonders auch von Flachsspinnereien.
»Sie alle haben mehr oder weniger während der letzten 10 Jahre beigetragen zu der Überführung des Markts, der die jetzige Stockung des Geschäfts großenteils zugeschrieben werden muß... Der gedrückte Geschäftsstand folgt ganz natürlich aus einer so raschen Erweitrung der Fabriken und der Maschinerie.« (»Rep. Fact., Oct. 1846«, p.30.)
1847. Im Oktober Geldkrisis. Diskonto 8%. Vorher schon Zusammenbruch des Eisenbahnschwindels, der ostindischen Wechselreiterei. Aber:
»Herr Baker gibt sehr interessante Details über die in den letzten Jahren gestiegne Nachfrage für Baumwolle, Wolle und Flachs infolge der Ausdehnung dieser Industrien. Er hält die vermehrte Nachfrage nach diesen Rohstoffen, namentlich da sie zu einer Zeit eintrat, wo deren Zufuhr weit unter den Durchschnitt gefallen ist, für fast genügend, den gegenwärtigen gedrückten Stand dieser Geschäftszweige zu erklären, auch ohne daß man die Zerrüttung des Geldmarkts zu Hilfe nimmt. Diese Ansicht wird vollständig bestätigt durch meine eignen Beobachtungen und durch das, was ich von geschäftskundigen Leuten erfahren habe. Diese verschiednen Geschäftszweige waren alle schon sehr gedrückt, als Diskontierungen noch leicht zu 5% und weniger zu bewirken waren. Dagegen war die Zufuhr von Rohseide reichlich, die Preise mäßig und das Geschäft demgemäß lebhaft, bis... in den letzten 2 oder 3 Wochen, wo unzweifelhaft die Geldkrisis nicht nur die Tramierer selbst, sondern noch mehr ihre Hauptkunden, die Fabrikanten von Modewaren, affiziert hat. Ein Blick auf die veröffentlichten amtlichen Berichte zeigt, daß die Baumwollindustrie in den letzten drei Jahren sich um beinahe 27% vermehrt hat. Infolgedessen ist Baumwolle, rund gesprochen, von 4 d. auf 6 d. per Pfund gestiegen, während Garn, dank der vermehrten Zufuhr, nur eine Kleinigkeit über seinem frühern Preise steht. Die Wollindustrie fing 1836 an, sich auszudehnen; seitdem ist sie in Yorkshire um 40% gewachsen und in Schottland noch mehr. Noch größer ist der Zuwachs in der Worsted-Industrie.18 Die Berechnungen ergeben hier für denselben Zeitraum eine Ausdehnung von über 74%. Der Verbrauch von Rohwolle ist daher enorm gewesen. Die Leinenindustrie zeigt seit 1839 einen Zuwachs von ungefähr 25% in England, 22% in Schottland und beinahe 90% in Irland19; die Folge hiervon, bei gleichzeitigen schlechten Flachsernten, war, daß der Rohstoff um 10 Pfd. St. per Tonne gestiegen, der Garnpreis dagegen 6 d. das Bündel gefallen ist.« (»Rep. Fact., Oct. 1847«, p.30. 31.)
1849. Seit den letzten Monaten von 1848 lebte das Geschäft wieder auf.
»Der Flachspreis, der so niedrig war, daß er fast unter allen möglichen zukünftigen Umständen einen erträglichen Profit sicherstellte, hat die Fabrikanten veranlaßt, ihr Geschäft stetig fortzuführen. Die Wollfabrikanten waren im Anfang des Jahrs eine Zeitlang sehr stark beschäftigt... ich fürchte aber, daß Konsignationen von Wollenwaren oft die Stelle wirklicher Nachfrage vertreten und daß Perioden scheinbarer Prosperität, d.h. voller Beschäftigung, nicht immer mit den Perioden legitimer Nachfrage sich decken. Während einiger Monate ist das Worsted-Geschäft besonders gut gewesen... Im Anfang der erwähnten Periode stand Wolle besonders niedrig; die Spinner hatten sich zu vorteilhaften Preisen gedeckt und sicher auch in bedeutenden Quantitäten. Als der Wollpreis mit den Frühjahrsauktionen stieg, hatten die Spinner den Vorteil davon, und sie behielten ihn, da die Nachfrage nach Fabrikaten beträchtlich und unabweisbar wurde.« (»Rep. Fact., [April] 1849«, p.42.)
»Wenn wir die Variationen im Stand des Geschäfts ansehn, die in den Fabrikdistrikten seit jetzt 3 oder 4 Jahren vorgekommen sind, so müssen wir, glaube ich, zugeben, daß irgendwo eine große Störungsursache besteht... Kann da nicht die ungeheure Produktivkraft der vermehrten Maschinerie ein neues Element geliefert haben?« (»Rep. Fact., April 1849«, p.42, 43.)
Im November 1848, Mai und Sommer bis Oktober 1849 wurde das Geschäft immer schwunghafter.
»Am meisten gilt dies von der Fabrikation von Stoffen aus Kammgarn, die sich um Bradford und Halifax gruppiert; dies Geschäft hat zu keiner frühern Zeit auch nur annähernd seine jetzige Ausdehnung erreicht... Die Spekulation im Rohstoff und die Ungewißheit über seine wahrscheinliche Zufuhr hat von jeher größre Aufregung und häufigere Schwankung in der Baumwollindustrie hervorgerufen als in irgendeinem andern Geschäftszweig. Es findet hier augenblicklich eine Anhäufung von Vorräten gröbrer Baumwollwaren statt, die die kleinern Spinner beunruhigt und sie bereits benachteiligt, so daß mehrere von ihnen kurze Zeit arbeiten.« (»Rep. Fact., Oct. 1849«, p.64, 65.)
1850. April. Fortdauernd flottes Geschäft. Ausnahme:
»Große Depression in einem Teil der Baumwollindustrie infolge ungenügender Zufuhr des Rohstoffs gerade für grobe Garnnummern und schwere Gewebe... Es wird befürchtet, daß die für das Worsted-Geschäft neuerdings aufgestellte vermehrte Maschinerie eine ähnliche Reaktion herbeiführen wird. Herr Baker berechnet, daß allein im Jahre 1849 in diesem Geschäftszweig das Produkt der Webstühle um 40% und das der Spindeln um 25-30% gestiegen ist, und die Ausdehnung geht noch immer im selben Verhältnis voran.« (»Rep. Fact., April 1850«, p. 54.)
1850. Oktober.
»Der Baumwollpreis fährt fort... eine beträchtliche Gedrücktheit in diesem Industriezweig zu verursachen, besonders für solche Waren, bei denen der Rohstoff einen beträchtlichen Teil der Produktionskosten ausmacht. Der große Preisaufschlag der Rohseide hat auch in diesem Zweig vielfach einen Druck herbeigeführt.« (»Rep. Fact., Oct. 1850«, p. 14.)
Nach dem hier zitierten Bericht des Komitees der königlichen Gesellschaft für Flachsbau in Irland hatte hier der hohe Flachspreis, bei niedrigem Preisstand andrer landwirtschaftlichen Produkte, eine bedeutende Vermehrung der Flachsproduktion für das folgende Jahr sichergestellt. (p. 33.)
1853. April. Große Prosperität.
»Zu keiner Zeit während der 17 Jahre, während denen ich amtliche Kenntnis genommen habe vom Stand des Fabrikdistrikts von Lancashire, ist mir eine solche allgemeine Prosperität vorgekommen; die Tätigkeit ist in allen Zweigen außerordentlich«, sagt L. Horner. (»Rep. Fact., April 1853«, p. 19.)
1853. Oktober. Depression der Baumwollindustrie. »Überproduktion.« (»Rep. Fact., October 1853«, p. 15.)
1854. April.
»Das Wollgeschäft, obwohl nicht flott, hat in allen Fabriken volle Beschäftigung geliefert; ebenso die Baumwollindustrie. Das Worsted-Geschäft war im ganzen vorigen Halbjahr durchweg unregelmäßig... In der Leinenindustrie fand Störung statt infolge der verminderten Zufuhren von Flachs und Hanf aus Rußland wegen des Krimkriegs.« (»Rep. Fact., [April] 1854«, p.37.)
1859.
»Das Geschäft in der schottischen Leinenindustrie ist noch gedrückt... da der Rohstoff selten und teuer ist; die geringe Qualität der vorigen Ernte in den Ostseeländern, woher wir unsre Hauptzufuhr bezogen, wird eine schädliche Wirkung auf das Geschäft dieses Bezirks ausüben; dagegen ist Jute, die in vielen groben Artikeln den Flachs allmählich verdrängt, weder ungewöhnlich teuer noch selten... ungefähr die Hälfte der Maschinerie in Dundee spinnt jetzt Jute.« (»Rep. Fact., April 1859«, p. 19.) – »Infolge des hohen Preises des Rohstoffs ist die Flachsspinnerei noch immer durchaus nicht lohnend, und während alle andern Fabriken die volle Zeit laufen, haben wir verschiedne Beispiele der Stillsetzung von Flachsmaschinerie... Die Jutespinnerei... ist in einer zufriedenstellendern Lage, da neuerdings dieser Stoff auf einen mäßigem Preis herabgegangen ist.« (»Rep. Fact., October 1859«, p.20.)
1861-1864. Amerikanischer Bürgerkrieg. Cotton Famine. Das größte Beispiel der Unterbrechung des Produktionsprozesses durch Mangel und Teurung des Rohstoffs
1860. April.
»Was den Stand des Geschäfts angeht, freut es mich, Ihnen mitteilen zu können, daß trotz des hohen Preises der Rohstoffe alle Textilindustrien, mit Ausnahme von Seide, während des letzten halben Jahres recht gut beschäftigt gewesen sind... In einigen der Baumwollbezirke sind Arbeiter auf dem Weg der Annonce gesucht worden und aus Norfolk und andern ländlichen Grafschaften dorthin gewandert... Es scheint in jedem Industriezweig ein großer Mangel an Rohstoff zu herrschen. Es ist... dieser Mangel allein, der uns in Schranken hält. Im Baumwollgeschäft ist die Zahl der neu errichteten Fabriken, die Erweiterung der schon bestehenden und die Nachfrage nach Arbeitern wohl nie so stark gewesen wie jetzt. Nach allen Richtungen hin ist man auf der Suche nach Rohstoff.« (»Rep. Fact., April 1860«, [p.57].)
1860. Oktober.
»Der Stand des Geschäfts in den Baumwoll-, Woll-und Flachsbezirken ist gut gewesen; in Irland soll er sogar sehr gut gewesen sein seit mehr als einem Jahr und wäre noch besser gewesen ohne den hohen Preis des Rohstoffs. Die Flachsspinner scheinen mit mehr Ungeduld als je auf die Eröffnung der Hilfsquellen Indiens durch die Eisenbahnen zu warten und auf die entsprechende Entwicklung seiner Agrikultur, um endlich eine... ihren Bedürfnissen entsprechende Zufuhr von Flachs zu erhalten.« (»Rep. Fact., October 1860«, p.37.)
1861. April.
»Der Geschäftsstand ist augenblicklich gedrückt... einige wenige Baumwollfabriken arbeiten kurze Zeit, und viele Seidenfabriken sind nur teilweise beschäftigt. Rohstoff ist teuer. In fast jedem textilen Zweige steht er über dem Preis, zu dem er für die Masse der Konsumenten verarbeitet werden kann.« (»Rep. Fact., April 1861«, P.33.)
Es zeigte sich jetzt, daß 1860 in der Baumwollindustrie überproduziert worden war; die Wirkung davon machte sich noch während der nächsten Jahre fühlbar.
»Es hat zwischen zwei und drei Jahren genommen, bis die Überproduktion von 1860 auf dem Weltmarkt absorbiert war.« (»Rep. Fact., October 1863«, p. 127.) »Der gedrückte Stand der Märkte für Baumwollfabrikate in Ostasien, anfangs 1860, hatte eine entsprechende Rückwirkung auf das Geschäft in Blackburn, wo im Durchschnitt 30000 mechanische Webstühle fast ausschließlich in der Produktion von Geweben für diesen Markt beschäftigt sind. Die Nachfrage für Arbeit war demzufolge hier schon beschränkt, viele Monate bevor die Wirkungen der Baumwollblockade sich fühlbar machten... Glücklicherweise wurden hierdurch viele Fabrikanten vor dem Ruin bewahrt. Die Vorräte stiegen im Wert, solange man sie auf Lager hielt, und so wurde die erschreckende Entwertung vermieden, die sonst in einer solchen Krisis unvermeidlich war.« (»Rep. Fact., October 1862«, p.28, 29, 30.)
1861. Oktober.
»Das Geschäft ist seit einiger Zeit sehr gedrückt gewesen... Es ist gar nicht unwahrscheinlich, daß während der Wintermonate viele Fabriken die Arbeitszeit sehr verkürzen werden. Dies war indes vorherzusehn... ganz abgesehn von den Ursachen, die unsre gewöhnliche Baumwollzufuhr von Amerika und unsre Ausfuhr unterbrochen haben, würde Verkürzung der Arbeitszeit für den kommenden Winter notwendig geworden sein infolge der starken Vermehrung der Produktion in den letzten drei Jahren und der Störungen im indischen und chinesischen Markt.« (»Rep. Fact., October 1861«, p. 19.)
Baumwollabfall. Ostindische Baumwolle (Surat). Einfluß auf den Lohn der Arbeiter. Verbesserung in der Maschinerie. Ersetzung von Baumwolle durch Stärkmehl und Mineralien. Wirkung dieser Stärkmehlschlichte auf die Arbeiter. Spinner feinerer Garnnummern. Be
»Ein Fabrikant schreibt mir wie folgt: ›Was die Schätzung des Baumwollverbrauchs per Spindel betrifft, so ziehn Sie wohl nicht hinreichend die Tatsache in Rechnung, daß, wenn Baumwolle teuer ist, jeder Spinner gewöhnlicher Garne (sage bis Nr. 40, hauptsächlich Nr. 12-32) so feine Nummern spinnt, wie er nur irgend kann, d.h. er wird Nr. 16 spinnen statt früher Nr. 12 oder Nr. 22 statt Nr. 16 usw.; und der Weber, der diese feinen Garne verwebt, wird seinen Kattun auf das gewöhnliche Gewicht bringen, indem er um so viel mehr Schlichte zusetzt. Dies Hilfsmittel wird jetzt benutzt in einem wirklich schmählichen Grad. Ich habe aus guter Quelle gehört, daß es ordinäre Shirtings für Export gibt, wovon das Stück 8 Pfund wiegt, und wovon 2 3/4 Pfund Schlichte waren. In Gewebe andrer Sorten wird oft bis zu 50% Schlichte gesteckt, so daß der Fabrikant keineswegs lügt, der sich rühmt, ein reicher Mann zu werden, indem er sein Gewebe für weniger Geld per Pfund verkauft, als er für das Garn bezahlt hat, woraus es gemacht ist.‹« (»Rep. Fact., April 1864«, p.27.)
»Es sind mir auch Aussagen gemacht worden, daß die Weber ihren gesteigerten Krankheitsstand der Schlichte zuschreiben, die für die aus ostindischer Baumwolle gesponnenen Ketten verwandt wird und die nicht mehr wie früher bloß aus Mehl besteht. Dies Surrogat für Mehl soll jedoch den sehr großen Vorteil bieten, daß es das Gewicht des Gewebes bedeutend vermehrt, so daß 15 Pfund Garn, wenn verwebt, zu 20 Pfund werden.« (»Rep. Fact., Oct. 1863«, p.63. Dies Surrogat war gemahlner Talk, genannt China clay, oder Gips, genannt French chalk.) – »Der Verdienst der Weber« (hier bedeutet dies die Arbeiter) »ist sehr vermindert durch Anwendung von Surrogaten für Mehl als Kettenschlichte. Diese Schlichte macht das Garn schwerer, aber auch hart und brüchig. Jeder Faden der Kette geht im Webstuhl durch die sogenannte Litze, deren starke Fäden die Kette in der richtigen Lage halten; die hartgeschlichteten Ketten verursachen fortwährende Fadenbrüche in der Litze; jeder Bruch verursacht dem Weber fünf Minuten Zeitverlust zur Reparatur; der Weber hat diese Schäden jetzt mindestens 10mal so oft wie früher auszubessern, und der Stuhl leistet während der Arbeitsstunden natürlich um so viel weniger,« (l.c. p.42, 43.)
»In Ashton, Stalybridge, Mossley, Oldham etc. ist die Beschränkung der Arbeitszeit um ein volles Drittel durchgeführt, und die Arbeitsstunden werden noch jede Woche weiter verkürzt... Gleichzeitig mit dieser Verkürzung der Arbeitszeit findet auch in vielen Zweigen Herabsetzung des Lohns statt.« (p. 13.)
Anfangs 1861 fand ein Strike unter den mechanischen Webern in einigen Teilen von Lancashire statt. Verschiedne Fabrikanten hatten eine Lohnherabsetzung von 5 – 7 1/2% angekündigt; die Arbeiter bestanden darauf, daß die Lohnsätze beibehalten, aber die Arbeitsstunden verkürzt werden sollten. Dies wurde nicht bewilligt, und der Strike entstand. Nach einem Monat mußten die Arbeiter nachgeben. Aber nun erhielten sie beides:
»Außer der Lohnherabsetzung, worin die Arbeiter zuletzt einwilligten, arbeiten jetzt auch viele Fabriken kurze Zeit.« (»Rep. Fact., April 1861«, p.23.)
1862. April.
»Die Leiden der Arbeiter haben sich seit dem Datum meines letzten Berichts bedeutend vermehrt; aber zu keiner Zeit in der Geschichte der Industrie sind so plötzliche und so schwere Leiden ertragen worden mit so viel schweigender Resignation und so geduldigem Selbstgefühl.« (»Rep. Fact., April 1862«, p. 10.) – »Die Verhältniszahl der augenblicklich ganz beschäftigungslosen Arbeiter scheint nicht viel größer zu sein als 1848, wo eine gewöhnliche Panik herrschte, die aber bedeutend genug war, um die beunruhigten Fabrikanten zur Zusammenstellung einer ähnlichen Statistik über die Baumwollindustrie zu veranlassen, wie sie jetzt wöchentlich ausgegeben wird... Im Mai 1848 waren von sämtlichen Baumwollarbeitern in Manchester 15% unbeschäftigt, 12% arbeiteten kurze Zeit, während über 70% auf voller Zeit beschäftigt waren. Am 28. Mai 1862 waren 15% unbeschäftigt, 35% arbeiteten kurze Zeit, 49% volle Zeit... In den Nachbarorten, z.B. Stockport, ist die Prozentzahl der nicht voll und der gar nicht Beschäftigten höher, die der Vollbeschäftigten geringer«, weil nämlich hier gröbere Nummern gesponnen werden als in Manchester. (p. 16.)
1862. Oktober.
»Nach der letzten amtlichen Statistik waren [1861] im Vereinigten Königreich 2887 Baumwollfabriken, davon 2109 in meinem Distrikt (Lancashire und Cheshire). Ich wußte wohl, daß ein sehr großer Teil der 2109 Fabriken in meinem Bezirk kleine Etablissements waren, die nur wenig Leute beschäftigen. Es hat mich aber überrascht zu entdecken, wie groß diese Zahl ist. In 392, oder 19%, ist die Triebkraft, Dampf oder Wasser, unter 10 Pferdekraft; in 345, oder 16%, zwischen 10 und 20 Pferdekraft; in 1372 ist sie 20 Pferde und mehr... Ein sehr großer Teil dieser kleinen Fabrikanten – mehr als ein Drittel der Gesamtzahl – waren selbst vor nicht langer Zeit Arbeiter; sie sind Leute ohne Kommando über Kapital... Die Hauptlast würde also auf die übrigen 2/3 fallen.« (»Rep. Fact., October 1862«, p. 18, 19.)
Nach demselben Bericht waren von den Baumwollarbeitern in Lancashire und Cheshire damals voll beschäftigt 40146 oder 11,3%, mit beschränkter Arbeitszeit beschäftigt 134767 oder 38%, unbeschäftigt 179721 oder 50,7%. Zieht man hiervon die Angaben über Manchester und Bolton ab, wo hauptsächlich feine Nummern gesponnen werden, ein von der Baumwollnot verhältnismäßig wenig betroffner Zweig, so stellt sich die Sache noch ungünstiger, nämlich: Vollbeschäftigt 8,5%, beschränkt beschäftigt 38%, unbeschäftigt 53,5%. (p. 19, 20.)
»Es macht für die Arbeiter einen wesentlichen Unterschied, ob gute oder schlechte Baumwolle verarbeitet wird. In den ersten Monaten des Jahrs, als die Fabrikanten ihre Fabriken dadurch in Gang zu halten suchten, daß sie alle zu mäßigen Preisen kaufbare Baumwolle aufbrauchten, kam viel schlechte Baumwolle in Fabriken, wo früher gewöhnlich gute verwandt wurde; der Unterschied im Lohn der Arbeiter war so groß, daß viele Strikes stattfanden, weil sie jetzt zum alten Stücklohn keinen erträglichen Taglohn mehr herausschlagen konnten... In einigen Fällen betrug der Unterschied durch Anwendung schlechter Baumwolle selbst bei voller Arbeitszeit die Hälfte des Gesamtlohns.« (p.27.)
1863. April.
»Im Lauf dieses Jahres wird nicht viel mehr als die Hälfte der Baumwollarbeiter voll beschäftigt werden können.« (»Rep. Fact., April 1863«, p. 14.)
»Ein sehr ernstlicher Nachteil bei Verwendung ostindischer Baumwolle, wie die Fabriken sie jetzt gebrauchen müssen, ist der, daß die Geschwindigkeit der Maschinerie dabei sehr verlangsamt werden muß. Während der letzten Jahre wurde alles aufgeboten, diese Geschwindigkeit zu beschleunigen, so daß dieselbe Maschinerie mehr Arbeit tat. Die verminderte Geschwindigkeit trifft aber den Arbeiter ebensosehr wie den Fabrikanten; denn die Mehrzahl der Arbeiter wird nach Stücklohn bezahlt, die Spinner soviel per Pfund gesponnenes Garn, die Weber soviel per gewebtes Stück; und selbst bei den andern, nach Wochenlohn bezahlten Arbeitern würde eine Lohnverminderung eintreten infolge der verminderten Produktion. Nach meinen Ermittlungen... und den mir übergebnen Aufstellungen des Verdienstes der Baumwollarbeiter im Lauf dieses Jahrs... ergibt sich eine Vermindrung von durchschnittlich 20%, in einigen Fällen von 50%, berechnet nach den Lohnhöhen, wie sie 1861 herrschten.« (p. 13.) – »Die verdiente Summe hängt ab... davon, was für Material verarbeitet wird... Die Lage der Arbeiter, in Beziehung auf den verdienten Lohnbetrag, ist sehr viel besser jetzt« (Oktober 1863) »als voriges Jahr um diese Zeit. Die Maschinerie ist verbessert worden, man kennt den Rohstoff besser, und die Arbeiter werden leichter mit den Schwierigkeiten fertig, womit sie anfangs zu kämpfen hatten. Voriges Frühjahr war ich in Preston in einer Nähschule« (Wohltätigkeitsanstalt für Unbeschäftigte); »zwei junge Mädchen, die tags zuvor in eine Weberei geschickt waren, auf die Angabe des Fabrikanten hin, daß sie 4 sh. die Woche verdienen könnten, baten um Wiederaufnahme in die Schule und klagten, sie hätten nicht 1 sh. per Woche verdienen können. Ich habe Angaben gehabt über Self-acting minders... Männer, die ein paar Self-actors regieren, die nach 14 Tagen voller Arbeitszeit 8 sh. 11 d. verdient hatten, und von dieser Summe wurde ihnen die Hausmiete abgezogen, wobei der Fabrikant« (Edelmütigster!) »ihnen jedoch die halbe Miete als Geschenk zurückgab. Die Minders nahmen die Summe von 6 sh. 11 d. nach Hause. An manchen Orten verdienten die Self-acting minders 5-9 sh. die Woche, die Weber von 2-6 sh. die Woche, während der letzten Monate 1862... Gegenwärtig besteht ein viel gesundrer Zustand, obwohl der Verdienst in den meisten Distrikten noch immer sehr abgenommen hat... Mehrere andre Ursachen haben zu dem geringern Verdienst beigetragen, neben dem kürzern Stapel der indischen Baumwolle und ihrer Verunreinigung. So z.B. ist es jetzt Brauch, Baumwollabfall reichlich unter die indische Baumwolle zu mischen, und dies steigert natürlich die Schwierigkeit für den Spinner noch mehr. Bei der Kürze der Faser reißen die Fäden leichter beim Herausziehen der Mule und beim Drehen des Garns, und die Mule kann nicht so regelmäßig im Gang gehalten werden... Ebenso kann, bei der großen Aufmerksamkeit, die auf die Fäden verwandt werden muß, eine Weberin häufig nur einen Stuhl überwachen, und nur sehr wenige mehr als zwei Stühle... In vielen Fällen ist der Lohn der Arbeiter geradezu um 5, 7 1/2 und 10% herabgesetzt worden... in der Mehrzahl der Fälle muß der Arbeiter zusehn, wie er mit seinem Rohstoff fertig wird und wie er zum gewöhnlichen Lohnsatz an Verdienst herausschlägt, was er kann... Eine andre Schwierigkeit, womit die Weber zuweilen zu kämpfen haben, ist, daß sie aus schlechtem Stoff gutes Gewebe machen sollen und mit Lohnabzügen gestraft werden, wenn die Arbeit nicht nach Wunsch ausfällt.« (»Rep. Fact., October 1863«, p. 41-43.)
Die Löhne waren miserabel, selbst wo volle Zeit gearbeitet wurde. Die Baumwollarbeiter stellten sich bereitwillig zu all den öffentlichen Arbeiten, Dränage, Wegebauten, Steineklopfen, Straßepflastern, wozu sie verbraucht wurden, um ihre Unterstützung (die tatsächlich eine Unterstützung der Fabrikanten war, s. Buch I, S. 598/589) von den Lokalbehörden zu beziehn. Die ganze Bourgeoisie stand auf Wache über den Arbeitern. Wurde der schlechteste Hundelohn angeboten und der Arbeiter wollte ihn nicht nehmen, so strich das Unterstützungskomitee ihn von der Unterstützungsliste. Es war insofern eine goldne Zeit für die Herrn Fabrikanten, als die Arbeiter entweder verhungern oder zu jedem dem Bourgeois profitabelsten Preis arbeiten mußten, wobei die Unterstützungskomitees als ihre Wachthunde agierten. Zugleich verhinderten die Fabrikanten, in geheimem Einverständnis mit der Regierung, die Auswanderung soweit wie möglich, teils um ihr im Fleisch und Blut der Arbeiter existierendes Kapital stets in Bereitschaft zu halten, teils um die von den Arbeitern erpreßte Hausmiete zu sichern.
»Die Unterstützungskomitees handelten in diesem Punkt mit großer Strenge. War Arbeit angeboten, so wurden die Arbeiter, denen sie angeboten worden, von der Liste gestrichen und so gezwungen, sie anzunehmen. Wenn sie sich weigerten, die Arbeit anzutreten... so war die Ursache die, daß ihr Verdienst bloß nominell, die Arbeit aber außerordentlich schwer sein würde.« (l.c. p.97.)
Die Arbeiter waren zu jeder Art Arbeit bereitwillig, zu der sie infolge des Public Works Act angestellt wurden.
»Die Grundsätze, wonach industrielle Beschäftigungen organisiert wurden, wechselten bedeutend in verschiednen Städten. Aber selbst an den Orten, wo die Arbeit in freier Luft nicht absolut als Arbeitsprobe (labour test) diente, wurde diese Arbeit doch entweder mit der bloßen regelmäßigen Unterstützungssumme oder doch nur so unbedeutend höher bezahlt, daß sie in der Tat eine Arbeitsprobe wurde.« (p.69.) »Der Public Works Act von 1863 sollte diesem Übel abhelfen und den Arbeiter befähigen, seinen Taglohn als unabhängiger Taglöhner zu verdienen. Der Zweck dieses Akts war dreifach: 1. Lokalbehörden zu befähigen, Geld« (mit Einwilligung des Präsidenten der staatlichen Zentral-Armenbehörde) »von den Schatzanleihe-Kommissären zu borgen; 2. Verbesserungen in den Städten der Baumwollbezirke zu erleichtern; 3. den unbeschäftigten Arbeitern Arbeit und lohnenden Verdienst (remunerative wages) zu verschaffen.«
Bis Ende Oktober 1863 waren Anleihen bis zum Betrag von 883700 Pfd. St. unter diesem Gesetz bewilligt worden. (p. 70.) Die unternommenen Arbeiten waren hauptsächlich Kanalisation, Wegebauten, Straßenpflastern, Sammelteiche für Wasserwerke etc.
Herr Henderson, Präsident des Komitees von Blackburn, schreibt mit Beziehung hierauf an Fabrikinspektor Redgrave:
»Während meiner ganzen Erfahrung im Lauf der gegenwärtigen Zeit des Leidens und des Elends hat mich nichts stärker frappiert oder mir mehr Freude gemacht als die heitre Bereitwilligkeit, womit die unbeschäftigten Arbeiter dieses Distrikts die ihnen gemäß dem Public Works Act vom Stadtrat von Blackburn angebotne Arbeit übernommen haben. Man kann kaum einen größern Kontrast denken als den zwischen dem Baumwollspinner, der früher als geschickter Arbeiter in der Fabrik, und jetzt als Tagelöhner an einem Abzugskanal 14 oder 18 Fuß tief arbeitet.«
(Sie verdienten dabei je nach Größe der Familie 4-12 sh. wöchentlich, letztre riesige Summe mußte oft für eine Familie von 8 Personen ausreichen. Die Herren Spießbürger hatten dabei doppelten Profit: Erstens bekamen sie das Geld zur Verbesserung ihrer rauchigen und vernachlässigten Städte zu ausnahmsweis niedrigen Zinsen; zweitens zahlten sie die Arbeiter weit unter den regelmäßigen Lohnsätzen.)
»Gewohnt wie er war, an eine fast tropische Temperatur, an Arbeit, wobei Gewandtheit und Genauigkeit der Manipulation ihm unendlich mehr nützte als Muskelkraft, gewohnt an das Doppelte, manchmal Dreifache der Entlohnung, die er jetzt erhalten kann, schließt seine willige Annahme der gebotnen Beschäftigung eine Summe von Selbstverleugnung und Rücksicht ein, die ihm zur höchsten Ehre gereicht. In Blackburn sind die Leute probiert worden, bei fast jeder möglichen Art von Arbeit in freier Luft; beim Ausgraben eines steifen, schweren Lehmbodens auf beträchtliche Tiefe, bei Trockenlegung, Steinklopfen, Wegebauten, bei Ausgrabungen für Straßenkanäle auf Tiefen von 14, 16 und zuweilen 20 Fuß. Häufig stehn sie dabei in 10-12 Zoll tiefem Schmutz und Wasser, und jedesmal sind sie dabei einem Klima ausgesetzt, dessen nasse Kälte in keinem Distrikt Englands übertroffen, wenn überhaupt erreicht wird.« (p.91, 92.) – »Die Haltung der Arbeiter ist fast tadellos gewesen... ihre Bereitwilligkeit, die Arbeit in freier Luft zu übernehmen und sich damit durchzuschlagen.« (p.69.)
1864. April.
»Gelegentlich hört man in verschiednen Bezirken Klagen über Mangel an Arbeitern, hauptsächlich in gewissen Zweigen, z.B. der Weberei... aber diese Klagen haben ihren Ursprung ebensosehr in dem geringen Lohn, den die Arbeiter verdienen können infolge der angewandten schlechten Garnsorten, wie in irgendwelcher wirklichen Seltenheit von Arbeitern selbst in diesem besondern Zweig. Zahlreiche Zwistigkeiten wegen des Lohns haben vorigen Monat stattgefunden zwischen gewissen Fabrikanten und ihren Arbeitern. Ich bedaure, daß Strikes nur zu häufig vorgekommen sind... Die Wirkung des Public Works Act wird von den Fabrikanten als eine Konkurrenz empfunden, und infolgedessen hat das Lokalkomitee von Bacup seine Tätigkeit suspendiert, denn obwohl noch nicht alle Fabriken laufen, hat sich doch ein Mangel an Arbeitern gezeigt.« (»Rep. Fact., April 1864«, p.9.)
Es war allerdings die höchste Zeit für die Herren Fabrikanten. Infolge des Public Works Act wuchs die Nachfrage so sehr, daß in den Steinbrüchen bei Bacup manche Fabrikarbeiter jetzt 4-5 sh. täglich verdienten. Und so wurden die öffentlichen Arbeiten allmählich eingestellt – diese neue Auflage der Ateliers nationaux von 1848, aber diesmal errichtet zum Nutzen der Bourgeoisie.
Experimente in corpore vili
»Obwohl ich den sehr herabgesetzten Lohn« (der Vollbeschäftigten), »den wirklichen Verdienst der Arbeiter in verschiednen Fabriken gegeben habe, folgt keineswegs, daß sie Woche für Woche dieselbe Summe verdienen. Die Arbeiter sind hier großen Schwankungen ausgesetzt infolge des beständigen Experimentierens der Fabrikanten mit verschiednen Arten und Proportionen von Baumwolle und Abfall in derselben Fabrik; die ›Mischungen‹, wie man sie nennt, werden häufig gewechselt, und der Verdienst der Arbeiter steigt und fällt mit der Qualität der Baumwollmischung. Zuweilen blieb er nur 15% des frühern Verdienstes, und in einer oder ein paar Wochen fiel er auf 50 oder 60% herunter.«
Inspektor Redgrave, der hier spricht, gibt nun der Praxis entnommene Lohnaufstellungen, wovon hier folgende Beispiele hinreichen:
A, Weber, Familie von 6 Personen, 4 Tage in der Woche beschäftigt, 6 sh. 8 1/2 d.; B, Twister, 4 1/2 Tag per Woche, 6 sh.; C, Weber, Familie von 4, 5 Tage per Woche, 5 sh. 1 d.; D, Slubber, Familie von 6, 4 Tage per Woche, 7 sh. 10 d.; E, Weber, Familie von 7, 3 Tage, 5 sh. usw. Redgrave fährt fort:
»Die obigen Aufstellungen verdienen Beachtung, denn sie beweisen, daß die Arbeit in mancher Familie ein Unglück werden würde, da sie nicht nur das Einkommen reduziert, sondern es so tief herunterbringt, daß es vollständig unzureichend wird, um mehr als einen ganz kleinen Teil ihrer absoluten Bedürfnisse zu befriedigen, wenn nicht zusätzliche Unterstützung in Fällen gegeben würde, wo der Verdienst der Familie nicht die Summe erreicht, die sie als Unterstützung erhalten würde, wenn sie alle unbeschäftigt wären.« (»Rep. Fact., October 1863«, p. 50-53.)
»In keiner Woche seit dem 5. Juni 1863 ist die durchschnittliche Gesamtbeschäftigung aller Arbeiter mehr als zwei Tage, 7 Stunden und einige Minuten gewesen.« (l.c. p. 121.)
Von Anfang der Krise bis 25. März 1863 wurden beinahe drei Mill. Pfd. St. ausgegeben von den Armenverwaltungen, dem Zentral-Unterstützungskomitee und dem Londoner Mansion-House-Komitee. (p. 13.)
»In einem Bezirk, wo wohl das feinste Garn gesponnen wird... erleiden die Spinner eine indirekte Lohnherabsetzung von 15% infolge des Übergangs von Sea Island zu ägyptischer Baumwolle... In einem ausgedehnten Distrikt, wo Baumwollabfall in Mengen verwandt wird zur Mischung mit indischer Baumwolle, haben die Spinner eine Lohnreduktion von 5% gehabt und außerdem noch 20-30% verloren infolge der Verarbeitung von Surat und Abfall. Die Weber sind von vier Stühlen auf 2 heruntergekommen. 1860 machten sie auf jeden Webstuhl 5 sh. 7 d., 1863 nur 3 sh. 4 d. ... Die Geldstrafen, die auf amerikanische Baumwolle früher von 3 d. bis 6 d. variierten« (für den Spinner), »laufen jetzt auf zu 1 sh. bis 3 sh. 6 d.«
In einem Bezirk, wo ägyptische Baumwolle gebraucht wurde, vermischt mit ostindischer:
»Der Durchschnittslohn der Mule-Spinner 1860 war 18-25 sh. und ist jetzt 10-18 sh. Dies ist nicht ausschließlich durch die verschlechterte Baumwolle verursacht, sondern auch durch die verminderte Geschwindigkeit der Mule, um dem Garn eine stärkere Drehung zu geben, wofür in gewöhnlichen Zeiten Extrazahlung gemäß der Lohnliste gemacht worden wäre.« (p. 43, 44, 45-50.) »Obgleich die ostindische Baumwolle vielleicht hier und da mit Profit für den Fabrikanten verarbeitet worden ist, so sehn wir doch (siehe Lohnliste p.53), daß die Arbeiter darunter leiden, verglichen mit 1861. Setzt sich der Gebrauch von Surat fest, so werden die Arbeiter den gleichen Verdienst wie 1861 verlangen; dies aber würde den Profit des Fabrikanten ernstlich affizieren, falls es nicht ausgeglichen wird durch den Preis, sei es der Baumwolle, sei es der Fabrikate.« (p. 105.)
Hausmiete.
»Die Hausmiete der Arbeiter, wenn die von ihnen bewohnten cottages dem Fabrikanten gehören, wird von diesem häufig vom Lohn abgezogen, selbst wenn kurze Zeit gearbeitet wird. Trotzdem ist der Wert dieser Gebäude gesunken, und Häuschen sind jetzt 25-50% wohlfeiler gegen früher zu haben; eine cottage, die sonst 3 sh. 6 d. per Woche kostete, ist jetzt für 2 sh. 4 d. zu haben und zuweilen noch für weniger.« (p.57.)
Auswanderung. Die Fabrikanten waren natürlich gegen die Auswanderung der Arbeiter, einesteils weil sie
»in Erwartung beßrer Zeiten für die Baumwollindustrie sich die Mittel zur Hand erhalten wollten, um ihre Fabrik in der vorteilhaftesten Weise zu betreiben.« Dann aber auch »sind manche Fabrikanten Eigentümer der Häuser, worin die von ihnen beschäftigten Arbeiter wohnen, und wenigstens einige von ihnen rechnen unbedingt darauf, später einen Teil der aufgelaufnen schuldigen Miete bezahlt zu erhalten«. (p.96.)
Herr Bernal Osborne sagt in einer Rede an seine Parlamentswähler vom 22. Oktober 1864, daß sich die Arbeiter von Lancashire benommen haben wie die antiken Philosophen (Stoiker). Nicht wie Schafe?
7. Nachträge
Gesetzt, wie in diesem Abschnitt unterstellt, die in jeder besondren Produktionssphäre angeeignete Profitmasse sei gleich der Summe des Mehrwerts, den das in dieser Sphäre angelegte Gesamtkapital erzeugt. So wird der Bourgeois den Profit doch nicht als identisch mit dem Mehrwert, d.h. mit unbezahlter Mehrarbeit, auffassen, und zwar aus folgenden Gründen nicht:
1. In dem Prozeß der Zirkulation vergißt er den Produktionsprozeß. Das Realisieren des Werts der Waren – worin das Realisieren ihres Mehrwerts eingeschlossen – gilt ihm als Machen dieses Mehrwerts. 〈Eine leergelassene Lücke im Manuskript deutet an, daß Marx diesen Punkt näher zu entwickeln vorhatte. – F. E.}
2. Denselben Exploitationsgrad der Arbeit vorausgesetzt, hat sich gezeigt, daß, abgesehn von allen durch das Kreditsystem hereingebrachten Modifikationen, von aller wechselseitigen Übervorteilung und Prellerei der Kapitalisten untereinander, ferner von aller günstigen Wahl des Markts, die Profitrate sehr verschieden sein kann, je nachdem der Rohstoff wohlfeiler oder minder wohlfeil, mit mehr oder minder Sachkenntnis angekauft; je nachdem die angewandte Maschinerie produktiv, zweckmäßig und wohlfeil; je nachdem die Gesamteinrichtung der verschiednen Stufen des Produktionsprozesses mehr oder minder vollkommen, die Stoffvergeudung beseitigt, die Leitung und Aufsicht einfach und wirksam ist usw. Kurz, den Mehrwert für ein bestimmtes variables Kapital gegeben, so hängt es noch sehr von der individuellen Geschäftstüchtigkeit, sei es des Kapitalisten selbst, sei es seiner Unteraufseher und Kommis ab, ob sich dieser selbe Mehrwert in einer größern oder kleinern Profitrate ausdrückt, und daher, ob er eine größere oder kleinere Profitmasse liefert. Derselbe Mehrwert von 1000 Pfd. St., das Produkt von 1000 Pfd. St. Arbeitslohn, sei im Geschäft A auf 9000 Pfd. St. und in dem andern Geschäft B auf 11000 Pfd. St. konstantes Kapital bezogen. Im Fall A haben wir p' = 1000/10000 = 10%. In dem Fall B haben wir p' = 1000/12000 = 8 1/3%. Das Gesamtkapital produziert bei A verhältnismäßig mehr Profit als bei B, weil dort die Profitrate höher als hier, obgleich in beiden Fällen das vorgeschoßne variable Kapital = 1000 und der aus demselben geschlagne Mehrwert ebenfalls = 1000 ist, also in beiden Fällen gleich große Exploitation von gleich vielen Arbeitern stattfindet. Diese Verschiedenheit der Darstellung derselben Masse Mehrwerts oder die Verschiedenheit der Profitraten und daher der Profite selbst, bei gleicher Exploitation der Arbeit, kann auch aus andren Quellen herstammen; sie kann aber auch einzig und allein entspringen aus der Verschiedenheit in dem Geschäftsgeschick, womit beide Geschäfte geführt sind. Und dieser Umstand verleitet den Kapitalisten – überzeugt ihn –, daß sein Profit geschuldet ist, nicht der Exploitation der Arbeit, sondern wenigstens teilweise auch andern, davon unabhängigen Umständen, namentlich aber seiner individuellen Tat.
Aus dem in diesem ersten Abschnitt Entwickelten folgt die Falschheit der Ansicht (Rodbertus), wonach (im Unterschied von der Grundrente, wo z.B. das Bodenareal dasselbe bleibe, während die Rente wachse) ein Größenwechsel des Kapitals ohne Einfluß auf das Verhältnis zwischen Profit und Kapital und daher auf die Profitrate bleibe, weil, wenn die Masse des Profits wächst, auch die Masse des Kapitals wächst, auf das er berechnet wird und umgekehrt.
Dies ist nur wahr in zwei Fällen. Erstens wenn, alle andern Umstände, also namentlich die Rate des Mehrwerts, als gleichbleibend vorausgesetzt, ein Wertwechsel der Ware eintritt, welche die Geldware ist. (Dasselbe findet statt bei dem nur nominellen Wertwechsel, Steigen oder Fallen von Wertzeichen bei sonst gleichen Umständen.) Das Gesamtkapital sei = 100 Pfd. St. und der Profit = 20 Pfd. St., die Profitrate also = 20%. Fällt oder steigtA3 das Gold nun um 100%, so wird im ersten Fall dasselbe Kapital 200 Pfd. St. wert sein, das früher 100 Pfd. St. wert war, und der Profit wird einen Wert von 40 Pfd. St. haben, d.h. sich in diesem Geldausdruck darstellen, statt früher in 20 Pfd. St. Im zweiten Fall sinkt das Kapital auf einen Wert von 50 Pfd. St., und der Profit stellt sich dar in einem Produkt zum Wert von 10 Pfd. St. Aber in beiden Fällen ist 200:40 = 50:10 = 100:20 = 20%. In allen diesen Fällen wäre jedoch in der Tat kein Größenwechsel im Kapitalwert, sondern nur im Geldausdruck desselben Werts und desselben Mehrwerts vorgegangen. Es könnte also auch m/C oder die Profitrate nicht affiziert werden.
Der andre Fall ist der, wenn wirklicher Größenwechsel des Werts stattfindet, aber dieser Größenwechsel nicht begleitet ist von einem Wechsel im Verhältnis von v:c, d.h., wenn bei konstanter Rate des Mehrwerts das Verhältnis des in Arbeitskraft ausgelegten Kapitals (das variable Kapital als Index der in Bewegung gesetzten Arbeitskraft betrachtet) zu dem in Produktionsmitteln ausgelegten Kapital dasselbe bleibt. Unter diesen Umständen, ob wir C oder nC oder C/n haben, z.B. 1000 oder 2000 oder 500, wird der Profit, bei 20% Profitrate, im ersten Fall = 200, im zweiten = 400, im dritten = 100 sein; aber 200/1000 = 400/2000 = 100/500 = 20%. D.h. die Profitrate bleibt hier unverändert, weil die Zusammensetzung des Kapitals dieselbe bleibt und von seinem Größenwechsel nicht berührt wird. Zunahme oder Abnahme der Profitmasse zeigt daher hier nur an Zunahme oder Abnahme in der Größe des angewandten Kapitals.
Im ersten Fall findet also nur ein scheinbarer Größenwechsel des angewandten Kapitals statt, im zweiten Fall findet ein wirklicher Größenwechsel statt, aber kein Wechsel in der organischen Zusammensetzung des Kapitals, in dem Verhältnis seines variablen Teils zu seinem konstanten. Aber diese beiden Fälle ausgenommen, ist der Größenwechsel des angewandten Kapitals entweder Folge eines vorhergegangnen Wertwechsels in einem seiner Bestandteile und daher (sofern nicht mit dem variablen Kapital der Mehrwert selbst wechselt) eines Wechsels in der relativen Größe seiner Bestandteile; oder dieser Größenwechsel (wie bei Arbeiten auf großer Stufenleiter, Einführung neuer Maschinerie etc.) ist die Ursache eines Wechsels in der relativen Größe seiner beiden organischen Bestandteile. In allen diesen Fällen muß daher bei sonst gleichen Umständen der Größenwechsel des angewandten Kapitals begleitet sein von einem gleichzeitigen Wechsel der Profitrate.
Die Vermehrung der Profitrate stammt stets daher, daß der Mehrwert relativ oder absolut im Verhältnis zu seinen Produktionskosten, d.h. zum vorgeschoßnen Gesamtkapital, vermehrt wird oder die Differenz zwischen Rate des Profits und Rate des Mehrwerts vermindert wird.
Schwankungen in der Rate des Profits, unabhängig vom Wechsel in den organischen Bestandteilen des Kapitals oder von der absoluten Größe des Kapitals, sind dadurch möglich, daß der Wert des vorgeschoßnen Kapitals, in welcher Form, fix oder zirkulierend, es existiere, steigt oder fällt infolge einer, von dem schon existierenden Kapital unabhängigen, Erhöhung oder Erniedrigung der zu einer Reproduktion nötigen Arbeitszeit. Der Wert jeder Ware – also auch der Waren, woraus das Kapital besteht – ist bedingt nicht durch die in ihr selbst enthaltne notwendige Arbeitszeit, sondern durch die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit, die zu ihrer Reproduktion erheischt ist. Diese Reproduktion kann erfolgen unter erschwerenden oder unter erleichternden Umständen, verschieden von den Bedingungen der ursprünglichen Produktion. Bedarf es unter den veränderten Umständen allgemein doppelt so vieler oder umgekehrt halb so vieler Zeit, um dasselbe sachliche Kapital zu reproduzieren, so würde bei unverändertem Wert des Geldes, wenn es früher 100 Pfd. St. wert, jetzt 200 Pfd. St., bzw. 50 Pfd. St. wert sein. Träfe diese Werterhöhung oder Entwertung alle Teile des Kapitals gleichmäßig, so würde sich auch der Profit entsprechend in der doppelten oder nur in der halben Geldsumme ausdrücken. Schließt sie aber eine Änderung in der organischen Zusammensetzung des Kapitals ein, steigert oder senkt sie das Verhältnis des variablen zum konstanten Kapitalteil, so wird die Profitrate bei sonst gleichen Umständen wachsen mit relativ wachsendem, fallen bei relativ sinkendem variablem Kapital. Steigt oder fällt nur der Geldwert (infolge einer Wertänderung des Geldes) des vorgeschoßnen Kapitals, so steigt oder fällt im selben Verhältnis der Geldausdruck des Mehrwerts. Die Profitrate bleibt unverändert.
II. Die Verwandlung des Profits in Durchschnittsprofit
8. Verschiedne Zusammensetzung der Kapitale in verschiednen Produktionszweigen und daher folgende Verschiedenheit der Profitraten
Im vorigen Abschnitt wurde unter anderm nachgewiesen, wie bei gleichbleibender Rate des Mehrwerts die Profitrate variieren, steigen oder fallen kann. In diesem Kapitel wird nun vorausgesetzt, daß der Exploitationsgrad der Arbeit und daher die Rate des Mehrwerts und die Länge des Arbeitstags in allen Produktionssphären, worin sich die gesellschaftliche Arbeit in einem gegebnen Lande spaltet, von gleicher Größe, gleich hoch ist. Von vielen Verschiedenheiten in der Exploitation der Arbeit in verschiednen Produktionssphären hat schon A. Smith ausführlich nachgewiesen, daß sie sich durch allerlei wirkliche oder vom Vorurteil akzeptierte Kompensationsgründe ausgleichen und daher, als nur scheinbare und verschwindende Verschiedenheiten, für die Untersuchung der allgemeinen Verhältnisse nicht in Rechnung kommen. Andre Unterschiede, z.B. in der Höhe des Arbeitslohns, beruhen großenteils auf dem schon im Eingang zu Buch I, S. 19 erwähnten Unterschied zwischen einfacher und komplizierter Arbeit und berühren, obgleich sie das Los der Arbeiter in verschiednen Produktionssphären sehr verungleichen, keineswegs den Exploitationsgrad der Arbeit in diesen verschiednen Sphären. Wird z.B. die Arbeit eines Goldschmieds teurer bezahlt als die eines Taglöhners, so stellt die Mehrarbeit des Goldschmieds in demselben Verhältnis auch größern Mehrwert her als die des Taglöhners. Und wenn die Ausgleichung der Arbeitslöhne und Arbeitstage und daher der Rate des Mehrwerts zwischen verschiednen Produktionssphären, ja selbst zwischen verschiednen Kapitalanlagen in derselben Produktionssphäre durch vielerlei lokale Hindernisse aufgehalten wird, so vollzieht sie sich doch mehr und mehr mit dem Fortschritt der kapitalistischen Produktion und der Unterordnung aller ökonomischen Verhältnisse unter diese Produktionsweise. So wichtig das Studium solcher Friktionen für jede Spezialarbeit über den Arbeitslohn, so sind sie doch für die allgemeine Untersuchung der kapitalistischen Produktion als zufällig und unwesentlich zu vernachlässigen. In solcher allgemeinen Untersuchung wird überhaupt immer vorausgesetzt, daß die wirklichen Verhältnisse ihrem Begriff entsprechen, oder was dasselbe, werden die wirklichen Verhältnisse nur dargestellt, soweit sie ihren eignen allgemeinen Typus ausdrücken.
Der Unterschied der Raten des Mehrwerts in verschiednen Ländern und daher der nationalen Exploitationsgrade der Arbeit ist für die vorliegende Untersuchung durchaus gleichgültig. Wir wollen ja eben in diesem Abschnitt darstellen, in welcher Weise eine allgemeine Profitrate innerhalb eines Landes hergestellt wird. Es ist jedoch klar, daß man bei Vergleichung der verschiednen nationalen Profitraten nur das früher Entwickelte mit dem hier zu Entwickelnden zusammenzustellen hat. Erst betrachte man die Verschiedenheit in den nationalen Raten des Mehrwerts und dann vergleiche man, auf Grundlage dieser gegebnen Raten des Mehrwerts, die Verschiedenheit der nationalen Profitraten. Soweit ihre Verschiedenheit nicht aus der Verschiedenheit der nationalen Raten des Mehrwerts resultiert, muß sie Umständen geschuldet sein, worin, wie in der Untersuchung in diesem Kapitel, der Mehrwert als überall gleich, als konstant vorausgesetzt wird.
Es wurde im vorigen Kapitel gezeigt, daß, die Rate des Mehrwerts als konstant vorausgesetzt, die Profitrate, die ein bestimmtes Kapital abwirft, steigen oder fallen kann infolge von Umständen, die den Wert eines oder des andern Teils des konstanten Kapitals erhöhen oder erniedrigen und dadurch überhaupt das Verhältnis zwischen den konstanten und variablen Bestandteilen des Kapitals affizieren. Es wurde ferner bemerkt, daß Umstände, welche die Umschlagszeit eines Kapitals verlängern oder verkürzen, in ähnlicher Weise die Profitrate affizieren können. Da die Masse des Profits identisch ist mit der Masse des Mehrwerts, mit dem Mehrwert selbst, so zeigte sich auch, daß die Masse des Profits – im Unterschied von der Profitrate – nicht von den eben erwähnten Wertschwankungen betroffen wird. Sie modifizierten nur die Rate, worin sich ein gegebner Mehrwert und daher auch ein Profit von gegebner Größe ausdrückt, d.h. seine verhältnismäßige Größe, seine Größe verglichen mit der Größe des vorgeschoßnen Kapitals. Insofern infolge jener Wertschwankungen Bindung oder Freisetzung von Kapital stattfand, konnte auf diesem indirekten Weg nicht nur die Profitrate, sondern der Profit selbst affiziert werden. Indes galt dies dann immer nur von bereits engagiertem Kapital, nicht von neuer Kapitalanlage; und außerdem hing die Vergrößerung oder Verringerung des Profits selbst immer davon ab, inwiefern infolge jener Wertschwankungen mit demselben Kapital mehr oder weniger Arbeit in Bewegung gesetzt werden konnte, also mit demselben Kapital – bei gleichbleibender Rate des Mehrwerts – eine größre oder geringre Masse von Mehrwert produziert werden konnte. Weit entfernt, dem allgemeinen Gesetz zu widersprechen oder eine Ausnahme davon zu bilden, war diese scheinbare Ausnahme in der Tat nur ein besondrer Fall der Anwendung des allgemeinen Gesetzes.
Wenn sich im vorigen Abschnitt zeigte, daß bei konstantem Exploitationsgrad der Arbeit, mit Wertwechsel der Bestandteile des konstanten Kapitals und ebenso mit Wechsel in der Umschlagszeit des Kapitals, die Profitrate sich änderte, so folgt daraus von selbst, daß die Profitraten verschiedner gleichzeitig nebeneinander existierenden Produktionssphären verschieden sein werden, wenn bei sonst gleichbleibenden Umständen die Umschlagszeit der angewandten Kapitale eine verschiedne, oder wenn das Wertverhältnis zwischen den organischen Bestandteilen dieser Kapitale in den verschiednen Produktionszweigen verschieden ist. Was wir früher betrachteten als Änderungen, die zeitlich nacheinander mit demselben Kapital vorgingen, betrachten wir jetzt als gleichzeitig vorhandne Unterschiede zwischen nebeneinander bestehenden Kapitalanlagen in verschiednen Produktionssphären.
Wir werden hierbei zu untersuchen haben: 1. die Verschiedenheit in der organischen Zusammensetzung der Kapitale, 2. die Verschiedenheit ihrer Umschlagszeit.
Die Voraussetzung bei dieser ganzen Untersuchung ist selbstverständlich die, daß, wenn wir von Zusammensetzung oder Umschlag des Kapitals in einem bestimmten Produktionszweig sprechen, immer das durchschnittliche Normalverhältnis des in diesem Produktionszweig angelegten Kapitals gemeint, überhaupt von dem Durchschnitt des in der bestimmten Sphäre angelegten Gesamtkapitals, nicht von den zufälligen Unterschieden der in dieser Sphäre angelegten Einzelkapitale die Rede ist.
Da ferner unterstellt ist, daß Rate des Mehrwerts und Arbeitstag konstant. und da diese Unterstellung ebenfalls Konstanz des Arbeitslohns einschließt, so drückt ein gewisses Quantum variables Kapital ein gewisses Quantum in Bewegung gesetzter Arbeitskraft und daher ein bestimmtes Quantum sich vergegenständlichender Arbeit aus. Wenn also 100 Pfd. St. den Wochenlohn von 100 Arbeitern ausdrückt, also in der Tat 100 Arbeiterkraft anzeigt, so n * 100 Pfd. St. die von n * 100 Arbeitern und 100 Pfd. St./n die von 100/n Arbeitern. Das variable Kapital dient hier also (wie bei gegebnem Arbeitslohn stets der Fall) als Index der Masse der von einem bestimmten Gesamtkapital in Bewegung gesetzten Arbeit; Verschiedenheiten in der Größe des angewandten variablen Kapitals dienen daher als Indizes der Verschiedenheit in der Masse der angewandten Arbeitskraft. Wenn 100 Pfd. St. 100 Arbeiter wöchentlich darstellen und daher bei 60 Stunden wöchentlicher Arbeit 6000 Arbeitsstunden repräsentieren, so 200 Pfd. St. 12000 und 50 Pfd. St. nur 3000 Arbeitsstunden.
Unter Zusammensetzung des Kapitals verstehn wir, wie schon in Buch I gesagt, das Verhältnis seines aktiven und seines passiven Bestandteils, des variabeln und des konstanten Kapitals. Es kommen hierbei zwei Verhältnisse in Betracht, die nicht von gleicher Wichtigkeit sind, obgleich sie unter gewissen Umständen gleiche Wirkung hervorbringen können.
Das erste Verhältnis beruht auf technischer Grundlage und ist auf einer bestimmten Entwicklungsstufe der Produktivkraft als gegeben zu betrachten. Eine bestimmte Masse Arbeitskraft, dargestellt durch eine bestimmte Anzahl Arbeiter, ist erheischt, um eine bestimmte Masse Produkt, z.B. in einem Tag zu produzieren und daher – was darin eingeschlossen – eine bestimmte Masse Produktionsmittel, Maschinerie, Rohstoffe etc. in Bewegung zu setzen, produktiv zu konsumieren. Es kommt eine bestimmte Anzahl Arbeiter auf ein bestimmtes Quantum Produktionsmittel und daher ein bestimmtes Quantum lebendiger Arbeit auf ein bestimmtes Quantum von in den Produktionsmitteln bereits vergegenständlichter Arbeit. Dies Verhältnis ist sehr verschieden in verschiednen Produktionssphären, oft zwischen den verschiednen Zweigen einer und derselben Industrie, obgleich es zufällig wieder in sehr weit auseinanderliegenden Industriezweigen ganz oder annähernd dasselbe sein kann.
Dies Verhältnis bildet die technische Zusammensetzung des Kapitals und ist die eigentliche Grundlage seiner organischen Zusammensetzung.
Es ist aber auch möglich, daß jenes Verhältnis in verschiednen Industriezweigen dasselbe sei, soweit das variable Kapital bloßer Index von Arbeitskraft und das konstante Kapital bloßer Index der von der Arbeitskraft in Bewegung gesetzten Masse von Produktionsmitteln ist. Z.B. gewisse Arbeiten in Kupfer und Eisen mögen gleiches Verhältnis zwischen Arbeitskraft und Masse von Produktionsmitteln voraussetzen. Da aber Kupfer teurer als Eisen, wird das Wertverhältnis zwischen variablem und konstantem Kapital in beiden Fällen verschieden sein und damit auch die Wertzusammensetzung der beiden Gesamtkapitale. Der Unterschied zwischen der technischen Zusammensetzung und der Wertzusammensetzung zeigt sich in jedem Industriezweig darin, daß bei konstanter technischer Zusammensetzung das Wertverhältnis der beiden Kapitalteile wechseln und bei veränderter technischer Zusammensetzung das Wertverhältnis dasselbe bleiben kann; letztres natürlich nur, wenn der Wechsel in dem Verhältnis der angewandten Massen von Produktionsmitteln und Arbeitskraft durch entgegengesetzten Wechsel in ihren Werten ausgeglichen wird.
Die Wertzusammensetzung des Kapitals, insofern sie durch seine technische Zusammensetzung be stimmt wird und diese widerspiegelt, nennen wir die organische Zusammensetzung des Kapitals.20
Bei dem variablen Kapital setzen wir also voraus, daß es Index einer bestimmten Menge Arbeitskraft, bestimmter Anzahl. Arbeiter oder bestimmter Massen in Bewegung gesetzter lebendiger Arbeit ist. Man hat im vorigen Abschnitt gesehn, daß Wechsel in der Wertgröße des variablen Kapitals möglicherweise nichts darstellt als größern oder geringern Preis derselben Arbeitsmasse; aber hier, wo Mehrwertsrate und Arbeitstag als konstant, der Arbeitslohn für bestimmte Arbeitszeit als gegeben betrachtet wird, fällt dies fort. Dagegen kann ein Unterschied in der Größe des konstanten Kapitals zwar auch Index sein eines Wechsels in der Masse der von einem bestimmten Quantum Arbeitskraft in Bewegung gesetzten Produktionsmittel; aber er kann auch herrühren von dem Unterschied im Wert, den die in Bewegung gesetzten Produktionsmittel in einer Produktionssphäre als unterschieden von der andren haben. Beide Gesichtspunkte kommen daher hier in Erwägung.
Endlich ist folgendes Wesentliche zu bemerken:
Gesetzt, 100 Pfd. St. sei der Wochenlohn von 100 Arbeitern. Gesetzt, die wöchentliche Arbeitszeit sei = 60 Stunden. Gesetzt ferner die Rate des Mehrwerts sei = 100%. In diesem Falle arbeiten die Arbeiter von den 60 Stunden 30 für sich selbst und 30 umsonst für den Kapitalisten. In den 100 Pfd. St. Arbeitslohn sind in der Tat nur 30 Arbeitsstunden der 100 Arbeiter oder zusammen 3000 Arbeitsstunden verkörpert, während die andren 3000 Stunden, die sie arbeiten, verkörpert sind in den 100 Pfd. St. Mehrwert, resp. Profit, den der Kapitalist einsteckt. Obgleich der Arbeitslohn von 100 Pfd. St. daher nicht den Wert ausdrückt, worin sich die Wochenarbeit der 100 Arbeiter vergegenständlicht, so zeigt er doch an (da Länge des Arbeitstags und Rate des Mehrwerts gegeben), daß von diesem Kapital 100 Arbeiter während zusammen 6000 Arbeitsstunden in Bewegung gesetzt worden sind. Das Kapital von 100 Pfd. St. zeigt dies an, weil es erstens die Anzahl der in Bewegung gesetzten Arbeiter anzeigt, indem 1 Pfd. St. = 1 Arbeiter per Woche, also 100 Pfd. St. = 100 Arbeiter; und zweitens, weil jeder in Bewegung gesetzte Arbeiter, bei der gegebnen Mehrwertsrate von 100%, noch einmal soviel Arbeit verrichtet als in seinem Lohn enthalten ist, also 1 Pfd. St., sein Lohn, der der Ausdruck einer halben Woche Arbeit, eine ganze Woche Arbeit in Bewegung setzt, und ebenso 100 Pfd. St., obgleich sie nur 50 Wochen Arbeit enthalten, 100 Arbeitswochen. Es ist da also ein sehr wesentlicher Unterschied zu machen zwischen dem variablen, in Arbeitslohn ausgelegten Kapital, soweit sein Wert, die Summe der Arbeitslöhne, ein bestimmtes Quantum vergegen ständlichter Arbeit darstellt und soweit sein Wert bloßer Index ist der Masse lebendiger Arbeit, die es in Bewegung setzt. Diese letztre ist immer größer als die in ihm enthaltne Arbeit und stellt sich daher auch in einem höhern Wert dar als dem des variablen Kapitals; in einem Wert, der bestimmt ist einerseits durch die Anzahl der vom variablen Kapital in Bewegung gesetzten Arbeiter und andrerseits durch das Quantum Mehrarbeit, das sie verrichten.
Es folgt aus dieser Betrachtungsweise des variablen Kapitals:
Wenn eine Kapitalanlage in der Produktionssphäre A auf je 700 des Gesamtkapitals nur 100 in variablem Kapital verausgabt und 600 in konstantem, während in der Produktionssphäre B 600 in variablem und nur 100 in konstantem verausgabt werden, so wird jenes Gesamtkapital A von 700 nur eine Arbeitskraft von 100 in Bewegung setzen, also unter der frühern Annahme nur 100 Arbeitswochen oder 6000 Stunden lebendiger Arbeit, während das gleich große Gesamtkapital B 600 Arbeitswochen und daher 36000 Stunden lebendiger Arbeit in Bewegung setzt. Das Kapital in A würde daher nur 50 Arbeitswochen oder 3000 Stunden Mehrarbeit aneignen, während das gleich große Kapital in B 300 Arbeitswochen oder 18000 Stunden. Das variable Kapital ist der Index nicht nur der in ihm selbst enthaltnen Arbeit, sondern, bei gegebner Mehrwertsrate, zugleich der von ihm über dies Maß hinaus in Bewegung gesetzten überschüssigen oder Mehrarbeit. Bei gleichem Exploitationsgrad der Arbeit wäre der Profit im ersten Fall 100/700 = 1/7 = 14 2/7% und im zweiten = 600/700 = 85 5/7%, die sechsfache Profitrate. Aber in der Tat wäre in diesem Fall der Profit selbst sechsmal größer, 600 für B gegen 100 für A, weil sechsmal soviel lebendige Arbeit mit demselben Kapital in Bewegung gesetzt, also bei gleichem Exploitationsgrad der Arbeit auch sechsmal soviel Mehrwert, daher sechsmal soviel Profit gemacht wird.
Würden in A nicht 700, sondern 7000 Pfd. St., in B dagegen nur 700 Pfd. St. Kapital angewandt, so würde das Kapital A, bei gleichbleibender organischer Zusammensetzung, 1000 Pfd. St. von den 7000 Pfd. St. als variables Kapital anwenden, also 1000 Arbeiter wöchentlich = 60000 Stunden lebendiger Arbeit, wovon 30000 Stunden Mehrarbeit. Aber nach wie vor würde A mit je 700 Pfd. St. nur 1/6 soviel lebendige Arbeit und daher auch nur 1/6 soviel Mehrarbeit in Bewegung setzen wie B, also damit auch nur 1/6 soviel Profit produzieren. Wird die Profitrate betrachtet, so ist 1000/7000 = 100/700 = 14 2/7% gegen 600/700 oder 85 5/7% des Kapitals B. Gleich große Kapitalbeträge genommen, ist hier die Profitrate verschieden, weil bei gleicher Mehrwertsrate, infolge der verschiednen Massen in Bewegung gesetzter lebendiger Arbeit, die Massen der produzierten Mehrwerte und daher die Profite verschieden sind.
Dasselbe Resultat folgt tatsächlich, wenn die technischen Verhältnisse in der einen Produktionssphäre dieselben sind wie in der andern, aber der Wert der angewandten konstanten Kapitalelemente größer oder kleiner ist. Nehmen wir an, beide wenden 100 Pfd. St. als variables Kapital an und brauchen also 100 Arbeiter wöchentlich, um dasselbe Quantum Maschinerie und Rohstoff in Bewegung zu setzen, aber letztre seien teurer in B als in A. In diesem Falle kämen auf 100 Pfd. St. variables Kapital in A z.B. 200 Pfd. St. konstantes und in B 400. Dann ist bei einer Mehrwertsrate von 100% der produzierte Mehrwert beidemal gleich 100 Pfd. St.; also auch der Profit beidemal gleich 100 Pfd. St. Aber in A 100/(200c + 100v) = 1/3 = 33 1/3%; dagegen in B 100/(400c + 100v) = 1/5 = 20%. In der Tat, nehmen wir in beiden Fällen einen bestimmten aliquoten Teil des Gesamtkapitals, so bildet in B von je 100 Pfd. St. nur 20 Pfd. St. oder 1/5 variables Kapital, während in A von je 100 Pfd. St. 33 1/3 Pfd. St. oder 1/3 variables Kapital ist. B produziert auf je 100 Pfd. St. weniger Profit, weil es weniger lebendige Arbeit in Bewegung setzt als A. Die Verschiedenheit der Profitraten löst sich hier also wieder auf in Verschiedenheit der auf je 100 der Kapitalanlagen erzeugten Profitmassen, weil Massen des Mehrwerts.
Der Unterschied dieses zweiten Beispiels vom vorhergehenden ist nur der: Die Ausgleichung zwischen A und B würde im zweiten Fall nur einen Wertwechsel des konstanten Kapitals, sei es von A oder B, bei gleichbleibender technischer Grundlage erfordern; im ersten Fall dagegen ist die technische Zusammensetzung selbst in den beiden Produktionssphären verschieden und müßte zur Ausgleichung umgewälzt werden.
Die verschiedne organische Zusammensetzung der Kapitale ist also unabhängig von ihrer absoluten Größe. Es fragt sich stets nur, wieviel von je 100 variables und wieviel konstantes Kapital ist.
Kapitale von verschiedner Größe prozentig berechnet, oder was hier auf dasselbe herauskommt, Kapitale von gleicher Größe erzeugen also bei gleichem Arbeitstag und gleichem Exploitationsgrad der Arbeit sehr verschiedne Mengen von Profit, weil von Mehrwert, und zwar weil, nach der verschiednen organischen Kapitalzusammensetzung in verschiednen Produktionssphären ihr variabler Teil verschieden ist, also die Quanta der von ihnen in Bewegung gesetzten lebendigen Arbeit verschieden, also auch die Quanta der von ihnen angeeigneten Mehrarbeit, der Substanz des Mehrwerts und daher des Profits. Gleich große Stücke des Gesamtkapitals in den verschiednen Produktionssphären schließen ungleich große Quellen des Mehrwerts ein, und die einzige Quelle des Mehrwerts ist die lebendige Arbeit. Bei gleichem Exploitationsgrad der Arbeit hängt die Masse der von einem Kapital = 100 in Bewegung gesetzten Arbeit, und daher auch der von ihm angeeigneten Mehrarbeit, von der Größe seines variablen Bestandteils ab. Wenn ein Kapital, das prozentig aus 90c + 10v besteht, bei gleichem Exploitationsgrad der Arbeit ebensoviel Mehrwert oder Profit erzeugte wie ein Kapital, das aus 10c + 90v besteht, dann wäre es sonnenklar, daß der Mehrwert und daher der Wert überhaupt eine ganz andre Quelle haben müßte als die Arbeit und daß damit jede rationelle Grundlage der politischen Ökonomie wegfiele. Setzen wir fortwährend 1 Pfd. St. gleich dem Wochenlohn eines Arbeiters für 60 Arbeitsstunden und die Mehrwertsrate = 100%, so ist klar, daß das Gesamtwertprodukt, das ein Arbeiter in einer Woche liefern kann = 2 Pfd. St.; 10 Arbeiter könnten also nicht mehr liefern als 20 Pfd. St.; und da von diesen 20 Pfd. St. 10 Pfd. St. den Arbeitslohn ersetzen, so könnten die 10 keinen größern Mehrwert schaffen als 10 Pfd. St.; während die 90, deren Gesamtprodukt = 180 Pfd. St., und deren Arbeitslohn = 90 Pfd. St., einen Mehrwert von 90 Pfd. St. schüfen. Die Profitrate wäre also im einen Fall 10%, im andern 90%. Sollte es anders sein, so müßten Wert und Mehrwert etwas andres sein als vergegenständlichte Arbeit. Da also Kapitale in verschiednen Produktionssphären, prozentig betrachtet – oder gleich große Kapitale –, sich ungleich einteilen in konstantes und variables Element, ungleich viel lebendige Arbeit in Bewegung setzen und daher ungleich viel Mehrwert, also Profit erzeugen, so ist die Rate des Profits, die eben in der prozentigen Berechnung des Mehrwerts auf das Gesamtkapital besteht, in ihnen verschieden.
Wenn aber die Kapitale verschiedner Produktionssphären, prozentig berechnet, also gleich große Kapitale in verschiednen Produktionssphären ungleiche Profite erzeugen, infolge ihrer verschiednen organischen Zusammensetzung, so folgt, daß die Profite ungleicher Kapitale in verschiednen Produktionssphären nicht im Verhältnis zu ihren respektiven Größen stehn können, daß also die Profite in verschiednen Produktionssphären nicht den Größen der respektive in ihnen angewandten Kapitale proportional sind. Denn solches Wachsen des Profits pro rata der Größe des angewandten Kapitals würde unterstellen, daß prozentig betrachtet die Profite gleich sind, daß also gleich große Kapitale in verschiednen Produktionssphären gleiche Profitraten haben, trotz ihrer verschiednen organischen Zusammensetzung. Nur innerhalb derselben Produktionssphäre, wo also die organische Zusammensetzung des Kapitals gegeben ist, oder zwischen verschiednen Produktionssphären von gleicher organischer Zusammensetzung des Kapitals, stehn die Massen der Profite in geradem Verhältnis zur Masse der angewandten Kapitale. Daß die Profite ungleich großer Kapitale im Verhältnis ihrer Größen sind, heißt überhaupt nichts, als daß gleich große Kapitale gleich große Profite abwerfen oder daß die Profitrate für alle Kapitale gleich ist, welches immer ihre Größe und ihre organische Zusammensetzung.
Es findet das Entwickelte statt unter der Voraussetzung, daß die Waren zu ihren Werten verkauft werden. Der Wert einer Ware ist gleich dem Wert des in ihr enthaltnen konstanten Kapitals, plus dem Wert des in ihr reproduzierten variablen Kapitals, plus dem Inkrement dieses variablen Kapitals, dem produzierten Mehrwert. Bei gleicher Rate des Mehrwerts hängt seine Masse offenbar ab von der Masse des variablen Kapitals. Der Wert des Produkts des Kapitals von 100 ist in dem einen Fall 90c + 10v +10m = 110; im andern Fall 10c + 90v + 90m = 190. Werden die Waren zu ihren Werten verkauft, so das erste Produkt zu 110, wovon 10 Mehrwert oder unbezahlte Arbeit darstellt; das zweite Produkt dagegen zu 190, wovon 90 Mehrwert oder unbezahlte Arbeit.
Es ist dies namentlich wichtig, wenn nationaleA4 Profitraten miteinander verglichen werden. In einem europäischen Land sei die Rate des Mehrwerts 100%, d.h., der Arbeiter arbeite den halben Tag für sich und den halben Tag für seinen Beschäftiger; in einem asiatischen Land sei sie = 25%, d.h., der Arbeiter arbeite 4/5 des Tages für sich und 1/5 für seinen Beschäftiger. In dem europäischen Land aber sei die Zusammensetzung des nationalen Kapitals 84c + 16v, und im asiatischen Land, wo wenig Maschinerie etc. angewandt und in einer gegebnen Zeit von einer gegebnen Menge Arbeitskraft relativ wenig Rohmaterial produktiv konsumiert wird, sei die Zusammensetzung 16c + 84v. Wir haben dann folgende Rechnung:
Im europäischen Land Produktwert = 84c + 16v + 16m = 116; Profitrate = 16/100 = 16%.
Im asiatischen Land Produktwert = 16c + 84v + 21m = 121; Profitrate = 21/100 = 21%.
Die Profitrate ist also im asiatischen Land um mehr als 25% größer als im europäischen, obgleich die Mehrwertsrate in jenem viermal kleiner ist als in diesem. Die Careys, Bastiats und tutti quanti werden gerade auf das Umgekehrte schließen.
Dies beiläufig; verschiedne nationale Profitraten werden meist auf verschiednen nationalen Mehrwertsraten beruhen; wir vergleichen aber in diesem Kapitel ungleiche Profitraten, die aus einer und derselben Mehrwertsrate entspringen.
Außer der verschiednen organischen Zusammensetzung der Kapitale, also außer den verschiednen Massen von Arbeit und damit auch, bei sonst gleichen Umständen, von Mehrarbeit, die Kapitale von gleicher Größe in verschiednen Produktionssphären in Bewegung setzen, besteht noch eine andre Quelle der Ungleichheit der Profitraten: die Verschiedenheit in der Länge des Umschlags des Kapitals in den verschiednen Produktionssphären. Wir haben im IV. Kapitel gesehn, daß bei gleicher Zusammensetzung der Kapitale und bei sonst gleichen Umständen die Profitraten sich umgekehrt verhalten wie die Umschlagszeiten, und ebenso, daß dasselbe variable Kapital, wenn es in verschiednen Zeiträumen umschlägt, ungleiche Massen von jährlichem Mehrwert zuwege bringt. Die Verschiedenheit der Umschlagszeiten ist also ein andrer Grund, warum gleich große Kapitale in verschiednen Produktionssphären nicht gleich große Profite in gleichen Zeiträumen produzieren und warum daher die Profitraten in diesen verschiednen Sphären verschieden sind.
Was dagegen das Verhältnis der Zusammensetzung der Kapitale aus fixem und zirkulierendem Kapital betrifft, so affiziert es, an und für sich betrachtet, die Profitrate durchaus nicht. Es kann sie nur affizieren, wenn entweder diese verschiedne Zusammensetzung zusammenfällt mit verschiednem Verhältnis zwischen dem variablen und konstanten Teil, wo also diesem Unterschied, und nicht dem von zirkulierendem und fixem, die Verschiedenheit der Profitrate geschuldet ist; oder wenn das verschiedne Verhältnis zwischen fixen und zirkulierenden Bestandteilen eine Verschiedenheit bedingt in der Umschlagszeit, während welcher ein bestimmter Profit realisiert wird. Wenn Kapitale in verschiedner Proportion in fixes und zirkulierendes zerfallen, wird dies zwar stets Einfluß auf ihre Umschlagszeit haben und eine Verschiedenheit derselben hervorrufen; es folgt daraus aber nicht, daß die Umschlagszeit, worin dieselben Kapitale Profit realisieren, verschieden ist. Ob A z.B. beständig einen größern Teil des Produkts in Rohstoff etc. umsetzen muß, während B für längre Zeit dieselben Maschinen etc. bei weniger Rohstoff braucht, beide haben, soweit sie produzieren, stets einen Teil ihres Kapitals engagiert; der eine in Rohstoff, also zirkulierendem Kapital, der andre in Maschinen etc., also in fixem Kapital. A verwandelt beständig einen Teil seines Kapitals aus Warenform in Geldform und aus dieser zurück in die Form des Rohstoffs; während B einen Teil seines Kapitals ohne solche Veränderung für längren Zeitraum als Arbeitsinstrument benutzt. Wenn beide gleich viel Arbeit anwenden, so werden sie im Lauf des Jahrs zwar Produktenmassen von ungleichem Wert verkaufen, aber beide Produktenmassen werden gleich viel Mehrwert enthalten, und ihre Profitraten, die auf das gesamte vorgeschoßne Kapital berechnet werden, sind dieselben, obgleich ihre Zusammensetzung aus fixem und zirkulierendem Kapital und ebenso ihre Umschlagszeit verschieden ist. Beide Kapitale realisieren in gleichen Zeiten gleiche Profite, obgleich sie in verschiednen Zeiten umschlagen.21 Die Verschiedenheit der Umschlagszeit hat an und für sich nur Bedeutung, soweit sie die Masse der Mehrarbeit affiziert, die von demselben Kapital in einer gegebnen Zeit angeeignet und realisiert werden kann. Wenn also eine ungleiche Zusammensetzung aus zirkulierendem und fixem Kapital nicht notwendig eine Ungleichheit der Umschlagszeit einschließt, die ihrerseits Ungleichheit der Profitrate bedingt, so ist klar, daß, soweit letztre stattfindet, dies nicht aus der ungleichen Zusammensetzung von zirkulierendem und fixem Kapital an sich herrührt, sondern vielmehr daraus, daß diese letztre hier nur eine die Profitrate affizierende Ungleichheit der Umschlagszeiten anzeigt.
Die verschiedne Zusammensetzung des konstanten Kapitals aus zirkulierendem und fixem in verschiednen Industriezweigen hat an sich also keine Bedeutung für die Profitrate, da das Verhältnis des variablen Kapitals zum konstanten entscheidet und der Wert des konstanten Kapitals, also auch seine relative Größe im Verhältnis zum variablen, durchaus unabhängig ist von dem fixen oder zirkulierenden Charakter seiner Bestandteile. Wohl aber wird sich finden – und dies leitet mit zu falschen Schlüssen –, daß da, wo das fixe Kapital bedeutend entwickelt, dies nur Ausdruck davon ist, daß die Produktion auf großer Stufenleiter betrieben wird und daher das konstante Kapital sehr überwiegt über das variable, oder daß die angewandte lebendige Arbeitskraft gering ist im Verhältnis zur Masse der von ihr in Bewegung gesetzten Produktionsmittel.
Wir haben also gezeigt: daß in verschiednen Industriezweigen, entsprechend der verschiednen organischen Zusammensetzung der Kapitale, und innerhalb der angegebnen Grenzen auch entsprechend ihren verschiednen Umschlagszeiten, ungleiche Profitraten herrschen und daß daher auch bei gleicher Mehrwertsrate nur für Kapitale von gleicher organischer Zusammensetzung – gleiche Umschlagszeiten vorausgesetzt – das Gesetz (der allgemeinen Tendenz nach) gilt, daß die Profite sich verhalten wie die Größen der Kapitale und daher gleich große Kapitale in gleichen Zeiträumen gleich große Profite abwerfen. Das Entwickelte gilt auf der Basis, welche überhaupt bisher die Basis unsrer Entwicklung war: daß die Waren zu ihren Werten verkauft werden. Andrerseits unterliegt es keinem Zweifel, daß in der Wirklichkeit, von unwesentlichen, zufälligen und sich ausgleichenden Unterschieden abgesehn, die Verschiedenheit der durchschnittlichen Profitraten für die verschiednen Industriezweige nicht existiert und nicht existieren könnte, ohne das ganze System der kapitalistischen Produktion aufzuheben. Es scheint also, daß die Werttheorie hier unvereinbar ist mit der wirklichen Bewegung, unvereinbar mit den tatsächlichen Erscheinungen der Produktion und daß daher überhaupt darauf verzichtet werden muß, die letztren zu begreifen.
Aus dem ersten Abschnitt dieses Buchs ergibt sich, daß die Kostpreise dieselben sind für Produkte verschiedner Produktionssphären, in deren Produktion gleich große Kapitalteile vorgeschossen sind, wie verschieden immer die organische Zusammensetzung dieser Kapitale sein möge. Im Kostpreis fällt der Unterschied von variablem und konstantem Kapital für den Kapitalisten fort. Ihm kostet eine Ware, zu deren Produktion er 100 Pfd. St. auslegen muß, gleich viel, lege er nun 90c + 10v oder 10c + 90v aus. Sie kostet ihm stets 100 Pfd. St., weder mehr noch weniger. Die Kostpreise sind dieselben für gleich große Kapitalauslagen in verschiednen Sphären, so sehr auch die produzierten Werte und Mehrwerte verschieden sein mögen. Diese Gleichheit der Kostpreise bildet die Basis der Konkurrenz der Kapitalanlagen, wodurch der Durchschnittsprofit hergestellt wird.
9. Bildung einer allgemeinen Profitrate (Durchschnittsprofitrate) und Verwandlung der Warenwerte in Produktionspreise
Die organische Zusammensetzung des Kapitals hängt in jedem aktuellen Moment von zwei Umständen ab: erstens vom technischen Verhältnis der angewandten Arbeitskraft zur Masse der angewandten Produktionsmittel; zweitens vom Preis dieser Produktionsmittel. Sie muß, wie wir gesehn, nach ihrem Prozentverhältnis betrachtet werden. Die organische Zusammensetzung eines Kapitals, das aus 4/5 konstantem und 1/5 variablem Kapital besteht, drücken wir aus durch die Formel 80c + 20v. Ferner wird bei der Vergleichung eine unveränderliche Rate des Mehrwerts angenommen, und zwar eine irgend beliebige Rate, z.B. 100%. Das Kapital von 80c + 20v wirft also einen Mehrwert von 20m ab, was auf das Gesamtkapital eine Profitrate von 20% bildet. Wie groß nun der wirkliche Wert seines Produkts, hängt davon ab, wie groß der fixe Teil des konstanten Kapitals und wieviel davon als Verschleiß in das Produkt eingeht, wieviel nicht. Da dieser Umstand aber völlig gleichgültig für die Profitrate und also für die vorliegende Untersuchung, wird der Vereinfachung halber angenommen, daß das konstante Kapital überall gleichmäßig ganz in das jährliche Produkt dieser Kapitale eingeht. Es wird ferner angenommen, daß die Kapitale in den verschiednen Produktionssphären, im Verhältnis zur Größe ihres variablen Teils, jährlich gleich viel Mehrwert realisieren; es wird also vorläufig abgesehn von dem Unterschied, den die Verschiedenheit der Umschlagszeiten in dieser Beziehung hervorbringen kann. Dieser Punkt wird später behandelt.
Nehmen wir fünf verschiedne Produktionssphären mit jedesmal verschiedner organischer Zusammensetzung der in ihnen angelegten Kapitale, etwa wie folgt:
——————————————————————————————————————————————————————————————— Kapitale Mehrwertsrate Mehrwert Produktwert Profitrate ——————————————————————————————————————————————————————————————— I. 80c + 20v 100% 20 120 20% II. 70c + 30v 100% 30 130 30% III. 60c + 40v 100% 40 140 40% IV. 85c + 15v 100% 15 115 15% V. 95c + 5v 100% 5 105 5%
Wir haben hier für verschiedne Produktionssphären bei gleichmäßiger Exploitation der Arbeit sehr verschiedne Profitraten, entsprechend der verschiednen organischen Zusammensetzung der Kapitale.
Die Gesamtsumme der in den fünf Sphären angelegten Kapitale ist = 500; die Gesamtsumme des von ihnen produzierten Mehrwerts = 110; der Gesamtwert der von ihnen produzierten Waren = 610. Betrachten wir die 500 als ein einziges Kapital, von dem I-V nur verschiedne Teile bilden (wie etwa in einer Baumwollfabrik in den verschiednen Abteilungen, im Kardierraum, Vorspinnraum, Spinnsaal und Websaal, verschiednes, Verhältnis von variablem und konstan tem Kapital existiert und das Durchschnittsverhältnis für die ganze Fabrik erst berechnet werden muß), so wäre erstens die Durchschnittszusammensetzung des Kapitals von 500 = 390c + 110v, oder prozentig 78c + 22v. Jedes der Kapitale von 100 nur als 1/5 des Gesamtkapitals betrachtet, wäre seine Zusammensetzung diese durchschnittliche von 78c + 22v; ebenso fielen auf jedes 100 als durchschnittlicher Mehrwert 22; daher wäre die Durchschnittsrate des Profits = 22%, und endlich wäre der Preis von jedem Fünftel des von den 500 produzierten Gesamtprodukts = 122. Das Produkt von jedem Fünftel des vorgeschoßnen Gesamtkapitals müßte also zu 122 verkauft werden.
Es ist jedoch, um nicht zu ganz falschen Schlüssen zu kommen, nötig, nicht alle Kostpreise = 100 anzurechnen.
Bei 80c + 20v und Mehrwertsrate = 100% wäre der Totalwert der vom Kapital I = 100 produzierten Ware = 80c + 20v + 20m = 120, wenn das gesamte konstante Kapital in das jährliche Produkt einginge. Nun kann dies wohl unter Umständen in gewissen Produktionssphären der Fall sein. Schwerlich jedoch da, wo das Verhältnis c : v = 4:1. Es ist also bei den Werten der Waren, die von je 100 der verschiednen Kapitale produziert werden, zu erwägen, daß sie verschieden sein werden je nach der verschiednen Zusammensetzung von c aus fixen und zirkulierenden Bestandteilen und daß die fixen Bestandteile verschiedner Kapitale selbst wieder rascher oder langsamer verschleißen, also in gleichen Zeiten ungleiche Wertquanta dem Produkt zusetzen. Für die Profitrate ist dies aber gleichgültig. Ob die 80c den Wert von 80 oder 50 oder 5 an das Jahresprodukt abgeben, ob also das jährliche Produkt = 80c + 20v + 20m = 120, oder = 50c + 20v + 20m = 90, oder = 5c + 20v + 20m = 45 ist, in allen diesen Fällen ist der Überschuß des Werts des Produkts über seinen Kostpreis = 20, und in allen diesen Fällen werden, bei Feststellung der Profitrate, diese 20 auf ein Kapital von 100 berechnet; die Profitrate des Kapital I ist also in allen Fällen = 20%. Um dies noch deutlicher zu machen, lassen wir in der folgenden Tabelle für dieselben fünf Kapitale, wie oben, verschiedne Teile des konstanten Kapitals in den Wert des Produkts eingehn.
Kapitale Mehrwerts— Mehr— Profit— Verbrauch— Wert der Kost— rate wert rate tes c Waren preis ————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— I. 80c + 20v 100% 20 20% 50 90 70 II. 70c + 30v 100% 30 30% 51 111 81 III. 60c + 40v 100% 40 40% 51 131 91 IV. 85c + 15v 100% 15 15% 40 70 55 V. 95c + 5v 100% 5 5% 10 20 15 ————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— 390c + 110v — 110 — — — — Summa ————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— 78c + 22v — 22 22% — — — Durchschnitt
Betrachtet man die Kapitale I-V wieder als ein einziges Gesamtkapital, so sieht man, daß auch in diesem Fall die Zusammensetzung der Summen der fünf Kapitale = 500 = 390c + 110v, also die Durchschnittszusammensetzung = 78c + 22v dieselbe bleibt; ebenso der Durchschnittsmehrwert = 22A5. Diesen Mehrwert gleichmäßig auf I-V verteilt, kämen folgende Warenpreise heraus:
Kapitale Mehrwerts— Wert der Kostpreis Preis der Profit— Abweichung des rate Waren der Waren Waren rate Preises vom Wert —————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— I. 80c + 20v 20 90 70 92 22% + 2 II. 70c + 30v 30 111 81 103 22% — 8 III. 60c + 40v 40 131 91 113 22% —18 IV. 85c + 15v 15 70* 55 77 22% + 7 V. 95c + 5v 5 20 15 37 22% +17 * 1. Auflage: 40; geändert nach dem Manuskript von Marx
Zusammengenommen werden die Waren verkauft 2 + 7 + 17 = 26 über und 8 + 18 = 26 unter dem Wert, so daß die Preisabweichungen durch gleichmäßige Verteilung des Mehrwerts oder durch Zuschlag des durchschnittlichen Profits von 22 auf 100 vorgeschoßnes Kapital zu den respektiven Kostpreisen der Waren I-V sich gegenseitig aufheben; in demselben Verhältnis, worin ein Teil der Waren über, wird ein andrer unter seinem Wert verkauft. Und nur ihr Verkauf zu solchen Preisen ermöglicht, daß die Profitrate für I-V gleichmäßig ist, 22%, ohne Rücksicht auf die verschiedne organische Komposition der Kapitale I-V. Die Preise, die dadurch entstehn, daß der Durchschnitt der verschiednen Profitraten der verschiednen Produktionssphären gezogen und dieser Durchschnitt den Kostpreisen der verschiednen Produktionssphären zugesetzt wird, sind die Produktionspreise. Ihre Voraussetzung ist die Existenz einer allgemeinen Profitrate, und diese setzt wiederum voraus, daß die Profitraten in jeder besondren Produktionssphäre für sich genommen, bereits auf ebensoviel Durchschnittsraten reduziert sind. Diese besondren Profitraten sind in jeder Produktionssphäre = m/C, und sind, wie dies im ersten Abschnitt dieses Buchs geschehn, aus dem Wert der Ware zu entwickeln. Ohne diese Entwicklung bleibt die allgemeine Profitrate (und daher auch der Produktionspreis der Ware) eine sinn- und begriffslose Vorstellung. Der Produktionspreis der Ware ist also gleich ihrem Kostpreis plus dem, entsprechend der allgemeinen Profitrate, prozentig ihm zugesetzten Profit oder gleich ihrem Kostpreis plus dem Durchschnittsprofit.
Infolge der verschiednen organischen Zusammensetzung der in verschiednen Produktionszweigen angelegten Kapitale; infolgedaher des Umstandes, daß je nach dem verschiednen Prozentsatz, den der variable Teil in einem Gesamtkapital von gegebner Größe hat, sehr verschiedne Quanta Arbeit von Kapitalen gleicher Größe in Bewegung gesetzt werden, werden auch sehr verschiedne Quanta Mehrarbeit von ihnen angeeignet oder sehr verschiedne Massen Mehrwert von ihnen produziert. Demgemäß sind die Profitraten, die in verschiednen Produktionszweigen herrschen, ursprünglich sehr verschieden. Diese verschiednen Profitraten werden durch die Konkurrenz zu einer allgemeinen Profitrate ausgeglichen, welche der Durchschnitt aller dieser verschiednen Profitraten ist. Der Profit, der entsprechend dieser allgemeinen Profitrate auf ein Kapital von gegebner Größe fällt, welches immer seine organische Zusammensetzung, heißt der Durchschnittsprofit. Der Preis einer Ware, welcher gleich ist ihrem Kostpreis plus dem im Verhältnis ihrer Umschlagsbedingungen auf sie fallenden Teil des jährlichen Durchschnittsprofits auf das in ihrer Produktion angewandte (nicht bloß das in ihrer Produktion konsumierte) Kapital, ist ihr Produktionspreis. Nehmen wir z.B. ein Kapital von 500, davon 100 fixes Kapital, wovon 10% Verschleiß während einer Umschlagsperiode des zirkulierenden Kapitals von 400. Der Durchschnittsprofit für die Dauer dieser Umschlagsperiode sei 10%. Dann wird der Kostpreis des während dieses Umschlags hergestellten Produkts sein: 10c für Verschleiß plus 400 (c + v) zirkulierendes Kapital = 410, und ihr Produktionspreis: 410 Kostpreis plus (10% Profit auf 500) 50 = 460.
Obgleich daher die Kapitalisten der verschiednen Produktionssphären beim Verkauf ihrer Waren die in der Produktion dieser Waren verbrauchten Kapitalwerte zurückziehn, so lösen sie nicht den in ihrer eignen Sphäre bei der Produktion dieser Waren produzierten Mehrwert und daher Profit ein, sondern nur so viel Mehrwert und daher Profit, als vom Gesamtmehrwert oder Gesamtprofit, der vom Gesamtkapital der Gesellschaft in allen Produktionssphären zusammengenommen, in einem gegebnen Zeitabschnitt produziert wird, bei gleicher Verteilung auf jeden aliquoten Teil des Gesamtkapitals fällt. Pro 100 zieht jedes vor geschoßne Kapital, welches immer seine Zusammensetzung, in jedem Jahr oder andern Zeitabschnitt den Profit, der für diesen Zeitabschnitt auf 100 als den sovielsten Teil des Gesamtkapitals kommt. Die verschiednen Kapitalisten verhalten sich hier, soweit der Profit in Betracht kommt, als bloße Aktionäre einer Aktiengesellschaft, worin die Anteile am Profit gleichmäßig pro 100 verteilt werden und daher für die verschiednen Kapitalisten sich nur unterscheiden nach der Größe des von jedem in das Gesamtunternehmen gesteckten Kapitals, nach seiner verhältnismäßigen Beteiligung am Gesamtunternehmen, nach der Zahl seiner Aktien. Während sich also der Teil dieses Warenpreises, der die in der Produktion der Waren verzehrten Wertteile des Kapitals ersetzt und mit dem daher diese verzehrten Kapitalwerte rückgekauft werden müssen, während dieser Teil, der Kostpreis, sich ganz nach der Auslage innerhalb der respektiven Produktionssphären richtet, richtet sich der andre Bestandteil des Warenpreises, der auf diesen Kostpreis zugeschlagne Profit, nicht nach der Masse Profit, die von diesem bestimmten Kapital in dieser bestimmten Produktionssphäre während einer gegebnen Zeit produziert wird, sondern nach der Masse Profit, die auf jedes angewandte Kapital, als aliquoten Teil des in der Gesamproduktion angewandten gesellschaftlichen Gesamtkapitals, während eines gegebnen Zeitraums im Durchschnitt fällt.22
Wenn ein Kapitalist also seine Ware zu ihrem Produktionspreis verkauft, so zieht er Geld zurück im Verhältnis zur Wertgröße des in der Produktion von ihm verzehrten Kapitals und schlägt Profit heraus im Verhältnis zu seinem vorgeschoßnen Kapital als bloßem aliquoten Teil des gesellschaftlichen Gesamtkapitals. Seine Kostpreise sind spezifisch. Der Profitzuschlag auf diesen Kostpreis ist unabhängig von seiner besondren Produktionssphäre, ist einfacher Durchschnitt pro 100 des vorgeschoßnen Kapitals.
Unterstellen wir, die fünf verschiednen Kapitalanlagen I-V im vorigen Beispiel gehörten einem Mann. Wieviel in jeder einzelnen Anlage von I-V auf je 100 des angewandten Kapitals an variablem und konstantem Kapital konsumiert würde in der Produktion der Waren, wäre gegeben, und dieser Wertteil der Waren I-V würde selbstredend einen Teil ihres Preises bilden, da mindestens dieser Preis erheischt ist zum Ersatz des vorgeschoßnen und konsumierten Kapitalteils. Diese Kostpreise wären also für jede Warengattung von I-V verschieden und würden als solche von dem Besitzer verschieden fixiert werden. Was aber die in I-V produzierten verschiednen Massen von Mehrwert oder Profit beträfe, so könnte der Kapitalist sie sehr gut als Profit seines vorgeschoßnen Gesamtkapitals rechnen, so daß auf je 100 Kapital ein bestimmter aliquoter Teil fiele. Verschieden also wären bei den in den einzelnen Anlagen I-V produzierten Waren die Kostpreise; aber gleich bei allen diesen Waren wäre der Teil des Verkaufspreises, der aus dem zugesetzten Profit von je 100 Kapital käme. Der Gesamtpreis der Waren I-V wäre also gleich ihrem Gesamtwert, d.h. gleich Summe der Kostpreise I-V plus Summe des in I-V produzierten Mehrwerts oder Profits; in der Tat also Geldausdruck für das Gesamtquantum Arbeit, vergangner und neu zugesetzter, enthalten in den Waren I-V. Und in dieser Weise ist in der Gesellschaft selbst – die Totalität aller Produktionszweige betrachtet – die Summe der Produktionspreise der produzierten Waren gleich der Summe ihrer Werte.
Diesem Satz scheint die Tatsache zu widersprechen, daß in der kapitalistischen Produktion die Elemente des produktiven Kapitals in der Regel auf dem Markt gekauft sind, ihre Preise also einen bereits realisierten Profit enthalten und hiernach der Produktionspreis eines Industriezweigs samt dem in ihm enthaltnen Profit, daß also der Profit des einen Industriezweigs in den Kostpreis des andern eingeht. Aber wenn wir die Summe der Kostpreise der Waren des ganzen Landes auf die eine Seite und die Summe seiner Profite oder Mehrwerte auf die andre stellen, so ist klar, daß die Rechnung sich richtig stellen muß. Z.B. nehmen wir eine Ware A; ihr Kostpreis mag die Profite von B, C, D eingeschlossen enthalten, wie bei B, C, D etc. wieder die Profite von A in ihre Kostpreise eingehn mögen. Stellen wir also die Rechnung auf, so fehlt der Profit von A in seinem eignen Kostpreis und ebenso fehlen die Profite von B, C, D etc. in ihren eignen Kostpreisen. Keiner rechnet seinen eignen Profit in seinen Kostpreis ein. Gibt es also z.B. n Sphären der Produktion und wird in jeder ein Profit gleich p gemacht, so ist in allen zusammen der Kostpreis = k – np. Die Gesamtrechnung betrachtet, soweit die Profite einer Produktionssphäre eingehn in den Kostpreis der andren, soweit sind also diese Profite bereits in Rechnung gebracht für den Gesamtpreis des schließlichen Endprodukts und können nicht zum zweitenmal auf der Profitseite erscheinen. Erscheinen sie aber auf dieser Seite, so nur, weil die Ware selbst Endprodukt war, ihr Produktionspreis also nicht in den Kostpreis einer andern Ware eingeht.
Wenn in den Kostpreis einer Ware eine Summe eingeht = p für die Profite der Produzenten der Produktionsmittel und auf diesen Kostpreis ein Profit geschlagen wird = p1, so ist der Gesamtprofit P = p + p1. Der Gesamtkostpreis der Ware, abstrahiert von allen für Profit eingehenden Preisteilen, ist dann ihr eigner Kostpreis minus P. Heißt dieser Kostpreis k, so ist offenbar k + P = k + p + p1. Man hat bei Behandlung des Mehrwerts in Buch I, Kap. VII, 2, S. 211/203 gesehn, daß das Produkt jedes Kapitals so behandelt werden kann, als ob ein Teil bloß Kapital ersetzt, der andre nur Mehrwert ausdrückt. Diese Berechnung auf das Gesamtprodukt der Gesellschaft angewandt, finden Rektifikationen statt, indem, die ganze Gesellschaft betrachtet, z.B. der im Preis des Flachses enthaltne Profit nicht zweimal figurieren kann, nicht als Teil zugleich des Preises der Leinwand und des Profits des Flachsproduzenten.
Es findet insofern kein Unterschied statt zwischen Profit und Mehrwert, als z.B. der Mehrwert von A in das konstante Kapital von B eingeht. Für den Wert der Waren ist es ja völlig gleichgültig, ob die in ihnen enthaltne Arbeit aus bezahlter oder unbezahlter Arbeit besteht. Dies zeigt nur, daß B den Mehrwert von A zahlt. In der Gesamtrechnung kann der Mehrwert von A nicht zweimal zählen.
Aber der Unterschied ist der: Außer daß der Preis des Produkts z.B. von Kapital B abweicht von seinem Wert, weil der in B realisierte Mehrwert größer oder kleiner sein mag als der im Preis der Produkte von B zugeschlagne Profit, so gilt auch derselbe Umstand wieder für die Waren, die den konstanten Teil des Kapitals B, und indirekt, als Lebensmittel der Arbeiter, auch seinen variablen Teil bilden. Was den konstanten Teil betrifft, so ist er selbst gleich Kostpreis plus Mehrwert, also jetzt gleich Kostpreis plus Profit, und dieser Profit kann wieder größer oder kleiner sein als der Mehrwert, an dessen Stelle er steht. Was das variable Kapital angeht, so ist der durchschnittliche tägliche Arbeitslohn zwar stets gleich dem Wertprodukt der Stundenzahl, die der Arbeiter arbeiten muß, um die notwendigen Lebensmittel zu produzieren; aber diese Stundenzahl ist selbst wieder verfälscht durch die Abweichung der Produktionspreise der notwendigen Lebensmittel von ihren Werten. Indes löst sich dies immer dahin auf, daß, was in der einen Ware zuviel, in der andren zuwenig für Mehrwert eingeht, und daß daher auch die Abweichungen vom Wert, die in den Produktionspreisen der Waren stecken, sich gegeneinander aufheben. Es ist überhaupt bei der ganzen kapitalistischen Produktion immer nur in einer sehr verwickelten und annähernden Weise, als nie festzustellender Durchschnitt ewiger Schwankungen, daß sich das allgemeine Gesetz als die beherrschende Tendenz durchsetzt.
Da die allgemeine Profitrate gebildet wird durch den Durchschnitt der verschiednen Profitraten auf je 100 vom vorgeschoßnen Kapital in einem bestimmten Zeitraum, sage einem Jahr, so ist darin auch der durch den Unterschied der Umschlagszeiten für verschiedne Kapitale hervorgebrachte Unterschied ausgelöscht. Aber diese Unterschiede gehn bestimmend ein in die verschiednen Profitraten der verschiednen Produktionssphären, durch deren Durchschnitt die allgemeine Profitrate gebildet wird.
Es ist bei der vorigen Illustration zur Bildung der allgemeinen Profitrate jedes Kapital in jeder Produktionssphäre = 100 angesetzt, und zwar ist dies geschehn, um den prozentigen Unterschied der Profitrate klarzumachen und daher auch den Unterschied in den Werten der Waren, die von gleich großen Kapitalen produziert werden. Aber es versteht sich: die wirklichen Massen des Mehrwerts, die in jeder besondren Produktionssphäre erzeugt werden, hängen, da in jeder solchen gegebnen Produktionssphäre die Zusammensetzung des Kapitals gegeben ist, von der Größe der angewandten Kapitale ab. Indes, die besondre Profitrate einer einzelnen Produktionssphäre wird nicht davon berührt, ob ein Kapital von 100, m * 100 oder xm * 100 angewandt wird. Die Profitrate bleibt 10%, ob der Gesamtprofit 10: 100 oder 1000: 10000 beträgt.
Da aber die Profitraten in den verschiednen Produktionssphären verschieden sind, indem in denselben, je nach dem Verhältnis des variablen Kapitals zum Gesamtkapital, sehr verschiedne Massen Mehrwert und daher Profit produziert werden, so ist klar, daß der Durchschnittsprofit pro 100 des gesellschaftlichen Kapitals und daher die Durchschnittsprofitrate oder allgemeinen Profitrate sehr verschieden sein wird, je nach den respektiven Größen der in den verschiednen Sphären angelegten Kapitale. Nehmen wir vier Kapitale A, B, C, D. Die Mehrwertsrate sei für alle = 100%. Auf jede 100 vom Gesamtkapital sei das variable Kapital für A = 25, für B = 40, für C = 15, für D = 10. Auf jede 100 vom Gesamtkapital fiele dann ein Mehrwert oder Profit von A = 25, B = 40, C = 15, D = 10; zusammen = 90, also, wenn die vier Kapitale gleich groß sind, Durchschnittsprofitrate 90/4 = 22 1/2%.
Wenn aber die Gesamtkapitalgrößen sind wie folgt: A = 200, B = 300, C = 1000, D = 4000, so würden die produzierten Profite sein resp. 50, 120, 150 und 400. Zusammen auf 5500 Kapital ein Profit von 720 oder eine Durchschnittsprofitrate von 13 1/11%.
Die Massen des produzierten Gesamtwerts sind verschieden je nach den verschiednen Größen der in A, B, C, D respektive vorgeschoßnen Gesamtkapitale. Bei Bildung der allgemeinen Profitrate handelt es sich daher nicht nur um den Unterschied der Profitraten in den verschiednen Produktionssphären, deren einfacher Durchschnitt zu ziehn wäre, sondern um das relative Gewicht, womit diese verschiednen Profitraten in die Bildung des Durchschnitts eingehn. Dies aber hängt ab von der verhältnismäßigen Größe des in jeder besondren Sphäre angelegten Kapitals oder davon, welchen aliquoten Teil des gesellschaftlichen Gesamtkapitals das in jeder besondren Produktionssphäre angelegte Kapital bildet. Es muß natürlich ein sehr großer Unterschied stattfinden, je nachdem ein größrer oder geringrer Teil des Gesamtkapitals eine höhere oder niedere Profitrate abwirft. Und diese hängt wieder davon ab, wieviel Kapital in den Sphären angelegt ist, wo das variable Kapital relativ zum Gesamtkapital groß oder klein ist. Es ist ganz damit wie mit dem Durchschnittszinsfuß, den ein Wucherer macht, der verschiedne Kapitalien zu verschiednen Zinsraten ausleiht, z.B. zu 4, 5, 6, 7% etc. Die Durchschnittsrate hängt ganz davon ab, wieviel von seinem Kapital er zu jeder der verschiednen Zinsraten ausgeliehen hat.
Die allgemeine Profitrate ist also durch zwei Faktoren bestimmt:
1. durch die organische Zusammensetzung der Kapitale in den verschiednen Sphären der Produktion, also durch die verschiednen Profitraten der einzelnen Sphären;
2. durch die Verteilung des gesellschaftlichen Gesamtkapitals auf diese verschiednen Sphären, also durch die relative Größe des in jeder besondren Sphäre, und daher zu einer besondren Profitrate, angelegten Kapitals; d.h. durch den verhältnismäßigen Mas senanteil des gesellschaftlichen Gesamtkapitals, den jede besondre Produktionssphäre verschluckt.
Wir hatten es in Buch I und II nur mit den Werten der Waren zu tun. Einerseits hat sich jetzt abgesondert als ein Teil dieses Werts der Kostpreis, andrerseits hat sich entwickelt als eine verwandelte Form des Werts der Produktionspreis der Ware.
Gesetzt, die Zusammensetzung des gesellschaftlichen Durchschnittskapitals sei 80c + 20v und die Rate des jährlichen Mehrwerts m' = 100%, so wäre der jährliche Durchschnittsprofit für ein Kapital von 100 = 20 und die allgemeine jährliche Profitrate = 20%. Welches nun immer der Kostpreis k der von einem Kapital von 100 jährlich produzierten Waren, ihr Produktionspreis wäre = k + 20. In den Produktionssphären, wo die Zusammensetzung des Kapitals = (80- x)c + (20 +x)v, wäre der wirklich erzeugte Mehrwert, resp. der innerhalb dieser Sphäre produzierte jährliche Profit, = 20 + x, also größer als 20, und der produzierte Warenwert = k + 20 + x, größer als k + 20 oder größer als ihr Produktionspreis. In den Sphären, wo die Zusammensetzung des Kapitals (80 + x)c + (20 – x)v, wäre der jährlich erzeugte Mehrwert oder Profit = 20 – x, also kleiner als 20, und daher der Warenwert k + 20 – x kleiner als der Produktionspreis, der = k + 20. Abgesehn von etwaigen Unterschieden in der Umschlagszeit, wäre der Produktionspreis der Waren gleich mit ihrem Wert nur in den Sphären, wo die Zusammensetzung des Kapitals zufällig = 80c + 20v wäre.
Die spezifische Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit ist in jeder besondren Produktionssphäre dem Grade nach verschieden, höher oder niedriger, im Verhältnis wie das von einem bestimmten Quantum Arbeit, also bei gegebnem Arbeitstag von einer bestimmten Anzahl Arbeiter, in Bewegung gesetzte Quantum von Produktionsmitteln groß und daher das für ein bestimmtes Quantum Produktionsmittel erheischte Quantum Arbeit klein ist. Wir nennen daher Kapitale, die prozentig mehr konstantes, also weniger variables Kapital enthalten als das gesellschaftliche Durchschnittskapital: Kapitale von höherer Zusammensetzung. Umgekehrt solche, wo das konstante Kapital einen relativ kleinern und das variable einen größern Raum einnimmt, als beim gesellschaftlichen Durchschnittskapital, nennen wir: Kapitale von niedrigerer Zusammensetzung. Kapitale von durchschnittlicher Zusammensetzung endlich nennen wir solche, deren Zusammensetzung mit der des gesellschaftlichen Durchschnittskapitals zusammenfällt. Ist das gesellschaftliche Durchschnittskapital prozentig zusammengesetzt aus 80c + 20v, so steht ein Kapital von 90c + 10v über, eins von 70c + 30v unter dem gesellschaftlichen Durchschnitt. Allgemein, bei Zusammensetzung des gesellschaftlichen Durchschnittskapitals = mc + nv, wo m und n konstante Größen und m + n = 100. repräsentiert (m + x)c + (n – x)v die höhere, (m – x)c + (n + x)v die niedrigere Zusammensetzung eines einzelnen Kapitals oder einer Kapitalgruppe. Wie diese Kapitale fungieren nach Herstellung der Durchschnittsprofitrate, unter Voraussetzung einmaligen Umschlags im Jahr, zeigt folgende Übersicht, worin I die Durchschnittszusammensetzung vorstellt und die Durchschnittsprofitrate somit = 20% ist:
I. 80c + 20v + 20m. Profitrate = 20%.
Preis des Produkts = 120. Wert = 120.
II. 90c + 10v + 10m. Profitrate = 20%.
Preis des Produkts = 120. Wert = 110.
III. 70c + 30v + 30m. Profitrate = 20%.
Preis des Produkts = 120. Wert = 130.
Für die von Kapital II produzierten Waren wäre also ihr Wert kleiner als ihr Produktionspreis, für die des Kapital III der Produktionspreis kleiner als der Wert, und nur für die Kapitale I der Produktionszweige, deren Zusammensetzung zufällig die des gesellschaftlichen Durchschnitts ist, wären Wert und Produktionspreis gleich. Übrigens muß bei Anwendung dieser Bezeichnungen auf bestimmte Fälle natürlich in Rechnung gebracht werden, wie weit etwa nicht ein Unterschied in der technischen Zusammensetzung, sondern bloßer Wertwechsel der Elemente des konstanten Kapitals das Verhältnis zwischen c und v vom allgemeinen Durchschnitt abweichen macht.
Es ist durch die jetzt gegebne Entwicklung allerdings eine Modifikation eingetreten bezüglich der Bestimmung des Kostpreises der Waren. Ursprünglich wurde angenommen, daß der Kostpreis einer Ware gleich sei dem Wert der in ihrer Produktion konsumierten Waren. Der Produktionspreis einer Ware ist aber für den Käufer derselben ihr Kostpreis und kann somit als Kostpreis in die Preisbildung einer andren Ware eingehn. Da der Produktionspreis abweichen kann vom Wert der Ware, so kann auch der Kostpreis einer Ware, worin dieser Produktionspreis andrer Ware eingeschlossen, über oder unter dem Teil ihres Gesamtwerts stehn, der durch den Wert der in sie eingehenden Produktionsmittel gebildet wird. Es ist nötig, sich an diese modifizierte Bedeutung des Kostpreises zu erinnern und sich daher zu erinnern, daß, wenn in einer besondren Produktionssphäre der Kostpreis der Ware dem Wert der in ihrer Produktion verbrauchten Produktionsmittel gleichgesetzt wird, stets ein Irrtum möglich ist. Für unsre gegenwärtige Untersuchung ist nicht nötig, näher auf diesen Punkt einzugehn. Dabei bleibt immer der Satz richtig, daß der Kostpreis der Waren stets kleiner als ihr Wert. Denn wie auch der Kostpreis der Ware von dem Wert der in ihr konsumierten Produktionsmittel abweichen mag, für den Kapitalisten ist dieser vergangne Irrtum gleichgültig. Der Kostpreis der Ware ist ein gegebner, ist eine von seiner, des Kapitalisten, Produktion unabhängige Voraussetzung, während das Resultat seiner Produktion eine Ware ist, die Mehrwert enthält, also einen Wertüberschuß über ihren Kostpreis. Sonst hat der Satz, daß der Kostpreis kleiner ist als der Wert der Ware, sich jetzt praktisch in den Satz verwandelt, daß der Kostpreis kleiner ist als der Produktionspreis. Für das gesellschaftliche Gesamtkapital, wo Produktionspreis gleich Wert, ist dieser Satz identisch mit dem frühern , daß der Kostpreis kleiner ist als der Wert. Obgleich er für die besondren Produktionssphären abweichenden Sinn hat, so bleibt ihm immer die Tatsache zugrunde liegen, daß, das gesellschaftliche Gesamtkapital betrachtet, der Kostpreis der von diesem produzierten Waren kleiner als der Wert oder der hier, für die Gesamtmasse der produzierten Waren, mit diesem Wert identische Produktionspreis. Der Kostpreis einer Ware bezieht sich nur auf das Quantum der in ihr enthaltnen bezahlten Arbeit, der Wert auf das Gesamtquantum der in ihr enthaltnen bezahlten und unbezahlten Arbeit; der Produktionspreis auf die Summe der bezahlten Arbeit plus einem, für die besondre Produktionssphäre unabhängig von ihr selbst, bestimmten Quantum unbezahlter Arbeit.
Die Formel, daß der Produktionspreis einer Ware = k + p, gleich Kostpreis plus Profit ist, hat sich jetzt näher dahin bestimmt, daß p = kp' ist (wo p' die allgemeine Profitrate), und daher der Produktionspreis = k + kp'. Ist k = 300 und p' = 15%, so ist der Produktionspreis k + kp' = 300 + 300 15/100 = 345.
Der Produktionspreis der Waren in jeder besondren Produktionssphäre kann Größenwechsel erfahren:
1. bei gleichbleibendem Wert der Waren (so daß also nach wie vor dasselbe Quantum toter und lebendiger Arbeit in ihre Produktion eingeht) infolge eines von der besondren Sphäre unabhängigen Wechsels in der allgemeinen Profitrate;
2. bei gleichbleibender allgemeiner Profitrate durch Wertwechsel, sei es in der besondren Produktionssphäre selbst, infolge technischer Änderung, sei es infolge eines Wertwechsels der Waren, die als Bildungselemente in ihr konstantes Kapital eingehn;
3. endlich durch Zusammenwirkung dieser beiden Umstände.
Trotz der großen Wechsel, die beständig – wie sich weiter zeigen wird – in den tatsächlichen Profitraten der besondren Produktionssphären vorgehn, ist eine wirkliche Änderung in der allgemeinen Profitrate, soweit nicht durch außerordentliche ökonomische Ereignisse ausnahmsweise ins Werk gesetzt, das sehr späte Werk einer Reihe über sehr lange Zeiträume sich erstreckender Schwingungen, d.h. von Schwingungen, die viel Zeit brauchen, bis sie sich zu einer Änderung der allgemeinen Profitrate konsolidieren und ausgleichen. Bei allen kürzern Perioden (ganz abgesehn von Schwankungen der Marktpreise) ist daher eine Änderung in den Produktionspreisen prima facie stets aus einem wirklichen Wertwechsel der Waren zu erklären, d.h. aus einem Wechsel in der Gesamtsumme der zu ihrer Produktion nötigen Arbeitszeit. Bloßer Wechsel im Geldausdruck derselben Werte kommt hier selbstredend gar nicht in Betracht.23
Es ist andrerseits klar: das gesellschaftliche Gesamtkapital betrachtet, ist die Wertsumme der von ihm produzierten Waren (oder in Geld ausgedrückt ihr Preis) = Wert des konstanten Kapitals + Wert des variablen Kapitals + Mehrwert. Den Exploitationsgrad der Arbeit als konstant angenommen, kann die Profitrate hier nur wechseln, bei gleichbleibender Masse des Mehrwerts, wenn entweder der Wert des konstanten Kapitals wechselt oder der Wert des variablen wechselt oder beide wechseln, so daß C sich ändert und dadurch m/C, die allgemeine Profitrate. In jedem Falle also unterstellt ein Wechsel in der allgemeinen Profitrate Wechsel im Wert der Waren, die als Bildungselemente in das konstante Kapital oder in das variable oder in beide gleichzeitig eingehn.
Oder die allgemeine Profitrate kann wechseln bei gleichbleibendem Wert der Waren, wenn der Exploitationsgrad der Arbeit wechselt.
Oder bei gleichbleibendem Exploitationsgrad der Arbeit kann die allgemeine Profitrate wechseln, wenn die Summe der angewandten Arbeit wechselt relativ zum konstanten Kapital, infolge technischer Änderungen im Arbeitsprozeß. Aber solche technischen Änderungen müssen sich stets zeigen in und daher begleitet sein von einem Wertwechsel der Waren, deren Produktion jetzt gegen früher mehr oder minder viel Arbeit erfordern würde.
Man hat im ersten Abschnitt gesehn: Mehrwert und Profit waren identisch, der Masse nach betrachtet. Die Profitrate jedoch ist von vornherein unterschieden von der Rate des Mehrwerts, was zunächst nur als andre Form der Berechnung erscheint; was aber ebenso von vornherein, da die Rate des Profits steigen oder fallen kann bei gleichbleibender Rate des Mehrwerts und umgekehrt und da allein die Rate des Profits den Kapitalisten praktisch interessiert, durchaus den wirklichen Ursprung des Mehrwerts verdunkelt und mystifiziert. Ein Größenunterschied jedoch war nur zwischen Mehrwertsrate und Profitrate, nicht zwischen Mehrwert und Profit selbst. Da in der Profitrate der Mehrwert auf das Gesamtkapital berechnet und auf es als sein Maß bezogen wird, so erscheint der Mehrwert selbst dadurch als aus dem Gesamtkapital und zwar gleichmäßig aus allen seinen Teilen entsprungen, so daß der organische Unterschied zwischen konstantem und variablem Kapital im Begriff des Profits ausgelöscht ist; in der Tat daher, in dieser seiner verwandelten Gestalt als Profit, der Mehrwert selbst seinen Ursprung verleugnet, seinen Charakter verloren hat, unerkennbar geworden ist. Soweit jedoch bezog sich der Unterschied zwischen Profit und Mehrwert nur auf eine qualitative Änderung, einen Formwechsel, während wirklicher Größenunterschied auf dieser ersten Stufe der Verwandlung nur noch zwischen Profitrate und Mehrwertsrate, noch nicht zwischen Profit und Mehrwert existiert.
Anders verhält es sich, sobald eine allgemeine Profitrate und durch selbe ein der in den verschiednen Produktionssphären gegebnen Größe des angewandten Kapitals entsprechender Durchschnittsprofit hergestellt ist.
Es ist jetzt nur noch Zufall, wenn der in einer besondren Produktionssphäre wirklich erzeugte Mehrwert und daher Profit mit dem im Verkaufspreis der Ware enthaltnen Profit zusammenfällt. In der Regel sind Profit und Mehrwert, und nicht bloß ihre Raten, nun wirklich verschiedne Größen. Bei gegebnem Exploitationsgrad der Arbeit ist jetzt die Masse des Mehrwerts, die in einer besondren Produktionssphäre erzeugt wird, wichtiger für den Gesamtdurchschnitts profit des gesellschaftlichen Kapitals, also für die Kapitalistenklasse überhaupt, als direkt für den Kapitalisten innerhalb jedes besondren Produktionszweigs. Für ihn nur24, sofern das in seiner Branche erzeugte Quantum Mehrwert mitbestimmend eingreift in die Reglung des Durchschnittsprofits. Aber dies ist ein Prozeß, der hinter seinem Rücken vorgeht, den er nicht sieht, nicht versteht und der ihn in der Tat nicht interessiert. Der wirkliche Größenunterschied zwischen Profit und Mehrwert – nicht nur zwischen Profitrate und Mehrwertsrate – in den besondren Produktionssphären versteckt nun völlig die wahre Natur und den Ursprung des Profits, nicht nur für den Kapitalisten, der hier ein besondres Interesse hat, sich zu täuschen, sondern auch für den Arbeiter. Mit der Verwandlung der Werte in Produktionspreise wird die Grundlage der Wertbestimmung selbst dem Auge entrückt. Endlich: Wenn bei der bloßen Verwandlung von Mehrwert in Profit der Wertteil der Waren, der den Profit bildet, dem andren Wertteil gegenübertritt als dem Kostpreis der Ware, so daß hier schon der Begriff des Werts dem Kapitalisten abhanden kommt, weil er nicht die Gesamtarbeit vor sich hat, die die Produktion der Ware kostet, sondern nur den Teil der Gesamtarbeit, den er in der Form von Produktionsmitteln, lebendigen oder toten, bezahlt hat, und ihm so der Profit als etwas außerhalb des immanenten Werts der Ware Stehendes erscheint – so wird jetzt diese Vorstellung vollständig bestätigt, befestigt, verknöchert, indem der zum Kostpreis zugeschlagne Profit in der Tat, wenn man die besondre Produktionssphäre betrachtet, nicht durch die Grenzen der in ihr selbst vorgehenden Wertbildung bestimmt, sondern ganz äußerlich dagegen festgesetzt ist.
Der Umstand, daß hier zum erstenmal dieser innere Zusammenhang enthüllt ist; daß, wie man aus dem Folgenden und aus Buch IV sehn wird, die bisherige Ökonomie entweder gewaltsam von den Unterschieden zwischen Mehrwert und Profit, Mehrwertsrate und Profitrate abstrahierte, um die Wertbestimmung als Grundlage festhalten zu können, oder aber mit dieser Wertbestimmung allen Grund und Boden wissenschaftlichen Verhaltens aufgab, um an jenen in der Erscheinung auffälligen Unterschieden festzuhalten – diese Verwirrung der Theoretiker zeigt am besten, wie der im Konkurrenzkampf befangne, seine Erscheinungen in keiner Art durchdringende praktische Kapitalist durchaus unfähig sein muß, durch den Schein hindurch das innere Wesen und die innere Gestalt dieses Prozesses zu erkennen.
Alle im ersten Abschnitt entwickelten Gesetze über Steigen und Fallen der Profitrate haben in der Tat die folgende doppelte Bedeutung:
1. Einerseits sind sie die Gesetze der allgemeinen Profitrate. Bei den vielen verschiednen Ursachen, welche nach dem Entwickelten die Profitrate steigen oder fallen machen, sollte man glauben, daß die allgemeine Profitrate jeden Tag wechseln müßte. Aber die Bewegung in einer Produktionssphäre wird die in der andern aufheben, die Einflüsse kreuzen und paralysieren sich. Wir werden später untersuchen, nach welcher Seite die Schwankungen in letzter Instanz hinstreben; aber sie sind langsam; die Plötzlichkeit, Vielseitigkeit und verschiedne Dauer der Schwankungen in den einzelnen Produktionssphären macht, daß sie sich zum Teil in ihrer Reihenfolge in der Zeit kompensieren, so daß Preisfall auf Preissteigerung folgt und umgekehrt, daß sie also lokal, d.h. auf die besondre Produktionssphäre beschränkt bleiben; endlich, daß die verschiednen lokalen Schwankungen sich wechselseitig neutralisieren. Es finden innerhalb jeder besondren Produktionssphäre Wechsel statt, Abweichungen von der allgemeinen Profitrate, die sich einerseits in einem bestimmten Zeitraum ausgleichen und daher nicht auf die allgemeine Profitrate zurückwirken; und die andrerseits wieder nicht auf sie zurückwirken, weil sie durch andre gleichzeitige lokale Schwankungen aufgehoben werden. Da die allgemeine Profitrate bestimmt ist nicht nur durch die Durchschnittsprofitrate in jeder Sphäre, sondern auch durch die Verteilung des Gesamtkapitals auf die verschiednen besondren Sphären, und da diese Verteilung beständig wechselt, so ist dies wieder eine beständige Ursache des Wechsels in der allgemeinen Profitrate – aber eine Ursache des Wechsels, die wiederum, bei der UnunterbrochenheitA6 und Allseitigkeit dieser Bewegung, großenteils sich selbst wieder paralysiert.
2. Innerhalb jeder Sphäre ist ein Spielraum gegeben für kürzere oder längere Epoche, wo die Profitrate dieser Sphäre schwankt, bevor sich dies Schwanken, nach Steigen oder Fallen, hinreichend konsolidiert, um Zeit zu gewinnen zur Einwirkung auf die allgemeine Profitrate und daher zur Erreichung von mehr als lokaler Bedeutung. Innerhalb solcher räumlichen und zeitlichen Grenzen gelten daher ebenfalls die im ersten Abschnitt dieses Buchs entwickelten Gesetze der Profitrate.
Die theoretische Ansicht – bei der ersten Verwandlung des Mehrwerts in Profit –, daß jeder Teil des Kapitals gleichmäßig Profit abwerfe25, drückt eine praktische Tatsache aus. Wie immer das industrielle Kapital zusammengesetzt sei, ob es ein Viertel tote Arbeit und drei Viertel lebendige Arbeit oder drei Viertel tote Arbeit und ein Viertel lebendige Arbeit in Bewegung setzt, ob es in dem einen Fall dreimal soviel Mehrarbeit einsaugt oder Mehrwert produziert als in dem andren – bei gleichem Exploitationsgrad der Arbeit und abgesehn von individuellen Unterschieden, die ohnehin verschwinden, weil wir beide Male nur die Durchschnittszusammensetzung der ganzen Produktionssphäre vor uns haben –, in beiden Fällen wirft es gleich viel Profit ab. Der einzelne Kapitalist (oder auch die Gesamtheit der Kapitalisten in jeder besondren Produktionssphäre), dessen Blick borniert ist, glaubt mit Recht, daß sein Profit nicht allein aus der von ihm oder in seinem Zweig beschäftigten Arbeit herstamme. Es ist dies ganz richtig für seinen Durchschnittsprofit. Wieweit dieser Profit vermittelt ist durch die Gesamtexploitation der Arbeit durch das Gesamtkapital, d.h. durch alle seine Kapitalistengenossen, dieser Zusammenhang ist ihm ein vollständiges Mysterium, um so mehr, als selbst die Bourgeoistheoretiker, die politischen Ökonomen, es bis jetzt nicht enthüllt hatten. Ersparung an Arbeit – nicht nur an der Arbeit, notwendig um ein bestimmtes Produkt zu produzieren, sondern auch an der Anzahl der beschäftigten Arbeiter – und größre Anwendung toter Arbeit (konstantes Kapital) erscheint als ökonomisch ganz richtige Operation und scheint von vornherein in keiner Weise die allgemeine Profitrate und den Durchschnittsprofit anzugreifen. Wie sollte daher die lebendige Arbeit ausschließliche Quelle des Profits sein, da Verminderung der zur Produktion nötigen Menge Arbeit nicht nur nicht den Profit anzugreifen scheint, sondern vielmehr unter gewissen Umständen als nächste Quelle zur Vermehrung des Profits erscheint, wenigstens für den einzelnen Kapitalisten?
Wenn in einer gegebnen Produktionssphäre der Teil des Kostpreises steigt oder fällt, der den Wert des konstanten Kapitals repräsentiert, so kommt dieser Teil aus der Zirkulation her und geht von vornherein vergrößert oder verkleinert in den Produktionsprozeß der Ware ein. Wenn andrerseits die angewandte Arbeiteranzahl in derselben Zeit mehr oder weniger produziert, also bei gleichbleibender Arbeiteranzahl das zur Produktion einer bestimmten Warenmenge erheischte Arbeitsquantum wechselt, so mag der Teil des Kostpreises, der den Wert des variablen Kapitals repräsentiert, derselbe bleiben, also mit gleicher Größe in den Kostpreis des Gesamtprodukts eingehn. Aber auf jede einzelne von den Waren, deren Summe das Gesamtprodukt ausmacht, fällt mehr oder weniger Arbeit (bezahlte und daher auch unbezahlte), also auch mehr oder weniger von der Ausgabe für diese Arbeit, größeres oder kleineres Stück des Lohns. Der vom Kapitalisten gezahlte Gesamtlohn bleibt derselbe, aber er ist ein andrer, auf jedes Stück Ware berechnet. Hier träte also Änderung ein in diesem Teil des Kostpreises der Ware. Ob nun der Kostpreis der einzelnen Ware infolge solcher Wertveränderungen, sei es in ihr selbst, sei es in ihren Warenelementen (oder auch der Kostpreis der Summe der von einem Kapital von gegebner Größe produzierten Waren) steigt oder fällt: ist der Durchschnittsprofit z.B. 10%, so bleibt er 10%; obgleich 10%, die einzelne Ware betrachtet, eine sehr verschiedne Größe darstellt, je nach dem, durch den vorausgesetzten Wertwechsel hervorgebrachten, Größenwechsel im Kostpreis der einzelnen Ware.26
Mit Bezug auf das variable Kapital – und dies ist das wichtigste, weil es die Quelle des Mehrwerts und weil alles, was sein Verhältnis zur Bereicherung des Kapitalisten verdeckt, das ganze System mystifiziert – vergröbert sich die Sache oder erscheint sie dem Kapitalisten so: ein variables Kapital von 100 Pfd. St. stelle z.B. den Wochenlohn von 100 Arbeitern vor. Wenn diese 100, bei gegebnem Arbeitstag, ein wöchentliches Produkt von 200 Stück Waren produzieren = 200 W, so kostet 1 W – abstrahiert von dem Teil des Kostpreises, den das konstante Kapital zusetzt – da 100 Pfd. St = 200 W, 1 W = 100 Pfd.St./200 = 10 Schill. Gesetzt nun, es träte Wechsel in der Produktivkraft der Arbeit ein; sie verdopple sich, dieselbe Anzahl Arbeiter produziere in derselben Zeit zweimal 200 W, worin sie früher 200 W produzierte. In diesem Fall kostet (soweit der Kostpreis aus bloßem Arbeitslohn besteht), da jetzt 100 Pfd. St. = 400 W, 1 W = 100 Pfd.St./400 = 5 Schill. Verminderte sich die Produktivkraft um die Hälfte, so würde dieselbe Arbeit nur noch 200W/2 produzieren; und da 100 Pfd. St = 200W/2, nun 1 W = 200 Pfd. St./200 = 1 Pfd. St. Die Wechsel in der zur Produktion der Waren erheischten Arbeitszeit und daher in ihrem Wert, erscheinen jetzt mit Bezug auf den Kostpreis und daher auch den Produktionspreis als verschiedne Verteilung desselben Arbeitslohns über mehr oder weniger Waren, je nachdem in derselben Arbeitszeit für denselben Arbeitslohn mehr oder weniger Waren produziert werden. Was der Kapitalist und daher auch der politische Ökonom sieht, ist, daß der Teil der bezahlten Arbeit, der auf die Ware per Stück fällt, sich mit der Produktivität der Arbeit ändert und damit auch der Wert jedes einzelnen Stücks; er sieht nicht, daß dies ebenfalls der Fall ist mit der in jedem Stück enthaltnen unbezahlten Arbeit, um so weniger, da der Durchschnittsprofit in der Tat durch die in seiner Sphäre absorbierte unbezahlte Arbeit nur zufällig bestimmt ist. Nur in solch vergröberter und begriffsloser Form scheint jetzt noch die Tatsache durch, daß der Wert der Waren durch die in ihnen enthaltne Arbeit bestimmt ist.
10. Ausgleichung der allgemeinen Profitrate durch die Konkurrenz. Marktpreise und Marktwerte. Surplusprofit
Ein Teil der Produktionssphären hat eine mittlere oder Durchschnittszusammensetzung des in ihnen angewandten Kapitals, d.h. ganz oder annähernd die Zusammensetzung des gesellschaftlichen Durchschnittskapitals.
In diesen Sphären fällt der Produktionspreis der produzierten Waren mit ihrem in Geld ausgedrückten Wert ganz oder annähernd zusammen. Wenn auf keine andre Weise zur mathematischen Grenze zu gelangen, so wäre es auf diese. Die Konkurrenz verteilt das Gesellschaftskapital so zwischen die verschiednen Produktionssphären, daß die Produktionspreise in einer jeden Sphäre gebildet werden nach dem Muster der Produktionspreise in diesen Sphären der mittleren Komposition, d.h. = k + kp' (Kostpreis plus dem Produkt der Durchschnittsprofitrate in den Kostpreis). Diese Durchschnittsprofitrate ist aber nichts andres als der prozentig berechnete Profit in jener Sphäre der mittleren Komposition, wo also der Profit zusammenfällt mit dem Mehrwert. Die Profitrate ist also in allen Produktionssphären dieselbe, nämlich ausgeglichen auf diejenige dieser mittleren Produktionssphären, wo die Durchschnittszusammensetzung des Kapitals herrscht. Hiernach muß die Summe der Profite aller verschiednen Produktionssphären gleich sein der Summe der Mehrwerte und die Summe der Produktionspreise des gesellschaftlichen Gesamtprodukts gleich der Summe seiner Werte. Es ist aber klar, daß die Ausgleichung zwischen den Produktionssphären von verschiedner Zusammensetzung immer dahin streben muß, sie zu egalisieren mit den Sphären von mittlerer Zusammensetzung, sei es nun, daß diese exakt, sei es, daß sie nur annähernd dem gesellschaftlichen Durchschnitt entsprechen. Zwischen den mehr oder minder Annähernden findet selbst wieder Tendenz nach Ausgleichung statt, die der idealen, d.h. in der Wirklichkeit nicht vorhandnen Mittelposition zustrebt, d.h. die Tendenz hat, sich um sie herum zu normieren. In dieser Weise herrscht also notwendig die Tendenz, die Produktionspreise zu bloß verwandelten Formen des Werts zu machen oder die Profite in bloße Teile des Mehrwerts zu verwandeln, die aber verteilt sind nicht im Verhältnis zum Mehrwert, der in jeder besondren Produktionssphäre erzeugt ist, sondern im Verhältnis zur Masse des in jeder Produktionssphäre angewandten Kapitals, so daß auf gleich große Kapitalmassen, wie immer zusammengesetzt, gleich große Anteile (aliquote Teile) der Totalität des vom gesellschaftlichen Gesamtkapital erzeugten Mehrwerts fallen.
Für die Kapitale von mittlerer oder annähernd mittlerer Zusammensetzung fällt der Produktionspreis also mit dem Wert ganz oder annähernd zusammen, und der Profit mit dem von ihnen erzeugten Mehrwert. Alle andren Kapitale, welches immer ihre Zusammensetzung, streben unter dem Druck der Konkurrenz, sich mit diesen auszugleichen. Da aber die Kapitale mittlerer Zusammensetzung gleich oder annähernd gleich dem gesellschaftlichen Durchschnittskapital, so streben alle Kapitale, welches immer der von ihnen selbst erzeugte Mehrwert, an Stelle dieses Mehrwerts den Durchschnittsprofit durch die Preise ihrer Waren zu realisieren, d.h. also die Produktionspreise zu realisieren.
Es kann andrerseits gesagt werden, daß überall, wo ein Durchschnittsprofit hergestellt wird, also eine allgemeine Profitrate – in welcher Weise auch immer dies Resultat hervorgebracht worden sei – dieser Durchschnittsprofit nichts andres sein kann als der Profit auf das gesellschaftliche Durchschnittskapital, dessen Summe gleich der Summe der Mehrwerte, und daß die durch Zuschlag dieses Durchschnittprofits auf die Kostpreise hervorgebrachten Preise nichts andres sein können als die in Produktionspreise verwandelten Werte. Es würde nichts ändern, wenn Kapitale in bestimmten Produktionssphären aus irgendwelchen Gründen nicht dem Prozeß der Ausgleichung unterworfen würden. Der Durchschnittsprofit wäre dann berechnet auf den Teil des Gesellschaftskapitals, der in den Ausgleichungsprozeß eingeht. Es ist klar, daß der Durchschnittsprofit nichts sein kann als die Gesamtmasse des Mehrwerts, verteilt auf die Kapitalmassen in jeder Produktionssphäre nach Verhältnis ihrer Größen. Es ist das Ganze der realisierten unbezahlten Arbeit, und diese Gesamtmasse stellt sich dar, ebensogut wie die bezahlte tote und lebendige Arbeit, in der Gesamtmasse von Waren und Geld, die den Kapitalisten zufällt.
Die eigentlich schwierige Frage ist hier die: wie diese Ausgleichung der Profite zur allgemeinen Profitrate vorgeht, da sie offenbar ein Resultat ist und nicht ein Ausgangspunkt sein kann.
Es ist zunächst klar, daß eine Schätzung der Warenwerte, z.B. in Geld, nur das Resultat ihres Austausches sein kann und daß, wenn wir daher solche Schätzung voraussetzen, wir sie als das Ergebnis wirklicher Austausche von Warenwert gegen Warenwert zu betrachten haben. Aber wie soll dieser Austausch der Waren zu ihren wirklichen Werten zustande gekommen sein?
Nehmen wir zuerst an, daß alle Waren in den verschiednen Produktionssphären zu ihren wirklichen Werten verkauft würden. Was wäre dann der Fall? Es würden nach dem früher Entwickelten sehr verschiedne Profitraten in den verschiednen Produktionssphären herrschen. Es sind prima facie zwei ganz verschiedne Dinge, ob Waren zu ihren Werten verkauft werden (d.h. ob sie im Verhältnis des in ihnen enthaltnen Werts, zu ihren Wertpreisen, miteinander ausgetauscht werden) oder ob sie zu solchen Preisen verkauft werden, daß ihr Verkauf gleich große Profite auf gleiche Massen der zu ihrer respektiven Produktion vorgeschoßnen Kapitale abwirft.
Daß Kapitale, die ungleich viel lebendige Arbeit in Bewegung setzen, ungleich viel Mehrwert produzieren, setzt wenigstens bis zu einem gewissen Grad voraus, daß der Exploitationsgrad der Arbeit oder die Rate des Mehrwerts dieselbe oder daß die darin existierenden Unterschiede als durch wirkliche oder eingebildete (konventionelle) Kompensationsgründe ausgeglichen gelten. Dies setzt Konkurrenz unter den Arbeitern voraus und Ausgleichung durch ihre beständige Auswanderung aus einer Produktionssphäre in die andre. Solch eine allgemeine Rate des Mehrwerts – der Tendenz nach, wie alle ökonomischen Gesetze – ist von uns als theoretische Vereinfachung vorausgesetzt; in Wirklichkeit aber ist sie tatsächliche Voraussetzung der kapitalistischen Produktionsweise, obgleich mehr oder minder gehemmt durch praktische Friktionen, die mehr oder minder bedeutende lokale Differenzen hervorbringen, wie z.B. die Heimatsgesetzgebung (settlement laws) für die Ackerbautaglöhner in England. Aber in der Theorie wird vorausgesetzt, daß die Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise sich rein entwickeln. In der Wirklichkeit besteht immer nur Annäherung; aber diese Annäherung ist um so größer, je mehr die kapitalistische Produktionsweise entwickelt und je mehr ihre Verunreinigung und Verquickung mit Resten früherer ökonomischer Zustände beseitigt ist.
Die ganze Schwierigkeit kommt dadurch hinein, daß die Waren nicht einfach als Waren ausgetauscht werden, sondern als Produkt von Kapitalen, die im Verhältnis zu ihrer Größe, oder bei gleicher Größe, gleiche Teilnahme an der Gesamtmasse des Mehrwerts beanspruchen. Und der Gesamtpreis der von einem gegebnen Kapital in einer gegebnen Zeitfrist produzierten Waren soll diese Forderung befriedigen. Der Gesamtpreis dieser Waren ist aber bloß die Summe der Preise der einzelnen Waren, die das Produkt des Kapitals bilden.
Das punctum saliens wird zumeist heraustreten, wenn wir die Sache so fassen: Unterstelle, die Arbeiter selbst seien im Besitz ihrer respektiven Produktionsmittel und tauschten ihre Waren miteinander aus. Diese Waren wären dann nicht Produkte des Kapitals. Je nach der technischen Natur ihrer Arbeiten wäre der Wert der in den verschiednen Arbeitszweigen angewandten Arbeitsmittel und Arbeitsstoffe verschieden; ebenso wäre, abgesehn von dem ungleichen Wert der angewandten Produktionsmittel, verschiedne Masse derselben erheischt für gegebne Arbeitsmasse, je nachdem eine bestimmte Ware in einer Stunde fertiggemacht werden kann, eine andre erst in einem Tag etc. Unterstelle ferner, daß diese Arbeiter im Durchschnitt gleich viel Zeit arbeiten, die Ausgleichungen eingerechnet, die aus verschiedner Intensität etc. der Arbeit hervorgehn. Zwei Arbeiter hätten dann beide in den Waren, die das Produkt ihrer Tagesarbeit bilden, erstens ersetzt ihre Auslagen, die Kostpreise der verbrauchten Produktionsmittel. Diese wären verschieden je nach der technischen Natur ihrer Arbeitszweige. Beide hätten zweitens gleich viel Neuwert geschaffen, nämlich den den Produktionsmitteln zugesetzten Arbeitstag. Es schlösse dies ein ihren Arbeitslohn plus dem Mehrwert, der Mehrarbeit über ihre notwendigen Bedürfnisse hinaus, deren Resultat aber ihnen selbst gehörte. Wenn wir uns kapitalistisch ausdrücken, so erhalten beide denselben Arbeitslohn plus denselben Profit, = demA7 Wert, ausgedrückt z.B. im Produkt eines zehnstündigen Arbeitstags. Aber erstens wären die Werte ihrer Waren verschieden. In der Ware I z.B. wäre mehr Wertteil für die aufgewandten Produktionsmittel enthalten als in der Ware II, und um gleich alle möglichen Unterschiede hineinzubringen, Ware I absorbiere mehr lebendige Arbeit, erfordre also längere Arbeitszeit in ihrer Herstellung als Ware II. Der Wert dieser Waren I und II ist also sehr verschieden. Ebenso die Summen der Warenwerte, die das Produkt der von Arbeiter I und der von Arbeiter II in einer gegebnen Zeit verrichteten Arbeit. Die Profitraten wären auch sehr verschieden für I und II, wenn wir hier das Verhältnis des Mehrwerts zum Gesamtwert der ausgelegten Produktionsmittel die Profitrate nennen. Die Lebensmittel, die I und II während der Produktion täglich verzehren und die den Arbeitslohn vertreten, werden hier den Teil der vorgeschoßnen Produktionsmittel bilden, den wir sonst variables Kapital nennen. Aber die Mehrwerte wären für gleiche Arbeitszeit dieselben für I und II, oder noch genauer, da I und II jeder den Wert des Produkts eines Arbeitstags erhalten, erhalten sie, nach Abzug des Werts der vorgeschoßnen »konstanten« Elemente, gleiche Werte, wovon ein Teil als Ersatz der in der Produktion verzehrten Lebensmittel, der andre als darüber hinaus überschüssiger Mehrwert betrachtet werden kann. Hat I mehr Auslagen, so sind diese ersetzt durch den größern Wertteil seiner Ware, der diesen »konstanten« Teil ersetzt, und er hat daher auch wieder einen größern Teil des Gesamtwerts seines Produkts rückzuverwandeln in die stofflichen Elemente dieses konstanten Teils, während II, wenn er weniger dafür einkassiert, dafür auch um so weniger rückzuverwandeln hat. Die Verschiedenheit der Profitrate wäre unter dieser Voraussetzung also ein gleichgültiger Umstand, ganz wie es heute für den Lohnarbeiter ein gleichgültiger Umstand ist, in welcher Profitrate das ihm abgepreßte Quantum Mehrwert sich ausdrückt, und ganz wie im internationalen Handel die Verschiedenheit der Profitraten bei den verschiednen Nationen für ihren Warenaustausch ein gleichgültiger Umstand ist.
Der Austausch von Waren zu ihren Werten oder annähernd zu ihren Werten erfordert also eine viel niedrigre Stufe als der Austausch zu Produktionspreisen, wozu eine bestimmte Höhe kapitalistischer Entwicklung nötig ist.
In welcher Weise immer die Preise der verschiednen Waren zuerst gegeneinander festgesetzt oder geregelt sein mögen, das Wertgesetz beherrscht ihre Bewegung. Wo die zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit fällt, fallen die Preise; wo sie steigt, steigen die Preise, bei sonst gleichbleibenden Umständen.
Abgesehn von der Beherrschung der Preise und der Preisbewegung durch das Wertgesetz, ist es also durchaus sachgemäß, die Werte der Waren nicht nur theoretisch, sondern historisch als das prius der Produktionspreise zu betrachten. Es gilt dies für Zustände, wo dem Arbeiter die Produktionsmittel gehören, und dieser Zustand findet sich, in der alten wie in der modernen Welt, beim selbstarbeitenden grundbesitzenden Bauer und beim Handwerker. Es stimmt dies auch mit unsrer früher ausgesprochnen Ansicht27, daß die Entwicklung der Produkte zu Waren entspringt durch den Austausch zwischen verschiednen Gemeinwesen, nicht zwischen den Gliedern einer und derselben Gemeinde. Wie für diesen ursprünglichen Zustand, so gilt es für die späteren Zustände, die auf Sklaverei und Leibeigenschaft gegründet sind, und für die Zunftorganisation des Handwerks, solange die in jedem Produktionszweig festgelegten Produktionsmittel nur mit Schwierigkeit aus der einen Sphäre in die andre übertragbar sind und die verschiednen Produktionssphären sich daher innerhalb gewisser Grenzen zueinander verhalten wie fremde Länder oder kommunistische Gemeinwesen.
Damit die Preise, wozu Waren sich gegeneinander austauschen, ihren Werten annähernd entsprechen, ist nichts nötig, als daß 1. der Austausch der verschiednen Waren aufhört, ein rein zufälliger oder nur gelegentlicher zu sein; 2. daß, soweit wir den direkten Warenaustausch betrachten, diese Waren beiderseits in den annähernd dem wechselseitigen Bedürfnis entsprechenden Verhältnismengen produziert werden, was die wechselseitige Erfahrung des Absatzes mitbringt und was so als Resultat aus dem fortgesetzten Austausch selbst herauswächst; und 3., soweit wir vom Verkauf sprechen, daß kein natürliches oder künstliches Monopol eine der kontrahierenden Seiten befähige, über den Wert zu verkaufen, oder sie zwinge, unter ihm loszuschlagen. Unter zufälligem Monopol verstehn wir das Monopol, das dem Käufer oder Verkäufer erwächst aus dem zufälligen Stand von Nachfrage und Angebot.
Die Annahme, daß die Waren der verschiednen Produktionssphären sich zu ihren Werten verkaufen, bedeutet natürlich nur, daß ihr Wert der Gravitationspunkt ist, um den ihre Preise sich drehn und zu dem ihre beständigen Hebungen und Senkungen sich ausgleichen. Es wird dann außerdem immer ein Marktwert – worüber später – zu unterscheiden sein von dem individuellen Wert der einzelnen Waren, die von den verschiednen Produzenten produziert werden. Der individuelle Wert einiger dieser Waren wird unter dem Marktwert stehn (d.h. es ist weniger Arbeitszeit für ihre Produktion erheischt als der Marktwert ausdrückt), der andre darüber. Der Marktwert wird einerseits zu betrachten sein als der Durchschnittswert der in einer Sphäre produzierten Waren, andrerseits als der individuelle Wert der Waren, die unter den durchschnittlichen Bedingungen der Sphäre produziert werden und die die große Masse der Produkte derselben bilden. Es sind nur außerordentliche Kombinationen, unter denen die unter den schlechtesten Bedingungen oder die unter den bevorzugtesten Bedingungen produzierten Waren den Marktwert regeln, der seinerseits das Schwankungszentrum bildet für die Marktpreise – die aber dieselben sind für die Waren derselben Art. Wenn die Zufuhr der Waren zu dem Durchschnittswert, also zu dem mittleren Wert der Masse, die zwischen den beiden Extremen liegt, die gewöhnliche Nachfrage befriedigt, so realisieren die Waren, deren individueller Wert unter dem Marktwert steht, einen Extramehrwert oder Surplusprofit, während die, deren individueller Wert über dem Marktwert steht, einen Teil des in ihnen enthaltnen Mehrwerts nicht realisieren können.
Es hilft nichts zu sagen, daß der Verkauf der unter den schlechtesten Bedingungen produzierten Waren beweist, daß sie zur Deckung der NachfrageA8 erheischt sind. Wäre der Preis höher in dem unterstellten Fall als der mittlere Marktwert, so wäre die Nachfrage geringerA9. Zu gewissen Preisen kann eine Warenart einen gewissen Raum im Markt einnehmen; der Raum bleibt nur dann derselbe bei Wechsel der Preise, wenn der höhere Preis mit geringrem Warenquantum und der niedrigere Preis mit größrem Warenquantum zusammenfällt. Ist dagegen die Nachfrage so stark, daß sie sich nicht kontrahiert, wenn der Preis geregelt wird durch den Wert der unter den schlechtesten Bedingungen produzierten Waren, so bestimmen diese den Marktwert. Es ist dies nur möglich, wenn die Nachfrage die gewöhnliche übersteigt oder die Zufuhr unter die gewöhnliche fällt. Endlich, wenn die Masse der produzierten Waren größer ist, als zu den mittlern Marktwerten Absatz findet, so regeln die unter den besten Bedingungen produzierten Waren den Marktwert. Sie können z.B. ihre Waren ganz oder annähernd zu ihrem individuellen Wert verkaufen, wobei es passieren kann, daß die unter den schlechtesten Bedingungen produzierten Waren vielleicht nicht einmal ihre Kostpreise realisieren, während die des mittlern Durchschnitts nur einen Teil des in ihnen enthaltnen Mehrwerts realisieren können. Was hier vom Marktwert gesagt, gilt vom Produktionspreis, sobald er an die Stelle des Marktwerts getreten. Der Produktionspreis ist in jeder Sphäre reguliert und ebenso nach den besondren Umständen reguliert. Er selbst aber ist wieder das Zentrum, worum sich die täglichen Marktpreise drehn und wozu sie sich in bestimmten Perioden ausgleichen. (S. Ricardo, über die Bestimmung des Produktionspreises durch die unter den schlechtesten Bedingungen Arbeitenden.)
Wie immer die Preise geregelt seien, es ergibt sich:
1. Das Wertgesetz beherrscht ihre Bewegung, indem Verminderung oder Vermehrung der zur Produktion erheischten Arbeitszeit die Produktionspreise steigen oder fallen macht. Es ist in diesem Sinne, daß Ricardo sagt (der wohl fühlt, daß seine Produktionspreise von den Werten der Waren abweichen), daß the inquiry to which he wishes to draw the reader's attention, relates to the effect of the variations in the relative value of commodities, and not in their absolute value.
2. Der Durchschnittsprofit, der die Produktionspreise bestimmt, muß immer annähernd gleich sein dem Quantum Mehrwert, das auf ein gegebnes Kapital als aliquoten Teil des gesellschaftlichen Gesamtkapitals fällt. Gesetzt, die allgemeine Profitrate und daher der Durchschnittsprofit sei in einem Geldwert ausgedrückt, höher als der wirkliche Durchschnittsmehrwert, seinem Geldwert nach berechnet. Soweit die Kapitalisten dann in Betracht kommen, ist es gleichgültig, ob sie sich wechselseitig 10 oder 15% Profit anrechnen. Der eine Prozentsatz deckt nicht mehr wirklichen Warenwert als der andre, indem die Übertreibung des Geldausdrucks wechselseitig ist. Was aber die Arbeiter angeht (da vorausgesetzt ist, daß sie ihren normalen Arbeitslohn erhalten, die Heraufsetzung des Durchschnittsprofits also nicht einen wirklichen Abzug vom Arbeitslohn, d.h. etwas ganz andres als normalen Mehrwert des Kapitalisten ausdrückt), so muß der durch die Heraufsetzung des Durchschnittsprofits entstehenden Erhöhung der Warenpreise eine Erhöhung im Geldausdruck des variablen Kapitals entsprechen. In der Tat ist solche allgemeine nominelle Erhöhung der Profitrate und des Durchschnittsprofits über den durch das Verhältnis des wirklichen Mehrwerts zum vorgeschoßnen Gesamtkapital gegebnen Satz nicht möglich, ohne Erhöhung des Arbeitslohns nach sich zu ziehn, und ebenso Erhöhung der Preise der Waren, die das konstante Kapital bilden. Ebenso umgekehrt bei Erniedrigung. Da nun der Gesamtwert der Waren den Gesamtmehrwert, dieser aber die Höhe des Durchschnittsprofits und daher der allgemeinen Profitrate regelt – als allgemeines Gesetz oder als das die Schwankungen Beherrschende –, so reguliert das Wertgesetz die Produktionspreise.
Was die Konkurrenz, zunächst in einer Sphäre, fertigbringt, ist die Herstellung eines gleichen Marktwerts und Marktpreises aus den verschiednen individuellen Werten der Waren. Die Konkurrenz der Kapitale in den verschiednen Sphären aber bringt erst hervor den Produktionspreis, der die Profitraten zwischen den verschiednen Sphären egalisiert. Zu dem letztren ist höhere Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise erheischt als zu dem frühern.
Damit Waren derselben Produktionssphäre, derselben Art und annähernd derselben Qualität zu ihren Werten verkauft werden, ist zweierlei nötig:
Erstens müssen die verschiednen individuellen Werte zu einem gesellschaftlichem Wert, dem oben dargestellten Marktwert, ausgeglichen sein, und dazu ist eine Konkurrenz unter den Produzenten derselben Art Waren erfordert, ebenso wie das Vorhandensein eines Markts, auf dem sie gemeinsam ihre Waren ausbieten. Damit der Marktpreis identischer Waren, die aber jede unter Umständen von verschiedner individueller Färbung produziert sind, dem Marktwert entspreche, nicht von ihm abweiche, weder durch Erhöhung über, noch durch Senkung unter ihn, ist erfordert, daß der Druck, den die verschiednen Verkäufer aufeinander ausüben, groß genug ist, um die Masse Waren auf den Markt zu werfen, die das gesellschaftliche Bedürfnis erheischt, d.h. die Quantität, wofür die Gesellschaftfähig ist, den Marktwert zu zahlen. Überträfe die Produktenmasse dies Bedürfnis, so müßten die Waren unter ihrem Marktwert verkauft werden; umgekehrt über ihrem Marktwert, wenn die Produktenmasse nicht groß genug wäre oder, was dasselbe, wenn der Druck der Konkurrenz unter den Verkäufern nicht stark genug wäre, sie zu zwingen, diese Warenmasse auf den Markt zu bringen. Änderte sich der Marktwert, so würden sich auch die Bedingungen ändern, wozu die Gesamtwarenmasse verkauft werden könnte. Fällt der Marktwert, so erweitert sich im Durchschnitt das gesellschaftliche Bedürfnis (welches hier immer zahlungsfähiges Bedürfnis ist) und kann innerhalb gewisser Grenzen größre Massen Ware absorbieren. Steigt der Marktwert, so kontrahiert sich das gesellschaftliche Bedürfnis für die Ware und geringre Massen davon werden absorbiert. Wenn daher Nachfrage und Zufuhr den Marktpreis regulieren oder vielmehr die Abweichungen der Marktpreise vom Marktwert, so reguliert andrerseits der Marktwert das Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr oder das Zentrum, um das die Schwankungen der Nachfrage und Zufuhr die Marktpreise oszillieren machen.
Betrachtet man die Sache näher, so findet man, daß die Bedingungen, die für den Wert der einzelnen Ware gelten, sich hier reproduzieren als Bedingungen für den Wert der Gesamtsumme einer Art; wie denn die kapitalistische Produktion von vornherein Massenproduktion ist und wie auch andre, weniger entwickelte Produktionsweisen – wenigstens bei den Hauptwaren – das in kleinern Massen Produzierte als gemeinschaftliches Produkt, wenn auch vieler kleiner Detailproduzenten, in großen Massen in den Händen relativ weniger Kaufleute auf dem Markt konzentrieren, aufhäufen und zum Verkauf bringen; als gemeinschaftliches Produkt eines ganzen Produktionszweigs oder eines größern oder kleinern Kontingents davon.
Es sei hier ganz im Vorbeigehn bemerkt, daß das »gesellschaftliche Bedürfnis«, d.h. das, was das Prinzip der Nachfrage regelt, wesentlich bedingt ist durch das Verhältnis der verschiednen Klassen zueinander und durch ihre respektive ökonomische Position, namentlich also erstens durch das Verhältnis des Gesamtmehrwerts zum Arbeitslohn und zweitens durch das Verhältnis der verschiednen Teile, worin sich der Mehrwert spaltet (Profit, Zins, Grundrente, Steuern usw.); und so zeigt sich auch hier wieder, wie absolut nichts aus dem Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr erklärt werden kann, bevor die Basis entwickelt ist, worauf dies Verhältnis spielt.
Obgleich beide, Ware und Geld, Einheiten von Tauschwert und Gebrauchswert, sahen wir doch schon (Buch I, Kap. I, 3), wie im Kauf und Verkauf beide Bestimmungen an die beiden Extreme polarisch verteilt sind, so daß die Ware (Verkäufer) den Gebrauchswert und das Geld (Käufer) den Tauschwert repräsentiert. Daß die Ware Gebrauchswert habe, also ein gesellschaftliches Bedürfnis befriedige, war die eine Voraussetzung des Verkaufs. Die andre war, daß das in der Ware enthaltne Quantum Arbeit gesellschaftlich notwendige Arbeit repräsentiere, der individuelle Wert (und was unter dieser Voraussetzung dasselbe, der Verkaufspreis) der Ware daher mit ihrem gesellschaftlichen Wert zusammenfalle.28
Wenden wir dies an auf die auf dem Markt befindliche Warenmasse, die das Produkt einer ganzen Sphäre bildet.
Die Sache wird am leichtesten dargestellt, wenn wir die ganze Warenmasse, zunächst also eines Produktionszweigs, als eine Ware, und die Summe der Preise der vielen identischen Waren als in einen Preis zusammenaddiert auffassen. Was dann für die einzelne Ware gesagt worden, gilt nun wörtlich für die auf dem Markt befindliche Warenmasse eines bestimmten Produktionszweigs. Daß der individuelle Wert der Ware ihrem gesellschaftlichen Wert entspreche, ist jetzt dahin verwirklicht oder weiter bestimmt, daß das Gesamtquantum die zu seiner Produktion notwendige gesellschaftliche Arbeit enthält und daß der Wert dieser Masse = ihrem Marktwert.
Nimm nun an, die große Masse dieser Waren sei ungefähr unter denselben normalen gesellschaftlichen Bedingungen produziert, so daß dieser Wert zugleich der individuelle Wert der diese Masse bildenden einzelnen Waren. Wenn nun ein relativ kleiner Teil unter, ein andrer über diesen Bedingungen produziert worden, so daß der individuelle Wert des einen Teils größer, der des andren kleiner als der mittlere Wert des großen Teils der Waren, diese beiden Extreme aber sich ausgleichen, so daß der Durchschnittswert der ihnen angehörigen Waren gleich dem Wert der der mittlern Masse angehörigen Waren, dann ist der Marktwert bestimmt durch den Wert der unter mittlern Bedingungen produzierten Waren29. Der Wert der gesamten Warenmasse ist gleich der wirklichen Summe der Werte aller einzelnen Waren zusammengenommen, sowohl deren, die innerhalb der mittlern Bedingungen, als deren, die unter oder über ihnen produziert sind. In diesem Fall ist der Marktwert oder der gesellschaftliche Wert der Warenmasse – die notwendig in ihnen enthaltne Arbeitszeit – bestimmt durch den Wert der großen mittlern Masse.
Nimm dagegen an, die Gesamtmenge der auf den Markt gebrachten fraglichen Ware bleibe dieselbe, aber der Wert der unter den schlechtern Bedingungen produzierten Waren gleiche sich nicht aus mit dem Wert der unter den bessern Bedingungen produzierten, so daß der unter den schlechtern Bedingungen produzierte Massenteil eine relativ bedeutende Größe bilde, sowohl gegen die mittlere Masse wie gegen das andre Extrem: dann regelt die unter den schlechtern Bedingungen produzierte Masse den Marktwert oder den gesellschaftlichen Wert.
Nimm endlich an, die unter bessern als den mittlern Bedingungen produzierte Warenmasse übertreffe bedeutend die unter den schlechtem Bedingungen produzierte und bilde selbst eine bedeutende Größe gegen die untermittlern Verhältnissen produzierte; dann reguliert der unter den besten Bedingungen produzierte Teil den Marktwert. Es wird hier abgesehn von Überführung des Marktes, wo immer der unter den besten Bedingungen produzierte Teil den Marktpreis regelt; aber hier haben wir es nicht mit dem Marktpreis zu tun, soweit er verschieden von dem Marktwert, sondern mit den verschiednen Bestimmungen des Marktwerts selbst.30
In der Tat, ganz strenggenommen (was natürlich in der Wirklichkeit nur annähernd und tausendfach modifiziert vorkommt) ist im Fall I der durch die mittlern Werte geregelte Marktwert der ganzen Masse gleich der Summe ihrer individuellen Werte; obgleich für die an den Extremen produzierten Waren dieser Wert sich als ihnen aufgedrungner Durchschnittswert darstelltA10. Die am schlechtesten Extrem Produzierenden müssen ihre Waren dann unter dem individuellen Wert verkaufen; die am besten Extrem verkaufen sie darüber.
Im Fall II gleichen sich die unter beiden Extremen produzierten individuellen Wertmassen nicht aus, sondern gibt die unter den schlechtern Bedingungen produzierte den Ausschlag. Strenggenommen wäre der Durchschnittspreis oder der Marktwert jeder einzelnen Ware oder jedes aliquoten Teils der Gesamtmasse nun bestimmt durch den Gesamtwert der Masse, der durch Addition der Werte der unter den verschiednen Bedingungen produzierten Waren herauskäme, und durch den aliquoten Teil, der von diesem Gesamtwert auf die einzelne Ware fiele. Der so erhaltne Marktwert stände über dem individuellen Wert nicht nur der dem günstigen Extrem, sondern auch der der mittlern Schicht angehörigen Waren; er stände aber immer noch niedriger als der individuelle Wert der auf dem ungünstigen Extrem produzierten Waren. Wieweit er sich diesem nähert oder mit ihm endlich zusammenfällt, hängt ganz ab von dem Umfang, den die am ungünstigen Extrem produzierte Warenmasse in der fraglichen Warensphäre einnimmt. Ist die Nachfrage nur wenig überwiegend, so regelt der individuelle Wert der ungünstig produzierten Waren den Marktpreis.
Nimmt endlich, wie in Fall III, das am günstigen Extrem produzierte Warenquantum größern Raum ein, nicht nur verglichen mit dem andren Extrem, sondern mit den mittlern Bedingungen, so fällt der Marktwert unter den mittlern Wert. Der Durchschnittswert, berechnet durch Addierung der Wertsummen der beiden Extreme und der Mitte, steht hier unter dem Wert der Mitte und nähert oder entfernt sich von ihm je nach dem relativen Raum, den das günstige Extrem einnimmt. Ist die Nachfrage schwach gegen die Zufuhr, so nimmt der günstig gestellte Teil, wie groß er immer sei, gewaltsam Raum ein durch Zusammenziehung seines Preises auf seinen individuellen Wert. Mit diesem individuellen Wert der unter den besten Bedingungen produzierten Waren kann der Marktwert nie zusammenfallen, außer bei sehr starkem Überwiegen der Zufuhr über die Nachfrage.
Diese, hier abstrakt dargestellte, Festsetzung des Marktwerts wird auf dem wirklichen Markt vermittelt durch die Konkurrenz unter den Käufern, vorausgesetzt, daß die Nachfrage gerade so groß ist, um die Warenmasse zu ihrem so festgesetzten Werte zu absorbieren. Und hier kommen wir auf den andren Punkt.
Zweitens. Daß die Ware Gebrauchswert hat, heißt nur, daß sie irgendein gesellschaftliches Bedürfnis befriedigt. Solange wir nur von den einzelnen Waren handelten, konnten wir unterstellen, daß das Bedürfnis für diese bestimmte Ware – in den Preis schon ihr Quantum eingeschlossen – vorhanden sei, ohne uns auf das Quantum des zu befriedigenden Bedürfnisses weiter einzulassen. Dies Quantum wird aber ein wesentliches Moment, sobald das Produkt eines ganzen Produktionszweigs auf der einen Seite und das gesellschaftliche Bedürfnis auf der andern Seite steht. Es wird jetzt notwendig, das Maß, d.h. das Quantum dieses gesellschaftlichen Bedürfnisses zu betrachten.
In den vorhin gegebnen Bestimmungen über den Marktwert ist unterstellt, daß die Masse der produzierten Waren dieselbe bleibt, eine gegebne ist; daß nur Wechsel stattfindet im Verhältnis der Bestandteile dieser Masse, die unter verschiednen Bedingungen produziert sind, und daß daher der Marktwert derselben Masse von Waren verschieden geregelt wird. Gesetzt, diese Masse sei das gewöhnliche Quantum der Zufuhr, wobei wir absehn von der Möglichkeit, daß ein Teil der produzierten Waren zeitweise dem Markt entzogen werden kann. Bleibt nun die Nachfrage für diese Masse auch die gewöhnliche, so wird die Ware zu ihrem Marktwert verkauft, welcher der drei vorhin untersuchten Fälle auch diesen Marktwert regulieren möge. Die Warenmasse befriedigt nicht nur ein Bedürfnis, sondern sie befriedigt es in seinem gesellschaftlichen Umfang. Ist dagegen das Quantum kleiner oder größer als die Nachfrage dafür, so finden Abweichungen des Marktpreises vom Marktwert statt. Und die erste Abweichung ist, daß, wenn das Quantum zu klein, stets die unter den schlechtesten Bedingungen produzierte Ware den Marktwert reguliert, und wenn zu groß, stets die unter den besten Bedingungen produzierte; daß also eins der Extreme den Marktwert bestimmt, trotzdem daß nach dem bloßen Verhältnis der Massen, die unter den verschiednen Bedingungen produziert sind, ein andres Resultat stattfinden müßte. Ist die Differenz zwischen Nachfrage und Produktenquantum bedeutender, so wird der Marktpreis ebenfalls noch bedeutender vom Marktwert nach oben oder nach unten abweichen. Die Differenz zwischen dem Quantum der produzierten Waren und dem Quantum, wobei die Waren zu ihrem Marktwert verkauft werden, kann aber aus doppelter Ursache entstehn. Entweder wechselt dies Quantum selbst, wird zu klein oder zu groß, so daß also die Reproduktion auf einem andren Maßstab stattgefunden hätte als dem, der den gegebnen Marktwert regulierte. In diesem Fall hat sich die Zufuhr verändert, obgleich die Nachfrage dieselbe blieb, und dadurch ist relative Überproduktion oder Unterproduktion eingetreten. Oder aber die Reproduktion, d.h. die Zufuhr bleibt dieselbe, aber die Nachfrage ist gefallen oder gestiegen, was aus verschiednen Gründen geschehn kann. Obgleich hier die absolute Größe der Zufuhr dieselbe geblieben, hat ihre relative Größe, ihre Größe verglichen mit oder gemessen an dem Bedürfnis, sich verändert. Die Wirkung ist dieselbe wie im ersten Fall, nur in umgekehrter Richtung. Endlich: Wenn Veränderungen auf beiden Seiten stattfinden, aber entweder in entgegengesetzter Richtung, oder wenn in derselben Richtung, nicht in demselben Maß, wenn also in einem Wort doppelseitige Änderungen stattfinden, die aber die frühere Proportion zwischen den beiden Seiten ändern, so muß das Endresultat immer auf einen der zwei oben betrachteten Fälle herauskommen.
Die eigentliche Schwierigkeit bei der allgemeinen Begriffsbestimmung der Nachfrage und Zufuhr ist die, daß sie auf Tautologie hinauszulaufen scheint. Betrachten wir zunächst die Zufuhr, das auf dem Markt befindliche Produkt oder das für ihn geliefert werden kann. Um nicht in hier ganz nutzlose Details einzugehn, denken wir hier an die Masse der jährlichen Reproduktion in jedem bestimmten Industriezweig und sehn dabei ab von der größern oder geringern Fähigkeit, die verschiedne Waren besitzen, dem Markt entzogen und für die Konsumtion, sage des nächsten Jahres, aufgespeichert zu werden. Diese jährliche Reproduktion drückt zunächst ein bestimmtes Quantum aus, Maß oder Anzahl, je nachdem die Warenmasse als diskrete oder kontinuierliche gemessen wird; es sind nicht nur Gebrauchswerte, die menschliche Bedürfnisse befriedigen, sondern diese Gebrauchswerte befinden sich auf dem Markt in einem gegebnen Umfang. Zweitens aber hat diese Warenmenge einen bestimmten Marktwert, den man ausdrücken kann in einen Multipel des Marktwerts der Ware oder des Warenmaßes, die als Einheiten dienen. Zwischen dem quantitativen Umfang der auf dem Markt befindlichen Waren und ihrem Marktwert existiert daher kein notwendiger Zusammenhang, indem z.B. manche Waren spezifisch hohen Wert haben, andre spezifisch niedrigen Wert, so daß eine gegebne Wertsumme sich in einem sehr großen Quantum der einen und einem sehr geringen Quantum der andren Ware darstellen kann. Zwischen dem Quantum der auf dem Markt befindlichen Artikel und dem Marktwert dieser Artikel findet nur dieser Zusammenhang statt: Auf einer gegebnen Basis der Produktivität der Arbeit erheischt in jeder besondren Produktionssphäre die Herstellung eines bestimmten Quantums Artikel ein bestimmtes Quantum gesellschaftlicher Arbeitszeit, obgleich dies Verhältnis in verschiednen Produktionssphären durchaus verschieden ist und in keinem innern Zusammenhang mit der Nützlichkeit dieser Artikel oder der besondren Natur ihrer Gebrauchswerte steht. Alle andren Umstände gleichgesetzt: Wenn das Quantum a einer Warensorte b Arbeitszeit kostet, so kostet das Quantum na nb Arbeitszeit. Ferner: Soweit die Gesellschaft Bedürfnisse befriedigen, einen Artikel zu diesem Zweck produziert haben will, so muß sie ihn zahlen. In der Tat, da bei der Warenproduktion Teilung der Arbeit vorausgesetzt ist, kauft die Gesellschaft diese Artikel, indem sie auf ihre Produktion einen Teil ihrer disponiblen Arbeitszeit verwendet, kauft sie sie also durch ein bestimmtes Quantum der Arbeitszeit, worüber diese gegebne Gesellschaft verfügen kann. Der Teil der Gesellschaft, dem es durch die Teilung der Arbeit zufällt, seine Arbeit in der Produktion dieser bestimmten Artikel zu verwenden, muß ein Äquivalent erhalten durch gesellschaftliche Arbeit, dargestellt in den Artikeln, die seine Bedürfnisse befriedigen. Aber es existiert kein notwendiger, sondern nur zufälliger Zusammenhang zwischen dem Gesamtquantum der gesellschaftlichen Arbeit, das auf einen gesellschaftlichen Artikel verwandt ist, d.h. zwischen dem aliquoten Teil ihrer Gesamtarbeitskraft, den die Gesellschaft auf die Produktion dieses Artikels verwendet, also zwischen dem Umfang, den die Produktion dieses Artikels in der Gesamtproduktion einnimmt, einerseits, und zwischen dem Umfang andrerseits, worin die Gesellschaft Befriedigung des durch jenen bestimmten Artikel gestillten Bedürfnisses verlangt. Obgleich jeder einzelne Artikel oder jedes bestimmte Quantum einer Warensorte nur die zu seiner Produktion erheischte gesellschaftliche Arbeit enthalten mag und von dieser Seite her betrachtet der Marktwert dieser gesamten Warensorte nur notwendige Arbeit darstellt, so ist doch, wenn die bestimmte Ware in einem das gesellschaftliche Bedürfnis dermalen überschreitendem Maß produziert worden, ein Teil der gesellschaftlichen Arbeitszeit vergeudet, und die Warenmasse repräsentiert dann auf dem Markt ein viel kleineres Quantum gesellschaftlicher Arbeit, als wirklich in ihr enthalten ist. (Nur wo die Produktion unter wirklicher vorherbestimmender Kontrolle der Gesellschaft steht, schafft die Gesellschaft den Zusammenhang zwischen dem Umfang der gesellschaftlichen Arbeitszeit, verwandt auf die Produktion bestimmter Artikel, und dem Umfang des durch diese Artikel zu befriedigenden gesellschaftlichen Bedürfnisses.) Daher müssen diese Waren unter ihrem Marktwert losgeschlagen, ein Teil davon kann selbst ganz unverkäuflich werden. – Umgekehrt, wenn der Umfang der auf die Produktion einer bestimmten Warensorte verwandten gesellschaftlichen Arbeit zu klein für den Umfang des durch das Produkt zu befriedigenden besondren gesellschaftlichen Bedürfnisses. – Entspricht aber der Umfang der gesellschaftlichen Arbeit, die zur Produktion eines bestimmten Artikels verwandt, dem Umfang des zu befriedigenden gesellschaftlichen Bedürfnisses, so daß also die produzierte Masse dem gewöhnlichen Maßstab der Reproduktion bei unveränderter Nachfrage entspricht, so wird die Ware zu ihrem Marktwert verkauft. Der Austausch oder Verkauf der Waren zu ihrem Wert ist das Rationelle, das natürliche Gesetz ihres Gleichgewichts; von ihm ausgehend, sind die Abweichungen zu erklären, nicht umgekehrt aus den Abweichungen das Gesetz selbst.
Sehn wir uns nach der andren Seite um, der Nachfrage.
Waren werden gekauft als Produktionsmittel oder als Lebensmittel – wobei es nichts ändert, daß manche Sorten Waren beiden Zwecken dienen können –, um in die produktive oder individuelle Konsumtion einzugehn. Es findet also Nachfrage für sie statt von den Produzenten (hier Kapitalisten, da unterstellt, daß die Produktionsmittel in Kapital verwandelt sind) und von den Konsumenten. Beides scheint zunächst zu unterstellen auf Seite der Nachfrage ein gegebnes Quantum gesellschaftlicher Bedürfnisse, dem auf der andren Seite bestimmte Quanta gesellschaftlicher Produktion in den verschiednen Produktionszweigen entsprechen. Soll die Baumwollindustrie ihre jährliche Reproduktion aufgegebner Stufenleiter wieder ausführen, so ist dazu das herkömmliche Maß und, mit Betracht auf die jährliche Ausweitung der Reproduktion, infolge von Kapitalakkumulation, bei sonst gleichbleibenden Umständen, ein zusätzliches Quantum von Baumwolle erforderlich. Ebenso mit Bezug auf die Lebensmittel. Die Arbeiterklasse muß wenigstens dasselbe Quantum notwendiger Lebensmittel, obgleich vielleicht mehr oder minder anders verteilt unter die verschiednen Sorten, wieder vorfinden, soll sie in hergebrachter Durchschnittsweise fortleben; und in Anbetracht des jährlichen Wachstums der Bevölkerung ein zusätzliches Quantum; und so, mit mehr oder minder Modifikation, für die andren Klassen.
Es scheint also, daß auf Seite der Nachfrage eine gewisse Größe von bestimmtem gesellschaftlichem Bedürfnis steht, das zu seiner Löschung bestimmte Menge eines Artikels auf dem Markt erheischt. Aber die quantitative Bestimmtheit dieses Bedürfnisses ist durchaus elastisch und schwankend. Seine Fixität ist Schein. Wären die Lebensmittel wohlfeiler oder der Geldlohn höher, so würden die Arbeiter mehr davon kaufen, und es würde sich größres »gesellschaftliches Bedürfnis« für diese Warensorten zeigen, ganz abgesehn von den Paupers etc., deren »Nachfrage« noch unter den engsten Schranken ihres physischen Bedürfnisses steht. Wäre andrerseits z.B. die Baumwolle wohlfeiler, so würde die Nachfrage der Kapitalisten nach Baumwolle wachsen, es würde mehr zuschüssiges Kapital in die Baumwollindustrie geworfen etc. Es muß hierbei überhaupt nicht vergessen werden, daß die Nachfrage für produktive Konsumtion unter unsrer Voraussetzung die Nachfrage des Kapitalisten und daß dessen eigentlicher Zweck die Produktion von Mehrwert ist, so daß er nur zu diesem Behuf eine gewisse Sorte von Waren produziert. Andrerseits hindert dies nicht, daß, soweit er als Käufer z.B. von Baumwolle auf dem Markt steht, er das Bedürfnis für Baumwolle repräsentiert, wie es dem Baumwollverkäufer ja auch gleichgültig ist, ob der Käufer die Baumwolle in Hemdenzeug oder Schießwolle verwandelt oder sich und der Welt die Ohren damit zu verstopfen gedenkt. Allerdings übt dies aber großen Einfluß aus auf die Art, worin er Käufer ist. Sein Bedürfnis für Baumwolle ist wesentlich durch den Umstand modifiziert, daß es in Wirklichkeit nur sein Bedürfnis des Profitmachens verkleidet. – Die Grenzen, worin das auf dem Markt repräsentierte Bedürfnis für Waren – die Nachfrage – quantitativ verschieden ist von dem wirklichen gesellschaftlichen Bedürfnis, ist natürlich für verschiedne Waren sehr verschieden; ich meine die Differenz zwischen dem verlangten Quantum Waren und dem Quantum, das verlangt würde mit andren Geldpreisen der Ware oder andren Geld-resp. Lebensverhältnissen der Käufer.
Es ist nichts leichter, als die Ungleichmäßigkeiten von Nachfrage und Zufuhr einzusehn und die daraus folgende Abweichung der Marktpreise von den Marktwerten. Die eigentliche Schwierigkeit besteht in der Bestimmung dessen, was unter Deckung von Nachfrage und Zufuhr zu verstehn ist.
Nachfrage und Zufuhr decken sich, wenn sie in solchem Verhältnis stehn, daß die Warenmasse eines bestimmten Produktionszweigs zu ihrem Marktwert verkauft werden kann, weder darüber noch darunter. Das ist das erste, was wir hören.
Das zweite: Wenn die Waren zu ihrem Marktwert verkaufbar, decken sich Nachfrage und Zufuhr.
Wenn Nachfrage und Zufuhr sich decken, hören sie auf zu wirken, und eben deswegen wird die Ware zu ihrem Marktwert verkauft. Wenn zwei Kräfte in entgegengesetzter Richtung gleichmäßig wirken, heben sie einander auf, wirken sie gar nicht nach außen, und Erscheinungen, die unter dieser Bedingung vorgehn, müssen anders als durch das Eingreifen dieser beiden Kräfte erklärt werden. Wenn Nachfrage und Zufuhr sich gegenseitig aufheben, hören sie auf, irgend etwas zu erklären, wirken sie nicht auf den Marktwert und lassen uns erst recht im dunkeln darüber, weshalb der Marktwert sich grade in dieser Summe Geld ausdrückt und in keiner andern. Die wirklichen innern Gesetze der kapitalistischen Produktion können offenbar nicht aus der Wechselwirkung von Nachfrage und Zufuhr erklärt werden (ganz abgesehn von tieferer, hier nicht angebrachter Analyse dieser beiden gesellschaftlichen Triebkräfte), da diese Gesetze nur dann rein verwirklicht erscheinen, sobald Nachfrage und Zufuhr aufhören zu wirken, d.h. sich decken. Nachfrage und Zufuhr decken sich in der Tat niemals, oder wenn sie sich einmal decken, so ist es zufällig, also wissenschaftlich = 0 zu setzen, als nicht geschehn zu betrachten. In der politischen Ökonomie wird aber unterstellt, daß sie sich decken, warum? Um die Erscheinungen in ihrer gesetzmäßigen, ihrem Begriff entsprechenden Gestalt zu betrachten, d.h., sie zu betrachten unabhängig von dem durch die Bewegung von Nachfrage und Zufuhr hervorgebrachten Schein. Andrerseits, um die wirkliche Tendenz ihrer Bewegung aufzufinden, gewissermaßen zu fixieren. Denn die Ungleichheiten sind entgegengesetzter Natur, und da sie einander beständig folgen, gleichen sie sich durch ihre entgegengesetzten Richtungen, durch ihren Widerspruch untereinander aus. Wenn also in keinem einzigen gegebnen Fall Nachfrage und Zufuhr sich decken, so folgen sich ihre Ungleichheiten so – und es ist das Resultat der Abweichung in einer Richtung, eine andre Abweichung in einer entgegengesetzten Richtung hervorzurufen –, daß, wenn das Ganze einer größern oder kleinern Zeitperiode betrachtet wird, sich Zufuhr und Nachfrage beständig decken; aber nur als Durchschnitt der verflossenen Bewegung und nur als beständige Bewegung ihres Widerspruchs. Dadurch gleichen sich die von den Marktwerten abweichenden Marktpreise, ihrer Durchschnittszahl nach betrachtet, zu Marktwerten aus, indem sich die Abweichungen von den letztren aufheben als Plus und Minus. Und diese Durchschnittszahl ist keineswegs von bloß theoretischer Wichtigkeit, sondern von praktischer für das Kapital, dessen Anlage auf die Schwankungen und Ausgleichungen in mehr oder minder bestimmter Zeitperiode berechnet ist.
Das Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr erklärt daher einerseits nur die Abweichungen der Marktpreise von den Marktwerten und andrerseits die Tendenz zur Aufhebung dieser Abweichung, d.h. zur Aufhebung der Wirkung des Verhältnisses von Nachfrage und Zufuhr. (Die Ausnahmen von Waren, die Preise haben, ohne Wert zu haben, sind hier nicht zu betrachten.) Nachfrage und Zufuhr können die Aufhebung der durch ihre Ungleichheit hervorgebrachten Wirkung in sehr verschiedner Form durchführen. Z.B. fällt die Nachfrage und daher der Marktpreis, so kann das dazu führen, daß Kapital entzogen und so die Zufuhr vermindert wird. Es kann aber auch dazu führen, daß der Marktwert selbst durch Erfindungen, die die notwendige Arbeitszeit verkürzen, erniedrigt und dadurch mit dem Marktpreis ausgeglichen wird. Umgekehrt: Steigt die Nachfrage und damit der Marktpreis über den Marktwert, so kann dies dazu führen, daß diesem Produktionszweig zuviel Kapital zugeführt und die Produktion so gesteigert wird, daß der Marktpreis selbst unter den Marktwert fällt; oder es kann andrerseits zu einer Preissteigerung führen, die die Nachfrage selbst zurücktreibt. Es mag auch in diesem oder jenem Produktionszweig dazu führen, daß der Marktwert selbst für kürzre oder längre Perioden steigt, indem ein Teil der verlangten Produkte während dieser Zeit unter schlechtern Bedingungen produziert werden muß.
Bestimmt Nachfrage und Zufuhr den Marktpreis, so andrerseits der Marktpreis und in weitrer Analyse der Marktwert die Nachfrage und Zufuhr. Bei der Nachfrage ist dies augenscheinlich, da diese sich in umgekehrter Richtung zum Preise bewegt, zunimmt, wenn dieser fällt, und umgekehrt. Aber auch bei der Zufuhr. Denn die Preise der Produktionsmittel, die in die zugeführte Ware eingehn, bestimmen die Nachfrage nach diesen Produktionsmitteln und daher auch die Zufuhr der Waren, deren Zufuhr die Nachfrage nach jenen Produktionsmitteln einschließt. Die Baumwollpreise sind bestimmend für die Zufuhr von Baumwollstoffen.
Zu dieser Konfusion – Bestimmung der Preise durch Nachfrage und Zufuhr und daneben Bestimmung der Nachfrage und Zufuhr durch die Preise – kommt hinzu, daß die Nachfrage die Zufuhr und umgekehrt die Zufuhr die Nachfrage bestimmt, die Produktion den Markt und der Markt die Produktion.31
Selbst der ordinäre Ökonom (s. Note) sieht ein, daß ohne einen durch äußere Umstände herbeigeführten Wechsel der Zufuhr oder des Bedarfs das Verhältnis beider wechseln kann infolge eines Wechsels im Marktwert der Waren. Selbst er muß zugeben, daß, welches immer der Marktwert, Nachfrage und Zufuhr sich ausgleichen müssen, um ihn herauszubekommen. D.h., das Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr erklärt nicht den Marktwert, sondern dieser umgekehrt erklärt die Schwankungen von Nachfrage und Zufuhr. Der Verfasser der »Observations« fährt nach der in der Note zitierten Stelle fort:
»This proportion« (zwischen Nachfrage und Zufuhr), »however, if we still mean by ›demand‹ and ›natural price‹, what we meant just now, when referring to Adam Smith, must always be a proportion of equality; for it is only when the supply is equal to the effectual demand, that is, to that demand, which will pay neither more nor less than the natural price, that the natural price is in fact paid; consequently, there may be two very different natural prices, at different times, for the same commodity, and yet the proportion which the supply bears to the demand, be in both cases the same, namely the proportion of equality.«
Es wird also zugegeben, daß bei zwei verschiednen natural prices derselben Ware zu verschiedner Zeit Nachfrage und Zufuhr jedesmal sich decken können und decken müssen, soll die Ware beide Male zu ihrem natural price verkauft werden. Da nun beide Male kein Unterschied im Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr ist, wohl aber ein Unterschied in der Größe des natural price selbst, so ist dieser offenbar unabhängig von Nachfrage und Zufuhr bestimmt, und kann also am wenigsten durch diese bestimmt werden.
Damit eine Ware zu ihrem Marktwert verkauft wird, d.h. im Verhältnis zu der in ihr enthaltnen gesellschaftlich notwendigen Arbeit, muß das Gesamtquantum gesellschaftlicher Arbeit, welches auf die Gesamtmasse dieser Warenart verwandt wird, dem Quantum des gesellschaftlichen Bedürfnisses für sie entsprechen, d.h. des zahlungsfähigen gesellschaftlichen Bedürfnisses. Die Konkurrenz, die Schwankungen der Marktpreise, die den Schwankungen des Verhältnisses von Nachfrage und Zufuhr entsprechen, suchen beständig das Gesamtquantum der auf jede Warenart verwandten Arbeit auf dieses Maß zu reduzieren.
In dem Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr der Waren wiederholt sich erstens das Verhältnis von Gebrauchswert und Tauschwert, von Ware und Geld, von Käufer und Verkäufer; zweitens das von Produzent und Konsument, obgleich beide durch dritte Kaufleute vertreten sein mögen. Bei der Betrachtung des Käufers und Verkäufers ist es hinreichend, sie einzeln gegenüberzustellen, um das Verhältnis zu entwickeln. Drei Personen genügen für die vollständige Metamorphose der Ware und daher für das Ganze des Verkaufs und Kaufs. A verwandelt seine Ware in das Geld von B, an den er die Ware verkauft, und er rückverwandelt sein Geld wieder in Ware, die er damit von C kauft; der ganze Prozeß geht zwischen diesen dreien vor. Ferner: Bei Betrachtung des Geldes war angenommen, daß die Waren zu ihrem Wert verkauft werden, weil durchaus kein Grund vorhanden war, von dem Wert abweichende Preise zu betrachten, da es sich nur um die Formveränderungen handelte, wel che die Ware bei ihrer Geldwerdung und Rückverwandlung aus Geld in Ware durchläuft. Sobald die Ware überhaupt verkauft und mit dem Erlös eine neue Ware gekauft wird, liegt die ganze Metamorphose vor uns, und es ist für sie, als solche betrachtet, gleichgültig, ob der Preis der Ware unter oder über ihrem Wert steht. Der Wert der Ware als Grundlage bleibt wichtig, weil das Geld nur aus diesem Fundament heraus begrifflich zu entwickeln und der Preis seinem allgemeinen Begriff nach zunächst nur der Wert in Geldform ist. Allerdings wird bei Betrachtung des Geldes als Zirkulationsmittel unterstellt, daß nicht nur eine Metamorphose einer Ware vorgeht. Es wird vielmehr die gesellschaftliche Verschlingung dieser Metamorphosen betrachtet. Nur so kommen wir zum Umlauf des Geldes und zur Entwicklung seiner Funktion als Zirkulationsmittel. Aber so wichtig dieser Zusammenhang für den Übergang des Geldes in die Funktion als Zirkulationsmittel und für seine daraus folgende veränderte Gestalt, so gleichgültig ist er für die Transaktion zwischen den einzelnen Käufern und Verkäufern.
Dagegen bei Zufuhr und Nachfrage ist die Zufuhr gleich der Summe der Verkäufer oder Produzenten einer bestimmten Warenart und die Nachfrage gleich der Summe der Käufer oder Konsumenten (individueller oder produktiver) derselben Warenart. Und zwar wirken die Summen aufeinander als Einheiten, als Aggregatkräfte. Der einzelne wirkt hier nur als Teil einer gesellschaftlichen Macht, als Atom der Masse, und es ist in dieser Form, daß die Konkurrenz den gesellschaftlichen Charakter der Produktion und Konsumtion geltend macht.
Die Seite der Konkurrenz, die momentan die schwächere, ist zugleich die, worin der einzelne unabhängig von der Masse seiner Konkurrenten und oft direkt gegen sie wirkt und grade dadurch die Abhängigkeit des einen von dem andren fühlbar macht, während die stärkre Seite stets mehr oder minder als geschloßne Einheit dem Widerpart gegenübertritt. Ist für diese bestimmte Sorte Waren die Nachfrage größer als die Zufuhr, so überbietet – innerhalb gewisser Grenzen – ein Käufer den andren und verteuert so die Ware für alle über den MarktwertA11, während auf der andern Seite die Verkäufer gemeinsam zu einem hohen Marktpreis zu verkaufen suchen. Ist umgekehrt die Zufuhr größer als die Nachfrage, so fängt einer an, wohlfeiler loszuschlagen, und die andren müssen folgen, während die Käufer gemeinsam darauf hinarbeiten, den Marktpreis möglichst tief unter den Marktwert herabzudrücken. Die gemeinsame Seite interessiert jeden nur, solange er mehr mit ihr gewinnt als gegen sie. Und die Gemeinsamkeit hört auf, sobald die Seite als solche die schwächere wird, wo dann jeder einzelne auf eigne Hand sich möglichst gut herauszuwinden sucht. Produziert ferner einer wohlfeiler und kann er mehr losschlagen, sich größren Raums vom Markt bemächtigen, indem er unter dem laufenden Marktpreis oder Marktwert verkauft, so tut er es, und so beginnt die Aktion, die nach und nach die andren zwingt, die wohlfeilere Produktionsart einzuführen, und die die gesellschaftlich notwendige Arbeit auf ein neues geringres Maß reduziert. Hat eine Seite die Oberhand, so gewinnt jeder, der ihr angehört; es ist, als hätten sie ein gemeinschaftliches Monopol geltend zu machen. Ist eine Seite die schwächre, so kann jeder für seinen eignen Teil suchen, der Stärkre zu sein (z.B. wer mit weniger Produktionskosten arbeitet) oder wenigstens so gut wie möglich davonzukommen, und hier schert er sich den Teufel um seinen Nebenmann, obgleich sein Wirken nicht nur ihn, sondern auch alle seine Kumpane mit berührt.32
Nachfrage und Zufuhr unterstellen die Verwandlung des Werts in Marktwert, und soweit sie auf kapitalistischer Basis vorgehn, soweit die Waren Produkte des Kapitals sind, unterstellen sie kapitalistische Produktionsprozesse, also ganz anders verwickelte Verhältnisse als den bloßen Kauf und Verkauf der Waren. Bei ihnen handelt es sich nicht um die formelle Verwandlung des Werts der Waren in Preis, d.h. um bloße Formveränderung; es handelt sich um die bestimmten quantitativen Abweichungen der Marktpreise von den Marktwerten und weiter von den Produktionspreisen. Bei dem einfachen Kauf und Verkauf genügt es, Warenproduzenten als solche sich gegenüber zu haben. Nachfrage und Zufuhr, bei weitrer Analyse, unterstellen die Existenz der verschiednen Klassen und Klassenabteilungen, welche die Gesamtrevenue der Gesellschaft unter sich verteilen und als Revenue unter sich konsumieren, die also die von der Revenue gebildete Nachfrage bilden; während sie andrerseits, zum Verständnis der durch die Produzenten als solche unter sich gebildeten Nachfrage und Zufuhr, Einsicht in die Gesamtgestaltung des kapitalistischen Produktionsprozesses erheischen.
Bei der kapitalistischen Produktion handelt es sich nicht nur darum, für die in Warenform in die Zirkulation geworfne Wertmasse eine gleiche Wertmasse in andrer Form – sei es des Geldes oder einer andren Ware – herauszuziehn, sondern es handelt sich darum, für das der Produktion vorgeschoßne Kapital denselben Mehrwert oder Profit herauszuziehn wie jedes andre Kapital von derselben Größe, oder pro rata seiner Größe, in welchem Produktionszweig es auch angewandt sei; es handelt sich also darum, wenigstens als Minimum, die Waren zu Preisen zu verkaufen, die den Durchschnittsprofit liefern, d.h. zu Produktionspreisen. Das Kapital kommt sich in dieser Form selbst zum Bewußtsein als eine gesellschaftliche Macht, an der jeder Kapitalist teilhat im Verhältnis seines Anteils am gesellschaftlichen Gesamtkapital.
Erstens ist die kapitalistische Produktion an und für sich gleichgültig gegen den bestimmten Gebrauchswert, überhaupt gegen die Besonderheit der Ware, die sie produziert. In jeder Produktionssphäre kommt es ihr nur darauf an, Mehrwert zu produzieren, im Produkt der Arbeit ein bestimmtes Quantum unbezahlter Arbeit sich anzueignen. Und es liegt ebenso in der Natur der dem Kapital unterworfnen Lohnarbeit, daß sie gleichgültig ist gegen den spezifischen Charakter ihrer Arbeit, sich nach den Bedürfnissen des Kapitals umwandeln und sich von einer Produktionssphäre in die andre werfen lassen muß.
Zweitens ist in der Tat eine Produktionssphäre nun so gut und so schlecht wie die andre; jede wirft denselben Profit ab, und jede würde zwecklos sein, wenn die von ihr produzierte Ware nicht ein gesellschaftliches Bedürfnis irgendeiner Art befriedigt.
Werden die Waren aber zu ihren Werten verkauft, so entstehn, wie entwickelt, sehr verschiedne Profitraten in den verschiednen Produktionssphären, je nach der verschiednen organischen Zusammensetzung der darin angelegten Kapitalmassen. Das Kapital entzieht sich aber einer Sphäre mit niedriger Profitrate und wirft sich auf die andre, die höheren Profit abwirft. Durch diese beständige Aus- und Einwandrung, mit einem Wort, durch seine Verteilung zwischen den verschiednen Sphären, je nachdem dort die Profitrate sinkt, hier steigt, bewirkt es solches Verhältnis der Zufuhr zur Nachfrage, daß der Durchschnittsprofit in den verschiednen Produktionssphären derselbe wird und daher die Werte sich in Produktionspreise verwandeln. Diese Ausgleichung gelingt dem Kapital mehr oder minder, je höher die kapitalistische Entwicklung in einer gegebnen nationalen Gesellschaft ist: d.h. je mehr die Zustände des betreffenden Landes der kapitalistischen Produktionsweise angepaßt sind. Mit dem Fortschritt der kapitalistischen Produktion entwickeln sich auch ihre Bedingungen, unterwirft sie das Ganze der gesellschaftlichen Voraussetzungen, innerhalb deren der Produktionsprozeß vor sich geht, ihrem spezifischen Charakter und ihren immanenten Gesetzen.
Die beständige Ausgleichung der beständigen Ungleichheiten vollzieht sich um so rascher, 1. je mobiler das Kapital, d.h. je leichter es übertragbar ist von einer Sphäre und von einem Ort zum andern; 2. je rascher die Arbeitskraft von einer Sphäre in die andre und von einem lokalen Produktionspunkt auf den andren werfbar ist. Nr. 1 unterstellt vollständige Handelsfreiheit im Innern der Gesellschaft und Beseitigung aller Monopole außer den natürlichen, nämlich aus der kapitalistischen Produktionsweise selbst entspringenden. Ferner Entwicklung des Kreditsystems, welches die unorganische Masse des disponiblen gesellschaftlichen Kapitals den einzelnen Kapitalisten gegenüber konzentriert; endlich Unterordnung der verschiednen Produktionssphären unter Kapitalisten. Dies letztre ist schon in der Voraussetzung eingeschlossen, wenn angenommen wurde, daß es sich um Verwandlung der Werte in Produktionspreise für alle kapitalistisch ausgebeuteten Produktionssphären handelt; aber diese Ausgleichung selbst stößt auf größre Hindernisse, wenn zahlreiche und massenhafte, nicht kapitalistisch betriebne Produktionssphären (z.B. Ackerbau durch Kleinbauern) sich zwischen die kapitalistischen Betriebe einschieben und mit ihnen verketten. Endlich große Dichtigkeit der Bevölkerung. – Nr. 2 setzt voraus Aufhebung aller Gesetze, welche die Arbeiter hindern, aus einer Produktionssphäre in die andre oder aus einem Lokalsitz der Produktion nach irgendeinem andern überzusiedeln. Gleichgültigkeit des Arbeiters gegen den Inhalt seiner Arbeit. Möglichste Reduzierung der Arbeit in allen Produktionssphären auf einfache Arbeit. Wegfall aller professionellen Vorurteile bei den Arbeitern. Endlich und namentlich Unterwerfung des Arbeiters unter die kapitalistische Produktionsweise. Weitre Ausführungen hierüber gehören in die Spezialuntersuchung der Konkurrenz.
Aus dem Gesagten ergibt sich, daß jeder einzelne Kapitalist, wie die Gesamtheit aller Kapitalisten jeder besondern Produktionssphäre, in der Exploitation der Gesamtarbeiterklasse durch das Gesamtkapital und in dem Grad dieser Exploitation nicht nur aus allgemeiner Klassensympathie, sondern direkt ökonomisch beteiligt ist, weil, alle andern Umstände, darunter den Wert des vorgeschoßnen konstanten Gesamtkapitals als gegeben vorausgesetzt, die Durchschnittsprofitrate abhängt von dem Exploitationsgrad der Gesamtarbeit durch das Gesamtkapital.
Der Durchschnittsprofit fällt zusammen mit dem Durchschnittsmehrwert, den das Kapital pro 100 erzeugt, und mit Bezug auf den Mehrwert ist das eben Gesagte von vornherein selbstverständlich. Beim Durchschnittsprofit kommt nur hinzu der Wert des vorgeschoßnen Kapitals als eines der Bestimmungsmomente der Profitrate. In der Tat ist das besondre Interesse, das ein Kapitalist oder das Kapital einer bestimmten Produktionssphäre an der Exploitation der direkt von ihm beschäftigten Arbeiter nimmt, darauf beschränkt, daß entweder durch ausnahmsweise Überarbeitung oder aber durch Herabsetzung des Lohns unter den Durchschnitt oder durch ausnahmsweise Produktivität in der angewandten Arbeit ein Extraschnitt, ein über den Durchschnittsprofit übergreifender Profit gemacht werden kann. Hievon abgesehn, wäre ein Kapitalist, der in seiner Produktionssphäre gar kein variables Kapital und darum gar keine Arbeiter anwendete (was in der Tat übertriebne Unterstellung), ganz ebensosehr an der Exploitation der Arbeiterklasse durch das Kapital interessiert und leitete ganz ebensosehr seinen Profit von unbezahlter Mehrarbeit ab, wie etwa ein Kapitalist, der (wieder übertriebne Voraussetzung) nur variables Kapital anwendete, also sein ganzes Kapital in Arbeitslohn auslegte. Der Exploitationsgrad der Arbeit hängt aber bei gegebnem Arbeitstag von der durchschnittlichen Intensität der Arbeit und bei gegebner Intensität von der Länge des Arbeitstags ab. Von dem Exploitationsgrad der Arbeit hängt die Höhe der Mehrwertsrate ab, also bei gegebner Gesamtmasse des variablen Kapitals die Größe des Mehrwerts, damit die Größe des Profits. Das Spezialinteresse, welches das Kapital einer Sphäre, im Unterschied vom Gesamtkapital, an der Ausbeutung der von ihm speziell beschäftigten Arbeiter, hat der einzelne Kapitalist, im Unterschied von seiner Sphäre, an der Ausbeutung der persönlich von ihm ausgebeuteten Arbeiter.
Andrerseits hat jede besondre Sphäre des Kapitals und jeder einzelne Kapitalist dasselbe Interesse an der Produktivität der vom Gesamtkapital angewandten gesellschaftlichen Arbeit. Denn davon hängt zweierlei ab: Erstens die Masse der Gebrauchswerte, worin sich der Durchschnittsprofit ausdrückt; und dies ist doppelt wichtig, soweit dieser sowohl als Akkumulationsfonds von neuem Kapital wie als Revenuefonds zum Genuß dient. Zweitens die Werthöhe des vorgeschoßnen Gesamtkapitals (konstanten und variablen), die, bei gegebner Größe des Mehrwerts oder Profits der ganzen Kapitalistenklasse, die Profitrate oder den Profit auf ein bestimmtes Quantum Kapital bestimmt. Die besondre Produktivität der Arbeit in einer besondren Sphäre oder in einem besondren Einzelgeschäft dieser Sphäre interessiert nur die direkt dabei beteiligten Kapitalisten, soweit sie die einzelne Sphäre gegenüber dem Gesamtkapital oder den einzelnen Kapitalisten gegenüber seiner Sphäre befähigt, einen Extraprofit zu machen.
Man hat also hier den mathematisch exakten Nachweis, warum die Kapitalisten, sosehr sie in ihrer Konkurrenz untereinander sich als falsche Brüder bewähren, doch einen wahren Freimaurerbund bilden gegenüber der Gesamtheit der Arbeiterklasse.
Der Produktionspreis schließt den Durchschnittsprofit ein. Wir gaben ihm den Namen Produktionspreis; es ist tatsächlich dasselbe, was A. Smith natural price nennt, Ricardo price of production, cost of production, die Physiokraten prix nécessaire nennen – wobei keiner von ihnen den Unterschied des Produk tionspreises vom Wert entwickelt hat –, weil er auf die Dauer Bedingung der Zufuhr, der Reproduktion der Ware jeder besondren Produktionssphäre ist.33 Man begreift auch, warum dieselben Ökonomen, die sich gegen die Bestimmung des Werts der Waren durch die Arbeitszeit, durch das in ihnen enthaltne Quantum Arbeit sträuben, immer von den Produktionspreisen sprechen als von den Zentren, um die die Marktpreise schwanken. Sie können sich das erlauben, weil der Produktionspreis eine schon ganz veräußerlichte und prima facie begriffslose Form des Warenwerts ist, eine Form, wie sie in der Konkurrenz erscheint, also im Bewußtsein des vulgären Kapitalisten, also auch in dem der Vulgärökonomen vorhanden ist.
Aus der Entwicklung ergab sich, wie der Marktwert (und alles darüber Gesagte gilt mit den nötigen Einschränkungen für den Produktionspreis) einen Surplusprofit der unter den besten Bedingungen Produzierenden in jeder besondren Produktionssphäre einschließt. Fälle von Krisen und Überproduktion überhaupt ausgenommen, gilt dies von allen Marktpreisen, wie sehr sie auch abweichen mögen von den Marktwerten oder den Marktproduktionspreisen. Im Marktpreis ist nämlich eingeschlossen, daß derselbe Preis für Waren derselben Art bezahlt wird, obgleich diese unter sehr verschiednen individuellen Bedingungen produziert sein und daher sehr verschiedne Kostpreise haben mögen. (Von Surplusprofiten, die Folge von Monopolen im gewöhnlichen Sinn, künstlichen oder natürlichen, sprechen wir hier nicht.)
Ein Surplusprofit kann aber außerdem noch entstehn, wenn gewisse Produktionssphären in der Lage sind, sich der Verwandlung ihrer Warenwerte in Produktionspreise und daher der Reduktion ihrer Profite auf den Durchschnittsprofit zu entziehn. Im Abschnitt über die Grundrente werden wir die weitre Gestaltung dieser beiden Formen des Surplusprofits zu betrachten haben.
11. Wirkungen allgemeiner Schwankungen des Arbeitslohns auf die Produktionspreise
Die Durchschnittszusammensetzung des gesellschaftlichen Kapitals sei 80c + 20v und der Profit 20%. In diesem Fall ist die Rate des Mehrwerts 100%. Eine allgemeine Erhöhung des Arbeitslohns, alles andre gleichgesetzt, ist eine Erniedrigung der Rate des Mehrwerts. Für das Durchschnittskapital fallen Profit und Mehrwert zusammen. Der Arbeitslohn steige um 25%. Dieselbe Masse Arbeit, die es 20 kostete in Bewegung zu setzen, kostet es jetzt 25. Wir haben dann statt 80c + 20v + 20p einen Umschlagswert von 80c + 25v + 15p. Die vom variablen Kapital in Bewegung gesetzte Arbeit produziert nach wie vor eine Wertsumme von 40. Steigt v von 20 auf 25, so ist der Überschuß m resp. p nur noch = 15. Der Profit von 15 auf 105 ist = 14 2/7%, und dies wäre die neue Rate des Durchschnittsprofits. Da der Produktionspreis der vom Durchschnittskapital produzierten Waren zusammenfällt mit ihrem Wert, so hätte sich der Produktionspreis dieser Waren nicht verändert; die Erhöhung des Arbeitslohns hätte daher wohl Erniedrigung des Profits, aber keinen Wert- und Preiswechsel der Waren mit sich geführt.
Früher, wo der Durchschnittsprofit = 20%, war der Produktionspreis der in einer Umschlagsperiode produzierten Waren gleich ihrem Kostpreis plus einem Profit von 20% auf diesen Kostpreis, also = k + kp' = k + 20k/100; wo k variable Größe, verschieden nach dem Wert der Produktionsmittel, die in die Waren eingehn, und nach dem Maße des Verschleißes, den das in ihrer Produktion verwandte fixe Kapital an das Produkt abgibt. Jetzt betrüge der Produktionspreis k + (14 2/7k)/100.
Nehmen wir nun erst ein Kapital, dessen Zusammensetzung niedriger als die ursprüngliche des gesellschaftlichen Durchschnittskapitals 80c + 20v (die sich jetzt verwandelt hat in 76 4/21c + 23 17/21v); z.B. 50c + 50v. Hier betrug der Produktionspreis des Jahresprodukts, wenn wir der Vereinfachung halber annehmen, daß das ganze fixe Kapital in das jährliche Produkt als Verschleiß einging und daß die Umschlagszeit dieselbe ist wie in Fall I, vor der Erhöhung des Arbeitslohns 50c + 50v + 20p = 120. Eine Erhöhung des Arbeitslohns um 25% gibt für dasselbe Quantum in Bewegung gesetzter Arbeit eine Erhöhung des variablen Kapitals von 50 auf 62 1/2. Würde das jährliche Produkt zum frühern Produktionspreis von 120 verkauft, so ergäbe dies 50c + 62 1/2v + 7 1/2p, also eine Profitrate von 6 2/3%. Die neue Durchschnittsprofitrate ist aber 14 2/7%, und da wir alle andren Umstände als gleichbleibend annehmen, wird dies Kapital von 50c + 62 1/2v diesen Profit auch machen müssen. Ein Kapital von 112 1/2 macht aber zur Profitrate von 14 2/7 einen Profit von 16 1/14.A12 Der Produktionspreis der davon produzierten Waren ist also jetzt 50c + 621/2v + 16 1/14pA13 = 128 8/14. Infolge der Lohnsteigerung um 25% ist hier also der Produktionspreis desselben Quantums derselben Ware gestiegen von 120 auf 128 8/14A14 oder mehr als 7%.
Nehmen wir umgekehrt eine Produktionssphäre an von höherer Komposition als das Durchschnittskapital, z.B. 92c + 8v. Der ursprüngliche Durchschnittsprofit ist also auch hier = 20, und wenn wir wieder annehmen, daß das ganze fixe Kapital in das jährliche Produkt eingeht und die Umschlagszeit dieselbe ist wie in Fall I und II, so ist der Produktionspreis der Ware auch hier = 120.
Infolge der Steigerung des Arbeitslohns um 25% wächst das variable Kapital für gleichbleibende Arbeitsmenge von 8 auf 10, der Kostpreis der Waren also von 100 auf 102, andrerseits ist die Durchschnittsprofitrate von 20% gefallen auf 14 2/7%. Es verhält sich aber 100 : 14 2/7% = 102 : 14 4/7A15. Der Profit, der nun auf 102 fällt, ist also 14 4/7. Und daher verkauft sich das Gesamtprodukt zu k + kp' = 102 + 14 4/7 = 116 4/7. Der Produktionspreis ist also gefallen von 120 auf 116 4/7 oder um 3 3/7A16.
Infolge der Erhöhung des Arbeitslohns um 25% ist also:
1. mit Bezug auf das Kapital von gesellschaftlicher Durchschnittskomposition der Produktionspreis der Ware unverändert geblieben;
2. mit Bezug auf das Kapital niederer Zusammensetzung der Produktionspreis der Ware gestiegen, obgleich nicht im selben Verhältnis wie der Profit gefallen;
3. mit Bezug auf das Kapital höherer Zusammensetzung ist der Produktionspreis der Ware gefallen, obgleich auch nicht in demselben Verhältnis wie der Profit.
Da der Produktionspreis der Waren des Durchschnittskapitals derselbe geblieben, gleich dem Wert des Produkts, ist auch die Summe der Produktionspreise der Produkte aller Kapitale dieselbe geblieben, gleich der Summe der vom Gesamtkapital produzierten Werte; die Erhöhung auf der einen, die Senkung auf der andern Seite gleichen sich aus für das Gesamtkapital zum Niveau des gesellschaftlichen Durchschnittskapitals.
Wenn der Produktionspreis der Waren in Beispiel II steigt, in III fällt, so zeigt schon diese entgegengesetzte Wirkung, die der Fall in der Mehrwertsrate oder das allgemeine Steigen des Arbeitslohns hervorbringt, daß es sich hier nicht um eine Entschädigung im Preise für die Erhöhung des Arbeitslohns handeln kann, da in III das Fallen des Produktionspreises den Kapitalisten unmöglich entschädigen kann für das Fallen des Profits und in II das Steigen des Preises den Fall des Profits nicht verhindert. Vielmehr ist beidemal, wo der Preis steigt und wo er fällt, der Profit derselbe wie im Durchschnittskapital, wo der Preis unverändert geblieben. Er ist für II wie für III derselbe, um 5 5/7 oder etwas über 25% gefallne Durchschnittsprofit. Es folgt daraus, daß, wenn der Preis in II nicht stiege und in III nicht fiele, II unter und III über dem neuen gefallnen Durchschnittsprofit verkaufen würde. Es ist an und für sich klar, daß, je nachdem 50, 25 oder 10 pro 100 des Kapitals in Arbeit ausgelegt wird, eine Lohnerhöhung sehr verschieden wirken muß auf den, der 1/10, und auf den, der 1/4 oder 1/2 seines Kapitals in Arbeitslohn auslegt. Die Erhöhung der Produktionspreise einerseits, ihre Senkung andrerseits, je nachdem das Kapital unter oder über der gesellschaftlichen Durchschnittszusammensetzung steht, wird nur bewirkt durch die Ausgleichung zum neuen gefallnen Durchschnittsprofit.
Wie würde nun ein allgemeiner Fall des Arbeitslohns und ihm entsprechendes allgemeines Steigen der Profitrate und daher der Durchschnittsprofite wirken auf die Produktionspreise der Waren, die das Produkt von Kapitalen, welche nach entgegengesetzten Richtungen von der gesellschaftlichen Durchschnittszusammensetzung abweichen? Wir haben bloß die eben gegebne Ausführung umzudrehn, um das Resultat (das Ricardo nicht untersucht) zu erhalten.
I. Durchschnittskapital = 80c + 20v = 100; Mehrwertsrate = 100%; Produktionspreis = Warenwert = 80c + 20v + 20p = 120; Profitrate = 20%. Es falle der Arbeitslohn um ein Viertel, so wird dasselbe konstante Kapital in Bewegung gesetzt von 15v statt von 20v. Wir haben also Warenwert = 80c + 15v + 25p = 120. Das von v produzierte Quantum Arbeit bleibt unverändert, nur wird der dadurch geschaffne Neuwert anders verteilt zwischen Kapitalist und Arbeiter. Der Mehrwert ist gestiegen von 20 auf 25 und die Rate des Mehrwerts von 20/20 auf 25/15, also von 100% auf 1662/3%. Der Profit auf 95 ist jetzt = 25, also die Profitrate auf 100 = 26 6/19. Die neue prozentige Zusammensetzung des Kapitals ist jetzt 84 4/19c + 15 15/19v = 100.
II. Niedrigere Zusammensetzung. Ursprünglich 50c + 50v wie oben. Durch den Fall des Arbeitslohnes um 1/4 wird v auf 37 1/2 reduziert und damit das vorgeschoßne Gesamtkapital auf 50c + 37 1/2v = 87 1/2. Wenden wir hierauf die neue Profitrate von 26 6/19% an, so: 100 : 26 6/19 = 87 1/2 : 23 1/38. Dieselbe Warenmasse, die früher 120, kostet jetzt 871/2 + 23 1/38 = 110 10/19; Preisfall von beinahe 10.
III. Höhere Zusammensetzung. Ursprünglich 92c + 8v = 100. Der Fall des Arbeitslohns um 1/4 senkt 8v auf 6v, das Gesamtkapital auf 98. Hiernach 100 : 26 6/19 = 98 : 25 15/19. Der Produktionspreis der Ware, früher 100 + 20 = 120, ist jetzt, nach dem Fall des Arbeitslohnes, 98 + 25 15/19 = 123 15/19; also gestiegen fast um 4.
Man sieht also, daß man nur dieselbe Entwicklung wie früher in umgekehrter Richtung zu verfolgen hat mit den erforderlichen Änderungen; daß ein allgemeiner Fall des Arbeitslohns zur Folge hat ein allgemeines Steigen des Mehrwerts, der Rate des Mehrwerts, und bei sonst gleichbleibenden Umständen der Profitrate, wenn auch in andrer Proportion ausgedrückt; einen Fall der Produktionspreise für die Warenprodukte von Kapitalen niederer, und steigender Produktionspreise für Warenprodukte von Kapitalen höherer Zusammensetzung. Gerade das umgekehrte Resultat von dem, das sich herausstellte bei allgemeinem Steigen des Arbeitslohns.34 Es ist in beiden Fällen – Steigen wie Fallen des Arbeitslohns – vorausgesetzt, daß der Arbeitstag gleichbleibt, ebenso die Preise aller notwendigen Lebensmittel. Der Fall des Arbeitslohns ist hier also nur möglich, wenn der Lohn entweder vorher über dem normalen Preis der Arbeit stand oder unter ihn herabgedrückt wird. Wie die Sache modifiziert wird, wenn das Steigen oder Fallen des Ar beitslohns herrührt von einem Wechsel im Werte und daher im Produktionspreise der Waren, die gewöhnlich in den Konsum des Arbeiters eingehn, wird zum Teil weiter untersucht werden im Abschnitt über die Grundrente. Indes ist hier ein für allemal zu bemerken:
Rührt Steigen oder Fallen des Arbeitslohns her vom Wertwechsel der notwendigen Lebensmittel, so kann nur eine Modifikation des oben Gesagten eintreten, soweit die Waren, deren Preisveränderung das variable Kapital erhöht oder erniedrigt, auch als konstituierende Elemente in das konstante Kapital eingehn und daher nicht bloß auf den Arbeitslohn wirken. Soweit sie aber nur das letztre tun, enthält die bisherige Entwicklung alles, was zu sagen ist.
In diesem ganzen Kapitel ist die Herstellung der allgemeinen Profitrate, des Durchschnittsprofits, und also auch die Verwandlung der Werte in Produktionspreise als gegebne Tatsache unterstellt. Es fragte sich nur, wie eine allgemeine Erhöhung oder Senkung des Arbeitslohns auf die als gegeben vorausgesetzten Produktionspreise der Waren wirkt. Es ist dies eine sehr sekundäre Frage, verglichen mit den übrigen in diesem Abschnitt behandelten wichtigen Punkten. Es ist aber die einzige hier einschlägige Frage, die Ricardo, und selbst noch einseitig und mangelhaft, wie man sehen wird, behandelt.
12. Nachträge
I. Ursachen, welche eine Änderung im Produktionspreis bedingen
Der Produktionspreis einer Ware kann nur variieren aus zwei Ursachen:
Erstens. Die allgemeine Profitrate ändert sich. Dies ist nur dadurch möglich, daß sich die Durchschnittsrate des Mehrwerts selbst ändert oder, bei gleichbleibender durchschnittlicher Mehrwertsrate, das Verhältnis der Summe der angeeigneten Mehrwerte zur Summe des vorgeschoßnen gesellschaftlichen Gesamtkapitals.
Soweit die Änderung der Rate des Mehrwerts nicht auf Herunterdrücken des Arbeitslohns unter, oder dessen Steigen über seinen normalen Stand beruht – und derartige Bewegungen sind nur als oszillatorische zu betrachten –, kann sie nur stattfinden entweder dadurch, daß der Wert der Arbeitskraft sank oder stieg; das eine so unmöglich wie das andre ohne Veränderung in der Produktivität der Arbeit, die Lebensmittel produziert, also ohne Wechsel im Wert der Waren, die in den Konsum des Arbeiters eingehn.
Oder das Verhältnis der Summe des angeeigneten Mehrwerts zum vorgeschoßnen Gesamtkapital der Gesellschaft ändert sich. Da der Wechsel hier nicht von der Rate des Mehrwerts ausgeht, so muß er ausgehn vom Gesamtkapital, und zwar von seinem konstanten Teil. Dessen Masse, technisch betrachtet, vermehrt oder vermindert sich im Verhältnis zu der vom variablen Kapital gekauften Arbeitskraft, und die Masse seines Werts wächst oder fällt so mit dem Wachstum oder der Abnahme seiner Masse selbst; sie wächst oder fällt also ebenfalls im Verhältnis zur Wertmasse des variablen Kapitals. Setzt dieselbe Arbeit mehr konstantes Kapital in Bewegung, so ist die Arbeit produktiver geworden. Wenn umgekehrt, umgekehrt. Also hat Wechsel in der Produktivität der Arbeit stattgefunden, und ein Wechsel muß vorgegangen sein im Wert gewisser Waren.
Für beide Fälle also gilt dies Gesetz: Wechselt der Produktionspreis einer Ware infolge eines Wechsels in der allgemeinen Profitrate, so kann zwar ihr eigner Wert unverändert geblieben sein. Es muß aber ein Wertwechsel mit andren Waren vorgegangen sein.
Zweitens. Die allgemeine Profitrate bleibt unverändert. Dann kann der Produktionspreis einer Ware nur wechseln, weil ihr eigner Wert sich verändert hat; weil mehr oder weniger Arbeit erheischt ist, um sie selbst zu reproduzieren, sei es, daß die Produktivität der Arbeit wechselt die die Ware selbst in ihrer letzten Form produziert, oder die, welche die Waren produziert, die in ihre Produktion eingehn. Baumwollengarn kann im Produktionspreis fallen, entweder weil Rohbaumwolle wohlfeiler hergestellt wird oder weil die Arbeit des Spinnens infolge bessrer Maschinerie produktiver geworden ist.
Der Produktionspreis ist, wie früher gezeigt, = k + p, gleich Kostpreis und Profit. Dies aber ist = k + kp, wo k, der Kostpreis, eine unbestimmte Größe, die für verschiedne Produktionssphären wechselt und überall gleich ist dem Wert des in der Produktion der Ware verbrauchten konstanten und variablen Kapitals, und p' die prozentig berechnete Durchschnittsprofitrate. Ist k = 200 und p' = 20%, so ist der Produktionspreis k + kp' = 200 + 200 20/100 = 200 + 40 = 240. Es ist klar, daß dieser Produktionspreis derselbe bleiben kann, obgleich der Wert der Waren sich verändert.
Alle Wechsel im Produktionspreis der Waren lösen sich auf in letzter Instanz in einen Wertwechsel, aber nicht alle Wechsel im Wert der Waren brauchen sich in einem Wechsel des Produktionspreises auszudrücken, da dieser bestimmt ist nicht allein durch den Wert der besondren Ware, sondern durch den Gesamtwert aller Waren. Der Wechsel in Ware A kann also ausgeglichen sein durch einen entgegengesetzten der Ware B, so daß das allgemeine Verhältnis dasselbe bleibt.
II. Produktionspreis der Waren mittlerer Zusammensetzung
Man hat gesehn, wie die Abweichung der Produktionspreise von den Werten dadurch entspringt:
1. daß zum Kostpreis einer Ware nicht der in ihr enthaltne Mehrwert, sondern der Durchschnittsprofit hinzugeschlagen wird;
2. daß der so vom Wert abweichende Produktionspreis einer Ware als Element in den Kostpreis andrer Waren eingeht, wodurch also schon im Kostpreis einer Ware eine Abweichung vom Wert der in ihr konsumierten Produktionsmittel enthalten sein kann, abgesehn von der Abweichung, die für sie selbst durch die Differenz zwischen Durchschnittsprofit und Mehrwert hineinkommen kann.
Es ist hiernach also möglich, daß auch bei Waren, die durch Kapitale mittlerer Zusammensetzung produziert werden, der Kostpreis abweichen kann von der Wertsumme der Elemente, aus denen dieser Bestandteil ihres Produktionspreises sich zusammensetzt. Angenommen, die mittlere Zusammensetzung sei 80c + 20v. Es ist nun möglich, daß in den wirklichen Kapitalen, die so zusammengesetzt sind, 80c größer oder kleiner ist als der Wert von c, dem konstanten Kapital, weil dies c durch Waren gebildet ist, deren Pro duktionspreis abweicht von ihrem Wert. Ebenso könnte 20v von seinem Wert abweichen, wenn in den Verzehr des Arbeitslohns Waren eingehn, deren Produktionspreis von ihrem Wert verschieden ist; der Arbeiter also zum Rückkauf dieser Waren (ihrem Ersatz) mehr oder minder Arbeitszeit arbeiten, also mehr oder minder viel notwendige Arbeit verrichten muß, als nötig wäre, wenn die Produktionspreise der notwendigen Lebensmittel mit ihren Werten zusammenfielen.
Indes ändert diese Möglichkeit durchaus nichts an der Richtigkeit der für Waren mittlerer Zusammensetzung aufgestellten Sätze. Das Quantum Profit, das auf diese Waren fällt, ist gleich dem in ihnen selbst enthaltnen Quantum Mehrwert. Z.B. bei obigem Kapital von der Zusammensetzung 80c + 20v ist das Wichtige für die Bestimmung des Mehrwerts nicht, ob diese Zahlen Ausdrücke der wirklichen Werte, sondern wie sie sich zueinander verhalten; nämlich daß v = 1/5 des Gesamtkapitals und c = 4/5 ist. Sobald dies der Fall, ist, wie oben angenommen, der von v erzeugte Mehrwert gleich dem Durchschnittsprofit. Andrerseits: weil er gleich dem Durchschnittsprofit ist, ist der Produktionspreis = Kostpreis + Profit = k + p = k + m, praktisch dem Wert der Ware gleichgesetzt. D.h., eine Erhöhung oder Erniedrigung des Arbeitslohns läßt k + p in diesem Fall ebenso unverändert, wie sie den Wert der Ware unverändert lassen würde, und bewirkt bloß eine entsprechende umgekehrte Bewegung, Erniedrigung oder Erhöhung, auf Seite der Profitrate. Würde nämlich infolge einer Erhöhung oder Erniedrigung des Arbeitslohns der Preis der Waren hier verändert, so käme die Profitrate in diesen Sphären mittlerer Zusammensetzung über oder unter ihr Niveau in den andern Sphären zu stehn. Nur soweit der Preis unverändert bleibt, bewahrt die Sphäre mittlerer Zusammensetzung ihr Profitniveau mit den andern Sphären. Es findet also bei ihr praktisch dasselbe statt, als ob die Produkte dieser Sphäre zu ihrem wirklichen Wert verkauft würden. Werden Waren nämlich zu ihren wirklichen Werten verkauft, so ist es klar, daß bei sonst gleichen Umständen Steigen oder Sinken des Arbeitslohns entsprechendes Sinken oder Steigen des Profits, aber keinen Wertwechsel der Waren hervorruft und daß unter allen Umständen Steigen oder Sinken des Arbeitslohnes nie den Wert der Waren, sondern stets nur die Größe des Mehrwerts affizieren kann.
III. Kompensationsgründe des Kapitalisten
Es ist gesagt worden, daß die Konkurrenz die Profitraten der verschiednen Produktionssphären zur Durchschnittsprofitrate ausgleicht und ebendadurch die Werte der Produkte dieser verschiednen Sphären in Produktionspreise verwandelt. Und zwar geschieht dies durch fortwährende Übertragung von Kapital aus einer Sphäre in die andre, wo augenblicklich der Profit über dem Durchschnitt steht; wobei jedoch in Betracht kommen die mit dem Wechsel der magern und fetten Jahre, wie sie in einem gegebnen Industriezweig innerhalb einer gegebnen Epoche einander folgen, verbundnen Profitschwankungen. Diese ununterbrochne Aus- und Einwanderung des Kapitals, die zwischen verschiednen Sphären der Produktion stattfindet, erzeugt steigende und fallende Bewegungen der Profitrate, die sich gegenseitig mehr oder weniger ausgleichen und dadurch die Tendenz haben, die Profitrate überall auf dasselbe gemeinsame und allgemeine Niveau zu reduzieren.
Diese Bewegung der Kapitale wird in erster Linie stets verursacht durch den Stand der Marktpreise, die die Profite hier über das allgemeine Niveau des Durchschnitts erhöhen, dort sie darunter hinabdrücken. Wir sehn einstweilen noch ab vom Kaufmanns kapital, womit wir hier noch nichts zu tun haben und das, wie die plötzlich emporschießenden Paroxysmen der Spekulation in gewissen Lieblingsartikeln zeigen, mit außerordentlicher Schnelligkeit Kapitalmassen aus einer Geschäftsbranche ziehn und sie ebenso plötzlich in eine andre werfen kann. Aber in jeder Sphäre der eigentlichen Produktion – Industrie, Ackerbau, Bergwerke etc. – bietet die Übertragung von Kapital aus einer Sphäre in die andre bedeutende Schwierigkeit, besonders wegen des vorhandnen fixen Kapitals. Zudem zeigt die Erfahrung, daß, wenn ein Industriezweig, z.B. die Baumwollindustrie, zu einer Zeit außerordentlich hohe Profite abwirft, er dann auch zu einer andern Zeit sehr geringen Profit oder gar Verlust bringt, so daß in einem gewissen Zyklus von Jahren der Durchschnittsprofit ziemlich derselbe ist wie in andern Zweigen. Und mit dieser Erfahrung lernt das Kapital bald rechnen.
Was aber die Konkurrenz nicht zeigt, das ist die Wertbestimmung, die die Bewegung der Produktion beherrscht; das sind die Werte, die hinter den Produktionspreisen stehn und sie in letzter Instanz bestimmen. Die Konkurrenz zeigt dagegen: 1. die Durchschnittsprofite, die unabhängig sind von der organischen Zusammensetzung des Kapitals in den verschiednen Produktionssphären, also auch von der Masse der von einem gegebnen Kapital in einer gegebnen Exploitationssphäre angeeigneten lebendigen Arbeit; 2. Steigen und Fallen der Produktionspreise infolge von Wechsel in der Höhe des Arbeitslohns – eine Erscheinung, die dem Wertverhältnis der Waren auf den ersten Blick durchaus widerspricht; 3. Schwankungen der Marktpreise, die den Durchschnittsmarktpreis der Waren in einer gegebnen Zeitperiode reduzieren, nicht auf den Marktwert, sondern auf einen von diesem Marktwert abweichenden, sehr verschiednen Marktproduktionspreis. Alle diese Erscheinungen scheinen ebensosehr der Bestimmung des Werts durch die Arbeitszeit, wie der aus unbezahlter Mehrarbeit bestehenden Natur des Mehrwerts zu widersprechen. Es erscheint also in der Konkurrenz alles verkehrt. Die fertige Gestalt der ökonomischen Verhältnisse, wie sie sich auf der Oberfläche zeigt, in ihrer realen Existenz, und daher auch in den Vorstellungen, worin die Träger und Agenten dieser Verhältnisse sich über dieselben klarzuwerden suchen, sind sehr verschieden von, und in der Tat verkehrt, gegensätzlich zu ihrer innern, wesentlichen, aber verhüllten Kerngestalt und dem ihr entsprechenden Begriff.
Ferner: Sobald die kapitalistische Produktion einen gewissen Entwicklungsgrad erreicht hat, geht die Ausgleichung zwischen den verschiednen Profitraten der einzelnen Sphären zu einer allgemeinen Profitrate keineswegs bloß noch vor sich durch das Spiel der Attraktion und Repulsion, worin die Marktpreise Kapital anziehn oder abstoßen. Nachdem sich die Durchschnittspreise und ihnen entsprechende Marktpreise für eine Zeitlang befestigt haben, tritt es in das Bewußtsein der einzelnen Kapitalisten, daß in dieser Ausgleichung bestimmte Unterschiede ausgeglichen werden, so daß sie dieselben gleich in ihrer wechselseitigen Berechnung einschließen. In der Vorstellung der Kapitalisten leben sie und werden von ihnen in Rechnung gebracht als Kompensationsgründe.
Die Grundvorstellung dabei ist der Durchschnittsprofit selbst, die Vorstellung, daß Kapitale von gleicher Größe in denselben Zeitfristen gleich große Profite abwerfen müssen. Ihr liegt wieder die Vorstellung zugrunde, daß das Kapital jeder Produktionssphäre pro rata seiner Größe teilzunehmen hat an dem von dem gesellschaftlichen Gesamtkapital den Arbeitern ausgepreßten Gesamtmehrwert; oder daß jedes besondre Kapital nur als Stück des Gesamtkapitals, jeder Kapitalist in der Tat als Aktionär in dem Gesamtunternehmen zu betrachten ist, der pro rata der Größe seines Kapitalanteils am Gesamtprofit sich beteiligt.
Auf diese Vorstellung stützt sich dann die Berechnung des Kapitalisten, z.B. daß ein Kapital, welches langsamer umschlägt, weil entweder die Ware länger im Produktionsprozeß verharrt oder weil sie auf entfernten Märkten verkauft werden muß, den Profit, der ihm dadurch entgeht, dennoch anrechnet, sich also durch Aufschlag auf den Preis entschädigt. Oder aber, daß Kapitalanlagen, die größern Gefahren ausgesetzt sind, wie z.B. in der Reederei, eine Entschädigung durch Preisaufschlag erhalten. Sobald die kapitalistische Produktion, und mit ihr das Assekuranzwesen entwickelt ist, ist die Gefahr in der Tat für alle Produktionssphären gleich groß (s. Corbet); die gefährdeteren zahlen aber die höhere Assekuranzprämie und erhalten sie im Preis ihrer Waren vergütet. In der Praxis kommt dies alles darauf hinaus, daß jeder Umstand, der eine Kapitalanlage – und alle gelten für gleich notwendig, innerhalb gewisser Schranken – weniger, und eine andre mehr profitlich macht, als ein für allemal gültiger Kompensationsgrund in Rechnung gebracht wird, ohne daß es immer von neuem wieder der Tätigkeit der Konkurrenz bedürfte, um die Berechtigung solches Motivs oder Berechnungsfaktors darzutun. Nur vergißt der Kapitalist – oder sieht vielmehr nicht, da die Konkurrenz ihm das nicht zeigt –, daß alle diese, in der wechselseitigen Berechnung der Warenpreise verschiedner Produktionszweige von den Kapitalisten gegeneinander geltend gemachten Kompensationsgründe sich bloß darauf beziehn, daß sie alle, pro rata ihres Kapitals, gleich großen Anspruch haben auf die gemeinschaftliche Beute, den Totalmehrwert. Ihnen scheint vielmehr, da der von ihnen einkassierte Profit verschieden von dem von ihnen ausgepreßten Mehrwert, daß seine Kompensationsgründe nicht die Beteiligung am Gesamtmehrwert ausgleichen, sondern den Profit selbst schaffen, indem dieser einfach aus dem so oder so motivierten Aufschlag auf den Kostpreis der Waren herstamme.
Im übrigen gilt auch für den Durchschnittsprofit, was in Kap. VII, S. 116 gesagt wurde über die Vorstellungen des Kapitalisten von der Quelle des Mehrwerts. Hier stellt sich die Sache nur insoweit anders dar, daß bei gegebnem Marktpreis der Waren und gegebner Exploitation der Arbeit die Ersparung in den Kostpreisen von individuellem Geschick, Aufmerksamkeit etc. abhängt.
III. Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate
13. Das Gesetz als solches
Bei gegebnem Arbeitslohn und Arbeitstag stellt ein variables Kapital, z.B. von 100, eine bestimmte Anzahl in Bewegung gesetzter Arbeiter vor; es ist der Index dieser Anzahl. Z.B. 100 Pfd. St. sei der Arbeitslohn für 100 Arbeiter, sage für eine Woche. Verrichten diese 100 Arbeiter ebensoviel notwendige Arbeit wie Mehrarbeit, arbeiten sie also täglich ebensoviel Zeit für sich selbst, d.h. für die Reproduktion ihres Arbeitslohns, wie für den Kapitalisten, d.h. für die Produktion von Mehrwert, so wäre ihr Gesamtwertprodukt = 200 Pfd. St. und der von ihnen erzeugte Mehrwert betrüge 100 Pfd. St. Die Rate des Mehrwerts m/v wäre = 100%. Diese Rate des Mehrwerts würde sich jedoch, wie wir gesehn, in sehr verschiednen Profitraten ausdrücken, je nach dem verschiednen Umfang des konstanten Kapitals c und damit des Gesamtkapitals C, da die Profitrate = m/C. Ist die Mehrwertsrate 100%:
Wenn c = 50, v = 100, so ist p' = 100/150 = 66 2/3%.
Wenn c = 100, v = 100, so ist p' = 100/200 = 50%.
Wenn c = 200, v = 100, so ist p' = 100/300 = 33 1/3%.
Wenn c = 300, v = 100, so ist p' = 100/400 = 25%.
Wenn c = 400, v = 100, so ist p' = 100/500 = 20%.
Dieselbe Rate des Mehrwerts, bei unverändertem Exploitationsgrad der Arbeit, würde sich so in einer fallenden Profitrate ausdrücken, weil mit seinem materiellen Umfang, wenn auch nicht im selben Verhältnis, auch der Wertumfang des konstanten und damit des Gesamtkapitals wächst.
Nimmt man nun ferner an, daß diese graduelle Veränderung in der Zusammensetzung des Kapitals sich nicht bloß in vereinzelten Produktionssphären zuträgt, sondern mehr oder weniger in allen oder doch in den entscheidenden Produktionssphären, daß sie also Veränderungen in der organischen Durchschnittszusammensetzung des einer bestimmten Gesellschaft angehörigen Gesamtkapitals einschließt, so muß dies allmähliche Anwachsen des konstanten Kapitals, im Verhältnis zum variablen, notwendig zum Resultat haben einen graduellen Fall in der allgemeinen Profitrate bei gleichbleibender Rate des Mehrwerts oder gleichbleibendem Exploitationsgrad der Arbeit durch das Kapital. Nun hat sich aber gezeigt, als ein Gesetz der kapitalistischen Produktionsweise, daß mit ihrer Entwicklung eine relative Abnahme des variablen Kapitals im Verhältnis zum konstanten Kapital und damit im Verhältnis zu dem in Bewegung gesetzten Gesamtkapital stattfindet. Es heißt dies nur, daß dieselbe Arbeiterzahl, dieselbe Menge Arbeitskraft, disponibel gemacht durch ein variables Kapital von gegebnem Wertumfang, infolge der innerhalb der kapitalistischen Produktion sich entwickelnden eigentümlichen Produktionsmethoden, eine stets wachsende Masse Arbeitsmittel, Maschinerie und fixes Kapital aller Art, Roh- und Hilfsstoffe in derselben Zeit in Bewegung setzt, verarbeitet, produktiv konsumiert – daher auch ein konstantes Kapital von stets wachsendem Wertumfang. Diese fortschreitende relative Abnahme des variablen Kapitals im Verhältnis zum konstanten und daher zum Gesamtkapital ist identisch mit der fortschreitend höhern organischen Zusammensetzung des gesellschaftlichen Kapitals in seinem Durchschnitt. Es ist ebenso nur ein andrer Ausdruck für die fortschreitende Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit, die sich grade darin zeigt, daß vermittelst der wachsenden Anwendung von Maschinerie und fixem Kapital überhaupt mehr Roh- und Hilfsstoffe von derselben Anzahl Arbeiter in derselben Zeit, d.h. mit weniger Arbeit in Produkte verwandelt werden. Es entspricht diesem wachsenden Wertumfang des konstanten Kapitals – obgleich er nur entfernt das Wachstum in der wirklichen Masse der Gebrauchswerte darstellt, aus denen das konstante Kapital stofflich besteht – eine wachsende Verwohlfeilerung des Produkts. Jedes individuelle Produkt, für sich betrachtet, enthält eine geringre Summe von Arbeit als auf niedrigern Stufen der Produktion, wo das in Arbeit ausgelegte Kapital in ungleich größrem Verhältnis steht zu dem in Produktionsmitteln ausgelegten. Die im Eingang hypothetisch aufgestellte Reihe drückt also die wirkliche Tendenz der kapitalistischen Produktion aus. Diese erzeugt mit der fortschreitenden relativen Abnahme des variablen Kapitals gegen das konstante eine steigend höhere organische Zusammensetzung des Gesamtkapitals, deren unmittelbare Folge ist, daß die Rate des Mehrwerts bei gleichbleibendem und selbst bei steigendem Exploitationsgrad der Arbeit sich in einer beständig sinkenden allgemeinen Profitrate ausdrückt. (Es wird sich weiter zeigen, warum dies Sinken nicht in dieser absoluten Form, sondern mehr in Tendenz zum progressiven Fall hervortritt.) Die progressive Tendenz der allgemeinen Profitrate zum Sinken ist also nur ein der kapitalistischen Produktionsweise eigentümlicher Ausdruck für die fortschreitende Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit. Es ist damit nicht gesagt, daß die Profitrate nicht auch aus andren Gründen vorübergehend fallen kann, aber es ist damit aus dem Wesen der kapitalistischen Produktionsweise als eine selbstverständliche Notwendigkeit bewiesen, daß in ihrem Fortschritt die allgemeine Durchschnittsrate des Mehrwerts sich in einer fallenden allgemeinen Profitrate ausdrücken muß. Da die Masse der angewandten lebendigen Arbeit stets abnimmt im Verhältnis zu der Masse der von ihr in Bewegung gesetzten vergegenständlichten Arbeit, der produktiv konsumierten Produktionsmittel, so muß auch der Teil dieser lebendigen Arbeit, der unbezahlt ist und sich in Mehrwert vergegenständlicht, in einem stets abnehmenden Verhältnis stehn zum Wertumfang des angewandten Gesamtkapitals. Dies Verhältnis der Mehrwertsmasse zum Wert des angewandten Gesamtkapitals bildet aber die Profitrate, die daher beständig fallen muß.
So einfach das Gesetz nach den bisherigen Entwicklungen erscheint, sowenig ist es aller bisherigen Ökonomie gelungen, wie man aus einem spätern Abschnitt sehn wird, es zu entdecken. Sie sah das Phänomen und quälte sich in widersprechenden Versuchen ab, es zu deuten. Bei der großen Wichtigkeit aber, die dies Gesetz für die kapitalistische Produktion hat, kann man sagen, daß es das Mysterium bildet, um dessen Lösung sich die ganze politische Ökonomie seit Adam Smith dreht, und daß der Unterschied zwischen den verschiednen Schulen seit A. Smith in den verschiednen Versuchen zu seiner Lösung besteht. Erwägt man aber andrerseits, daß die bisherige politische Ökonomie um den Unterschied von konstantem und variablem Kapital zwar herumtappte, ihn aber nie bestimmt zu formulieren verstand; daß sie den Mehrwert nie getrennt vom Profit und den Profit überhaupt nie rein, im Unterschied von seinen verschiednen gegeneinander verselbständigten Bestandteilen – wie industrieller Profit, kommerzieller Profit, Zins, Grundrente – darstellte; daß sie nie gründlich die Verschiedenheit in der organischen Zusammensetzung des Kapitals, daher ebensowenig die Bildung der allgemeinen Profitrate analysiert hat – so hört es auf, rätselhaft zu sein, daß ihr die Lösung dieses Rätsels nie gelang.
Wir stellen absichtlich dies Gesetz dar, bevor wir das Auseinanderfallen des Profits in verschiedne gegeneinander verselbständigte Kategorien darstellen. Die Unabhängigkeit dieser Darstellung von der Spaltung des Profits in verschiedne Teile, die verschiednen Kategorien von Personen zufallen, beweist von vornherein die Unabhängigkeit des Gesetzes in seiner Allgemeinheit von jener Spaltung und von den gegenseitigen Verhältnissen der daraus entspringenden Profitkategorien. Der Profit, von dem wir hier sprechen, ist nur ein andrer Name für den Mehrwert selbst, der nur in Beziehung zum Gesamtkapital dargestellt ist, statt in Beziehung zum variablen Kapital, aus dem er entspringt. Der Fall der Profitrate drückt also das fallende Verhältnis des Mehrwerts selbst zum vorgeschoßnen Gesamtkapital aus und ist daher unabhängig von jeder beliebigen Verteilung dieses Mehrwerts unter verschiedne Kategorien.
Man hat gesehn, daß auf einer Stufe der kapitalistischen Entwicklung, wo die Zusammensetzung des Kapitals c:v wie 50 : 100, eine Rate des Mehrwerts von 100% sich in einer Profitrate von 66 2/3% ausdrückt, und daß auf einer höhern Stufe, wo c:v wie 400 : 100, dieselbe Rate des Mehrwerts sich ausdrückt in einer Profitrate von nur 20%. Was von verschiednen aufeinanderfolgenden Entwicklungsstufen in einem Land, gilt von verschiednen gleichzeitig nebeneinander bestehenden Entwicklungsstufen in verschiednen Ländern. In dem unentwickelten Land, wo die erstere Zusammensetzung des Kapitals den Durchschnitt bildet, wäre die allgemeine Profitrate = 662/3%, während sie in dem Land der zweiten, viel höhern Entwicklungsstufe = 20% wäre.
Der Unterschied der beiden nationalen Profitraten könnte dadurch verschwinden und selbst sich umkehren, daß in dem minder entwickelten Land die Arbeit unproduktiver wäre, daher ein größres Quantum Arbeit sich in einem geringern Quantum derselben Ware, größrer Tauschwert in weniger Gebrauchswert sich darstellte, also der Arbeiter einen größren Teil seiner Zeit zur Reproduktion seiner eignen Subsistenzmittel oder ihres Werts und einen kleinern zur Erzeugung von Mehrwert aufzuwenden hätte, weniger Mehrarbeit lieferte, so daß die Rate des Mehrwerts niedriger wäre. Arbeitete z.B. im minder fortgeschrittnen Land der Arbeiter 2/3 des Arbeitstags für sich selbst und 1/3 für den Kapitalisten, so würde unter der Voraussetzung des obigen Beispiels dieselbe Arbeitskraft bezahlt mit 133 1/3 und lieferte einen Überschuß von nur 66 2/3. Dem variablen Kapital von 133 1/3 entspräche ein konstantes Kapital von 50. Die Mehrwertsrate betrüge also nun 1331/3 : 66 2/3 = 50% und die Profitrate 183 1/3 : 66 2/3 oder ungefähr 36 1/2%.
Da wir bisher die verschiednen Bestandteile, worin sich der Profit spaltet, noch nicht untersucht haben, sie also noch nicht für uns existieren, so wird folgendes nur zur Vermeidung von Mißverständnissen im voraus bemerkt: Bei der Vergleichung von Ländern verschiedner Entwicklungsstufen – namentlich solcher von entwickelter kapitalistischer Produktion und solcher, wo die Arbeit noch nicht förmlich unter das Kapital subsumiert ist, obgleich der Arbeiter in Wirklichkeit vom Kapitalisten ausgebeutet wird (z.B. in Indien, wo der Ryot als selbständiger Bauer wirtschaftet, seine Produktion als solche also noch nicht unter das Kapital subsumiert ist, obgleich der Wucherer ihm unter der Form des Zinses nicht nur seine ganze Mehrarbeit, sondern selbst – kapitalistisch gesprochen – einen Teil seines Arbeitslohns abzwacken mag), wäre es sehr falsch, wollte man etwa an der Höhe des nationalen Zinsfußes die Höhe der nationalen Profitrate messen. In jenem Zins ist der ganze Profit und mehr als der Profit eingeschlossen, statt daß er nur, wie in Ländern entwickelter kapitalistischer Produktion, einen aliquoten Teil des produzierten Mehrwerts resp. Profits ausdrückte. Andrerseits ist hier der Zinsfuß überwiegend bestimmt durch Verhältnisse (Vorschüsse der Wucherer an die Großen, die Besitzer der Grundrente), die gar nichts zu tun haben mit dem Profit, vielmehr nur darstellen, in welchem Verhältnis der Wucher sich die Grundrente aneignet.
In Ländern von verschiedner Entwicklungsstufe der kapitalistischen Produktion und daher von verschiedner organischer Zusammensetzung des Kapitals kann die Rate des Mehrwerts (der eine Faktor, der die Profitrate bestimmt) höher stehn in dem Lande, wo der normale Arbeitstag kürzer ist, als in dem, wo er länger. Erstens: Wenn der englische Arbeitstag von 10 Stunden seiner höhern Intensität wegen gleich ist einem österreichischen Arbeitstag von 14 Stunden, können bei gleicher Teilung des Arbeitstags 5 Stunden Mehrarbeit dort einen höhern Wert auf dem Weltmarkt darstellen als 7 Stunden hier. Zweitens aber kann dort ein größrer Teil des Arbeitstags Mehrarbeit bilden als hier.
Das Gesetz von der fallenden Rate des Profits, worin dieselbe oder selbst eine steigende Rate des Mehrwerts sich ausdrückt, heißt in andern Worten: Irgendein bestimmtes Quantum des gesellschaftlichen Durchschnittskapitals, z.B. ein Kapital von 100 genommen, stellt sich ein stets größrer Teil desselben in Arbeitsmitteln und ein stets geringrer Teil desselben in lebendiger Arbeit dar. Da also die Gesamtmasse der den Produktionsmitteln zugesetzten lebendigen Arbeit fällt im Verhältnis zum Wert dieser Produktionsmittel, so fällt auch die unbezahlte Arbeit und der Wertteil, worin sie sich darstellt, im Verhältnis zum Wert des vorgeschoßnen Gesamtkapitals. Oder: Ein stets geringrer aliquoter Teil des ausgelegten Gesamtkapitals setzt sich in lebendige Arbeit um, und dies Gesamtkapital saugt daher, im Verhältnis zu seiner Größe, immer weniger Mehrarbeit auf, obgleich das Verhältnis des unbezahlten Teils der angewandten Arbeit zum bezahlten Teil derselben gleichzeitig wachsen mag. Die verhältnismäßige Abnahme des variablen und Zunahme des konstanten Kapitals, obgleich beide Teile absolut wachsen, ist, wie gesagt, nur ein andrer Ausdruck für die vermehrte Produktivität der Arbeit.
Ein Kapital von 100 bestehe aus 80c + 20v, letztre = 20 Arbeitern. Die Rate des Mehrwerts sei 100%, d.h., die Arbeiter arbeiten den halben Tag für sich, den halben Tag für den Kapitalisten. In einem minder entwickelten Land sei das Kapital = 20c + 80v und diese letztren = 80 Arbeitern. Aber diese Arbeiter brauchen 2/3 des Arbeitstags für sich und arbeiten nur 1/3 für den Kapitalisten. Alles andre gleichgesetzt, produzieren die Arbeiter im ersten Fall einen Wert von 40, im zweiten von 120. Das erste Kapital produziert 80c + 20v + 20m = 120; Profitrate = 20%; das zweite Kapital 20c + 80v + 40m = 140; Profitrate = 40%. Sie ist also im zweiten Fall noch einmal so groß wie im ersten, obgleich im ersten Fall die Rate des Mehrwerts = 100%, doppelt so groß als im zweiten, wo sie nur 50%. Dafür eignet sich aber ein gleich großes Kapital im ersten Fall die Mehrarbeit von nur 20 und im zweiten von 80 Arbeitern an.
Das Gesetz des fortschreitenden Falls der Profitrate oder der relativen Abnahme der angeeigneten Mehrarbeit im Vergleich mit der von der lebendigen Arbeit in Bewegung gesetzten Masse vergegenständlichter Arbeit schließt in keiner Weise aus, daß die absolute Masse der vom gesellschaftlichen Kapital in Bewegung gesetzten und exploitierten Arbeit, daher auch die absolute Masse der von ihm angeeigneten Mehrarbeit wächst; ebensowenig, daß die unter dem Kommando der einzelnen Kapitalisten stehenden Kapitale eine wachsende Masse von Arbeit und daher von Mehrarbeit kommandieren, letztre selbst, wenn die Anzahl der von ihnen kommandierten Arbeiter nicht wächst.
Nimmt man eine gegebne Arbeiterbevölkerung, z.B. von zwei Millionen, nimmt man ferner, als gegeben, Länge und Intensität des Durchschnittsarbeitstags sowie den Arbeitslohn und damit das Verhältnis zwischen notwendiger und Mehrarbeit, so produziert die Gesamtarbeit dieser zwei Millionen und ebenso ihre Mehrarbeit, die sich in Mehrwert darstellt, stets dieselbe Wertgröße. Aber es fällt mit der wachsenden Masse des konstanten – fixen und zirkulierenden – Kapitals, das diese Arbeit in Bewegung setzt, das Verhältnis dieser Wertgröße zum Wert dieses Kapitals, der mit seiner Masse, wenn auch nicht im selben Verhältnis, wächst. Dies Verhältnis und daher die Profitrate fällt, obgleich nach wie vor dieselbe Masse lebendiger Arbeit kommandiert und dieselbe Masse Mehrarbeit vom Kapital aufgesaugt wird. Das Verhältnis ändert sich, nicht weil die Masse der lebendigen Arbeit fällt, sondern weil die Masse der von ihr in Bewegung gesetzten bereits vergegenständlichten Arbeit steigt. Die Abnahme ist relativ, nicht absolut, und hat in der Tat mit der absoluten Größe der in Bewegung gesetzten Arbeit und Mehrarbeit nichts zu schaffen. Der Fall der Profitrate entsteht nicht aus einer absoluten, sondern aus einer nur relativen Abnahme des variablen Bestandteils des Gesamtkapitals, aus ihrer Abnahme, verglichen mit dem konstanten Bestandteil.
Dasselbe nun, was von einer gegebnen Arbeitsmasse und Mehrarbeitsmasse, gilt von einer wachsenden Arbeiteranzahl und daher, unter den gegebnen Voraussetzungen, von einer wachsenden Masse der kommandierten Arbeit überhaupt und ihres unbezahlten Teils, der Mehrarbeit, insbesondre. Wenn die Arbeiterbevölkerung von zwei auf drei Millionen steigt, wenn das ihr in Arbeitslohn ausgezahlte variable Kapital ebenfalls, früher zwei, jetzt drei Millionen ist und dagegen das konstante Kapital von 4 auf 15 Millionen steigt, so wächst unter den gegebnen Voraussetzungen (konstanter Arbeitstag und konstante Mehrwertsrate) die Masse der Mehrarbeit, des Mehrwerts um die Hälfte, um 50%, von 2 Millionen auf 3. Nichtsdestoweniger, trotz dieses Wachstums der absoluten Masse der Mehrarbeit und daher des Mehrwerts um 50%, würde das Verhältnis des variablen Kapitals zum konstanten von 2 : 4 fallen auf 3 : 15 und das Verhältnis des Mehrwerts zum Gesamtkapital sich stellen wie folgt (in Millionen):
I. 4c + 2v + 2m; C = 6, p' = 33 1/3%.
II. 15c + 3v + 3m; C = 18, p' = 16 2/3%.
Während die Mehrwertsmasse um die Hälfte gestiegen, ist die Profitrate auf die Hälfte der früheren gefallen. Der Profit ist aber nur der auf das Gesellschaftskapital berechnete Mehrwert, und die Masse des Profits, seine absolute Größe, ist daher, gesellschaftlich betrachtet, gleich der absoluten Größe des Mehrwerts. Die absolute Größe des Profits, seine Gesamtmasse, wäre also um 50% gewachsen trotz enormer Abnahme im Verhältnis dieser Profitmasse zum vorgeschoßnen Gesamtkapital oder trotz der enormen Abnahme in der allgemeinen Profitrate. Die Anzahl der vom Kapital angewandten Arbeiter, also die absolute Masse der von ihm in Bewegung gesetzten Arbeit, daher die absolute Masse der von ihm aufgesaugten Mehrarbeit, daher die Masse des von ihm produzierten Mehrwerts, daher die absolute Masse des von ihm produzierten Profits kann also wachsen, und progressiv wachsen, trotz des progressiven Falls der Profitrate. Dies kann nicht nur der Fall sein. Es muß der Fall sein – vorübergehende Schwankungen abgerechnet – auf Basis der kapitalistischen Produktion.
Der kapitalistische Produktionsprozeß ist wesentlich zugleich Akkumulationsprozeß. Man hat gezeigt, wie im Fortschritt der kapitalistischen Produktion die Wertmasse, die einfach reproduziert, erhalten werden muß, mit der Steigerung der Produktivität der Arbeit steigt und wächst, selbst wenn die angewandte Arbeitskraft konstant bliebe. Aber mit der Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit wächst noch mehr die Masse der produzierten Gebrauchswerte, wovon die Produktionsmittel einen Teil bilden. Und die zusätzliche Arbeit, durch deren Aneignung dieser zusätzliche Reichtum in Kapital rückverwandelt werden kann, hängt nicht ab vom Wert, sondern von der Masse dieser Produktionsmittel (Lebensmittel eingeschlossen), da der Arbeiter im Arbeitsprozeß nicht mit dem Wert, sondern mit dem Gebrauchswert der Produktionsmittel zu tun hat. Die Akkumulation selbst, und die mit ihr gegebne Konzentration des Kapitals, ist aber selbst ein materielles Mittel der Steigerung der Produktivkraft. In diesem Wachstum der Produktionsmittel ist aber eingeschlossen das Wachstum der Arbeiterbevölkerung, die Schöpfung einer dem Surpluskapital entsprechenden und sogar seine Bedürfnisse im ganzen und großen stets überflutenden Bevölkerung, und daher Überbevölkerung, von Arbeitern. Ein momentaner Überschuß des Surpluskapitals über die von ihm kommandierte Arbeiterbevölkerung würde in doppelter Weise wirken. Er würde einerseits durch Steigerung des Arbeitslohns, daher Milderung der den Nachwuchs der Arbeiter dezimierenden, vernichtenden Einflüsse und Erleichterung der Heiraten die Arbeiterbevölkerung allmählich vermehren, andrerseits aber durch Anwendung der Methoden, die den relativen Mehrwert schaffen (Einführung und Verbesserung von Maschinerie) noch weit rascher eine künstliche, relative Übervölkerung schaffen, die ihrerseits wieder – da in der kapitalistischen Produktion das Elend Bevölkerung erzeugt – das Treibhaus einer wirklichen raschen Vermehrung der Volkszahl ist. Aus der Natur des kapitalistischen Akkumulationsprozesses – der nur ein Moment des kapitalistischen Produktionsprozesses ist – folgt daher von selbst, daß die gesteigerte Masse der Produktionsmittel, die bestimmt sind, in Kapital verwandelt zu werden, eine entsprechend gesteigerte und selbst überschüssige, exploitierbare Arbeiterbevölkerung stets zur Hand findet. Im Fortschritt des Produktions- und Akkumulationsprozesses muß also die Masse der aneignungsfähigen und angeeigneten Mehrarbeit und daher die absolute Masse des vom Gesellschaftskapital angeeigneten Profits wachsen. Aber dieselben Gesetze der Produktion und Akkumulation steigern, mit der Masse, den Wert des konstanten Kapitals in zunehmender Progression rascher als den des variablen, gegen lebendige Arbeit umgesetzten Kapitalteils. Dieselben Gesetze produzieren also für das Gesellschaftskapital eine wachsende absolute Profitmasse und eine fallende Profitrate.
Es wird hier ganz davon abgesehn, daß dieselbe Wertgröße, im Fortschritt der kapitalistischen Produktion und der ihr entsprechenden Entwicklung der Produktivkraft der gesellschaftlichen Arbeit und Vervielfältigung der Produktionszweige und daher Produkte, eine fortschreitend steigende Masse von Gebrauchswerten und Genüssen darstellt.
Der Entwicklungsgang der kapitalistischen Produktion und Akkumulation bedingt Arbeitsprozesse aufsteigend größrer Stufenleiter und damit steigend größern Dimensionen und dementsprechend steigende Kapitalvorschüsse für jedes einzelne Etablissement. Wachsende Konzentration der Kapitale (begleitet zugleich, doch in geringrem Maß, von wachsender Zahl der Kapitalisten) ist daher sowohl eine ihrer materiellen Bedingungen wie eins der von ihr selbst produzierten Resultate. Hand in Hand, in Wechselwirkung damit, geht fortschreitende Expropriation der mehr oder minder unmittelbaren Produzenten. So versteht es sich für die einzelnen Kapitalisten, daß sie überwachsend große Arbeiterarmeen kommandieren (sosehr auch für sie das variable im Verhältnis zum konstanten Kapital fällt), daß die Masse des von ihnen angeeigneten Mehrwerts und daher Profits wächst, gleichzeitig mit und trotz dem Fall in der Profitrate. Dieselben Ursachen, die Massen von Arbeiterarmeen unter dem Kommando einzelner Kapitalisten konzentrieren, sind es ja grade, die auch die Masse des angewandten fixen Kapitals wie der Roh- und Hilfsstoffe in wachsender Proportion anschwellen gegenüber der Masse der angewandten lebendigen Arbeit.
Es bedarf ferner hier nur der Erwähnung, daß bei gegebner Arbeiterbevölkerung, wenn die Mehrwertsrate wächst, sei es durch Verlängerung oder Intensifikation des Arbeitstags, sei es durch Wertsenkung des Arbeitslohns infolge der Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit, die Masse des Mehrwerts und daher die absolute Profitmasse wachsen muß, trotz der relativen Verminderung des variablen Kapitals im Verhältnis zum konstanten.
Dieselbe Entwicklung der Produktivkraft der gesellschaftlichen Arbeit, dieselben Gesetze, welche im relativen Fall des variablen Kapitals gegen das Gesamtkapital und der damit beschleunigten Akkumulation sich darstellen, während andrerseits die Akkumulation rückwirkend Ausgangspunkt weitrer Entwicklung der Produktivkraft und weitrer relativer Abnahme des variablen Kapitals wird, dieselbe Entwicklung drückt sich, von zeitweiligen Schwankungen abgesehn, aus in der steigenden Zunahme der angewandten Gesamtarbeitskraft, im steigenden Wachstum der absoluten Masse des Mehrwerts und daher des Profits.
In welcher Form nun muß dies zwieschlächtige Gesetz der aus denselben Ursachen entspringenden Abnahme der Profitrate und gleichzeitiger Zunahme der absoluten Profitmasse sich darstellen? Ein Gesetz, darauf begründet, daß unter den gegebnen Bedingungen die angeeignete Masse der Mehrarbeit und daher des Mehrwerts wächst und daß, das Gesamtkapital betrachtet oder das einzelne Kapital als bloßes Stück des Gesamtkapitals betrachtet, Profit und Mehrwert identische Größen sind?
Nehmen wir den aliquoten Teil des Kapitals, auf den wir die Profitrate berechnen, z.B. 100. Diese 100 stellen die Durchschnittszusammensetzung des Gesamtkapitals vor, sage 80c + 20v. Wir haben im zweiten Abschnitt dieses Buchs gesehn, wie die Durchschnittsprofitrate in den verschiednen Produktionszweigen nicht durch die, einem jeden besondre, Zusammensetzung des Kapitals, sondern durch seine gesellschaftliche Durchschnittszusammensetzung bestimmt wird. Mit relativer Abnahme des variablen Teils gegen den konstanten, und daher gegen das Gesamtkapital von 100, fällt die Profitrate bei gleichbleibendem und selbst steigendem Exploitationsgrad der Arbeit, fällt die relative Größe des Mehrwerts, d.h. sein Verhältnis zum Wert des vorgeschoßnen Gesamtkapitals von 100. Aber nicht nur diese relative Größe sinkt. Die Größe des Mehrwerts oder Profits, den das Gesamtkapital von 100 aufsaugt, fällt absolut. Bei einer Mehrwertsrate von 100% produziert ein Kapital von 60c + 40v eine Mehrwerts- und daher Profitmasse von 40; ein Kapital von 70c + 30v eine Profitmasse von 30; bei einem Kapital von 80c + 20v fällt der Profit auf 20. Dies Fallen bezieht sich auf die Masse des Mehrwerts und daher des Profits, und folgt daher, daß, weil das Gesamtkapital von 100 weniger lebendige Arbeit überhaupt, es bei gleichbleibendem Exploitationsgrad auch weniger Mehrarbeit in Bewegung setzt und daher weniger Mehrwert produziert. Irgendeinen aliquoten Teil des gesellschaftlichen Kapitals, also des Kapitals von gesellschaftlicher Durchschnittszusammensetzung, als Maßeinheit genommen, woran wir den Mehrwert messen – und dies geschieht bei aller Profitberechnung –, ist überhaupt relatives Fallen des Mehrwerts und sein absolutes Fallen identisch. Die Profitrate sinkt in den obigen Fällen von 40% auf 30% und auf 20%, weil in der Tat die vom selben Kapital produzierte Masse Mehrwert, und daher Profit, absolut fällt von 40 auf 30 und auf 20. Da die Wertgröße des Kapitals, woran der Mehrwert gemessen wird, gegeben, = 100 ist, kann ein Fallen der Proportion des Mehrwerts zu dieser gleichbleibenden Größe nur ein andrer Ausdruck sein für die Abnahme der absoluten Größe des Mehrwerts und Profits. Dies ist in der Tat eine Tautologie. Daß aber diese Verminderung eintritt, geht aus der Natur der Entwicklung des kapitalistischen Produktionsprozesses, wie bewiesen wurde, hervor.
Andrerseits aber bringen dieselben Ursachen, die eine absolute Abnahme des Mehrwerts und daher Profits auf ein gegebnes Kapital und daher auch der nach Prozenten berechneten Profitrate erzeugen, ein Wachstum in der absoluten Masse des vom Gesellschaftskapital (d.h. von der Gesamtheit der Kapitalisten) angeeigneten Mehrwerts und daher Profits hervor. Wie muß sich dies nun darstellen, wie kann es sich allein darstellen, oder welche Bedingungen sind eingeschlossen in diesen scheinbaren Widerspruch?
Wenn je ein aliquoter Teil = 100 des gesellschaftlichen Kapitals, und daher je 100 Kapital von gesellschaftlicher Durchschnittszusammensetzung, eine gegebne Größe ist, und daher für sie Abnahme der Profitrate zusammenfällt mit Abnahme der absoluten Größe des Profits, eben weil hier das Kapital, woran sie gemessen werden, eine konstante Größe ist, so ist dagegen die Größe des gesellschaftlichen Gesamtkapitals, wie des in den Händen einzelner Kapitalisten befindlichen Kapitals, eine variable Größe, die, um den vorausgesetzten Bedingungen zu entsprechen, variieren muß im umgekehrten Verhältnis zur Abnahme ihres variablen Teils.
Als im frühern Beispiel die Zusammensetzung prozentig 60c + 40v, war der Mehrwert oder Profit darauf 40 und daher die Profitrate 40%. Angenommen, auf dieser Stufe der Zusammensetzung sei das Gesamtkapital eine Million gewesen. So betrug der Ge samtmehrwert und daher der Gesamtprofit 400000. Wenn nun später die Zusammensetzung = 80c + 20v, so ist der Mehrwert oder Profit, bei gleichbleibendem Exploitationsgrad der Arbeit, auf je 100 = 20. Da aber der Mehrwert oder Profit der absoluten Masse nach, wie nachgewiesen, wächst, trotz dieser abnehmenden Profitrate oder abnehmenden Erzeugung von Mehrwert durch ein Kapital von je 100, z.B. wächst, sagen wir von 400000 auf 440000, so ist das nur dadurch möglich, daß das Gesamtkapital, das sich gleichzeitig mit dieser neuen Zusammensetzung gebildet hat, gewachsen ist auf 2200000. Die Masse des in Bewegung gesetzten Gesamtkapitals ist gestiegen auf 220%, während die Profitrate um 50% gefallen ist. Hätte sich das Kapital nur verdoppelt, so hätte es zur Profitrate von 20% nur dieselbe Masse von Mehrwert und Profit erzeugen können wie das alte Kapital von 1000000 zu 40%. Wäre es aufA17 weniger als das Doppelte gewachsen, so hätte es weniger Mehrwert oder Profit produziert als früher das Kapital von 1000000, das bei seiner frühern Zusammensetzung, um seinen Mehrwert von 400000 auf 440000 zu steigern, nur zu wachsen brauchte von 1000000 auf 1100000.
Es zeigt sich hier das schon früher entwickelte Gesetz, daß mit der relativen Abnahme des variablen Kapitals, also der Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit eine wachsend größre Masse Gesamtkapital nötig ist, um dieselbe Menge Arbeitskraft in Bewegung zu setzen und dieselbe Masse Mehrarbeit einzusaugen. Im selben Verhältnis daher, wie sich die kapitalistische Produktion entwickelt, entwickelt sich die Möglichkeit einer relativ überzähligen Arbeiterbevölkerung, nicht weil die Produktivkraft der gesellschaftlichen Arbeit abnimmt, sondern weil sie zunimmt, also nicht aus einem absoluten Mißverhältnis zwischen Arbeit und Existenzmitteln oder Mitteln zur Produktion dieser Existenzmittel, sondern aus einem Mißverhältnis, entspringend aus der kapitalistischen Exploitation der Arbeit, dem Mißverhältnis zwischen dem steigenden Wachstum des Kapitals und seinem relativ abnehmenden Bedürfnis nachwachsender Bevölkerung.
Fällt die Profitrate um 50%, so fällt sie um die Hälfte. Soll daher die Masse des Profits gleichbleiben, so muß das Kapital sich verdoppeln. Damit die Profitmasse bei abnehmender Profitrate gleichbleibe, muß der Multiplikator, der das Wachstum des Gesamtkapitals anzeigt, gleich sein dem Divisor, der das Fallen der Profitrate anzeigt. Wenn die Profitrate von 40 auf 20 fällt, muß das Gesamtkapital umgekehrt im Verhältnis von 20 : 40 steigen, damit das Resultat dasselbe bleibe. Wäre die Profitrate gefallen von 40 auf 8, so müßte das Kapital wachsen im Verhältnis von 8 : 40, d.h. auf das Fünffache. Ein Kapital von 1000000 zu 40% produziert 400000 und ein Kapital von 5000000 zu 8% produziert ebenfalls 400000. Dies gilt, damit das Resultat dasselbe bleibe. Soll es dagegen wachsen, so muß das Kapital in größrer Proportion wachsen, als die Profitrate fällt. In andren Worten: Damit der variable Bestandteil des Gesamtkapitals nicht nur absolut derselbe bleibe, sondern absolut wachse, obgleich sein Prozentsatz als Teil des Gesamtkapitals fällt, muß das Gesamtkapital in stärkrem Verhältnis wachsen, als der Prozentsatz des variablen Kapitals fällt. Es muß so sehr wachsen, daß es in seiner neuen Zusammensetzung nicht nur den alten variablen Kapitalteil, sondern noch mehr als diesen zum Ankauf von Arbeitskraft bedarf. Fällt der variable Teil eines Kapitals = 100 von 40 auf 20, so muß das Gesamtkapital auf mehr als 200 steigen, um ein größres variables Kapital als 40 verwenden zu können.
Selbst wenn die exploitierte Masse der Arbeiterbevölkerung konstant bliebe und nur Länge und Intensität des Arbeitstags sich vermehrten, so müßte die Masse des angewandten Kapitals steigen, da sie sogar steigen muß, um dieselbe Masse Arbeit unter den alten Exploitationsverhältnissen bei veränderter Kapitalzusammensetzung anzuwenden.
Also dieselbe Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit drückt sich im Fortschritt der kapitalistischen Produktionsweise aus einerseits in einer Tendenz zu fortschreitendem Fall der Profitrate und andrerseits in beständigem Wachstum der absoluten Masse des angeeigneten Mehrwerts oder Profits; so daß im ganzen der relativen Abnahme des variablen Kapitals und Profits eine absolute Zunahme beider entspricht. Diese doppelseitige Wirkung kann sich, wie gezeigt, nur darstellen in einem Wachstum des Gesamtkapitals in rascherer Progression als die, worin die Profitrate fällt. Um ein absolut angewachsnes variables Kapital bei höherer Zusammensetzung oder relativer stärkerer Zunahme des konstanten Kapitals anzuwenden, muß das Gesamtkapital nicht nur im Verhältnis der höhern Komposition wachsen, sondern noch rascher. Es folgt hieraus, daß, je mehr die kapitalistische Produktionsweise sich entwickelt, eine immer größre Kapitalmenge nötig ist, um dieselbe und mehr noch eine wachsende Arbeitskraft zu beschäftigen. Die steigende Produktivkraft der Arbeit erzeugt also, auf kapitalistischer Grundlage, mit Notwendigkeit eine permanente scheinbare Arbeiterübervölkerung. Bildet das variable Kapital nur 1/6 des Gesamtkapitals statt früher 1/2, so muß, um dieselbe Arbeitskraft zu beschäftigen, das Gesamtkapital sich verdreifachen; soll aber die doppelte Arbeitskraft beschäftigt werden, so muß es sich versechsfachen.
Die bisherige Ökonomie, die das Gesetz der fallenden Profitrate nicht zu erklären wußte, bringt die steigende Profitmasse, das Wachstum der absoluten Größe des Profits, sei es für den einzelnen Kapitalisten, sei es für das Gesellschaftskapital, als eine Art Trostgrund bei, der aber auch auf bloßen Gemeinplätzen und Möglichkeiten beruht.
Daß die Masse des Profits durch zwei Faktoren bestimmt ist, erstens durch die Profitrate und zweitens durch die Masse des Kapitals, das zu dieser Profitrate angewandt wird, ist nur Tautologie. Daß der Möglichkeit nach daher die Profitmasse wachsen kann, trotzdem die Profitrate gleichzeitig fällt, ist nur ein Ausdruck dieser Tautologie, hilft keinen Schritt weiter, da es ebenso möglich ist, daß das Kapital wächst, ohne daß die Profitmasse wächst, und daß es sogar noch wachsen kann, während sie fällt. 100 zu 25% gibt 25, 400 zu 5% gibt nur 20.35 Wenn aber dieselben Ursachen, die die Profitrate fallen machen, die Akkumulation, d.h. die Bildung von zusätzlichem Kapital fördern und wenn jedes zusätzliche Kapital zusätzliche Arbeit in Bewegung setzt und zusätzlichen Mehrwert produziert; wenn andrerseits das bloße Sinken der Profitrate die Tatsache einschließt, daß das konstante Kapital und damit das gesamte alte Kapital gewachsen ist, so hört dieser ganze Prozeß auf, mysteriös zu sein. Man wird später sehn, zu welchen absichtlichen Rechnungsfälschungen Zuflucht genommen wird, um die Möglichkeit der Zunahme der Profitmasse zugleich mit Abnahme der Profitrate wegzuschwindeln.
Wir haben gezeigt, wie dieselben Ursachen, welche einen tendenziellen Fall der allgemeinen Profitrate produzieren, eine beschleunigte Akkumulation des Kapitals und daher Wachstum in der absoluten Größe oder Gesamtmasse der von ihm angeeigneten Mehrarbeit (Mehrwert, Profit) bedingen. Wie alles in der Konkurrenz und daher im Bewußtsein der Agenten der Konkurrenz sich verkehrt darstellt, so auch dies Gesetz, ich meine dieser innere und notwendige Zusammenhang zwischen zwei scheinbar sich Widersprechenden. Es ist sichtbar, daß innerhalb der oben entwickelten Proportionen ein Kapitalist, der über großes Kapital verfügt, mehr Profitmasse macht, als ein kleiner Kapitalist, der scheinbar hohe Profite macht. Die oberflächlichste Betrachtung der Konkurrenz zeigt ferner, daß unter gewissen Umständen, wenn der größre Kapitalist sich Raum auf dem Markt schaffen, die kleineren verdrängen will, wie in Zeiten der Krise, er dies praktisch benutzt, d.h. seine Profitrate absichtlich heruntersetzt, um die kleineren aus dem Feld zu schlagen. Namentlich auch das Kaufmannskapital, worüber später Näheres, zeigt Phänomene, welche das Sinken des Profits als Folge der Ausdehnung des Geschäfts und damit des Kapitals erscheinen lassen. Den eigentlich wissenschaftlichen Ausdruck für die falsche Auffassung geben wir später. Ähnliche oberflächliche Betrachtungen ergeben sich aus Vergleich der Profitraten, die in besondren Geschäftszweigen gemacht werden, je nachdem sie dem Regime der freien Konkurrenz oder des Monopols unterworfen sind. Die ganze flache Vorstellung, wie sie in den Köpfen der Konkurrenzagenten lebt, findet sich bei unserm Roscher, nämlich, daß diese Herabsetzung der Profitrate »klüger und menschlicher« sei. Die Abnahme der Profitrate erscheint hier als Folge der Zunahme des Kapitals und der damit verbundnen Berechnung der Kapitalisten, daß bei kleinerer Profitrate die von ihnen eingesteckte Profitmasse größer sein werde. Das ganze (ausgenommen bei A. Smith, worüber später) beruht auf gänzlicher Begriffslosigkeit über das, was die allgemeine Profitrate überhaupt ist, und auf der kruden Vorstellung, daß die Preise in der Tat bestimmt werden durch Zuschlag eines mehr oder weniger willkürlichen Profitquotums über den wirklichen Wert der Waren hinaus. Krud wie diese Vorstellungen sind, entspringen sie doch mit Notwendigkeit aus der verkehrten Art und Weise, worin die immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktion innerhalb der Konkurrenz sich darstellen.
Das Gesetz, daß der durch Entwicklung der Produktivkraft verursachte Fall der Profitrate begleitet ist von einer Zunahme in der Profitmasse, drückt sich auch darin aus, daß der Fall im Preis der vom Kapital produzierten Waren begleitet ist von einer relativen Steigerung der in ihnen enthaltnen und durch ihren Verkauf realisierten Profitmassen.
Da die Entwicklung der Produktivkraft und die ihr entsprechende höhere Zusammensetzung des Kapitals ein stets größres Quantum Produktionsmittel durch ein stets geringres Quantum Arbeit in Bewegung setzt, absorbiert jeder aliquote Teil des Gesamtprodukts, jede einzelne Ware oder jedes bestimmte einzelne Warenmaß der produzierten Gesamtmasse weniger lebendige Arbeit und enthält ferner weniger vergegenständlichte Arbeit, sowohl im Verschleiß des angewandten fixen Kapitals wie in den verbrauchten Roh- und Hilfsstoffen. Jede einzelne Ware enthält also eine geringere Summe von in Produktionsmitteln vergegenständlichter und während der Produktion neu zugesetzter Arbeit. Der Preis der einzelnen Ware fällt daher. Die Profitmasse, die in der einzelnen Ware enthalten ist, kann trotzdem zunehmen, wenn die Rate des absoluten oder relativen Mehrwerts wächst. Sie enthält weniger neu zugesetzte Arbeit, aber der unbezahlte Teil derselben wächst gegen den bezahlten Teil. Doch ist dies nur innerhalb bestimmter Schranken der Fall. Mit der im Lauf der Produktionsentwicklung enorm gesteigerten absoluten Abnahme der Summe der, in der einzelnen Ware neu zugesetzten, lebendigen Arbeit wird auch die Masse der in ihr enthaltnen unbezahlten Arbeit absolut abnehmen, wie sehr sie auch relativ gewachsen sei, im Verhältnis nämlich zum bezahlten Teil. Die Profitmasse auf jede einzelne Ware wird sich sehr vermindern mit der Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit, trotz des Wachstums der Mehrwertsrate; und diese Verminderung, ganz wie der Fall der Profitrate, wird nur verlangsamt durch die Verwohlfeilerung der Elemente des konstanten Kapitals und die andren im ersten Abschnitt dieses Buchs aufgeführten Umstände, die die Profitrate erhöhen bei gegebner und selbst bei sinkender Rate des Mehrwerts.
Daß der Preis der einzelnen Waren fällt, aus deren Summe das Gesamtprodukt des Kapitals besteht, heißt weiter nichts, als daß sich ein gegebnes Quantum Arbeit in einer größren Masse Waren realisiert, jede einzelne Ware also weniger Arbeit als früher enthält. Dies ist der Fall, selbst wenn der Preis des einen Teils des konstanten Kapitals, Rohstoff etc. steigt. Mit Ausnahme einzelner Fälle (z.B. wenn die Produktivkraft der Arbeit gleichmäßig alle Elemente des konstanten wie des variablen Kapitals verwohlfeilert) wird die Profitrate sinken, trotz der erhöhten Rate des Mehrwerts, 1. weil selbst ein größrer unbezahlter Teil der geringren Gesamtsumme der neu zugesetzten Arbeit kleiner ist, als ein geringrer aliquoter unbezahlter Teil der größren Gesamtsumme war, und 2. weil die höhere Zusammensetzung des Kapitals in der einzelnen Ware sich darin ausdrückt, daß der Wertteil derselben, worin überhaupt neu zugesetzte Arbeit sich darstellt, fällt gegen den Wertteil, der sich darstellt in Rohstoff, Hilfsstoff und Verschleiß des fixen Kapitals. Dieser Wechsel im Verhältnis der verschiednen Bestandteile des Preises der einzelnen Ware, die Abnahme des Preisteils, worin sich neu zugesetzte lebendige Arbeit, und die Zunahme der Preisteile, worin sich früher vergegenständlichte Arbeit darstellt – ist die Form, worin sich im Preis der einzelnen Ware die Abnahme des variablen Kapitals gegen das konstante ausdrückt. Wie diese Abnahme absolut ist für ein gegebnes Maß des Kapitals, z.B. 100, so ist sie auch absolut für jede einzelne Ware als aliquoten Teil des reproduzierten Kapitals. Doch würde die Profitrate, wenn nur auf die Preiselemente der einzelnen Ware berechnet, sich anders darstellen als sie wirklich ist. Und zwar aus folgendem Grund:
〈Die Profitrate wird berechnet auf das angewandte Gesamtkapital, aber für eine bestimmte Zeit, tatsächlich ein Jahr. Das Verhältnis des in einem Jahr gemachten und realisierten Mehrwerts oder Profits zum Gesamtkapital, prozentig berechnet, ist die Profitrate. Sie ist also nicht notwendig gleich mit einer Profitrate, bei der nicht das Jahr, sondern die Umschlagsperiode des fraglichen Kapitals der Berechnung zugrunde gelegt wird; nur wenn dies Kapital gerade einmal im Jahr umschlägt, fallen beide zusammen.
Andrerseits ist der im Lauf eines Jahrs gemachte Profit nur die Summe der Profite auf die im Lauf desselben Jahres produzierten und verkauften Waren. Berechnen wir nun den Profit auf den Kostpreis der Waren, so erhalten wir eine Profitrate = p/k, wo p der im Lauf des Jahres realisierte Profit und k die Summe der Kostpreise der in derselben Zeit produzierten und verkauften Waren ist. Es ist augenscheinlich, daß diese Profitrate p/k nur dann mit der wirklichen Profitrate p/C, Profitmasse dividiert durch das Gesamtkapital, zusammenfallen kann, wenn k = C, d.h., wenn das Kapital genau einmal im Jahr umschlägt.
Nehmen wir drei verschiedne Zustände eines industriellen Kapitals.
I. Das Kapital von 8000 Pfd. St. produziert und verkauft jährlich 5000 Stück Ware, das Stück zu 30 sh., hat also einen Jahresumschlag von 7500 Pfd. St. Es macht auf jedes Stück Ware einen Profit von 10 sh. = 2500 Pfd. St. jährlich. In jedem Stück stecken also 20 sh. Kapitalvorschuß und 10 sh. Profit, also ist die Profitrate per Stück 10/20 = 50%. Auf die umgeschlagene Summe von 7500 Pfd. St. kommen 5000 Pfd. St. Kapitalvorschuß und 2500 Pfd. St. Profit; Profitrate auf den Umschlag, p/k, ebenfalls = 50%. Dagegen auf das Gesamtkapital berechnet ist die Profitrate p/C = 2500/8000 31 1/4%.
II. Das Kapital steige auf 10000 Pfd. St. Infolge vermehrter Produktivkraft der Arbeit sei es befähigt, jährlich 10000 Stück Ware zum Kostpreis von je 20 sh. zu produzieren. Es verkaufe sie mit 4 sh. Profit, also zu 24 sh. pro Stück. Dann ist der Preis des Jahresprodukts = 12000 Pfd. St., wovon 10000 Pfd. St. Kapitalvorschuß und 2000 Pfd. St. Profit. p/k ist pro Stück = 4/20, für den Jahresumschlag = 2000/10000, also beidemal = 20%, und da das Gesamtkapital gleich der Summe der Kostpreise, nämlich 10000 Pfd. St., so ist auch p/C, die wirkliche Profitrate, diesmal = 20%.
III. Das Kapital steige, bei stets wachsender Produktivkraft der Arbeit, auf 15000 Pfd. St. und produziere jetzt jährlich 30000 Stück Ware zum Kostpreis von je 13 sh., die mit 2 sh. Profit, also zu 15 sh. das Stück verkauft werden. Jahresumschlag also = 30000 * 15 sh. = 22500 Pfd. St., wovon 19500 Kapitalvorschuß und 3000 Pfd. St. Profit. p/k ist also = 2/13 = 3000/19500= 15 5/13%. Dagegen p/C = 3000/15000 = 20%.
Wir sehn also: Nur in Fall II, wo der umgeschlagne Kapitalwert gleich dem Gesamtkapital, ist die Profitrate aufs Stück Ware oder auf die Umschlagssumme dieselbe wie die aufs Gesamtkapital berechnete Profitrate. Im Fall I, wo die Umschlagssumme kleiner als das Gesamtkapital, ist die Profitrate, auf den Kostpreis der Ware berechnet, höher; im Fall III, wo das Gesamtkapital kleiner als die Umschlagssumme, ist sie niedriger als die wirkliche, aufs Gesamtkapital berechnete Profitrate. Es gilt dies allgemein.
In der kaufmännischen Praxis wird der Umschlag gewöhnlich ungenau berechnet. Man nimmt an, das Kapital habe einmal umgeschlagen, sobald die Summe der realisierten Warenpreise die Summe des angewandten Gesamtkapitals erreicht. Das Kapital kann aber nur dann einen ganzen Umlauf vollenden, wenn die Summe der Kostpreise der realisierten Waren gleich wird der Summe des Gesamtkapitals. – F. E.}
Es zeigt sich auch hier wieder, wie wichtig es ist, bei der kapitalistischen Produktion nicht die einzelne Ware oder das Warenprodukt eines beliebigen Zeitraums isoliert für sich, als bloße Ware zu betrachten, sondern als Produkt des vorgeschoßnen Kapitals und im Verhältnis zum Gesamtkapital, das diese Ware produziert.
Obgleich nun die Profitrate berechnet werden muß durch Messung der Masse des produzierten und realisierten Mehrwerts, nicht nur an dem konsumierten Kapitalteil, der in den Waren wiedererscheint, sondern an diesem Teil plus dem nicht konsumierten, aber angewandten und in der Produktion fortdienenden Kapitalteil, so kann die Profitmasse doch nur gleich sein der in den Waren selbst enthaltnen und durch ihren Verkauf zu realisierenden Masse von Profit oder Mehrwert.
Vermehrt sich die Produktivität der Industrie, so fällt der Preis der einzelnen Ware. Es ist weniger Arbeit in ihr enthalten, weniger bezahlte und unbezahlte. Dieselbe Arbeit produziere z.B. das dreifache Produkt; es kommt dann 2/3 weniger Arbeit auf das einzelne Produkt. Und da der Profit nur einen Teil dieser in der einzelnen Ware enthaltnen Arbeitsmasse bilden kann, muß die Masse des Profits auf die einzelne Ware abnehmen und dies auch, innerhalb gewisser Grenzen, selbst wenn die Rate des Mehrwerts steigt. In allen Fällen sinkt die Profitmasse auf das Gesamtprodukt nicht unter die ursprüngliche Profitmasse, sobald das Kapital dieselbe Masse Arbeiter wie früher bei gleichem Exploitationsgrad anwendet. (Dies kann auch geschehn, wenn weniger Arbeiter bei erhöhtem Exploitationsgrad angewandt werden.) Denn in demselben Verhältnis, wie die Profitmasse auf das einzelne Produkt abnimmt, nimmt die Anzahl der Produkte zu. Die Profitmasse bleibt dieselbe, nur verteilt sie sich anders auf die Summe der Waren; es ändert dies auch nichts an der Verteilung des durch die neu zugesetzte Arbeit geschaffnen Wertquantums zwischen Arbeiter und Kapitalisten. Die Profitmasse kann nur steigen, bei Anwendung derselben Masse Arbeit, wenn die unbezahlte Mehrarbeit wächst, oder bei gleichbleibendem Exploitationsgrad der Arbeit, wenn die Anzahl der Arbeiter sich vermehrt. Oder wenn beides zusammenwirkt. In allen diesen Fällen – die aber der Voraussetzung gemäß Wachsen des konstanten Kapitals gegen das variable und wachsende Größe des angewandten Gesamtkapitals voraussetzen – enthält die einzelne Ware weniger Profitmasse und sinkt die Profitrate, selbst wenn auf die einzelne Ware berechnet; ein gegebnes Quantum zusätzlicher Arbeit stellt sich dar in einem größern Quantum Waren; der Preis der einzelnen Ware sinkt. Abstrakt betrachtet, kann beim Fall des Preises der einzelnen Ware infolge vermehrter Produktivkraft, und bei daher gleichzeitiger Vermehrung der Anzahl dieser wohlfeilern Waren, die Profitrate dieselbe bleiben, z.B. wenn die Vermehrung der Produktivkraft gleichmäßig und gleichzeitig auf alle Bestandteile der Waren wirkte, so daß der Gesamtpreis der Ware in demselben Verhältnis fiele, wie sich die Produktivität der Arbeit vermehrte, und andrerseits das gegenseitige Verhältnis der verschiednen Preisbestandteile der Ware dasselbe bliebe. Steigen könnte die Profitrate sogar, wenn mit der Erhöhung der Rate des Mehrwerts eine bedeutende Wertverminderung der Elemente des konstanten und namentlich des fixen Kapitals verbunden wäre. Aber in Wirklichkeit wird die Profitrate, wie bereits gesehn, auf die Dauer fallen. In keinem Fall erlaubt der Preisfall der einzelnen Ware allein einen Schluß auf die Profitrate. Es kommt alles darauf an, wie groß die Gesamtsumme des in ihrer Produktion beteiligten Kapitals. Fällt z.B. der Preis einer Elle Gewebe von 3 sh. auf 1 2/3 sh.; wenn man weiß, daß darin vor dem Preisfall für 1 2/3 sh. konstantes Kapital, Garn etc., 2/3 sh. Arbeitslohn, 2/3 sh. Profit waren, nach dem Preisfall dagegen für 1 sh. konstantes Kapital, 1/3 sh. Arbeitslohn und 1/3 sh. Profit ist, so weiß man nicht, ob die Profitrate dieselbe geblieben ist oder nicht. Es hängt dies davon ab, ob und um wieviel das vorgeschoßne Gesamtkapital gewachsen ist und wieviel Ellen mehr es in gegebner Zeit produziert.
Das aus der Natur der kapitalistischen Produktionsweise hervorgehende Phänomen, daß bei wachsender Produktivität der Arbeit der Preis der einzelnen Ware oder eines gegebnen Warenquotums sinkt, die Anzahl der Waren steigt, die Profitmasse auf die einzelne Ware und die Profitrate auf die Warensumme sinkt, die Profitmasse aber auf die Gesamtsumme der Waren steigt – dies Phänomen stellt auf der Oberfläche nur dar: Fallen der Profitmasse auf die einzelne Ware, Fallen ihres Preises, Wachsen der Profitmasse auf die vermehrte Gesamtzahl der Waren, die das Gesamtkapital der Gesellschaft oder auch der einzelne Kapitalist produziert. Es wird dies dann so aufgefaßt, daß der Kapitalist aus freiem Belieben weniger Profit auf die einzelne Ware schlägt, aber sich entschädigt durch die größre Anzahl Waren, die er produziert. Diese Anschauung beruht auf der Vorstellung des Veräußerungsprofits (profit upon alienation), die ihrerseits wieder abstrahiert ist aus der Anschauung des Kaufmannskapitals.
Man hat früher, im vierten und siebenten Abschnitt des ersten Buchs, gesehn, daß die mit der Produktivkraft der Arbeit wachsende Warenmasse und Verwohlfeilerung der einzelnen Ware als solche (soweit diese Waren nicht bestimmend in den Preis der Arbeitskraft eingehn) das Verhältnis von bezahlter und unbezahlter Arbeit in der einzelnen Ware nicht affiziert, trotz des sinkenden Preises.
Da in der Konkurrenz sich alles falsch darstellt, nämlich verkehrt, so kann sich der einzelne Kapitalist einbilden: 1. daß er seinen Profit auf die einzelne Ware durch ihre Preissenkung herabsetzt, aber größern Profit macht wegen der größern Warenmasse, die er verkauft; 2. daß er den Preis der einzelnen Waren festsetzt und durch Multiplikation den Preis des Gesamtprodukts bestimmt, während der ursprüngliche Prozeß der der Division ist (s. Buch I, Kap. X, S. 314/323) und die Multiplikation nur zweiter Hand, auf Voraussetzung jener Division richtig ist. Der Vulgärökonom tut in der Tat nichts als die sonderbaren Vorstellungen der in der Konkurrenz befangnen Kapitalisten in eine scheinbar mehr theoretische, verallgemeinernde Sprache zu übersetzen und sich abzumühn, die Richtigkeit dieser Vorstellungen zu konstruieren.
In der Tat ist das Fallen der Warenpreise und das Steigen der Profitmasse auf die gewachsne Masse der verwohlfeilerten Waren nur ein andrer Ausdruck für das Gesetz von fallender Profitrate bei gleichzeitig steigender Masse des Profits.
Die Untersuchung, wieweit fallende Profitrate mit steigenden Preisen zusammenfallen kann, gehört ebensowenig hierher, wie der früher, Buch I, S. 314/323, beim relativen Mehrwert erörterte Punkt. Der Kapitalist, der verbesserte, aber noch nicht verallgemeinerte Produktionsweisen anwendet, verkauft unter dem Marktpreis, aber über seinem individuellen Produktionspreis; so steigt die Profitrate für ihn, bis die Konkurrenz dies ausgeglichen; eine Ausgleichungsperiode, während deren Verlauf das zweite Requisit, das Wachstum des ausgelegten Kapitals sich einfindet; je nach dem Grad dieses Wachstums wird der Kapitalist nun imstande sein, einen Teil der früher beschäftigten Arbeitermasse, ja vielleicht die ganze oder eine größre Arbeitermasse unter den neuen Bedingungen zu beschäftigen, also dieselbe oder eine höhere Profitmasse zu produzieren.
14. Entgegenwirkende Ursachen
Wenn man die enorme Entwicklung der Produktivkräfte der gesellschaftlichen Arbeit selbst nur in den letzten 30 Jahren, verglichen mit allen frühern Perioden, betrachtet, wenn man namentlich die enorme Masse von fixem Kapital betrachtet, das außer der eigentlichen Maschinerie in die Gesamtheit des gesellschaftlichen Produktionsprozesses eingeht, so tritt an die Stelle der Schwierigkeit, welche bisher die Ökonomen beschäftigt hat, nämlich den Fall der Profitrate zu erklären, die umgekehrte, nämlich zu erklären, warum dieser Fall nicht größer oder rascher ist. Es müssen gegenwirkende Einflüsse im Spiel sein, welche die Wirkung des allgemeinen Gesetzes durchkreuzen und aufheben und ihm nur den Charakter einer Tendenz geben, weshalb wir auch den Fall der allgemeinen Profitrate als einen tendenziellen Fall bezeichnet haben. Die allgemeinsten dieser Ursachen sind folgende:
I. Erhöhung des Exploitationsgrads der Arbeit
Der Exploitationsgrad der Arbeit, die Aneignung von Mehrarbeit und Mehrwert wird erhöht namentlich durch Verlängerung des Arbeitstags und Intensifikation der Arbeit. Diese beiden Punkte sind ausführlich entwickelt in Buch I bei der Produktion des absoluten und des relativen Mehrwerts. Es gibt viele Momente der Intensifikation der Arbeit, die ein Wachstum des konstanten Kapitals gegen das variable, also Fall der Profitrate einschließen, wie wenn ein Arbeiter größre Masse von Maschinerie zu überwachen hat. Hier – wie bei den meisten Prozeduren, die zur Produktion des relativen Mehrwerts dienen – mögen dieselben Ursachen, die ein Wachstum in der Rate des Mehrwerts hervorbringen, einen Fall in der Masse des Mehrwerts, gegebne Größen von angewandtem Gesamtkapital betrachtet, einschließen. Aber es gibt andre Momente der Intensifikation, wie z.B. beschleunigte Geschwindigkeit der Maschinerie, die in derselben Zeit zwar mehr Rohmaterial vernutzen, aber was das fixe Kapital angeht, die Maschinerie zwar schneller aufnutzen, das Verhältnis ihres Werts zum Preis der Arbeit, die sie in Bewegung setzt, indes keineswegs affizieren. Namentlich aber ist es die Verlängerung des Arbeitstags, diese Erfindung der modernen Industrie, welche die Masse der angeeigneten Mehrarbeit vermehrt, ohne das Verhältnis der angewandten Arbeitskraft zu dem von ihr in Bewegung gesetzten konstanten Kapital wesentlich zu verändern, und welche in der Tat eher das letztere relativ vermindert. Sonst ist es bereits nachgewiesen – und bildet das eigentliche Geheimnis des tendenziellen Falls der Profitrate –, daß die Prozeduren zur Erzeugung von relativem Mehrwert im ganzen und großen darauf hinauslaufen: einerseits von einer gegebnen Masse Arbeit möglichst viel in Mehrwert zu verwandeln, andrerseits im Verhältnis zum vorgeschoßnen Kapital möglichst wenig Arbeit überhaupt anzuwenden; so daß dieselben Gründe, welche erlauben, den Exploitationsgrad der Arbeit zu erhöhen, es verbieten, mit demselben Gesamtkapital ebensoviel Arbeit wie früher zu exploitieren. Dies sind die widerstreitenden Tendenzen, die, während sie auf eine Steigerung in der Rate des Mehrwerts, gleichzeitig auf einen Fall der von einem gegebnen Kapital erzeugten Masse des Mehrwerts und daher der Rate des Profits hinwirken. Ebenfalls ist die massenhafte Einführung von Weiber-und Kinderarbeit soweit hier zu erwähnen, als die ganze Familie dem Kapital eine größre Masse Mehrarbeit liefern muß als vorher, selbst wenn die Gesamtsumme des ihr gegebnen Arbeitslohns wächst, was keineswegs allgemein der Fall. – Alles was die Produktion des relativen Mehrwerts fördert durch bloße Verbesserung der Methoden, wie in der Agrikultur, bei unveränderter Größe des angewandten Kapitals, hat dieselbe Wirkung. Hier steigt zwar nicht das angewandte konstante Kapital im Verhältnis zum variablen, soweit wir letzteres als Index der beschäftigten Arbeitskraft betrachten, aber es steigt die Masse des Produkts im Verhältnis zur angewandten Arbeitskraft. Dasselbe findet statt, wenn die Produktivkraft der Arbeit (einerlei ob ihr Produkt in die Konsumtion der Arbeiter eingeht oder in die Elemente des konstanten Kapitals) befreit wird von Verkehrshemmungen, willkürlichen oder im Lauf der Zeit störend gewordnen Einschränkungen, überhaupt von Fesseln aller Art, ohne daß dadurch zunächst das Verhältnis des variablen zum konstanten Kapital berührt wird.
Es könnte die Frage aufgeworfen werden, ob in den, den Fall der Profitrate hemmenden, ihn in letzter Instanz aber stets beschleunigenden Ursachen einbegriffen sind die temporären, aber sich stets wiederholenden, bald in diesem, bald in jenem Produktionszweig auftauchenden Erhöhungen des Mehrwerts über das allgemeine Niveau für den Kapitalisten, der Erfindungen usw. benutzt, bevor sie verallgemeinert sind. Diese Frage muß bejaht werden.
Die Masse des Mehrwerts, die ein Kapital von gegebner Größe erzeugt, ist das Produkt zweier Faktoren, der Rate des Mehrwerts multipliziert mit der Arbeiterzahl, die zur gegebnen Rate beschäftigt wird. Sie hängt also ab bei gegebner Rate des Mehrwerts von der Arbeiterzahl und bei gegebner Arbeiterzahl von der Rate des Mehrwerts, überhaupt also von dem zusammengesetzten Verhältnis der absoluten Größe des variablen Kapitals und der Rate des Mehrwerts. Nun hat sich gezeigt, daß im Durchschnitt dieselben Ursachen, die die Rate des relativen Mehrwerts erhöhen, die Masse der angewandten Arbeitskraft erniedrigen. Es ist aber klar, daß ein Mehr oder Minder hier eintritt, je nach dem bestimmten Verhältnis, worin diese gegensätzliche Bewegung sich vollzieht, und daß die Tendenz zur Verminderung der Profitrate namentlich geschwächt wird durch Erhöhung der Rate des absoluten, aus Verlängerung des Arbeitstags stammenden Mehrwerts.
Bei der Profitrate hat sich im allgemeinen gefunden, daß dem Sinken der Rate, wegen der steigenden Masse des angewandten Gesamtkapitals, die Zunahme der Profitmasse entspricht. Das gesamte variable Kapital der Gesellschaft betrachtet, ist der von ihm erzeugte Mehrwert gleich dem erzeugten Profit. Neben der absoluten Masse ist auch die Rate des Mehrwerts gewachsen; die eine, weil die von der Gesellschaft angewandte Masse Arbeitskraft gewachsen, die zweite, weil der Exploitationsgrad dieser Arbeit gewachsen. Aber mit Bezug auf ein Kapital von gegebner Größe, z.B. 100, kann die Rate des Mehrwerts wachsen, während die Masse im Durchschnitt fällt; weil die Rate bestimmt ist durch das Verhältnis, worin sich der variable Kapitalteil verwertet, die Masse dagegen bestimmt ist durch den Verhältnisteil, den das variable Kapital vom Gesamtkapital ausmacht.
Das Steigen der Mehrwertsrate – da es namentlich auch unter Umständen stattfindet, wo, wie oben angeführt, keine oder keine verhältnismäßige Vermehrung des konstanten Kapitals gegen das variable stattfindet – ist ein Faktor, wodurch die Masse des Mehrwerts und daher auch die Profitrate mit bestimmt wird. Er hebt nicht das allgemeine Gesetz auf. Aber er macht, daß es mehr als Tendenz wirkt, d.h. als ein Gesetz, dessen absolute Durchführung durch gegenwirkende Umstände aufgehalten, verlangsamt, abgeschwächt wird. Da aber dieselben Ursachen, die die Rate des Mehrwerts erhöhen (selbst die Verlängerung der Arbeitszeit ist ein Resultat der großen Industrie), dahin streben, die von einem gegebnen Kapital angewandte Arbeitskraft zu vermindern, so streben dieselben Ursachen zur Verminderung der Profitrate und zur verlangsamten Bewegung dieser Verminderung. Wenn einem Arbeiter die Arbeit aufgezwungen wird, die rationell nur zwei verrichten können, und wenn dies unter Umständen geschieht, wo dieser eine drei ersetzen kann, so wird der eine soviel Mehrarbeit liefern wie früher zwei, und sofern ist die Rate des Mehrwerts gestiegen. Aber er wird nicht soviel liefern wie vorher drei, und damit ist die Masse des Mehrwerts gefallen. Ihr Fall ist aber kompensiert oder beschränkt durch das Steigen der Rate des Mehrwerts. Wird die gesamte Bevölkerung zu gestiegner Rate des Mehrwerts beschäftigt, so steigt die Masse des Mehrwerts, obgleich die Bevölkerung dieselbe bleibt. Noch mehr bei wachsender Bevölkerung; und obgleich dies verbunden ist mit einem relativen Fall der beschäftigten Arbeiterzahl im Verhältnis zur Größe des Gesamtkapitals, so wird dieser Fall doch gemäßigt oder aufgehalten durch die gestiegne Rate des Mehrwerts.
Ehe wir diesen Punkt verlassen, ist noch einmal zu betonen, daß bei gegebner Größe des Kapitals die Rate des Mehrwerts wachsen kann, obgleich seine Masse fällt, und umgekehrt. Die Masse des Mehrwerts ist gleich der Rate multipliziert mit der Arbeiterzahl; die Rate wird aber nie auf das Gesamtkapital, sondern nur auf das variable Kapital berechnet, in der Tat nur auf je einen Arbeitstag. Dagegen kann bei gegebner Größe des Kapitalwerts die Profitrate nie steigen oder fallen, ohne daß die Masse des Mehrwerts ebenfalls steigt oder fällt.
II. Herunterdrücken des Arbeitslohns unter seinen Wert
Dies wird hier nur empirisch angeführt, da es in der Tat, wie manches andre, was hier aufzuführen wäre, mit der allgemeinen Analyse des Kapitals nichts zu tun hat, sondern in die, in diesem Werk nicht behandelte, Darstellung der Konkurrenz gehört. Doch ist es eine der bedeutendsten Ursachen, die die Tendenz zum Fall der Profitrate aufhalten.
III. Verwohlfeilerung der Elemente des konstanten Kapitals
Alles, was im ersten Abschnitt dieses Buchs über die Ursachen gesagt worden, die die Profitrate erhöhen bei konstanter Mehrwertsrate oder unabhängig von der Mehrwertsrate, gehört hierher. Also namentlich, daß, das Gesamtkapital betrachtet, der Wert des konstanten Kapitals nicht in demselben Verhältnis wächst wie sein materieller Umfang. Z.B. die Baumwollmasse, die ein einzelner europäischer Spinnarbeiter in einer modernen Fabrik verarbeitet, ist gewachsen im kolossalsten Verhältnis zu dem, was ein europäischer Spinner früher mit dem Spinnrad verarbeitete. Aber der Wert der verarbeiteten Baumwolle ist nicht in demselben Verhältnis gewachsen wie ihre Masse. Ebenso mit den Maschinen und andrem fixen Kapital. Kurz, dieselbe Entwicklung, die die Masse des konstanten Kapitals steigert im Verhältnis zum variablen, vermindert, infolge der gesteigerten Produktivkraft der Arbeit, den Wert seiner Elemente und verhindert daher, daß der Wert des konstanten Kapitals, obgleich beständig wachsend, im selben Verhältnis wachse wie sein materieller Umfang, d.h. der materielle Umfang der Produktionsmittel, die von derselben Menge Arbeitskraft in Bewegung gesetzt werden. In einzelnen Fällen kann sogar die Masse der Elemente des konstanten Kapitals zunehmen, während sein Wert gleich bleibt oder gar fällt.
Mit dem Gesagten hängt zusammen die mit der Entwicklung der Industrie gegebne Entwertung des vorhandnen Kapitals (d.h. seiner stofflichen Elemente). Auch sie ist eine der beständig wirkenden Ursachen, welche den Fall der Profitrate aufhalten, obgleich sie unter Umständen die Masse des Profits beeinträchtigen kann durch Beeinträchtigung der Masse des Kapitals, das Profit abwirft. Es zeigt sich hier wieder, daß dieselben Ursachen, welche die Tendenz zum Fall der Profitrate erzeugen, auch die Verwirklichung dieser Tendenz mäßigen.
IV. Die relative Überbevölkerung
Ihre Erzeugung ist unzertrennlich von der und wird beschleunigt durch die Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit, die sich in der Abnahme der Profitrate ausdrückt. Die relative Überbevölkerung zeigt sich um so auffallender in einem Lande, je mehr die kapitalistische Produktionsweise in ihm entwickelt ist. Sie ist wiederum Grund, einerseits, daß in vielen Produktionszweigen die mehr oder minder unvollständige Unterordnung der Arbeit unter das Kapital fortdauert und länger fortdauert, als dies dem allgemeinen Stand der Entwicklung auf den ersten Blick entspricht; es ist dies Folge der Wohlfeilheit und Masse der disponiblen oder freigesetzten Lohnarbeiter und des größern Widerstandes, den manche Produktionszweige, ihrer Natur nach, der Verwandlung von Handarbeit in Maschinenarbeit entgegensetzen. Andrerseits öffnen sich neue Produktionszweige, besonders auch für Luxuskonsumtion, die eben jene relative, oft durch Überwiegen des konstanten Kapitals in andren Produktionszweigen freigesetzte Bevölkerung als Basis nehmen, ihrerseits wieder auf Überwiegen des Elements der lebendigen Arbeit beruhn und erst nach und nach dieselbe Karriere wie die andren Produktionszweige durchmachen. In beiden Fällen nimmt das variable Kapital eine bedeutende Proportion des Gesamtkapitals ein und ist der Arbeitslohn unter dem Durchschnitt, so daß sowohl Mehrwertsrate wie Mehrwertsmasse in diesen Produktionszweigen ungewöhnlich hoch sind. Da nun die allgemeine Profitrate durch die Ausgleichung der Profitraten in den besondren Produktionszweigen gebildet wird, bringt hier wieder dieselbe Ursache, die die fallende Tendenz der Profitrate erzeugt, ein Gegengewicht gegen diese Tendenz hervor, das ihre Wirkung mehr oder minder paralysiert.
V. Der auswärtige Handel
Soweit der auswärtige Handel teils die Elemente des konstanten Kapitals, teils die notwendigen Lebensmittel, worin das variable Kapital sich umsetzt, verwohlfeilert, wirkt er steigernd auf die Profitrate, indem er die Rate des Mehrwerts hebt und den Wert des konstanten Kapitals senkt. Er wirkt überhaupt in diesem Sinn, indem er erlaubt, die Stufenleiter der Produktion zu erweitern. Damit beschleunigt er einerseits die Akkumulation, andrerseits aber auch das Sinken des variablen Kapitals gegen das konstante und damit den Fall der Profitrate. Ebenso ist die Ausdehnung des auswärtigen Handels, obgleich in der Kindheit der kapitalistischen Produktionsweise deren Basis, in ihrem Fortschritt, durch die innere Notwendigkeit dieser Produktionsweise, durch ihr Bedürfnis nach stets ausgedehnterm Markt, ihr eignes Produkt geworden. Es zeigt sich hier wieder dieselbe Zwieschlächtigkeit der Wirkung. (Ricardo hat diese Seite des auswärtigen Handels ganz übersehn.)
Eine andre Frage – die in ihrer Spezialität eigentlich jenseits der Grenze unsrer Untersuchung liegt – ist die: Wird die allgemeine Profitrate erhöht durch die höhere Profitrate, die das im auswärtigen und namentlich im Kolonialhandel angelegte Kapital macht?
Kapitale, im auswärtigen Handel angelegt, können eine höhere Profitrate abwerfen, weil hier erstens mit Waren konkurriert wird, die von andern Ländern mit mindren Produktionsleichtigkeiten produziert werden, so daß das fortgeschrittnere Land seine Waren über ihrem Wert verkauft, obgleich wohlfeiler als die Konkurrenzländer. Sofern die Arbeit des fortgeschrittnern Landes hier als Arbeit von höherm spezifischen Gewicht verwertet wird, steigt die Profitrate, indem die Arbeit, die nicht als qualitativ höhere bezahlt, als solche verkauft wird. Dasselbe Verhältnis kann stattfinden gegen das Land, wohin Waren gesandt und woraus Waren bezogen werden; daß dies nämlich mehr vergegenständlichte Arbeit in natura gibt, als es erhält, und daß es doch hierbei die Ware wohlfeiler erhält, als es sie selbst produzieren könnte. Ganz wie der Fabrikant, der eine neue Erfindung vor ihrer Verallgemeinerung benutzt, wohlfeiler verkauft als seine Konkurrenten und dennoch über dem individuellen Wert seiner Ware verkauft, d.h., die spezifisch höhere Produktivkraft der von ihm angewandten Arbeit als Mehrarbeit verwertet. Er realisiert so einen Surplusprofit. Was andrerseits die in Kolonien etc. angelegten Kapitale betrifft, so können sie höhere Profitraten abwerfen, weil dort überhaupt wegen der niedrigen Entwicklung die Profitrate höher steht, und ebenfalls, bei Anwendung von Sklaven und Kulis etc., die Exploitation der Arbeit. Warum nun die höhern Profitraten, die in gewissen Zweigen angelegte Kapitale so abwerfen und nach der Heimat abführen, hier, wenn sonst nicht Monopole im Wege stehn, nicht in die Ausgleichung der allgemeinen Profitrate eingehn und daher diese pro tanto erhöhn sollen, ist nicht abzusehn.36 Es ist dies namentlich nicht abzusehn, wenn jene Zweige der Kapitalanwendung unter den Gesetzen der freien Konkurrenz stehn. Was Ricardo dagegen vorschwebt, ist namentlich dies: mit dem im Ausland erzielten höheren Preis werden dort Waren gekauft und als Retour nach Hause geschickt; diese Waren werden also im Inland verkauft, und es kann dies daher höchstens eine temporäre Extrabevorteilung dieser begünstigten Sphären der Produktion über andre ausmachen. Dieser Schein fällt weg, sobald von der Geldform abgesehn wird. Das begünstigte Land erhält mehr Arbeit zurück im Austausch für weniger Arbeit, obgleich diese Differenz, dies Mehr, wie beim Austausch zwischen Arbeit und Kapital überhaupt, von einer gewissen Klasse eingesackt wird. Soweit also die Profitrate höher ist, weil sie überhaupt höher in dem Kolonialland, mag dies bei günstigen Naturbedingungen desselben mit niedren Warenpreisen Hand in Hand gehn. Ausgleichung findet statt, aber nicht Ausgleichung zum alten Niveau, wie Ricardo meint.
Derselbe auswärtige Handel aber entwickelt im Inland die kapitalistische Produktionsweise, und damit die Abnahme des variablen Kapitals gegenüber dem konstanten, und produziert auf der andern Seite Überproduktion mit Bezug auf das Ausland, hat daher auch wieder im weitern Verlauf die entgegengesetzte Wirkung.
Und so hat sich denn im allgemeinen gezeigt, daß dieselben Ursachen, die das Fallen der allgemeinen Profitrate hervorbringen, Gegenwirkungen hervorrufen, die diesen Fall hemmen, verlangsamen und teilweise paralysieren. Sie heben das Gesetz nicht auf, schwächen aber seine Wirkung ab. Ohne das wäre nicht das Fallen der allgemeinen Profitrate unbegreiflich, sondern umgekehrt die relative Langsamkeit dieses Falls. So wirkt das Gesetz nur als Tendenz, dessen Wirkung nur unter bestimmten Umständen und im Verlauf langer Perioden schlagend hervortritt.
Ehe wir nun weitergehn, wollen wir zur Vermeidung von Mißverständnis noch zwei mehrfach entwickelte Sätze wiederholen.
Erstens: Derselbe Prozeß, der die Verwohlfeilerung der Waren im Entwicklungsgang der kapitalistischen Produktionsweise erzeugt, erzeugt eine Veränderung in der organischen Zusammensetzung des zur Produktion der Waren angewandten gesellschaftlichen Kapitals und infolgedessen den Fall der Profitrate. Man muß also die Verminderung der relativen Kost der einzelnen Ware, auch des Teils dieser Kost, der Verschleiß von Maschinerie enthält, nicht identifizieren mit dem steigenden Wert des konstanten Kapitals, verglichen mit dem variablen, obgleich umgekehrt jede Verminderung in der relativen Kost des konstanten Kapitals, bei gleichbleibendem oder wachsendem Umfang seiner stofflichen Elemente, auf die Erhöhung der Profitrate, d.h. auf Verminderung pro tanto im Wert des konstanten Kapitals, verglichen mit dem in sinkenden Proportionen angewandten variablen Kapital, wirkt.
Zweitens: Der Umstand, daß in den einzelnen Waren, aus deren Gesamtheit das Produkt des Kapitals besteht, die enthaltne zusätzliche lebendige Arbeit in einem abnehmenden Verhältnis zu den in ihnen enthaltnen Arbeitsstoffen und den in ihnen konsumierten Arbeitsmitteln steht; der Umstand also, daß ein stets abnehmendes Quantum zusätzlicher lebendiger Arbeit in ihnen vergegenständlicht ist, weil weniger Arbeit zu ihrer Produktion erheischt mit Entwicklung der gesellschaftlichen Produktionskraft – dieser Umstand trifft nicht das Verhältnis, worin sich die in der Ware enthaltne lebendige Arbeit in bezahlte und unbezahlte teilt. Umgekehrt. Obgleich das Gesamtquantum der in ihr enthaltnen zusätzlichen lebendigen Arbeit fällt, wächst der unbezahlte Teil im Verhältnis zum bezahlten, entweder durch absolutes oder proportionelles Sinken des bezahlten Teils; denn dieselbe Produktionsweise, die die Gesamtmasse der zusätzlichen lebendigen Arbeit in einer Ware vermindert, ist begleitet vom Steigen des absoluten und relativen Mehrwerts. Das tendenzielle Sinken der Profitrate ist verbunden mit einem tendenziellen Steigen in der Rate des Mehrwerts, also im Exploitationsgrad der Arbeit. Nichts alberner daher, als das Sinken der Profitrate aus einem Steigen in der Rate des Arbeitslohns zu erklären, obgleich auch dies ausnahmsweise der Fall sein mag. Die Statistik wird erst durch Verständnis der Verhältnisse, die die Profitrate bilden, befähigt, wirkliche Analysen über die Rate des Arbeitslohns in verschiednen Epochen und Ländern vorzunehmen. Die Profitrate fällt nicht, weil die Arbeit unproduktiver, sondern weil sie produktiver wird. Bei des, Steigen der Rate des Mehrwerts und Fallen der Rate des Profits, sind nur besondre Formen, worin sich wachsende Produktivität der Arbeit kapitalistisch ausdrückt.
VI. Die Zunahme des Aktienkapitals
Den obigen fünf Punkten kann noch hinzugefügt werden der folgende, worauf aber zunächst nicht tiefer eingegangen werden kann. Ein Teil des Kapitals wird im Fortschritt der kapitalistischen Produktion, der mit beschleunigter Akkumulation Hand in Hand geht, nur als zinstragendes Kapital berechnet und angewandt. Nicht in dem Sinne, worin jeder Kapitalist, der Kapital ausleiht, sich mit den Zinsen begnügt, während der industrielle Kapitalist den Unternehmergewinn einsteckt. Dies geht die Höhe der allgemeinen Profitrate nichts an, denn für sie ist der Profit = Zins + Profit aller Art + Grundrente, deren Verteilung in diese besondren Kategorien für sie gleichgültig ist. Sondern in dem Sinn, daß diese Kapitale, obgleich in große produktive Unternehmungen gesteckt, nach Abzug aller Kosten nur große oder kleine Zinsen, sogenannte Dividenden abwerfen. Z.B. in Eisenbahnen. Sie gehn also nicht in die Ausgleichung der allgemeinen Profitrate ein, da sie eine geringre als die Durchschnittsprofitrate abwerfen. Gingen sie ein, so sänke diese viel tiefer. Theoretisch betrachtet, kann man sie einrechnen und erhält dann eine geringre Profitrate als die scheinbar existierende und die Kapitalisten wirklich bestimmende, da gerade in diesen Unternehmungen des konstante Kapital im Verhältnis zum variablen am größten.
15. Entfaltung der innern Widersprüche des Gesetzes
I. Allgemeines
Man hat im ersten Abschnitt dieses Buchs gesehn, daß die Profitrate die Mehrwertsrate stets niedriger ausdrückt als sie ist. Man hat jetzt gesehn, daß selbst eine steigende Rate des Mehrwerts die Tendenz hat, sich in einer fallenden Profitrate auszudrücken. Die Profitrate wäre nur gleich der Rate des Mehrwerts, wenn c = 0, d.h., wenn das Gesamtkapital in Arbeitslohn ausgelegt. Eine fallende Profitrate drückt nur dann eine fallende Rate des Mehrwerts aus, wenn das Verhältnis zwischen dem Wert des konstanten Kapitals und der Menge der es in Bewegung setzenden Arbeitskraft unverändert bleibt oder wenn diese letztere, im Verhältnis zum Wert des konstanten Kapitals, gestiegen ist.
Ricardo, unter dem Vorwand die Profitrate zu betrachten, betrachtet in der Tat nur die Rate des Mehrwerts und diese nur unter der Voraussetzung, daß der Arbeitstag intensiv und extensiv eine konstante Größe ist.
Fall der Profitrate und beschleunigte Akkumulation sind insofern nur verschiedne Ausdrücke desselben Prozesses, als beide die Entwicklung der Produktivkraft ausdrücken. Die Akkumulation ihrerseits beschleunigt den Fall der Profitrate, sofern mit ihr die Konzentration der Arbeiten auf großer Stufenleiter und damit eine höhere Zusammensetzung des Kapitals gegeben ist. Andrerseits beschleunigt der Fall der Profitrate wieder die Konzentration des Kapitals und seine Zentralisation durch die Enteignung der kleinern Kapitalisten, durch die Expropriation des letzten Rests der unmittelbaren Produzenten, bei denen noch etwas zu expropriieren ist. Dadurch wird andrerseits die Akkumulation, der Masse nach, beschleunigt, obgleich mit der Profitrate die Rate der Akkumulation fällt.
Andrerseits, soweit die Rate der Verwertung des Gesamtkapitals, die Profitrate, der Stachel der kapitalistischen Produktion ist (wie die Verwertung des Kapitals ihr einziger Zweck), verlangsamt ihr Fall die Bildung neuer selbständiger Kapitale und erscheint so als bedrohlich für die Entwicklung des kapitalistischen Produktionsprozesses; er befördert Überproduktion, Spekulation, Krisen, überflüssiges Kapital neben überflüssiger Bevölkerung. Die Ökonomen also, die wie Ricardo die kapitalistische Produktionsweise für die absolute halten, fühlen hier, daß diese Produktionsweise sich selbst eine Schranke schafft, und schieben daher diese Schranke nicht der Produktion zu, sondern der Natur (in der Lehre von der Rente). Das Wichtige aber in ihrem Horror vor der fallenden Profitrate ist das Gefühl, daß die kapitalistische Produktionsweise an der Entwicklung der Produktivkräfte eine Schranke findet, die nichts mit der Produktion des Reichtums als solcher zu tun hat; und diese eigentümliche Schranke bezeugt die Beschränktheit und den nur historischen, vorübergehenden Charakter der kapitalistischen Produktionsweise; bezeugt, daß sie keine für die Produktion des Reichtums absolute Produktionsweise ist, vielmehr mit seiner Fortentwicklung auf gewisser Stufe in Konflikt tritt.
Ricardo und seine Schule betrachten allerdings nur den industriellen Profit, worin der Zins eingeschlossen. Aber auch die Rate der Grundrente hat fallende Tendenz, obgleich ihre absolute Masse wächst und sie auch proportionell wachsen mag gegen den industriellen Profit. (Siehe Ed. West, der vor Ricardo das Gesetz der Grundrente entwickelt hat.) Betrachten wir das gesellschaftliche Gesamtkapital C und setzen wir p1 für den, nach Abzug von Zins und Grundrente bleibenden industriellen Profit, z für den Zins und r für die Grundrente, so ist m/C = p/C = (p1 + z + r)/C = p1/C + z/C + r/C.
Wir haben gesehn, daß, obwohl im Entwicklungsgang der kapitalistischen Produktion m, die Gesamtsumme des Mehrwerts, stetig wächst, dennoch m/C ebenso stetig abnimmt, weil C noch rascher wächst als m. Es ist also durchaus kein Widerspruch, daß p1, z und r jedes für sich stets wachsen können, während sowohl m/C = p/C wie p1/C, z/C und r/C jedes für sich immer kleiner werden, oder daß p1 gegen z, oder r gegen p1, oder auch gegen p1 und z relativ wächst. Bei steigendem Gesamtmehrwert oder Profit m = p, aber gleichzeitig fallender Profitrate m/C = p/C kann das Größenverhältnis der Teile p1, z und r, worin m = p zerfällt, innerhalb der durch die Gesamtsumme m gegebnen Grenzen beliebig wechseln, ohne daß dadurch die Größe von m oder m/C affiziert wird.
Die wechselseitige Variation von p1, z und r ist bloß verschiedne Verteilung von m unter verschiedne Rubriken. Es kann daher auch p1/C, z/C oder r/C, die Rate des individuellen industriellen Profits, die Zinsrate und das Verhältnis der Rente zum Gesamtkapital je eins gegen das andre steigen, obgleich m/C, die allgemeine Profitrate, fällt; Bedingung bleibt nur, daß die Summe aller drei = m/C. Fällt die Profitrate von 50% auf 25%, wenn z.B. die Kapitalzusammensetzung, bei einer Mehrwertsrate = 100%, sich von 50c + 50v auf 75c + 25v verändert, so wird im ersten Fall ein Kapital von 1000 einen Profit von 500 und im zweiten ein Kapital von 4000 einen Profit von 1000 geben. m oder p hat sich verdoppelt, aber p' ist um die Hälfte gefallen. Und wenn von den 50% früher 20 Profit, 10 Zins, 20 Rente, so betrug p1/C = 20%, z/C = 10%, r/C = 20%. Blieben bei Verwandlung in 25% die Verhältnisse dieselben, so p1/C = 10%, z/C = 5% und r/C = 10%. Fiele dagegen p1/C nun auf 8% und z/C auf 4%, so stiege r/C auf 13%. Die proportionelle Größe von r wäre gestiegen gegen p1 und z, aber dennoch wäre p' gleichgeblieben. Unter beiden Voraussetzungen wäre die Summe von p1, z und r gestiegen, da sie vermittelst eines viermal größeren Kapitals produziert wird. Übrigens ist Ricardos Voraussetzung, daß ursprünglich der industrielle Profit (plus Zins) den ganzen Mehrwert einsteckt, historisch und begrifflich falsch. Es ist vielmehr nur der Fortschritt der kapitalistischen Produktion, der 1. den industriellen und kommerziellen Kapitalisten den ganzen Profit erster Hand zur spätern Verteilung gibt und 2. die Rente auf den Überschuß über den Profit reduziert. Auf dieser kapitalistischen Basis wächst dann wieder die Rente, die ein Teil des Profits (d.h. des Mehrwerts als Produkt des Gesamtkapitals betrachtet) ist, aber nicht der spezifische Teil des Produkts, den der Kapitalist einsteckt.
Die Schöpfung von Mehrwert findet, die nötigen Produktionsmittel, d.h. hinreichende Akkumulation von Kapital vorausgesetzt, keine andre Schranke als die Arbeiterbevölkerung, wenn die Rate des Mehrwerts, also der Exploitationsgrad der Arbeit, und keine andre Schranke als den Exploitationsgrad der Arbeit, wenn die Arbeiterbevölkerung gegeben ist. Und der kapitalistische Produktionsprozeß besteht wesentlich in der Produktion von Mehrwert, dargestellt in dem Mehrprodukt oder dem aliquoten Teil der produzierten Waren, worin unbezahlte Arbeit vergegenständlicht ist. Man muß es nie vergessen, daß die Produktion dieses Mehrwerts – und die Rückverwandlung eines Teils desselben in Kapital, oder die Akkumulation, bildet einen integrierenden Teil dieser Produktion des Mehrwerts- der unmittelbare Zweck und das bestimmende Motiv der kapitalistischen Produktion ist. Man darf diese daher nie darstellen als das, was sie nicht ist, nämlich als Produktion, die zu ihrem unmittelbaren Zweck den Genuß hat oder die Erzeugung von Genußmitteln für den Kapitalisten. Man sieht dabei ganz ab von ihrem spezifischen Charakter, der sich in ihrer ganzen innern Kerngestalt darstellt.
Die Gewinnung dieses Mehrwerts bildet den unmittelbaren Produktionsprozeß, der wie gesagt keine andren Schranken als die oben angegebnen hat. Sobald das auspreßbare Quantum Mehrarbeit in Waren vergegenständlicht ist, ist der Mehrwert produziert. Aber mit dieser Produktion des Mehrwerts ist nur der erste Akt des kapitalistischen Produktionsprozesses, der unmittelbare Produktionsprozeß beendet. Das Kapital hat soundsoviel unbezahlte Arbeit eingesaugt. Mit der Entwicklung des Prozesses, der sich im Fall der Profitrate ausdrückt, schwillt die Masse des so produzierten Mehrwerts ins Ungeheure. Nun kommt der zweite Akt des Prozesses. Die gesamte Warenmasse, das Gesamtprodukt, sowohl der Teil, der das konstante und variable Kapital ersetzt, wie der den Mehrwert darstellt, muß verkauft werden. Geschieht das nicht oder nur zum Teil oder nur zu Preisen, die unter den Produktionspreisen stehn, so ist der Arbeiter zwar exploitiert, aber seine Exploitation realisiert sich nicht als solche für den Kapitalisten, kann mit gar keiner oder nur teilweiser Realisation des abgepreßten Mehrwerts, ja mit teilweisem oder ganzem Verlust seines Kapitals verbunden sein. Die Bedingungen der unmittelbaren Exploitation und die ihrer Realisation sind nicht identisch. Sie fallen nicht nur nach Zeit und Ort, sondern auch begrifflich auseinander. Die einen sind nur beschränkt durch die Produktivkraft der Gesellschaft, die andren durch die Proportionalität der verschiednen Produktionszweige und durch die Konsumtionskraft der Gesellschaft. Diese letztre ist aber bestimmt weder durch die absolute Produktionskraft noch durch die absolute Konsumtionskraft; sondern durch die Konsumtionskraft auf Basis antagonistischer Distributionsverhältnisse, welche die Konsumtion der großen Masse der Gesellschaft auf ein nur innerhalb mehr oder minder enger Grenzen veränderliches Minimum reduziert. Sie ist ferner beschränkt durch den Akkumulationstrieb, den Trieb nach Vergrößerung des Kapitals und nach Produktion von Mehrwert auf erweiterter Stufenleiter. Dies ist Gesetz für die kapitalistische Produktion, gegeben durch die beständigen Revolutionen in den Produktionsmethoden selbst, die damit beständig verknüpfte Entwertung von vorhandnem Kapital, den allgemeinen Konkurrenzkampf und die Notwendigkeit, die Produktion zu verbessern und ihre Stufenleiter auszudehnen, bloß als Erhaltungsmittel und bei Strafe des Untergangs. Der Markt muß daher beständig ausgedehnt werden, so daß seine Zusammenhänge und die sie regelnden Bedingungen immer mehr die Gestalt eines von den Produzenten unabhängigen Naturgesetzes annehmen, immer unkontrollierbarer werden. Der innere Widerspruch sucht sich auszugleichen durch Ausdehnung des äußern Feldes der Produktion. Je mehr sich aber die Produktivkraft entwickelt, um so mehr gerät sie in Widerstreit mit der engen Basis, worauf die Konsumtionsverhältnisse beruhen. Es ist auf dieser widerspruchsvollen Basis durchaus kein Widerspruch, daß Übermaß von Kapital verbunden ist mit wachsendem Übermaß von Bevölkerung; denn obgleich, beide zusammengebracht, die Masse des produzierten Mehrwerts sich steigern würde, steigert sich eben damit der Widerspruch zwischen den Bedingungen, worin dieser Mehrwert produziert, und den Bedingungen, worin er realisiert wird.
Eine bestimmte Profitrate gegeben, hängt die Masse des Profits stets ab von der Größe des vorgeschoßnen Kapitals. Die Akkumulation aber ist dann bestimmt durch den Teil dieser Masse, der in Kapital rückverwandelt wird. Dieser Teil aber, da er gleich dem Profit minus der von den Kapitalisten verzehrten Revenue, wird nicht nur abhängen von dem Wert dieser Masse, sondern auch von der Wohlfeilheit der Waren, die der Kapitalist damit kaufen kann; der Waren, teils die in seinen Konsum, seine Revenue, teils die in sein konstantes Kapital eingehn. (Der Arbeitslohn ist hier als gegeben vorausgesetzt.)
Die Masse des Kapitals, die der Arbeiter in Bewegung setzt und deren Wert er durch seine Arbeit erhält und im Produkt wiedererscheinen macht, ist durchaus verschieden von dem Wert, den er zusetzt. Ist die Masse des Kapitals = 1000 und die zugesetzte Arbeit = 100, so das reproduzierte Kapital = 1100. Ist die Masse = 100 und die zugesetzte Arbeit = 20, so das reproduzierte Kapital = 120. Die Profitrate ist im ersten Fall = 10%, im zweiten = 20%. Und dennoch kann aus 100 mehr akkumuliert werden als aus 20. Und so wälzt sich der Strom des Kapitals fort (abgesehn von seiner Entwertung durch Steigerung der Produktivkraft) oder seine Akkumulation im Verhältnis der Wucht, die es schon besitzt, nicht im Verhältnis zur Höhe der Profitrate. Hohe Profitrate, soweit sie auf hoher Mehrwertsrate beruht, ist möglich, wenn der Arbeitstag sehr lang, obgleich die Arbeit unproduktiv ist; sie ist möglich, weil die Bedürfnisse der Arbeiter sehr gering, darum der Durchschnittslohn sehr niedrig, obgleich die Arbeit unproduktiv. Der Niedrigkeit des Lohns wird die Energielosigkeit der Arbeiter entsprechen. Das Kapital akkumuliert dabei langsam, trotz der hohen Profitrate. Die Bevölkerung ist stagnant, und die Arbeitszeit, die das Produkt kostet, ist groß, obgleich der dem Arbeiter bezahlte Lohn klein ist.
Die Profitrate fällt, nicht weil der Arbeiter weniger exploitiert wird, sondern weil im Verhältnis zum angewandten Kapital überhaupt weniger Arbeit angewandt wird.
Fällt, wie gezeigt, sinkende Profitrate zusammen mit Steigen der Profitmasse, so wird ein größrer Teil des jährlichen Produkts der Arbeit vom Kapitalisten unter der Kategorie Kapital angeeignet (als Ersatz von verbrauchtem Kapital) und ein verhältnismäßig geringrer unter der Kategorie Profit. Daher die Phantasie des Pfaffen Chalmers, daß je geringre Masse des jährlichen Produkts die Kapitalisten als Kapital verausgaben, sie um so größre Profite schlucken; wobei ihnen dann die Staatskirche zu Hilfe kommt, um für die Verzehrung, statt Kapitalisierung eines großen Teils des Mehrprodukts zu sorgen. Der Pfaff verwechselt Ursache und Wirkung. Übrigens wächst ja die Masse des Profits, auch bei kleinerer Rate, mit der Größe des ausgelegten Kapitals. Dies bedingt jedoch zugleich Konzentration des Kapitals, da jetzt die Produktionsbedingungen die Anwendung von massenhaftem Kapital gebieten. Es bedingt ebenso dessen Zentralisation, d.h. Verschlucken der kleinen Kapitalisten durch die großen und Entkapitalisierung der erstern. Es ist wieder nur in einer zweiten Potenz die Scheidung der Arbeitsbedingungen von den Produzenten, zu denen diese kleinern Kapitalisten noch gehören, da bei ihnen die eigne Arbeit noch eine Rolle spielt; die Arbeit des Kapitalisten steht überhaupt im umgekehrten Verhältnis zur Größe seines Kapitals, d.h. zum Grad, worin er Kapitalist. Es ist diese Scheidung zwischen Arbeitsbedingungen hier und Produzenten dort, die den Begriff des Kapitals bildet, die mit der ursprünglichen Akkumulation (Buch I, Kap. XXIV) sich eröffnet, dann als beständiger Prozeß in der Akkumulation und Konzentration des Kapitals erscheint und hier endlich sich als Zentralisation schon vorhandner Kapitale in wenigen Händen und Entkapitalisierung (dahin verändert sich nun die Expropriation) vieler ausdrückt. Dieser Prozeß würde bald die kapitalistische Produktion zum Zusammenbruch bringen, wenn nicht widerstrebende Tendenzen beständig wieder dezentralisierend neben der zentripetalen Kraft wirkten.
II. Konflikt zwischen Ausdehnung der Produktion und Verwertung
Die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit zeigt sich doppelt: Erstens in der Größe der schon produzierten Produktivkräfte, in dem Wertumfang und Massenumfang der Produktionsbedingungen, worunter die Neuproduktion stattfindet, und in der absoluten Größe des schon akkumulierten produktiven Kapitals; zweitens in der verhältnismäßigen Kleinheit des im Arbeitslohn ausgelegten Kapitalteils gegen das Gesamtkapital, d.h. in der verhältnismäßigen Kleinheit der lebendigen Arbeit, die zur Reproduktion und Verwertung eines gegebnen Kapitals, zur Massenproduktion erheischt ist. Es unterstellt dies zugleich Konzentration des Kapitals.
Mit Bezug auf die angewandte Arbeitskraft zeigt sich die Entwicklung der Produktivkraft wieder doppelt: Erstens in der Vermehrung der Mehrarbeit, d.h. der Abkürzung der notwendigen Arbeitszeit, die zur Reproduktion der Arbeitskraft erheischt ist. Zweitens in der Abnahme der Menge von Arbeitskraft (Arbeiterzahl), die überhaupt angewandt wird, um ein gegebnes Kapital in Bewegung zu setzen.
Beide Bewegungen gehn nicht nur Hand in Hand, sondern bedingen sich wechselseitig, sind Erscheinungen, worin sich dasselbe Gesetz ausdrückt. Indes wirken sie in entgegengesetzter Richtung auf die Profitrate. Die Gesamtmasse des Profits ist gleich der Gesamtmasse des Mehrwerts, die Profitrate = m/C = Mehrwert/Vorgeschoßnes Gesamtkapital. Der Mehrwert aber, als Gesamtbetrag, ist bestimmt erstens durch seine Rate, zweitens aber durch die Masse der zu dieser Rate gleichzeitig angewandten Arbeit, oder was dasselbe, durch die Größe des variablen Kapitals. Nach der einen Seite hinsteigt der eine Faktor, die Rate des Mehrwerts; nach der andren fällt (verhältnismäßig oder absolut) der andre Faktor, die Anzahl der Arbeiter. Soweit die Entwicklung der Produktionskraft den bezahlten Teil der angewandten Arbeit vermindert, steigert sie den Mehrwert, weil seine Rate; soweit sie jedoch die Gesamtmasse der von einem gegebnen Kapital angewandten Arbeit vermindert, vermindert sie den Faktor der Anzahl, womit die Rate des Mehrwerts multipliziert wird, um seine Masse herauszubringen. Zwei Arbeiter, die 12 Stunden täglich arbeiten, können nicht dieselbe Masse Mehrwert liefern wie 24, die jeder nur 2 Stunden arbeiten, selbst wenn sie von der Luft leben könnten und daher gar nicht für sich selbst zu arbeiten hätten. In dieser Beziehung hat also die Kompensation der verringerten Arbeiterzahl durch Steigerung des Exploitationsgrads der Arbeit gewisse nicht überschreitbare Grenzen; sie kann daher den Fall der Profitrate wohl hemmen, aber nicht aufheben.
Mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise fällt also die Rate des Profits, während seine Masse mit der zunehmenden Masse des angewandten Kapitals steigt. Die Rate gegeben, hängt die absolute Masse, worin das Kapital wächst, ab von seiner vorhandnen Größe. Aber andrerseits diese Größe gegeben, hängt das Verhältnis, worin es wächst, die Rate seines Wachstums, von der Profitrate ab. Direkt kann die Steigerung der Produktivkraft (die außerdem, wie erwähnt, stets mit Entwertung des vorhandnen Kapitals Hand in Hand geht) die Wertgröße des Kapitals nur vermehren, wenn sie durch Erhöhung der Profitrate den Wertteil des jährlichen Produkts vermehrt, der in Kapital rückverwandelt wird. Soweit die Produktivkraft der Arbeit in Betracht kommt, kann dies nur geschehn (denn diese Produktivkraft hat direkt nichts zu tun mit dem Wert des vorhandnen Kapitals), soweit dadurch entweder der relative Mehrwert erhöht oder der Wert des konstanten Kapitals vermindert wird, also die Waren verwohlfeilert werden, die entweder in die Reproduktion der Arbeitskraft oder in die Elemente des konstanten Kapitals eingehn. Beides schließt aber Entwertung des vorhandnen Kapitals ein, und beides geht Hand in Hand mit der Verminderung des variablen Kapitals gegenüber dem konstanten. Beides bedingt den Fall der Profitrate und beides verlangsamt ihn. Sofern ferner gesteigerte Profitrate gesteigerte Nachfrage nach Arbeit verursacht, wirkt sie auf Vermehrung der Arbeiterbevölkerung und damit des exploitablen Materials, das das Kapital erst zu Kapital macht.
Aber indirekt trägt die Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit bei zur Vermehrung des vorhandnen Kapitalwerts, indem sie die Masse und Mannigfaltigkeit der Gebrauchswerte vermehrt, worin sich derselbe Tauschwert darstellt, und die das materielle Substrat, die sachlichen Elemente des Kapitals bilden, die stofflichen Gegenstände, woraus das konstante Kapital direkt und das variable wenigstens indirekt besteht. Mit demselben Kapital und derselben Arbeit werden mehr Dinge geschaffen, die in Kapital verwandelt werden können, abgesehn von ihrem Tauschwert. Dinge, die dazu dienen können, zusätzliche Arbeit einzusaugen, also auch zusätzliche Mehrarbeit, und so zusätzliches Kapital zu bilden. Die Masse Arbeit, die das Kapital kommandieren kann, hängt nicht ab von seinem Wert, sondern von der Masse der Roh-und Hilfsstoffe, der Maschinerie und Elemente des fixen Kapitals, der Lebensmittel, woraus es zusammengesetzt ist, was immer deren Wert sei. Indem damit die Masse der angewandten Arbeit, also auch Mehrarbeit, wächst, wächst auch der Wert des reproduzierten Kapitals und der ihm neu zugesetzte Surpluswert.
Diese beiden im Akkumulationsprozeß einbegriffnen Momente sind aber nicht nur in dem ruhigen Nebeneinander zu betrachten, worin Ricardo sie behandelt; sie schließen einen Widerspruch ein, der sich in widersprechenden Tendenzen und Erscheinungen kundgibt. Die widerstreitenden Agentien wirken gleichzeitig gegeneinander.
Gleichzeitig mit den Antrieben zur wirklichen Vermehrung der Arbeiterbevölkerung, die aus der Vermehrung des als Kapital wirkenden Teils des gesellschaftlichen Gesamtprodukts stammen, wirken die Agentien, die eine nur relative Übervölkerung schaffen.
Gleichzeitig mit dem Fall der Profitrate wächst die Masse der Kapitale, und geht Hand in Hand mit ihr eine Entwertung des vorhandnen Kapitals, welche diesen Fall aufhält und der Akkumulation von Kapitalwert einen beschleunigenden Antrieb gibt.
Gleichzeitig mit der Entwicklung der Produktivkraft entwickelt sich die höhere Zusammensetzung des Kapitals, die relative Abnahme des variablen Teils gegen den konstanten.
Diese verschiednen Einflüsse machen sich bald mehr nebeneinander im Raum, bald mehr nacheinander in der Zeit geltend; periodisch macht sich der Konflikt der widerstreitenden Agentien in Krisen Luft. Die Krisen sind immer nur momentane gewaltsame Lösungen der vorhandnen Widersprüche, gewaltsame Eruptionen, die das gestörte Gleichgewicht für den Augenblick wiederherstellen.
Der Widerspruch, ganz allgemein ausgedrückt, besteht darin, daß die kapitalistische Produktionsweise eine Tendenz einschließt nach absoluter Entwicklung der Produktivkräfte, abgesehn vom Wert und dem in ihm eingeschloßnen Mehrwert, auch abgesehn von den gesellschaftlichen Verhältnissen, innerhalb deren die kapitalistische Produktion stattfindet; während sie andrerseits die Erhaltung des existierenden Kapitalwerts und seine Verwertung im höchsten Maß (d.h. stets beschleunigten Anwachs dieses Werts) zum Ziel hat. Ihr spezifischer Charakter ist auf den vorhandnen Kapitalwert als Mittel zur größtmöglichen Verwertung dieses Werts gerichtet. Die Methoden, wodurch sie dies erreicht, schließen ein: Abnahme der Profitrate, Entwertung des vorhandnen Kapitals und Entwicklung der Produktivkräfte der Arbeit auf Kosten der schon produzierten Produktivkräfte.
Die periodische Entwertung des vorhandnen Kapitals, die ein der kapitalistischen Produktionsweise immanentes Mittel ist, den Fall der Profitrate aufzuhalten und die Akkumulation von Kapitalwert durch Bildung von Neukapital zu beschleunigen, stört die gegebnen Verhältnisse, worin sich der Zirkulations- und Reproduktionsprozeß des Kapitals vollzieht, und ist daher begleitet von plötzlichen Stockungen und Krisen des Produktionsprozesses.
Die mit der Entwicklung der Produktivkräfte Hand in Hand gehende relative Abnahme des variablen Kapitals gegen das konstante gibt dem Anwachs der Arbeiterbevölkerung einen Stachel, während sie fortwährend künstliche Übervölkerung schafft. Die Akkumulation des Kapitals, dem Wert nach betrachtet, wird verlangsamt durch die fallende Profitrate, um die Akkumulation des Gebrauchswerts noch zu beschleunigen, während diese wieder die Akkumulation, dem Wert nach, in beschleunigten Gang bringt.
Die kapitalistische Produktion strebt beständig, diese ihr immanenten Schranken zu überwinden, aber sie überwindet sie nur durch Mittel, die ihr diese Schranken aufs neue und auf gewaltigerm Maßstab entgegenstellen.
Die wahre Schranke der kapitalistischen Produktion ist das Kapital selbst, ist dies: daß das Kapital und seine Selbstverwertung als Ausgangspunkt und Endpunkt, als Motiv und Zweck der Produktion er scheint; daß die Produktion nur Produktion für das Kapital ist und nicht umgekehrt die Produktionsmittel bloße Mittel für eine stets sich erweiternde Gestaltung des Lebensprozesses für die Gesellschaft der Produzenten sind. Die Schranken, in denen sich die Erhaltung und Verwertung des Kapitalwerts, die auf der Enteignung und Verarmung der großen Masse der Produzenten beruht, allein bewegen kann, diese Schranken treten daher beständig in Widerspruch mit den Produktionsmethoden, die das Kapital zu seinem Zweck anwenden muß und die auf unbeschränkte Vermehrung der Produktion, auf die Produktion als Selbstzweck, auf unbedingte Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte der Arbeit lossteuern. Das Mittel – unbedingte Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte – gerät in fortwährenden Konflikt mit dem beschränkten Zweck, der Verwertung des vorhandnen Kapitals. Wenn daher die kapitalistische Produktionsweise ein historisches Mittel ist, um die materielle Produktivkraft zu entwickeln und den ihr entsprechenden Weltmarkt zu schaffen, ist sie zugleich der beständige Widerspruch zwischen dieser ihrer historischen Aufgabe und den ihr entsprechenden gesellschaftlichen Produktionsverhältnissen.
III. Überfluß an Kapital bei Überfluß an Bevölkerung
Mit dem Fall der Profitrate wächst das Kapitalminimum, das in der Hand des einzelnen Kapitalisten zur produktiven Anwendung der Arbeit erheischt ist; erheischt sowohl zu ihrer Exploitation überhaupt, als dazu, daß die angewandte Arbeitszeit die zur Produktion der Waren notwendige Arbeitszeit sei, daß sie den Durchschnitt der zur Produktion der Waren gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit nicht überschreite. Und gleichzeitig wächst die Konzentration, weil jenseits gewisser Grenzen großes Kapital mit kleiner Profitrate rascher akkumuliert als kleines mit großer. Diese wachsende Konzentration führt ihrerseits wieder auf einer gewissen Höhe einen neuen Fall der Profitrate herbei. Die Masse der kleinen zersplitterten Kapitale wird dadurch auf die Bahn der Abenteuer gedrängt: Spekulation, Kreditschwindel, Aktienschwindel, Krisen. Die sog. Plethora des Kapitals bezieht sich immer wesentlich auf die Plethora von Kapital, für das der Fall der Profitrate nicht durch seine Masse aufgewogen wird – und dies sind immer die neu sich bildenden frischen Kapitalableger – oder auf die Plethora, welche diese, für sich selbst zur eignen Aktion unfähigen Kapitale den Leitern der großen Geschäftszweige in der Form des Kredits zur Verfügung stellt. Diese Plethora des Kapitals erwächst aus denselben Umständen, die eine relative Überbevölkerung hervorrufen, und ist daher eine diese letztre ergänzende Erscheinung, obgleich beide auf entgegengesetzten Polen stehn, unbeschäftigtes Kapital auf der einen und unbeschäftigte Arbeiterbevölkerung auf der andren Seite.
Überproduktion von Kapital, nicht von einzelnen Waren – obgleich die Überproduktion von Kapital stets Überproduktion von Waren einschließt –, heißt daher weiter nichts als Überakkumulation von Kapital. Um zu verstehn, was diese Überakkumulation ist (ihre nähere Untersuchung folgt weiter unten), hat man sie nur absolut zu setzen. Wann wäre die Überproduktion des Kapitals absolut? Und zwar eine Überproduktion, die sich nicht auf dieses oder jenes oder auf ein paar bedeutende Gebiete der Produktion erstreckt, sondern in ihrem Umfang selbst absolut wäre, also sämtliche Produktionsgebiete einschlösse?
Es wäre eine absolute Überproduktion von Kapital vorhanden, sobald das zusätzliche Kapital für den Zweck der kapitalistischen Produktion = 0. Der Zweck der kapitalistischen Produktion ist aber Verwertung des Kapitals, d.h. Aneignung von Mehrarbeit, Produktion von Mehrwert, von Profit. Sobald also das Kapital gewachsen wäre in einem Verhältnis zur Arbeiterbevölkerung, daß weder die absolute Arbeitszeit, die diese Bevölkerung liefert, ausgedehnt, noch die relative Mehrarbeitszeit erweitert werden könnte (das letztre wäre ohnehin nicht tubar in einem Fall, wo die Nachfrage nach Arbeit so stark, also Tendenz zum Steigen der Löhne); wo also das gewachsene Kapital nur ebensoviel oder selbst weniger Mehrwertsmasse produziert als vor seinem Wachstum, so fände eine absolute Überproduktion von Kapital statt; d.h., das gewachsene Kapital C + ΔC produzierte nicht mehr Profit, oder gar weniger Profit, als das Kapital C vor seiner Vermehrung durch ΔC. In beiden Fällen fände auch ein starker und plötzlicher Fall in der allgemeinen Profitrate statt, diesmal aber wegen eines Wechsels in der Zusammensetzung des Kapitals, der nicht der Entwicklung der Produktivkraft geschuldet wäre, sondern einem Steigen im Geldwert des variablen Kapitals (wegen der gestiegnen Löhne) und der ihr entsprechenden Abnahme im Verhältnis der Mehrarbeit zur notwendigen Arbeit.
In der Wirklichkeit würde sich die Sache so darstellen, daß ein Teil des Kapitals ganz oder teilweis brachläge (weil es erst das schon fungierende Kapital aus seiner Position verdrängen müßte, um sich überhaupt zu verwerten) und der andre Teil durch den Druck des unbeschäftigten oder halbbeschäftigten Kapitals sich zu niedrer Rate des Profits verwerten würde. Es wäre hierbei gleichgültig, daß ein Teil des zusätzlichen Kapitals an die Stelle von altem träte und dieses so eine Stelle im zusätzlichen einnähme. Wir hätten immer auf der einen Seite die alte Kapitalsumme, auf der andern die zusätzliche. Der Fall der Profitrate wäre diesmal begleitet von einer absoluten Abnahme der Profitmasse, da unter unsern Voraussetzungen die Masse der angewandten Arbeitskraft nicht vermehrt und die Mehrwertsrate nicht gesteigert, also auch die Masse des Mehrwerts nicht vermehrt werden könnte. Und die verminderte Profitmasse wäre zu berechnen auf ein vergrößertes Gesamtkapital. – Aber gesetzt auch, das beschäftigte Kapital führe fort, sich zur alten Profitrate zu verwerten, die Profitmasse bliebe also dieselbe, so berechnete sie sich immer noch auf ein gewachsnes Gesamtkapital, und auch dies schließt einen Fall der Profitrate ein. Wenn ein Gesamtkapital von 1000 einen Profit von 100 abwarf und nach seiner Vermehrung auf 1500 ebenfalls nur 100 abwirft, so wirft im zweiten Fall 1000 nur noch 66 2/3 ab. Die Verwertung des alten Kapitals hätte absolut abgenommen. Das Kapital = 1000 würde unter den neuen Umständen nicht mehr abwerfen als früher ein Kapital = 666 2/3.
Es ist aber klar, daß diese tatsächliche Entwertung des alten Kapitals nicht ohne Kampf stattfinden, daß das zusätzliche Kapital von ΔC nicht ohne Kampf als Kapital fungieren könnte. Die Profitrate würde nicht sinken wegen Konkurrenz infolge der Überproduktion von Kapital. Sondern umgekehrt, weil die gesunkne Profitrate und die Überproduktion von Kapital aus denselben Umständen entspringen, würde jetzt der Konkurrenzkampf eintreten. Den Teil von ΔC, der sich in den Händen der alten fungierenden Kapitalisten befände, würden sie mehr oder weniger brachliegen lassen, um ihr Originalkapital nicht selbst zu entwerten und seinen Platz innerhalb des Produktionsfeldes nicht zu verengern, oder sie würden es anwenden, um selbst mit momentanem Verlust die Brachlegung des zusätzlichen Kapitals auf die neuen Eindringlinge und überhaupt auf ihre Konkurrenten zu schieben.
Der Teil von ΔC, der sich in neuen Händen befände, würde seinen Platz auf Kosten des alten Kapitals einzunehmen suchen und dies teilweise fertigbringen, indem er einen Teil des alten Kapitals brachlegte, es zwänge, ihm den alten Platz einzuräumen und selbst den Platz des nur teilweise oder gar nicht beschäftigten Zusatzkapitals einzunehmen.
Eine Brachlegung von einem Teil des alten Kapitals müßte unter allen Umständen stattfinden, eine Brachlegung in seiner Kapitaleigenschaft, soweit es als Kapital fungieren und sich verwerten soll. Welchen Teil diese Brachlegung besonders träfe, entschiede der Konkurrenzkampf. Solange alles gut geht, agiert die Konkurrenz, wie sich bei der Ausgleichung der allgemeinen Profitrate gezeigt, als praktische Brüderschaft der Kapitalistenklasse, so daß sie sich gemeinschaftlich, im Verhältnis zur Größe des von jedem eingesetzten Loses, in die gemeinschaftliche Beute teilt. Sobald es sich aber nicht mehr um Teilung des Profits handelt, sondern um Teilung des Verlustes, sucht jeder soviel wie möglich sein Quantum an demselben zu verringern und dem andern auf den Hals zu schieben. Der Verlust ist unvermeidlich für die Klasse. Wieviel aber jeder einzelne davon zu tragen, wieweit er überhaupt daran teilzunehmen hat, wird dann Frage der Macht und der List, und die Konkurrenz verwandelt sich dann in einen Kampf der feindlichen Brüder. Der Gegensatz zwischen dem Interesse jedes einzelnen Kapitalisten und dem der Kapitalistenklasse macht sich dann geltend, ebenso wie vorher die Identität dieser Interessen sich durch die Konkurrenz praktisch durchsetzte.
Wie würde sich nun dieser Konflikt wieder ausgleichen und die der »gesunden« Bewegung der kapitalistischen Produktion entsprechenden Verhältnisse sich wieder herstellen? Die Weise der Ausgleichung ist schon enthalten in dem bloßen Aussprechen des Konflikts, um dessen Ausgleichung es sich handelt. Sie schließt eine Brachlegung und selbst eine teilweise Vernichtung von Kapital ein, zum Wertbetrag des ganzen Zusatzkapitals ΔC oder doch eines Teils davon. Obgleich, wie schon aus der Darstellung des Konflikts hervorgeht, die Verteilung dieses Verlusts in keiner Weise sich gleichmäßig auf die einzelnen Sonderkapitalien erstreckt, sondern sich in einem Konkurrenzkampf entscheidet, worin je nach den besondren Vorteilen oder bereits errungnen Positionen der Verlust sich sehr ungleich und in sehr verschiedner Form verteilt, so daß ein Kapital brachgelegt, ein andres vernichtet wird, ein drittes nur relativen Verlust hat oder nur vorübergehende Entwertung erfährt usw.
Unter allen Umständen aber würde sich das Gleichgewicht herstellen durch Brachlegung und selbst Vernichtung von Kapital in größrem oder geringrem Umfang. Dies würde sich erstrecken zum Teil auf die materielle Kapitalsubstanz; d.h. ein Teil der Produktionsmittel, fixes und zirkulierendes Kapital, würde nicht fungieren, nicht als Kapital wirken; ein Teil begonnener Produktionsbetriebe würde stillgesetzt werden. Obgleich, nach dieser Seite, die Zeit alle Produktionsmittel (den Boden ausgenommen) angreift und verschlechtert, fände hier infolge der Funktionsstockung weit stärkere wirkliche Zerstörung von Produktionsmitteln statt. Die Hauptwirkung nach dieser Seite hin wäre jedoch, daß diese Produktionsmittel aufhörten, als Produktionsmittel tätig zu sein; eine kürzere oder längere Zerstörung ihrer Funktion als Produktionsmittel.
Die Hauptzerstörung, und mit dem akutesten Charakter, fände statt mit Bezug auf das Kapital, soweit es Werteigenschaft besitzt, mit Bezug auf die Kapitalwerte. Der Teil des Kapitalwerts, der bloß in der Form von Anweisungen auf künftige Anteile am Mehrwert, am Profit steht, in der Tat lauter Schuldscheine auf die Produktion unter verschiednen Formen, wird sofort entwertet mit dem Fall der Einnahmen, auf die er berechnet ist. Ein Teil des baren Goldes und Silbers liegt brach, fungiert nicht als Kapital. Ein Teil der auf dem Markt befindlichen Waren kann seinen Zirkulations- und Reproduktionsprozeß nur vollziehn durch ungeheure Kontraktion seiner Preise, also durch Entwertung des Kapitals, das er darstellt. Ebenso werden die Elemente des fixen Kapitals mehr oder minder entwertet. Es kommt hinzu, daß bestimmte, vorausgesetzte Preisverhältnisse den Reproduktionsprozeß bedingen, dieser daher durch den allgemeinen Preisfall in Stockung und Verwirrung gerät. Diese Störung und Stockung paralysiert die mit der Entwicklung des Kapitals gleichzeitig gegebne, auf jenen vorausgesetzten Preisverhältnissen beruhende Funktion des Geldes als Zahlungsmittel, unterbricht an hundert Stellen die Kette der Zahlungsobligationen an bestimmten Terminen, wird noch verschärft durch das damit gegebne Zusammenbrechen des gleichzeitig mit dem Kapital entwickelten Kreditsystems und führt so zu heftigen akuten Krisen, plötzlichen gewaltsamen Entwertungen und wirklicher Stockung und StörungA18 des Reproduktionsprozesses und damit zu wirklicher Abnahme der Reproduktion.
Gleichzeitig aber wären andre Agentien im Spiel gewesen. Die Stockung der Produktion hätte einen Teil der Arbeiterklasse brachgelegt und dadurch den beschäftigten Teil in Verhältnisse gesetzt, worin er sich eine Senkung des Arbeitslohns, selbst unter den Durchschnitt, gefallen lassen müßte; eine Operation, die für das Kapital ganz dieselbe Wirkung hat, als wenn beim Durchschnittslohn der relative oder absolute Mehrwert erhöht worden wäre. Die Prosperitätszeit hätte die Ehen unter den Arbeitern begünstigt und die Dezimation der Nachkommenschaft vermindert, Umstände, die – wie sehr sie eine wirkliche Vermehrung der Bevölkerung einschließen mögen – keine Vermehrung der wirklich arbeitenden Bevölkerung einschließen, aber im Verhältnis der Arbeiter zum Kapital ganz so wirken, als ob sich die Anzahl der wirklich fungierenden Arbeiter vermehrt hätte. Der Preisfall und der Konkurrenzkampf hätten andrerseits jedem Kapitalisten einen Stachel gegeben, den individuellen Wert seines Gesamtprodukts durch Anwendung neuer Maschinen, neuer verbesserter Arbeitsmethoden, neuer Kombinationen unter dessen allgemeinen Wert zu senkenA19, d.h. die Produktivkraft eines gegebnen Quantums Arbeit zu steigern, das Verhältnis des variablen Kapitals zum konstanten zu senken und damit Arbeiter freizusetzen, kurz eine künstliche Überbevölkerung zu schaffen. Ferner würde die Entwertung der Elemente des konstanten Kapitals selbst ein Element sein, das Erhöhung der Profitrate einschlösse. Die Masse des angewandten konstanten Kapitals, gegen das variable, wäre gewachsen, aber der Wert dieser Masse könnte gefallen sein. Die eingetretne Stockung der Produktion hätte eine spätere Erweiterung der Produktion – innerhalb der kapitalistischen Grenzen – vorbereitet.
Und so würde der Zirkel von neuem durchlaufen. Ein Teil des Kapitals, das durch Funktionsstockung entwertet war, würde seinen alten Wert wiedergewinnen. Im übrigen würde mit erweiterten Produktionsbedingungen, mit einem erweiterten Markt und mit erhöhter Produktivkraft derselbe fehlerhafte Kreislauf wieder durchgemacht werden.
Selbst aber unter der gemachten äußersten Voraussetzung ist die absolute Überproduktion von Kapital keine absolute Überproduktion überhaupt, keine absolute Überproduktion von Produktionsmitteln. Sie ist nur eine Überproduktion von Produktionsmitteln, soweit diese als Kapital fungieren und daher im Verhältnis zu dem mit ihrer angeschwollnen Masse geschwollnen Wert eine Verwertung dieses Werts einschließen, einen zusätzlichen Wert erzeugen sollen.
Es wäre aber trotzdem Überproduktion, weil das Kapital unfähig würde, die Arbeit in einem Exploitationsgrad auszubeuten, der durch die »gesunde«, »normale« Entwicklung des kapitalistischen Produktionsprozesses bedingt ist, in einem Exploitationsgrad, der wenigstens die Masse des Profits vermehrt mit der wachsenden Masse des angewandten Kapitals; der also ausschließt, daß die Profitrate im selben Maß sinkt, wie das Kapital wächst, oder gar, daß die Profitrate rascher sinkt, als das Kapital wächst.
Überproduktion von Kapital heißt nie etwas andres als Überproduktion von Produktionsmitteln – Arbeits- und Lebensmitteln –, die als Kapital fungieren können, d.h. zur Ausbeutung der Arbeit zu einem gegebnen Exploitationsgrad angewandt werden können; indem das Fallen dieses Exploitationsgrads unter einen gegebnen Punkt Störungen und Stockungen des kapitalistischen Produktionsprozesses, Krisen, Zerstörung von Kapital hervorruft. Es ist kein Widerspruch, daß diese Überproduktion von Kapital begleitet ist von einer mehr oder minder großen relativen Überbevölkerung. Dieselben Umstände, die die Produktivkraft der Arbeit erhöht, die Masse der Warenprodukte vermehrt, die Märkte ausgedehnt, die Akkumulation des Kapitals, sowohl der Masse wie dem Wert nach, beschleunigt und die Profitrate gesenkt haben, dieselben Umstände haben eine relative Überbevölkerung erzeugt und erzeugen sie beständig, eine Überbevölkerung von Arbeitern, die vom überschüssigen Kapital nicht angewandt wird wegen des niedrigen Exploitationsgrads der Arbeit, zu dem sie allein angewandt werden könnte, oder wenigstens wegen der niedern Profitrate, die sie bei gegebnem Exploitationsgrad abwerfen würde.
Wird Kapital ins Ausland geschickt, so geschieht es nicht, weil es absolut nicht im Inland beschäftigt werden könnte. Es geschieht, weil es zu höherer Profitrate im Auslande beschäftigt werden kann. Dies Kapital ist aber absolut überschüssiges Kapital für die beschäftigte Arbeiterbevölkerung und für das gegebne Land überhaupt. Es existiert als solches neben der relativ überschüssigen Bevölkerung, und dies ist ein Beispiel, wie die beiden nebeneinander existieren und sich wechselseitig bedingen.
Andrerseits bringt der mit der Akkumulation verbundne Fall der Profitrate notwendig einen Konkurrenzkampf hervor. Die Kompensation des Falls der Profitrate durch die steigende Masse des Profits gilt nur für das Gesamtkapital der Gesellschaft und für die großen, fertig eingerichteten Kapitalisten. Das neue, selbständig fungierende Zusatzkapital findet keine solche Ersatzbedingungen vor, es muß sie sich erst erringen, und so ruft der Fall der Profitrate den Konkurrenzkampf unter den Kapitalen hervor, nicht umgekehrt. Dieser Konkurrenzkampf ist allerdings begleitet von vorübergehendem Steigen des Arbeitslohns und einer hieraus entspringenden ferneren zeitweiligen Senkung der Profitrate. Dasselbe zeigt sich in der Überproduktion von Waren, der Überfüllung der Märkte. Da nicht Befriedigung der Bedürfnisse, sondern Produktion von Profit Zweck des Kapitals, und da es diesen Zweck nur durch Methoden erreicht, die die Produktionsmasse nach der Stufenleiter der Produktion einrichten, nicht umgekehrt, so muß beständig ein Zwiespalt eintreten zwischen den beschränkten Dimensionen der Konsumtion auf kapitalistischer Basis und einer Produktion, die beständig über diese ihre immanente Schranke hinausstrebt. Übrigens besteht das Kapital ja aus Waren, und daher schließt die Überproduktion von Kapital die von Waren ein. Daher das sonderbare Phänomen, daß dieselben Ökonomen, die die Überproduktion von Waren leugnen, die von Kapital zugeben. Wird gesagt, daß nicht allgemeine Überproduktion, sondern Disproportion innerhalb der verschiednen Produktionszweige stattfinde, so heißt dies weiter nichts, als daß innerhalb der kapitalistischen Produktion die Proportionalität der einzelnen Produktionszweige sich als beständiger Prozeß aus der Disproportionalität darstellt, indem hier der Zusammenhang der gesamten Produktion als blindes Gesetz den Produktionsagenten sich aufzwingt, nicht als von ihrem assoziierten Verstand begriffnes und damit beherrschtes Gesetz den Produktionsprozeß ihrer gemeinsamen Kontrolle unterworfen hat. Es wird weiter damit verlangt, daß Länder, wo die kapitalistische Produktionsweise nicht entwickelt, in einem Grad konsumieren und produzieren sollen, wie er den Ländern der kapitalistischen Produktionsweise paßt. Wird gesagt, daß die Überproduktion nur relativ, so ist dies ganz richtig; aber die ganze kapitalistische Produktionsweise ist eben nur eine relative Produktionsweise, deren Schranken nicht absolut, aber für sie, auf ihrer Basis, absolut sind. Wie könnte es sonst an Nachfrage für dieselben Waren fehlen, deren die Masse des Volks ermangelt, und wie wäre es möglich, diese Nachfrage im Ausland suchen zu müssen, auf fernem Märkten, um den Arbeitern zu Hause das Durchschnittsmaß der notwendigen Lebensmittel zahlen zu können? Weil nur in diesem spezifischen, kapitalistischen Zusammenhang das überschüssige Produkt eine Form erhält, worin sein Inhaber es nur dann der Konsumtion zur Verfügung stellen kann, sobald es sich für ihn in Kapital rückverwandelt. Wird endlich gesagt, daß die Kapitalisten ja selbst nur unter sich ihre Waren auszutauschen und aufzuessen haben, so wird der ganze Charakter der kapitalistischen Produktion vergessen und vergessen, daß es sich um die Verwertung des Kapitals handelt, nicht um seinen Verzehr. Kurz, alle die Einwände gegen die handgreiflichen Erscheinungen der Überproduktion (Erscheinungen, die sich nicht um diese Einwände kümmern) laufen darauf hinaus, daß die Schranken der kapitalistischen Produktion keine Schranken der Produktion überhaupt sind und daher auch keine Schranken dieser spezifischen, der kapitalistischen Produktionsweise. Der Widerspruch dieser kapitalistischen Produktionsweise besteht aber gerade in ihrer Tendenz zur absoluten Entwicklung der Produktivkräfte, die beständig in Konflikt gerät mit den spezifischen Produktionsbedingungen, worin sich das Kapital bewegt und allein bewegen kann.
Es werden nicht zuviel Lebensmittel produziert im Verhältnis zur vorhandnen Bevölkerung. Umgekehrt. Es werden zuwenig produziert, um der Masse der Bevölkerung anständig und menschlich zu genügen.
Es werden nicht zuviel Produktionsmittel produziert, um den arbeitsfähigen Teil der Bevölkerung zu beschäftigen. Umgekehrt. Es wird erstens ein zu großer Teil der Bevölkerung produziert, der tatsächlich nicht arbeitsfähig, der durch seine Umstände auf Ausbeutung der Arbeit andrer angewiesen ist oder auf Arbeiten, die nur innerhalb einer miserablen Produktionsweise als solche gelten können. Es werden zweitens nicht genug Produktionsmittel produziert, damit die ganze arbeitsfähige Bevölkerung unter den produktivsten Umständen arbeite, also ihre absolute Arbeitszeit verkürzt würde durch die Masse und Effektivität des während der Arbeitszeit angewandten konstanten Kapitals.
Aber es werden periodisch zuviel Arbeitsmittel und Lebensmittel produziert, um sie als Exploitationsmittel der Arbeiter zu einer gewissen Rate des Profits fungieren zu lassen. Es werden zuviel Waren produziert, um den in ihnen enthaltnen Wert und darin eingeschloßnen Mehrwert unter den durch die kapitalistische Produktion gegebnen Verteilungsbedingungen und Konsumtionsverhältnissen realisieren und in neues Kapital rückverwandeln zu können, d.h. um diesen Prozeß ohne beständig wiederkehrende Explosionen auszuführen.
Es wird nicht zuviel Reichtum produziert. Aber es wird periodisch zuviel Reichtum in seinen kapitalistischen, gegensätzlichen Formen produziert.
Die Schranke der kapitalistischen Produktionsweise tritt hervor:
1. Darin, daß die Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit im Fall der Profitrate ein Gesetz erzeugt, das ihrer eignen Entwicklung auf einen gewissen Punkt feindlichst gegenübertritt und daher beständig durch Krisen überwunden werden muß.
2. Darin, daß die Aneignung unbezahlter Arbeit, und das Verhältnis dieser unbezahlten Arbeit zur vergegenständlichten Arbeit überhaupt, oder, kapitalistisch ausgedrückt, daß der Profit und das Verhältnis dieses Profits zum angewandten Kapital, also eine gewisse Höhe der Profitrate über Ausdehnung oder Beschränkung der Produktion entscheidet, statt des Verhältnisses der Produktion zu den gesellschaftlichen Bedürfnissen, zu den Bedürfnissen gesellschaftlich entwickelter Menschen. Es treten daher Schranken für sie ein schon auf einem Ausdehnungsgrad der Produktion, der umgekehrt unter der andren Voraussetzung weitaus ungenügend erschiene. Sie kommt zum Stillstand, nicht wo die Befriedigung der Bedürfnisse, sondern wo die Produktion und Realisierung von Profit diesen Stillstand gebietet.
Sinkt die Profitrate, so einerseits Anspannung des Kapitals, damit der einzelne Kapitalist durch beßre Methoden etc. den individuellen Wert seiner einzelnen Waren unter ihren gesellschaftlichen Durchschnittswert herabdrückt und so, bei gegebnem Marktpreis, einen Extraprofit macht; andrerseits Schwindel und allgemeine Begünstigung des Schwindels durch leidenschaftliche Versuche in neuen Produktionsmethoden, neuen Kapitalanlagen, neuen Abenteuern, um irgendeinen Extraprofit zu sichern, der vom allgemeinen Durchschnitt unabhängig ist und sich über ihn erhebt.
Die Profitrate, d.h. der verhältnismäßige Kapitalzuwachs ist vor allem wichtig für alle neuen, sich selbständig gruppierenden Kapitalableger. Und sobald die Kapitalbildung ausschließlich in die Hände einiger wenigen, fertigen Großkapitale fiele, für die die Masse des Profits die Rate aufwiegt, wäre überhaupt das belebende Feuer der Produktion erloschen. Sie würde einschlummern. Die Profitrate ist die treibende Macht in der kapitalistischen Produktion, und es wird nur produziert, was und soweit es mit Profit produziert werden kann. Daher die Angst der englischen Ökonomen über die Abnahme der Profitrate. Daß die bloße Möglichkeit Ricardo beunruhigt, zeigt gerade sein tiefes Verständnis der Bedingungen der kapitalistischen Produktion. Was ihm vorgeworfen wird, daß er, um die »Menschen« unbekümmert, bei Betrachtung der kapitalistischen Produktion nur die Entwicklung der Produktivkräfte im Auge hat – mit welchen Opfern an Menschen und Kapitalwerten immer erkauft –, ist gerade das Bedeutende an ihm. Die Entwicklung der Produktivkräfte der gesellschaftlichen Arbeit ist die historische Aufgabe und Berechtigung des Kapitals. Eben damit schafft es unbewußt die materiellen Bedingungen einer höhern Produktionsform. Was Ricardo beunruhigt, ist, daß die Profitrate, der Stachel der kapitalistischen Produktion und Bedingung, wie Treiber der Akkumulation, durch die Entwicklung der Produktion selbst gefährdet wird. Und das quantitative Verhältnis ist hier alles. Es liegt in der Tat etwas Tieferes zugrunde, das er nur ahnt. Es zeigt sich hier in rein ökonomischer Weise, d.h. vom Bourgeoisstandpunkt, innerhalb der Grenzen des kapitalistischen Verstandes, vom Standpunkt der kapitalistischen Produktion selbst, ihre Schranke, ihre Relativität, daß sie keine absolute, sondern nur eine historische, einer gewissen beschränkten Entwicklungsepoche der materiellen Produktionsbedingungen entsprechende Produktionsweise ist.
IV. Nachträge
Da die Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit sehr ungleich in verschiednen Industriezweigen und nicht nur dem Grad nach ungleich, sondern oft in entgegengesetzter Richtung erfolgt, so ergibt sich, daß die Masse des Durchschnittsprofits (= Mehrwert) sehr unter der Höhe stehn muß, die nach der Entwicklung der Produktivkraft in den fortgeschrittensten Industriezweigen zu vermuten wäre. Daß die Entwicklung der Produktivkraft in den verschiednen Industriezweigen nicht nur in sehr verschiednen Proportionen, sondern oft in entgegengesetzter Richtung vorgeht, entspringt nicht nur aus der Anarchie der Konkurrenz und der Eigentümlichkeit der bürgerlichen Produktionsweise. Die Produktivität der Arbeit ist auch an Naturbedingungen gebunden, die oft minder ergiebig werden im selben Verhältnis, wie die Produktivität – soweit sie von gesellschaftlichen Bedingungen abhängt – steigt. Daher entgegengesetzte Bewegung in diesen verschiednen Sphären, Fortschritt hier, Rückschritt dort. Man bedenke z.B. den bloßen Einfluß der Jahreszeiten, wovon die Menge des größten Teils aller Rohstoffe abhängt, Erschöpfung von Waldungen, Kohlen- und Eisenbergwerken etc.
Wenn der zirkulierende Teil des konstanten Kapitals, Rohstoff etc., der Masse nach stets wächst im Verhältnis der Produktivkraft der Arbeit, so ist dies nicht der Fall mit dem fixen Kapital, Gebäuden, Maschinerie, Vorrichtungen für Beleuchtung, Heizung etc. Obgleich mit der anwachsenden Körpermasse die Maschine absolut teurer, wird sie relativ wohlfeiler. Wenn fünf Arbeiter zehnmal soviel Waren produzieren wie früher, verzehnfacht sich deswegen nicht die Auslage an fixem Kapital; obgleich der Wert dieses Teils des konstanten Kapitals wächst mit der Entwicklung der Produktivkraft, wächst er bei weitem nicht in demselben Verhältnis. Es wurde schon mehrfach hervorgehoben der Unterschied des Verhältnisses von konstantem Kapital zu variablem, wie es sich im Fallen der Profitrate ausdrückt, und desselben Verhältnisses, wie es sich, mit Entwicklung der Produktivität der Arbeit, mit Bezug auf die einzelne Ware und ihren Preis darstellt.
〈Der Wert der Ware ist bestimmt durch die Gesamtarbeitszeit, vergangne und lebendige, die in sie eingeht. Die Steigerung der Produktivität der Arbeit besteht eben darin, daß der Anteil der lebendigen Arbeit vermindert, der der vergangnen Arbeit vermehrt wird, aber so, daß die Gesamtsumme der in der Ware steckenden Arbeit abnimmt; daß also die lebendige Arbeit um mehr abnimmt, als die vergangne zunimmt. Die im Wert einer Ware verkörperte vergangne Arbeit – der konstante Kapitalteil – besteht teils aus Verschleiß von fixem, teils aus zirkulierendem, ganz in die Ware eingegangnem, konstantem Kapital – Roh- und Hilfsstoff. Der aus Roh- und Hilfsstoff entspringende Wertteil muß sich mit der [Steigerung der] Produktivität der Arbeit verringern, weil diese Produktivität mit Bezug auf diese Stoffe sich eben darin zeigt, daß ihr Wert gesunken ist. Dagegen ist es grade das Charakteristische der steigenden Produktivkraft der Arbeit, daß der fixe Teil des konstanten Kapitals eine sehr starke Vermehrung erfährt, und damit auch der Wertteil desselben, der sich durch den Verschleiß auf die Waren überträgt. Damit nun eine neue Produktionsmethode sich als wirkliche Steigerung der Produktivität bewähre, muß sie auf die einzelne Ware einen geringern zusätzlichen Wertteil für Verschleiß von fixem Kapital übertragen, als der abzügliche Wertteil ist, der infolge verminderter lebendiger Arbeit erspart wird, muß sie in einem Wort den Wert der Ware vermindern. Sie muß dies selbstredend, auch wenn, wie in einzelnen Fällen geschieht, außer dem zusätzlichen Verschleißteil des fixen Kapitals, ein zusätzlicher Wertteil für vermehrte oder teurere Roh-oder Hilfsstoffe in die Wertbildung der Ware eingeht. Alle Wertzuschläge müssen mehr als aufgewogen werden durch die Wertverminderung, die aus Verringerung der lebendigen Arbeit entsteht.
Diese Verminderung des in die Ware eingehenden Gesamtarbeitsquantums scheint hiernach das wesentliche Kennzeichen gesteigerter Produktivkraft der Arbeit zu sein, gleichgültig unter welchen gesellschaftlichen Bedingungen produziert wird. In einer Gesellschaft, worin die Produzenten ihre Produktion nach einem voraus entworfnen Plan regeln, ja selbst in der einfachen Warenproduktion würde die Produktivität der Arbeit auch unbedingt nach diesem Maßstab gemessen. Wie steht es aber in der kapitalistischen Produktion?
Gesetzt, ein bestimmter kapitalistischer Produktionszweig produziere das Normalstück seiner Ware unter folgenden Bedingungen: Der Verschleiß des fixen Kapitals beträgt per Stück 1/2 Schilling oder Mark; an Roh- und Hilfsstoff geht ein 17 1/2 sh.; an Arbeitslohn 2 sh., und bei einer Mehrwertsrate von 100% beträgt der Mehrwert 2 sh. Gesamtwert = 22 Schilling oder Mark. Wir nehmen der Einfachheit halber an, daß in diesem Produktionszweig das Kapital die Durchschnittszusammensetzung des gesellschaftlichen Kapitals hat, daß also der Produktionspreis der Ware mit ihrem Wert zusammenfällt und der Profit des Kapitalisten mit dem gemachten Mehrwert. Dann ist der Kostpreis der Ware = 1/2 + 17 1/2 + 2 = 20 sh., die Durchschnittsprofitrate 2/20 = 10%, und der Produktionspreis des Stücks Ware gleich seinem Wert = 22 sh. oder Mark.
Nehmen wir an, eine Maschine werde erfunden, die die für jedes Stück erforderliche lebendige Arbeit auf die Hälfte reduziere, dafür aber den aus Verschleiß des fixen Kapitals bestehenden Wertteil verdreifache. Dann stellt sich die Sache so: Verschleiß = 1 1/2 sh., Roh- und Hilfsstoff wie früher 17 1/2 sh., Arbeitslohn 1 sh., Mehrwert 1 sh., zusammen 21 sh. oder Mark. Die Ware ist nun 1 sh. im Wert gesunken; die neue Maschine hat die Produktivkraft der Arbeit entschieden gesteigert. Für den Kapitalisten aber stellt sich die Sache so: sein Kostpreis ist jetzt 1 1/2 sh. Verschleiß, 17 1/2 sh. Roh- und Hilfsstoff, 1 sh. Arbeitslohn, zusammen 20 sh., wie vorher. Da die Profitrate sich durch die neue Maschine nicht ohne weiteres ändert, muß er 10% über dem Kostpreis erhalten, macht 2 sh.; der Produktionspreis ist also unverändert = 22 sh., aber 1 sh. über dem Wert. Für eine unter kapitalistischen Bedingungen produzierende Gesellschaft hat sich die Ware nicht verwohlfeilert, ist die neue Maschine keine Verbesserung. Der Kapitalist hat also kein Interesse daran, die neue Maschine einzuführen. Und da er durch ihre Einführung seine bisherige, noch nicht verschlissene Maschinerie einfach wertlos machen, sie in bloßes altes Eisen verwandeln, also positiven Verlust erleiden würde, hütet er sich sehr vor dieser, für ihn utopischen Dummheit.
Für das Kapital also gilt das Gesetz der gesteigerten Produktivkraft der Arbeit nicht unbedingt. Für das Kapital wird diese Produktivkraft gesteigert, nicht wenn überhaupt an der lebendigen Arbeit, sondern nur wenn an dem bezahlten Teil der lebendigen Arbeit mehr erspart als an vergangner Arbeit zugesetzt wird, wie dies bereits Buch I, Kap. XIII, 2, S. 409/398 kurz angedeutet worden. Hier fällt die kapitalistische Produktionsweise in einen neuen Widerspruch. Ihr historischer Beruf ist die rücksichtslose, in geometrischer Progressive vorangetriebne Entfaltung der Produktivität der menschlichen Arbeit. Diesem Beruf wird sie untreu, sobald sie, wie hier, der Entfaltung der Produktivität hemmend entgegentritt. Sie beweist damit nur aufs neue, daß sie altersschwach wird und sich mehr und mehr überlebt.}37
In der Konkurrenz erscheint das steigende Minimum des mit Steigerung der Produktivkraft für den erfolgreichen Betrieb eines selbständigen industriellen Geschäfts nötig werdenden Kapitals so: Sobald die neue kostspieligere Betriebseinrichtung allgemein eingeführt, werden kleinere Kapitale in Zukunft von dem Betrieb ausgeschlossen. Nur im Beginn mechanischer Erfindungen in den verschiednen Produktionssphären können hier kleinere Kapitale selbständig fungieren. Andrerseits werfen sehr große Unternehmungen, mit außerordentlich hohem Verhältnis von konstantem Kapital, wie Eisenbahnen, nicht die Durchschnittsprofitrate ab, sondern nur einen Teil derselben, einen Zins. Sonst sänke die allgemeine Profitrate noch tiefer. Dagegen findet hier auch eine große Kapitalansammlung, in Form von Aktien, ein direktes Beschäftigungsfeld.
Wachstum des Kapitals, also Akkumulation des Kapitals schließt nur Verminderung der Profitrate ein, soweit mit diesem Wachstum die oben betrachteten Veränderungen im Verhältnis der organischen Bestandteile des Kapitals eintreten. Nun aber, trotz der beständigen, täglichen Umwälzungen der Produktionsweise, fährt bald dieser, bald jener größere oder kleinere Teil des Gesamtkapitals für gewisse Zeiträume fort, auf der Basis eines gegebnen Durchschnittsverhältnisses jener Bestandteile zu akkumulieren, so daß mit seinem Wachstum kein organischer Wechsel, also auch nicht die Ursachen des Falls der Profitrate gegeben sind. Diese beständige Vergrößerung des Kapitals, also auch Ausdehnung der Produktion, auf Grundlage der alten Produktionsmethode, die ruhig vorangeht, während nebenan schon die neuen Methoden eingeführt werden, ist wiederum eine Ursache, weshalb die Profitrate nicht in demselben Maß abnimmt, worin das Gesamtkapital der Gesellschaft wächst.
Die Vermehrung der absoluten Arbeiteranzahl, trotz der verhältnismäßigen Abnahme des variablen, in Arbeitslohn ausgelegten Kapitals, geht nicht in allen Produktionszweigen und nicht gleichmäßig in allen vor. In der Agrikultur kann die Abnahme des Elements der lebendigen Arbeit absolut sein.
Übrigens ist es nur das Bedürfnis der kapitalistischen Produktionsweise, daß die Anzahl der Lohnarbeiter sich absolut vermehre, trotz ihrer relativen Abnahme. Für sie werden schon Arbeitskräfte überflüssig, sobald es nicht mehr notwendig, sie 12-15 Stunden täglich zu beschäftigen. Eine Entwicklung der Produktivkräfte, welche die absolute Anzahl der Arbeiter verminderte, d.h., in der Tat die ganze Nation befähigte, in einem geringern Zeitteil ihre Gesamtproduktion zu vollziehn, würde Revolution herbeiführen, weil sie die Mehrzahl der Bevölkerung außer Kurs setzen würde. Hierin erscheint wieder die spezifische Schranke der kapitalistischen Produktion, und daß sie keineswegs eine absolute Form für die Entwicklung der Produktivkräfte und Erzeugung des Reichtums ist, vielmehr mit dieser auf einem gewissen Punkt in Kollision tritt. Partiell erscheint diese Kollision in periodischen Krisen, die aus der Überflüssigmachung bald dieses, bald jenes Teils der Arbeiterbevölkerung in ihrer alten Beschäftigungsweise hervorgehn. Ihre Schranke ist die überschüssige Zeit der Arbeiter. Die absolute Überschußzeit, die die Gesellschaft gewinnt, geht sie nichts an. Die Entwicklung der Produktivkraft ist ihr nur wichtig, sofern sie die Mehrarbeitszeit der Arbeiterklasse vermehrt, nicht die Arbeitszeit für die materielle Produktion überhaupt vermindert; sie bewegt sich so im Gegensatze.
Man hat gesehn, daß die wachsende Akkumulation des Kapitals eine wachsende Konzentration desselben einschließt. So wächst die Macht des Kapitals, die im Kapitalisten personifizierte Verselbständigung der gesellschaftlichen Produktionsbedingungen gegenüber den wirklichen Produzenten. Das Kapital zeigt sich immer mehr als gesellschaftliche Macht, deren Funktionär der Kapitalist ist und die in gar keinem möglichen Verhältnisse mehr zu dem steht, was die Arbeit eines einzelnen Individuums schaffen kann – aber als entfremdete, verselbständigte gesellschaftliche Macht, die als Sache, und als Macht des Kapitalisten durch diese Sache, der Gesellschaft gegenübertritt. Der Widerspruch zwischen der allgemeinen gesellschaftlichen Macht, zu der sich das Kapital gestaltet, und der Privatmacht der einzelnen Kapitalisten über diese gesellschaftlichen Produktionsbedingungen entwickelt sich immer schreiender und schließt die Auflösung dieses Verhältnisses ein, indem sie zugleich die Herausarbeitung der Produktionsbedingungen zu allgemeinen, gemeinschaftlichen, gesellschaftlichen Produktionsbedingungen einschließt. Diese Herausarbeitung ist gegeben durch die Entwicklung der Produktivkräfte unter der kapitalistischen Produktion und durch die Art und Weise, worin sich diese Entwicklung vollzieht.
Kein Kapitalist wendet eine neue Produktionsweise, sie mag noch soviel produktiver sein oder um noch soviel die Rate des Mehrwerts vermehren, freiwillig an, sobald sie die Profitrate vermindert. Aber jede solche neue Produktionsweise verwohlfeilert die Waren. Er verkauft sie daher ursprünglich über ihrem Produktionspreis, vielleicht über ihrem Wert. Er steckt die Differenz ein, die zwischen ihren Produktionskosten und dem Marktpreis der übrigen, zu höheren Produktionskosten produzierten Waren besteht. Er kann dies, weil der Durchschnitt der zur Produktion dieser Waren gesellschaftlich erheischten Arbeitszeit größer ist als die mit der neuen Produktionsweise erheischte Arbeitszeit. Seine Produktionsprozedur steht über dem Durchschnitt der gesellschaftlichen. Aber die Konkurrenz verallgemeinert sie und unterwirft sie dem allgemeinen Gesetz. Dann tritt das Sinken der Profitrate ein – vielleicht zuerst in dieser Produktionssphäre, und gleicht sich nachher mit den andren aus –, das also ganz und gar unabhängig ist vom Willen der Kapitalisten.
Zu diesem Punkt ist noch zu bemerken, daß dies selbe Gesetz auch in den Produktionssphären herrscht, deren Produkt weder direkt noch indirekt in die Konsumtion des Arbeiters oder in die Produktionsbedingungen seiner Lebensmittel eingeht; also auch in den Produktionssphären, worin keine Verwohlfeilerung der Waren den relativen Mehrwert vermehren, die Arbeitskraft verwohlfeilern kann. (Allerdings kann Verwohlfeilerung des konstanten Kapitals in allen diesen Zweigen die Profitrate erhöhen bei gleichbleibender Exploitation des Arbeiters.) Sobald die neue Produktionsweise anfängt, sich auszubreiten, und damit der Beweis tatsächlich geliefert ist, daß diese Waren wohlfeiler produziert werden können, müssen die Kapitalisten, die unter den alten Produktionsbedingungen arbeiten, ihr Produkt unter ihrem vollen Produktionspreis verkaufen, weil der Wert dieser Ware gefallen ist, die von ihnen zur Produktion erheischte Arbeitszeit über der gesellschaftlichen steht. Mit einem Wort – es erscheint dies als Wirkung der Konkurrenz –, sie müssen ebenfalls die neue Produktionsweise einführen, worin das Verhältnis des variablen Kapitals zum konstanten vermindert ist.
Alle Umstände, die bewirken, daß die Anwendung der Maschinerie den Preis der damit produzierten Waren verwohlfeilert, reduzieren sich stets auf Verringerung des Quantums Arbeit, das von einer einzelnen Ware absorbiert wird; zweitens aber auf Verringerung des Verschleißteils der Maschinerie, dessen Wert in die einzelne Ware eingeht. Je weniger rasch der Verschleiß der Maschinerie, auf desto mehr Waren verteilt er sich, desto mehr lebendige Arbeit ersetzt sie bis zu ihrem Reproduktionstermin. In beiden Fällen vermehrt sich Quantum und Wert des fixen konstanten Kapitals gegenüber dem variablen.
»All other things being equal, the power of a nation to save from its profits varies with the rate of profits, is great when they are high, less, when low; but as the rate of profit declines, all other things do not remain equal... A low rate of profit is ordinarily accompanied by a rapid rate of accumulation, relatively to the numbers of the people, as in England... a high rate of profit by as lower rate of accumulation, relatively to the numbers of the people.« Beispiele: Polen, Rußland, Indien etc. (Richard Jones, »An Introductory Lecture on Pol. Econ.«, London 1833, p. 50 et seq.)
Jones hebt richtig hervor, daß trotz der fallenden Profitrate die inducements and faculties to accumulate sich vermehren. Erstens wegen der wachsenden relativen Überbevölkerung. Zweitens, weil mit der wachsenden Produktivität der Arbeit die Masse der von demselben Tauschwert dargestellten Gebrauchswerte, also der sachlichen Elemente des Kapitals wachsen. Drittens, weil sich die Produktionszweige vermannigfachen. Viertens durch Entwicklung des Kreditsystems, der Aktiengesellschaften etc. und der damit gegebnen Leichtigkeit, Geld in Kapital zu verwandeln, ohne selbst industrieller Kapitalist zu werden. Fünftens Wachsen der Bedürfnisse und der Bereicherungssucht. Sechstens wachsende Massenanlage von fixem Kapital usw.
Drei Haupttatsachen der kapitalistischen Produktion:
1. Konzentration der Produktionsmittel in wenigen Händen, wodurch sie aufhören, als Eigentum der unmittelbaren Arbeiter zu erscheinen, und sich dagegen in gesellschaftliche Potenzen der Produktion verwandeln. Wenn auch zuerst als Privateigentum der Kapitalisten. Diese sind Trustees der bürgerlichen Gesellschaft, aber sie sacken alle Früchte dieser Trusteeschaft ein.
2. Organisation der Arbeit selbst, als gesellschaftlicher: durch Kooperation, Teilung der Arbeit und Verbindung der Arbeit mit der Naturwissenschaft.
Nach beiden Seiten hebt die kapitalistische Produktionsweise das Privateigentum und die Privatarbeit auf, wenn auch in gegensätzlichen Formen.
3. Herstellung des Weltmarkts.
Die ungeheure Produktivkraft, im Verhältnis der Bevölkerung, die innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise sich entwickelt und, wenn auch nicht im selben Verhältnis, das Wachsen der Kapitalwerte (nicht nur ihres materiellen Substrats), die viel rascher wachsen als die Bevölkerung, widerspricht der, relativ zum wachsenden Reichtum, immer schmaler werdenden Basis, für die diese ungeheure Produktivkraft wirkt, und den Verwertungsverhältnissen dieses schwellenden Kapitals. Daher die Krisen.
IV. Verwandlung von Warenkapital und Geldkapital in Warenhandlungskapital und Geldhandlungskapital (kaufmännisches Kapital)
16. Das Warenhandlungskapital
Das kaufmännische oder Handelskapital zerfällt in zwei Formen oder Unterarten, Warenhandlungskapital und Geldhandlungskapital, die wir jetzt näher charakterisieren werden, soweit es zur Analyse des Kapitals in seiner Kernstruktur nötig ist. Und es ist um so nötiger, als die moderne Ökonomie, selbst in ihren besten Repräsentanten, das Handelskapital direkt mit dem industriellen Kapital zusammenwirft und seine charakteristischen Eigentümlichkeiten in der Tat ganz übersieht.
Die Bewegung des Warenkapitals ist in Buch II analysiert worden. Das Gesamtkapital der Gesellschaft betrachtet, befindet sich stets ein Teil desselben, obgleich aus stets andren Elementen zusammengesetzt und selbst von wechselnder Größe, als Ware auf dem Markt, um in Geld überzugehn; ein andrer Teil in Geld auf dem Markt, um in Ware überzugehn. Es ist stets in der Bewegung dieses Übergehns, dieser formellen Metamorphose begriffen. Sofern diese Funktion des im Zirkulationsprozeß befindlichen Kapitals überhaupt als besondre Funktion eines besondren Kapitals verselbständigt wird, sich fixiert als eine durch die Teilung der Arbeit einer besondren Gattung von Kapitalisten zugewiesene Funktion, wird das Warenkapital zum Warenhandlungskapital oder kommerziellen Kapital.
Es ist (Buch II, Kap. VI, die Zirkulationskosten, 2 und 3) auseinandergesetzt worden, wieweit Transportindustrie, Aufbewahrung und Verteilung der Waren in einer distributablen Form als Produktionsprozesse zu betrachten sind, die innerhalb des Zirkulationsprozesses fortdauern. Diese Zwischenfälle der Zirkulation des Warenkapitals werden zum Teil verwechselt mit den eigentümlichen Funktionen des kaufmännischen oder Warenhandlungskapitals; zum Teil finden sie sich mit dessen eigentümlichen spezifischen Funktionen in der Praxis verbunden, obgleich mit der Entwicklung der gesellschaftlichen Teilung der Arbeit die Funktion des Kaufmannskapitals sich auch rein herausarbeitet, d.h. geschieden von jenen realen Funktionen und selbständig gegen sie. Für unsern Zweck, wo es gilt, die spezifische Differenz dieser besondren Gestalt des Kapitals zu bestimmen, ist von jenen Funktionen also zu abstrahieren. Soweit das bloß im Zirkulationsprozeß fungierende Kapital, speziell das Warenhandlungskapital, zum Teil jene Funktionen mit den seinen verbindet, tritt es nicht in seiner reinen Form hervor. Nach der Abstreifung und Entfernung jener Funktionen haben wir die reine Form desselben.
Man hat gesehn, daß das Dasein des Kapitals als Warenkapital und die Metamorphose, die es innerhalb der Zirkulationssphäre, auf dem Markt, als Warenkapital durchläuft – eine Metamorphose, die sich in Kaufen und Verkaufen auflöst, Verwandlung von Warenkapital in Geldkapital und von Geldkapital in Warenkapital –, eine Phase des Reproduktionsprozesses des industriellen Kapitals bildet, also seines Gesamtproduktionsprozesses; daß es sich zugleich aber in dieser seiner Funktion als Zirkulationskapital von sich selbst als produktivem Kapital unterscheidet. Es sind zwei gesonderte, unterschiedne Existenzformen desselben Kapitals. Ein Teil des gesellschaftlichen Gesamtkapitals befindet sich fortwährend in dieser Existenzform als Zirkulationskapital auf dem Markt, im Prozeß dieser Metamorphose begriffen, obgleich für jedes einzelne Kapital sein Dasein als Warenkapital und seine Metamorphose als solches nur einen beständig verschwindenden und beständig erneuerten Durchgangspunkt, ein Durchgangsstadium der Kontinuität seines Produktionsprozesses bildet und obgleich daher die Elemente des auf dem Markt befindlichen Warenkapitals beständig wechseln, indem sie beständig dem Warenmarkt entzogen und ihm ebenso beständig als neues Produkt des Produktionsprozesses zurückgegeben werden.
Das Warenhandlungskapital nun ist nichts als die verwandelte Form eines Teils dieses beständig auf dem Markt befindlichen, in dem Prozeß der Metamorphose befindlichen und stets von der Zirkulationssphäre umfangenen Zirkulationskapitals. Wir sagen eines Teils, weil ein Teil des Warenverkaufs und -kaufs beständig direkt zwischen den industriellen Kapitalisten selbst vorgeht. Von diesem Teil abstrahieren wir ganz in dieser Untersuchung, da er zur Begriffsbestimmung, zur Einsicht in die spezifische Natur des Kaufmannskapitals nicht beiträgt und andrerseits für unsern Zweck erschöpfend bereits im Buch II dargestellt worden.
Der Warenhändler, als Kapitalist überhaupt, tritt zunächst auf den Markt als Repräsentant einer gewissen Geldsumme, die er als Kapitalist vorschießt, d.h., die er aus x (dem ursprünglichen Wert der Summe) in x + Δx (diese Summe plus dem Profit darauf) verwandeln will. Aber für ihn nicht nur als Kapitalisten überhaupt, sondern speziell als Warenhändler ist es selbstredend, daß sein Kapital ursprünglich in der Form des Geldkapitals auf dem Markt erscheinen muß, denn er produziert keine Waren, sondern handelt nur mit ihnen, vermittelt ihre Bewegung, und um mit ihnen zu handeln, muß er sie zuerst kaufen, also Besitzer von Geldkapital sein.
Gesetzt, ein Warenhändler besitze 3000 Pfd. St., die er als Handlungskapital verwertet. Er kauft mit diesen 3000 Pfd. St. z.B. 30000 Ellen Leinwand vom Leinwandfabrikanten, die Elle zu 2 sh. Er verkauft diese 30000 Ellen. Wenn die jährliche Durchschnittsprofitrate = 10% und er nach Abzug aller Nebenkosten 10% jährlichen Profit macht, so hat er am Ende des Jahrs die 3000 Pfd. St. in 3300 Pfd. St. verwandelt. Wie er diesen Profit macht, ist eine Frage, die wir erst später behandeln. Hier wollen wir zunächst die bloße Form der Bewegung seines Kapitals betrachten. Er kauft mit den 3000 Pfd. St. beständig Leinwand und verkauft beständig diese Leinwand; wiederholt beständig diese Operation des Kaufens, um zu verkaufen, G – W – G', die einfache Form des Kapitals, wie es ganz in den Zirkulationsprozeß gebannt ist, ohne durch das Intervall des Produktionsprozesses, der außerhalb seiner eignen Bewegung und Funktion liegt, unterbrochen zu werden.
Welches ist nun das Verhältnis dieses Warenhandlungskapitals zum Warenkapital als einer bloßen Existenzform des industriellen Kapitals? Was den Leinwandfabrikanten betrifft, so hat er mit dem Geld des Kaufmanns den Wert seiner Leinwand realisiert, die erste Phase der Metamorphose sein s Warenkapitals, dessen Verwandlung in Geld, vollzogen und kann nun, bei sonst gleichbleibenden Umständen, das Geld rückverwandeln in Garn, Kohle, Arbeitslohn etc., andrerseits in Lebensmittel etc. zum Verzehr seiner Revenue; also, abgesehn von der Revenueausgabe, im Reproduktionsprozeß fortfahren.
Aber obgleich für ihn, den Produzenten der Leinwand, ihre Metamorphose in Geld, ihr Verkauf stattgefunden hat, hat sie noch nicht stattgefunden für die Leinwand selbst. Sie befindet sich nach wie vor auf dem Markt als Warenkapital mit der Bestimmung, ihre erste Metamorphose zu vollziehn, verkauft zu werden. Mit dieser Leinwand hat sich nichts zugetragen als ein Wechsel in der Person ihres Besitzers. Ihrer eignen Bestimmung nach, ihrer Stellung im Prozeß nach, ist sie nach wie vor Warenkapital, verkäufliche Ware; nur daß sie jetzt in der Hand des Kaufmanns, statt früher des Produzenten ist. Die Funktion, sie zu verkaufen, die erste Phase ihrer Metamorphose zu vermitteln, ist dem Produzenten durch den Kaufmann abgenommen und in sein besondres Geschäft verwandelt worden, während es früher eine Funktion war, die dem Produzenten zu verrichten blieb, nachdem er die Funktion, sie zu produzieren, erledigt hatte.
Gesetzt, es gelinge dem Kaufmann nicht, die 30000 Ellen zu verkaufen während des Intervalls, das der Leinwandproduzent braucht, um von neuem 30000 Ellen zum Wert von 3000 Pfd. St. auf den Markt zu werfen. Der Kaufmann kann sie nicht von neuem kaufen, weil er noch die 30000 unverkauften Ellen auf Lager hat und sie ihm noch nicht rückverwandelt sind in Geldkapital. Es tritt dann Stockung ein, Unterbrechung der Reproduktion. Der Leinwandproduzent könnte allerdings zuschüssiges Geldkapital zur Verfügung haben, das er, unabhängig vom Verkauf der 30000 Ellen, fähig wäre, in produktives Kapital zu verwandeln und so den Produktionsprozeß fortzuführen. Aber diese Unterstellung ändert an der Sache nichts. Soweit das in den 30000 Ellen vorgeschoßne Kapital in Betracht kommt, ist und bleibt dessen Reproduktionsprozeß unterbrochen. Hier zeigt es sich also in der Tat handgreiflich, daß die Operationen des Kaufmanns weiter nichts sind als die Operationen, die überhaupt verrichtet werden müssen, um das Warenkapital des Produzenten in Geld zu verwandeln, die Operationen, welche die Funktionen des Warenkapitals im Zirkulations- und Reproduktionsprozeß vermitteln. Wenn statt eines unabhängigen Kaufmanns ein bloßer Kommis des Produzenten sich ausschließlich mit diesem Verkauf, und außerdem mit dem Einkauf, zu beschäftigen hätte, wäre dieser Zusammenhang keinen Augenblick versteckt.
Das Warenhandlungskapital ist also durchaus nichts andres als das Warenkapital des Produzenten, das den Prozeß seiner Verwandlung in Geld durchzumachen, seine Funktion als Warenkapital auf dem Markt zu verrichten hat, nur daß diese Funktion statt als beiläufige Operation des Produzenten nun als ausschließliche Operation einer besondren Gattung von Kapitalisten, der Warenhändler, erscheint, verselbständigt wird als Geschäft einer besondren Kapitalanlage.
Übrigens zeigt sich dies auch in der spezifischen Form der Zirkulation des Warenhandlungskapitals. Der Kaufmann kauft die Ware und verkauft sie dann; G – W – G'. In der einfachen Warenzirkulation oder selbst in der Warenzirkulation, wie sie als Zirkulationsprozeß des industriellen Kapitals erscheint, W' – G – W, wird die Zirkulation dadurch vermittelt, daß jedes Geldstück zweimal die Hände wechselt. Der Leinwandproduzent verkauft seine Ware, die Leinwand, verwandelt sie in Geld; das Geld des Käufers geht in seine Hand über. Mit diesem selben Geld kauft er Garn, Kohle, Arbeit etc., gibt dasselbe Geld wieder aus, um den Wert der Leinwand rückzuverwandeln in die Waren, die die Produktionselemente der Leinwand bilden. Die Ware, die er kauft, ist nicht dieselbe Ware, nicht Ware derselben Art, wie die, die er verkauft. Er hat Produkte verkauft und Produktionsmittel gekauft. Aber es verhält sich anders in der Bewegung des Kaufmannskapitals. Mit den 3000 Pfd. St. kauft der Leinwandhändler 30000 Ellen Leinwand; er verkauft dieselben 30000 Ellen Leinwand, um das Geldkapital (3000 Pfd. St. nebst Profit) aus der Zirkulation zurückzuziehn. Hier wechseln also nicht dieselben Geldstücke, sondern dieselbe Ware zweimal die Stelle; sie geht aus der Hand des Verkäufers in die des Käufers und aus der Hand des Käufers, der nun Verkäufer geworden, in die eines andren Käufers über. Sie wird zweimal verkauft und kann noch mehrmals verkauft werden bei Zwischenschieben einer Reihe von Kaufleuten; und gerade erst durch diesen wiederholten Verkauf, den zweimaligen Stellenwechsel derselben Ware, wird das im Ankauf der Ware vorgeschoßne Geld vom ersten Käufer zurückgezogen, der Rückfluß desselben zu ihm vermittelt. In dem einen Fall W' – G – W vermittelt der zweimalige Stellenwechsel desselben Geldes, daß Ware in einer Gestalt veräußert und in einer andren Gestalt angeeignet wird. In dem andren Fall G – W – G' vermittelt der zweimalige Stellenwechsel derselben Ware, daß das vorgeschoßne Geld wieder aus der Zirkulation zurückgezogen wird. Es zeigt sich eben darin, daß die Ware noch nicht endgültig verkauft wird, sobald sie aus der Hand des Produzenten in die des Kaufmanns übergegangen, daß der letztre die Operation des Verkaufs – oder die Vermittlung der Funktion des Warenkapitals – nur weiter fortführt. Es zeigt sich aber zugleich darin, daß, was für den produktiven Kapitalisten W – G, eine bloße Funktion seines Kapitals in seiner vorübergehenden Gestalt als Warenkapital, für den Kaufmann G – W – G', eine besondre Verwertung des von ihm vorgeschoßnen Geldkapitals ist. Eine Phase der Warenmetamorphose zeigt sich hier, mit Bezug auf den Kaufmann, als G – W – G', also als Evolution einer eignen Sorte von Kapital.
Der Kaufmann verkauft definitiv die Ware, also die Leinwand, an den Konsumenten, ob dies nun ein produktiver Konsument sei (z.B. ein Bleicher) oder ein individueller, der die Leinwand zu seinem Privatgebrauch vernutzt. Dadurch kehrt ihm das vorgeschoßne Kapital (mit Profit) zurück, und er kann die Operation von neuem beginnen. Hätte beim Kauf der Leinwand das Geld nur als Zahlungsmittel fungiert, so daß er erst sechs Wochen nach Abnahme zu zahlen brauchte, und hätte er vor dieser Zeit verkauft, so könnte er den Leinwandproduzenten zahlen, ohne selbst Geldkapital vorgeschossen zu haben. Hätte er sie nicht verkauft, so müßte er die 3000 Pfd. St. bei Verfall, statt sogleich bei Ablieferung der Leinwand an ihn, vorschießen; und hätte er wegen eines Falls der Marktpreise sie unter dem Einkaufspreis verkauft, so müßte er den fehlenden Teil aus seinem eignen Kapital ersetzen.
Was gibt nun dem Warenhandlungskapital den Charakter eines selbständig fungierenden Kapitals, während es in der Hand des selbstverkaufenden Produzenten augenscheinlich nur als eine besondre Form seines Kapitals in einer besondren Phase seines Reproduktionsprozesses, während seines Aufenthalts in der Zirkulationssphäre, erscheint?
Erstens: Daß das Warenkapital in der Hand eines, von seinem Produzenten verschiednen, Agenten seine definitive Verwandlung in Geld, also seine erste Metamorphose, seine ihm qua Warenkapital zukommende Funktion auf dem Markt vollzieht und daß diese Funktion des Warenkapitals vermittelt ist durch die Operation des Kaufmanns, durch sein Kaufen und Verkaufen, so daß diese Operation als eignes, von den übrigen Funktionen des industriellen Kapitals getrenntes und daher verselbständigtes Geschäft sich gestaltet. Es ist eine besondre Form der gesellschaftlichen Teilung der Arbeit, so daß ein Teil der sonst in einer besondren Phase des Reproduktionsprozesses des Kapitals, hier der Zirkulation, zu verrichtenden Funktion als die ausschließliche Funktion eines eignen, vom Produzenten unterschiednen Zirkulationsagenten erscheint. Aber damit erschiene dies besondre Geschäft noch keineswegs als die Funktion eines besondren, von dem in seinem Reproduktionsprozeß begriffnen industriellen Kapital verschiednen, und gegen es selbständigen Kapitals; wie es denn in der Tat nicht als solches da erscheint, wo der Warenhandel betrieben wird durch bloße Handelsreisende oder andre direkte Agenten des industriellen Kapitalisten. Es muß also noch ein zweites Moment hinzukommen.
Zweitens: Dies kommt dadurch herein, daß der selbständige Zirkulationsagent, der Kaufmann, Geldkapital (eignes oder geliehenes) in dieser Position vorschießt. Was für das in seinem Reproduktionsprozeß befindliche industrielle Kapital sich einfach als W – G, Verwandlung des Warenkapitals in Geldkapital oder bloßen Verkauf darstellt, stellt sich für den Kaufmann dar als G – W – G', als Kauf und Verkauf derselben Ware und daher als Rückfluß des Geldkapitals, das sich im Kauf von ihm entfernt, zu ihm zurück durch den Verkauf.
Es ist immer W – G, die Verwandlung des Warenkapitals in Geldkapital, das sich für den Kaufmann als G – W – G darstellt, sofern er Kapital vorschießt, im Kauf der Ware von den Produzenten; immer die erste Metamorphose des Warenkapitals, obgleich derselbe Akt für einen Produzenten oder für das in seinem Reproduktionsprozeß befindliche industrielle Kapital sich als G – W, Rückverwandlung des Gelds in Ware (die Produktionsmittel) oder als zweite Phase der Metamorphose darstellen mag. Für den Leinwandproduzenten war W – G die erste Metamorphose, Verwandlung des Warenkapitals in Geldkapital. Dieser Akt stellt sich für den Kaufmann dar als G – W, Verwandlung seines Geldkapitals in Warenkapital. Verkauft er nun die Leinwand an den Bleicher, so stellt dies für den Bleicher dar G – W, Verwandlung von Geldkapital in produktives Kapital oder die zweite Metamorphose seines Warenkapitals; für den Kaufmann aber W – G, den Verkauf der von ihm gekauften Leinwand. In der Tat ist aber erst jetzt das Warenkapital, das der Leinwandfabrikant fabriziert hat, endgültig verkauft, oder dies G – W – G des Kaufmanns stellt nur einen vermittelnden Prozeß dar für das W – G zwischen zwei Produzenten. Oder nehmen wir an, der Leinwandfabrikant kauft mit einem Teil des Werts der verkauften Leinwand Garn von einem Garnhändler. So ist dies für ihn G – W. Aber für den Kaufmann, der das Garn verkauft, ist es W – G, Wiederverkauf des Garns; und in bezug auf das Garn selbst, als Warenkapital, ist es nur sein definitiver Verkauf, womit es aus der Zirkulationssphäre in die Konsumtionssphäre übertritt; W – G, der endgültige Abschluß seiner ersten Metamorphose. Ob der Kaufmann also vom industriellen Kapitalisten kauft oder an ihn verkauft, sein G – W – G, der Kreislauf des Kaufmannskapitals, drückt immer nur aus, was mit Bezug auf das Warenkapital selbst, als Durchgangsform des sich reproduzierenden industriellen Kapitals bloß W – G, bloß die Vollziehung seiner ersten Metamorphose ist. Das G – W des Kaufmannskapitals ist nur für den industriellen Kapitalisten zugleich W – G, nicht aber für das von ihmA20 produzierte Warenkapital: es ist nur Übergang des Warenkapitals aus der Hand des Industriellen in die des Zirkulationsagenten; erst das W – G des Kaufmannskapitals ist das endgültige W – G des fungierenden Warenkapitals. G – W – G sind nur zwei W – G desselben Warenkapitals, zwei sukzessive Verkäufe desselben, die seinen letzten und definitiven Verkauf nur vermitteln.
Das Warenkapital nimmt also im Warenhandlungskapital dadurch die Gestalt einer selbständigen Sorte von Kapital an, daß der Kaufmann Geldkapital vorschießt, das sich nur als Kapital verwertet, nur als Kapital fungiert, indem es ausschließlich damit beschäftigt ist, die Metamorphose des Warenkapitals, seine Funktion als Warenkapital, d.h. seine Verwandlung in Geld zu vermitteln, und es tut dies durch beständigen Kauf und Verkauf von Waren. Dies ist seine ausschließliche Operation; diese den Zirkulationsprozeß des industriellen Kapitals vermittelnde Tätigkeit ist die ausschließliche Funktion des Geldkapitals, womit der Kaufmann operiert. Durch diese Funktion verwandelt er sein Geld in Geldkapital, stellt sein G dar als G – W – G', und durch denselben Prozeß verwandelt er das Warenkapital in Warenhandlungskapital.
Das Warenhandlungskapital, sofern und solange es in der Form des Warenkapitals existiert – den Reproduktionsprozeß des gesellschaftlichen Gesamtkapitals betrachtet –, ist augenscheinlich nichts andres als der noch auf dem Markt befindliche, im Prozeß seiner Metamorphose begriffene Teil des industriellen Kapitals, der jetzt als Warenkapital existiert und fungiert. Es ist also nur das vom Kaufmann vorgeschoßne Geldkapital, das ausschließlich zum Kauf und Verkauf bestimmt ist, daher nie andre Form als die des Warenkapitals und Geldkapitals, nie die des produktiven Kapitals annimmt und stets in der Zirkulationssphäre des Kapitals eingepfercht bleibt – es ist nur dies Geldkapital, was jetzt zu betrachten ist mit Bezug auf den gesamten Reproduktionsprozeß des Kapitals.
Sobald der Produzent, der Leinwandfabrikant, seine 30000 Ellen an den Kaufmann für 3000 Pfd. St. verkauft hat, kauft er mit dem so gelösten Geld die nötigen Produktionsmittel, und sein Kapital geht wieder in den Produktionsprozeß ein; sein Produktionsprozeß kontinuiert, geht ununterbrochen fort. Für ihn hat die Verwandlung seiner Ware in Geld stattgefunden. Aber für die Leinwand selbst hat die Verwandlung, wie wir sahen, noch nicht stattgefunden. Sie ist noch nicht endgültig in Geld rückverwandelt, noch nicht als Gebrauchswert, sei es in die produktive, sei es in die individuelle Konsumtion eingegangen. Der Leinwandhändler repräsentiert jetzt auf dem Markt dasselbe Warenkapital, das der Leinwandproduzent dort ursprünglich repräsentierte. Für diesen ist der Prozeß der Metamorphose abgekürzt, aber nur, um in der Hand des Kaufmanns fortzudauern.
Müßte der Leinwandproduzent warten, bis seine Leinwand wirklich aufgehört hat, Ware zu sein, bis sie an den letzten Käufer, den produktiven oder individuellen Konsumenten übergegangen ist, so wäre sein Reproduktionsprozeß unterbrochen. Oder um ihn nicht zu unterbrechen, hätte er seine Operationen einschränken müssen, einen geringern Teil seiner Leinwand in Garn, Kohlen, Arbeit etc., kurz in die Elemente des produktiven Kapitals verwandeln und einen größern Teil davon als Geldreserve bei sich behalten müssen, damit, während ein Teil seines Kapitals sich als Ware auf dem Markt befindet, ein andrer Teil den Produktionsprozeß fortsetzen könne, so daß, wenn dieser als Ware auf den Markt tritt, jener in Geldform zurückfließt. Diese Teilung seines Kapitals wird durch die Dazwischenkunft des Kaufmanns nicht beseitigt. Aber ohne letztre müßte der in Form von Geldreserve vorhandne Teil des Zirkulationskapitals stets größer sein im Verhältnis zu dem in Form von produktivem Kapital beschäftigten Teil und dementsprechend die Stufenleiter der Reproduktion beschränkt werden. Statt dessen kann der Produzent nun einen größern Teil seines Kapitals beständig im eigentlichen Produktionsprozeß anwenden, einen geringern als Geldreserve.
Dafür befindet sich aber nun ein andrer Teil des gesellschaftlichen Kapitals, in der Form des Kaufmannskapitals, beständig innerhalb der Zirkulationssphäre. Er ist stets nur angewandt, um Ware zu kaufen und zu verkaufen. Es scheint so nur ein Wechsel der Personen vorgegangen zu sein, die dies Kapital in der Hand haben.
Wendete der Kaufmann, statt für 3000 Pfd. St. Leinwand zu kaufen, in der Absicht, sie wieder zu verkaufen, diese 3000 Pfd. St. selbst produktiv an, so wäre das produktive Kapital der Gesellschaft vergrößert. Allerdings müßte dann der Leinwandproduzent einen bedeutendern Teil seines Kapitals als Geldreserve festhalten, und ebenso der jetzt in einen industriellen Kapitalisten verwandelte Kaufmann. Andrerseits, wenn der Kaufmann Kaufmann bleibt, so spart der Produzent Zeit im Verkaufen, die er zur Überwachung des Produktionsprozesses anwenden kann, während der Kaufmann seine ganze Zeit im Verkaufen verwenden muß.
Falls das Kaufmannskapital nicht seine notwendigen Proportionen überschreitet, ist anzunehmen:
1. daß infolge der Teilung der Arbeit das Kapital, das sich ausschließlich mit Kaufen und Verkaufen beschäftigt (und es gehört hierzu außer dem Geld zum Ankauf von Waren das Geld, das ausgelegt werden muß in der zum Betrieb des kaufmännischen Geschäfts notwendigen Arbeit, im konstanten Kapital des Kaufmanns, Lagergebäuden, Transport etc.), kleiner ist, als es wäre, wenn der industrielle Kapitalist den ganzen kaufmännischen Teil seines Geschäfts selbst betreiben müßte;
2. daß, weil der Kaufmann ausschließlich mit diesem Geschäft sich befaßt, nicht nur für den Produzenten seine Ware früher in Geld verwandelt wird, sondern das Warenkapital selbst rascher seine Metamorphose durchmacht, als es in der Hand des Produzenten tun würde;
3. daß, das gesamte Kaufmannskapital im Verhältnis zum industriellen Kapital betrachtet, ein Umschlag des Kaufmannskapitals nicht nur die Umschläge vieler Kapitale in einer Produktionssphäre, sondern die Umschläge einer Anzahl von Kapitalen in verschiednen Produktionssphären vorstellen kann. Das erstere ist der Fall, wenn z.B. der Leinwandhändler, nachdem er mit seinen 3000 Pfd. St. das Produkt eines Leinwandproduzenten gekauft und wieder verkauft hat, bevor derselbe Produzent dasselbe Quantum Waren wieder auf den Markt wirft, das Produkt eines andren oder mehrerer Leinwandproduzenten kauft und dies wieder verkauft, so die Umschläge verschiedner Kapitale in derselben Produktionssphäre vermittelnd. Das zweite, wenn der Kaufmann, z.B. nach dem Verkauf der Leinwand, nun Seide kauft, also den Umschlag eines Kapitals in einer andern Produktionssphäre vermittelt.
Im allgemeinen ist zu bemerken: Der Umschlag des industriellen Kapitals ist nicht nur durch die Umlaufszeit, sondern auch durch die Produktionszeit beschränkt. Der Umschlag des Kaufmannskapitals, soweit es nur mit einer bestimmten Warensorte handelt, ist beschränkt nicht durch den Umschlag eines industriellen Kapitals, sondern durch den aller industriellen Kapitale in demselben Produktionszweig. Nachdem der Kaufmann die Leinwand des einen gekauft und verkauft, kann er die des andren kaufen und verkaufen, bevor der erste wieder eine Ware auf den Markt wirft. Dasselbe Kaufmannskapital kann also nacheinander die verschiednen Umschläge der in einem Produktionszweig angelegten Kapitale vermitteln; so daß sein Umschlag nicht identisch ist mit den Umschlägen eines einzelnen industriellen Kapitals und daher nicht bloß die eine Geldreserve ersetzt, die dieser einzelne industrielle Kapitalist in petto haben müßte. Der Umschlag des Kaufmannskapitals in einer Produktionssphäre ist natürlich durch deren Gesamtproduktion beschränkt. Aber er ist nicht beschränkt durch die Grenzen der Produktion oder die Um schlagszeit des einzelnen Kapitals derselben Sphäre, soweit diese Umschlagszeit durch die Produktionszeit gegeben ist. Gesetzt, A liefre eine Ware, die drei Monate zu ihrer Produktion braucht. Nachdem der Kaufmann sie gekauft und verkauft, sage in einem Monat, kann er dasselbe Produkt eines andren Produzenten kaufen und verkaufen. Oder nachdem er z.B. das Getreide eines Pächters verkauft, kann er mit demselben Geld das des zweiten kaufen und verkaufen usw. Der Umschlag seines Kapitals ist begrenzt durch die Masse Getreide, die er nacheinander in einer gegebnen Zeit, z.B. einem Jahr, kaufen und verkaufen kann, während der Umschlag des Pächterkapitals, abgesehn von der Umlaufszeit, beschränkt ist durch die Produktionszeit, die ein Jahr dauert.
Der Umschlag desselben Kaufmannskapitals kann aber ebensogut die Umschläge von Kapitalen in verschiednen Produktionszweigen vermitteln.
Soweit dasselbe Kaufmannskapital in verschiednen Umschlägen dazu dient, verschiedne Warenkapitale sukzessive in Geld zu verwandeln, sie also der Reihe nach kauft und verkauft, verrichtet es als Geldkapital dieselbe Funktion gegenüber dem Warenkapital, die das Geld überhaupt durch die Anzahl seiner Umläufe in einer gegebnen Periode gegenüber den Waren verrichtet.
Der Umschlag des Kaufmannskapitals ist nicht identisch mit dem Umschlag oder der einmaligen Reproduktion eines gleich großen industriellen Kapitals; er ist vielmehr gleich der Summe der Umschläge einer Anzahl solcher Kapitale, sei es in derselben, sei es in verschiednen Produktionssphären. Je rascher das Kaufmannskapital umschlägt, um so kleiner, je langsamer es umschlägt, um so größer ist der Teil des gesamten Geldkapitals, das als Kaufmannskapital figuriert. Je unentwickelter die Produktion, desto größer die Summe des Kaufmannskapitals im Verhältnis zur Summe der überhaupt in Zirkulation geworfnen Waren; desto kleiner aber ist es absolut oder verglichen mit entwickeltern Zuständen. Umgekehrt, umgekehrt. In solchen unentwickelten Zuständen befindet sich daher der größte Teil des eigentlichen Geldkapitals in den Händen der Kaufleute, deren Vermögen so den andren gegenüber das Geldvermögen bildet.
Die Geschwindigkeit der Zirkulation des vom Kaufmann vorgeschoßnen Geldkapitals hängt ab: 1. von der Geschwindigkeit, womit sich der Produktionsprozeß erneuert und die verschiednen Produktionsprozesse ineinandergreifen; 2. von der Geschwindigkeit der Konsumtion.
Es ist nicht nötig, daß das Kaufmannskapital bloß den oben betrachteten Umschlag durchmacht, für seinen ganzen Wertumfang erst Ware zu kaufen und sie dann zu verkaufen. Sondern der Kaufmann macht gleichzeitig beide Bewegungen durch. Sein Kapital teilt sich dann in zwei Teile. Der eine besteht aus Warenkapital und der andre aus Geldkapital. Er kauft hier und verwandelt damit sein Geld in Ware. Er verkauft dort und verwandelt damit einen andren Teil des Warenkapitals in Geld. Auf der einen Seite strömt ihm sein Kapital als Geldkapital zurück, während auf der andren ihm Warenkapital zufließt. Je größer der Teil, der in der einen Form, desto kleiner der, der in der andren existiert. Dies wechselt ab und gleicht sich aus. Verbindet sich mit der Anwendung des Geldes als Zirkulationsmittel die als Zahlungsmittel und das darauf erwachsende Kreditsystem, so vermindert sich noch ferner der Geldkapitalteil des Kaufmannskapitals im Verhältnis zur Größe der Transaktionen, die dies Kaufmannskapital verrichtet. Kaufe ich für 1000 Pfd. St. Wein auf 3 Monate Ziel, und habe ich den Wein verkauft gegen bar, vor Ablauf der drei Monate, so ist für diese Transaktion kein Heller vorzuschießen. In diesem Fall ist auch sonnenklar, daß das Geldkapital, das hier als Kaufmannskapital figuriert, durchaus nichts ist als das industrielle Kapital selbst in seiner Form als Geldkapital, in seinem Rückfluß zu sich in der Form des Geldes. (Daß der Produzent, der für 1000 Pfd. St. Ware auf 3 Monate Ziel verkauft hat, den Wechsel, d.h. Schuldschein, dafür beim Bankier diskontieren kann, ändert nichts an der Sache und hat nichts mit dem Kapital des Warenhändlers zu schaffen.) Fielen die Marktpreise der Ware in der Zwischenzeit vielleicht um 1/10, so erhielte der Kaufmann nicht nur keinen Profit, sondern überhaupt nur 2700 Pfd. St. zurück statt 3000. Er müßte 300 Pfd. St. zulegen, um zu zahlen. Diese 300 Pfd. St. fungierten nur als Reserve zur Ausgleichung der Preisdifferenz. Aber dasselbe gilt für den Produzenten. Hätte er selbst verkauft, zu fallenden Preisen, so hätte er ebenfalls 300 Pfd. St. verloren und könnte die Produktion auf derselben Stufenleiter nicht wieder beginnen ohne Reservekapital.
Der Leinwandhändler kauft für 3000 Pfd. St. Leinwand vom Fabrikanten; dieser zahlt von diesen 3000 Pfd. St. z.B. 2000, um Garn zu kaufen; er kauft dies Garn vom Garnhändler. Das Geld, womit der Fabrikant den Garnhändler zahlt, ist nicht das Geld des Leinwandhändlers; denn dieser hat Ware zum Belauf dieser Summe dafür erhalten. Es ist Geldform seines eignen Kapitals. In der Hand des Garnhändlers erscheinen diese 2000 Pfd. St. nun als zurückgefloßnes Geldkapital; aber wieweit sind sie es, als unterschieden von diesen 2000 Pfd. St., als der abgestreiften Geldform der Leinwand und der angenommnen Geldform des Garns? Hat der Garnhändler auf Kredit gekauft und hat er gegen bar verkauft vor Verfall seiner Zahlungsfrist, so steckt in diesen 2000 Pfd. St. kein Heller Kaufmannskapital als unterschieden von der Geldform, die das industrielle Kapital selbst in seinem Kreislaufsprozeß annimmt. Das Warenhandlungskapital, soweit es also nicht bloße Form des industriellen Kapitals ist, das sich in der Gestalt von Warenkapital oder Geldkapital in der Hand des Kaufmanns befindet, ist nichts als der Teil des Geldkapitals, der dem Kaufmann selbst gehört und im Kauf und Verkauf von Waren umgetrieben wird. Dieser Teil stellt auf reduziertem Maßstab den Teil des zur Produktion vorgeschoßnen Kapitals vor, der sich als Geldreserve, Kaufmittel, stets in der Hand des Industriellen befinden und stets als ihr Geldkapital zirkulieren müßte. Dieser Teil befindet sich jetzt, reduziert, in der Hand von kaufmännischen Kapitalisten; als solcher stets fungierend im Zirkulationsprozeß. Es ist der Teil des Gesamtkapitals, der, abgesehn von Revenueausgaben, beständig als Kaufmittel auf dem Markt zirkulieren muß, um die Kontinuität des Reproduktionsprozesses in Gang zu halten. Er ist um so kleiner im Verhältnis zum Gesamtkapital, je rascher der Reproduktionsprozeß und je entwickelter die Funktion des Geldes als Zahlungsmittel, d. h. des Kreditsystems.38
Das Kaufmannskapital ist nichts als innerhalb der Zirkulationssphäre fungierendes Kapital. Der Zirkulationsprozeß ist eine Phase des gesamten Reproduk tionsprozesses. Aber im Zirkulationsprozeß wird kein Wert produziert, also auch kein Mehrwert. Es gehn nur Formveränderungen derselben Wertmasse vor. Es geht in der Tat nichts vor als die Metamorphose der Waren, die als solche mit Wertschöpfung oder Wertveränderung nichts zu tun hat. Wird beim Verkauf der produzierten Ware ein Mehrwert realisiert, so, weil dieser bereits in ihr existiert; bei dem zweiten Akt, dem Rückaustausch des Geldkapitals gegen Ware (Produktionselemente), wird daher auch vom Käufer kein Mehrwert realisiert, sondern hier nur durch Austausch des Geldes gegen Produktionsmittel und Arbeitskraft die Produktion des Mehrwerts eingeleitet. Im Gegenteil. Soweit diese Metamorphosen Zirkulationszeit kosten – eine Zeit, innerhalb deren das Kapital überhaupt nicht, also auch keinen Mehrwert produziert –, ist sie Beschränkung der Wertschöpfung, und der Mehrwert wird sich als Profitrate gerade im umgekehrten Verhältnis zur Dauer der Zirkulationszeit ausdrücken. Das Kaufmannskapital schafft daher weder Wert noch Mehrwert, d.h. nicht direkt. Sofern es zur Abkürzung der Zirkulationszeit beiträgt, kann es indirekt den vom industriellen Kapitalisten produzierten Mehrwert vermehren helfen. Soweit es den Markt ausdehnen hilft und die Teilung der Arbeit zwischen den Kapitalen vermittelt, also das Kapital befähigt, auf größrer Stufenleiter zu arbeiten, befördert seine Funktion die Produktivität des industriellen Kapitals und dessen Akkumulation. Soweit es die Umlaufszeit abkürzt, erhöht es das Verhältnis des Mehrwerts zum vorgeschoßnen Kapital, also die Profitrate. Soweit es einen geringern Teil des Kapitals als Geldkapital in die Zirkulationssphäre einbannt, vermehrt es den direkt in der Produktion angewandten Teil des Kapitals.
17. Der kommerzielle Profit
Man hat in Buch II gesehn, daß die reinen Funktionen des Kapitals in der Zirkulationssphäre – die Operationen, die der industrielle Kapitalist vornehmen muß, um erstens den Wert seiner Waren zu realisieren und zweitens diesen Wert in die Produktionselemente der Ware rückzuverwandeln, die Operationen zur Vermittlung der Metamorphosen des Warenkapitals W' – G – W, also die Akte des Verkaufens und Kaufens – weder Wert noch Mehrwert erzeugen. Umgekehrt zeigte es sich, daß die Zeit, die hierfür erheischt, objektiv mit Bezug auf die Waren und subjektiv mit Bezug auf den Kapitalisten, Grenzen erzeugt für die Bildung von Wert und Mehrwert. Was von der Metamorphose des Warenkapitals an sich gilt, wird natürlich in keiner Weise dadurch geändert, daß ein Teil desselben die Gestalt des Warenhandlungskapitals annimmt oder daß die Operationen, wodurch die Metamorphose des Warenkapitals vermittelt wird, als das besondre Geschäft einer besondren Abteilung von Kapitalisten oder als ausschließliche Funktion eines Teils des Geldkapitals erscheint. Wenn das Verkaufen und Kaufen von Waren – und darin löst sich die Metamorphose des Warenkapitals W' – G – W auf – durch die industriellen Kapitalisten selbst keine Wert oder Mehrwert schaffenden Operationen sind, so werden sie es unmöglich dadurch, daß sie statt von diesen, von andren Personen verrichtet werden. Wenn ferner der Teil des gesellschaftlichen Gesamtkapitals, der beständig als Geldkapital disponibel sein muß, damit der Reproduktionsprozeß nicht durch den Zirkulationsprozeß unterbrochen werde, sondern kontinuierlich sei – wenn dies Geldkapital weder Wert noch Mehrwert schafft, so kann es diese Eigenschaften nicht dadurch erwerben, daß es, statt vom industriellen Kapitalisten, von einer andern Abteilung Kapitalisten, zur Verrichtung derselben Funktionen, beständig in Zirkulation geworfen wird. Wieweit das Kaufmannskapital indirekt produktiv sein kann, ist bereits angedeutet und wird später noch weiter erörtert werden.
Das Warenhandlungskapital also – abgestreift alle heterogenen Funktionen, wie Aufbewahren, Spedieren, Transportieren, Einteilen, Detaillieren, die damit verknüpft sein mögen, und beschränkt auf seine wahre Funktion des Kaufens, um zu verkaufen – schafft weder Wert noch Mehrwert, sondern vermittelt nur ihre Realisation und damit zugleich den wirklichen Austausch der Waren, ihr Übergehn aus einer Hand in die andre, den gesellschaftlichen Stoffwechsel. Dennoch, da die Zirkulationsphase des industriellen Kapitals ebensosehr eine Phase des Reproduk tionsprozesses bildet wie die Produktion, muß das im Zirkulationsprozeß selbständig fungierende Kapital ebensosehr den jährlichen Durchschnittsprofit abwerfen wie das in den verschiednen Zweigen der Produktion fungierende Kapital. Würfe das Kaufmannskapital einen höhern prozentigen Durchschnittsprofit ab als das industrielle Kapital, so würde sich ein Teil des industriellen Kapitals in Kaufmannskapital verwandeln. Würfe es einen niedrigem Durchschnittsprofit ab, so fände der umgekehrte Prozeß statt. Ein Teil des Kaufmannskapitals würde sich in industrielles verwandeln. Keine Kapitalgattung hat größre Leichtigkeit, ihre Bestimmung, ihre Funktion zu ändern, als das Kaufmannskapital.
Da das Kaufmannskapital selbst keinen Mehrwert erzeugt, so ist klar, daß der Mehrwert, der in der Form des Durchschnittsprofits auf es fällt, einen Teil des von dem gesamten produktiven Kapital erzeugten Mehrwerts bildet. Aber die Frage ist nun die: Wie zieht das Kaufmannskapital den ihm zufallenden Teil des vom produktiven Kapital erzeugten Mehrwerts oder Profits an sich?
Es ist nur Schein, daß der merkantile Profit bloßer Zuschlag, nominelle Erhöhung des Preises der Waren über ihren Wert.
Es ist klar, daß der Kaufmann seinen Profit nur aus dem Preis der von ihm verkauften Waren beziehn kann, und noch mehr, daß dieser Profit, den er beim Verkauf seiner Waren macht, gleich sein muß der Differenz zwischen seinem Kaufpreis und seinem Verkaufspreis, gleich dem Überschuß des erstern über den letztern.
Es ist möglich, daß nach dem Kauf der Ware und vor ihrem Verkauf zusätzliche Kosten (Zirkulationskosten) in sie eingehn, und es ist ebenso möglich, daß dies nicht der Fall. Gehn solche Kosten ein, so ist klar, daß der Überschuß des Verkaufspreises über den Kaufpreis nicht bloß Profit vorstellt. Um die Untersuchung zu vereinfachen, unterstellen wir zunächst, daß keine solchen Kosten eingehn.
Bei dem industriellen Kapitalisten ist der Unterschied zwischen dem Verkaufspreis und dem Kaufpreis seiner Waren gleich dem Unterschied zwischen ihrem Produktionspreis und ihrem Kostpreis, oder wenn wir das gesellschaftliche Gesamtkapital betrachten, gleich dem Unterschied zwischen dem Wert der Waren und ihrem Kostpreis für die Kapitalisten, was sich wieder auflöst in dem Unterschied des Gesamtquantums der in ihnen vergegenständlichten Arbeit über das Quantum der in ihnen vergegenständlichten bezahlten Arbeit. Bevor die von dem industriellen Kapitalisten gekauften Waren wieder als verkaufbare Waren auf den Markt zurückgeworfen werden, machen sie den Produktionsprozeß durch, in welchem der später als Profit zu realisierende Bestandteil ihres Preises erst produziert wird. Aber mit dem Warenhändler verhält es sich anders. Die Waren befinden sich nur in seiner Hand, solange sie sich in ihrem Zirkulationsprozeß befinden. Er setzt nur ihren vom produktiven Kapitalisten begonnenen Verkauf, die Realisierung ihres Preises fort und läßt sie daher keinen Zwischenprozeß durchmachen, worin sie von neuem Mehrwert einsaugen könnten. Während der industrielle Kapitalist in der Zirkulation den bisher produzierten Mehrwert oder Profit nur realisiert, soll der Kaufmann dagegen in der Zirkulation und durch sie seinen Profit nicht nur realisieren, sondern erst machen. Dies scheint nur dadurch möglich zu sein, daß er die ihm vom industriellen Kapitalisten zu ihren Produktionspreisen, oder wenn wir das gesamte Warenkapital betrachten, zu ihren Werten verkauften Waren über ihren Produktionspreisen verkauft, einen nominellen Zuschlag zu ihren Preisen macht, also, das gesamte Warenkapital betrachtet, es über seinem Wert verkauft und diesen Überschuß ihres Nominalwerts über ihren Realwert einkassiert, in einem Wort, sie teurer verkauft, als sie sind.
Diese Form des Zuschlags ist sehr einfach zu verstehn, z.B. eine Elle Leinwand kostet 2 sh. Soll ich 10% Profit aus dem Wiederverkauf machen, so muß ich 1/10 auf den Preis schlagen, also die Elle zu 2 sh. 2 2/5 d. verkaufen. Die Differenz zwischen ihrem wirklichen Produktionspreis und ihrem Verkaufspreis ist dann = 2 2/5 d., und dies ist auf die 2 sh. ein Profit von 10%. In der Tat verkaufe ich dem Käufer dann die Elle zu einem Preis, der wirklich der Preis für 1 1/10 Elle ist. Oder was auf dasselbe hinauskommt: Es ist ganz, als verkaufte ich dem KäuferA21 nur 10/11 Ellen für 2 sh. und behielte 1/11 Elle für mich. In der Tat kann ich mit 2 2/5 d. 1/11 Elle zurückkaufen, den Preis der Elle zu 2 sh. 2 2/5 d. gerechnet. Es wäre dies also nur ein Umweg, um an dem Mehrwert und Mehrprodukt teilzunehmen durch nominelle Preiserhöhung der Waren.
Dies ist die Realisierung des merkantilen Profits durch Preisaufschlag der Waren, wie sie sich zunächst in der Erscheinung darbietet. Und in der Tat ist die ganze Vorstellung vom Entspringen des Profits aus einer nominellen Preiserhöhung der Waren oder aus dem Verkauf derselben über ihren Wert aus der Anschauung des merkantilen Kapitals entsprungen.
Näher betrachtet zeigt sich jedoch bald, daß dies bloßer Schein ist. Und daß, die kapitalistische Produktionsweise als die herrschende vorausgesetzt, der kommerzielle Profit sich nicht in dieser Weise realisiert. (Es handelt sich hier immer nur um den Durchschnitt, nicht um einzelne Fälle.) Warum unterstellen wir, daß der Warenhändler einen Profit von sage 10% auf seine Waren nur realisieren kann, indem er sie um 10% über ihren Produktionspreisen verkauft? Weil wir angenommen haben, daß der Produzent dieser Waren, der industrielle Kapitalist (der als Personifikation des industriellen Kapitals der Außenwelt gegenüber immer als »der Produzent« figuriert), sie dem Kaufmann zu ihrem Produktionspreis verkauft hat. Wenn die vom Warenhändler gezahlten Kaufpreise der Waren gleich ihren Produktionspreisen, in letzter Instanz gleich ihren Werten, so daß also der Produktionspreis, in letzter Instanz der Wert der Waren den Kostpreis für den Kaufmann darstellt, so muß in der Tat der Überschuß seines Verkaufspreises über seinen Kaufpreis – und nur diese Differenz bildet die Quelle seines Profits – ein Überschuß ihres merkantilen Preises über ihren Produktionspreis sein und in letzter Instanz der Kaufmann alle Waren über ihren Werten verkaufen. Aber warum wurde angenommen, daß der industrielle Kapitalist dem Kaufmann die Waren zu ihren Produktionspreisen verkauft? Oder vielmehr, was war in dieser Annahme vorausgesetzt? Daß das merkantile Kapital (hier haben wir es mit demselben nur noch als Warenhandlungskapital zu tun) nicht in die Bildung der allgemeinen Profitrate eingeht. Wir gingen notwendig von dieser Voraussetzung aus bei Darstellung der allgemeinen Profitrate, erstens, weil das merkantile Kapital als solches damals für uns noch nicht existierte; und zweitens, weil der Durchschnittsprofit, und daher die allgemeine Profitrate, zunächst notwendig zu entwickeln war als Ausgleichung der Profite oder Mehrwerte, die von den industriellen Kapitalen der verschiednen Produktionssphären wirklich produziert werden. Bei dem Kaufmannskapital haben wir es dagegen mit einem Kapital zu tun, das am Profit teilnimmt, ohne an seiner Produktion teilzunehmen. Es ist also jetzt nötig, die frühere Darstellung zu ergänzen.
Gesetzt, das während des Jahres vorgeschoßne industrielle Gesamtkapital sei = 720c + 180v = 900 (etwa Millionen Pfd. St.) und m' = 100%. Das Produkt also = 720c + 180v + 180m. Nennen wir dann dies Produkt oder das produzierte Warenkapital W, so ist sein Wert oder Produktionspreis (da beide für die Totalität der Waren zusammenfallen) = 1080 und die Rate des Profits für das gesamte Kapital von 900 = 20%. Diese 20% sind nach dem früher Entwickelten die Durchschnittsprofitrate, da der Mehrwert hier nicht auf dieses oder jenes Kapital von besondrer Zusammensetzung, sondern auf das gesamte industrielle Kapital mit seiner Durchschnittszusammensetzung berechnet ist. Also W = 1080 und die Profitrate = 20%. Wir wollen aber nun annehmen, daß außer diesen 900 Pfd. St. industrielles Kapital noch 100 Pfd. St. Kaufmannskapital hinzukommt, welches pro rata seiner Größe denselben Anteil am Profit hat wie jenes. Nach der Voraussetzung ist es 1/10 des Gesamtkapitals von 1000. Es beteiligt sich also mit 1/10 am Gesamtmehrwert von 180 und erhält so einen Profit zur Rate von 18%. In der Tat also ist der zwischen den andren 9/10 des Gesamtkapitals zu verteilende Profit nur noch = 162 oder auf das Kapital von 900 ebenfalls = 18%. Der Preis also, wozu W von den Besitzern des industriellen Kapitals von 900 an die Warenhändler verkauft wird, ist = 720c + 180v + 162m = 1062. Schlägt der Kaufmann also auf sein Kapital von 100 den Durchschnittsprofit von 18%, so verkauft er die Waren zu 1062 + 18 = 1080, d.h. zu ihrem Produktionspreis oder, das gesamte Warenkapital betrachtet, zu ihrem Wert, obgleich er seinen Profit nur in der Zirkulation und durch sie macht und nur durch den Überschuß seines Verkaufspreises über seinen Kaufpreis. Aber dennoch verkauft er die Waren nicht über ihrem Wert oder nicht über ihrem Produktionspreis, eben weil er sie unter ihrem Wert oder unter ihrem Produktionspreis von den industriellen Kapitalisten gekauft hat.
In die Bildung der allgemeinen Profitrate geht also das Kaufmannskapital bestimmend ein pro rata des Teils, den es vom Gesamtkapital bildet. Wenn also im angegebnen Fall gesagt wird: die Durchschnittsprofitrate ist = 18%, so wäre sie = 20%, wenn nicht 1/10 des Gesamtkapitals Kaufmannskapital wäre und dadurch die allgemeine Profitrate um 1/10 herabgesetzt worden. Es tritt damit auch eine nähere, einschränkende Bestimmung des Produktionspreises ein. Unter Produktionspreis ist nach wie vor zu verstehn der Preis der Ware = ihren Kosten (dem Wert des in ihr enthaltnen konstanten + variablen Kapitals) + dem Durchschnittsprofit darauf. Aber dieser Durchschnittsprofit ist jetzt anders bestimmt. Er ist bestimmt durch den Gesamtprofit, den das totale produktive Kapital erzeugt; aber nicht berechnet auf dies produktive Totalkapital, so daß, wenn dies wie oben = 900 und der Profit = 180, die Durchschnittsprofitrate = 180/900 = 20% wäre, sondern berechnet auf das totale produktive + Handelskapital, so daß, wenn 900 produktives und 100 Handelskapital, die Durchschnittsprofitrate = 180/1000 = 18% ist. Der Produktionspreis ist also = k (den Kosten) + 18, statt = k + 20. In der Durchschnittsprofitrate ist bereits der auf das Handelskapital fallende Teil des Gesamtprofits eingerechnet. Der wirkliche Wert oder Produktionspreis des gesamten Warenkapitals ist daher = k + p + h (wo h der kommerzielle Profit). Der Produktionspreis oder der Preis, wozu der industrielle Kapitalist als solcher verkauft, ist also kleiner als der wirkliche Produktionspreis der Ware; oder, wenn wir die Gesamtheit der Waren betrachten, so sind die Preise, wozu die industrielle Kapitalistenklasse sie verkauft, kleiner als ihre Werte. So im obigen Fall: 900 (Kosten) +18% auf 900 oder 900 + 162 = 1062. Indem nun der Kaufmann Ware, die ihm 100 kostet, zu 118 verkauft, schlägt er allerdings 18% auf; aber da die Ware, die er zu 100 gekauft hat, 118 wert ist, verkauft er sie deswegen nicht über ihrem Wert. Wir wollen den Ausdruck Produktionspreis in dem oben entwickelten nähern Sinn beibehalten. Es ist dann klar, daß der Profit des industriellen Kapitalisten gleich dem Überschuß des Produktionspreises der Ware über ihren Kostpreis und daß, im Unterschied von diesem industriellen Profit, der kommerzielle Profit gleich dem Überschuß des Verkaufspreises über den Produktionspreis der Ware, welcher ihr Kaufpreis für den Kaufmann ist; daß aber der wirkliche Preis der Ware = ihrem Produktionspreise + dem merkantilen (kommerziellen) Profit ist. Wie das industrielle Kapital nur Profit realisiert, der als Mehrwert schon im Wert der Ware steckt, so das Handelskapital nur, weil der ganze Mehrwert oder Profit noch nicht realisiert ist in dem vom industriellen Kapital realisierten Preis der Ware.39 Der Verkaufspreis des Kaufmanns steht so über dem Einkaufspreis, nicht weil jener über, sondern weil dieser unter dem Totalwert steht.
Das Kaufmannskapital geht also ein in die Ausgleichung des Mehrwerts zum Durchschnittsprofit, ob gleich nicht in die Produktion dieses Mehrwerts. Daher enthält die allgemeine Profitrate bereits den Abzug vom Mehrwert, der dem Kaufmannskapital zukommt, also einen Abzug vom Profit des industriellen Kapitals.
Es folgt aus dem Bisherigen:
1. Je größer das Kaufmannskapital im Verhältnis zum industriellen Kapital, desto kleiner die Rate des industriellen Profits und umgekehrt.
2. Wenn es sich im ersten Abschnitt zeigte, daß die Profitrate immer eine kleinere Rate ausdrückt als die Rate des wirklichen Mehrwerts, d.h. den Exploitationsgrad der Arbeit immer zu klein ausdrückt, z.B. im obigen Fall 720c + 180v + 180m, eine Rate des Mehrwerts von 100%, als eine Profitrate von nur 20%, so weicht dies Verhältnis noch mehr ab, soweit nun die Durchschnittsprofitrate selbst, bei Einrechnung des dem Kaufmannskapital zufallenden Anteils, wieder kleiner erscheint, hier als 18% statt 20%. Die Durchschnittsrate des Profits des direkt exploitierenden Kapitalisten drückt also die Rate des Profits kleiner aus, als sie wirklich ist.
Alle andren Umstände gleichbleibend vorausgesetzt, wird der relative Umfang des Kaufmannskapitals (wobei aber das der Kleinhändler, eine Zwittergattung, Ausnahme bildet) in umgekehrtem Verhältnis stehn zur Geschwindigkeit seines Umschlags, also im umgekehrten Verhältnis zur Energie des Reproduktionsprozesses überhaupt. Im Gang der wissenschaftlichen Analyse erscheint die Bildung der allgemeinen Profitrate als ausgehend von den industriellen Kapitalen und ihrer Konkurrenz und erst später berichtigt, ergänzt und modifiziert durch die Dazwischenkunft des Kaufmannskapitals. Im Gang der historischen Entwicklung verhält sich die Sache geradezu umgekehrt. Es ist das kommerzielle Kapital, das zuerst die Preise der Waren mehr oder minder durch ihre Werte bestimmt, und es ist die Sphäre der den Reproduktionsprozeß vermittelnden Zirkulation, worin zuerst eine allgemeine Profitrate sich bildet. Der kommerzielle Profit bestimmt ursprünglich den industriellen Profit. Erst sobald die kapitalistische Produktionsweise durchgedrungen und der Produzent selbst Kaufmann geworden, wird der merkantile Profit reduziert auf den aliquoten Teil des Gesamtmehrwerts, der dem Handelskapital als einem aliquoten Teil des im gesellschaftlichen Reproduktionsprozeß beschäftigten Gesamtkapitals zukommt.
In der ergänzenden Ausgleichung der Profite durch die Dazwischenkunft des Kaufmannskapitals zeigte sich, daß in den Wert der Ware kein zusätzliches Element eingeht für das vorgeschoßne Geldkapital des Kaufmanns, daß der Zuschlag auf den Preis, wodurch der Kaufmann seinen Profit macht, nur gleich ist dem Wertteil der Ware, den das produktive Kapital im Produktionspreis der Ware nicht berechnet, weggelassen hat. Es verhält sich nämlich mit diesem Geldkapital wie mit dem fixen Kapital des industriellen Kapitalisten, soweit es nicht aufgezehrt ist, sein Wert daher kein Element des Werts der Ware ausmacht. Nämlich in seinem Kaufpreis des Warenkapitals ersetzt er dessen Produktionspreis, = G, in Geld. Sein Verkaufspreis, wie früher entwickelt, ist = G + ΔG, welches ΔG den durch die allgemeine Profitrate bestimmten Zusatz zum Warenpreis ausdrückt. Verkauft er also die Ware, so fließt ihm außer ΔG das ursprüngliche Geldkapital zurück, das er im Ankauf der Waren vorgeschossen. Es tritt hier wieder hervor, daß sein Geldkapital überhaupt nichts ist als das in Geldkapital verwandelte Warenkapital des industriellen Kapitalisten, das ebensowenig die Wertgröße dieses Warenkapitals affizieren kann, als wenn letztres statt an den Kaufmann direkt an den letzten Konsumenten verkauft wäre. Es antizipiert tatsächlich bloß die Zahlung durch den letztern. Dies ist jedoch nur richtig, wenn wie bisher angenommen wird, daß der Kaufmann keine Unkosten hat oder daß er außer dem Geldkapital, das er vorschießen muß, um die Ware vom Produzenten zu kaufen, kein andres Kapital, zirkulierendes oder fixes, im Prozeß der Metamorphose der Waren, des Kaufens und Verkaufens vorzuschießen hat. Dem ist jedoch nicht so, wie man gesehn hat bei Betrachtung der Zirkulationskosten (Buch II, Kap. VI). Und diese Zirkulationskosten stellen sich dar, teils als Kosten, die der Kaufmann zu reklamieren hat von andren Zirkulationsagenten, teils als Kosten, die direkt aus seinem spezifischen Geschäft hervorgehn.
Welcher Art immer diese Zirkulationskosten sein mögen; ob sie aus dem rein kaufmännischen Geschäft als solchem entspringen, also zu den spezifischen Zirkulationskosten des Kaufmanns gehören; oder ob sie Posten vorstellen, die aus nachträglichen, innerhalb des Zirkulationsprozesses hinzukommenden Produktionsprozessen, wie Spedition, Transport, Aufbewahrung etc. entspringen: sie unterstellen auf Seite des Kaufmanns, außer dem im Warenkauf vorgeschoßnen Geldkapital, stets ein zusätzliches Kapital, das in Ankauf und Zahlung dieser Zirkulationsmittel vorgeschossen war. Soweit dies Kostenelement aus zirkulierendem Kapital besteht, geht es ganz, soweit aus fixem Kapital, geht es nach Maßgabe seines Verschleißes als Zusatzelement in den Verkaufspreis der Waren ein; aber als ein Element, das einen nominellen Wert bildet, selbst wenn es keinen wirklichen Wertzusatz der Ware bildet, wie die rein kaufmännischen Zirkulationskosten. Ob aber zirkulierend oder fix, dies ganze zusätzliche Kapital geht ein in die Bildung der allgemeinen Profitrate.
Die rein kaufmännischen Zirkulationskosten (also mit Ausschluß der Kosten für Spedition, Transport, Aufbewahrung etc.) lösen sich auf in die Kosten, die nötig sind, um den Wert der Ware zu realisieren, ihn, sei es aus Ware in Geld oder aus Geld in Ware zu verwandeln, ihren Austausch zu vermitteln. Es wird dabei gänzlich abgesehn von etwaigen Produktionsprozessen, die während des Zirkulationsakts fortdauern und von denen das kaufmännische Geschäft ganz getrennt existieren kann; wie in der Tat z.B. die wirkliche Transportindustrie und die Spedition vom Handel ganz verschiedne Industriezweige sein können und sind, auch die zu kaufenden und zu verkaufenden Waren in Docks und andren öffentlichen Räumen lagern mögen und die hieraus entspringenden Kosten dem Kaufmann von dritten Personen berechnet werden, sofern er sie vorzuschießen hat. Alles dies findet sich im eigentlichen Großhandel, wo das kaufmännische Kapital am reinsten und am wenigsten verquickt mit andren Funktionen erscheint. Der Fuhrunternehmer, der Eisenbahndirigent, der Schiffsreeder sind keine »Kaufleute«. Die Kosten, die wir hier betrachten, sind die des Kaufens und die des Verkaufens. Es ist schon früher bemerkt worden, daß sie sich auflösen in Rechnen, Buchführen, Markten, Korrespondenz etc. Das konstante Kapital, das dazu erfordert ist, besteht in Kontor, Papier, Porto etc. Die andren Kosten lösen sich auf invariables Kapital, das in Anwendung merkantiler Lohnarbeiter vorgeschossen wird. (Speditionsspesen, Transportkosten, Vorschüsse von Zöllen etc. können z. T. so betrachtet werden, daß der Kaufmann sie im Ankauf der Waren vorschießt und daß sie für ihn daher in den Kaufpreis eingehn.)
Diese sämtlichen Kosten werden nicht gemacht in der Produktion des Gebrauchswerts der Waren, sondern in der Realisation ihres Werts; sie sind reine Zirkulationskosten. Sie gehn nicht ein in den unmittelbaren Produktionsprozeß, aber in den Zirkulationsprozeß, daher in den Gesamtprozeß der Reproduktion.
Der einzige Teil dieser Kosten, der uns hier interessiert, ist der in variablem Kapital ausgelegte. (Außerdem wäre zu untersuchen: Erstens, wie das Gesetz, daß nur notwendige Arbeit in den Wert der Ware eingeht, sich im Zirkulationsprozeß geltend macht. Zweitens, wie die Akkumulation beim Kaufmannskapital erscheint. Drittens, wie das Kaufmannskapital im wirklichen Gesamtreproduktionsprozeß der Gesellschaft fungiert.)
Diese Kosten gehn aus der ökonomischen Form des Produkts als Ware hervor.
Wenn die Arbeitszeit, die die industriellen Kapitalisten selbst verlieren, um einander ihre Waren direkt zu verkaufen – also objektiv gesprochen, die Umlaufszeit der Waren –, diesen Waren durchaus keinen Wert zusetzt, so ist es klar, daß diese Arbeitszeit keinen andren Charakter dadurch erhält, daß sie auf den Kaufmann statt auf den industriellen Kapitalisten fällt. Die Verwandlung von Ware (Produkt) in Geld und von Geld in Ware (Produktionsmittel) ist notwendige Funktion des industriellen Kapitals und daher notwendige Operation des Kapitalisten, der in der Tat nur das personifizierte, mit eignem Bewußtsein und Willen begabte Kapital ist. Aber diese Funktionen vermehren weder den Wert, noch schaffen sie Mehrwert. Der Kaufmann, indem er diese Operationen vollzieht oder die Funktionen des Kapitals in der Zirkulationssphäre weiter vermittelt, nachdem der produktive Kapitalist aufgehört hat, dies zu tun, tritt bloß an die Stelle des industriellen Kapitalisten. Die Arbeitszeit, die diese Operationen kosten, wird verwandt auf notwendige Operationen im Reproduktionsprozeß des Kapitals, aber sie setzt keinen Wert zu. Wenn der Kaufmann diese Operationen nicht verrichtete (also auch nicht die dafür erheischte Arbeitszeit anwendete), so würde er sein Kapital nicht anwenden als Zirkulationsagent des industriellen Kapitals; er setzte nicht die abgebrochne Funktion des industriellen Kapitalisten weiter fort und hätte daher auch nicht als Kapitalist, pro rata seines vorgeschoßnen Kapitals, an der Profitmasse teilzunehmen, die von der industriellen Kapitalistenklasse produziert wird. Um an der Mehrwertsmasse teilzunehmen, um seinen Vorschuß als Kapital zu verwerten, braucht daher der kaufmännische Kapitalist keine Lohnarbeiter anzuwenden. Wenn sein Geschäft und sein Kapital klein ist, mag er selbst der einzige Arbeiter sein, den er anwendet. Wodurch er bezahlt wird, ist der Teil des Profits, der ihm aus der Differenz zwischen dem Kaufpreis der Waren und dem wirklichen Produktionspreis erwächst.
Andrerseits mag denn auch, bei kleinem Umfang des vom Kaufmann vorgeschoßnen Kapitals, der Profit, den er realisiert, durchaus nicht größer oder kann selbst kleiner sein als der Arbeitslohn eines der besser bezahlten geschickten Lohnarbeiter. In der Tat, neben ihm fungieren direkte kommerzielle Agenten des produktiven Kapitalisten, Einkäufer, Verkäufer, Reisende, die dasselbe oder mehr Einkommen beziehn, sei es in der Form des Arbeitslohns oder in der Form einer Anweisung auf den Profit (Provision, Tantieme), der auf jeden Verkauf gemacht wird. Im ersten Fall kassiert der Kaufmann den merkantilen Profit als selbständiger Kapitalist ein; im andren Fall wird dem Kommis, dem Lohnarbeiter des industriellen Kapitalisten, ein Teil des Profits, sei es in der Form des Arbeitslohns, sei es in der Form eines proportionellen Anteils am Profit des industriellen Kapitalisten, dessen direkter Agent er ist, ausgezahlt, und sein Prinzipal sackt in diesem Fall sowohl den industriellen wie kommerziellen Profit ein. Aber in allen diesen Fällen, obgleich dem Zirkulationsagenten selbst seine Einnahme als bloßer Arbeitslohn erscheinen mag, als Zahlung für die von ihm verrichtete Arbeit, und obgleich, wo sie nicht so erscheint, der Umfang seines Profits nur dem Arbeitslohn eines besser bezahlten Arbeiters gleichkommen mag, entspringt seine Einnahme nur aus dem merkantilen Profit. Dies geht daraus hervor, daß seine Arbeit nicht wertschaffende Arbeit ist.
Die Verlängerung der Zirkulationsoperation stellt für den industriellen Kapitalisten dar 1. Zeitverlust persönlich, soweit er dadurch gehindert wird, seine Funktion als Dirigent des Produktionsprozesses selbst zu verrichten; 2. verlängerten Aufenthalt seines Produkts, in Geld- oder Warenform, im Zirkulationsprozeß, also in einem Prozeß, worin es sich nicht verwertet und worin der unmittelbare Produktionsprozeß unterbrochen wird. Soll dieser nicht unterbrochen werden, so muß entweder die Produktion beschränkt werden, oder es ist zusätzliches Geldkapital vorzuschießen, damit der Produktionsprozeß stets auf derselben Stufenleiter fortdauert. Dies kommt jedesmal darauf hinaus, daß entweder mit dem bisherigen Kapital kleinerer Profit gemacht wird oder daß zusätzliches Geldkapital vorzuschießen ist, um den bisherigen Profit zu machen. Dies bleibt nun alles dasselbe, wenn an die Stelle des industriellen Kapitalisten der Kaufmann tritt. Statt daß jener mehr Zeit im Zirkulationsprozeß verwendet, verwendet sie der Kaufmann; statt daß er Zusatzkapital für die Zirkulation vorschießen muß, schießt es der Kaufmann vor; oder was auf dasselbe hinauskommt: statt daß ein größrer Teil des industriellen Kapitals sich beständig im Zirkulationsprozeß herumtreibt, ist das Kapital des Kaufmanns gänzlich darin eingepfercht; und statt daß der industrielle Kapitalist geringern Profit macht, muß er einen Teil seines Profits gänzlich an den Kaufmann abtreten. Soweit das Kaufmannskapital auf die Grenzen beschränkt bleibt, in denen es notwendig ist, ist der Unterschied nur der, daß durch diese Teilung der Funktion des Kapitals weniger Zeit ausschließlich auf den Zirkulationsprozeß verwendet, weniger Zusatzkapital dafür vorgeschossen wird und der Verlust am Gesamtprofit, der sich in der Gestalt des merkantilen Profits zeigt, kleiner ist, als er sonst wäre. Wenn im obigen Beispiel 720c + 180v + 180m neben einem Kaufmannskapital von 100 dem industriellen Kapitalisten einen Profit von 162 oder 18% läßt, also einen Abzug von 18 verursacht, so betrüge das nötige Zuschußkapital ohne diese Verselbständigung vielleicht 200, und wir hätten dann als Gesamtvorschuß der industriellen Kapitalisten statt 900 1100, also auf einen Mehrwert von 180 eine Profitrate von nur 16 4/11 %.
Hat der industrielle Kapitalist, der sein eigner Kaufmann ist, nun außer dem Zusatzkapital, womit er neue Ware kauft, ehe sein in Zirkulation befindliches Produkt in Geld rückverwandelt ist, außerdem noch Kapital (Bürokosten und Lohn für kommerzielle Arbeiter) vorgeschossen für die Realisierung des Werts seines Warenkapitals, also für den Zirkulationsprozeß, so bilden diese zwar zusätzliches Kapital, aber keinen Mehrwert. Sie müssen aus dem Wert der Waren ersetzt werden; denn ein Wertteil dieser Waren muß sich wieder umsetzen in diese Zirkulationskosten; aber hierdurch wird kein zusätzlicher Mehrwert gebildet. Mit Bezug auf das Gesamtkapital der Gesellschaft kommt dies tatsächlich darauf hinaus, daß ein Teil desselben für sekundäre Operationen erheischt ist, die nicht in den Verwertungsprozeß eingehn, und daß dieser Teil des gesellschaftlichen Kapitals beständig für diese Zwecke reproduziert werden muß. Für den einzelnen Kapitalisten und für die ganze industrielle Kapitalistenklasse wird dadurch die Profitrate vermindert, ein Resultat, das aus jeder Hinzufügung von Zusatzkapital folgt, soweit dies erforderlich ist, um dieselbe Masse variablen Kapitals in Bewegung zu setzen.
Soweit diese mit dem Zirkulationsgeschäft selbst verbundnen Zusatzkosten dem industriellen Kapitalisten nun abgenommen werden vom kaufmännischen, findet diese Verminderung der Profitrate auch statt, nur in geringerm Grade und auf anderm Wege. Die Sache stellt sich jetzt so dar, daß der Kaufmann mehr Kapital vorschießt als nötig wäre, wenn diese Kosten nicht existierten, und daß der Profit auf dies Zusatzkapital die Summe des merkantilen Profits erhöht, also das Kaufmannskapital in größrem Umfang in die Ausgleichung der Durchschnittsprofitrate mit dem industriellen Kapital eingeht, also der Durchschnittsprofit fällt. Wenn in unserm obigen Beispiel außer den 100 Kaufmannskapital noch 50 Zusatzkapital für die fraglichen Kosten vorgeschossen werden, so verteilt sich der Gesamtmehrwert von 180 nun auf ein produktives Kapital von 900 plus einem Kaufmannskapital von 150, zusammen = 1050. Die Durchschnittsprofitrate sinkt also auf 17 1/7 %. Der industrielle Kapitalist verkauft die Waren an den Kaufmann zu 900 + 154 2/7 = 1054 2/7, und der Kaufmann verkauft sie zu 1130 (1080 + 50 für Kosten, die er wieder ersetzen muß). Im übrigen muß angenommen werden, daß mit der Teilung zwischen kaufmännischem und industriellem Kapital Zentralisation der Handelskosten und daher Verringerung derselben verbunden ist.
Es fragt sich jetzt: Wie verhält es sich mit den kommerziellen Lohnarbeitern, die der kaufmännische Kapitalist, hier der Warenhändler, beschäftigt?
Nach einer Seite hin ist ein solcher kommerzieller Arbeiter Lohnarbeiter wie ein andrer. Erstens, insofern die Arbeit gekauft wird vom variablen Kapital des Kaufmanns, nicht von dem als Revenue verausgabten Geld, und daher auch nur gekauft wird nicht für Privatbedienung, sondern zum Zweck der Selbstverwertung des darin vorgeschoßnen Kapitals. Zweitens, sofern der Wert seiner Arbeitskraft und daher sein Arbeitslohn bestimmt ist, wie bei allen andren Lohnarbeitern, durch die Produktions- und Reproduktionskosten seiner spezifischen Arbeitskraft, nicht durch das Produkt seiner Arbeit.
Aber es muß zwischen ihm und den direkt vom industriellen Kapital beschäftigten Arbeitern derselbe Unterschied stattfinden, der zwischen dem industriellen Kapital und dem Handelskapital und daher zwischen dem industriellen Kapitalisten und dem Kaufmann stattfindet. Da der Kaufmann als bloßer Zirkulationsagent weder Wert noch Mehrwert produziert (denn der Zusatzwert, den er den Waren durch seine Unkosten zusetzt, löst sich auf in Zusatz vorher existierenden Werts, obgleich sich hier die Frage aufdrängt, wie erhält, konserviert er diesen Wert seines konstanten Kapitals?), so können auch die von ihm in denselben Funktionen beschäftigten merkantilen Arbeiter unmöglich unmittelbar Mehrwert für ihn schaffen. Hier, wie bei den produktiven Arbeitern unterstellen wir, daß der Arbeitslohn durch den Wert der Arbeitskraft bestimmt ist, also der Kaufmann sich nicht bereichert durch Abzug am Lohn, so daß er in seiner Kostenberechnung nicht einen Vorschuß für Arbeit ansetzt, den er nur zum Teil bezahlte, mit andren Worten, daß er sich nicht bereichert, indem er seine Kommis etc. prellt.
Was Schwierigkeiten macht mit Bezug auf die merkantilen Lohnarbeiter, ist keineswegs, zu erklären, wie sie direkt für ihren Beschäftiger Profit produzieren, obgleich sie nicht direkt Mehrwert (wovon der Profit bloß eine verwandelte Form) produzieren. Diese Frage ist in der Tat schon gelöst durch die allgemeine Analyse des merkantilen Profits. Ganz wie das industrielle Kapital dadurch Profit macht, daß es in den Waren steckende und realisierte Arbeit verkauft, für die es kein Äquivalent bezahlt hat, so das merkantile Kapital dadurch, daß es dem produktiven Kapital die unbezahlte Arbeit, die in der Ware steckt (in der Ware, soweit das in ihrer Produktion ausgelegte Kapital als aliquoter Teil des gesamten industriellen Kapitals fungiert), nicht ganz zahlt, dagegen beim Verkauf der Waren diesen noch in den Waren steckenden und von ihm unbezahlten Teil sich zahlen läßt. Das Verhältnis des Kaufmannskapitals zum Mehrwert ist ein andres als das des industriellen Kapitals. Das letztere produziert den Mehrwert durch direkte Aneignung unbezahlter fremder Arbeit. Das erstere eignet sich einen Teil dieses Mehrwerts an, indem es diesen Teil vom industriellen Kapital auf sich übertragen läßt.
Es ist nur durch seine Funktion der Realisierung der Werte, daß das Handelskapital im Reproduktionsprozeß als Kapital fungiert und daher, als fungierendes Kapital, aus dem vom Gesamtkapital erzeugten Mehrwert zieht. Die Masse seines Profits hängt ab für den einzelnen Kaufmann von der Masse Kapital, die er in diesem Prozeß anwenden kann, und er kann um so mehr davon anwenden, im Kaufen und Verkaufen, je größer die unbezahlte Arbeit seiner Kommis. Die Funktion selbst, kraft deren sein Geld Kapital ist, läßt der kaufmännische Kapitalist großenteils durch seine Arbeiter verrichten. Die unbezahlte Arbeit dieser Kommis, obgleich sie nicht Mehrwert schafft, schafft ihm aber Aneignung von Mehrwert, was für dies Kapital dem Resultat nach ganz dasselbe; sie ist also für es Quelle des Profits. Das kaufmännische Geschäft könnte sonst nie auf großer Stufenleiter, nie kapitalistisch betrieben werden.
Wie die unbezahlte Arbeit des Arbeiters dem produktiven Kapital direkt Mehrwert, schafft die unbezahlte Arbeit der kommerziellen Lohnarbeiter dem Handelskapital einen Anteil an jenem Mehrwert.
Die Schwierigkeit ist diese: Da die Arbeitszeit und Arbeit des Kaufmanns selbst keine wertschaffende Arbeit ist, obgleich sie ihm Anteil an bereits erzeugtem Mehrwert schafft, wie verhält es sich mit dem variablen Kapital, das er auslegt im Ankauf von kommerzieller Arbeitskraft? Ist dies variable Kapital als Kostenauslage zuzurechnen zum vorgeschoßnen Kaufmannskapital? Wenn nicht, scheint dies zu widersprechen dem Gesetz der Ausgleichung der Profitrate; welcher Kapitalist würde 150 vorschießen, wenn er nur 100 als vorgeschoßnes Kapital berechnen könnte? Wenn doch, so scheint es dem Wesen des Handelskapitals zu widersprechen, da diese Kapitalsorte nicht dadurch als Kapital fungiert, daß sie, wie das industrielle Kapital, fremde Arbeit in Bewegung setzt, sondern dadurch, daß sie selbst arbeitet, d.h. die Funktionen des Kaufens und Verkaufens vollzieht, und gerade nur dafür und dadurch einen Teil des vom industriellen Kapital erzeugten Mehrwerts auf sich überträgt.
(Es sind also folgende Punkte zu untersuchen: das variable Kapital des Kaufmanns; das Gesetz der notwendigen Arbeit in der Zirkulation; wie die Kaufmannsarbeit den Wert ihres konstanten Kapitals forterhält; die Rolle des Kaufmannskapitals im gesamten Reproduktionsprozeß; endlich die Verdoppelung in Warenkapital und Geldkapital einerseits und in Wa renhandlungskapital und Geldhandlungskapital andrerseits.)
Besäße jeder Kaufmann nur soviel Kapital, als er persönlich fähig ist, durch seine eigne Arbeit umzuschlagen, so fände eine unendliche Zersplitterung des Kaufmannskapitals statt; diese Zersplitterung müßte im selben Maß wachsen, wie das produktive Kapital im Fortgang der kapitalistischen Produktionsweise auf größrer Stufenleiter produziert und mit größren Massen operiert. Also steigendes Mißverhältnis beider. Im selben Maß, wie sich das Kapital in der Produktionssphäre zentralisierte, dezentralisierte es sich in der Zirkulationssphäre. Das rein kaufmännische Geschäft des industriellen Kapitalisten, und damit seine rein kaufmännischen Ausgaben würden sich dadurch unendlich erweitern, indem er statt mit je 100, mit je 1000 Kaufleuten zu tun hätte. Damit ginge ein großer Teil des Vorteils der Verselbständigung des Kaufmannskapitals verloren; außer den rein kaufmännischen wüchsen auch die andren Zirkulationskosten, Sortierung, Spedierung etc. Dies, was das industrielle Kapital betrifft. Betrachten wir nun das Kaufmannskapital. Erstens, was die rein kaufmännischen Arbeiten betrifft. Es kostet nicht mehr Zeit, mit großen als mit kleinen Zahlen zu rechnen. Es kostet zehnmal soviel Zeit, 10 Einkäufe für 100 Pfd. St. wie einen Einkauf für 1000 Pfd. St. zu machen. Es kostet zehnmal soviel Korrespondenz, Papier, Briefporto, mit 10 kleinen Kaufleuten wie mit einem großen zu korrespondieren. Die beschränkte Teilung der Arbeit in der kommerziellen Werkstatt, wo der eine Bücher führt, der andre die Kasse, ein dritter korrespondiert, dieser einkauft, jener verkauft, dieser reist etc., erspart Arbeitszeit in ungeheuren Massen, so daß die im Großhandel verwandte Zahl von kaufmännischen Arbeitern in gar keinem Verhältnis steht zu der vergleichsmäßigen Größe des Geschäfts. Es ist dies der Fall, weil im Handel viel mehr als in der Industrie dieselbe Funktion, ob im großen oder kleinen verrichtet, gleich viel Arbeitszeit kostet. Daher zeigt sich auch die Konzentration im Kaufmannsgeschäft historisch früher als in der industriellen Werkstatt. Ferner nun die Ausgaben an konstantem Kapital. 100 kleine Kontors kosten unendlich mehr als ein großes, 100 kleine Warenlager als ein großes etc. Die Transportkosten, die wenigstens als vorzuschießende Kosten in das Kaufmannsgeschäft eingehn, wachsen mit der Zersplitterung.
Der industrielle Kapitalist müßte mehr Arbeit und Zirkulationskosten im kommerziellen Teil seines Geschäfts verausgaben. Dasselbe Kaufmannskapital, wenn auf viele kleine Kaufleute verteilt, würde wegen dieser Zersplitterung viel mehr Arbeiter zur Vermittlung seiner Funktionen erheischen, und es wäre außerdem größres Kaufmannskapital erheischt, um dasselbe Warenkapital umzuschlagen.
Nennen wir das sämtliche direkt im Kauf und Verkauf von Waren angelegte Kaufmannskapital B und das entsprechende variable, in Zahlung kommerzieller Hilfsarbeiter ausgelegte Kapital b, so ist B + b kleiner als das gesamte Kaufmannskapital B sein müßte, wenn jeder Kaufmann sich ohne Gehilfen durchschlüge, wenn also nicht ein Teil in b angelegt wäre. Indes sind wir immer noch nicht mit der Schwierigkeit fertig.
Der Verkaufspreis der Waren muß hinreichen, 1. um den Durchschnittsprofit auf B + b zu zahlen. Dies ist schon dadurch erklärt, daß B + b eine Verkürzung des ursprünglichen B überhaupt ist, ein kleineres Kaufmannskapital darstellt, als ohne b notwendig wäre. Aber dieser Verkaufspreis muß 2. hinreichen, um außer dem nun zusätzlich erscheinenden Profit auf b auch den gezahlten Arbeitslohn, das variable Kapital des Kaufmanns = b selbst zu ersetzen. Dies letztre macht die Schwierigkeit. Bildet b einen neuen Bestandteil des Preises, oder ist es bloß ein Teil des mit B + b gemachten Profits, der nur mit Bezug auf den merkantilen Arbeiter als Arbeitslohn erscheint und mit Bezug auf den Kaufmann selbst als bloßes Ersetzen seines variablen Kapitals? In letztrem Fall wäre der vom Kaufmann gemachte Profit auf sein vorgeschoßnes Kapital B + b nur gleich dem Profit, der nach der allgemeinen Rate auf B fällt, plus b, welches letztre er in der Form von Arbeitslohn bezahlt, welches aber selbst keinen Profit abwürfe.
Es kommt in der Tat darauf an, die Grenzen (im mathematischen Sinn) von b zu finden. Wir wollen erst die Schwierigkeit genau festsetzen. Nennen wir das direkt im Kauf und Verkauf von Waren ausgelegte Kapital B, das konstante Kapital, das in dieser Funktion verbraucht wird (die sachlichen Handlungsunkosten) K und das variable Kapital, das der Kaufmann auslegt, b.
Der Ersatz von B bietet durchaus keine Schwierigkeit. Es ist für den Kaufmann nur der realisierte Einkaufspreis oder der Produktionspreis für den Fabrikanten. Diesen Preis zahlt der Kaufmann, und beim Wiederverkauf erhält er B zurück als Teil seines Verkaufspreises; außer diesem B den Profit auf B, wie früher erklärt. Z.B. die Ware kostet 100 Pfd. St. Der Profit darauf sei 10%. So wird die Ware verkauft zu 110. Die Ware kostete schon vorher 100; das Kaufmannskapital von 100 setzt ihr nur 10 zu.
Nehmen wir ferner K, so ist dies höchstens ebenso groß, in der Tat aber geringer als der Teil des konstanten Kapitals, den der Produzent im Verkauf und Einkauf verbrauchen würde; der aber einen Zusatz zu dem konstanten Kapital bilden würde, das er direkt in der Produktion braucht. Nichtsdestoweniger muß die ser Teil beständig aus dem Preis der Ware ersetzt werden, oder was dasselbe ist, ein entsprechender Teil der Ware muß in dieser Form beständig verausgabt, muß – das Gesamtkapital der Gesellschaft betrachtet – in dieser Form beständig reproduziert werden. Dieser Teil des vorgeschoßnen konstanten Kapitals würde ebensowohl wie die ganze Masse desselben, die direkt in der Produktion angelegt ist, auf die Profitrate beschränkend wirken. Soweit der industrielle Kapitalist den kommerziellen Teil seines Geschäfts dem Kaufmann überläßt, braucht er diesen Kapitalteil nicht vorzuschießen. Statt seiner schießt ihn der Kaufmann vor. Dies ist insofern nur nominell; der Kaufmann produziert weder, noch reproduziert er das von ihm vernutzte konstante Kapital (die sachlichen Handlungsunkosten). Die Produktion desselben erscheint also als eignes Geschäft oder wenigstens als Teil des Geschäfts gewisser industrieller Kapitalisten, die so dieselbe Rolle spielen, wie die, welche das konstante Kapital denen liefern, die Lebensmittel produzieren. Der Kaufmann erhält also erstens dies ersetzt und zweitens den Profit hierauf. Durch beides findet also Verringerung des Profits für den industriellen Kapitalisten statt. Aber, wegen der mit der Teilung der Arbeit verbundnen Konzentration und Ökonomie, in geringerm Maß, als wenn er selbst dies Kapital vorzuschießen hätte. Die Verminderung der Pro fitrate ist geringer, weil das so vorgeschoßne Kapital geringer ist.
Bisher besteht also der Verkaufspreis aus B + K + dem Profit auf B + K. Dieser Teil desselben bietet nach dem Bisherigen keine Schwierigkeit. Aber nun kommt b hinein oder das vom Kaufmann vorgeschoßne variable Kapital.
Der Verkaufspreis wird dadurch B + K + b + dem Profit auf B + K, + dem Profit auf b.
B ersetzt nur den Kaufpreis, fügt aber außer dem Profit auf B diesem Preis keinen Teil zu. K fügt nicht nur den Profit auf K zu, sondern K selbst; aber K + Profit auf K, der in Form von konstantem Kapital vorgeschoßne Teil der Zirkulationskosten + dem entsprechenden Durchschnittsprofit, wäre größer in der Hand des industriellen Kapitalisten als in der Hand des kaufmännischen. Die Verringerung des Durchschnittsprofits erscheint in der Form, daß der volle Durchschnittsprofit – nach Abzug von B + K vom vorgeschoßnen industriellen Kapital – berechnet, der Abzug vom Durchschnittsprofit für B + K aber an den Kaufmann gezahlt wird, so daß dieser Abzug als Profit eines besondren Kapitals, des Kaufmannskapitals erscheint.
Aber mit b + dem Profit auf b, oder im gegebnen Fall, da die Profitrate unterstellt ist = 10%, mit b + 1/10 b, verhält es sich anders. Und hier liegt die wirkliche Schwierigkeit.
Was der Kaufmann mit b kauft, ist der Unterstellung nach bloß kaufmännische Arbeit, also Arbeit, notwendig, um die Funktionen der Kapitalzirkulation, W – G und G – W zu vermitteln. Aber die kaufmännische Arbeit ist die Arbeit, die überhaupt notwendig ist, damit ein Kapital als Kaufmannskapital fungiere, damit es die Verwandlung von Ware in Geld und Geld in Ware vermittle. Es ist Arbeit, die Werte realisiert, aber keine Werte schafft. Und nur sofern ein Kapital diese Funktionen verrichtet – also ein Kapitalist diese Operationen, diese Arbeit mit seinem Kapital verrichtet –, fungiert dies Kapital als kaufmännisches Kapital und nimmt es teil an der Regelung der allgemeinen Profitrate, d.h. zieht es seine Dividende aus dem Gesamtprofit. In (b + Profit auf b) scheint aber erstens die Arbeit bezahlt zu werden (denn ob der industrielle Kapitalist sie dem Kaufmann für seine eigne Arbeit bezahlt oder für die des vom Kaufmann bezahlten Kommis, ist dasselbe) und zweitens der Profit auf Zahlung dieser Arbeit, die der Kaufmann selbst verrichten müßte. Das Kaufmannskapital erhält erstens die Rückzahlung von b und zweitens den Profit darauf; dies entspringt also daraus, daß es sich erstens die Arbeit zahlen läßt, wodurch es als kaufmännisches Kapital fungiert, und daß es zweitens sich den Profit zahlen läßt, weil es als Kapital fungiert, d.h. weil es die Arbeit verrichtet, die ihm im Profit als fungierendem Kapital gezahlt wird. Dies also ist die Frage, die zu lösen ist.
Nehmen wir an B = 100, b = 10 und die Profitrate = 10%. Wir setzen K = 0, um dies nicht hierher gehörige und bereits erledigte Element des Kaufpreises nicht wieder unnötig in Rechnung zu bringen. So wäre der Verkaufspreis = B + p + b + p (= B + Bp' + b + bp', wo p' die Profitrate) = 100 + 10 + 10 + 1 = 121.
Würde aber b nicht in Arbeitslohn vom Kaufmann ausgelegt – da b nur bezahlt wird für kaufmännische Arbeit, also für Arbeit, nötig zur Realisierung des Werts des Warenkapitals, das das industrielle Kapital in den Markt wirft –, so stände die Sache so: Um für B = 100 zu kaufen oder zu verkaufen, gäbe der Kaufmann seine Zeit hin, und wir wollen annehmen, daß dies die einzige Zeit ist, über die er verfügt. Die kaufmännische Arbeit, die durch b oder 10 repräsentiert ist, wenn sie nicht durch Arbeitslohn, sondern durch Profit bezahlt wäre, unterstellt ein andres kaufmännisches Kapital = 100, da dies zu 10% = b = 10 ist. Dies zweite B = 100 würde nicht zusätzlich in den Preis der Ware eingehn, aber wohl die 10%. Es würden daher zwei Operationen zu 100, = 200, Waren kaufen für 200 + 20 = 220.
Da das Kaufmannskapital absolut nichts ist als eine verselbständigte Form eines Teils des im Zirkulationsprozeß fungierenden industriellen Kapitals, so müssen alle auf dasselbe bezüglichen Fragen dadurch gelöst werden, daß man sich das Problem zunächst in der Form stellt, worin die dem kaufmännischen Kapital eigentümlichen Phänomene noch nicht selbständig erscheinen, sondern noch in direktem Zusammenhang mit dem industriellen Kapital, als dessen Zweig. Als Kontor, im Unterschied von Werkstatt, fungiert das merkantile Kapital fortwährend im Zirkulationsprozeß. Hier ist also das jetzt in Frage stehende b zunächst zu untersuchen; im Kontor des industriellen Kapitalisten selbst.
Von vornherein ist dies Kontor immer verschwindend klein gegen die industrielle Werkstatt. Im übrigen ist klar: Im Maß, wie sich die Produktionsstufe erweitert, vermehren sich die kommerziellen Operationen, die beständig zur Zirkulation des industriellen Kapitals auszuführen sind, sowohl um das in Gestalt des Warenkapitals vorhandne Produkt zu verkaufen, wie das gelöste Geld wieder in Produktionsmittel zu verwandeln und Rechnung über das Ganze zu führen. Preisberechnung, Buchführung, Kassenführung, Korrespondenz gehört alles hierher. Je entwickelter die Produktionsleiter, desto größer, wenn auch keineswegs im Verhältnis, sind die kaufmännischen Operationen des industriellen Kapitals, also auch die Arbeit und die sonstigen Zirkulationskosten für die Realisierung des Werts und Mehrwerts. Es wird dadurch Anwendung kommerzieller Lohnarbeiter nötig, die das eigentliche Kontor bilden. Die Auslage für dieselben, obgleich in Form von Arbeitslohn gemacht, unterscheidet sich von dem variablen Kapital, das im Ankauf der produktiven Arbeit ausgelegt ist. Es vermehrt die Auslagen des industriellen Kapitalisten, die Masse des vorzuschießenden Kapitals, ohne direkt den Mehrwert zu vermehren. Denn es ist Auslage, bezahlt für Arbeit, die nur in der Realisierung schon geschaffner Werte verwandt wird. Wie jede andre Auslage dieser Art, vermindert auch diese die Rate des Profits, weil das vorgeschoßne Kapital wächst, aber nicht der Mehrwert. Wenn der Mehrwert m konstant bleibt, das vorgeschoßne Kapital C aber auf C + ΔC wächst, so tritt an Stelle der Profitrate m/c die kleinere Profitrate m/(C + ΔC). Der industrielle Kapitalist sucht also diese Zirkulationskosten, ganz wie seine Auslagen für konstantes Kapital, auf ihr Minimum zu beschränken. Das industrielle Kapital verhält sich also nicht in derselben Weise zu seinen kommerziellen, wie zu seinen produktiven Lohnarbeitern. Je mehr von diesen letzteren bei sonst gleichbleibenden Umständen angewandt werden, um so massenhafter die Produktion, um so größer der Mehrwert oder Profit. Umgekehrt dagegen. Je größer die Stufenleiter der Produktion und je größer der zu realisierende Wert und daher Mehrwert, je größer also das produzierte Warenkapital, um so mehr wachsen absolut, wenn auch nicht relativ, die Bürokosten, und geben zu einer Art Teilung der Arbeit Anlaß. Wie sehr der Profit die Voraussetzung dieser Ausgaben, zeigt sich unter andrem darin, daß mit Wachsen des kommerziellen Salairs oft ein Teil desselben durch Prozentanteil am Profit gezahlt wird. Es liegt in der Natur der Sache, daß eine Arbeit, die nur in den vermittelnden Operationen besteht, welche teils mit der Berechnung der Werte, teils mit ihrer Realisierung, teils mit der Wiederverwandlung des realisierten Geldes in Produktionsmittel verbunden sind, deren Umfang also von der Größe der produzierten und zu realisierenden Werte abhängt, daß eine solche Arbeit nicht als Ursache, wie die direkt produktive Arbeit, sondern als Folge der respektiven Größen und Massen dieser Werte wirkt. Ähnlich verhält es sich mit den andren Zirkulationskosten. Um viel zu messen, zu wiegen, zu verpacken, zu transportieren, muß viel da sein; die Menge der Pack- und Transportarbeit etc. hängt ab von der Masse der Waren, die Objekte ihrer Tätigkeit sind, nicht umgekehrt.
Der kommerzielle Arbeiter produziert nicht direkt Mehrwert. Aber der Preis seiner Arbeit ist durch den Wert seiner Arbeitskraft, also deren Produktionskosten, bestimmt, während die Ausübung dieser Arbeitskraft, als eine Anspannung, Kraftäußerung und Abnutzung, wie bei jedem andren Lohnarbeiter, keineswegs durch den Wert seiner Arbeitskraft begrenzt ist. Sein Lohn steht daher in keinem notwendigen Verhältnis zu der Masse des Profits, die er dem Kapitalisten realisieren hilft. Was er dem Kapitalisten kostet und was er ihm einbringt, sind verschiedne Größen. Er bringt ihm ein, nicht indem er direkt Mehrwert schafft, aber indem er die Kosten der Realisierung des Mehrwerts vermindern hilft, soweit er, zum Teil unbezahlte, Arbeit verrichtet. Der eigentlich kommerzielle Arbeiter gehört zu der besser bezahlten Klasse von Lohnarbeitern, zu denen, deren Arbeit geschickte Arbeit ist, über der Durchschnittsarbeit steht. Indes hat der Lohn die Tendenz zu fallen, selbst im Verhältnis zur Durchschnittsarbeit, im Fortschritt der kapitalistischen Produktionsweise. Teils durch Teilung der Arbeit innerhalb des Kontors; daher nur einseitige Entwicklung der Arbeitsfähigkeit zu produzieren ist und die Kosten dieser Produktion dem Kapitalisten zum Teil nichts kosten, sondern das Geschick des Arbeiters sich durch die Funktion selbst entwickelt und um so rascher, je einseitiger es mit der Teilung der Arbeit wird. Zweitens, weil die Vorbildung, Handels- und Sprachkenntnisse usw. mit dem Fortschritt der Wissenschaft und Volksbildung immer rascher, leichter, allgemeiner, wohlfeiler reproduziert werden, je mehr die kapitalistische Produktionsweise die Lehrmethoden usw. aufs Praktische richtet. Die Verallgemeinerung des Volksunterrichts erlaubt, diese Sorte aus Klassen zu rekrutieren, die früher davon ausgeschlossen, an schlechtre Lebensweise gewöhnt waren. Dazu vermehrt sie den Zudrang und damit die Konkurrenz. Mit einigen Ausnahmen entwertet sich daher im Fortgang der kapitalistischen Produktion die Arbeitskraft dieser Leute; ihr Lohn sinkt, während ihre Arbeitsfähigkeit zunimmt. Der Kapitalist vermehrt die Zahl dieser Arbeiter, wenn mehr Wert und Profit zu realisieren ist. Die Zunahme dieser Arbeit ist stets Wirkung, nie Ursache der Vermehrung des Mehrwerts.40
Es findet also eine Verdoppelung statt. Einerseits sind die Funktionen als Warenkapital und Geldkapital (daher weiter bestimmt als kommerzielles Kapital) allgemeine Formbestimmtheiten des industriellen Kapitals. Andrerseits sind besondre Kapitale, also auch besondre Reihen von Kapitalisten, ausschließlich tätig in diesen Funktionen; und diese Funktionen werden so zu besondren Sphären der Kapitalverwertung.
Die kommerziellen Funktionen und Zirkulationskosten finden sich nur verselbständigt für das merkantile Kapital. Die der Zirkulation zugekehrte Seite des industriellen Kapitals existiert nicht nur in seinem beständigen Dasein als Warenkapital und Geldkapital, sondern auch im Kontor neben der Werkstatt. Aber sie verselbständigt sich für das merkantile Kapital. Für es bildet das Kontor seine einzige Werkstatt. Der in der Form der Zirkulationskosten angewandte Teil des Kapitals erscheint beim Großkaufmann viel größer als beim Industriellen, weil außer den eignen Geschäftsbüros, die mit jeder industriellen Werkstatt verbunden sind, der Teil des Kapitals, der von der ganzen Klasse der industriellen Kapitalisten so verwandt werden müßte, in den Händen einzelner Kaufleute konzentriert ist, die, wie sie die Fortsetzung der Zirkulationsfunktionen besorgen, so die daraus erwachsende Fortsetzung der Zirkulationskosten.
Dem industriellen Kapital erscheinen und sind die Zirkulationskosten Unkosten. Dem Kaufmann erscheinen sie als Quelle seines Profits, der – die allgemeine Profitrate vorausgesetzt – im Verhältnis zur Größe derselben steht. Die in diesen Zirkulationskosten zu machende Auslage ist daher für das merkantile Kapital eine produktive Anlage. Also ist auch die kommerzielle Arbeit, die es kauft, für es unmittelbar produktiv.
18. Der Umschlag des Kaufmannskapitals.
Die Preise
Der Umschlag des industriellen Kapitals ist die Einheit seiner Produktions- und Zirkulationszeit und umfaßt daher den ganzen Produktionsprozeß. Der Umschlag des Kaufmannskapitals dagegen, da er in der Tat nur die verselbständigte Bewegung des Warenkapitals ist, stellt nur die erste Phase der Metamorphose der Ware, W – G, als in sich zurückfließende Bewegung eines besondren Kapitals dar; G – W, W – G im kaufmännischen Sinn, als Umschlag des Kaufmannskapitals. Der Kaufmann kauft, verwandelt sein Geld in Ware, verkauft dann, verwandelt dieselbe Ware wieder in Geld und so fort in beständiger Wiederholung, innerhalb der Zirkulation stellt sich die Metamorphose des industriellen Kapitals immer dar als W1 – G – W2; das aus dem Verkauf von W1, der produzierten Ware, gelöste Geld wird benutzt, um W2, neue Produktionsmittel, zu kaufen; es ist dies der wirkliche Austausch von W1 und W2 und dasselbe Geld wechselt so zweimal die Hände. Seine Bewegung vermittelt den Austausch zweier verschiedenartigen Waren, W1 und W2. Aber beim Kaufmann, in G – W – G' wechselt umgekehrt dieselbe Ware zweimal die Hände; sie vermittelt nur den Rückfluß des Geldes zu ihm.
Wenn z.B. das Kaufmannskapital 100 Pfd. St., und der Kaufmann kauft für diese 100 Pfd. St. Ware, verkauft dann diese Ware zu 110 Pfd. St., so hat dies sein Kapital von 100 einen Umschlag gemacht, und die Anzahl der Umschläge im Jahr hängt davon ab, wie oft diese Bewegung G – W – G' im Jahr wiederholt wird.
Wir sehn hier ganz ab von den Kosten, die in der Differenz zwischen Einkaufspreis und Verkaufspreis stecken mögen, da diese Kosten an der Form, die wir hier zunächst zu betrachten haben, gar nichts ändern.
Die Anzahl der Umschläge eines gegebnen Kaufmannskapitals hat hier also durchaus Analogie mit der Wiederholung der Umläufe des Geldes als bloßes Zirkulationsmittel. Wie derselbe Taler, der zehnmal umläuft, zehnmal seinen Wert in Waren kauft, so kauft dasselbe Geldkapital des Kaufmanns von 100 z.B., wenn es zehnmal umschlägt, zehnmal seinen Wert in Waren oder realisiert ein gesamtes Warenkapital von zehnfachem Wert = 1000. Der Unterschied ist aber der: Beim Umlauf des Geldes als Zirkulationsmittel ist es dasselbe Geldstück, das durch verschiedne Hände läuft, also wiederholt dieselbe Funktion vollzieht und daher durch die Geschwindigkeit des Umlaufs die Masse der umlaufenden Geldstücke ersetzt. Aber bei dem Kaufmann ist es dasselbe Geldkapital, gleichgültig aus welchen Geldstücken zusammengesetzt, derselbe Geldwert, der wiederholt zum Betrag seines Werts Warenkapital kauft und verkauft und daher in dieselbe Hand wiederholt als G + ΔG, zu seinem Ausgangspunkt als Wert plus Mehrwert zurückfließt. Dies charakterisiert seinen Umschlag als Kapitalumschlag. Es entzieht der Zirkulation beständig mehr Geld, als es hineinwirft. Es versteht sich übrigens von selbst, daß mit beschleunigtem Umschlag des kaufmännischen Kapitals (wo auch die Funktion des Geldes als Zahlungsmittel bei entwickeltem Kreditwesen überwiegt) auch dieselbe Geldmasse rascher umläuft.
Der wiederholte Umschlag des Warenhandlungskapitals drückt aber nie etwas andres aus als Wiederholung von Kaufen und Verkaufen; während der wiederholte Umschlag des industriellen Kapitals die Periodizität und die Erneuerung des gesamten Reproduktionsprozesses (worin der Konsumtionsprozeß eingeschlossen) ausdrückt. Dies erscheint dagegen für das Kaufmannskapital nur als äußere Bedingung. Das industrielle Kapital muß beständig Waren auf den Markt werfen und sie ihm wieder entziehn, damit der rasche Umschlag des Kaufmannskapitals möglich bleibe. Ist der Reproduktionsprozeß überhaupt langsam, so der Umschlag des Kaufmannskapitals. Nun vermittelt zwar das Kaufmannskapital den Umschlag des produktiven Kapitals; aber nur soweit es dessen Umlaufszeit verkürzt. Es wirkt nicht direkt auf die Produktionszeit, die ebenfalls eine Schranke für die Umschlagszeit des industriellen Kapitals bildet. Dies ist die erste Grenze für den Umschlag des Kaufmannskapitals. Zweitens aber, abgesehn von der durch die reproduktive Konsumtion gebildeten Schranke, ist dieser Umschlag schließlich beschränkt durch die Geschwindigkeit und den Umfang der gesamten individuellen Konsumtion, da der ganze in den Konsumtionsfonds eingehende Teil des Warenkapitals davon abhängt.
Nun aber (ganz abgesehn von den Umschlägen innerhalb der Kaufmannswelt, wo ein Kaufmann dieselbe Ware immer an den andern verkauft und diese Art Zirkulation in spekulativen Zeiten sehr blühend aussehn mag) verkürzt das Kaufmannskapital erstens die Phase W – G für das produktive Kapital. Zweitens, bei dem modernen Kreditsystem, verfügt es über einen großen Teil des Gesamtgeldkapitals der Gesellschaft, so daß es seine Einkäufe wiederholen kann, bevor es das schon Gekaufte definitiv verkauft hat; wobei es gleichgültig ist, ob unser Kaufmann direkt an den letzten Konsumenten verkauft oder zwischen diesen beiden 12 andre Kaufleute liegen. Bei der ungeheuren Elastizität des Reproduktionsprozesses, der beständig über jede gegebne Schranke hinausgetrieben werden kann, findet er keine Schranke an der Produktion selbst oder nur eine sehr elastische. Außer der Trennung von W – G und G – W, die aus der Natur der Ware folgt, wird hier also eine aktive Nachfrage geschaffen. Trotz ihrer Verselbständigung ist die Bewegung des Kaufmannskapitals nie etwas andres als die Bewegung des industriellen Kapitals innerhalb der Zirkulationssphäre. Aber kraft seiner Verselbständigung bewegt es sich innerhalb gewisser Grenzen unabhängig von den Schranken des Reproduktionsprozesses und treibt ihn daher selbst über seine Schranken hinaus. Die innere Abhängigkeit, die äußere Selbständigkeit treiben es bis zu einem Punkt, wo der innere Zusammenhang gewaltsam, durch eine Krise, wiederhergestellt wird.
Daher das Phänomen in den Krisen, daß sie nicht zuerst sich zeigen und ausbrechen beim Detailverkauf, der es mit der unmittelbaren Konsumtion zu tun hat, sondern in den Sphären des Großhandels und der Banken, die diesem das Geldkapital der Gesellschaft zur Verfügung stellen.
Der Fabrikant mag wirklich verkaufen an den Exporteur, und dieser wieder an seinen fremden Kunden, der Importeur mag seine Rohstoffe absetzen an den Fabrikanten, dieser seine Produkte an den Großhändler usw. Aber an irgendeinem einzelnen unsichtbaren Punkt liegt die Ware unverkauft; oder ein andres Mal werden die Vorräte aller Produzenten und Zwischenhändler allmählich überfüllt. Die Konsumtion steht gerade dann gewöhnlich in der höchsten Blüte, teils weil ein industrieller Kapitalist eine Reihenfolge andrer in Bewegung setzt, teils weil die von ihnen beschäftigten Arbeiter, vollauf beschäftigt, mehr als gewöhnlich auszugeben haben. Mit dem Einkommen der Kapitalisten nimmt ebenfalls ihre Ausgabe zu. Außerdem findet, wie wir gesehn haben (Buch II, Abschn. III), eine beständige Zirkulation statt zwischen konstantem Kapital und konstantem Kapital (auch abgesehn von der beschleunigten Akkumulation), die insofern zunächst unabhängig ist von der individuellen Konsumtion, als sie nie in dieselbe eingeht, die aber doch durch sie definitiv begrenzt ist, indem die Produktion von konstantem Kapital nie seiner selbst wegen stattfindet, sondern nur, weil mehr davon gebraucht wird in den Produktionssphären, deren Produkte in die individuelle Konsumtion eingehn. Dies kann jedoch eine Zeitlang ruhig seinen Weg gehn, durch die prospektive Nachfrage gereizt, und in diesen Zweigen geht das Geschäft bei Kaufleuten und Industriellen daher sehr flott voran. Die Krise tritt ein, sobald die Rückflüsse der Kaufleute, die fernab verkaufen (oder deren Vorräte auch im Inlande sich gehäuft haben), so langsam und spärlich werden, daß die Banken auf Zahlung dringen oder die Wechsel gegen die gekauften Waren verfallen, ehe Wiederverkauf stattgefunden. Dann beginnen Zwangsverkäufe, Verkäufe, um zu zahlen. Und damit ist der Krach da, der der scheinbaren Prosperität auf einmal ein Ende macht.
Die Äußerlichkeit und Begriffslosigkeit des Umschlags des Kaufmannskapitals ist aber noch größer, weil der Umschlag desselben Kaufmannskapitals die Umschläge sehr verschiedner produktiver Kapitale gleichzeitig oder der Reihe nach vermitteln kann.
Der Umschlag des Kaufmannskapitals kann aber nicht nur Umschläge verschiedner industriellen Kapitale vermitteln, sondern auch die entgegengesetzte Phase der Metamorphose des Warenkapitals. Der Kaufmann kauft z.B. die Leinwand vom Fabrikanten und verkauft sie an den Bleicher. Hier stellt also der Umschlag desselben Kaufmannskapitals – in der Tat dasselbe W – G, die Realisierung der Leinwand – zwei entgegengesetzte Phasen für zwei verschiedne industrielle Kapitale vor. Soweit der Kaufmann überhaupt für die produktive Konsumtion verkauft, stellt sein W – G stets das G – W eines industriellen Kapitals und sein G – W stets das W – G eines andern industriellen Kapitals vor.
Wenn wir, wie es in diesem Kapitel geschieht, K, die Zirkulationskosten, weglassen, den Teil des Kapitals, den der Kaufmann außer der im Ankauf der Waren ausgelegten Summe vorschießt, so fällt natürlich auch Δ K fort, der zusätzliche Profit, den er auf dies zusätzliche Kapital macht. Es ist dies also die strikt logische und mathematisch richtige Betrachtungsweise, wenn es gilt zu sehen, wie Profit und Umschlag des Kaufmannskapitals auf die Preise wirken.
Wenn der Produktionspreis von 1 Pfund Zucker 1 Pfd. St., so könnte der Kaufmann mit 100 Pfd. St. 100 Pfund Zucker kaufen. Kauft und verkauft er im Lauf des Jahres dies Quantum und ist die jährliche Durchschnittsprofitrate 15%, so würde er zuschlagen auf 100 Pfd. St. 15 Pfd. St., und auf 1 Pfd. St., den Produktionspreis von 1 Pfund, 3 sh. Er würde also das Pfund Zucker zu 1 Pfd. St. 3 sh. verkaufen. Fiele dagegen der Produktionspreis von 1 Pfund Zucker auf 1 sh., so würde der Kaufmann mit 100 Pfd. St. 2000 Pfund einkaufen, und das Pfund verkaufen zu 1 sh. 1 4/5 d. Nach wie vor wäre der Jahresprofit auf das im Zuckergeschäft ausgelegte Kapital von 100 Pfd. St. = 15 Pfd. St. Nur muß er in dem einen Fall 100, im andern 2000 Pfund verkaufen. Die Höhe oder Niedrigkeit des Produktionspreises hätte nichts zu tun mit der Profitrate; aber sie hätte sehr viel, entscheidend damit zu tun, wie groß der aliquote Teil des Verkaufspreises jedes Pfundes Zucker ist, der sich in merkantilen Profit auflöst; d.h. der Preiszuschlag, den der Kaufmann auf ein bestimmtes Quantum Ware (Produkt) macht. Ist der Produktionspreis einer Ware gering, so die Summe, die der Kaufmann in ihrem Kaufpreis, d.h. für eine bestimmte Masse derselben, vorschießt und daher bei gegebner Profitrate der Betrag des Profits, den er auf dieses gegebne Quantum wohlfeiler Ware macht; oder, was auf dasselbe herauskommt, er kann dann mit einem gegebnen Kapital, z.B. von 100, eine große Masse dieser wohlfeilen Ware kaufen, und der Gesamtprofit von 15, den er auf die 100 macht, verteilt sich in kleinen Brüchen über jedes einzelne Teilstück dieser Warenmasse. Wenn umgekehrt, umgekehrt. Es hängt dies ganz und gar ab von der größren oder geringren Produktivität des industriellen Kapitals, mit dessen Waren er Handel treibt. Nehmen wir Fälle aus, wo der Kaufmann Monopolist ist und zugleich die Produktion monopolisiert, wie etwa ihrer Zeit die Holländisch-Ostindische Kompanie, so kann nichts alberner sein als die gangbare Vorstellung, daß es vom Kaufmann abhängt, ob er viel Ware zu wenig Profit oder wenig Ware zu viel Profit auf die einzelne Ware verkaufen will. Die beiden Grenzen für seinen Verkaufspreis sind: einerseits der Produktionspreis der Ware, über den er nicht verfügt; andrerseits die Durchschnittsprofitrate, über die er ebensowenig verfügt. Das einzige, worüber er zu entscheiden hat, wobei aber die Größe seines verfügbaren Kapitals und andre Umstände mitsprechen, ist, ob er in teuren oder wohlfeilen Waren handeln will. Es hängt daher ganz und gar vom Entwicklungsgrad der kapitalistischen Produktionsweise ab und nicht vom Belieben des Kaufmanns, wie er es damit hält. Eine bloß kaufmännische Kompanie, wie die alte Holländisch-Ostindische, die das Monopol der Produktion hatte, konnte sich einbilden, eine höchstens den Anfängen der kapitalistischen Produktion entsprechende Methode unter ganz veränderten Verhältnissen fortzusetzen.41
Was jenes populäre Vorurteil, welches übrigens, wie alle falschen Vorstellungen über Profit etc., aus der Anschauung des bloßen Handels und aus dem kaufmännischen Vorurteil entspringt, aufrechthält, sind unter anderm folgende Umstände.
Erstens: Erscheinungen der Konkurrenz, die aber bloß die Verteilung des merkantilen Profits unter die einzelnen Kaufleute, die Anteilbesitzer am Gesamtkaufmannskapital betreffen; wenn einer z.B. wohlfeiler verkauft, um seine Gegner aus dem Felde zu schlagen.
Zweitens: ein Ökonom vom Kaliber des Professor Roscher kann sich in Leipzig immer noch einbilden, daß es »Klugheits- und Humanitäts«-Gründe waren, die den Wechsel in den Verkaufspreisen produziert haben, und daß dieser nicht ein Resultat umgewälzter Produktionsweise selbst war.
Drittens: sinken die Produktionspreise infolge gesteigerter Produktivkraft der Arbeit und sinken daher auch die Verkaufspreise, so steigt oft die Nachfrage noch schneller als die Zufuhr, und mit ihr die Marktpreise, so daß die Verkaufspreise mehr als den Durchschnittsprofit abwerfen.
Viertens: ein Kaufmann mag den Verkaufspreis herabsetzen (was immer nichts ist als Herabsetzen des üblichen Profits, den er auf den Preis schlägt), um größres Kapital rascher in seinem Geschäft umzuschlagen. Alles das sind Dinge, die nur die Konkurrenz unter den Kaufleuten selbst angehn.
Es ist bereits in Buch I gezeigt worden, daß die Höhe oder Niedrigkeit der Warenpreise weder die Masse des Mehrwerts bestimmt, die ein gegebnes Kapital produziert, noch die Rate des Mehrwerts; obgleich je nach dem relativen Quantum Ware, das ein gegebnes Quantum Arbeit produziert, der Preis der einzelnen Ware und damit auch der Mehrwertsteil dieses Preises größer oder kleiner ist. Die Preise jedes Warenquantums sind bestimmt, soweit sie den Werten entsprechen, durch das Gesamtquantum der in diesen Waren vergegenständlichten Arbeit. Vergegenständlicht sich wenig Arbeit in viel Ware, so ist der Preis der einzelnen Ware niedrig und der in ihr steckende Mehrwert gering. Wie sich die in einer Ware verkörperte Arbeit in bezahlte und unbezahlte Arbeit teilt, welches Quantum dieses Preises daher Mehrwert vorstellt, hat mit diesem Totalquantum Arbeit, also mit dem Preis der Ware nichts zu tun. Die Rate des Mehrwerts aber hängt ab nicht von der absoluten Größe des Mehrwerts, der im Preis der einzelnen Ware enthalten ist, sondern von seiner relativen Größe, von seinem Verhältnis zum Arbeitslohn, der in derselben Ware steckt. Die Rate kann daher groß sein, obgleich die absolute Größe des Mehrwerts für jede einzelne Ware klein ist. Diese absolute Größe des Mehrwerts in jeder einzelnen Ware hängt ab in erster Linie von der Produktivität der Arbeit und nur in zweiter Linie von ihrer Teilung in bezahlte und unbezahlte.
Bei dem kommerziellen Verkaufspreis nun gar ist der Produktionspreis eine gegebne äußre Voraussetzung.
Die Höhe der kommerziellen Warenpreise in früherer Zeit war geschuldet 1. der Höhe der Produktionspreise, d.h. der Unproduktivität der Arbeit; 2. dem Mangel einer allgemeinen Profitrate, indem das Kaufmannskapital ein viel höheres Quotum des Mehrwerts an sich zog, als ihm bei allgemeiner Beweglichkeit der Kapitale zugekommen wäre. Das Aufhören dieses Zustands ist also, nach beiden Seiten betrachtet, Resultat der Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise.
Die Umschläge des Kaufmannskapitals sind länger oder kürzer, ihre Anzahl im Jahr also größer oder kleiner in verschiednen Handelszweigen. Innerhalb desselben Handelszweigs ist der Umschlag rascher oder langsamer in verschiednen Phasen des ökonomischen Zyklus. Indes findet eine durchschnittliche Anzahl von Umschlägen statt, welche durch die Erfahrung gefunden wirdA22.
Man hat bereits gesehn, daß der Umschlag des Kaufmannskapitals verschieden ist von dem des industriellen Kapitals. Dies folgt aus der Natur der Sache; eine einzelne Phase im Umschlag des industriellen Kapitals erscheint als vollständiger Umschlag eines eignen Kaufmannskapitals oder doch eines Teils davon. Er steht auch in andrem Verhältnis zu Profit-und Preisbestimmung.
Bei dem industriellen Kapital drückt der Umschlag einerseits die Periodizität der Reproduktion aus, und es hängt daher davon ab die Masse der Waren, die in einer bestimmten Zeit auf den Markt geworfen werden. Andrerseits bildet die Umlaufszeit eine Grenze, und zwar eine dehnbare, welche mehr oder weniger beschränkend auf die Bildung von Wert und Mehrwert, weil auf den Umfang des Produktionsprozesses wirkt. Der Umschlag geht daher bestimmend ein, nicht als positives, sondern als beschränkendes Element, in die Masse des jährlich produzierten Mehrwerts und daher in die Bildung der allgemeinen Pro fitrate. Dagegen ist die Durchschnittsprofitrate eine gegebne Größe für das Kaufmannskapital. Es wirkt nicht direkt mit in der Schöpfung des Profits oder Mehrwerts und geht in die Bildung der allgemeinen Profitrate nur soweit bestimmend ein, als es nach dem Teil, den es vom Gesamtkapital bildet, seine Dividende aus der Masse des vom industriellen Kapital produzierten Profits zieht.
Je größer die Umschlagsanzahl eines industriellen Kapitals unter den Buch II, Abschn. II, entwickelten Bedingungen, desto größer ist die Masse des Profits, den es bildet. Durch die Herstellung der allgemeinen Profitrate wird nun zwar der Gesamtprofit verteilt unter die verschiednen Kapitale, nicht nach dem Verhältnis, worin sie unmittelbar an seiner Produktion teilnehmen, sondern nach den aliquoten Teilen, die sie vom Gesamtkapital bilden, d.h. im Verhältnis ihrer Größe. Dies ändert jedoch nichts am Wesen der Sache. Je größer die Anzahl der Umschläge des industriellen Gesamtkapitals, desto größer die Profitmasse, die Masse des jährlich produzierten Mehrwerts, und daher bei sonst gleichen Umständen die Profitrate. Anders mit dem Kaufmannskapital. Für es ist die Profitrate eine gegebne Größe, bestimmt einerseits durch die Masse des vom industriellen Kapital produzierten Profits, andrerseits durch die relative Größe des Gesamthandelskapitals, durch sein quantitatives Verhältnis zur Summe des im Produktionsprozeß und Zirkulationsprozeß vorgeschoßnen Kapitals. Die Anzahl seiner Umschläge wirkt allerdings bestimmend ein auf sein Verhältnis zum Gesamtkapital oder auf die relative Größe des zur Zirkulation notwendigen Kaufmannskapitals, indem es klar ist, daß absolute Größe des notwendigen Kaufmannskapitals und Umschlagsgeschwindigkeit desselben im umgekehrten Verhältnis stehn; seine relative Größe oder der Anteil, den es vom Gesamtkapital bildet, ist aber gegeben durch seine absolute Größe, alle andern Umstände gleichgesetzt. Ist das Gesamtkapital 10000, so, wenn das Kaufmannskapital 1/10 desselben, ist es = 1000, ist das Gesamtkapital 1000, so 1/10 desselben = 100. Sofern ist seine absolute Größe verschieden, obgleich seine relative Größe dieselbe bleibt, verschieden nach der Größe des Gesamtkapitals. Aber hier nehmen wir seine relative Größe, sage 1/10 des Gesamtkapitals, als gegeben an. Diese seine relative Größe selbst wird aber wiederum durch den Umschlag bestimmt. Bei raschem Umschlag ist seine absolute Größe z.B. = 1000 Pfd. St. im ersten Fall, = 100 im zweiten und daher seine relative Größe = 1/10. Bei langsamerm Umschlag ist seine absolute Größe sage = 2000 im ersten Fall, = 200 im zweiten. Daher ist seine relative Größe gewachsen von 1/10 auf 1/5 des Gesamtkapitals. Umstände, welche den Durchschnittsumschlag des Kaufmannskapitals verkürzen, z.B. Entwicklung der Transportmittel, vermindern pro tanto die absolute Größe des Kaufmannskapitals, erhöhen daher die allgemeine Profitrate. Umgekehrt, umgekehrt. Entwickelte kapitalistische Produktionsweise, verglichen mit frühern Zuständen, wirkt doppelt auf das Kaufmannskapital; dasselbe Quantum Waren wird mit einer geringern Masse wirklich fungierenden Kaufmannskapitals umgeschlagen; wegen des raschern Umschlags des Kaufmannskapitals und der größern Geschwindigkeit des Reproduktionsprozesses, worauf dies beruht, vermindert sich das Verhältnis des Kaufmannskapitals zum industriellen Kapital. Andrerseits: Mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise wird alle Produktion Warenproduktion und fällt daher alles Produkt in die Hände der Zirkulationsagenten, wobei hinzukommt, daß bei früherer Produktionsweise, die im kleinen produzierte, abgesehn von der Masse Produkte, die unmittelbar in natura vom Produzenten selbst konsumiert, und der Masse Leistungen, die in natura erledigt wurden, ein sehr großer Teil der Produzenten seine Ware unmittelbar an den Konsumenten verkaufte oder auf dessen persönliche Bestellung arbeitete. Obgleich daher in frühern Produktionsweisen das kommerzielle Kapital größer ist im Verhältnis zum Warenkapital, das es umschlägt, ist es
1. absolut kleiner, weil ein unverhältnismäßig kleiner Teil des Gesamtprodukts als Ware produziert wird, als Warenkapital in die Zirkulation eingehn muß und in die Hände der Kaufleute fällt; es ist kleiner, weil das Warenkapital kleiner ist. Es ist aber zugleich verhältnismäßig größer, nicht nur wegen der größern Langsamkeit seines Umschlags und im Verhältnis zur Masse der Waren, die es umschlägt. Es ist größer, weil der Preis dieser Warenmasse, also auch das darauf vorzuschießende Kaufmannskapital, infolge der geringern Produktivität der Arbeit größer ist als in der kapitalistischen Produktion, daher derselbe Wert sich in kleinerer Masse Waren darstellt.
2. Es wird nicht nur eine größre Warenmasse auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise produziert (wobei in Abrechnung zu bringen der verminderte Wert dieser Warenmasse); sondern dieselbe Masse Produkt, z.B. von Korn, bildet größre Warenmasse, d.h. es kommt immer mehr davon in den Handel. Infolge hiervon wächst übrigens nicht nur die Masse des Kaufmannskapitals, sondern überhaupt alles Kapital, das in der Zirkulation angelegt ist, z.B. in Schiffahrt, Eisenbahnen, Telegraphie etc.
3. aber, und dies ist ein Gesichtspunkt, dessen Ausführung in die »Konkurrenz der Kapitale« gehört: das nicht oder halb fungierende Kaufmannskapital wächst mit dem Fortschritt der kapitalistischen Produktionsweise, mit der Leichtigkeit der Einschiebung in den Kleinhandel, mit der Spekulation und dem Überfluß an freigesetztem Kapital.
Aber, die relative Größe des Kaufmannskapitals im Verhältnis zum Gesamtkapital als gegeben vorausgesetzt, wirkt die Verschiedenheit der Umschläge in verschiednen Handelszweigen nicht auf die Größe des Gesamtprofits, der dem kaufmännischen Kapital zukommt, noch auf die allgemeine Profitrate. Der Profit des Kaufmanns ist bestimmt, nicht durch die Masse des Warenkapitals, das er umschlägt, sondern durch die Größe des Geldkapitals, das er zur Vermittlung dieses Umschlags vorschießt. Ist die allgemeine Jahresprofitrate 15% und schießt der Kaufmann 100 Pfd. St. vor, so, wenn sein Kapital einmal im Jahr umschlägt, wird er seine Ware zu 115 verkaufen. Schlägt sein Kapital fünfmal im Jahr um, so wird er ein Warenkapital zum Einkaufspreis von 100 fünfmal im Jahr zu 103 verkaufen, also im ganzen Jahr ein Warenkapital von 500 zu 515. Dies macht aber auf sein vorgeschoßnes Kapital von 100 nach wie vor einen Jahresprofit von 15. Wäre dies nicht der Fall, so würfe das Kaufmannskapital, im Verhältnis zur Zahl seiner Umschläge, viel höhern Profit ab als das industrielle Kapital, was dem Gesetz der allgemeinen Profitrate widerspricht.
Die Anzahl der Umschläge des Kaufmannskapitals in verschiednen Handelszweigen affiziert also die merkantilen Preise der Waren direkt. Die Höhe des merkantilen Preiszuschlags, des aliquoten Teils des merkantilen Profits eines gegebnen Kapitals, der auf den Produktionspreis der einzelnen Ware fällt, steht im umgekehrten Verhältnis zur Anzahl der Umschläge oder zur Umschlagsgeschwindigkeit der Kaufmannskapitale in verschiednen Geschäftszweigen. Schlägt ein Kaufmannskapital fünfmal im Jahre um, so setzt es dem gleichwertigen Warenkapital nur 1/5 des Aufschlags zu, den ein andres Kaufmannskapital, das nur einmal im Jahr umschlagen kann, einem Warenkapital von gleichem Wert zusetzt.
Die Affektion der Verkaufspreise durch die durchschnittliche Umschlagszeit der Kapitale in verschiednen Handelszweigen reduziert sich darauf, daß im Verhältnis zu dieser Umschlagsgeschwindigkeit dieselbe Profitmasse, die bei gegebner Größe des Kaufmannskapitals durch die allgemeine Jahresprofitrate bestimmt ist, also bestimmt ist unabhängig vom speziellen Charakter der kaufmännischen Operation dieses Kapitals, sich verschieden verteilt auf Warenmassen von demselben Wert, bei fünfmaligem Umschlag im Jahr z.B. 15/5 = 3%, bei einmaligem Umschlag im Jahr dagegen 15% dem Warenpreis zusetzt.
Derselbe Prozentsatz des kommerziellen Profits in verschiednen Handelszweigen erhöht also, je nach dem Verhältnis ihrer Umschlagszeiten, die Verkaufspreise der Waren um ganz verschiedne Prozente, auf den Wert dieser Waren berechnet.
Bei dem industriellen Kapital dagegen wirkt die Umschlagszeit in keiner Weise auf die Wertgröße der produzierten einzelnen Waren, obgleich sie die Masse der von einem gegebnen Kapital in einer gegebnen Zeit produzierten Werte und Mehrwerte affiziert, weil die Masse der exploitierten Arbeit. Dies versteckt sich allerdings und scheint anders zu sein, sobald man die Produktionspreise ins Auge faßt, aber nur weil die Produktionspreise der verschiednen Waren nach früher entwickelten Gesetzen von ihren Werten abweichen. Betrachtet man den gesamten Produktionsprozeß, die vom gesamten industriellen Kapital produzierte Warenmasse, so findet man sofort das allgemeine Gesetz bestätigt.
Während also eine genauere Betrachtung des Einflusses der Umschlagszeit auf die Wertbildung beim industriellen Kapital zurückführt zum allgemeinen Gesetz und zur Basis der politischen Ökonomie, daß die Werte der Waren bestimmt sind durch die in ihnen enthaltne Arbeitszeit, zeigt der Einfluß der Umschläge des Kaufmannskapitals auf die merkantilen Preise Phänomene, die ohne sehr weitläufige Analyse der Mittelglieder eine rein willkürliche Bestimmung der Preise vorauszusetzen scheinen; nämlich eine Bestimmung bloß dadurch, daß das Kapital nun einmal entschlossen ist, ein bestimmtes Quantum Profit im Jahr zu machen. Es scheint namentlich, durch diesen Einfluß der Umschläge, als ob der Zirkulationsprozeß als solcher die Preise der Waren bestimme, unabhängig, innerhalb gewisser Grenzen, vom Produktionsprozeß. Alle oberflächlichen und verkehrten Anschauungen des Gesamtprozesses der Reproduktion sind der Betrachtung des Kaufmannskapitals entnommen und den Vorstellungen, die seine eigentümlichen Bewegungen in den Köpfen der Zirkulationsagenten hervorrufen.
Wenn, wie der Leser zu seinem Leidwesen erkannt hat, die Analyse der wirklichen, innern Zusammenhänge des kapitalistischen Produktionsprozesses ein sehr verwickeltes Ding und eine sehr ausführliche Arbeit ist; wenn es ein Werk der Wissenschaft ist, die sichtbare, bloß erscheinende Bewegung auf die innere wirkliche Bewegung zu reduzieren, so versteht es sich ganz von selbst, daß in den Köpfen der kapitalistischen Produktions- und Zirkulationsagenten sich Vorstellungen über die Produktionsgesetze bilden müssen, die von diesen Gesetzen ganz abweichen, und nur der bewußte Ausdruck der scheinbaren Bewegung sind. Die Vorstellungen eines Kaufmanns, Börsenspekulanten, Bankiers sind notwendig ganz verkehrt. Die der Fabrikanten sind verfälscht durch die Zirkulationsakte, denen ihr Kapital unterworfen ist, und durch die Ausgleichung der allgemeinen Profitrate.42 Die Konkurrenz spielt in diesen Köpfen notwendig auch eine ganz verkehrte Rolle. Sind die Grenzen des Werts und des Mehrwerts gegeben, so ist leicht einzusehn, wie die Konkurrenz der Kapitale die Werte in Produktionspreise und noch weiter in merkantile Preise, den Mehrwert in Durchschnittsprofit verwandelt. Aber ohne diese Grenzen ist absolut nicht einzusehn, warum die Konkurrenz die allgemeine Profitrate auf diese statt jene Grenze reduziert, auf 15% statt auf 1500%. Sie kann sie doch höchstens auf ein Niveau reduzieren. Aber es ist absolut kein Element in ihr, um dies Niveau selbst zu bestimmen.
Vom Standpunkt des Kaufmannskapitals erscheint also der Umschlag selbst als preisbestimmend. Andrerseits, während die Umschlagsgeschwindigkeit des industriellen Kapitals, soweit sie ein gegebnes Kapital zur Exploitation von mehr oder weniger Arbeit befähigt, bestimmend und begrenzend auf die Profitmasse und daher auf die allgemeine Rate des Profits wirkt, ist dem merkantilen Kapital die Profitrate äußerlich gegeben und der innere Zusammenhang derselben mit der Bildung von Mehrwert gänzlich verlöscht. Wenn dasselbe industrielle Kapital, bei sonst gleichbleibenden Umständen und namentlich bei gleicher organischer Zusammensetzung, viermal im Jahr statt zweimal umschlägt, produziert es doppelt soviel Mehrwert und daher Profit; und dies zeigt sich handgreiflich, sobald und solange dies Kapital das Monopol der verbesserten Produktionsweise besitzt, die ihm diese Umschlagsbeschleunigung gestattet. Die verschiedne Umschlagszeit in verschiednen Handelszweigen erscheint umgekehrt darin, daß der Profit, der auf den Umschlag eines bestimmten Warenkapitals gemacht wird, im umgekehrten Verhältnis steht zur Anzahl der Umschläge des Geldkapitals, das diese Warenkapitale umschlägt. Small profits and quick returns erscheint namentlich dem shopkeeper als ein Prinzip, das er aus Prinzip befolgt.
Es versteht sich übrigens von selbst, daß dies Gesetz der Umschläge des Kaufmannskapitals in jedem Handelszweig, und abgesehn von der Abwechslung einander kompensierender, rascherer und langsamerer Umschläge, nur für den Durchschnitt der Umschläge gilt, die das ganze in diesem Zweig angelegte Kaufmannskapital macht. Das Kapital von A, der in demselben Zweige macht wie B, mag mehr oder weniger als die Durchschnittszahl der Umschläge machen. In diesem Fall machen die andern weniger oder mehr. Es ändert dies nichts am Umschlag der in diesem Zweig angelegten Totalmasse von Kaufmannskapital. Aber es ist entscheidend wichtig für den einzelnen Kaufmann oder Kleinhändler. Er macht in diesem Fall einen Mehrprofit, ganz wie industrielle Kapitalisten Mehrprofite machen, wenn sie unter günstigern als den Durchschnittsbedingungen produzieren. Zwingt die Konkurrenz dazu, so kann er wohlfeiler verkaufen als seine Kumpane, ohne seinen Profit unter den Durchschnitt zu senken. Sind die Bedingungen, die ihn zu rascherm Umschlag befähigen, selbst käufliche Bedingungen, z.B. Lage der Verkaufsstätte, so kann er extra Rente dafür zahlen, d.h. ein Teil seines Surplusprofits verwandelt sich in Grundrente.
19. Das Geldhandlungskapital
Die rein technischen Bewegungen, die das Geld durchmacht im Zirkulationsprozeß des industriellen Kapitals und, wie wir jetzt hinzusetzen können, des Warenhandlungskapitals (da dies einen Teil der Zirkulationsbewegung des industriellen Kapitals als seine eigne und eigentümliche Bewegung übernimmt) – diese Bewegungen, verselbständigt zur Funktion eines besondren Kapitals, das sie, und nur sie, als ihm eigentümliche Operationen ausübt, verwandeln dies Kapital in Geldhandlungskapital. Ein Teil des industriellen Kapitals, und näher auch des Warenhandlungskapitals, bestände nicht nur fortwährend in Geldform, als Geldkapital überhaupt, sondern als Geldkapital, das in diesen technischen Funktionen begriffen ist. Von dem Gesamtkapital sondert sich nun ab und verselbständigt sich ein bestimmter Teil in Form von Geldkapital, dessen kapitalistische Funktion ausschließlich darin besteht, für die gesamte Klasse der industriellen und kommerziellen Kapitalisten diese Operationen auszuführen. Wie beim Warenhandlungskapital trennt sich ein Teil des im Zirkulationsprozeß in der Gestalt von Geldkapital vorhandnen industriellen Kapitals ab und verrichtet diese Operationen des Reproduktionsprozesses für das gesamte übrige Kapital. Die Bewegungen dieses Geldkapitals sind also wiederum nur Bewegungen eines verselbständigten Teils des in seinem Reproduktionsprozeß begriffnen industriellen Kapitals.
Nur wenn, und insoweit, Kapital neu angelegt wird – was auch der Fall bei der Akkumulation –, erscheint Kapital in Geldform als Ausgangspunkt und Endpunkt der Bewegung. Aber für jedes einmal in seinem Prozeß befindliche Kapital erscheint Ausgangspunkt wie Endpunkt nur als Durchgangspunkt. Soweit das industrielle Kapital, vom Austritt aus der Produktionssphäre bis zum Wiedereintritt in dieselbe, die Metamorphose W' – G – W durchzumachen hat, ist, wie sich schon bei der einfachen Warenzirkulation zeigte, G in der Tat nur das Endresultat der einen Phase der Metamorphose, um der Ausgangspunkt der entgegengesetzten, sie ergänzenden zu sein. Und obgleich für das Handelskapital das W – G des industriellen Kapitals stets als G – W – G sich darstellt, so ist doch auch für es, sobald es einmal engagiert ist, der wirkliche Prozeß fortwährend W – G – W. Das Handelskapital macht aber gleichzeitig die Akte W – G und G – W durch. D.h., nicht nur ein Kapital befindet sich im Stadium W – G, während das andre sich im Stadium G – W befindet, sondern dasselbe Kapital kauft beständig und verkauft beständig gleichzeitig wegen der Kontinuität des Produktionsprozesses; es befindet sich fortwährend gleichzeitig in beiden Stadien. Während ein Teil desselben sich in Geld verwandelt, um sich später in Ware rückzuverwandeln, verwandelt der andre sich gleichzeitig in Ware, um sich in Geld rückzuverwandeln.
Ob das Geld hier als Zirkulationsmittel oder als Zahlungsmittel fungiert, hängt von der Form des Warenaustausches ab. In beiden Fällen hat der Kapitalist beständig an viele Personen Geld auszuzahlen und beständig von vielen Personen Geld in Zahlung zu empfangen. Diese bloß technische Operation des Geldzahlens und des Geldeinkassierens bildet Arbeit für sich, die, soweit das Geld als Zahlungsmittel fungiert, Bilanzberechnungen, Akte der Ausgleichung nötig macht. Diese Arbeit ist eine Zirkulationskost, keine wertschaffende Arbeit. Sie wird dadurch abgekürzt, daß sie von einer besondren Abteilung von Agenten oder Kapitalisten für die ganze übrige Kapitalistenklasse ausgeführt wird.
Ein bestimmter Teil des Kapitals muß beständig als Schatz, potentielles Geldkapital, vorhanden sein: Reserve von Kaufmitteln, Reserve von Zahlungsmitteln, unbeschäftigtes, in Geldform seiner Anwendung harrendes Kapital; und ein Teil des Kapitals strömt beständig in dieser Form zurück. Dies macht, außer Einkassieren, Zahlen und Buchhalten, Aufbewahrung des Schatzes nötig, was wieder eine besondre Operation ist. Es ist also in der Tat die beständige Auflösung des Schatzes in Zirkulationsmittel und Zahlungsmittel und seine Rückbildung aus im Verkauf erhaltnem Geld und fällig gewordner Zahlung; diese beständige Bewegung des als Geld existierenden Teils des Kapitals, getrennt von der Kapitalfunktion selbst, diese rein technische Operation ist es, die besondre Arbeit und Kosten verursacht – Zirkulationskosten.
Die Teilung der Arbeit bringt es mit sich, daß diese technischen Operationen, die durch die Funktionen des Kapitals bedingt sind, soweit möglich für die ganze Kapitalistenklasse von einer Abteilung von Agenten oder Kapitalisten als ausschließliche Funktionen verrichtet werden oder sich in ihren Händen konzentrieren. Es ist hier, wie beim Kaufmannskapital, Teilung der Arbeit in doppeltem Sinn. Es wird besondres Geschäft, und weil es als besondres Geschäft für den Geldmechanismus der ganzen Klasse verrichtet wird, wird es konzentriert, auf großer Stufenleiter ausgeübt; und nun findet wieder Teilung der Arbeit innerhalb dieses besondern Geschäfts statt, sowohl durch Spaltung in verschiedne voneinander unabhängige Zweige, wie durch Ausbildung der Werkstatt innerhalb dieser Zweige (große Büros, zahlreiche Buchhalter und Kassierer, weitgetriebne Arbeitsteilung). Auszahlung des Geldes, Einkassierung, Ausgleichung der Bilanzen, Führung laufender Rechnungen, Aufbewahren des Geldes etc., getrennt von den Akten, wodurch diese technischen Operationen nötig werden, machen das in diesen Funktionen vorgeschoßne Kapital zum Geldhandlungskapital.
Die verschiednen Operationen, aus deren Verselbständigung zu besondren Geschäften der Geldhandel entspringt, ergeben sich aus den verschiednen Bestimmtheiten des Geldes selbst und aus seinen Funktionen, die also auch das Kapital in der Form von Geldkapital durchzumachen hat.
Ich habe früher darauf hingewiesen, wie das Geldwesen überhaupt sich ursprünglich entwickelt im Produktenaustausch zwischen verschiednen Gemeinwesen.43
Es entwickelt sich der Geldhandel, der Handel mit der Geldware, daher zunächst aus dem internationalen Verkehr. Sobald verschiedne Landesmünzen existieren, haben die Kaufleute, die in fremden Ländern einkaufen, ihre Landesmünze in die Lokalmünze umzusetzen und umgekehrt oder auch verschiedne Münzen gegen ungemünztes reines Silber oder Gold als Weltgeld. Daher das Wechselgeschäft, das als eine der naturwüchsigen Grundlagen des modernen Geldhandels zu betrachten ist.44 Es entwickelten sich daraus Wechselbanken, wo Silber (oder Gold) als Weltgeld – jetzt als Bankgeld oder Handelsgeld – im Unterschied zur Kurantmünze fungieren. Das Wechselgeschäft, soweit es bloße Anweisung für Zahlung an Reisende von dem Wechsler eines Landes an andre, hat sich schon in Rom und Griechenland aus dem eigentlichen Wechslergeschäft entwickelt.
Der Handel mit Gold und Silber als Waren (Rohstoffen zur Bereitung für Luxusartikel) bildet die naturwüchsige Basis des Barrenhandels (Bullion trade) oder des Handels, der die Funktionen des Geldes als Weltgeldes vermittelt. Diese Funktionen, wie früher erklärt (Buch I, Kap. III, 3, c), sind doppelt: Hin- und Herlaufen zwischen den verschiednen nationalen Zirkulationssphären zur Ausgleichung der internationalen Zahlungen und bei Wanderungen des Kapitals zum Verzinsen; daneben Bewegung, von den Produktionsquellen der Edelmetalle aus, über den Weltmarkt und Verteilung der Zufuhr unter die verschiednen nationalen Zirkulationssphären. In England fungierten noch während des größten Teils des 17. Jahrhunderts die Goldschmiede als Bankiers. Wie sich weiter die Ausgleichung der internationalen Zahlungen im Wechselhandel etc. entwickelt, lassen wir hier ganz außer acht, wie alles, was sich auf Geschäfte in Wertpapieren bezieht, kurz alle besondren Formen des Kreditwesens, das uns hier noch nichts angeht.
Als Weltgeld streift das Landesgeld seinen lokalen Charakter ab; ein Landesgeld wird im andern ausgedrückt und so alle reduziert auf ihren Gehalt in Gold oder Silber, während diese letztren zugleich, als die beiden Waren, die als Weltgeld zirkulieren, auf ihr gegenseitiges Wertverhältnis zu reduzieren sind, das beständig wechselt. Diese Vermittlung macht der Geldhändler zu seinem besondren Geschäft. Wechslergeschäft und Barrenhandel sind so die ursprünglichsten Formen des Geldhandels und entspringen aus den doppelten Funktionen des Geldes: als Landesmünze und als Weltgeld.
Aus dem kapitalistischen Produktionsprozeß, wie aus dem Handel überhaupt, selbst bei vorkapitalistischer Produktionsweise, ergibt sich:
Erstens, die Ansammlung des Geldes als Schatz, d.h. jetzt des Teils des Kapitals, der stets in Geldform vorhanden sein muß, als Reservefonds von Zahlungs-und Kaufmitteln. Dies ist die erste Form des Schatzes, wie er in der kapitalistischen Produktionsweise wiedererscheint und sich überhaupt bei Entwicklung des Handelskapitals wenigstens für dieses bildet. Beides gilt sowohl für die inländische wie die internationale Zirkulation. Dieser Schatz ist beständig fließend, ergießt sich beständig in die Zirkulation und kehrt beständig aus ihr zurück. Die zweite Form des Schatzes ist nun die von brachliegendem, augenblicklich unbeschäftigtem Kapital in Geldform, wozu auch neu akkumuliertes, noch nicht angelegtes Geldkapital gehört. Die Funktionen, die diese Schatzbildung als solche nötig macht, sind zunächst seine Aufbewahrung, Buchführung etc.
Zweitens aber ist damit verbunden Ausgeben des Geldes beim Kaufen, Einnehmen beim Verkaufen, Zahlen und Empfangen von Zahlungen, Ausgleichung der Zahlungen etc. Alles dies verrichtet der Geldhändler zunächst als einfacher Kassierer für die Kaufleute und industriellen Kapitalisten.45
Vollständig entwickelt ist der Geldhandel, und dies immer auch schon in seinen ersten Anfängen, sobald mit seinen sonstigen Funktionen die des Leihens und Borgens und der Handel in Kredit sich verbindet. Darüber im folgenden Abschnitt, beim zinstragenden Kapital.
Der Barrenhandel selbst, das Überführen von Gold oder Silber aus einem Land in das andre, ist nur das Resultat des Warenhandels, bestimmt durch den Wechselkurs, der den Stand der internationalen Zahlungen und des Zinsfußes auf verschiednen Märkten ausdrückt. Der Barrenhändler als solcher vermittelt nur Resultate.
Bei Betrachtung des Geldes, wie sich seine Bewegungen und Formbestimmheiten aus der einfachen Warenzirkulation entwickeln, hat man gesehn (Buch I, Kap. III), wie die Bewegung der Masse des als Kaufmittel und Zahlungsmittel zirkulierenden Geldes bestimmt ist durch die Warenmetamorphose, durch Umfang und Geschwindigkeit derselben, die, wie wir jetzt wissen, selbst nur ein Moment des gesamten Reproduktionsprozesses ist. Was die Beschaffung des Geldmaterials – Gold und Silber – von seinen Produktionsquellen angeht, so löst sie sich auf in unmittelbaren Warenaustausch, in Austausch von Gold und Silber als Ware gegen andre Ware, ist also selbst ebensosehr ein Moment des Warenaustausches wie die Beschaffung von Eisen oder andren Metallen. Was aber die Bewegung der edlen Metalle auf dem Weltmarkt angeht (wir sehn hier ab von dieser Bewegung, soweit sie leihweise Kapitalübertragung ausdrückt, eine Übertragung, die auch in der Form von Warenkapital vorgeht), so ist sie ganz so bestimmt durch den internationalen Warenaustausch, wie die Bewegung des Geldes als inländisches Kauf- und Zahlungsmittel durch den inländischen Warenaustausch. Die Aus- und Einwanderungen der edlen Metalle aus einer nationalen Zirkulationssphäre in die andre, soweit sie nur verursacht sind durch Entwertung von Landesmünze oder durch Doppelwährung, sind der Geldzirkulation als solcher fremd und bloße Korrektion willkürlich, von Staats wegen hervorgebrachter Abirrungen. Was endlich die Bildung von Schätzen angeht, soweit sie Reservefonds von Kauf-oder Zahlungsmitteln, sei es für innern oder auswärtigen Handel, darstellt, und ebenfalls soweit sie bloße Form von einstweilen brachliegendem Kapital ist, so ist sie beidemal nur ein notwendiger Niederschlag des Zirkulationsprozesses.
Wie die ganze Geldzirkulation in ihrem Umfang, ihren Formen und ihren Bewegungen bloßes Resultat der Warenzirkulation ist, die vom kapitalistischen Standpunkt aus selbst nur den Zirkulationsprozeß des Kapitals darstellt (und darin ist einbegriffen der Austausch von Kapital gegen Revenue und von Revenue gegen Revenue, soweit die Verausgabung von Revenue sich im Kleinhandel realisiert), so versteht es sich ganz von selbst, daß der Geldhandel nicht nur das bloße Resultat und die Erscheinungsweise der Warenzirkulation, die Geldzirkulation, vermittelt. Diese Geldzirkulation selbst, als ein Moment der Warenzirkulation, ist für ihn gegeben. Was er vermittelt, sind ihre technischen Operationen, die er konzentriert, abkürzt und vereinfacht. Der Geldhandel bildet nicht die Schätze, sondern liefert die technischen Mittel, um diese Schatzbildung, soweit sie freiwillig ist (also nicht Ausdruck von unbeschäftigtem Kapital oder von Störung des Reproduktionsprozesses), auf ihr ökonomisches Minimum zu reduzieren, indem die Reservefonds für Kauf- und Zahlungsmittel, wenn für die ganze Kapitalistenklasse verwaltet, nicht so groß zu sein brauchen, als wenn von jedem Kapitalisten besonders. Der Geldhandel kauft nicht die edlen Metalle, sondern vermittelt nur ihre Verteilung, sobald der Warenhandel sie gekauft hat. Der Geldhandel erleichtert die Ausgleichung der Bilanzen, soweit das Geld als Zahlungsmittel fungiert, und vermindert durch den künstlichen Mechanismus dieser Ausgleichungen die dazu erheischte Geldmasse; aber er bestimmt weder den Zusammenhang noch den Umfang der wechselseitigen Zahlungen. Die Wechsel und Schecks z.B., die in Banken und Clearing houses gegeneinander ausgetauscht werden, stellen ganz unabhängige Geschäfte dar, sind Resultate von gegebnen Operationen, und es handelt sich nur um beßre technische Ausgleichung dieser Resultate. Soweit das Geld als Kaufmittel zirkuliert, sind Umfang und Anzahl der Käufe und Verkäufe durchaus unabhängig vom Geldhandel. Er kann nur die technischen Operationen, die sie begleiten, verkürzen, und dadurch die Masse des zu ihrem Unischlag nötigen baren Geldes vermindern.
Der Geldhandel in der reinen Form, worin wir ihn hier betrachten, d.h. getrennt vom Kreditwesen, hat es also nur zu tun mit der Technik eines Moments der Warenzirkulation, nämlich der Geldzirkulation und den daraus entspringenden verschiednen Funktionen des Geldes.
Dies unterscheidet den Geldhandel wesentlich vom Warenhandel, der die Metamorphose der Ware und den Warenaustausch vermittelt oder selbst diesen Prozeß des Warenkapitals als Prozeß eines vom industriellen Kapital gesonderten Kapitals erscheinen läßt. Wenn daher das Warenhandlungskapital eine eigne Form der Zirkulation zeigt, G – W – G, wo die Ware zweimal die Stelle wechselt und dadurch das Geld zurückfließt, im Gegensatz zu W – G – W, wo das Geld zweimal die Hände wechselt und dadurch den Warenaustausch vermittelt, so kann keine solche besondre Form für das Geldhandlungskapital nachgewiesen werden.
Soweit Geldkapital in dieser technischen Vermittlung der Geldzirkulation von einer besondren Abteilung Kapitalisten vorgeschossen wird – ein Kapital, das auf verjüngtem Maßstab das Zusatzkapital vorstellt, das sich die Kaufleute und industriellen Kapitalisten sonst selbst zu diesen Zwecken vorschießen müßten –, ist die allgemeine Form des Kapitals G – G' auch hier vorhanden. Durch Vorschuß von G wird G + ΔG für den Vorschießer erzeugt. Aber die Vermittlung von G – G' bezieht sich hier nicht auf die sachlichen, sondern nur auf die technischen Momente der Metamorphose.
Es ist augenscheinlich, daß die Masse des Geldkapitals, womit die Geldhändler zu tun haben, das in Zirkulation befindliche Geldkapital der Kaufleute und Industriellen ist und daß die Operationen, die sie vollziehn, nur die Operationen jener sind, die sie vermitteln.
Es ist ebenso klar, daß ihr Profit nur ein Abzug vom Mehrwert ist, da sie nur mit schon realisierten Werten (selbst wenn nur in Form von Schuldforderungen realisiert) zu tun haben.
Wie bei dem Warenhandel findet hier Verdopplung der Funktion statt. Denn ein Teil der mit der Geldzirkulation verbundnen technischen Operationen muß von den Warenhändlern und Warenproduzenten selbst verrichtet werden.
20. Geschichtliches über das Kaufmannskapital
Die besondre Form der Geldakkumulation des Warenhandlungs- und Geldhandlungskapitals wird erst im nächsten Abschnitt betrachtet.
Aus dem bisher Entwickelten ergibt sich von selbst, daß nichts abgeschmackter sein kann, als das Kaufmannskapital, sei es in der Form des Warenhandlungskapitals, sei es in der des Geldhandlungskapitals, als eine besondre Art des industriellen Kapitals zu betrachten, ähnlich wie etwa Bergbau, Ackerbau, Viehzucht, Manufaktur, Transportindustrie etc., durch die gesellschaftliche Teilung der Arbeit gegebne Abzweigungen und daher besondre Anlagesphären des industriellen Kapitals bilden. Schon die einfache Beobachtung, daß jedes industrielle Kapital, während es sich in der Zirkulationsphase seines Reproduktionsprozesses befindet, als Warenkapital und Geldkapital ganz dieselben Funktionen verrichtet, die als ausschließliche Funktionen des kaufmännischen Kapitals in seinen beiden Formen erscheinen, müßte diese rohe Auffassung unmöglich machen. Im Warenhandlungskapital und Geldhandlungskapital sind umgekehrt die Unterschiede zwischen dem industriellen Kapital als produktivem und demselben Kapital in der Zirkulationssphäre dadurch verselbständigt, daß die bestimmten Formen und Funktionen, die das Kapital hier zeitweilig annimmt, als selbständige Formen und Funktionen eines abgelösten Teils des Kapitals erscheinen und ausschließlich darin eingepfercht sind. Verwandelte Form des industriellen Kapitals und stoffliche, aus der Natur der verschiednen Industriezweige hervorgehende Unterschiede zwischen produktiven Kapitalen in verschiednen Produktionsanlagen sind himmelweit verschieden.
Außer der Brutalität, womit der Ökonom überhaupt die Formunterschiede betrachtet, die ihn in der Tat nur nach der stofflichen Seite interessieren, liegt bei dem Vulgärökonomen dieser Verwechslung noch zweierlei zugrunde. Erstens seine Unfähigkeit, den merkantilen Profit in seiner Eigentümlichkeit zu erklären; zweitens sein apologetisches Bestreben, die aus der spezifischen Form der kapitalistischen Produktionsweise – die vor allem Warenzirkulation, und daher Geldzirkulation, als ihre Basis voraussetzt – hervorgehenden Formen von Warenkapital und Geldkapital, und weiterhin von Warenhandlungs- und Geldhandlungskapital, als aus dem Produktionsprozeß als solchem notwendig hervorgehende Gestalten abzuleiten.
Wenn Warenhandlungskapital und Geldhandlungskapital sich nicht anders von Getreidebau unterscheiden, wie dieser von Viehzucht und Manufaktur, so ist sonnenklar, daß Produktion und kapitalistische Produktion überhaupt identisch sind und daß namentlich auch die Verteilung der gesellschaftlichen Produkte unter die Mitglieder der Gesellschaft, sei es zur produktiven oder zur individuellen Konsumtion, ebenso ewig durch Kaufleute und Bankiers vermittelt werden muß, wie der Genuß von Fleisch durch Viehzucht und der von Kleidungsstücken durch deren Fabrikation.46
Die großen Ökonomen wie Smith, Ricardo etc., da sie die Grundform des Kapitals betrachten, das Kapital als industrielles Kapital, und das Zirkulationskapital (Geld- und Warenkapital) tatsächlich nur, soweit es selbst eine Phase im Reproduktionsprozeß jedes Kapitals, sind in Verlegenheit mit dem merkantilen Kapital als einer eignen Sorte. Die aus der Betrachtung des industriellen Kapitals unmittelbar abgeleiteten Sätze über Wertbildung, Profit etc. passen nicht direkt auf das Kaufmannskapital. Sie lassen dies daher in der Tat ganz beiseite liegen und erwähnen es nur als eine Art des industriellen Kapitals. Wo sie im besondren davon handeln, wie Ricardo beim auswärtigen Handel, suchen sie nachzuweisen, daß es keinen Wert schafft (folglich auch keinen Mehrwert). Aber was vom auswärtigen Handel, gilt vom inländischen.
Wir haben bisher das Kaufmannskapital vom Standpunkt und innerhalb der Grenzen der kapitalistischen Produktionsweise betrachtet. Nicht nur der Handel, sondern auch das Handelskapital ist aber älter als die kapitalistische Produktionsweise, ist in der Tat die historisch älteste freie Existenzweise des Kapitals.
Da man bereits gesehn, daß der Geldhandel und das darin vorgeschoßne Kapital zu seiner Entwicklung nichts bedarf als die Existenz des Großhandels, weiter des Warenhandlungskapitals, so ist es nur das letztre, womit wir uns hier zu befassen haben.
Weil das Handlungskapital eingepfercht ist in die Zirkulationssphäre und seine Funktion ausschließlich darin besteht, den Warenaustausch zu vermitteln, so sind zu seiner Existenz – abgesehn von unentwickelten Formen, die aus dem unmittelbaren Tauschhandel entspringen – keine andren Bedingungen nötig als zur einfachen Waren- und Geldzirkulation. Oder die letztre ist vielmehr seine Existenzbedingung. Auf Basis welcher Produktionsweise auch immer die Produkte produziert wurden, die als Waren in die Zirkulation eingehn – ob auf Basis des urwüchsigen Gemeinwesens oder der Sklavenproduktion oder der kleinbäuerlichen und kleinbürgerlichen oder der kapitalistischen –, es ändert dies nichts an ihrem Charakter als Waren, und als Waren haben sie den Austauschprozeß und die ihn begleitenden Formveränderungen durchzumachen. Die Extreme, zwischen denen das Kaufmannskapital vermittelt, sind gegeben für es, ganz wie sie gegeben sind für das Geld und für die Bewegung des Geldes. Das einzig Nötige ist, daß diese Extreme als Waren vorhanden sind, ob nun die Produktion ihrem ganzen Umfang nach Warenproduktion ist, oder ob bloß der Überschuß der selbstwirtschaftenden Produzenten über ihre, durch ihre Produktion befriedigten, unmittelbaren Bedürfnisse auf den Markt geworfen sind. Das Kaufmannskapital vermittelt nur die Bewegung dieser Extreme, der Waren, als ihm gegebner Voraussetzungen.
Der Umfang, worin die Produktion in den Handel eingeht, durch die Hände der Kaufleute geht, hängt ab von der Produktionsweise und erreicht sein Maximum in der vollen Entwicklung der kapitalistischen Produktion, wo das Produkt nur noch als Ware, nicht als unmittelbares Subsistenzmittel produziert wird. Andrerseits, auf der Basis jeder Produktionsweise, befördert der Handel die Erzeugung von überschüssigem Produkt, bestimmt, in den Austausch einzugehn, um die Genüsse oder die Schätze der Produzenten (worunter hier die Eigner der Produkte zu verstehn sind) zu vermehren; gibt also der Produktion einen mehr und mehr auf den Tauschwert gerichteten Charakter.
Die Metamorphose der Waren, ihre Bewegung, besteht 1. stofflich aus dem Austausch verschiedner Waren gegeneinander, 2. formell aus Verwandlung der Ware in Geld, Verkaufen, und Verwandlung des Geldes in Ware, Kaufen. Und in diese Funktionen, Austauschen von Waren durch Kauf und Verkauf, löst sich die Funktion des Kaufmannskapitals auf. Es vermittelt also bloß den Warenaustausch, der indessen von vornherein nicht bloß als Warenaustausch zwischen den unmittelbaren Produzenten zu fassen ist. Beim Sklavenverhältnis, Leibeignenverhältnis, Tributverhältnis (soweit primitive Gemeinwesen in Betracht kommen) ist es der Sklavenhalter, der Feudalherr, der Tribut empfangende Staat, welcher Eigner, also Verkäufer des Produkts ist. Der Kaufmann kauft und verkauft für viele. In seiner Hand konzentrieren sich Käufe und Verkäufe, wodurch Kauf und Verkauf aufhört, an das unmittelbare Bedürfnis des Käufers (als Kaufmann) gebunden zu sein.
Welches aber immer die gesellschaftliche Organisation der Produktionssphären, deren Warenaustausch der Kaufmann vermittelt, sein Vermögen existiert immer als Geldvermögen und sein Geld fungiert stets als Kapital. Seine Form ist stets G – W – G'; Geld, die selbständige Form des Tauschwerts, der Ausgangspunkt, und Vermehrung des Tauschwerts der selbständige Zweck. Der Warenaustausch selbst und die ihn vermittelnden Operationen – getrennt von der Produktion und vollzogen vom Nichtproduzenten – als bloßes Mittel der Vermehrung, nicht nur des Reichtums, sondern des Reichtums in seiner allgemeinen gesellschaftlichen Form, als Tauschwert. Das treibende Motiv und der bestimmende Zweck ist, G zu verwandeln in G + ΔG; die Akte G – W und W – G', die den Akt G – G' vermitteln, erscheinen bloß als Übergangsmomente dieser Verwandlung von G in G + ΔG. Dies G – W – G' als charakteristische Bewegung des Kaufmannskapitals unterscheidet es von W – G – W, dem Warenhandel zwischen den Produzenten selbst, der auf den Austausch von Gebrauchswerten als letzten Zweck gerichtet ist.
Je unentwickelter die Produktion, um so mehr wird sich daher das Geldvermögen konzentrieren in den Händen der Kaufleute oder als spezifische Form des Kaufmannsvermögens erscheinen.
Innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise – d.h. sobald sich das Kapital der Produktion selbst bemächtigt und ihr eine ganz veränderte und spezifische Form gegeben hat – erscheint das Kaufmannskapital nur als Kapital in einer besondren Funktion. In allen frühern Produktionsweisen, und um so mehr, je mehr die Produktion unmittelbar Produktion der Lebensmittel des Produzenten ist, erscheint Kaufmannskapital zu sein als die Funktion par excellence des Kapitals.
Es macht also nicht die geringste Schwierigkeit einzusehn, warum das Kaufmannskapital als historische Form des Kapitals erscheint, lange bevor das Kapital sich die Produktion selbst unterworfen hat. Seine Existenz und Entwicklung zu einer gewissen Höhe ist selbst historische Voraussetzung für die Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise, 1. als Vorbedingung der Konzentration von Geldvermögen, und 2. weil die kapitalistische Produktionsweise Produktion für den Handel voraussetzt, Absatz im großen und nicht an den einzelnen Kunden, also auch einen Kaufmann, der nicht zur Befriedigung seines persönlichen Bedürfnisses kauft, sondern die Kaufakte vieler in seinem Kaufakt konzentriert. Andrerseits wirkt alle Entwicklung des Kaufmannskapitals darauf hin, der Produktion einen mehr und mehr auf den Tauschwert gerichteten Charakter zu geben, die Produkte mehr und mehr in Waren zu verwandeln. Doch ist seine Entwicklung, für sich genommen, wie wir gleich unten noch weiter sehn werden, unzureichend, um den Übergang einer Produktionsweise in die andre zu vermitteln und zu erklären.
Innerhalb der kapitalistischen Produktion wird das Kaufmannskapital von seiner frühern selbständigen Existenz herabgesetzt zu einem besondern Moment der Kapitalanlage überhaupt, und die Ausgleichung der Profite reduziert seine Profitrate auf den allgemeinen Durchschnitt. Es fungiert nur noch als der Agent des produktiven Kapitals. Die mit der Entwicklung des Kaufmannskapitals sich bildenden besondern Gesellschaftszustände sind hier nicht mehr bestimmend; im Gegenteil, wo es vorherrscht, herrschen veraltete Zustände. Dies gilt sogar innerhalb desselben Landes, wo z.B. die reinen Handelsstädte ganz andre Analogien mit vergangnen Zuständen bilden als die Fabrikstädte.47
Selbständige und vorwiegende Entwicklung des Kapitals als Kaufmannskapital ist gleichbedeutend mit Nichtunterwerfung der Produktion unter das Kapital, also mit Entwicklung des Kapitals auf Grundlage einer ihm fremden und von ihm unabhängigen gesellschaftlichen Form der Produktion. Die selbständige Entwicklung des Kaufmannskapitals steht also im umgekehrten Verhältnis zur allgemeinen ökonomischen Entwicklung der Gesellschaft.
Das selbständige Kaufmannsvermögen, als herrschende Form des Kapitals, ist die Verselbständigung des Zirkulationsprozesses gegen seine Extreme, und diese Extreme sind die austauschenden Produzenten selbst. Diese Extreme bleiben selbständig gegen den Zirkulationsprozeß, und dieser Prozeß gegen sie. Das Produkt wird hier Ware durch den Handel. Es ist der Handel, der hier die Gestaltung der Produkte zu Waren entwickelt; es ist nicht die produzierte Ware, deren Bewegung den Handel bildet. Kapital als Kapital tritt hier also zuerst im Zirkulationsprozeß auf. Im Zirkulationsprozeß entwickelt sich das Geld zu Kapital. In der Zirkulation entwickelt sich das Produkt zuerst als Tauschwert, als Ware und Geld. Das Kapital kann sich im Zirkulationsprozeß bilden und muß sich in ihm bilden, bevor es seine Extreme beherrschen lernt, die verschiednen Produktionssphären, zwischen denen die Zirkulation vermittelt. Geld- und Warenzirkulation können Produktionssphären der verschiedensten Organisationen vermitteln, die ihrer innern Struktur nach noch hauptsächlich auf Produktion des Gebrauchswerts gerichtet sind. Diese Verselbständigung des Zirkulationsprozesses, worin die Produktionssphären untereinander verbunden werden durch ein Drittes, drückt Doppeltes aus. Einerseits, daß die Zirkulation sich noch nicht der Produktion bemächtigt hat, sondern sich zu ihr als gegebner Voraussetzung verhält. Andrerseits, daß der Produktionsprozeß die Zirkulation noch nicht als bloßes Moment in sich aufgenommen hat. In der kapitalistischen Produktion dagegen ist beides der Fall. Der Produktionsprozeß beruht ganz auf der Zirkulation, und die Zirkulation ist ein bloßes Moment, eine Durchgangsphase der Produktion, bloß die Realisierung des als Ware produzierten Produkts und der Ersatz seiner als Waren produzierten Produktionselemente. Die unmittelbar aus der Zirkulation stammende Form des Kapitals – das Handelskapital – erscheint hier nur noch als eine der Formen des Kapitals in seiner Reproduktionsbewegung.
Das Gesetz, daß die selbständige Entwicklung des Kaufmannskapitals im umgekehrten Verhältnis steht zum Entwicklungsgrad der kapitalistischen Produktion, erscheint am meisten in der Geschichte des Zwischenhandels (carrying trade), wie bei Venezianern, Genuesern, Holländern etc., wo also der Hauptgewinn gemacht wird nicht durch Ausfuhr der eignen Landesprodukte, sondern durch Vermittlung des Austausches der Produkte kommerziell und sonst ökonomisch unentwickelter Gemeinwesen und durch Exploitation beider Produktionsländer.48 Hier ist das Kaufmannskapital rein, abgetrennt von den Extremen, den Produktionssphären, zwischen denen es vermittelt. Es ist dies eine Hauptquelle seiner Bildung. Aber dies Monopol des Zwischenhandels verfällt, und damit dieser Handel selbst, im selben Verhältnis wie die ökonomische Entwicklung der Völker fortschreitet, die es beiderseits exploitierte und deren Unentwickeltheit seine Existenzbasis war. Beim Zwischenhandel erscheint dies nicht nur als Verfall eines besondren Handelszweigs, sondern auch als Verfall des Übergewichts reiner Handelsvölker und ihres kommerziellen Reichtums überhaupt, der auf der Basis dieses Zwischenhandels beruhte. Es ist dies nur eine besondre Form, worin die Unterordnung des kommerziellen Kapitals unter das industrielle im Fortschritt der Entwicklung der kapitalistischen Produktion sich ausdrückt. Von der Art und Weise übrigens, wie das Kaufmannskapital da wirtschaftet, wo es direkt die Produktion beherrscht, bietet schlagendes Exempel nicht nur die Kolonialwirtschaft überhaupt (das sog. Kolonialsystem), sondern ganz speziell die Wirtschaft der alten Holländisch-Ostindischen Kompanie.
Da die Bewegung des kaufmännischen Kapitals G – W – G' ist, so wird der Profit des Kaufmanns erstens gemacht durch Akte, die nur innerhalb des Zirkulationsprozesses vorgehn, also gemacht in den zwei Akten des Kaufs und Verkaufs; und zweitens wird er realisiert im letzten Akt, dem Verkauf. Es ist also Veräußerungsprofit, profit upon alienation. Prima facie erscheint der reine, unabhängige Handelsprofit unmöglich, solange Produkte zu ihren Werten verkauft werden. Wohlfeil kaufen, um teuer zu verkaufen, ist das Gesetz des Handels. Also nicht der Austausch von Äquivalenten. Der Begriff des Werts ist insofern darin eingeschlossen, als die verschiednen Waren alle Wert und darum Geld sind; der Qualität nach gleichmäßig Ausdrücke der gesellschaftlichen Arbeit. Aber sie sind nicht gleiche Wertgrößen. Das quantitative Verhältnis, worin sich Produkte austauschen, ist zunächst ganz zufällig. Sie nehmen sofern Warenform an, daß sie überhaupt Austauschbare, d.h. Ausdrücke desselben Dritten sind. Der fortgesetzte Austausch und die regelmäßigere Reproduktion für den Austausch hebt diese Zufälligkeit mehr und mehr auf. Zunächst aber nicht für die Produzenten und Konsumenten, sondern für den Vermittler zwischen beiden, den Kaufmann, der die Geldpreise vergleicht und die Differenz einsteckt. Durch seine Bewegung selbst setzt er die Äquivalenz.
Das Handelskapital ist im Anfang bloß die vermittelnde Bewegung zwischen Extremen, die es nicht beherrscht, und Voraussetzungen, die es nicht schafft.
Wie aus der bloßen Form der Warenzirkulation, W – G – W, Geld nicht nur als Wertmaß und Zirkulationsmittel, sondern als absolute Form der Ware und damit des Reichtums, als Schatz hervorgeht und sein Beisichbleiben und Anwachsen als Geld zum Selbstzweck wird, so geht aus der bloßen Zirkulationsform des Kaufmannskapitals, G – W – G', das Geld, der Schatz, hervor als etwas, das sich durch bloße Veräußerung erhält und vermehrt.
Die Handelsvölker der Alten existierten wie die Götter des Epikur in den Intermundien der Welt oder vielmehr wie die Juden in den Poren der polnischen Gesellschaft. Der Handel der ersten selbständigen, großartig entwickelten Handelsstädte und Handelsvölker beruhte als reiner Zwischenhandel auf der Barbarei der produzierenden Völker, zwischen denen sie die Vermittler spielten.
In den Vorstufen der kapitalistischen Gesellschaft beherrscht der Handel die Industrie; in der modernen Gesellschaft umgekehrt. Der Handel wird natürlich mehr oder weniger zurückwirken auf die Gemeinwesen, zwischen denen er getrieben wird; er wird die Produktion mehr und mehr dem Tauschwert unterwerfen, indem er Genüsse und Subsistenz mehr abhängig macht vom Verkauf als vom unmittelbaren Gebrauch des Produkts. Er löst dadurch die alten Verhältnisse auf. Er vermehrt die Geldzirkulation. Er ergreift nicht mehr bloß den Überschuß der Produktion, sondern frißt nach und nach diese selbst an und macht ganze Produktionszweige von sich abhängig. Indes hängt diese auflösende Wirkung sehr ab von der Natur des produzierenden Gemeinwesens.
Solange das Handelskapital den Produktenaustausch unentwickelter Gemeinwesen vermittelt, erscheint der kommerzielle Profit nicht nur als Übervorteilung und Prellerei, sondern entspringt großenteils aus ihr. Abgesehn davon, daß es den Unterschied zwischen den Produktionspreisen verschiedner Länder ausbeutet (und in dieser Beziehung wirkt es hin auf die Ausgleichung und Festsetzung der Warenwerte), bringen es jene Produktionsweisen mit sich, daß das Kaufmannskapital sich einen überwiegenden Teil des Mehrprodukts aneignet, teils als Zwischenschieber zwischen Gemeinwesen, deren Produktion noch wesentlich auf den Gebrauchswert gerichtet ist und für deren ökonomische Organisation der Verkauf des überhaupt in Zirkulation tretenden Produktenteils, also überhaupt der Verkauf der Produkte zu ihrem Wert von untergeordneter Wichtigkeit ist; teils weil in jenen frühern Produktionsweisen die Hauptbesitzer des Mehrprodukts, mit denen der Kaufmann handelt, der Sklavenhalter, der feudale Grundherr, der Staat (z.B. der orientalische Despot) den genießenden Reichtum vorstellen, dem der Kaufmann Fallen stellt, wie schon A. Smith in der angeführten Stelle für die Feudalzeit richtig herausgewittert hat. Das Handelskapital in überwiegender Herrschaft stellt also überall ein System der Plünderung dar49, wie denn auch seine Entwicklung bei den Handelsvölkern der alten wie der neuern Zeit direkt mit gewaltsamer Plünderung, Seeraub, Sklavenraub, Unterjochung in Kolonien verbunden ist; so in Karthago, Rom, später bei Venezianern, Portugiesen, Holländern etc.
Die Entwicklung des Handels und des Handelskapitals entwickelt überall die Richtung der Produktion auf Tauschwert, vergrößert ihren Umfang, vermannigfacht und kosmopolisiert sie, entwickelt das Geld zum Weltgeld. Der Handel wirkt deshalb überall mehr oder minder auflösend auf die vorgefundenen Organisationen der Produktion, die in allen ihren verschiednen Formen hauptsächlich auf den Gebrauchswert gerichtet sind. Wieweit er aber die Auflösung der alten Produktionsweise bewirkt, hängt zunächst ab von ihrer Festigkeit und innern Gliederung. Und wohin dieser Prozeß der Auflösung ausläuft, d.h. welche neue Produktionsweise an Stelle der alten tritt, hängt nicht vom Handel ab, sondern vom Charakter der alten Produktionsweise selbst. In der antiken Welt resultiert die Wirkung des Handels und die Entwicklung des Kaufmannskapitals stets in Sklavenwirtschaft; je nach dem Ausgangspunkt auch nur in Verwandlung eines patriarchalischen, auf Produktion unmittelbarer Subsistenzmittel gerichteten Sklavensystems in ein auf Produktion von Mehrwert gerichtetes. In der modernen Welt dagegen läuft sie aus in die kapitalistische Produktionsweise. Es folgt hieraus, daß diese Resultate selbst noch durch ganz andre Umstände bedingt waren als durch die Entwicklung des Handelskapitals.
Es liegt in der Natur der Sache, daß, sobald städtische Industrie als solche sich von der agrikolen trennt, ihre Produkte von vornherein Waren sind und deren Verkauf also der Vermittlung des Handels bedarf. Die Anlehnung des Handels an die städtische Entwicklung und andrerseits die Bedingtheit der letztren durch den Handel sind soweit selbstverständlich. Jedoch hängt es hier durchaus von andren Umständen ab, wieweit industrielle Entwicklung damit Hand in Hand geht. Das alte Rom entwickelt schon in der spätern republikanischen Zeit das Kaufmannskapital höher als es je zuvor in der alten Welt bestanden hat, ohne irgendwelchen Fortschritt gewerblicher Entwicklung; während in Korinth und andren griechischen Städten Europas und Kleinasiens ein hochentwickeltes Gewerbe die Entwicklung des Handels begleitet. Andrerseits, im geraden Gegenteil zur städtischen Entwicklung und ihren Bedingungen, ist Handelsgeist und Entwicklung des Handelskapitals oft gerade nichtansässigen, nomadischen Völkern eigen.
Es unterliegt keinem Zweifel – und gerade diese Tatsache hat ganz falsche Anschauungen erzeugt –, daß im 16. und im 17. Jahrhundert die großen Revolutionen, die mit den geographischen Entdeckungen im Handel vorgingen und die Entwicklung des Kaufmannskapitals rasch steigerten, ein Hauptmoment bilden in der Förderung des Übergangs der feudalen Produktionsweise in die kapitalistische. Die plötzliche Ausdehnung des Weltmarkts, die Vervielfältigung der umlaufenden Waren, der Wetteifer unter den europäischen Nationen, sich der asiatischen Produkte und der amerikanischen Schätze zu bemächtigen, das Kolonialsystem, trugen wesentlich bei zur Sprengung der feudalen Schranken der Produktion. Indes entwickelte sich die moderne Produktionsweise, in ihrer ersten Periode, der Manufakturperiode, nur da, wo die Bedingungen dafür sich innerhalb des Mittelalters erzeugt hatten. Man vergleiche z.B. Holland mit Portugal.50 Und wenn im 16. und zum Teil noch im 17. Jahrhundert die plötzliche Ausdehnung des Handels und die Schöpfung eines neuen Weltmarkts einen überwiegenden Einfluß auf den Untergang der alten und den Aufschwung der kapitalistischen Produktionsweise ausübten, so geschah dies umgekehrt auf Basis der einmal geschaffnen kapitalistischen Produktionsweise. Der Weltmarkt bildet selbst die Basis dieser Produktionsweise. Andrerseits, die derselben immanente Notwendigkeit, auf stets größrer Stufenleiter zu produzieren, treibt zur beständigen Ausdehnung des Weltmarkts, so daß der Handel hier nicht die Industrie, sondern die Industrie beständig den Handel revolutioniert. Auch die Handelsherrschaft ist jetzt geknüpft an das größre oder geringre Vorwiegen der Bedingungen der großen Industrie. Man vergleiche z.B. England und Holland. Die Geschichte des Untergangs Hollands als herrschender Handelsnation ist die Geschichte der Unterordnung des Handelskapitals unter das industrielle Kapital. Die Hindernisse, die die innere Festigkeit und Gliederung vorkapitalistischer, nationaler Produktionsweisen der auflösenden Wirkung des Handels entgegensetzt, zeigt sich schlagend im Verkehr der Engländer mit Indien und China. Die breite Basis der Produktionsweise ist hier gebildet durch die Einheit kleiner Agrikultur und häuslicher Industrie, wobei noch in Indien die Form der auf Gemeineigentum am Boden beruhenden Dorfgemeinden hinzukommt, die übrigens auch in China die ursprüngliche Form war. In Indien wandten die Engländer zugleich ihre unmittelbare politische und ökonomische Macht, als Herrscher und Grundrentner, an, um diese kleinen ökonomischen Gemeinwesen zu sprengen.51 Soweit ihr Handel hier revolutionierend auf die Produktionsweise wirkt, ist es nur, soweit sie durch den niedrigen Preis ihrer Waren die Spinnerei und Weberei, die einen uralt-integrierenden Teil dieser Einheit der industriell-agrikolen Produktion bildet, vernichten und so die Gemeinwesen zerreißen. Selbst hier gelingt ihnen dies Auflösungswerk nur sehr allmählich. Noch weniger in China, wo die unmittelbare politische Macht nicht zu Hilfe kommt. Die große Ökonomie und Zeitersparung, die aus der unmittelbaren Verbindung von Ackerbau und Manufaktur hervorgehn, bieten hier hartnäckigsten Widerstand den Produkten der großen Industrie, in deren Preis die faux frais des sie überall durchlöchernden Zirkulationsprozesses eingehn. Im Gegensatz zum englischen Handel läßt dagegen der russische die ökonomische Grundlage der asiatischen Produktion unangetastet.52
Der Übergang aus der feudalen Produktionsweise macht sich doppelt. Der Produzent wird Kaufmann und Kapitalist, im Gegensatz zur agrikolen Naturalwirtschaft und zum zünftig gebundnen Handwerk der mittelalterlichen städtischen Industrie. Dies ist der wirklich revolutionierende Weg. Oder aber, der Kaufmann bemächtigt sich der Produktion unmittelbar. Sosehr der letztre Weg historisch als Übergang wirkt – wie z.B. der englische Clothier des 17. Jahrhunderts, der die Weber, die aber selbständig sind, unter seine Kontrolle bringt, ihnen ihre Wolle verkauft und ihr Tuch abkauft –, sowenig bringt er es an und für sich zur Umwälzung der alten Produktionsweise, die er vielmehr konserviert und als seine Voraussetzung beibehält. So z.B. war großenteils noch bis in die Mitte dieses Jahrhunderts der Fabrikant in der französischen Seidenindustrie, der englischen Strumpfwaren- und Spitzenindustrie bloß nominell Fabrikant, in Wirklichkeit bloßer Kaufmann, der die Weber in ihrer alten zersplitterten Weise fortarbeiten läßt und nur die Herrschaft des Kaufmanns ausübt, für den sie in der Tat arbeiten.53 Diese Manier steht überall der wirklichen kapitalistischen Produktionsweise im Wege und geht unter mit deren Entwicklung. Ohne die Produktionsweise umzuwälzen, verschlechtert sie nur die Lage der unmittelbaren Produzenten, verwandelt sie in bloße Lohnarbeiter und Proletarier unter schlechtern Bedingungen als die direkt unter das Kapital subsu mierten und eignet sich ihre Mehrarbeit auf Basis der alten Produktionsweise an. Etwas modifiziert besteht dasselbe Verhältnis bei einem Teil der Londoner handwerksmäßig betriebnen Möbelfabrikation. Sie wird namentlich in den Tower Hamlets auf sehr ausgebreitetem Fuß betrieben. Die ganze Produktion ist in sehr viele voneinander unabhängige Geschäftszweige geteilt. Das eine Geschäft macht bloß Stühle, das andre bloß Tische, das dritte bloß Schränke usw. Aber diese Geschäfte selbst werden mehr oder weniger handwerksmäßig betrieben, von einem kleinen Meister mit wenigen Gesellen. Dennoch ist die Produktion zu massenhaft, um direkt für Private zu arbeiten. Ihre Käufer sind die Besitzer von Möbelmagazinen. Am Sonnabend begibt sich der Meister zu ihnen und verkauft sein Produkt, wobei ganz so über den Preis geschachert wird wie im Pfandhaus über den Vorschuß auf dies oder jenes Stück. Diese Meister bedürfen des wöchentlichen Verkaufs, schon um für die nächste Woche wieder Rohmaterial kaufen und Arbeitslohn auszahlen zu können. Unter diesen Umständen sind sie eigentlich nur Zwischenschieber zwischen dem Kaufmann und ihren eignen Arbeitern. Der Kaufmann ist der eigentliche Kapitalist, der den größten Teil des Mehrwerts in die Tasche steckt.54 So ähnlich beim Übergang in die Manufaktur aus den Zweigen, die früher handwerksmäßig oder als Nebenzweige der ländlichen Industrie betrieben worden. Je nach der technischen Entwicklung, die dieser kleine Selbstbetrieb hat – wo er selbst schon Maschinen anwendet, die handwerksmäßigen Betrieb zulassen –, findet auch Übergang zur großen Industrie statt; die Maschine wird, statt mit der Hand, mit Dampf getrieben; wie dies z.B. in der letzten Zeit im englischen Strumpfwarengeschäft sich ereignet.
Es findet also ein dreifacher Übergang statt: Erstens, der Kaufmann wird direkt Industrieller; dies ist der Fall bei den auf den Handel gegründeten Gewerben, namentlich bei Luxusindustrien, welche von den Kaufleuten mitsamt den Rohstoffen und den Arbeitern aus der Fremde eingeführt werden, wie im fünfzehnten Jahrhundert in Italien aus Konstantinopel. Zweitens, der Kaufmann macht die kleinen Meister zu seinen Zwischenschiebern (middlemen) oder kauft auch direkt vom Selbstproduzenten; er läßt ihn nominell selbständig und läßt seine Produktionsweise unverändert. Drittens, der Industrielle wird Kaufmann und produziert direkt im großen für den Handel.
Im Mittelalter ist der Kaufmann bloß »Verleger«, wie Poppe richtig sagt, der sei es von den Zünftlern, sei es von den Bauern produzierten Waren. Der Kaufmann wird Industrieller oder vielmehr läßt die handwerksmäßige, besonders die ländliche kleine Industrie für sich arbeiten. Andrerseits wird der Produzent Kaufmann. Statt daß z.B. der Tuchwebermeister seine Wolle nach und nach in kleinen Portionen vom Kaufmann erhält und mit seinen Gesellen für diesen arbeitet, kauft er selbst Wolle oder Garn und verkauft sein Tuch an den Kaufmann. Die Produktionselemente gehn als von ihm selbstgekaufte Waren in den Produktionsprozeß ein. Und statt für den einzelnen Kaufmann zu produzieren oder für bestimmte Kunden, produziert der Tuchweber jetzt für die Handelswelt. Der Produzent ist selbst Kaufmann. Das Handelskapital verrichtet nur noch den Zirkulationsprozeß. Ursprünglich war der Handel Voraussetzung für die Verwandlung des zünftigen und ländlich-häuslichen Gewerbes und des feudalen Ackerbaus in kapitalistische Betriebe. Er entwickelt das Produkt zur Ware, teils indem er ihm einen Markt schafft, teils indem er neue Warenäquivalente und der Produktion neue Roh-und Hilfsstoffe zuführt und damit Produktionszweige eröffnet, die von vornherein auf den Handel gegründet sind, sowohl auf Produktion für den Markt und Weltmarkt wie auf Produktionsbedingungen, die aus dem Weltmarkt herstammen. Sobald die Manufaktur einigermaßen erstarkt, und noch mehr die große Industrie, schafft sie sich ihrerseits den Markt, erobert ihn durch ihre Waren. Jetzt wird der Handel Diener der industriellen Produktion, für die beständige Erweiterung des Markts Lebensbedingung ist. Eine stets ausgedehntere Massenproduktion überschwemmt den vorhandnen Markt und arbeitet daher stets an Ausdehnung dieses Markts, an Durchbrechung seiner Schranken. Was diese Massenproduktion beschränkt, ist nicht der Handel (soweit dieser nur existierende Nachfrage ausdrückt), sondern die Größe des funktionierenden Kapitals und die entwickelte Produktivkraft der Arbeit. Der industrielle Kapitalist hat beständig den Weltmarkt vor sich, vergleicht, und muß beständig vergleichen, seine eignen Kostpreise mit den Marktpreisen nicht nur der Heimat, sondern der ganzen Welt. Diese Vergleichung fällt in der frühern Periode fast ausschließlich den Kaufleuten zu und sichert so dem Handelskapital die Herrschaft über das industrielle.
Die erste theoretische Behandlung der modernen Produktionsweise – das Merkantilsystem – ging notwendig aus von den oberflächlichen Phänomenen des Zirkulationsprozesses, wie sie in der Bewegung des Handelskapitals verselbständigt sind, und griff daher nur den Schein auf. Teils weil das Handelskapital die erste freie Existenzweise des Kapitals überhaupt ist. Teils wegen des überwiegenden Einflusses, den es in der ersten Umwälzungsperiode der feudalen Produktion, der Entstehungsperiode der modernen Produktion ausübt. Die wirkliche Wissenschaft der modernen Ökonomie beginnt erst, wo die theoretische Betrachtung vom Zirkulationsprozeß zum Produktionsprozeß übergeht. Das zinstragende Kapital ist zwar auch uralte Form des Kapitals. Warum aber der Merkantilismus nicht von ihm ausgeht, sondern sich vielmehr polemisch dazu verhält, werden wir später sehn.
V. Spaltung des Profits in Zins und Unternehmergewinn. Das zinstragende Kapital.
21. Das zinstragende Kapital
Bei der ersten Betrachtung der allgemeinen oder Durchschnittsprofitrate (Abschnitt II dieses Buchs) hatten wir diese letztre noch nicht in ihrer fertigen Gestalt vor uns, indem die Ausgleichung noch bloß als Ausgleichung der in verschiednen Sphären angelegten industriellen Kapitale erschien. Dies wurde ergänzt im vorigen Abschnitt, wo die Teilnahme des Handelskapitals an dieser Ausgleichung und der merkantile Profit erörtert ward. Die allgemeine Profitrate und der Durchschnittsprofit stellten sich jetzt innerhalb engerer Grenzen dar als vorher. Im Fortgang der Entwicklung ist im Auge zu halten, daß, wenn wir fernerhin von allgemeiner Profitrate oder Durchschnittsprofit sprechen, dies in der letztren Fassung geschieht, also bloß mit Bezug auf die fertige Gestalt der Durchschnittsrate. Da diese nunmehr für das industrielle und merkantile Kapital dieselbe ist, ist es auch nicht weiter nötig, soweit es sich nur um diesen Durchschnittsprofit handelt, einen Unterschied zwischen industriellem und kommerziellem Profit zu machen. Ob das Kapital innerhalb der Produktionssphäre industriell oder in der Zirkulationssphäre merkantil angelegt, es wirft pro rata seiner Größe denselben jährlichen Durchschnittsprofit ab.
Geld – hier genommen als selbständiger Ausdruck einer Wertsumme, ob sie tatsächlich in Geld oder Waren existiere – kann auf Grundlage der kapitalistischen Produktion in Kapital verwandelt werden und wird durch diese Verwandlung aus einem gegebnen Wert zu einem sich selbst verwertenden, sich vermehrenden Wert. Es produziert Profit, d.h. es befähigt den Kapitalisten, ein bestimmtes Quantum unbezahlter Arbeit, Mehrprodukt und Mehrwert, aus den Arbeitern herauszuziehn und sich anzueignen. Damit erhält es, außer dem Gebrauchswert, den es als Geld besitzt, einen zusätzlichen Gebrauchswert, nämlich den, als Kapital zu fungieren. Sein Gebrauchswert besteht hier eben in dem Profit, den es, in Kapital verwandelt, produziert. In dieser Eigenschaft als mögliches Kapital, als Mittel zur Produktion des Profits, wird es Ware, aber eine Ware sui generis. Oder was auf dasselbe herauskommt, Kapital als Kapital wird zur Ware.55
Gesetzt, die jährliche Durchschnittsprofitrate sei 20%. Eine Maschine im Wert von 100 Pfd. St. würde dann, unter den Durchschnittsbedingungen und mit dem Durchschnittsverhältnis von Intelligenz und zweckmäßiger Tätigkeit als Kapital verwandt, einen Profit von 20 Pfd. St. abwerfen. Ein Mann also, der 100 Pfd. St. zur Verfügung hat, hält in seiner Hand die Macht, aus 100 Pfd. St. 120 zu machen oder einen Profit von 20 Pfd. St. zu produzieren. Er hält in seiner Hand ein mögliches Kapital von 100 Pfd. St. Überläßt dieser Mann für ein Jahr die 100 Pfd. St. einem andern, der sie wirklich als Kapital anwendet, so gibt er ihm die Macht, 20 Pfd. St. Profit zu produzieren, einen Mehrwert, der ihm nichts kostet, wofür er kein Äquivalent zahlt. Wenn dieser Mann dem Eigner der 100 Pfd. St. am Jahresschluß vielleicht 5 Pfd. St. zahlt, d.h. einen Teil des produzierten Profits, so zahlt er damit den Gebrauchswert der 100 Pfd. St., den Gebrauchswert ihrer Kapitalfunktion, der Funktion, 20 Pfd. St. Profit zu produzieren. Der Teil des Profits, den er ihm zahlt, heißt Zins, was also nichts ist als ein besondrer Name, eine besondre Rubrik für einen Teil des Profits, den das fungierende Kapital, statt in die eigne Tasche zu stecken, an den Eigner des Kapitals wegzuzahlen hat.
Es ist klar, daß der Besitz der 100 Pfd. St. ihrem Eigner die Macht gibt, den Zins, einen gewissen Teil des durch sein Kapital produzierten Profits, an sich zu ziehn. Gäbe er dem andern die 100 Pfd. St. nicht, so könnte dieser den Profit nicht produzieren, überhaupt nicht mit Beziehung auf diese 100 Pfd. St. als Kapitalist fungieren.56
Mit Gilbart (siehe Note) von natürlicher Gerechtigkeit hier zu reden, ist Unsinn. Die Gerechtigkeit der Transaktionen, die zwischen den Produktionsagenten vorgehn, beruht darauf, daß diese Transaktionen aus den Produktionsverhältnissen als natürliche Konsequenz entspringen. Die juristischen Formen, worin diese ökonomischen Transaktionen als Willenshandlungen der Beteiligten, als Äußerungen ihres gemeinsamen Willens und als der Einzelpartei gegenüber von Staats wegen erzwingbare Kontrakte erscheinen, können als bloße Formen diesen Inhalt selbst nicht bestimmen. Sie drücken ihn nur aus. Dieser Inhalt ist gerecht, sobald er der Produktionsweise entspricht, ihr adäquat ist. Er ist ungerecht, sobald er ihr widerspricht. Sklaverei, auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise, ist ungerecht; ebenso der Betrug auf die Qualität der Ware.
Die 100 Pfd. St. produzieren dadurch den Profit von 20 Pfd. St., daß sie als Kapital fungieren, sei es als industrielles oder merkantiles. Aber das sine qua non dieser Funktion als Kapital ist, daß sie als Kapital verausgabt werden, das Geld also ausgelegt wird im Ankauf von Produktionsmitteln (beim industriellen Kapital) oder von Ware (beim merkantilen Kapital). Aber um verausgabt zu werden, muß es da sein. Wenn A, der Eigner der 100 Pfd. St., sie entweder zu seiner Privatkonsumtion verausgabte oder sie als Schatz bei sich behielte, könnten sie von B, dem fungierenden Kapitalisten, nicht als Kapital verausgabt werden. Er verausgabt nicht sein Kapital, sondern das von A; aber er kann das Kapital von A nicht verausgaben ohne den Willen von A. In der Tat ist es also A, der ursprünglich die 100 Pfd. St. als Kapital verausgabt, obgleich sich auf diese Verausgabung der 100 Pfd. St. als Kapital seine ganze Funktion als Kapitalist beschränkt. Soweit diese 100 Pfd. St. in Betracht kommen, fungiert B nur als Kapitalist, weil A ihm die 100 Pfd. St. überläßt und sie daher als Kapital verausgabt.
Betrachten wir zunächst die eigentümliche Zirkulation des zinstragenden Kapitals. Es ist dann in zweiter Instanz zu untersuchen die eigne Art, wie es als Ware verkauft wird, nämlich verliehen statt ein für allemal abgetreten.
Der Ausgangspunkt ist das Geld, das A dem B vorschießt. Es kann dies mit oder ohne Unterpfand geschehn; die erstere Form ist jedoch die altertümlichere, mit Ausnahme der Vorschüsse auf Waren oder auf Schuldpapiere wie Wechsel, Aktien etc. Diese besondren Formen gehn uns hier nichts an. Wir haben es hier mit dem zinstragenden Kapital in seiner gewöhnlichen Form zu tun.
In der Hand von B wird das Geld wirklich in Kapital verwandelt, macht die Bewegung G – W – G' durch und kehrt dann als G' zu A zurück, als G + ΔG, wo ΔG den Zins vorstellt. Der Vereinfachung halber sehen wir hier einstweilen von dem Fall ab, wo das Kapital auf längre Zeit in der Hand von B bleibt und die Zinsen terminsweise gezahlt werden.
Die Bewegung ist also:
Was hier verdoppelt erscheint, ist 1. die Verausgabung des Geldes als Kapital, 2. sein Rückfluß als realisiertes Kapital, als G' oder G + ΔG.
In der Bewegung des Handelskapitals G – W – G' wechselt dieselbe Ware zweimal oder, wenn Kaufmann an Kaufmann verkauft, mehrmal die Hände; aber jeder solcher Stellenwechsel derselben Ware zeigt eine Metamorphose an, Kauf oder Verkauf der Ware, sooft sich auch dieser Prozeß bis zu ihrem definitiven Fall in die Konsumtion wiederholen mag.
Andrerseits in W – G – W findet zweimaliger Stellenwechsel desselben Geldes statt, zeigt aber die vollständige Metamorphose der Ware an, die erst in Geld und dann aus Geld wieder in eine andre Ware verwandelt wird.
Dagegen bei dem zinstragenden Kapital ist der erste Stellenwechsel von G durchaus kein Moment, weder der Warenmetamorphose noch der Reproduktion des Kapitals. Dies wird es erst bei der zweiten Verausgabung, in der Hand des fungierenden Kapitalisten, der Handel damit treibt oder es in produktives Kapital verwandelt. Der erste Stellenwechsel von G drückt hier nichts aus als seine Übertragung oder Übermachung von A an B; eine Übertragung, die unter gewissen juristischen Formen und Vorbehalten zu geschehn pflegt.
Dieser doppelten Verausgabung des Geldes als Kapital, wovon die erste bloße Übertragung von A auf B ist, entspricht sein doppelter Rückfluß. Als G' oder G + ΔG fließt es zurück aus der Bewegung an den fungierenden Kapitalisten B. Dieser überträgt es dann wieder an A, aber zugleich mit einem Teil des Profits, als realisiertes Kapital, als G + ΔG, wo ΔG nicht gleich dem ganzen Profit, sondern nur ein Teil des Profits, der Zins ist. Zu B fließt es zurück nur als was er es ausgegeben hat, als fungierendes Kapital, aber als das Eigentum von A. Damit sein Rückfluß vollständig sei, hat B es daher wieder an A zu übertragen. Außer der Kapitalsumme aber hat B einen Teil des Profits, den er mit dieser Kapitalsumme gemacht hat, unter dem Namen Zins an A abzugeben, da dieser ihm das Geld nur gegeben hat als Kapital, d.h. als Wert, der sich nicht nur erhält in der Bewegung, sondern seinem Eigner einen Mehrwert schafft. Es bleibt in der Hand von B nur, solange es fungierendes Kapital ist. Und mit seinem Rückfluß – nach der abgemachten Frist – hört es auf, als Kapital zu fungieren. Als nicht länger fungierendes Kapital aber muß es wieder rückübertragen werden an A, der nicht aufgehört hat, der juristische Eigentümer desselben zu sein.
Die Form des Leihens, die dieser Ware, dem Kapital als Ware eigentümlich ist, übrigens auch in andren Transaktionen vorkommt, statt der Form des Verkaufens, ergibt sich schon aus der Bestimmung, daß Kapital hier als Ware auftritt oder daß Geld als Kapital zur Ware wird.
Man muß hier unterscheiden.
Wir haben gesehn (Buch II, Kap. I) und rufen hier kurz ins Gedächtnis zurück, daß das Kapital im Zirkulationsprozeß als Warenkapital und Geldkapital fungiert. Aber in beiden Formen wird das Kapital nicht als Kapital zur Ware.
Sobald sich das produktive Kapital in Warenkapital verwandelt hat, muß es auf den Markt geworfen, als Ware verkauft werden. Hier fungiert es einfach als Ware. Der Kapitalist erscheint hier nur als Verkäufer von Ware, wie der Käufer als Käufer von Ware. Als Ware muß das Produkt im Zirkulationsprozeß, durch seinen Verkauf, seinen Wert realisieren, seine verwandelte Gestalt als Geld annehmen. Es ist deswegen auch ganz gleichgültig, ob diese Ware von einem Konsumenten als Lebensmittel oder von einem Kapitalisten als Produktionsmittel, als Kapitalbestandteil, gekauft wird. Im Zirkulationsakt fungiert das Waren kapital nur als Ware, nicht als Kapital. Es ist Warenkapital im Unterschied von einfacher Ware, 1. weil es bereits mit Mehrwert geschwängert ist, die Realisierung seines Werts also zugleich Realisierung von Mehrwert ist; dies ändert aber nichts an seinem einfachen Dasein als Ware, als Produkt von bestimmtem Preis; 2. weil diese seine Funktion als Ware ein Moment seines Reproduktionsprozesses als Kapital ist und daher seine Bewegung als Ware, weil nur Teilbewegung seines Prozesses, zugleich seine Bewegung als Kapital ist; sie wird dies aber nicht durch den Akt des Verkaufens selbst, sondern nur durch den Zusammenhang dieses Akts mit der Gesamtbewegung dieser bestimmten Wertsumme als Kapital.
Ebenso als Geldkapital wirkt es in der Tat nur einfach als Geld, d.h. als Kaufmittel von Ware (den Produktionselementen). Daß dies Geld hier zugleich Geldkapital, eine Form des Kapitals ist, geht nicht hervor aus dem Akt des Kaufens, aus der wirklichen Funktion, die es hier als Geld verrichtet; sondern aus dem Zusammenhang dieses Akts mit der Gesamtbewegung des Kapitals, indem dieser Akt, den es als Geld verrichtet, den kapitalistischen Produktionsprozeß einleitet.
Aber soweit sie wirklich fungieren, wirklich im Prozeß ihre Rolle spielen, wirkt hier Warenkapital nur als Ware, Geldkapital nur als Geld. In keinem einzelnen Moment der Metamorphose, für sich betrachtet, verkauft der Kapitalist die Ware als Kapital an den Käufer, obgleich sie für ihn Kapital vorstellt, oder veräußert er das Geld als Kapital an den Verkäufer. In beiden Fällen veräußert er die Ware einfach als Ware und das Geld einfach als Geld, als Kaufmittel von Ware.
Es ist nur in dem Zusammenhang des ganzen Verlaufs, in dem Moment, wo der Ausgangspunkt zugleich als Punkt der Rückkehr erscheint, in G – G' oder W' – W', daß das Kapital im Zirkulationsprozeß als Kapital auftritt (während es im Produktionsprozeß als Kapital auftritt durch die Unterordnung des Arbeiters unter den Kapitalisten und die Produktion des Mehrwerts). In diesem Moment der Rückkehr aber ist die Vermittlung verschwunden. Was da ist, ist G' oder G + ΔG (ob die um ΔG vermehrte Wertsumme nun in der Form des Geldes oder der Ware oder der Produktionselemente existiere), eine Geldsumme gleich der ursprünglich vorgeschoßnen Geldsumme plus einem Überschuß darüber, dem realisierten Mehrwert. Und gerade in diesem Rückkehrpunkt, wo das Kapital als realisiertes Kapital, als verwerteter Wert existiert, in dieser Form – soweit er als Ruhepunkt fixiert wird, imaginär oder wirklich – tritt das Kapital nie in Zirkulation, sondern erscheint vielmehr aus der Zirkulation zurückgezogen, als Resultat des ganzen Prozesses. Sobald es wieder verausgabt wird, wird es nie als Kapital an einen dritten veräußert, sondern als einfache Ware an ihn verkauft oder ihm als einfaches Geld für Ware hingegeben. Es erscheint in seinem Zirkulationsprozeß nie als Kapital, sondern nur als Ware oder Geld, und dies ist hier sein einziges Dasein für andre. Ware und Geld sind hier nur Kapital, nicht soweit die Ware sich in Geld, das Geld sich in Ware verwandelt, nicht in ihren wirklichen Beziehungen zum Käufer oder Verkäufer, sondern bloß in ihren ideellen Beziehungen, entweder zum Kapitalisten selbst (subjektiv betrachtet) oder als Momente des Reproduktionsprozesses (objektiv betrachtet). Als Kapital existiert das Kapital, in der wirklichen Bewegung, nicht im Zirkulationsprozeß, sondern nur im Produktionsprozeß, im Ausbeutungsprozeß der Arbeitskraft.
Anders aber verhält es sich mit dem zinstragenden Kapital, und grade dies bildet seinen spezifischen Charakter. Der Geldbesitzer, der sein Geld als zinstragendes Kapital verwerten will, veräußert es an einen dritten, wirft es in Zirkulation, macht es zur Ware als Kapital; nicht nur als Kapital für ihn selbst, sondern auch für andre; es ist nicht bloß Kapital für den, der es veräußert, sondern es wird dem dritten von vornherein als Kapital ausgehändigt, als Wert, der den Gebrauchswert besitzt, Mehrwert, Profit zu schaffen; als ein Wert, der sich in der Bewegung forterhält und zu seinem ursprünglichen Ausgeber, hier dem Geldbesitzer, nachdem er fungiert hat, zurückkehrt; also sich nur für eine Zeitlang von ihm entfernt, aus dem Besitz seines Eigentümers nur zeitweilig in den Besitz des fungierenden Kapitalisten tritt, also weder weggezahlt noch verkauft, sondern nur ausgeliehen wird; nur entäußert wird, unter der Bedingung, nach einer bestimmten Zeitfrist erstens zu seinem Ausgangspunkt zurückzukehren, zweitens aber als realisiertes Kapital zurückzukehren, so daß es seinen Gebrauchswert, Mehrwert zu produzieren, realisiert hat.
Ware, die als Kapital verliehen wird, wird nach ihrer Beschaffenheit als fixes oder zirkulierendes Kapital verliehen. Das Geld kann in beiden Formen verliehen werden, als fixes Kapital z.B., wenn es in der Form der Leibrente zurückgezahlt wird, so daß mit dem Zins immer auch ein Stück Kapital zurückfließt. Gewisse Waren können der Natur ihres Gebrauchswerts nach immer nur als fixes Kapital verliehen werden, wie Häuser, Schiffe, Maschinen usw. Aber alles verliehene Kapital, welches immer seine Form und wie die Rückzahlung durch die Natur seines Gebrauchswerts modifiziert sein mag, ist immer nur eine besondre Form des Geldkapitals. Denn was hier verliehen wird, ist immer eine bestimmte Geldsumme, und auf diese Summe wird denn auch der Zins berechnet. Ist das, was ausgeliehen wird, weder Geld noch zirkulierendes Kapital, so wird es auch zurückgezahlt in der Weise, wie fixes Kapital zurückfließt. Der Verleiher erhält periodisch Zins und einen Teil des verbrauchten Werts des fixen Kapitals selbst, ein Äquivalent für den periodischen Verschleiß. Und am Ende der Frist kehrt der unverbrauchte Teil des verliehenen fixen Kapitals in natura zurück. Ist das verliehene Kapital zirkulierendes Kapital, so kehrt es ebenfalls dem Verleiher zurück in der Rückflußweise des zirkulierenden Kapitals.
Die Art des Rückflusses ist also jedesmal bestimmt durch die wirkliche Kreisbewegung des sich reproduzierenden Kapitals und seiner besondren Arten. Aber für das verliehene Kapital nimmt der Rückfluß die Form der Rückzahlung an, weil der Vorschuß, die Entäußerung desselben, die Form des Verleihens hat.
In diesem Kapitel behandeln wir nur das eigentliche Geldkapital, wovon die andren Formen des verliehenen Kapitals abgeleitet sind.
Das ausgeliehene Kapital fließt doppelt zurück; im Reproduktionsprozeß kehrt es zum fungierenden Kapitalisten zurück, und dann wiederholt sich die Rückkehr noch einmal als Übertragung auf den Verleiher, den Geldkapitalisten, als Rückzahlung an seinen wirklichen Eigentümer, seinen juristischen Ausgangspunkt.
Im wirklichen Zirkulationsprozeß erscheint das Kapital immer nur als Ware oder Geld, und seine Bewegung löst sich in eine Reihe von Käufen und Verkäufen auf. Kurz, der Zirkulationsprozeß löst sich auf in die Metamorphose der Ware. Anders, wenn wir das Ganze des Reproduktionsprozesses betrachten. Gehn wir vom Geld aus (und es ist dasselbe, wenn wir von der Ware ausgehn, da wir dann von ihrem Wert ausgehn, sie also selbst sub specie des Geldes betrachten), so ist eine Geldsumme ausgegeben und kehrt nach einer gewissen Periode mit einem Inkrement zurück. Der Ersatz für die vorgeschoßne Geldsumme kehrt zurück plus einem Mehrwert. Sie hat sich erhalten und vermehrt im Durchlaufen einer gewissen Kreisbewegung. Nun wird aber das Geld, soweit es als Kapital verliehen wird, eben als diese sich erhaltende und sich vermehrende Geldsumme ausgeliehen, die nach einer gewissen Periode mit Zusatz zurückkehrt und stets von neuem denselben Prozeß durchmachen kann. Es wird weder als Geld noch als Ware ausgegeben, also weder ausgetauscht gegen Ware, wenn es als Geld vorgeschossen wird, noch verkauft gegen Geld, wenn es als Ware vorgeschossen wird; sondern es wird ausgegeben als Kapital. Das Verhältnis zu sich selbst, als welches das Kapital sich darstellt, wenn man den kapitalistischen Produktionsprozeß als Ganzes und Einheit anschaut, und worin das Kapital als Geld heckendes Geld auftritt, wird hier ohne die vermittelnde Zwischenbewegung einfach als sein Charakter, als seine Bestimmtheit ihm einverleibt. Und in dieser Bestimmtheit wird es veräußert, wenn es als Geldkapital verliehen wird.
Eine absonderliche Auffassung der Rolle des Geldkapitals ist die von Proudhon (»Gratuité du Crédit. Discussion entre M. F. Bastiat et M. Proudhon«, Paris 1850). Leihen scheint Proudhon deswegen vom Übel, weil es nicht Verkaufen ist. Das auf Zins Leihen
»est la faculté de vendre toujours de nouveau le même objet, et d'en recevoir toujours de nouveau le prix sans jamais céder la propriété de ce qu'on vend«.(p.9.)
Der Gegenstand, Geld, Haus etc. wechselt nicht den Eigentümer, wie bei Kauf und Verkauf. Aber Proudhon sieht nicht, daß beim Weggeben des Geldes in Form von zinstragendem Kapital kein Äquivalent dafür zurückerhalten ist. In jedem Akt des Kaufs und Verkaufs, soweit überhaupt Austauschprozesse stattfinden, wird allerdings das Objekt weggegeben. Das Eigentum des verkauften Gegenstands tritt man immer ab. Aber man gibt nicht den Wert weg. Beim Verkauf wird die Ware weggegeben, aber nicht ihr Wert, der in der Form von Geld oder, was hier nur eine andre Form dafür, von Schuldschein oder Zahlungstitel zurückgegeben wird. Beim Kauf wird das Geld weggegeben, aber nicht sein Wert, der in der Form der Ware ersetzt wird. Während des ganzen Reproduktionsprozesses hält der industrielle Kapitalist denselben Wert in seiner Hand (abgesehn vom Mehrwert), nur in verschiednen Formen.
Soweit Austausch, d.h. Austausch von Gegenständen stattfindet, findet kein Wertwechsel statt. Derselbe Kapitalist hält immer denselben Wert in der Hand. Soweit aber Mehrwert vom Kapitalisten produziert wird, findet kein Austausch statt; sobald Austausch stattfindet, steckt der Mehrwert bereits in den Waren. Sobald wir nicht die einzelnen Austauschakte betrachten, sondern den Gesamtkreislauf des Kapitals, G – W – G', wird beständig eine bestimmte Wertsumme vorgeschossen und diese Wertsumme plus dem Mehrwert oder Profit aus der Zirkulation zurückgezogen. Die Vermittlung dieses Prozesses ist allerdings in den bloßen Austauschakten nicht sichtbar. Und es ist gerade dieser Prozeß von G als Kapital, worauf der Zins des verleihenden Geldkapitalisten beruht, woraus er entspringt.
»In der Tat«, sagt Proudhon, »der Hutmacher, der Hüte verkauft... erhält dafür den Wert, nicht mehr und nicht weniger. Aber der verleihende Kapitalist... empfängt nicht nur sein Kapital unverkürzt zurück; er empfängt mehr als das Kapital, mehr als er in den Austausch wirft; er empfängt über das Kapital hinaus einen Zins.« (p. 69.)
Der Hutmacher vertritt hier den produktiven Kapitalisten im Gegensatz zum verleihenden. Proudhon ist offenbar nicht hinter das Geheimnis gekommen, wie der produktive Kapitalist Ware zu ihrem Wert verkaufen kann (die Ausgleichung zu Produktionspreisen ist hier, für seine Fassung, gleichgültig) und ebendadurch einen Profit empfängt über das Kapital hinaus, das er in den Austausch wirft. Gesetzt, der Produktionspreis von 100 Hüten sei = 115 Pfd. St., und dieser Produktionspreis sei zufällig gleich dem Wert der Hüte, also das Kapital, das die Hüte produziert, von gesellschaftlicher Durchschnittszusammensetzung. Ist der Profit = 15%, so realisiert der Hutmacher einen Profit von 15 Pfd. St. dadurch, daß er die Waren zu ihrem Wert von 115 verkauft. Ihm kosten sie nur 100 Pfd. St. Hat er mit seinem eignen Kapital produziert, so steckt er den Überschuß von 15 Pfd. St. ganz in die Tasche; wenn mit geliehenem, hat er vielleicht 5 Pfd. St. davon abzugeben als Zins. Es ändert dies nichts am Wert der Hüte, sondern nur an der Verteilung des in diesem Wert schon steckenden Mehrwerts unter verschiedne Personen. Da also der Wert der Hüte durch das Zinszahlen nicht affiziert wird, so ist es Unsinn, wenn Proudhon sagt:
»Da sich im Handel der Zins des Kapitals dem Lohn des Arbeiters hinzufügt, um den Preis der Ware zusammenzusetzen, so ist es unmöglich, daß der Arbeiter das Produkt seiner eignen Arbeit zurückkaufen kann. Vivre en travaillant ist ein Prinzip, das, unter der Herrschaft des Zinses, einen Widerspruch einschließt.« (p. 105.)57
Wie wenig Proudhon die Natur des Kapitals verstanden hat, zeigt folgender Satz, worin er die Bewegung des Kapitals überhaupt als eine dem zinstragenden Kapital eigentümliche Bewegung beschreibt:
»Comme, par l'accumulation des intérêts, le capital-argent, d'échange en échange, revient toujours à sa source, il s'ensuit que la relocation toujours faite par la même main, profite toujours au même personnage.« [p. 154.]
Was ist es nun, das ihm in der eigentümlichen Bewegung des zinstragenden Kapitals rätselhaft bleibt? Die Kategorien: Kaufen, Preis, Gegenstände abtreten, und die unvermittelte Form, worin hier der Mehrwert erscheint; kurz das Phänomen, daß hier Kapital als Kapital zur Ware geworden ist, daß daher das Verkaufen in Leihen, der Preis in einen Anteil am Profit sich verwandelt hat.
Die Rückkehr des Kapitals zu seinem Ausgangspunkt ist überhaupt die charakteristische Bewegung des Kapitals in seinem Gesamtkreislauf. Dies zeichnet keineswegs nur das zinstragende Kapital aus. Was es auszeichnet, ist die äußerliche, vom vermittelnden Kreislauf losgetrennte Form der Rückkehr. Der verleihende Kapitalist gibt sein Kapital weg, überträgt es an den industriellen Kapitalisten, ohne ein Äquivalent zu erhalten. Sein Weggeben ist überhaupt kein Akt des wirklichen Kreislaufsprozesses des Kapitals, sondern leitet nur diesen, durch den industriellen Kapitalisten zu bewirkenden Kreislauf ein. Dieser erste Stellenwechsel des Geldes drückt keinen Akt der Metamorphose, weder Kauf noch Verkauf aus. Das Eigentum wird nicht abgetreten, weil kein Austausch vorgeht, kein Äquivalent empfangen wird. Die Rückkehr des Geldes aus der Hand des industriellen Kapitalisten in die Hand des verleihenden ergänzt bloß den ersten Akt des Weggebens des Kapitals. In Geldform vorgeschossen, kehrt das Kapital durch den Kreislaufsprozeß zum industriellen Kapitalisten wieder in Geldform zurück. Aber da das Kapital ihm nicht bei der Ausgabe gehörte, kann es ihm nicht gehören bei der Rückkehr. Der Durchgang durch den Reproduktionsprozeß kann unmöglich dies Kapital in sein Eigentum verwandeln. Er hat es also zurückzuerstatten an den Verleiher. Die erste Verausgabung, die das Kapital aus der Hand des Verleihers in die des Anleihers überträgt, ist eine juristische Transaktion, die mit dem wirklichen Reproduktionsprozeß des Kapitals nichts zu tun hat, ihnA25 nur einleitet. Die Rückzahlung, die das zurückgefloßne Kapital wieder aus der Hand des Anleihers in die des Verleihers überträgt, ist eine zweite juristische Transaktion, die Ergänzung der ersten; die eine leitet den wirklichen Prozeß ein, die andre ist ein nachträglicher Akt nach demselben. Ausgangspunkt und Rückkehrpunkt, Weggabe und Rückerstattung des verliehenen Kapitals erscheinen also als willkürliche, durch juristische Transaktionen vermittelte Bewegungen, die vor und nach der wirklichen Bewegung des Kapitals vorgehn und mit ihr selbst nichts zu tun haben. Für diese wäre es gleichgültig, wenn das Kapital von vornherein dem industriellen Kapitalisten gehörte und als sein Eigentum daher nur zu ihm zurückflösse.
Im ersten einleitenden Akt gibt der Verleiher sein Kapital an den Anleiher weg. Im zweiten nachträglichen und Schlußakt gibt der Anleiher das Kapital an den Verleiher zurück. Soweit nur die Transaktion zwischen beiden in Betracht kommt – und einstweilen abgesehn vom Zins –, soweit es sich also nur um die Bewegung des geliehenen Kapitals selbst zwischen Verleiher und Anleiher handelt, umfassen diese beiden Akte (getrennt durch eine längere oder kürzere Zeit, worin die wirkliche Reproduktionsbewegung des Kapitals fällt) das Ganze dieser Bewegung. Und diese Bewegung: Weggeben unter der Bedingung der Rückerstattung, ist überhaupt die Bewegung des Verleihens und Anleihens, dieser spezifischen Form der nur bedingungsweisen Veräußerung von Geld oder Ware.
Die charakteristische Bewegung des Kapitals überhaupt, die Rückkehr des Geldes zum Kapitalisten, die Rückkehr des Kapitals zu seinem Ausgangspunkt, erhält im zinstragenden Kapital eine ganz äußerliche, von der wirklichen Bewegung, deren Form sie ist, getrennte Gestalt. A gibt sein Geld weg, nicht als Geld, sondern als Kapital. Es geht hier keine Veränderung mit dem Kapital vor. Es wechselt nur die Hände. Seine wirkliche Verwandlung in Kapital vollzieht sich erst in der Hand von B. Aber für A ist es Kapital geworden durch die bloße Weggabe an B. Der wirkliche Rückfluß des Kapitals aus dem Produktions- und Zirkulationsprozeß findet nur statt für B. Aber für A findet der Rückfluß statt in derselben Form wie die Veräußerung. Es geht von der Hand von B wieder in die von A zurück. Weggeben, Verleihen von Geld für eine gewisse Zeit und Rückempfang desselben mit Zins (Mehrwert) ist die ganze Form der Bewegung, die dem zinstragenden Kapital als solchem zukommt. Die wirkliche Bewegung des ausgeliehenen Geldes als Kapital ist eine Operation, die jenseits der Transaktionen zwischen Verleihern und Anleihern liegt. In diesen selbst ist diese Vermittlung ausgelöscht, nicht sichtbar, nicht unmittelbar einbegriffen. Als Ware eigner Art besitzt das Kapital auch eine eigentümliche Art der Veräußerung. Die Rückkehr drückt sich daher hier auch nicht aus als Konsequenz und Resultat einer bestimmten Reihe ökonomischer Vorgänge, sondern als Folge einer speziellen juristischen Abmachung zwischen Käufer und Verkäufer. Die Zeit des Rückflusses hängt ab vom Verlauf des Reproduktionsprozesses; beim zinstragenden Kapital scheint seine Rückkehr als Kapital von der bloßen Übereinkunft zwischen Verleiher und Anleiher abzuhängen. So daß der Rückfluß des Kapitals mit Bezug auf diese Transaktion nicht mehr als durch den Produktionsprozeß bestimmtes Resultat erscheint, sondern so, als ob die Form des Geldes dem ausgeliehenen Kapital nie verlorengegangen wäre. Allerdings sind tatsächlich diese Transaktionen durch die wirklichen Rückflüsse bestimmt. Aber dies erscheint nicht in der Transaktion selbst. Es ist auch in der Praxis keineswegs stets der Fall. Findet der wirkliche Rückfluß nicht rechtzeitig statt, so muß der Anleiher zusehn, aus welchen sonstigen Hilfsquellen er seinen Verpflichtungen gegen den Verleiher nachkommt. Die bloße Form des Kapitals – Geld, das als Summe A ausgegeben wird und als Summe A + 1/x A zurückkehrt, in einem gewissen Zeitraum, ohne irgendeine andre Vermittlung, außer diesem zeitlichen Zwischenraum – ist nur die begriffslose Form der wirklichen Kapitalbewegung.
In der wirklichen Bewegung des Kapitals ist die Rückkehr ein Moment des Zirkulationsprozesses. Erst wird das Geld in Produktionsmittel verwandelt; der Produktionsprozeß verwandelt es in Ware; durch den Verkauf der Ware wird es rückverwandelt in Geld und kehrt in dieser Form zurück in die Hand des Kapitalisten, der das Kapital zuerst in Geldform vorgeschossen hatte. Aber beim zinstragenden Kapital ist Rückkehr wie Weggabe bloß Resultat einer juristischen Transaktion zwischen dem Eigentümer des Kapitals und einer zweiten Person. Wir sehn nur Weggabe und Rückzahlung. Alles, was dazwischen vorgeht, ist ausgelöscht.
Aber weil das Geld, als Kapital vorgeschossen, die Eigenschaft hat, zu seinem Vorschießer, zu dem, der es als Kapital verausgabt, zurückzukehren, weil G – W – G' die immanente Form der Kapitalbewegung ist, grade deshalb kann der Geldbesitzer es als Kapital verleihen, als etwas, das die Eigenschaft besitzt, zu seinem Ausgangspunkt zurückzukehren, sich in der Bewegung, die es durchläuft, als Wert zu erhalten und zu vermehren. Er gibt es als Kapital weg, weil, nachdem es als Kapital verwandt, es zurückfließt zu seinem Ausgangspunkt, also vom Anleiher nach einer gewissen Zeit zurückerstattet werden kann, eben weil es ihm selbst zurückfließt.
Die Verleihung von Geld als Kapital – seine Weggabe unter Bedingung der Rückerstattung nach gewisser Zeit – hat also zur Voraussetzung, daß das Geld wirklich als Kapital verwandt wird, wirklich zurückfließt zu seinem Ausgangspunkt. Die wirkliche Kreislaufsbewegung des Geldes als Kapital ist also Voraussetzung der juristischen Transaktion, wonach der Anleiher das Geld an den Verleiher zurückzugeben hat. Legt der Anleiher das Geld nicht als Kapital aus, so ist das seine Sache. Der Verleiher verleiht es als Kapital, und als solches hat es die Kapitalfunktionen durchzumachen, welche den Kreislauf des Geldkapitals einschließen bis zu seinem Rückfluß, in Geldform, zu seinem Ausgangspunkt.
Die Zirkulationsakte G – W und W – G', worin die Wertsumme als Geld oder als Ware fungiert, sind nur vermittelnde Prozesse, einzelne Momente ihrer Gesamtbewegung. Als Kapital macht sie die Totalbewegung G – G' durch. Sie wird als Geld oder Wertsumme in irgendeiner Form vorgeschossen und kehrt als Wertsumme zurück. Der Verleiher des Geldes verausgabt es nicht im Kauf von Ware, oder wenn die Wertsumme in Ware existiert, verkauft er sie nicht gegen Geld, sondern schießt sie vor als Kapital, als G – G', als Wert, der in einem bestimmten Termin wieder zu seinem Ausgangspunkt zurückkehrt. Statt zu kaufen oder zu verkaufen, verleiht er. Dies Verleihen ist also die entsprechende Form, um es als Kapital zu veräußern, statt als Geld oder Ware. Woraus keineswegs folgt, daß Verleihen nicht auch Form sein kann für Transaktionen, die mit dem kapitalistischen Reproduktionsprozeß nichts zu schaffen haben.
Bisher haben wir nur die Bewegung des verliehenen Kapitals zwischen seinem Eigner und dem industriellen Kapitalisten betrachtet. Jetzt ist der Zins zu untersuchen.
Der Verleiher gibt sein Geld als Kapital aus; die Wertsumme, die er an einen andern veräußert, ist Kapital und fließt daher zu ihm zurück. Die bloße Rückkehr zu ihm wäre aber nicht Rückfluß der verliehenen Wertsumme als Kapital, sondern bloße Rückerstattung einer verliehenen Wertsumme. Um als Kapital zurückzufließen, muß die vorgeschoßne Wertsumme sich in der Bewegung nicht nur erhalten, sondern sich verwertet, ihre Wertgröße vermehrt haben, also mit einem Mehrwert, als G + ΔG zurückkehren, und dieses ΔG ist hier der Zins oder der Teil des Durchschnittsprofits, der nicht in der Hand des fungierenden Kapitalisten bleibt, sondern dem Geldkapitalisten zufällt.
Daß es als Kapital von ihm veräußert wird, heißt, daß es ihm als G + ΔG zurückgegeben werden muß. Es ist nachher noch besonders die Form zu betrachten, wo in der Zwischenzeit Zins terminweise zurückfließt, aber ohne das Kapital, dessen Rückzahlung erst am Ende einer längern Periode erfolgt.
Was gibt der Geldkapitalist dem Anleiher, dem industriellen Kapitalisten? Was veräußert er in der Tat an ihn? Und nur der Akt der Veräußerung macht das Verleihen des Geldes zur Veräußerung des Geldes als Kapital, d.h. zur Veräußerung des Kapitals als Ware.
Es ist nur durch den Vorgang dieser Veräußerung, daß das Kapital vom Geldverleiher als Ware oder daß die Ware, über die er verfügt, an einen Dritten als Kapital weggegeben wird.
Was wird beim gewöhnlichen Verkauf veräußert? Nicht der Wert der verkauften Ware, denn dieser ändert nur die Form. Er existiert als Preis ideell in der Ware, bevor er reell in der Form von Geld in die Hand des Verkäufers übergeht. Derselbe Wert und dieselbe Wertgröße wechseln hier nur die Form. Das eine Mal existieren sie in Warenform, das andre Mal in Geldform. Was wirklich vom Verkäufer veräußert wird und daher auch in die individuelle oder produktive Konsumtion des Käufers übergeht, ist der Gebrauchswert der Ware, die Ware als Gebrauchswert.
Was ist nun der Gebrauchswert, den der Geldkapitalist für die Zeit des Ausleihens veräußert und an den produktiven Kapitalisten, den Borger, abtritt? Es ist der Gebrauchswert, den das Geld dadurch erhält, daß es in Kapital verwandelt werden, als Kapital fungieren kann, und daß es daher einen bestimmten Mehrwert, den Durchschnittsprofit (was darüber oder dar unter ist, erscheint hier zufällig) in seiner Bewegung erzeugt, außerdem, daß es seine ursprüngliche Wertgröße wahrt. Bei den übrigen Waren wird in der letzten Hand der Gebrauchswert konsumiert, und damit verschwindet die Substanz der Ware und mit ihr ihr Wert. Die Ware Kapital dagegen hat das Eigentümliche, daß durch die Konsumtion ihres Gebrauchswerts ihr Wert und ihr Gebrauchswert nicht nur erhalten, sondern vermehrt wird.
Diesen Gebrauchswert des Geldes als Kapital – die Fähigkeit, den Durchschnittsprofit zu erzeugen – veräußert der Geldkapitalist an den industriellen Kapitalisten für die Zeit, während deren er diesem die Verfügung über das verliehne Kapital abtritt.
Das so verliehene Geld hat insofern eine gewisse Analogie mit der Arbeitskraft in ihrer Stellung gegenüber dem industriellen Kapitalisten. Nur zahlt der letztre den Wert der Arbeitskraft, während er den Wert des geliehenen Kapitals einfach zurückzahlt. Der Gebrauchswert der Arbeitskraft für den industriellen Kapitalisten ist: mehr Wert (den Profit) in ihrem Verbrauch zu erzeugen, als sie selbst besitzt und als sie kostet. Dieser Überschuß von Wert ist ihr Gebrauchswert für den industriellen Kapitalisten. Und so erscheint ebenfalls der Gebrauchswert des geliehenen Geldkapitals als seine Wert setzende und vermehrende Fähigkeit.
Der Geldkapitalist veräußert in der Tat einen Gebrauchswert, und dadurch wird das, was er weggibt, als Ware weggegeben. Und soweit ist die Analogie mit der Ware als solcher vollständig. Erstens ist es ein Wert, der aus einer Hand in die andre übergeht. Bei der einfachen Ware, der Ware als solcher, bleibt derselbe Wert in der Hand des Käufers und Verkäufers, nur in verschiedner Form; sie haben beide nach wie vor denselben Wert, den sie veräußerten, der eine in Warenform, der andre in Geldform. Der Unterschied ist, daß beim Verleihen der Geldkapitalist der einzige ist, der in dieser Transaktion Wert fortgibt; aber er bewahrt ihn durch die künftige Rückzahlung. Es wird beim Verleihen nur von einer Seite Wert empfangen, da nur von einer Seite Wert weggegeben wird. – Zweitens wird auf der einen Seite ein wirklicher Gebrauchswert veräußert und auf der andren empfangen und verbraucht. Aber im Unterschied zur gewöhnlichen Ware ist dieser Gebrauchswert selbst Wert, nämlich der Überschuß der Wertgröße, die durch den Gebrauch des Geldes als Kapital sich ergibt, über seine ursprüngliche Wertgröße. Der Profit ist dieser Gebrauchswert.
Der Gebrauchswert des ausgeliehenen Geldes ist: als Kapital fungieren zu können und als solches unter durchschnittlichen Umständen den Durchschnittsprofit zu produzieren.58
Was zahlt nun der industrielle Kapitalist, und was ist daher der Preis des ausgeliehenen Kapitals?
»That which men pay as interest for the use of what they borrow«, ist nach Massie »a part of the profit it is capable of producing«.59
Was der Käufer einer gewöhnlichen Ware kauft, ist ihr Gebrauchswert; was er zahlt, ist ihr Wert. Was der Borger des Geldes kauft, ist ebenfalls dessen Gebrauchswert als Kapital; aber was zahlt er? Sicher nicht, wie bei den andren Waren, ihren Preis oder Wert. Zwischen Verleiher und Borger geht nicht, wie zwischen Käufer und Verkäufer, ein Formwechsel des Werts vor, so daß dieser Wert das eine Mal in der Form des Geldes, das andre Mal in der Form der Ware existiert. Die Dieselbigkeit des weggegebnen und des rückempfangnen Werts zeigt sich hier in ganz andrer Weise. Die Wertsumme, das Geld, wird fortgegeben ohne Äquivalent und wird nach einer gewissen Zeit zurückgegeben. Der Verleiher bleibt immer Eigentümer desselben Werts, auch nachdem dieser aus seiner Hand in die des Borgers übergegangen ist. Beim einfachen Warenaustausch steht das Geld stets auf seiten des Käufers; aber beim Verleihen steht das Geld auf seiten des Verkäufers. Er ist es, der das Geld für eine gewisse Zeit weggibt, und der Käufer des Kapitals ist es, der es als Ware erhält. Dies ist aber nur möglich, soweit das Geld als Kapital fungiert und daher vorgeschossen wird. Der Borger borgt das Geld als Kapital, als sich verwertenden Wert. Es ist aber nur erst Kapital an sich, wie jedes Kapital in seinem Ausgangspunkt, im Augenblick seines Vorschusses. Erst durch seinen Gebrauch verwertet es sich, realisiert es sich als Kapital. Aber als realisiertes Kapital hat der Borger es zurückzuzahlen, also als Wert plus Mehrwert (Zins); und der letztre kann nur ein Teil des von ihm realisierten Profits sein. Nur ein Teil, nicht das Ganze. Denn der Gebrauchswert für den Borger ist, daß es ihm Profit produziert. Sonst hätte keine Veräußerung des Gebrauchswerts von Seiten des Verleihers stattgefunden. Andrerseits kann nicht der ganze Profit dem Borger zufallen. Er zahlte sonst nichts für die Veräußerung des Gebrauchswerts, und er gäbe das vorgeschoßne Geld an den Verleiher nur als einfaches Geld zurück, nicht als Kapital, als realisiertes Kapital, denn realisiertes Kapital ist es nur als G + ΔG.
Beide geben dieselbe Geldsumme als Kapital aus, der Verleiher und der Borger. Aber nur in der Hand des letzteren fungiert sie als Kapital. Der Profit wird nicht verdoppelt durch das doppelte Dasein derselben Geldsumme als Kapital für zwei Personen. Es kann für beide als Kapital nur fungieren durch Teilung des Profits. Der dem Verleiher zufallende Teil heißt Zins.
Die ganze Transaktion findet nach der Voraussetzung statt zwischen zwei Sorten Kapitalisten, dem Geldkapitalisten und dem industriellen oder merkantilen Kapitalisten.
Es muß nie vergessen werden, daß hier das Kapital als Kapital Ware ist oder daß die Ware, um die es sich hier handelt, Kapital ist. Die sämtlichen Verhältnisse, die hier erscheinen, wären daher irrationell vom Standpunkt der einfachen Ware aus, oder auch vom Standpunkt des Kapitals, soweit es in seinem Reproduktionsprozeß als Warenkapital fungiert. Verleihen und Borgen, statt des Verkaufens und Kaufens, ist hier ein aus der spezifischen Natur der Ware – des Kapitals – hervorgehender Unterschied. Ebenso daß das, was hier gezahlt wird, Zins ist, statt des Preises der Ware. Will man den Zins den Preis des Geldkapitals nennen, so ist dies eine irrationelle Form des Preises, durchaus im Widerspruch mit dem Begriff des Preises der Ware.60 Der Preis ist hier auf seine rein abstrakte und inhaltslose Form reduziert, daß er eine bestimmte Geldsumme ist, die für irgend etwas, was so oder so als Gebrauchswert figuriert, gezahlt wird; während seinem Begriff nach der Preis gleich ist dem in Geld ausgedrückten Wert dieses Gebrauchswerts.
Zins als Preis des Kapitals ist von vornherein ein durchaus irrationeller Ausdruck. Hier hat eine Ware einen doppelten Wert, einmal einen Wert, und dann einen von diesem Wert verschiednen Preis, während Preis der Geldausdruck des Wertes ist. Das Geldkapital ist zunächst nichts als eine Geldsumme oder der Wert einer bestimmten Warenmasse als Geldsumme fixiert. Wird Ware als Kapital verliehen, so ist sie nur die verkleidete Form einer Geldsumme. Denn was als Kapital verliehen wird, sind nicht soundso viel Pfund Baumwolle, sondern so viel Geld, das in der Form Baumwolle als deren Wert existiert. Der Preis des Kapitals bezieht sich daher auf es als Geldsumme, wenn auch nicht als currency, wie Herr Torrens meint (s. oben Note 59). Wie soll nun eine Wertsumme einen Preis haben außer ihrem eignen Preis, außer dem Preis, der in ihrer eignen Geldform ausgedrückt ist? Preis ist ja der Wert der Ware (und dies ist auch der Fall beim Marktpreis, dessen Unterschied vom Wert nicht qualitativ, sondern nur quantitativ ist, sich nur auf die Wertgröße bezieht) im Unterschied von ihrem Gebrauchswert. Preis, der qualitativ verschieden vom Wert, ist ein absurder Widerspruch.61
Das Kapital manifestiert sich als Kapital durch seine Verwertung; der Grad seiner Verwertung drückt den quantitativen Grad aus, worin es sich als Kapital realisiert. Der von ihm erzeugte Mehrwert oder Profit – seine Rate oder Höhe – ist nur meßbar durch seine Vergleichung mit dem Wert des vorgeschoßnen Kapitals. Die größre oder geringre Verwertung des zinstragenden Kapitals ist daher auch nur meßbar durch Vergleichung des Zinsbetrags, des ihm zufallenden Teils des Gesamtprofits, mit dem Wert des vorgeschoßnen Kapitals. Wenn daher der Preis den Wert der Ware, so drückt der Zins die Verwertung des Geldkapitals aus und erscheint daher als der Preis, der dem Verleiher für dasselbe gezahlt wird. Es ergibt sich hieraus, wie abgeschmackt es von vornherein ist, die einfachen Verhältnisse des durch Geld vermittelten Austausches, von Kauf und Verkauf, hierauf direkt anwenden zu wollen, wie Proudhon tut. Die Grundvoraussetzung ist eben, daß Geld als Kapital fungiert und daher als Kapital an sich, als potentielles Kapital einer dritten Person übermacht werden kann.
Als Ware aber erscheint das Kapital selbst hier, soweit es auf dem Markt ausgeboten und wirklich der Gebrauchswert des Geldes als Kapital veräußert wird. Sein Gebrauchswert aber ist: Profit zu erzeugen. Der Wert des Geldes oder der Waren als Kapital ist nicht bestimmt durch ihren Wert als Geld oder Waren, sondern durch das Quantum Mehrwert, das sie für ihren Besitzer produzieren. Das Produkt des Kapitals ist der Profit. Auf Grundlage der kapitalistischen Produktion ist es nur verschiedne Anwendung des Geldes, ob es als Geld verausgabt oder als Kapital vorgeschossen wird. Geld, resp. Ware, ist an sich, potentiell Kapital, ganz wie die Arbeitskraft potentiell Kapital ist. Denn 1. kann das Geld in die Produktionsele mente verwandelt werden und ist, wie es ist, bloß abstrakter Ausdruck derselben, ihr Dasein als Wert; 2. besitzen die stofflichen Elemente des Reichtums die Eigenschaft, potentiell schon Kapital zu sein, weil ihr sie ergänzender Gegensatz, das, was sie zu Kapital macht – die Lohnarbeit –, auf Basis der kapitalistischen Produktion vorhanden ist.
Die gegensätzliche gesellschaftliche Bestimmtheit des stofflichen Reichtums – sein Gegensatz zur Arbeit als Lohnarbeit – ist, getrennt vom Produktionsprozeß, schon im Kapitaleigentum als solchem ausgedrückt. Dies eine Moment nun, getrennt vom kapitalistischen Produktionsprozeß selbst, dessen stetes Resultat es ist und als dessen stetes Resultat es seine stete Voraussetzung ist, drückt sich darin aus, daß Geld, und ebenso Ware, an sich, latent, potentiell, Kapital sind, daß sie als Kapital verkauft werden können und daß sie in dieser Form Kommando über fremde Arbeit sind, Anspruch auf Aneignung fremder Arbeit geben, daher sich verwertender Wert sind. Es tritt hier auch klar hervor, daß dies Verhältnis der Titel und das Mittel zur Aneignung fremder Arbeit ist und nicht irgendeine Arbeit als Gegenwert von Seite des Kapitalisten.
Als Ware erscheint das Kapital ferner, soweit die Teilung des Profits in Zins und eigentlichen Profit durch Nachfrage und Angebot, also durch die Konkurrenz, reguliert wird, ganz wie die Marktpreise der Waren. Der Unterschied tritt hier aber ebenso schlagend hervor wie die Analogie. Decken sich Nachfrage und Angebot, so entspricht der Marktpreis der Ware ihrem Produktionspreis, d.h. ihr Preis erscheint dann geregelt durch die innern Gesetze der kapitalistischen Produktion, unabhängig von der Konkurrenz, da die Schwankungen von Nachfrage und Angebot nichts erklären als die Abweichungen der Marktpreise von den Produktionspreisen – Abweichungen, die sich wechselseitig ausgleichen, so daß in gewissen längern Perioden die Durchschnittsmarktpreise gleich den Produktionspreisen sind. Sobald sie sich decken, hören diese Kräfte auf zu wirken, heben einander auf, und das allgemeine Gesetz der Preisbestimmung tritt dann auch als Gesetz des einzelnen Falls hervor; der Marktpreis entspricht dann schon in seinem unmittelbaren Dasein, und nicht nur als Durchschnitt der Bewegung der Marktpreise, dem Produktionspreis, der durch die immanenten Gesetze der Produktionsweise selbst geregelt ist. Ebenso beim Arbeitslohn. Decken sich Nachfrage und Angebot, so hebt sich ihre Wirkung auf, und der Arbeitslohn ist gleich dem Wert der Arbeitskraft. Anders aber mit dem Zins vom Geldkapital. Die Konkurrenz bestimmt hier nicht die Abweichungen vom Gesetz, sondern es existiert kein Gesetz der Teilung außer dem von der Konkurrenz diktierten, weil, wie wir noch weiter sehn werden, keine »natürliche« Rate des Zinsfußes existiert. Unter der natürlichen Rate des Zinsfußes versteht man vielmehr die durch die freie Konkurrenz festgesetzte Rate. Es gibt keine »natürlichen« Grenzen der Rate des Zinsfußes. Wo die Konkurrenz nicht nur die Abweichungen und Schwankungen bestimmt, wo also beim Gleichgewicht ihrer gegeneinander wirkenden Kräfte überhaupt alle Bestimmung aufhört, ist das zu Bestimmende etwas an und für sich Gesetzloses und Willkürliches. Weiteres hierüber im nächsten Kapitel.
Beim zinstragenden Kapital erscheint alles äußerlich: der Vorschuß des Kapitals als bloße Übertragung desselben vom Verleiher an den Borger; der Rückfluß des realisierten Kapitals als bloße Rückübertragung, Rückzahlung, mit Zins, vom Borger an den Verleiher. So auch die der kapitalistischen Produktionsweise immanente Bestimmung, daß die Profitrate bestimmt ist nicht nur durch das Verhältnis des in einem einzelnen Umschlag gemachten Profits zum vorgeschoßnen Kapitalwert, sondern auch durch die Länge dieser Umschlagszeit selbst, also als Profit, den das industrielle Kapital in bestimmten Zeiträumen abwirft. Auch dies erscheint beim zinstragenden Kapital ganz äußerlich so, daß für bestimmte Zeitfrist dem Verleiher bestimmter Zins gezahlt wird.
Mit seiner gewöhnlichen Einsicht in den innern Zusammenhang der Dinge sagt der romantische Adam Müller (»Elemente der Staatskunst«, Berlin 1809, [Th. III,] S. 138):
»Bei der Bestimmung des Preises der Dinge wird nicht nach der Zeit gefragt; für die Bestimmung des Zinses kommt die Zeit hauptsächlich in Anschlag.«
Er sieht nicht, wie die Produktionszeit und die Umlaufszeit in die Bestimmung des Preises der Waren eingeht und wie gerade dadurch die Profitrate für eine gegebne Umschlagszeit des Kapitals bestimmt ist, durch die Bestimmung des Profits für eine gegebne Zeit aber eben die des Zinses. Sein Tiefsinn besteht hier wie immer nur darin, die Staubwolken der Oberfläche zu sehn und dies Staubige anmaßlich als etwas Geheimisvolles und Bedeutendes auszusprechen.
22. Teilung des Profits. Zinsfuß. »Natürliche« Rate des Zinsfußes
Der Gegenstand dieses Kapitels, sowie überhaupt alle später zu behandelnden Erscheinungen des Kredits, können hier nicht im einzelnen untersucht werden. Die Konkurrenz zwischen Verleihern und Borgern und die daher resultierenden kürzern Schwankungen des Geldmarkts fallen außerhalb des Bereichs unsrer Betrachtung. Der Kreislauf, den die Zinsrate während des industriellen Zyklus durchläuft, unterstellt zu seiner Darstellung die Darstellung dieses Zyklus selbst, die ebenfalls hier nicht gegeben werden kann. Dasselbe gilt für die größere oder geringere, annähernde Ausgleichung des Zinsfußes auf dem Weltmarkt. Wir haben es hier nur damit zu tun, die selbständige Gestalt des zinstragenden Kapitals und die Verselbständigung des Zinses gegen den Profit zu entwickeln.
Da der Zins bloß ein Teil des Profits ist, der nach unsrer bisherigen Voraussetzung vom industriellen Kapitalisten an den Geldkapitalisten zu zahlen ist, so erscheint als Maximalgrenze des Zinses der Profit selbst, wo der Teil, der dem fungierenden Kapitalisten zufiele, = 0 wäre. Abgesehn von einzelnen Fällen, wo der Zins tatsächlich größer als der Profit sein, dann aber auch nicht aus dem Profit gezahlt werden kann, könnte man vielleicht als Maximalgrenze des Zinses betrachten den ganzen Profit minus dem später unten zu entwickelnden Teil desselben, der in Aufsichtslohn (wages of superintendence) auflösbar. Die Minimalgrenze des Zinses ist ganz und gar unbestimmbar. Er kann zu jeder beliebigen Tiefe fallen. Indessen treten dann immer wieder gegenwirkende Umstände ein und heben ihn über dies relative Minimum.
»Das Verhältnis zwischen der Summe, bezahlt für den Gebrauch eines Kapitals, und diesem Kapital selbst, drückt die Rate des Zinsfußes aus, gemessen in Geld.« – »Die Zinsrate hängt ab 1. von der Profitrate; 2. von dem Verhältnis, worin der Gesamtprofit geteilt wird zwischen Verleiher und Borger.« (»Economist«, 22. Januar 1853.) »Da das, was man als Zins bezahlt, für den Gebrauch dessen, was man borgt, ein Teil des Profits ist, den das Geborgte zu produzieren fähig ist, so muß dieser Zins stets reguliert sein durch jenen Profit.« (Massie, l. c. p. 49.)
Wir wollen zuerst annehmen, es existiere ein fixes Verhältnis zwischen dem Gesamtprofit und dem Teil desselben, der als Zins an den Geldkapitalisten wegzuzahlen ist. Dann ist es klar, daß der Zins steigen oder fallen wird wie der Gesamtprofit, und dieser ist bestimmt durch die allgemeine Profitrate und ihre Schwankungen. Wäre z.B. die Durchschnittsprofitrate = 20% und der Zins = 1/4 des Profits, so der Zinsfuß = 5%; wenn jene = 16%, so der Zins = 4%. Bei einer Profitrate von 20% könnte der Zins auf 8% steigen, und der industrielle Kapitalist würde immer noch denselben Profit machen wie bei einer Profitrate = 16% und Zinsfuß = 4%, nämlich 12%. Stiege der Zins nur auf 6 oder 7%, so würde er immer noch einen größern Teil des Profits behalten. Wäre der Zins gleich einem konstanten Quotum des Durchschnittsprofits, so folgte, daß je höher die allgemeine Profitrate, um so größer die absolute Differenz zwischen dem Gesamtprofit und dem Zins, um so größer also der Teil des Gesamtprofits, der dem fungierenden Kapitalisten zufällt, und umgekehrt. Gesetzt, der Zins sei = 1/5 des Durchschnittsprofits. 1/5 von 10 ist 2; Differenz zwischen dem Gesamtprofit und dem Zins = 8. 1/5 von 20 ist = 4; Differenz = 20 – 4 – 16; 1/5 von 25 = 5 ; Differenz = 25 -5 = 20; 1/5 von 30 = 6; Differenz = 30 – 6 = 24; 1/5 von 35 = 7; Differenz = 35 – 7 = 28. Die verschiednen Zinsraten von 4, 5, 6, 7% würden hier immer nur 1/5 oder 20% vom Gesamtprofit ausdrücken. Sind also die Profitraten verschieden, so können verschiedne Zinsraten dieselben aliquoten Teile des Gesamtprofits oder denselben Prozentanteil am Gesamtprofit ausdrücken. Bei solch konstantem Verhältnis des Zinses wäre der industrielle Profit (die Differenz zwischen dem Gesamtprofit und dem Zins) um so größer, je höher die allgemeine Profitrate, und umgekehrt.
Alle andern Umstände gleichgesetzt, d.h., das Verhältnis zwischen Zins und Gesamtprofit als mehr oder weniger konstant angenommen, wird der fungierende Kapitalist fähig und willig sein, höhern oder niedern Zins zu zahlen im direkten Verhältnis zur Höhe der Profitrate.62 Da man gesehn, daß die Höhe der Profitrate im umgekehrten Verhältnis steht zur Entwicklung der kapitalistischen Produktion, so folgt daher, daß der höhere oder niedre Zinsfuß in einem Lande in demselben umgekehrten Verhältnis zur Höhe der industriellen Entwicklung steht, soweit nämlich die Verschiedenheit des Zinsfußes wirklich Verschiedenheit der Profitraten ausdrückt. Man wird später sehn, daß dies keineswegs stets der Fall zu sein braucht. In diesem Sinn kann man sagen, daß der Zins reguliert wird durch den Profit, näher durch die allgemeine Profitrate. Und diese Art seiner Regulierung gilt selbst für seinen Durchschnitt.
Jedenfalls ist die Durchschnittsrate des Profits als die endgültig bestimmende Maximalgrenze des Zinses zu betrachten.
Den Umstand, daß der Zins auf den Durchschnittsprofit zu beziehn, werden wir gleich näher betrachten. Wo ein gegebnes Ganze, wie der Profit, zwischen zweien zu teilen ist, kommt es natürlich zunächst auf die Größe des zu teilenden Ganzen an, und diese, die Größe des Profits, ist bestimmt durch seine Durchschnittsrate. Die allgemeine Profitrate, also die Größe des Profits für ein Kapital von gegebner Größe, sage = 100, als gegeben vorausgesetzt, stehn die Variationen des Zinses offenbar im umgekehrten Verhältnis zu denen des Profitteils, der dem fungierenden, aber mit geborgtem Kapital arbeitenden Kapitalisten bleibt. Und die Umstände, welche die Größe des zu verteilenden Profits, des Wertprodukts unbezahlter Arbeit, bestimmen, sind sehr verschieden von denen, die seine Verteilung unter diese beiden Sorten Kapitalisten bestimmen, und wirken oft nach ganz entgegengesetzten Seiten.63
Wenn man die Umschlagszyklen betrachtet, worin sich die moderne Industrie bewegt – Zustand der Ruhe, wachsende Belebung, Prosperität, Überproduktion, Krach, Stagnation, Zustand der Ruhe etc., Zyklen, deren weitere Analyse außerhalb unserer Betrachtung fällt –, so wird man finden, daß meist niedriger Stand des Zinses den Perioden der Prosperität oder des Extraprofits entspricht, Steigen des Zinses der Scheide zwischen der Prosperität und ihrem Umschlag, Maximum des Zinses bis zur äußersten Wucherhöhe aber der Krisis.64 Vom Sommer 1843 an trat entschiedne Prosperität ein; der Zinsfuß, im Frühling 1842 noch 4 1/2 %, fiel im Frühling und Sommer 1843 auf 2%65; im September selbst auf 1 1/2% (Gilbart, [»A practical treatise on banking«, 5. Ausg., London 1849], I, p. 166); dann während der Krise 1847 stieg er auf 8% und mehr.
Allerdings kann andrerseits niedriger Zins mit Stockung, und mäßig steigender Zins mit wachsender Belebung zusammengehn.
Der Zinsfuß erreicht seine äußerste Höhe während der Krisen, wo geborgt werden muß, um zu zahlen, was es auch koste. Es ist dies zugleich, da dem Steigen des Zinses ein Fallen im Preise der Wertpapiere entspricht, eine sehr artige Gelegenheit für Leute mit disponiblem Geldkapital, um sich zu Spottpreisen solcher zinstragenden Papiere zu bemächtigen, die, im regelmäßigen Verlauf der Dinge, mindestens ihren Durchschnittspreis wieder erreichen müssen, sobald der Zinsfuß wieder fällt.66
Es existiert aber auch eine Tendenz zum Fallen des Zinsfußes, ganz unabhängig von den Schwankungen der Profitrate. Und zwar aus zwei Hauptursachen:
I. »Unterstellen wir selbst, Kapital würde nie anders aufgenommen als für produktive Anlagen, so ist es dennoch möglich, daß der Zinsfuß wechselt ohne irgendwelchen Wechsel in der Rate des Bruttoprofits. Denn, wie ein Volk fortschreitet in der Entwicklung des Reichtums, entsteht und wächst immer mehr eine Klasse von Leuten, die durch die Arbeiten ihrer Vorfahren sich im Besitz von Fonds befinden, von deren bloßem Zins sie leben können. Viele, auch die in der Jugend und Mannheit aktiv im Geschäft beteiligt, ziehn sich zurück, um im Alter ruhig vom Zins der akkumulierten Summen zu leben. Diese beiden Klassen haben eine Tendenz, mit dem wachsenden Reichtum des Landes sich zu vermehren; denn die, die schon mit einem mittelmäßigen Kapital anfangen, bringen es leichter zu einem unabhängigen Vermögen, als die mit wenigem anfangen. In alten und reichen Ländern macht daher der Teil des Nationalkapitals, dessen Eigentümer ihn nicht selbst anwenden wollen, ein größeres Verhältnis aus zum gesamten produktiven Kapital der Gesellschaft als in neu angebauten und armen Ländern. Wie zahlreich ist nicht die Klasse der Rentiers in England! Im Verhältnis wie die Klasse der Rentiers wächst, wächst auch die der Kapitalverleiher, denn sie sind beides dieselben.« (Ramsay, »Essay on the Distribution of Wealth«, p. 201, 202.)
II. Die Entwicklung des Kreditsystems und die damit beständig wachsende, durch die Bankiers vermittelte, Verfügung der Industriellen und Kaufleute über alle Geldersparnisse aller Klassen der Gesellschaft und die fortschreitende Konzentration dieser Ersparnisse zu den Massen, worin sie als Geldkapital wirken können, muß ebenfalls auf den Zinsfuß drücken. Mehr hierüber später.
Mit Bezug auf Bestimmung der Zinsrate sagt Ramsay, daß sie
»abhängt zum Teil von der Rate des Bruttoprofits, zum Teil von der Proportion, worin dieser geteilt wird in Zins und Unternehmergewinn (profits of enterprise). Diese Proportion hängt ab von der Konkurrenz zwischen Verleihern und Borgern von Kapital; diese Konkurrenz wird beeinflußt, aber nicht ausschließlich reguliert durch die voraussichtliche Rate des Bruttoprofits.67 Die Konkurrenz wird nicht ausschließlich hierdurch reguliert, weil auf der einen Seite viele borgen, ohne irgendwelche Absicht produktiver Anlage, und weil andrerseits die Größe des gesamten leihbaren Kapitals wechselt mit dem Reichtum des Landes, unabhängig von irgendwelchem Wechsel im Bruttoprofit.« (Ramsay, l. c. p. 206, 207.)
Um die Durchschnittsrate des Zinses zu finden, ist 1. der Durchschnitt des Zinsfußes während seiner Variationen in den großen industriellen Zyklen zu berechnen; 2. der Zinsfuß in solchen Anlagen, wo Kapital für längere Zeit ausgeliehen wird.
Die in einem Lande herrschende Durchschnittsrate des Zinses – im Unterschied von den beständig schwankenden Marktraten – ist durchaus durch kein Gesetz bestimmbar. Es gibt in dieser Art keine natürliche Rate des Zinses in dem Sinn, wie die Ökonomen von einer natürlichen Profitrate und einer natürlichen Rate des Arbeitslohns sprechen. Schon Massie bemerkt hier mit vollem Recht (p. 49):
»The only thing which any man can be in doubt about on this occasion, is, what proportion of these profits do of right belong to the borrower, and what to the lender; and this there is no other method of determining than by the opinions of borrowers and lenders in general; for right and wrong, in this respect, are only what common consent makes so.«
Das Decken der Nachfrage und Zufuhr – die Durchschnittsprofitrate als gegeben vorausgesetzt – heißt hier durchaus nichts. Wo sonst zu dieser Formel Zuflucht genommen wird (und dies ist dann auch praktisch richtig), dient sie als eine Formel, um die von der Konkurrenz unabhängige und vielmehr sie bestimmende Grundregel (die regulierenden Grenzen oder die begrenzenden Größen) zu finden; namentlich als eine Formel für die in der Praxis der Konkurrenz, in ihren Erscheinungen und den daraus sich entwickelnden Vorstellungen Befangnen, um zu einer, wenn auch selbst wieder oberflächlichen Vorstellung eines innerhalb der Konkurrenz sich darstellenden innern Zusammenhangs der ökonomischen Verhältnisse zu gelangen. Es ist eine Methode, um von den die Konkurrenz begleitenden Variationen zu den Grenzen dieser Variationen zu kommen. Dies ist nicht der Fall bei dem Durchschnittszinsfuß. Es ist durchaus kein Grund vorhanden, warum die mittleren Konkurrenzverhältnisse, das Gleichgewicht zwischen Ausleiher und Anleiher, dem Ausleiher einen Zinsfuß von 3, 4, 5% etc. auf sein Kapital oder aber einen bestimmten Prozentanteil, 20% oder 50% vom Bruttoprofit, geben sollten. Wo hier die Konkurrenz als solche entscheidet, ist die Bestimmung an und für sich zufällig, rein empirisch, und nur Pedanterie oder Phantasterei kann diese Zufälligkeit als etwas Notwendiges entwickeln wollen.68 Nichts ist amüsanter in den Parlamentsberichten von 1857 und 1858 über die Bankgesetzgebung und die Handelskrise, als Direktoren der Bank von England, Londoner Bankiers, Provinzial-Bankiers und professionelle Theoretiker hin und herschwatzen zu hören über die »real rate produced«, ohne daß sie es je weiter brächten als zu Gemeinplätzen, wie z.B., daß »der Preis, der von verleihbarem Kapital bezahlt wird, mit dem Angebot dieses Kapitals wechseln dürfte«, daß »hohe Zinsrate und niedrige Profitrate auf die Dauer nicht nebeneinander bestehn können« und andre solche Plattheiten.69 Gewohnheit, gesetzliche Tradition etc. haben ebensosehr, wie die Konkurrenz selbst, zu tun mit der Bestimmung des mittlern Zinsfußes, soweit dieser nicht nur als Durchschnittszahl, sondern als faktische Größe existiert. Ein mittlerer Zinsfuß muß schon in vielen Rechtsstreitigkeiten, wo Zinsen zu berechnen, als legal angenommen werden. Fragt man nun weiter, warum die Grenzen des mittlern Zinsfußes nicht aus allgemeinen Gesetzen abzuleiten sind, so liegt die Antwort einfach in der Natur des Zinses. Er ist bloß ein Teil des Durchschnittsprofits. Dasselbe Kapital erscheint in doppelter Bestimmung, als leihbares Kapital in der Hand des Verleihers, als industrielles oder kommerzielles Kapital in den Händen des fungierenden Kapitalisten. Aber es fungiert nur einmal und produziert selbst den Profit nur einmal. Im Produktionsprozeß selbst spielt der Charakter des Kapitals als verleihbares keine Rolle. Wie sich die beiden Personen darin teilen, die Ansprüche auf diesen Profit haben, ist an und für sich eine ebenso rein empirische, dem Reich des Zufälligen angehörige Tatsache wie die Teilung der Prozentanteile des gemeinschaftlichen Profits eines Kompaniegeschäfts unter die verschiednen Teilhaber. Bei der Teilung zwischen Mehrwert und Arbeitslohn, worauf die Bestimmung der Profitrate wesentlich beruht, wirken zwei ganz verschiedne Elemente, Arbeitskraft und Kapital, bestimmend ein; es sind Funktionen zweier unabhängigen Variablen, die sich gegenseitig Grenzen setzen; und aus ihrem qualitativen Unterschied geht die quantitative Teilung des produzierten Werts hervor. Man wird später sehn, daß dasselbe stattfindet bei der Teilung des Mehrwerts zwischen Rente und Profit. Bei dem Zins findet nichts Derartiges statt. Hier geht die qualitative Unterscheidung, wie wir gleich sehn werden, umgekehrt aus der rein quantitativen Teilung desselben Stücks des Mehrwerts hervor.
Aus dem bisher Entwickelten ergibt sich, daß es keine »natürliche« Zinsrate gibt. Wenn aber auf der einen Seite im Gegensatz zur allgemeinen Profitrate der mittlere Zinsfuß oder die Durchschnittsrate des Zinses, im Unterschied von den beständig schwankenden Marktraten des Zinses, in seinen Grenzen durch kein allgemeines Gesetz feststellbar ist, weil es sich nur um Teilung des Bruttoprofits zwischen zwei Besitzern des Kapitals, unter verschiednen Titeln, handelt, erscheint umgekehrt der Zinsfuß, sei es der mittlere, sei es die jedesmalige Marktrate, ganz anders als eine gleichmäßige, bestimmte und handgreifliche Größe als dies bei der allgemeinen Profitrate der Fall ist.70
Der Zinsfuß verhält sich zur Profitrate ähnlich wie der Marktpreis der Ware zu ihrem Wert. Soweit der Zinsfuß durch die Profitrate bestimmt ist, ist es stets durch die allgemeine Profitrate, nicht durch die spezifischen Profitraten, die in besondern Industriezweigen herrschen mögen, und noch weniger durch den Extraprofit, den der einzelne Kapitalist in einer besondren Geschäftssphäre machen mag.71 Die allgemeine Pro fitrate erscheint daher in der Tat als empirisches, gegebnes Faktum wieder in der Durchschnittszinsrate, obgleich die letztre kein reiner oder zuverlässiger Ausdruck der erstern.
Es ist zwar richtig, daß die Zinsrate selbst, je nach den Klassen der von den Borgern gegebnen Sicherheiten und nach der Zeitdauer der Anleihe beständig verschieden ist; aber für jede dieser Klassen ist sie in einem gegebnen Moment uniform. Dieser Unterschied beeinträchtigt also nicht die fixe und uniforme Gestalt des Zinsfußes.72
Der mittlere Zinsfuß erscheint in jedem Lande für längre Epochen als konstante Größe, weil die allgemeine Profitrate – trotz des beständigen Wechsels der besondren Profitraten, wo aber der Wechsel in einer Sphäre durch entgegengesetzten in der andern sich ausgleicht – nur in längern Epochen wechselt. Und ihre relative Konstanz erscheint eben in diesem mehr oder minder konstanten Charakter des mittlern Zinsfußes (average rate or common rate of interest).
Was aber die beständig fluktuierende Marktrate des Zinses betrifft, so ist sie in jedem Moment als fixe Größe gegeben, wie der Marktpreis der Waren, weil auf dem Geldmarkt beständig alles leihbare Kapital als Gesamtmasse dem fungierenden Kapital gegenübersteht, also das Verhältnis des Angebots von leihbarem Kapital auf der einen Seite, die Nachfrage dar nach auf der andern den jedesmaligen Marktstand des Zinses entscheidet. Dies ist um so mehr der Fall, je mehr die Entwicklung und damit verbundne Konzentration des Kreditwesens dem leihbaren Kapital einen allgemein gesellschaftlichen Charakter gibt und es auf einmal, gleichzeitig, auf den Geldmarkt wirft. Dagegen existiert die allgemeine Profitrate beständig nur als Tendenz, als Bewegung der Ausgleichung der besondren Profitraten. Die Konkurrenz der Kapitalisten – die selbst diese Bewegung der Ausgleichung ist – besteht hier darin, daß sie den Sphären, wo der Profit auf längre Zeit unter dem Durchschnitt, allmählich Kapital entziehn und den Sphären, wo er darüber, ebenso allmählich Kapital zuführen; oder auch, daß sich Zusatzkapital nach und nach in verschiednen Proportionen zwischen diese Sphären verteilt. Es ist beständige Variation der Zufuhr und der Entziehung von Kapital, diesen verschiednen Sphären gegenüber, nie gleichzeitige Massenwirkung wie bei der Bestimmung des Zinsfußes.
Man hat gesehn, daß, obgleich eine von der Ware absolut verschiedne Kategorie, das zinstragende Kapital, zur Ware sui generis und deshalb der Zins sein Preis wird, der, wie bei der gewöhnlichen Ware ihr Marktpreis, jedesmal durch Nachfrage und Angebot fixiert wird. Die Marktrate des Zinses, obgleich beständig schwankend, erscheint daher in jedem gegebnen Moment ebenso beständig fixiert und uniform wie der jedesmalige Marktpreis der Ware. Die Geldkapitalisten führen diese Ware zu, und die fungierenden Kapitalisten kaufen sie, bilden die Nachfrage dafür. Dies findet bei der Ausgleichung zur allgemeinen Profitrate nicht statt. Stehn die Preise der Waren in einer Sphäre unter oder über dem Produktionspreis (wobei von den, jedem Geschäft eignen und mit den verschiednen Phasen des industriellen Zyklus zusammenhängenden Schwankungen abgesehn wird), so findet Ausgleichung statt durch Erweiterung oder Einengung der Produktion, d.h. Ausdehnung oder Verkürzung der von den industriellen Kapitalen auf den Markt geworfenen Warenmassen, vermittelt durch Ein- oder Auswanderung von Kapital mit Bezug auf die besondren Produktionssphären. Durch die so herbeigeführte Ausgleichung der durchschnittlichen Marktpreise der Waren zu Produktionspreisen ist es, daß die Abweichungen der besondren Profitraten von der allgemeinen oder Durchschnittsprofitrate korrigiert werden. Dieser Prozeß erscheint nie so und kann nie so erscheinen, daß das industrielle oder merkantile Kapital als solches Ware gegenüber einem Käufer ist, wie das zinstragende Kapital. Soweit er erscheint, erscheint er nur in den Schwankungen und Ausgleichungen der Marktpreise der Waren zu Produktionspreisen; nicht als direkte Festsetzung des Durch schnittsprofits. Die allgemeine Profitrate ist in der Tat bestimmt 1. durch den Mehrwert, den das Gesamtkapital produziert, 2. durch das Verhältnis dieses Mehrwerts zum Wert des Gesamtkapitals, und 3. durch die Konkurrenz, aber nur soweit, als diese die Bewegung ist, wodurch die in besondren Produktionssphären angelegten Kapitale gleiche Dividenden aus diesem Mehrwert, im Verhältnis zu ihren relativen Größen zu ziehn suchen. Die allgemeine Profitrate schöpft also in der Tat ihre Bestimmung aus ganz andren und viel komplizierteren Gründen, als die durch das Verhältnis von Nachfrage und Angebot direkt und unmittelbar bestimmte Marktrate des Zinses, und ist daher kein handgreifliches und gegebnes Faktum in der Art, wie es der Zinsfuß ist. Die besondren Profitraten in den verschiednen Produktionssphären sind selbst mehr oder minder unsicher; aber soweit sie erscheinen, ist es nicht ihre Uniformität, sondern ihre Verschiedenheit, die erscheint. Die allgemeine Profitrate selbst aber erscheint nur als Minimalgrenze des Profits, nicht als empirische, direkt sichtbare Gestalt der wirklichen Profitrate.
Indem wir diesen Unterschied zwischen der Zinsrate und der Profitrate hervorheben, sehn wir selbst ab von folgenden beiden, die Konsolidation des Zinsfußes begünstigenden Umständen: 1. der historischen Präexistenz des zinstragenden Kapitals und der Existenz eines traditionell überlieferten allgemeinen Zinsfußes; 2. dem viel größern unmittelbaren Einfluß, den der Weltmarkt, unabhängig von den Produktionsbedingungen eines Landes, auf die Feststellung des Zinsfußes ausübt, verglichen mit seinem Einfluß auf die Profitrate.
Der Durchschnittsprofit erscheint nicht als unmittelbar gegebne Tatsache, sondern als erst durch die Untersuchung festzustellendes Endresultat der Ausgleichung entgegengesetzter Schwankungen. Anders mit dem Zinsfuß. Er ist in seiner, wenigstens lokalen, Allgemeingültigkeit ein täglich fixiertes Faktum, ein Faktum, das dem Industriellen und merkantilen Kapital sogar als Voraussetzung und Posten in der Kalkulation bei seinen Operationen dient. Es wird ein allgemeines Vermögen jeder Geldsumme von 100 Pfd. St., 2, 3, 4, 5% abzuwerfen. Meteorologische Berichte zeichnen nicht genauer den Stand von Barometer und Thermometer auf, als Börsenberichte den Stand des Zinsfußes, nicht für dieses oder jenes Kapital, sondern für das auf dem Geldmarkt befindliche, d.h. überhaupt verleihbare Kapital.
Auf dem Geldmarkt stehn sich nur Verleiher und Borger gegenüber. Die Ware hat dieselbe Form, Geld. Alle besondren Gestalten des Kapitals, je nach seiner Anlage in besondren Produktions- oder Zirkulationssphären, sind hier ausgelöscht. Es existiert hier in der unterschiedslosen, sich selbst gleichen Gestalt des selbständigen Werts, des Geldes. Die Konkurrenz der besondren Sphären hört hier auf; sie sind alle zusammengeworfen als Geldborger, und das Kapital steht allen auch gegenüber in der Form, worin es noch gleichgültig gegen die bestimmte Art und Weise seiner Anwendung ist. Als was das industrielle Kapital nur in der Bewegung und Konkurrenz zwischen den besondren Sphären erscheint, als an sich gemeinsames Kapital der Klasse, tritt es hier wirklich, der Wucht nach, in der Nachfrage und Angebot von Kapital auf. Andrerseits besitzt das Geldkapital auf dem Geldmarkt wirklich die Gestalt, worin es als gemeinsames Element, gleichgültig gegen seine besondre Anwendung, sich unter die verschiednen Sphären, unter die Kapitalistenklasse verteilt, je nach den Produktionsbedürfnissen jeder besondren Sphäre. Es kommt hinzu, daß mit Entwicklung der großen Industrie das Geldkapital mehr und mehr, soweit es auf dem Markt erscheint, nicht vom einzelnen Kapitalisten vertreten wird, dem Eigentümer dieses oder jenes Bruchteils des auf dem Markt befindlichen Kapitals, sondern als konzentrierte, organisierte Masse auftritt, die ganz anders als die reelle Produktion unter die Kontrolle der das gesellschaftliche Kapital vertretenden Bankiers gestellt ist. So daß sowohl, was die Form der Nachfrage angeht, dem verleihbaren Kapital die Wucht einer Klasse gegenübertritt; wie, was das Angebot angeht, es selbst als Leihkapital en masse auftritt.
Dies sind einige der Gründe, warum die allgemeine Profitrate als ein verschwimmendes Nebelbild erscheint neben dem bestimmten Zinsfuß, der zwar seiner Größe nach schwankt, aber dadurch, daß er gleichmäßig für alle Borger schwankt, ihnen stets als fixer, gegebner gegenübertritt. Ganz wie die Wertwechsel des Geldes es nicht hindern, allen Waren gegenüber gleichen Wert zu haben. Ganz wie die Marktpreise der Waren täglich schwanken, was sie nicht hindert, täglich in den Berichten notiert zu werden. Ganz so der Zinsfuß, der ebenso regelmäßig als »Preis des Geldes« notiert wird. Es ist, weil hier das Kapital selbst in Geldform als Ware angeboten wird; die Fixation seines Preises daher Fixierung seines Marktpreises wie bei allen andern Waren ist; der Zinsfuß sich daher stets als allgemeiner Zinsfuß, als so viel für so viel Geld, als quantitativ bestimmt darstellt. Die Profitrate dagegen kann selbst innerhalb derselben Sphäre, bei gleichen Marktpreisen der Ware, verschieden sein, je nach den verschiednen Bedingungen, worin die einzelnen Kapitale dieselbe Ware produzieren; denn die Profitrate für das Einzelkapital wird bestimmt nicht durch den Marktpreis der Ware, sondern durch die Differenz zwischen Marktpreis und Kostpreis. Und diese verschiednen Profitraten, erst innerhalb derselben Sphäre und dann zwischen den verschiednen Sphären selbst, können sich nur durch beständige Schwankungen ausgleichen.
(Notiz für spätere Ausarbeitung.) Eine besondre Form des Kredits: Man weiß, daß, wenn das Geld als Zahlungsmittel statt als Kaufmittel fungiert, die Ware veräußert, aber ihr Wert erst später realisiert wird. Findet die Zahlung erst statt, nachdem die Ware wieder verkauft ist, so erscheint dieser Verkauf nicht als Folge des Kaufs, sondern es ist durch den Verkauf, daß der Kauf realisiert wird. Oder der Verkauf wird ein Mittel des Kaufens. – Zweitens: Schuldtitel, Wechsel etc., werden Zahlungsmittel für den Gläubiger. – Drittens: die Kompensation der Schuldtitel ersetzt das Geld.
23. Zins und Unternehmergewinn
Der Zins, wie wir in den beiden vorhergehenden Kapiteln gesehn, erscheint ursprünglich, ist ursprünglich, und bleibt in Wirklichkeit nichts als ein Teil des Profits, d.h. des Mehrwerts, den der fungierende Kapitalist, Industrieller oder Kaufmann, soweit er nicht eignes Kapital, sondern geliehenes Kapital anwendet, wegzahlen muß an den Eigentümer und Verleiher dieses Kapitals. Wendet er nur eignes Kapital an, so findet keine solche Teilung des Profits statt; dieser gehört ihm ganz. In der Tat, soweit die Eigner des Kapitals es selbst im Reproduktionsprozeß anwenden, konkurrieren sie nicht mit zur Bestimmung der Zinsrate, und schon hierin zeigt sich, wie die Kategorie des Zinses – unmöglich ohne die Bestimmung eines Zinsfußes – der Bewegung des industriellen Kapitals an sich fremd ist.
»The rate of interest may be defined to be that proportional sum which the lender is content to receive, and the borrower to pay, for a year or for any longer or shorter period for the use of a certain amount of moneyed capital... when the owner of capital employs it actively in reproduction, he does not come under the head of those capitalists, the proportion of whom, to the number of borrowers, determines the rate of interest.« (Th. Tooke, »Hist. of Prices«, London 1838, II, p. 355, 356.)
Es ist in der Tat nur die Trennung der Kapitalisten in Geldkapitalisten und industrielle Kapitalisten, die einen Teil des Profits in Zins verwandelt, die überhaupt die Kategorie des Zinses schafft; und es ist nur die Konkurrenz zwischen diesen beiden Sorten Kapitalisten, die den Zinsfuß schafft.
Solang das Kapital im Reproduktionsprozeß fungiert – selbst vorausgesetzt, es gehöre dem industriellen Kapitalisten selbst, so daß er es an keinen Verleiher zurückzuzahlen hat –, solange hat er zu seiner Verfügung als Privatmann nicht dies Kapital selbst, sondern nur den Profit, den er als Revenue verausgaben kann. Solang sein Kapital als Kapital fungiert, gehört es dem Reproduktionsprozeß, ist es darin festgelegt. Er ist zwar sein Eigentümer, aber dies Eigentum befähigt ihn nicht, solange er es als Kapital zur Ausbeutung von Arbeit benützt, in andrer Weise darüber zu verfügen. Ganz so verhält es sich mit dem Geldkapitalisten. Solange sein Kapital ausgeliehen ist und daher als Geldkapital wirkt, bringt es ihm Zins, einen Teil des Profits, aber über die Hauptsumme kann er nicht verfügen. Es erscheint dies, sobald er es, zum Beispiel für ein Jahr oder mehrere, verliehen und in gewissen Terminen Zins erhält ohne Rückzahlung des Kapitals. Aber selbst die Rückzahlung macht hier keinen Unterschied. Erhält er es zurück, so muß er es stets von neuem verleihen, solange es die Wirkung von Kapital – hier Geldkapital – für ihn haben soll. Solange es sich in seiner Hand befindet, trägt es keine Zinsen und wirkt nicht als Kapital; und solange es Zinsen trägt und als Kapital wirkt, befindet es sich nicht in seiner Hand. Daher die Möglichkeit, Kapital auf ewige Zeiten zu verleihen. Die folgenden Bemerkungen von Tooke gegen Bosanquet sind daher ganz falsch. Er zitiert Bosanquet (»Metallic, Paper, and Credit Currency«, p. 73):
»Wäre der Zinsfuß bis auf 1% herabgedrückt, so würde geborgtes Kapital beinahe auf gleiche Linie (on a par) gestellt mit eignem Kapital.«
Hierzu macht Tooke folgende Randglosse:
»Daß ein zu diesem, oder selbst zu noch niedrigerem Zinsfuß geborgtes Kapital gelten soll als beinahe auf derselben Linie stehend mit eignem Kapital, ist eine so befremdende Behauptung, daß sie kaum ernstliche Beachtung verdiente, käme sie nicht von einem so intelligenten und in einzelnen Punkten des Themas so wohlunterrichteten Schriftsteller. Hat er den Umstand übersehn, oder hält er ihn für wenig bedeutend, daß seine Voraussetzung die Bedingung der Rückzahlung einschließt?« (Th. Tooke, »An Inquiry into the Currency Principle«, 2nd ed., London 1844, p. 80.)
Wäre der Zins = 0, so stände der industrielle Kapitalist, der Kapital aufgenommen hat, sich gleich mit dem, der mit eignem Kapital arbeitet. Beide würden denselben Durchschnittsprofit einstecken, und als Kapital, ob geborgtes oder eignes, wirkt das Kapital nur, soweit es Profit produziert. Die Bedingung der Rückzahlung würde hieran nichts ändern. Je mehr der Zinsfuß sich Null nähert, also z.B. auf 1 % herabsinkt, um so mehr ist geborgtes Kapital mit eignem Kapital auf gleichen Fuß gestellt. Solange Geldkapital als Geldkapital existieren soll, muß es stets wieder ausgeliehen werden, und zwar zum bestehenden Zinsfuß, sage von 1 % und stets wieder an dieselbe Klasse der industriellen und merkantilen Kapitalisten. Solange diese als Kapitalisten fungieren, ist der Unterschied zwischen dem, der mit geborgtem, und dem, der mit eignem Kapital fungiert, nur der, daß der eine Zins zu zahlen hat und der andre nicht; der eine den Profit p ganz einsteckt, der andre p – z, den Profit minus den Zins; je mehr z sich Null nähert, um so mehr wird p – z = p, also um so mehr stehn beide Kapitale auf gleichem Fuß. Der eine muß das Kapital zurückzahlen und von neuem borgen; aber der andre, solang sein Kapital fungieren soll, muß es ebenfalls stets von neuem dem Produktionsprozeß vorschießen und hat keine von diesem Prozeß unabhängige Verfügung darüber. Der einzige sonst noch bleibende Unterschied ist der selbstverständliche, daß der eine Eigentümer seines Kapitals ist und der andre nicht.
Die Frage, die sich nun aufwirft, ist diese. Wie kommt es, daß diese rein quantitative Teilung des Profits in Nettoprofit und Zins in eine qualitative umschlägt? In andren Worten, wie kommt es, daß auch der Kapitalist, der nur sein eignes, kein geliehenes Kapital anwendet, einen Teil seines Bruttoprofits unter die besondre Kategorie des Zinses rangiert und als solchen besonders berechnet? Und daher weiter, daß alles Kapital, geliehenes oder nicht, als zinstragendes von sich selbst als Nettoprofit bringendem unterschieden wird?
Man erkennt, daß nicht jede zufällige quantitative Teilung des Profits in dieser Art in eine qualitative umschlägt. Z.B. einige industrielle Kapitalisten assoziieren sich zur Betreibung eines Geschäfts und verteilen dann den Profit untereinander nach juristisch festgesetzten Abmachungen. Andre treiben ihr Geschäft, jeder für sich, ohne Associé. Diese letzteren berechnen ihren Profit nicht unter zwei Kategorien, einen Teil als individuellen Profit, den andern als Kompanieprofit für die nichtexistierenden Gesellschafter. Hier schlägt also die quantitative Teilung nicht um in qualitative. Sie findet statt, wo zufällig der Eigentümer aus mehreren juristischen Personen besteht; sie findet nicht statt, wo dies nicht der Fall.
Um die Frage zu beantworten, müssen wir noch etwas länger verweilen bei dem wirklichen Ausgangspunkt der Zinsbildung; d.h. ausgehn von der Unterstellung, daß Geldkapitalist und produktiver Kapitalist sich wirklich gegenüberstehn, nicht nur als juristisch verschiedne Personen, sondern als Personen, die ganz verschiedne Rollen im Reproduktionsprozeß spielen oder in deren Hand dasselbe Kapital wirklich eine doppelte und gänzlich verschiedne Bewegung durchmacht. Der eine verleiht es nur, der andre wendet es produktiv an.
Für den produktiven Kapitalisten, der mit geliehenem Kapital arbeitet, zerfällt der Bruttoprofit in zwei Teile, den Zins, den er dem Verleiher zu zahlen hat, und den Überschuß über den Zins, der seinen eignen Anteil am Profit bildet. Ist die allgemeine Profitrate gegeben, so ist dieser letztre Teil bestimmt durch den Zinsfuß; ist der Zinsfuß gegeben, so durch die allgemeine Profitrate. Und ferner: wie immer der Bruttoprofit, die wirkliche Wertgröße des Gesamtprofits, in jedem einzelnen Fall abweichen mag von dem Durchschnittsprofit: der Teil, der dem fungierenden Kapitalisten gehört, ist bestimmt durch den Zins, da dieser durch den allgemeinen Zinsfuß (abgesehn von besondren juristischen Stipulationen) fixiert und als vorweggenommen vorausgesetzt ist, bevor der Produktionsprozeß beginnt, also bevor dessen Resultat, der Bruttoprofit erzielt ist. Wir haben gesehn, daß das eigentliche spezifische Produkt des Kapitals der Mehrwert, näher bestimmt der Profit ist. Aber für den Kapitalisten, der mit geborgtem Kapital arbeitet, ist es nicht der Profit, sondern der Profit minus dem Zins, der Teil des Profits, der ihm übrigbleibt nach Zahlung des Zinses. Dieser Teil des Profits erscheint ihm also notwendig als Produkt des Kapitals, soweit es fungiert; und dies ist für ihn wirklich, denn er vertritt das Kapital nur als fungierendes. Er ist seine Personifikation, soweit es fungiert, und es fungiert, soweit es profitbringend in der Industrie oder im Handel angelegt wird und mit ihm, durch seinen Anwender, die Operationen vorgenommen werden, die durch den jedesmaligen Geschäftszweig vorgeschrieben sind. Im Gegensatz zum Zins, den er aus dem Bruttoprofit an den Verleiher wegzuzahlen hat, nimmt der ihm zufallende noch übrige Teil des Profits also notwendig die Form des industriellen resp. kommerziellen Profits an, oder, um ihn mit einem deutschen Ausdruck zu bezeichnen, der beides einschließt, die Gestalt des Unternehmergewinns. Ist der Bruttoprofit gleich dem Durchschnittsprofit, so wird die Größe dieses Unternehmergewinns ausschließlich bestimmt durch den Zinsfuß. Weicht der Bruttoprofit ab vom Durchschnittsprofit, so ist die Differenz desselben vom Durchschnittsprofit (nach beiderseitigem Abzug des Zinses) durch alle die Konjunkturen bestimmt, welche eine zeitweilige Abweichung verursachen, sei es der Profitrate in einer besondren Produktionssphäre von der allgemeinen Profitrate, sei es des Profits, den ein einzelner Kapitalist in einer bestimmten Sphäre macht, vom Durchschnittsprofit dieser besondren Sphäre. Nun hat man aber gesehn, daß die Profitrate, innerhalb des Produktionsprozesses selbst, nicht nur vom Mehrwert abhängt, sondern von vielen andren Umständen: von den Einkaufspreisen der Produktionsmittel, von mehr als durchschnittlich produktiven Methoden, von Ökonomisierung des konstanten Kapitals etc. Und abgesehn vom Produktionspreis, hängt es von besondren Konjunkturen und bei jedem einzelnen Geschäftsabschluß von der größern oder geringem Schlauheit und Betriebsamkeit des Kapitalisten ab, ob und inwieweit dieser über oder unter dem Produktionspreis ein – oder verkauft, sich also innerhalb des Zirkulationsprozesses einen größern oder geringem Teil vom Gesamtmehrwert aneignet. Jedenfalls aber verwandelt sich die quantitative Teilung des Rohprofits hier in eine qualitative, und dies um so mehr, als die quantitative Teilung selbst davon abhängt, was zu verteilen ist, wie der aktive Kapitalist mit dem Kapital wirtschaftet und welchen Rohprofit es ihm als fungierendesA26 Kapital, d.h. infolge seiner Funktionen als aktiver Kapitalist abwirft. Der fungierende Kapitalist ist hier unterstellt als Nichteigen tümer des Kapitals. Das Eigentum am Kapital ist ihm gegenüber vertreten durch den Verleiher, den Geldkapitalisten. Der Zins, den er an diesen zahlt, erscheint also als der Teil des Rohprofits, der dem Kapitaleigentum als solchem zukommt. Im Gegensatz hierzu erscheint der Teil des Profits, der dem aktiven Kapitalisten zufällt, jetzt als Unternehmergewinn, entspringend ausschließlich aus den Operationen oder Funktionen, die er im Reproduktionsprozeß mit dem Kapital vollführt, speziell also den Funktionen, die er als Unternehmer in der Industrie oder dem Handel verrichtet. Ihm gegenüber erscheint also der Zins als bloße Frucht des Kapitaleigentums, des Kapitals an sich, abstrahiert vom Reproduktionsprozeß des Kapitals, soweit es nicht »arbeitet«, nicht fungiert; während ihm der Unternehmergewinn erscheint als ausschließliche Frucht der Funktionen, die er mit dem Kapital verrichtet, als Frucht der Bewegung und des Prozessierens des Kapitals, eines Prozessierens, das ihm nun als seine eigne Tätigkeit erscheint im Gegensatz zur Nichttätigkeit, zur Nichtbeteiligung des Geldkapitalisten am Produktionsprozeß. Diese qualitative Scheidung zwischen den beiden Teilen des Rohprofits, daß der Zins Frucht des Kapitals an sich, des Kapitaleigentums, abgesehn vom Produktionsprozeß, und der Unternehmergewinn Frucht des prozessierenden, im Produktionsprozeß wirkenden Kapitals und daher der aktiven Rolle ist, die der Anwender des Kapitals im Reproduktionsprozeß spielt – diese qualitative Scheidung ist keineswegs bloß subjektive Auffassung des Geldkapitalisten hier und des industriellen Kapitalisten dort. Sie beruht auf objektiver Tatsache, denn der Zins fließt dem Geldkapitalisten, dem Leiher zu, der bloßer Eigentümer des Kapitals ist, also das bloße Kapitaleigentum vertritt vor dem Produktionsprozeß und außerhalb des Produktionsprozesses; und der Unternehmergewinn fließt dem bloß fungierenden Kapitalisten zu, der Nichteigentümer des Kapitals ist.
Sowohl für den industriellen Kapitalisten, soweit er mit geborgtem Kapital arbeitet, wie für den Geldkapitalisten, soweit er sein Kapital nicht selbst anwendet, schlägt hiermit die bloß quantitative Teilung des Bruttoprofits zwischen zwei verschiedne Personen, die beide verschiedne Rechtstitel haben auf dasselbe Kapital und daher auf den von ihm erzeugten Profit, um in eine qualitative Teilung. Der eine Teil des Profits erscheint nun als an und für sich zukommende Frucht des Kapitals in einer Bestimmung, als Zins; der andre Teil erscheint als spezifische Frucht des Kapitals in einer entgegengesetzten Bestimmung und daher als Unternehmergewinn; der eine als bloße Frucht des Kapitaleigentums, der andre als Frucht des bloßen Fungierens mit dem Kapital, als Frucht des Kapitals als prozessierendem oder der Funktionen, die der aktive Kapitalist ausübt. Und diese Verknöcherung und Verselbständigung der beiden Teile des Rohprofits gegeneinander, als wenn sie aus zwei wesentlich verschiednen Quellen herrührten, muß sich nun für die gesamte Kapitalistenklasse und für das Gesamtkapital festsetzen. Und zwar einerlei, ob das vom aktiven Kapitalisten angewandte Kapital geborgt sei oder nicht oder ob das dem Geldkapitalisten gehörende Kapital von ihm selbst angewandt werde oder nicht. Der Profit jedes Kapitals, also auch der auf Ausgleichung der Kapitale unter sich begründete Durchschnittsprofit zerfällt oder wird zerlegt in zwei qualitativ verschiedne, gegeneinander selbständige und voneinander unabhängige Teile, Zins und Unternehmergewinn, die beide durch besondre Gesetze bestimmt werden. Der Kapitalist, der mit eignem Kapital, so gut wie der, der mit geborgtem arbeitet, teilt seinen Rohprofit ein in Zins, der ihm als Eigentümer, als seinem eignen Verleiher von Kapital an sich selbst, und in Unternehmergewinn, der ihm als aktivem, fungierendem Kapitalisten zukommt. Es wird so für diese Teilung, als qualitative, gleichgültig, ob der Kapitalist wirklich mit einem andern zu teilen hat oder nicht. Der Anwender des Kapitals, auch wenn er mit eignem Kapital arbeitet, zerfällt in zwei Personen, den bloßen Eigentümer des Kapitals und den Anwen der des Kapitals; sein Kapital selbst, mit Bezug auf die Kategorien von Profit, die es abwirft, zerfällt in Kapitaleigentum, Kapital außer dem Produktionsprozeß, das an sich Zins abwirft, und Kapital im Produktionsprozeß, das als prozessierend Unternehmergewinn abwirft.
Der Zins befestigt sich also derart, daß er nun nicht als eine der Produktion gleichgültige Teilung des Bruttoprofits auftritt, die nur dann gelegentlich stattfindet, wenn der Industrielle mit fremdem Kapital arbeitet. Auch wenn er mit eignem Kapital arbeitet, spaltet sich sein Profit in Zins und Unternehmergewinn. Hiermit wird die bloß quantitative Teilung zur qualitativen; sie findet statt unabhängig von dem zufälligen Umstand, ob der Industrielle Eigentümer oder Nichteigentümer seines Kapitals ist. Es sind nicht nur an verschiedne Personen verteilte Quota des Profits, sondern zwei verschiedne Kategorien desselben, die in verschiednem Verhältnis zum Kapital, also in einem Verhältnis zu verschiednen Bestimmtheiten des Kapitals stehn.
Es ergeben sich nun sehr einfach die Gründe, warum, sobald diese Teilung des Bruttoprofits in Zins und Unternehmergewinn einmal eine qualitative geworden ist, sie diesen Charakter einer qualitativen Teilung für das Gesamtkapital und die Gesamtklasse der Kapitalisten erhält.
Erstens folgt dies schon aus dem einfachen empirischen Umstand, daß die Mehrzahl der industriellen Kapitalisten, wenn auch in verschiednen Zahlenverhältnissen, mit eignem und erborgtem Kapital arbeitet und daß das Verhältnis zwischen eignem und erborgtem Kapital in verschiednen Perioden wechselt.
Zweitens: Die Verwandlung eines Teils des Bruttoprofits in die Form von Zins verwandelt seinen andren Teil in Unternehmergewinn. Dieser letztere ist in der Tat nur die gegensätzliche Form, die der Überschuß des Rohprofits über den Zins annimmt, sobald dieser als eigne Kategorie existiert. Die ganze Untersuchung, wie der Bruttoprofit sich in Zins und Unternehmergewinn differenziert, löst sich einfach auf in die Untersuchung, wie ein Teil des Bruttoprofits sich allgemein als Zins verknöchert und verselbständigt. Nun existiert aber historisch das zinstragende Kapital als eine fertige, überlieferte Form und daher der Zins als fertige Unterform des vom Kapital erzeugten Mehrwerts, lange bevor die kapitalistische Produktionsweise und die ihr entsprechenden Vorstellungen von Kapital und Profit existierten. Daher immer noch in der Volksvorstellung Geldkapital, zinstragendes Kapital als Kapital als solches, als Kapital par excellence gilt. Daher andrerseits die bis zur Zeit Massies vorherrschende Vorstellung, daß es das Geld als solches ist, was im Zins bezahlt wird. Der Umstand, daß verliehenes Kapital Zins abwirft, ob wirklich als Kapital verwandt oder nicht – auch wenn nur zur Konsumtion geborgt –, befestigt die Vorstellung von der Selbständigkeit dieser Form des Kapitals. Der beste Beweis von der Selbständigkeit, worin, in den ersten Perioden der kapitalistischen Produktionsweise, der Zins dem Profit und das zinstragende Kapital dem industriellen Kapital gegenüber erscheint, ist der, daß erst in der Mitte des 18. Jahrhunderts die Tatsache entdeckt wurde (von Massie und nach ihm von Hume), daß der Zins ein bloßer Teil des Bruttoprofits ist, und daß es überhaupt einer solchen Entdeckung bedurfte.
Drittens: Ob der industrielle Kapitalist mit eignem oder geborgtem Kapital arbeitet, ändert nichts an dem Umstand, daß ihm die Klasse der Geldkapitalisten als eine besondre Sorte Kapitalisten, das Geldkapital als eine selbständige Sorte des Kapitals und der Zins als die diesem spezifischen Kapital entsprechende selbständige Form des Mehrwerts gegenübersteht.
Qualitativ betrachtet ist der Zins Mehrwert, den das bloße Eigentum des Kapitals liefert, den das Kapital an sich abwirft, obgleich sein Eigentümer außerhalb des Reproduktionsprozesses stehnbleibt, den also Kapital abgesondert von seinem Prozeß abwirft.
Quantitativ betrachtet erscheint der Teil des Profits, der den Zins bildet, nicht auf das industrielle und kommerzielle Kapital als solches, sondern auf das Geldkapital bezogen, und die Rate dieses Teils des Mehrwerts, die Zinsrate oder der Zinsfuß, befestigt dies Verhältnis. Denn erstens wird der Zinsfuß – trotz seiner Abhängigkeit von der allgemeinen Profitrate – selbständig bestimmt, und zweitens erscheint er, wie der Marktpreis der Waren, der unfaßbaren Profitrate gegenüber als bei allem Wechsel festes, uniformes, handgreifliches und stets gegebnes Verhältnis. Befände sich alles Kapital in den Händen der industriellen Kapitalisten, so existierte kein Zins und kein Zinsfuß. Die selbständige Form, die die quantitative Teilung des Rohprofits annimmt, erzeugt die qualitative. Vergleicht sich der industrielle Kapitalist mit dem Geldkapitalisten, so unterscheidet ihn von diesem nur der Unternehmergewinn, als Überschuß des Rohprofits über den Durchschnittszins, der vermöge des Zinsfußes als empirisch gegebne Größe erscheint. Vergleicht er sich andrerseits mit dem industriellen Kapitalisten, der mit eignem statt geborgtem Kapital wirtschaftet, so unterscheidet dieser sich von ihm nur als Geldkapitalist, indem er den Zins selbst einsteckt, statt ihn wegzuzahlen. Nach beiden Seiten erscheint ihm der vom Zins unterschiedne Teil des Rohprofits als Unternehmergewinn und der Zins selbst als ein Mehrwert, den das Kapital an und für sich abwirft, und den es daher auch abwerfen würde ohne produktive Anwendung.
Für den einzelnen Kapitalisten ist dies praktisch richtig. Er hat die Wahl, ob er sein Kapital, sei es, daß es im Ausgangspunkt schon als Geldkapital existiert oder daß es erst in Geldkapital zu verwandeln ist, als zinstragendes Kapital verleihen oder als produktives Kapital selbst verwerten will. Allgemein gefaßt, d.h. auf das ganze Gesellschaftskapital angewendet, wie dies von einigen Vulgärökonomen geschieht und sogar als Grund des Profits angegeben wird, ist dies natürlich verrückt. Die Verwandlung des sämtlichen Kapitals in Geldkapital, ohne daß Leute da sind, die die Produktionsmittel kaufen und verwerten, in Form von denen das gesamte Kapital, abgesehn von dem in Geld existierenden, relativ kleinen Teil desselben, vorhanden ist, – dies ist natürlich Unsinn. Es steckt der noch größre Unsinn darin, daß auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise das Kapital Zins abwerfen würde, ohne als produktives Kapital zu fungieren, d.h. ohne Mehrwert zu schaffen, wovon der Zins nur ein Teil; daß die kapitalistische Produktionsweise ihren Gang gehn würde ohne die kapitalistische Produktion. Wollte ein ungebührlich großer Teil der Kapitalisten sein Kapital in Geldkapital verwandeln, so wäre die Folge ungeheure Entwertung des Geldkapitals und ungeheurer Fall des Zinsfußes; viele würden sofort in die Unmöglichkeit versetzt, von ihren Zinsen zu leben, also gezwungen, sich in industrielle Kapitalisten rückzuverwandeln. Aber wie gesagt, für den einzelnen Kapitalisten ist dies Tatsache. Er betrachtet daher notwendig, selbst wenn er mit eignem Kapital wirtschaftet, den Teil seines Durchschnittsprofits, der gleich dem Durchschnittszins, als Frucht seines Kapitals als solchen, abgesehn von dem Produktionsprozeß; und im Gegensatz zu diesem, im Zins verselbständigten Teil, den Überschuß des Rohprofits darüber als bloßen Unternehmergewinn.
Viertens: 〈Lücke im Manuskript.}
Es hat sich also gezeigt, daß der Teil des Profits, den der fungierende Kapitalist dem bloßen Eigentümer von geborgtem Kapital zu zahlen hat, sich verwandelt in die selbständige Form für einen Teil des Profits, den alles Kapital als solches, ob geborgt oder nicht, unter dem Namen Zins abwirft. Wie groß dieser Teil ist, hängt ab von der Höhe des Durchschnittszinsfußes. Sein Ursprung zeigt sich nur noch darin, daß der fungierende Kapitalist, soweit er Eigentümer seines Kapitals, nicht konkurriert – wenigstens nicht aktiv – bei Bestimmung des Zinsfußes. Die rein quantitative Teilung des Profits zwischen zwei Personen, die verschiedne Rechtstitel auf ihn haben, hat sich in eine qualitative Teilung verwandelt, die aus der Natur des Kapitals und des Profits selbst zu entspringen scheint. Denn wie man gesehn, sobald ein Teil des Profits allgemein die Form des Zinses annimmt, verwandelt sich die Differenz zwischen dem Durchschnittsprofit und dem Zins, oder der über dem Zins überschüssige Teil des Profits, in eine zum Zins gegensätzliche Form, in die des Unternehmergewinns. Diese beiden Formen, Zins und Unternehmergewinn, existieren nur in ihrem Gegensatz. Sie sind also beide nicht bezogen auf den Mehrwert, von dem sie nur in verschiednen Kategorien, Rubriken oder Namen fixierte Teile sind, sondern sie sind aufeinander bezogen. Weil der eine Teil des Profits sich in Zins verwandelt, deshalb erscheint der andre Teil als Unternehmergewinn.
Unter Profit verstehn wir hier immer den Durchschnittsprofit, da die Abweichungen, sei es des individuellen Profits, sei es des Profits in verschiednen Produktionssphären – also die mit dem Konkurrenzkampf und andren Umständen hin- und herwogenden Variationen in der Verteilung des Durchschnittsprofits oder Mehrwerts –, uns hier ganz gleichgültig sind. Es gilt dies überhaupt für die ganze vorliegende Untersuchung.
Der Zins ist nun der Nettoprofit, wie Ramsay ihn bezeichnet, den das Kapitaleigentum als solches abwirft, sei es dem bloßen Verleiher, der außerhalb des Reproduktionsprozesses stehnbleibt, sei es dem Eigentümer, der sein Kapital selbst produktiv verwendet. Aber auch diesem wirft es diesen Nettoprofit ab, nicht soweit er fungierender Kapitalist, sondern soweit er Geldkapitalist, Verleiher seines eignen Kapitals, als eines zinstragenden, an sich selbst als fungierenden Kapitalisten ist. Wie die Verwandlung von Geld und überhaupt von Wert in Kapital das stete Resultat, ist sein Dasein als Kapital ebensosehr die stete Voraussetzung des kapitalistischen Produktionsprozesses. Durch seine Fähigkeit, sich in Produktionsmittel zu verwandeln, kommandiert es beständig unbezahlte Arbeit und verwandelt daher den Produktions- und Zirkulationsprozeß der Waren in die Produktion von Mehrwert für seinen Besitzer. Der Zins ist also nur der Ausdruck davon, daß Wert überhaupt – die vergegenständlichte Arbeit in ihrer allgemein gesellschaftlichen Form – Wert, der im wirklichen Produktionsprozeß die Gestalt der Produktionsmittel annimmt, als selbständige Macht der lebendigen Arbeitskraft gegenübersteht und das Mittel ist, sich unbezahlte Arbeit anzueignen; und daß er diese Macht ist, indem er als fremdes Eigentum dem Arbeiter gegenübersteht. Andrerseits jedoch ist in der Form des Zinses dieser Gegensatz gegen die Lohnarbeit ausgelöscht; denn das zinstragende Kapital hat als solches nicht die Lohnarbeit, sondern das fungierende Kapital zu seinem Gegensatz; der verleihende Kapitalist steht als solcher direkt dem im Reproduktionsprozeß wirklich fungierenden Kapitalisten gegenüber, nicht aber dem Lohnarbeiter, der gerade auf Grundlage der kapitalistischen Produktion von den Produktionsmitteln expropriiert ist. Das zinstragende Kapital ist das Kapital als Eigentum gegenüber dem Kapital als Funktion. Aber soweit das Kapital nicht fungiert, exploitiert es nicht die Arbeiter und tritt in keinen Gegensatz zur Arbeit.
Andrerseits bildet der Unternehmergewinn keinen Gegensatz zur Lohnarbeit, sondern nur zum Zins.
Erstens: Den Durchschnittsprofit als gegeben vorausgesetzt, ist die Rate des Unternehmergewinns nicht durch den Arbeitslohn bestimmt, sondern durch den Zinsfuß. Sie ist hoch oder niedrig im umgekehrten Verhältnis zu diesem.73
Zweitens: Der fungierende Kapitalist leitet seinen Anspruch auf den Unternehmergewinn, also den Unternehmergewinn selbst ab, nicht von seinem Eigentum am Kapital, sondern von der Funktion des Kapitals im Gegensatz zu der Bestimmtheit, worin es nur als träges Eigentum existiert. Dies erscheint als unmittelbar vorhandner Gegensatz, sobald er mit geliehenem Kapital operiert, wo Zins und Unternehmergewinn daher zwei verschiednen Personen zufallen. Der Unternehmergewinn entspringt aus der Funktion des Kapitals im Reproduktionsprozeß, also infolge der Operationen, der Tätigkeit, wodurch der fungierende Kapitalist diese Funktionen des industriellen und merkantilen Kapitals vermittelt. Aber Repräsentant des fungierenden Kapitals sein, ist keine Sinekure, wie die Repräsentation des zinstragenden Kapitals. Auf Basis der kapitalistischen Produktion dirigiert der Kapitalist den Produktionsprozeß wie den Zirkulationsprozeß. Die Exploitation der produktiven Arbeit kostet Anstrengung, ob er sie selbst verrichte oder in seinem Namen von andern verrichten lasse. Im Gegensatz zum Zins stellt sich ihm also sein Unternehmergewinn dar als unabhängig vom Kapitaleigentum, vielmehr als Resultat seiner Funktionen als Nichteigentümer, als – Arbeiter.
Es entwickelt sich daher notwendig in seinem Hirnkasten die Vorstellung, daß sein Unternehmergewinn – weit entfernt, irgendeinen Gegensatz zur Lohnarbeit zu bilden und nur unbezahlte fremde Arbeit zu sein – vielmehr selbst Arbeitslohn ist, Aufsichtslohn, wages of superintendence of labour, höherer Lohn als der des gewöhnlichen Lohnarbeiters, 1. weil sie kompliziertere Arbeit, 2. weil er sich selbst den Arbeitslohn auszahlt. Daß seine Funktion als Kapitalist darin besteht, Mehrwert, d.h. unbezahlte Arbeit zu produzieren, und zwar unter den ökonomischsten Bedingungen, wird vollständig vergessen über dem Gegensatz, daß der Zins dem Kapitalisten zufällt, auch wenn er keine Funktion als Kapitalist ausübt, sondern bloßer Eigentümer des Kapitals ist; und daß dagegen der Unternehmergewinn dem fungierenden Kapitalisten zufällt, auch wenn er Nichteigentümer des Kapitals ist, womit er fungiert. Über der gegensätzlichen Form der beiden Teile, worin der Profit, also der Mehrwert zerfällt, wird vergessen, daß beide bloß Teile des Mehrwerts sind und daß seine Teilung nichts an seiner Natur, seinem Ursprung und seinen Existenzbedingungen ändern kann.
Im Reproduktionsprozeß vertritt der fungierende Kapitalist das Kapital als fremdes Eigentum gegenüber den Lohnarbeitern und nimmt der Geldkapitalist, als vertreten durch den fungierenden Kapitalisten, an der Exploitation der Arbeit teil. Daß nur als Repräsentant der Produktionsmittel gegenüber den Arbeitern der aktive Kapitalist die Funktion ausüben kann, die Arbeiter für sich arbeiten oder die Produktionsmittel als Kapital fungieren zu lassen, dies wird vergessen über dem Gegensatz von Funktion des Kapitals im Reproduktionsprozeß gegenüber bloßem Eigentum am Kapital außerhalb des Reproduktionsprozesses.
In der Tat ist in der Form, die die beiden Teile des Profits, d.h. des Mehrwerts, als Zins und Unternehmergewinn annehmen, kein Verhältnis zur Arbeit ausgedrückt, weil dies Verhältnis nur existiert zwischen ihr und dem Profit oder vielmehr dem Mehrwert als der Summe, dem Ganzen, der Einheit dieser beiden Teile. Das Verhältnis, worin der Profit geteilt wird, und die verschiednen Rechtstitel, worunter diese Teilung geschieht, setzen den Profit als fertig, setzen sein Dasein voraus. Ist daher der Kapitalist Eigentümer des Kapitals, womit er fungiert, so steckt er den ganzen Profit oder Mehrwert ein; es ist für den Arbeiter ganz gleichgültig, ob er dies tut oder ob er einen Teil an eine dritte Person als juristischen Eigentümer wegzuzahlen hat. Die Teilungsgründe des Profits unter zwei Sorten Kapitalisten verwandeln sich so unter der Hand in die Existenzgründe des zu teilenden Profits, des Mehrwerts, den abgesehn vonA27 aller spätern Teilung das Kapital als solches aus dem Reproduktionsprozeß herauszieht. Daraus, daß der Zins dem Unternehmergewinn und der Unternehmergewinn dem Zins, beide einander, aber nicht der Arbeit gegenüberstehn, folgt – daß Unternehmergewinn plus Zins, d.h. der Profit, weiter der Mehrwert, worauf beruhn? Auf der gegensätzlichen Form seiner beiden Teile! Der Profit wird aber produziert, ehe diese Teilung mit ihm vorgenommen wird und ehe von ihr die Rede sein kann.
Das zinstragende Kapital bewährt sich nur als solches, soweit das verliehene Geld wirklich in Kapital verwandelt und ein Überschuß produziert wird, wovon der Zins ein Teil. Allein dies hebt nicht auf, daß ihm, unabhängig vom Produktionsprozeß, das Zinstragen als Eigenschaft eingewachsen. Die Arbeitskraft bewährt ja auch nur ihre wertschaffende Kraft, wenn sie im Arbeitsprozeß betätigt und realisiert wird; aber dies schließt nicht aus, daß sie an sich, potentiell, als Vermögen, die wertschaffende Tätigkeit ist und als solche aus dem Prozeß nicht erst entsteht, sondern ihm vielmehr vorausgesetzt ist. Als Fähigkeit, Wert zu schaffen, wird sie gekauft. Es kann einer sie auch kaufen, ohne sie produktiv arbeiten zu lassen; z.B. zu rein persönlichen Zwecken, Bedienung usw. So mit dem Kapital. Es ist Sache des Borgers, ob er es als Kapital vernutzt, also die ihm inhärente Eigenschaft, Mehrwert zu produzieren, wirklich in Tätigkeit setzt. Was er zahlt, ist in beiden Fällen der an sich, der Möglichkeit nach, in der Ware Kapital eingeschloßne Mehrwert.
Gehn wir nun näher ein auf den Unternehmergewinn.
Indem das Moment der spezifischen gesellschaftlichen Bestimmtheit des Kapitals in der kapitalistischen Produktionsweise – das Kapitaleigentum, das die Eigenschaft besitzt, Kommando über die Arbeit anderer zu sein – fixiert wird und der Zins daher erscheint als der Teil des Mehrwerts, den das Kapital in dieser Beziehung erzeugt, erscheint der andre Teil des Mehrwerts – der Unternehmergewinn – notwendig so, daß er nicht aus dem Kapital als Kapital, sondern aus dem Produktionsprozeß stammt, getrennt von seiner spezifischen gesellschaftlichen Bestimmtheit, die ja in dem Ausdruck Kapitalzins schon ihre besondre Existenzweise erhalten hat. Vom Kapital getrennt, ist aber der Produktionsprozeß Arbeitsprozeß überhaupt. Der industrielle Kapitalist, als unterschieden vom Kapitaleigentümer, erscheint daher nicht als fungierendes Kapital, sondern als Funktionär auch abgesehn vom Kapital, als einfacher Träger des Arbeitsprozesses überhaupt, als Arbeiter, und zwar als Lohnarbeiter.
Der Zins an sich drückt gerade das Dasein der Arbeitsbedingungen als Kapital, in ihrem gesellschaftlichen Gegensatz zur Arbeit, und in ihrer Verwandlung in persönliche Mächte gegenüber der Arbeit und über dieA28 Arbeit aus. Er stellt das bloße Kapitaleigentum dar als Mittel, sich Produkte fremder Arbeit anzueignen. Aber er stellt diesen Charakter des Kapitals dar als etwas, das ihm außerhalb des Produktionsprozesses zukommt und das keineswegs das Resultat der spezifisch kapitalistischen Bestimmtheit dieses Produktionsprozesses selbst ist. Er stellt es dar, nicht in direktem Gegensatz zur Arbeit, sondern umgekehrt, ohne Verhältnis zur Arbeit und als bloßes Verhältnis eines Kapitalisten zum andern. Also als eine dem Verhältnis des Kapitals zur Arbeit selbst äußerliche und gleichgültige Bestimmung. In dem Zins also, in der besondern Gestalt des Profits, worin sich der gegensätzliche Charakter des Kapitals einen selbständigen Ausdruck gibt, gibt er sich ihn so, daß dieser Gegensatz darin völlig ausgelöscht ist und ganz von ihm abstrahiert wird. Der Zins ist ein Verhältnis zwischen zwei Kapitalisten, nicht zwischen Kapitalist und Arbeiter.
Andrerseits gibt diese Form des Zinses dem andern Teil des Profits die qualitative Form des Unternehmergewinns, weiter des Aufsichtslohns. Die besondren Funktionen, die der Kapitalist als solcher zu verrichten hat, und die ihm gerade im Unterschied von und Gegensatz zu den Arbeitern zukommen, werden als bloße Arbeitsfunktionen dargestellt. Er schafft Mehrwert, nicht weil er als Kapitalist arbeitet, sondern weil er, abgesehn von seiner Eigenschaft als Kapitalist, auch arbeitet. Dieser Teil des Mehrwerts ist also gar nicht mehr Mehrwert, sondern sein Gegenteil, Äquivalent für vollbrachte Arbeit. Da der entfremdete Charakter des Kapitals, sein Gegensatz zur Arbeit, jenseits des wirklichen Exploitationsprozesses verlegt wird, nämlich ins zinstragende Kapital, so erscheint dieser Exploitationsprozeß selbst als ein bloßer Arbeitsprozeß, wo der fungierende Kapitalist nur andre Arbeit verrichtet als der Arbeiter. So daß die Arbeit des Exploitierens und die exploitierte Arbeit, beide als Arbeit, identisch sind. Die Arbeit des Exploitierens ist ebensogut Arbeit, wie die Arbeit, die exploitiert wird. Auf den Zins fällt die gesellschaftliche Form des Kapitals, aber in einer neutralen und indifferenten Form ausgedrückt; auf den Unternehmergewinn fällt die ökonomische Funktion des Kapitals, aber von dem bestimmten, kapitalistischen Charakter dieser Funktion abstrahiert.
Es geht hier im Bewußtsein des Kapitalisten ganz dasselbe vor, wie bei den im Abschn. II dieses Buchs angedeuteten Kompensationsgründen in der Ausgleichung zum Durchschnittsprofit. Diese Kompensationsgründe, die bestimmend in die Verteilung des Mehrwerts eingehn, verdrehen sich in der kapitalistischen Vorstellungsweise in Entstehungsgründe und (subjektive) Rechtfertigungsgründe des Profits selbst.
Die Vorstellung des Unternehmergewinns als Aufsichtslohns der Arbeit, die aus seinem Gegensatz zum Zins entsteht, findet weitern Halt darin, daß in der Tat ein Teil des Profits als Arbeitslohn abgesondert werden kann und sich wirklich absondert, oder vielmehr umgekehrt, daß ein Teil des Arbeitslohns, auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise, als integrierender Bestandteil des Profits erscheint. Dieser Teil, wie schon A. Smith richtig herausfand, stellt sich rein dar, selbständig und gänzlich getrennt einerseits vom Profit (als Summe von Zins und Unternehmergewinn), andrerseits von dem Teil des Profits, der nach Abzug des Zinses als sogenannter Unternehmergewinn übrigbleibt, in dem Gehalt des Dirigenten in solchen Geschäftszweigen, deren Ausdehnung usw. hinreichende Teilung der Arbeit erlaubt, um besondren Arbeitslohn für einen Dirigenten zu gestatten.
Die Arbeit der Oberaufsicht und Leitung entspringt notwendig überall, wo der unmittelbare Produktionsprozeß die Gestalt eines gesellschaftlich kombinierten Prozesses hat und nicht als vereinzelte Arbeit der selbständigen Produzenten auftritt.74 Sie ist aber doppelter Natur.
Einerseits in allen Arbeiten, worin viele Individuen kooperieren, stellt sich notwendig der Zusammenhang und die Einheit des Prozesses in einem kommandierenden Willen dar, und in Funktionen, die nicht die Teilarbeiten, sondern die Gesamttätigkeit der Werkstatt betreffen, wie bei dem Direktor eines Orchesters. Es ist dies eine produktive Arbeit, die verrichtet werden muß in jeder kombinierten Produktionsweise.
Andrerseits – ganz abgesehn vom kaufmännischen Departement – entspringt diese Arbeit der Oberaufsicht notwendig in allen Produktionsweisen, die auf dem Gegensatz zwischen dem Arbeiter als dem unmittelbaren Produzenten und dem Eigentümer der Produktionsmittel beruhn. Je größer dieser Gegensatz, desto größer die Rolle, die diese Arbeit der OberaufsichtA29 spielt. Sie erreicht daher ihr Maximum im Sklavensystem.75 Sie ist aber auch in der kapitalistischen Produktionsweise unentbehrlich, da hier der Produktionsprozeß zugleich Konsumtionsprozeß der Arbeitskraft durch den Kapitalisten ist. Ganz wie in despotischen Staaten die Arbeit der Oberaufsicht und allseitigen Einmischung der Regierung beides einbegreift: sowohl die Verrichtung der gemeinsamen Geschäfte, die aus der Natur aller Gemeinwesen hervorgehn, wie die spezifischen Funktionen, die aus dem Gegensatz der Regierung zu der Volksmasse entspringen.
Bei den antiken Schriftstellern, die das Sklavensystem vor sich haben, finden sich in der Theorie, wie es denn in der Praxis der Fall war, beide Seiten der Aufsichtsarbeit ganz ebenso unzertrennlich zusammen wie bei den modernen Ökonomen, die die kapitalistische Produktionsweise als die absolute Produktionsweise ansehn. Andrerseits, wie ich gleich an einem Beispiel zeigen werde, wissen die Apologeten des modernen Sklavensystems ganz ebenso die Aufsichtsarbeit als Rechtfertigungsgrund der Sklaverei zu vernutzen, wie die andren Ökonomen als Grund des Lohnarbeitssystems.
Der villicus zur Zeit Catos:
»An der Spitze der GutssklavenschaftA30 (familia rustica) stand der Wirtschafter (villicus von villa), der einnimmt und ausgibt, kauft und verkauft, die Instruktionen des Herrn entgegennimmt und in dessen Abwesenheit anordnet und straft... Der Wirtschafter stand natürlich freier als die übrigen Knechte; die Magonischen Bücher raten, ihm Ehe, Kindererzeugung und eigne Kasse zu gestatten, und Cato, ihn mit der Wirtschafterin zu verheiraten; er allein wird auch Aussicht gehabt haben, im Fall des Wohlverhaltens von dem Herrn die Freiheit zu erlangen. Im übrigen bildeten alle einen gemeinschaftlichen Hausstand... Ein jeder Sklave, auch der Wirtschafter selbst, erhielt seine Bedürfnisse auf Rechnung des Herrn in gewissen Fristen nach festen Sätzen geliefert, womit er dann auszukommen hatte... Die Quantität richtete sich nach der Arbeit, weshalb z.B. der Wirtschafter, der leichtere Arbeit hatte als die Knechte, knapperes Maß als diese empfing.« (Mommsen, »Römische Geschichte«, Zweite Auflage, 1856, I, p. 809, 810.)
Aristoteles:
Ho gar despotês ouk en tô ktasthai tous doulous, all' en tô chrêsthai doulois; (Denn der Herr – Kapitalist – betätigt sich als solcher nicht im Erwerben der Sklaven – dem Kapitaleigentum, das die Macht gibt, Arbeit zu kaufen –, sondern im Benutzen der Sklaven – der Verwendung von Arbeitern – heute Lohnarbeitern im Produktionsprozeß.) Esti d'hautê hê epistêmê ouden mega echousa oude semnon; (Es ist aber mit dieser Wissenschaft nichts Großes oder Erhabnes;) ha gar ton doulon epistasthai dei poiein, ekeinon dei tauta epistasthai epitattein; (was nämlich der Sklave zu verrichten verstehn muß, das soll jener verstehn zu befehlen.) Dio hosois exousia mê autous kakopathein, epitropos lambanei tautên tên timên, autoi de politeuontai ê philosophousin (Wo die Herren sich selbst damit zu placken nicht nötig haben, da übernimmt der Aufseher diese Ehre, sie selbst aber treiben Staatsgeschäfte oder philosophieren.) (Arist. »Respubl.« ed. Bekker, lib. I, 7.)
Daß die Herrschaft, wie im politischen, so im ökonomischen Gebiet, den Gewalthabern die Funktionen des Herrschens auflegt, d.h. auf ökonomischem Gebiet also, daß sie verstehn müssen, die Arbeitskraft zu konsumieren – sagt Aristoteles mit dürren Worten und fügt hinzu, daß kein großes Wesen mit dieser Aufsichtsarbeit zu machen sei, weshalb der Herr, sobald er vermögend genug ist, die »Ehre« dieser Plackerei einem Aufseher überläßt.
Die Arbeit der Leitung und Oberaufsicht, soweit sie nicht eine besondre, aus der Natur aller kombinierten gesellschaftlichen Arbeit hervorgehende Funktion ist, sondern aus dem Gegensatz zwischen dem Eigentümer der Produktionsmittel und dem Eigentümer der bloßen Arbeitskraft entspringt – sei es nun, daß die letztere mit dem Arbeiter selbst gekauft wird, wie im Sklavensystem, oder daß der Arbeiter selbst seine Arbeitskraft verkauft und der Produktionsprozeß daher zugleich als der Konsumtionsprozeß seiner Arbeit durch das Kapital erscheint –, diese aus der Knechtschaft des unmittelbaren Produzenten entspringende Funktion ist oft genug zum Rechtfertigungsgrund dieses Verhältnisses selbst gemacht, und die Exploitation, die Aneignung fremder unbezahlter Arbeit ist ebensooft als der dem Eigentümer des Kapitals gebührende Arbeitslohn dargestellt worden. Aber nie besser als von einem Verteidiger der Sklaverei in den Vereinigten Staaten, von einem Advokaten O'Conor auf einem Meeting zu New York, 19. Dez. 1859, unter dem Panier: »Gerechtigkeit für den Süden.«
»Now, gentlemen«, sagte er unter großem Applaus, »die Natur selbst hat den Neger zu dieser Knechtschaftslage bestimmt. Er hat die Stärke und ist kräftig zur Arbeit; aber die Natur, die ihm diese Stärke gab, verweigerte ihm sowohl den Verstand zum Regieren, wie den Willen zur Arbeit.« (Beifall.) »Beide sind ihm verweigert! Und dieselbe Natur, die ihm den Willen zur Arbeit vorenthielt, gab ihm einen Herrn, diesen Willen zu erzwingen und ihn in dem Klima, wofür er geschaffen, zu einem nützlichen Diener zu machen, sowohl für sich selbst, wie für den Herrn, der ihn regiert. Ich behaupte, daß es keine Ungerechtigkeit ist, den Neger in der Lage zu lassen, worin die Natur ihn gestellt hat; ihm einen Herrn zu geben, der ihn regiert; und man beraubt ihn keines seiner Rechte, wenn man ihn zwingt, dafür auch wieder zu arbeiten und seinem Herrn eine gerechte Entschädigung zu liefern für die Arbeit und Talente, die er anwendet, um ihn zu regieren und ihn für sich selbst und für die Gesellschaft nützlich zu machen.«
Nun muß auch der Lohnarbeiter wie der Sklave einen Herrn haben, um ihn arbeiten zu machen und ihn zu regieren. Und dies Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnis vorausgesetzt, ist es in der Ordnung, daß der Lohnarbeiter gezwungen wird, seinen eignen Arbeitslohn zu produzieren und obendrein den Aufsichtslohn, eine Kompensation für die Arbeit der Herrschaft und Oberaufsicht über ihn, »und seinem Herrn eine gerechte Entschädigung zu liefern für die Arbeit und Talente, die er anwendet, um ihn zu regieren und ihn für sich und für die Gesellschaft nützlich zu machen«.
Die Arbeit der Oberaufsicht und Leitung, soweit sie aus dem gegensätzlichen Charakter, aus der Herrschaft des Kapitals über die Arbeit entspringt und daher allen auf dem Klassengegensatz beruhenden Produktionsweisen mit der kapitalistischen gemeinsam ist, ist auch im kapitalistischen System unmittelbar und unzertrennbar verquickt mit den produktiven Funktionen, die alle kombinierte gesellschaftliche Arbeit einzelnen Individuen als besondre Arbeit auferlegt. Der Arbeitslohn eines Epitropos oder régisseur, wie er im feudalen Frankreich hieß, trennt sich vollständig vom Profit und nimmt auch die Form des Arbeitslohns für geschickte Arbeit an, sobald das Geschäft auf hinreichend großer Stufenleiter betrieben wird, um einen solchen Dirigenten (manager) zu zahlen, obgleich deswegen unsre industriellen Kapitalisten noch lange nicht »Staatsgeschäfte treiben oder philosophieren«.
Daß nicht die industriellen Kapitalisten, sondern die industriellen managers »die Seele unsres Industriesystems« sind, hat schon Herr Ure bemerkt.76 Was den merkantilen Teil des Geschäfts angeht, so ist das Nötige darüber bereits im vorigen Abschnitt gesagt.
Die kapitalistische Produktion selbst hat es dahin gebracht, daß die Arbeit der Oberleitung, ganz getrennt vom Kapitaleigentum, auf der Straße herumläuft. Es ist daher nutzlos geworden, daß diese Arbeit der Oberleitung vom Kapitalisten ausgeübt werde. Ein Musikdirektor braucht durchaus nicht Eigentümer der Instrumente des Orchesters zu sein, noch gehört es zu seiner Funktion als Dirigent, daß er irgend etwas mit dem »Lohn« der übrigen Musikanten zu tun hat. Die Kooperativfabriken liefern den Beweis, daß der Kapitalist als Funktionär der Produktion ebenso überflüssig geworden, wie er selbst, in seiner höchsten Ausbildung, den Großgrundbesitzer überflüssig findet. Soweit die Arbeit des Kapitalisten nicht aus dem Produktionsprozeß als bloß kapitalistischem hervorgeht, also [nicht] mit dem Kapital von selbst aufhört; soweit sie sich nicht auf die Funktion beschränkt, fremde Arbeit zu exploitieren; soweit sie also aus der Form der Arbeit als gesellschaftlicher hervorgeht, aus der Kombination und Kooperation vieler zu einem gemeinsamen Resultat, ist sie ganz ebenso unabhängig vom Kapital, wie diese Form selbst, sobald sie die kapitalistische Hülle gesprengt hat. Sagen, daß diese Arbeit, als kapitalistische Arbeit, als Funktion des Kapitalisten notwendig sei, heißt nichts, als daß sich der Vulgus die im Schoß der kapitalistischen Produktionsweise entwickelten Formen nicht vorstellen kann, getrennt und befreit von ihrem gegensätzlichen kapitalistischen Charakter. Dem Geldkapitalisten gegenüber ist der industrielle Kapitalist Arbeiter, aber Arbeiter als Kapitalist, d.h. als Exploiteur fremder Arbeit. Der Lohn, den er für diese Arbeit beansprucht und bezieht, ist genau gleich dem angeeigneten Quantum fremder Arbeit und hängt direkt ab, soweit er sich der notwendigen Mühe der Exploitation unterzieht, vom Ausbeutungsgrad dieser Arbeit, nicht aber vom Grad der Anstrengung, die diese Exploitation ihm kostet und die er gegen mäßige Zahlung auf einen Dirigenten abwälzen kann. Nach jeder Krisis kann man in den englischen Fabrikbezirken genug Ex-Fabrikanten sehn, die ihre eignen frühern Fabriken jetzt als Dirigenten der neuen Eigentümer, oft ihrer Gläubiger77, für einen billigen Lohn beaufsichtigen.
Der Verwaltungslohn, sowohl für den merkantilen wie den industriellen Dirigenten, erscheint vollständig getrennt vom Unternehmergewinn sowohl in den Kooperativfabriken der Arbeiter wie in den kapitalistischen Aktienunternehmungen. Die Trennung des Verwaltungslohns vom Unternehmergewinn, die sonst zufällig erscheint, ist hier konstant. Bei der Kooperativfabrik fällt der gegensätzliche Charakter der Aufsichtsarbeit weg, indem der Dirigent von den Arbeitern bezahlt wird, statt ihnen gegenüber das Kapital zu vertreten. Die Aktienunternehmungen überhaupt – entwickelt mit dem Kreditwesen – haben die Tendenz, diese Verwaltungsarbeit als Funktion mehr und mehr zu trennen von dem Besitz des Kapitals, sei es eignes oder geborgtes; ganz wie mit der Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft die richterlichen und Verwaltungsfunktionen sich trennen von dem Grundeigentum, dessen Attribute sie in der Feudalzeit waren. Indem aber einerseits dem bloßen Eigentümer des Kapitals, dem Geldkapitalisten der fungierende Kapitalist gegenübertritt und mit der Entwicklung des Kredits dies Geldkapital selbst einen gesellschaftlichen Charakter annimmt, in Banken konzentriert und von diesen, nicht mehr von seinen unmittelbaren Eigentümern ausgeliehen wird; indem andrerseits aber der bloße Dirigent, der das Kapital unter keinerlei Titel besitzt, weder leihweise noch sonstwie, alle realen Funktionen versieht, die dem fungierenden Kapitalisten als solchem zukommen, bleibt nur der Funktionär und verschwindet der Kapitalist als überflüssige Person aus dem Produktionsprozeß.
Aus den öffentlichen Rechnungsablagen78 der Kooperativfabriken in England sieht man, daß – nach Abzug des Lohns des Dirigenten, der einen Teil des ausgelegten variablen Kapitals bildet, ganz wie der Lohn der übrigen Arbeiter – der Profit größer war als der Durchschnittsprofit, obgleich sie stellenweise einen viel höhern Zins zahlten als die Privatfabrikanten. Die Ursache des höhern Profits war in allen diesen Fällen größere Ökonomie in Anwendung des konstanten Kapitals. Was uns aber dabei interessiert, ist, daß hier der Durchschnittsprofit (= Zins + Unternehmergewinn) sich faktisch und handgreiflich als eine vom Verwaltungslohn ganz und gar unabhängige Größe darstellt. Da der Profit hier größer als der Durchschnittsprofit, war auch der Unternehmergewinn größer als sonst.
Dasselbe Faktum zeigt sich in einigen kapitalistischen Aktienunternehmungen, z.B. Aktienbanken (Joint Stock Banks). Die London und Westminster Bank zahlte 1863 30% jährliche Dividende, die Union Bank of London und andre 15%. Vom Bruttoprofit geht hier außer dem Salair der Dirigenten der Zins ab, der für Depositen gezahlt wird. Der hohe Profit erklärt sich hier aus der geringen Proportion des eingezahlten Kapitals zu den Depositen. Z.B. bei der London and Westminster Bank 1863: Eingezahltes Kapital 1000000 Pfd. St.; Depositen 14540275 Pfd. St. Bei der Union Bank of London 1863: Eingezahltes Kapital 600000 Pfd. St.; Depositen 12384173 Pfd. St.
Die Verwechslung des Unternehmergewinns mit dem Aufsichts- oder Verwaltungslohn entstand ursprünglich aus der gegensätzlichen Form, die der Überschuß des Profits über den Zins im Gegensatz zum Zins annimmt. Sie wurde weiter entwickelt aus der apologetischen Absicht, den Profit nicht als Mehrwert, d.h. als unbezahlte Arbeit, sondern als Arbeitslohn des Kapitalisten selbst für verrichtete Arbeit darzustellen. Dem stellte sich dann von Seiten der Sozialisten die Forderung gegenüber, den Profit faktisch auf das zu reduzieren, was er theoretisch zu sein vorgab, nämlich auf bloßen Aufsichtslohn. Und diese Forderung trat der theoretischen Beschönigung um so unangenehmer entgegen, je mehr dieser Aufsichtslohn einerseits sein bestimmtes Niveau und seinen bestimmten Marktpreis fand, wie aller andre Arbeitslohn, mit der Bildung einer zahlreichen Klasse industrieller und kommerzieller Dirigenten79; und je mehr er andrerseits sank, wie aller Lohn für geschickte Arbeit, mit der allgemeinen Entwicklung, die die Produktionskosten spezifisch geschulter Arbeitskraft herabsetzt.80 Mit der Entwicklung der Kooperation auf seiten der Arbeiter, der Aktienunternehmungen auf seiten der Bourgeoisie wurde auch der letzte Vorwand zur Verwechslung des Unternehmergewinns mit dem Verwaltungslohn unter den Füßen weggezogen und erschien der Profit auch praktisch, als was er theoretisch unleugbar war, als bloßer Mehrwert, Wert, für den kein Äquivalent gezahlt ist, realisierte unbezahlte Arbeit; so daß der fungierende Kapitalist die Arbeit wirklich exploitiert und die Frucht seiner Exploitation, wenn er mit geborgtem Kapital arbeitet, sich teilt in Zins und in Unternehmergewinn, Überschuß des Profits über den Zins.
Auf Basis der kapitalistischen Produktion entwickelt sich bei Aktienunternehmungen ein neuer Schwindel mit dem Verwaltungslohn, indem neben und über dem wirklichen Dirigenten eine Anzahl Verwaltungs- und Aufsichtsräte auftritt, bei denen in der Tat Verwaltung und Aufsicht bloßer Vorwand zur Plünderung der Aktionäre und zur Selbstbereicherung wird. Hierüber findet man sehr artige Details in: »The City or the Physiology of London Business; with Sketches on ›Change, and the Coffee Houses‹«, London 1845.
»Was Bankiers und Kaufleute gewinnen dadurch, daß sie an der Direktion von acht oder neun verschiednen Kompanien beteiligt sind, mag man aus folgendem Beispiel ersehn: die Privatbilanz des Herrn Timothy Abraham Curtis, eingereicht beim Bankrottgericht bei seiner Fallite, zeigte ein Einkommen von 800 – 900 Pfd. St. jährlich unter dem Posten: Direktorschaften. Da Herr Curtis Direktor der Bank von England und der Ostindischen Kompanie gewesen, schätzte jede Aktiengesellschaft sich glücklich, ihn zum Direktor gewinnen zu können.« p. 81, 82.
Die Remuneration der Direktoren solcher Gesellschaften für jede wöchentliche Sitzung ist mindestens eine Guinee (21 Mark). Die Verhandlungen vor dem Bankrottgericht zeigen, daß dieser Aufsichtslohn in der Regel im umgekehrten Verhältnis steht zu der von diesen nominellen Direktoren wirklich ausgeübten Aufsicht.
24. Veräußerlichung des Kapitalverhältnisses in der Form des zinstragenden Kapitals
Im zinstragenden Kapital erreicht das Kapitalverhältnis seine äußerlichste und fetischartigste Form. Wir haben hier G – G', Geld, das mehr Geld erzeugt, sich selbst verwertenden Wert, ohne den Prozeß, der die beiden Extreme vermittelt. Im Kaufmannskapital, G – W – G', ist wenigstens die allgemeine Form der kapitalistischen Bewegung vorhanden, obgleich sie sich nur in der Zirkulationssphäre hält, der Profit daher als bloßer Veräußerungsprofit erscheint; aber immerhin stellt er sich dar als ein Produkt eines gesellschaftlichen Verhältnisses, nicht als Produkt eines bloßen Dings. Die Form des Kaufmannskapitals stellt immer noch einen Prozeß dar, die Einheit entgegengesetzter Phasen, eine Bewegung, die in zwei entgegengesetzte Vorgänge zerfällt, in Kauf und Verkauf von Waren. Dies ist ausgelöscht in G – G', der Form des zinstragenden Kapitals. Wenn z.B. 1000 Pfd. St. vom Kapitalisten ausgeliehen werden, und der Zinsfuß ist 5%, so ist der Wert von 1000 Pfd. St. als Kapital für 1 Jahr = C + Cz', wo C das Kapital und z' der Zinsfuß, also hier 5% = 5/100 = 1/20, 1000 + 1000 * 1/20 = 1050 Pfd. St. Der Wert von 1000 Pfd. St. als Kapital ist = 1050 Pfd. St., d.h. das Kapital ist keine einfache Größe. Es ist Größenverhältnis, Verhältnis als Hauptsumme, als gegebner Wert, zu sich selbst als sich verwertendem Wert, als Hauptsumme, die einen Mehrwert produziert hat. Und wie man gesehn, stellt sich das Kapital als solches dar, als dieser unmittelbar sich verwertende Wert, für alle aktiven Kapitalisten, ob sie mit eignem oder geborgtem Kapital fungieren.
G – G': Wir haben hier den ursprünglichen Ausgangspunkt des Kapitals, das Geld in der Formel G – W – G' reduziert auf die beiden Extreme G – G', wo G' = G + ΔG, Geld, das mehr Geld schafft. Es ist die ursprüngliche und allgemeine Formel des Kapitals, auf ein sinnloses Resumé zusammengezogen. Es ist das fertige Kapital, Einheit von Produktionsprozeß und Zirkulationsprozeß, und daher in bestimmter Zeitperiode bestimmten Mehrwert abwerfend. In der Form des zinstragenden Kapitals erscheint dies unmittelbar, unvermittelt durch Produktionsprozeß und Zirkulationsprozeß. Das Kapital erscheint als mysteriöse und selbstschöpferische Quelle des Zinses, seiner eignen Vermehrung. Das Ding (Geld, Ware, Wert) ist nun als bloßes Ding schon Kapital, und das Kapital erscheint als bloßes Ding; das Resultat des gesamten Reproduktionsprozesses erscheint als eine, einem Ding von selbst zukommende Eigenschaft; es hängt ab von dem Besitzer des Geldes, d.h. der Ware in ihrer stets austauschbaren Form, ob er es als Geld verausgaben oder als Kapital vermieten will. Im zinstragenden Kapital ist daher dieser automatische Fetisch rein herausgearbeitet, der sich selbst verwertende Wert, Geld heckendes Geld, und trägt es in dieser Form keine Narben seiner Entstehung mehr. Das gesellschaftliche Verhältnis ist vollendet als Verhältnis eines Dings, des Geldes, zu sich selbst. Statt der wirklichen Verwandlung von Geld in Kapital zeigt sich hier nur ihre inhaltlose Form. Wie bei der Arbeitskraft wird der Gebrauchswert des Geldes hier der, Wert zu schaffen, größren Wert, als der in ihm selbst enthalten ist. Das Geld als solches ist bereits potentiell sich verwertender Wert und wird als solcher verliehen, was die Form des Verkaufens für diese eigentümliche Ware ist. Es wird ganz so Eigenschaft des Geldes, Wert zu schaffen, Zins abzuwerfen, wie die eines Birnbaums, Birnen zu tragen. Und als solches zinstragendes Ding verkauft der Geldverleiher sein Geld. Damit nicht genug. Das wirklich fungierende Kapital, wie gesehn, stellt sich selbst so dar, daß es den Zins nicht als fungierendes Kapital, sondern als Kapital an sich, als Geldkapital abwirft.
Es verdreht sich auch dies: Während der Zins nur ein Teil des Profits ist, d.h. des Mehrwerts, den der fungierende Kapitalist dem Arbeiter auspreßt, erscheint jetzt umgekehrt der Zins als die eigentliche Frucht des Kapitals, als das Ursprüngliche, und der Profit, nun in die Form des Unternehmergewinns verwandelt, als bloßes im Reproduktionsprozeß hinzukommendes Accessorium und Zutat. Hier ist die Fetischgestalt des Kapitals und die Vorstellung vom Kapitalfetisch fertig. In G – G' haben wir die begriffslose Form des Kapitals, die Verkehrung und Versachlichung der Produktionsverhältnisse in der höchsten Potenz: zinstragende Gestalt, die einfache Gestalt des Kapitals, worin es seinem eignen Reproduktionsprozeß vorausgesetzt ist; Fähigkeit des Geldes, resp. der Ware, ihren eignen Wert zu verwerten, unabhängig von der Reproduktion – die Kapitalmystifikation in der grellsten Form.
Für die Vulgärökonomie, die das Kapital als selbständige Quelle des Werts, der Wertschöpfung, darstellen will, ist natürlich diese Form ein gefundnes Fressen, eine Form, worin die Quelle des Profits nicht mehr erkenntlich und worin das Resultat des kapitalistischen Produktionsprozesses getrennt vom Prozeß selbst – ein selbständiges Dasein erhält.
Erst im Geldkapital ist das Kapital zur Ware geworden, deren sich selbst verwertende Qualität einen fixen Preis hat, der im jedesmaligen Zinsfuß notiert ist.
Als zinstragendes Kapital, und zwar in seiner unmittelbaren Form als zinstragendes Geldkapital (die andren Formen des zinstragenden Kapitals, die uns hier nichts angehn, sind wieder von dieser Form abgeleitet und unterstellen sie) erhält das Kapital seine reine Fetischform, G – G' als Subjekt, verkaufbares Ding. Erstens durch sein fortwährendes Dasein als Geld, eine Form, worin alle Bestimmtheiten desselben ausgelöscht und seine realen Elemente unsichtbar sind. Geld ist ja grade die Form, worin der Unterschied der Waren als Gebrauchswerte ausgelöscht ist, daher auch der Unterschied der Industriellen Kapitale, die aus diesen Waren und ihren Produktionsbedingungen bestehn; es ist die Form, worin Wert – und hier Kapital – als selbständiger Tauschwert existiert. Im Reproduktionsprozeß des Kapitals ist die Geldform eine verschwindende, ein bloßes Durchgangsmoment. Auf dem Geldmarkt dagegen existiert das Kapital stets in dieser Form. – Zweitens, der von ihm erzeugte Mehrwert, hier wieder in der Form des Geldes, erscheint ihm als solchem zukommend. Wie das Wachsenden Bäumen, so scheint das Geldzeugen (tokos) dem Kapital in dieser Form als Geldkapital eigen.
Im zinstragenden Kapital ist die Bewegung des Kapitals ins Kurze zusammengezogen; der vermittelnde Prozeß ist weggelassen, und so ist ein Kapital = 1000 fixiert als ein Ding, das an sich = 1000A31 ist und in einer gewissen Periode sich in 1100 verwandelt, wie der Wein im Keller nach einer gewissen Zeit auch sei nen Gebrauchswert verbessert. Das Kapital ist jetzt Ding, aber als Ding Kapital. Das Geld hat jetzt Lieb' im Leibe. Sobald es verliehen ist oder auch im Reproduktionsprozeß angelegt (insofern es dem fungierenden Kapitalisten als seinem Eigentümer Zins abwirft, getrennt vom Unternehmergewinn), wächst ihm der Zins an, es mag schlafen oder wachen, sich zu Hause oder auf Reisen befinden, bei Tag und bei Nacht. So ist im zinstragenden Geldkapital (und alles Kapital ist seinem Wertausdruck nach Geldkapital oder gilt jetzt als der Ausdruck des Geldkapitals) der fromme Wunsch des Schatzbildners realisiert.
Es ist dies Eingewachsensein des Zinses in das Geldkapital als in ein Ding (wie hier die Produktion des Mehrwerts durch das Kapital erscheint), was Luther in seiner naiven Polterei gegen den Wucher so sehr beschäftigt. Nachdem er entwickelt, daß Zins verlangt werden könne, wenn aus der nichterfolgten Rückzahlung am bestimmten Termin dem Verleiher, der seinerseits zu zahlen hat, Unkosten erwachsen oder wenn ihm ein Profit, den er durch Kaufen, z.B. eines Gartens, habe machen können, aus diesem Grunde verlorengeht, fährt er fort:
»Nu ich dir sie (100 Gülden) geliehen habe, machest mir einen Zwilling aus dem Schadewacht, dass hie nicht bezalen, und dort nicht kaufen kann, und also zu beiden Teilen muss Schaden leiden, das heisst man duplex interesse, damni emergentis et lucri cessantis... nachdem sie gehöret, dass Hans mit seinen verliehnen Hundert Gülden hat Schaden gelitten und billige Erstattung seines Schadens fordert, faren sie plumps einhin, und schlahen auf ein jeglich Hundert Gülden, solche zween Schadewacht, nämlich, des Bezalens Unkost, und des versäumeten Gartens Kauf, gerade als weren den Hundert Gülden natürlich solche zween Schadewacht angewachsen, dass, wo Hundert Gülden vorhanden sind, die thun sie aus, und rechnen darauf solche zween Schaden, die sie doch nicht erlitten haben... Darum bist du ein Wucherer, der du selber deinen ertichten Schaden von deines Nähesten Gelde büssest, den dir doch Niemand getan hat, und kannst ihn auch nicht beweisen, noch berechnen. Solchen Schaden heissen die Juristen, non verum sed phantasticum interesse. Ein Schaden, den ein jeglicher ihm selber ertreumet... es gilt nicht also sagen, Es künnten die Schaden geschehn, dass ich nicht habe können bezalen noch kaufen. Sonst heisst's, Ex contingente necessarium, aus dem das nicht ist, machen das, das sein müsse, aus dem das ungewiss ist, eitel gewiss Ding machen. Solt' solcher Wucher nicht die Welt auffressen in kurzen Jaren... es ist zufällig Unglück, das dem Leiher widerfaret, ohne seinen Willen, dass er sich erholen muss, aber in den Handeln ist's umgekehrt und gar das Widerspiel, da suchet und ertichtet man Schaden, auf den benetigten Nehesten, will damit sich neren und reich werden, faul und müssig prassen und prangen von ander Leut Arbeit, sonder Sorge, Fahr und Schaden; dass ich sitze hinter dem Ofen und lasse meine Hundert Gülden für mich auf dem Lande werben, und doch weil es geliehen Geld ist, gewiss im Beutel behalte, ohne all Fahr und Sorge, Lieber, wer möchte das nicht?« (M. Luther, »An die Pfarrherrn wider den Wucher zu predigen etc.«, Wittenberg 1540.)
Die Vorstellung vom Kapital als sich selbst reproduzierendem und in der Reproduktion vermehrendem Wert, kraft seiner eingebornen Eigenschaft als ewig währender und wachsender Wert – also kraft der verborgnen Qualität der Scholastiker –, hat zu den fabelhaften Einfällen des Dr. Price geleitet, die bei weitem die Phantasien der Alchimisten hinter sich lassen; Einfällen, an die Pitt ernsthaft glaubte und die er in seinen Gesetzen über den sinking fund zu Säulen seiner Finanzwirtschaft machte.
»Geld, das Zinseszinsen trägt, wächst anfangs langsam; da aber die Rate des Wachstums sich fortwährend beschleunigt, wird sie nach einiger Zeit so rasch, daß sie jeder Einbildung spottet. Ein Penny, ausgeliehen bei der Geburt unsers Erlösers auf Zinseszinsen zu 5%, würde schon jetzt zu einer größren Summe herangewachsen sein, als enthalten wäre in 150 Millionen Erden, alle von gediegnem Gold. Aber ausgelegt auf einfache Zinsen, würde er in derselben Zeit nur angewachsen sein auf 7 sh. 4 1/2 d. Bis jetzt hat unsre Regierung vorgezogen, ihre Finanzen auf diesem letzteren, statt auf dem ersteren Weg zu verbessern.«81
Noch höher fliegt er in seinen »Observations on reversionary payments etc.«, London 1772:
»1 sh., ausgelegt bei der Geburt unsers Erlösers« (also wohl im Tempel von Jerusalem) »zu 6% Zinseszinsen, würde angewachsen sein zu einer größern Summe als das ganze Sonnensystem einbegreifen könnte, wenn in eine Kugel verwandelt von einem Durchmesser gleich dem der Bahn des Saturn.« – »Ein Staat braucht deswegen sich nie in Schwierigkeiten zu befinden; denn mit den kleinsten Ersparnissen kann er die größte Schuld abzahlen in einer so kurzen Zeit wie sein Interesse erfordern mag.« (p. XIII, XIV.)
Welche hübsche theoretische Einleitung zur englischen Staatsschuld!
Price wurde einfach geblendet durch die Ungeheuerlichkeit der Zahl, die aus geometrischer Progression entsteht. Da er das Kapital, ohne Rücksicht auf die Bedingungen der Reproduktion und der Arbeit, als selbsttätigen Automaten betrachtete, als eine bloße, sich selbst vermehrende Zahl (ganz wie Malthus den Menschen in seiner geometrischen Progression), konnte er wähnen, das Gesetz seines Wachstums gefunden zu haben in der Formel s = c (1 + z)n, wo s = Summe von Kapital + Zinseszins, c = dem vorgeschoßnen Kapital, z = dem Zinsfuß (in aliquoten Teilen von 100 ausgedrückt) und n die Reihe der Jahre, worin der Prozeß vorgeht.
Pitt nimmt die Mystifikation des Dr. Price ganz ernst. 1786 hatte das Haus der Gemeinen beschlossen, es solle 1 Million Pfd. St. erhoben werden für den öffentlichen Nutzen. Nach Price, an den Pitt glaubte, war natürlich nichts besser, als das Volk besteuern, um die so erhobne Summe zu »akkumulieren« und so die Staatsschuld durch das Mysterium des Zinseszinses wegzuhexen. Jener Resolution des Hauses der Gemeinen folgte bald ein von Pitt veranlaßtes Gesetz, das die Akkumulation von 250000 Pfd. St. anordnete,
»bis daß, mit den verfallnen Leibrenten, der Fonds auf 4000000 Pfd. St. jährlich angewachsen sei«. (Act 26 Georg III., Kap. 31)
In seiner Rede von 1792, worin Pitt die dem Tilgungsfonds gewidmete Summe zu vermehren vorschlug, führte er an unter den Ursachen des kommerziellen Übergewichts Englands: Maschinen, Kredit etc., aber als
»die ausgedehnteste und dauerhafteste Ursache die Akkumulation. Dies Prinzip sei nun vollständig entwickelt und hinreichend erklärt in dem Werk Smiths, dieses Genies... diese Akkumulation der Kapitale bewirke sich. Indem man mindestens einen Teil des jährlichen Profits zurücklege, um die Hauptsumme zu vermehren, die in derselben Weise im nächsten Jahr zu verwenden sei und so einen kontinuierlichen Profit gebe.«
Vermittelst des Dr. Price verwandelt Pitt so Smiths Akkumulationstheorie in die Bereicherung eines Volks durch Akkumulation von Schulden und kommt in den angenehmen Progreß ins Unendliche der Anleihen, Anleihen, um Anleihen zu zahlen.
Wir finden schon bei Josias Child, dem Vater des modernen Bankiertums, daß
»100 Pfd. St. zu 10% in 70 Jahren, bei Zins von Zins, 102400 Pfd. St. produzieren würden.« (»Traité sur le commerce etc. par J. Child, traduit etc.«, Amsterdam et Berlin 1754, p. 115. Geschrieben 1669.)
Wie die Anschauung des Dr. Price bei der modernen Ökonomie gedankenlos unterläuft, zeigt der »Economist« in folgender Stelle:
»Capital, with compound interest on every portion of capital saved, is so allengrossing that all the wealth in the world from which income is derived, has long ago become the interest of capital... all rent is now the payment of interest on capital previously invested in the land.« (»Economist«, 19 July 1851.)
In seiner Eigenschaft als zinstragendes Kapital gehört dem Kapital aller Reichtum, der überhaupt je produziert werden kann, und alles, was es bisher erhalten hat, ist nur Abschlagszahlung an seinen all-engrossing Appetit. Nach seinen eingebornen Gesetzen gehört ihm alle Surplusarbeit, die das Menschengeschlecht je liefern kann. Moloch.
Schließlich noch folgender Galimathias des »romantischen« Müller:
»Des Dr. Price ungeheurer Anwachs des Zinseszinses, oder der sich selbst beschleunigenden Kräfte der Menschen, setzt, wenn er diese ungeheuren Wirkungen hervorbringen soll, eine ungeteilte oder ungebrochne gleichförmige Ordnung durch mehrere Jahrhunderte voraus. Sobald das Kapital zerteilt, in mehrere einzelne, in sich fortwachsende Ableger zerschnitten wird, fängt der gesamte Prozeß der Akkumulation von Kräften von neuem an. Die Natur hat die Progression der Kraft auf eine Laufbahn von etwa 20 bis 25 Jahren, die im Durchschnitt etwa jedem einzelnen Arbeiter (!) zuteil werden, verteilt. Nach Ablauf dieser Zeit verläßt der Arbeiter seine Laufbahn, und muß er nun das durch den Zinseszins der Arbeit gewonnene Kapital einem neuen Arbeiter übertragen, meistenteils es unter mehrere Arbeiter oder Kinder verteilen. Diese müssen das ihnen zufallende Kapital, ehe sie eigentlichen Zinseszins davon ziehn können, erst beleben und anwenden lernen. Ferner wird eine ungeheure Menge des Kapitals, das die bürgerliche Gesellschaft gewinnt, auch selbst in den bewegtesten Gemeinwesen, lange Jahre hindurch allmählich aufgehäuft und nicht zur unmittelbaren Erweiterung der Arbeit verwendet, vielmehr, sobald eine namhafte Summe zusammengebracht ist, einem andern Individuum, einem Arbeiter, einer Bank, Staat, unter der Benennung Anleihe übertragen, wo dann der Empfänger, indem er das Kapital in wirkliche Bewegung setzt, aus demselben Zinseszins zieht, und sich leicht anheischig machen kann, dem Darbringer einfache Zinsen zu bezahlen. Endlich reagiert gegen jene ungeheuren Progressionen, in welchen sich die Kräfte der Menschen und ihr Produkt vermehren möchten, wenn das Gesetz der Produktion oder der Sparsamkeit allein gelten sollen, das Gesetz des Verzehrens, Begehren, Verschwendung.« (A. Müller, l. c., III., p. 147-149.)
Es ist unmöglich, in wenigen Zeilen mehr haarsträubenden Unsinn zusammenzufaseln. Nicht zu erwähnen der drolligen Verwechslung von Arbeiter und Kapitalist, von Wert der Arbeitskraft und Zins von Kapital usw., soll die Abnahme des Zinseszinses u.a. daraus erklärt werden, daß Kapital »ausgeliehen« wird, wo es »dann Zinseszins« bringt. Das Verfahren unsers Müller ist für die Romantik in allen Fächern charakteristisch. Ihr Inhalt besteht aus Alltagsvorurteilen, abgeschöpft von dem oberflächlichsten Schein der Dinge. Dieser falsche und triviale Inhalt soll dann durch eine mystifizierende Ausdrucksweise »erhöht« und poetisiert werden.
Der Akkumulationsprozeß des Kapitals kann insofern als Akkumulation von Zinseszins aufgefaßt werden, als der Teil des Profits (Mehrwerts), der in Kapital rückverwandelt wird, d.h. zur Aufsaugung von neuer Mehrarbeit dient, Zins genannt werden kann. Aber:
1. Von allen zufälligen Störungen abgesehn, wird im Lauf des Reproduktionsprozesses beständig ein großer Teil des vorhandnen Kapitals mehr oder weniger entwertet, weil der Wert der Waren bestimmt ist nicht durch die Arbeitszeit, die ihre Produktion ursprünglich kostet, sondern durch die Arbeitszeit, die ihre Reproduktion kostet, und diese infolge der Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit fortwährend abnimmt. Auf einer höhern Entwicklungsstufe der gesellschaftlichen Produktivität erscheint daher alles vorhandne Kapital, statt als das Resultat eines langen Prozesses der Kapitalaufsparung, als das Resultat einer verhältnismäßig sehr kurzen Reproduktionszeit.82
2. Wie im Abschnitt III dieses Buchs bewiesen, nimmt die Profitrate ab im Verhältnis zur steigenden Akkumulation des Kapitals und der ihr entsprechenden steigenden Produktivkraft der gesellschaftlichen Arbeit, die sich gerade in der wachsenden relativen Abnahme des variablen Kapitalteils, gegenüber dem konstanten, ausdrückt. Um dieselbe Profitrate hervorzubringen, wenn das von einem Arbeiter in Bewegung gesetzte konstante Kapital sich verzehnfacht, müßte die Mehrarbeitszeit sich verzehnfachen, und bald würde die ganze Arbeitszeit, ja die 24 Stunden des Tages dazu nicht hinreichen, selbst wenn ganz vom Kapital angeeignet. Die Vorstellung, daß die Profitrate sich nicht verringert, liegt aber der Priceschen Progression zugrunde und überhaupt dem »all-engrossing capital, with compound interest«.83
Durch die Identität des Mehrwerts mit der Mehrarbeit ist eine qualitative Grenze für die Akkumulation des Kapitals gesetzt: der Gesamtarbeitstag, die jedesmal vorhandne Entwicklung der Produktivkräfte und der Bevölkerung, welche die Anzahl der gleichzeitig exploitierbaren Arbeitstage begrenzt. Wird dagegen der Mehrwert in der begriffslosen Form des Zinses gefaßt, so ist die Grenze nur quantitativ und spottet jeder Phantasie.
In dem zinstragenden Kapital ist aber die Vorstellung vom Kapitalfetisch vollendet, die Vorstellung, die dem aufgehäuften Arbeitsprodukt, und noch dazu fixiert als Geld, die Kraft zuschreibt, durch eine eingeborne geheime Qualität, als reiner Automat, in geometrischer Progression Mehrwert zu erzeugen, so daß dies aufgehäufte Arbeitsprodukt, wie der »Economist« meint, allen Reichtum der Welt für alle Zeiten als ihm von Rechts wegen gehörig und zufallend schon längst diskontiert hat. Das Produkt vergangner Arbeit, die vergangne Arbeit selbst, ist hier an und für sich geschwängert mit einem Stück gegenwärtiger oder zukünftiger lebendiger Mehrarbeit. Man weiß dagegen, daß in der Tat die Erhaltung, und insoweit auch die Reproduktion des Werts der Produkte vergangner Arbeit nur das Resultat ihres Kontakts mit der lebendigen Arbeit ist; und zweitens: daß das Kommando der Produkte vergangner Arbeit über lebendige Mehrarbeit grade nur so lange dauert, wie das Kapitalverhältnis dauert, das bestimmte soziale Verhältnis, worin die vergangne Arbeit selbständig und übermächtig der lebendigen gegenübertritt.
25. Kredit und fiktives Kapital
Die eingehende Analyse des Kreditwesens und der Instrumente, die es sich schafft (Kreditgeld usw.), liegt außerhalb unsers Planes. Es sind hier nur einige wenige Punkte hervorzuheben, notwendig zur Charakteristik der kapitalistischen Produktionsweise überhaupt. Wir haben es dabei nur mit dem kommerziellen und Bankierkredit zu tun. Der Zusammenhang zwischen dessen Entwicklung und der des öffentlichen Kredits bleibt außer Betracht.
Ich habe früher (Buch I, Kap. III, 3, b) gezeigt, wie sich aus der einfachen Warenzirkulation die Funktion des Geldes als Zahlungsmittel und damit ein Verhältnis von Gläubiger und Schuldner unter den Warenproduzenten und Warenhändlern bildet. Mit der Entwicklung des Handels und der kapitalistischen Produktionsweise, die nur mit Rücksicht auf die Zirkulation produziert, wird diese naturwüchsige Grundlage des Kreditsystems erweitert, verallgemeinert, ausgearbeitet. Im großen und ganzen fungiert das Geld hier nur als Zahlungsmittel, d.h. die Ware wird verkauft nicht gegen Geld, sondern gegen ein schriftliches Versprechen der Zahlung an einem bestimmten Termin. Diese Zahlungsversprechen können wir der Kürze halber sämtlich unter der allgemeinen Kategorie von Wechseln zusammenfassen. Bis zu ihrem Verfall- und Zahlungstage zirkulieren solche Wechsel selbst wieder als Zahlungsmittel; und sie bilden das eigentliche Handelsgeld. Soweit sie schließlich durch Ausgleichung von Forderung und Schuld sich aufheben, fungieren sie absolut als Geld, indem dann keine schließliche Verwandlung in Geld stattfindet. Wie diese wechselseitigen Vorschüsse der Produzenten und Kaufleute untereinander die eigentliche Grundlage des Kredits bilden, so bildet deren Zirkulationsinstrument, der Wechsel, die Basis des eigentlichen Kreditgelds, der Banknoten usw. Diese beruhen nicht auf der Geldzirkulation, sei es von metallischem Geld oder von Staatspapiergeld, sondern auf der Wechselzirkulation.
W. Leatham (Bankier in Yorkshire), »Letters on the Currency«, 2nd edit., London 1840:
»Ich finde, daß der Gesamtbetrag der Wechsel für das ganze Jahr 1839 war 528493842 Pfd. St.« (er nimmt die ausländischen Wechsel auf ungefähr 1/7A32 des Ganzen an) »und der Betrag der im selben Jahr gleichzeitig laufenden Wechsel 132123460 Pfd. St.« (p. 55, 56.) »Die Wechsel sind ein Bestandteil der Zirkulation, von größerm Betrag als alles übrige zusammengenommen.« (p. 3, 4.) – »Dieser enorme Überbau von Wechseln ruht (!) auf der Grundlage, gebildet durch den Betrag der Banknoten und des Goldes; und wenn im Lauf der Ereignisse diese Grundlage sich zu sehr verengert, gerät ihre Solidität und selbst ihre Existenz in Gefahr.« (p. 8.) – »Schätzt man die ganze Zirkulation« 〈er meint die Banknoten} »und den Betrag der Verpflichtungen sämtlicher Banken, wofür sofortige Barzahlung verlangt werden kann, so finde ich eine Summe von 153 Millionen, deren Verwandlung in Gold nach dem Gesetz verlangt werden kann, und dagegen 14 Millionen in Gold, um diese Forderung zu befriedigen.« (p. 11.) – »Die Wechsel können nicht unter Kontrolle gestellt werden, es sei denn, daß man den Geldüberfluß und den niedrigen Zinsfuß oder Diskonto verhindert, der einen Teil davon erzeugt und diese große und gefährliche Expansion ermuntert. Es ist unmöglich zu entscheiden, wieviel davon von wirklichen Geschäften herrührt, z.B. von wirklichen Käufen und Verkäufen, und welcher Teil künstlich gemacht (fictitious) ist und nur aus Reitwechseln besteht, d.h. wo ein Wechsel gezogen wird, um einen laufenden vor Verfall aufzunehmen und so durch Herstellung bloßer Umlaufsmittel fingiertes Kapital zu kreieren. In Zeiten überflüssigen und wohlfeilen Geldes weiß ich, daß dies bis zu einem enormen Grade geschieht.« (p.43, 44.)
J. W. Bosanquet, »Metallic, Paper, and Credit Currency«, London 1842:
»Der Durchschnittsbetrag der an jedem Geschäftstag im Clearing House« 〈wo die Londoner Bankiers gegenseitig die eingezahlten Schecks und fälligen Wechsel austauschen} »erledigten Zahlungen ist über 3 Millionen Pfd. St., und der zu diesem Zweck nötige tägliche Geldvorrat ist wenig mehr als 200000 Pfd. St.« (p. 86.) 〈Im Jahr 1889 betrug der Gesamtumschlag des Clearing House 7618 3/4 Millionen Pfd. St. oder bei rund 300 Geschäftstagen durchschnittlich 25 1/2 Millionen täglich. – F. E.} »Wechsel sind unstreitig Zirkulationsmittel (currency), unabhängig von Geld, soweit sie Eigentum übertragen von Hand zu Hand vermittelst Endossement.« (p. 92, 93.) »Im Durchschnitt ist anzunehmen, daß jeder zirkulierende Wechsel zwei Endossements trägt und daß im Durchschnitt jeder Wechsel also zwei Zahlungen erledigt, ehe er verfällt. Hiernach scheint es, daß allein durch Endossement die Wechsel eine Eigentumsübertragung vermittelten zum Wert von zweimal 528 Millionen oder 1056 Millionen Pfd. St., mehr als 3 Millionen täglich, im Lauf des Jahres 1839. Es ist daher sicher, daß Wechsel und Depositen zusammen durch Eigentumsübertragung von Hand zu Hand und ohne Beihilfe von Geld, Geldfunktionen verrichten zu einem täglichen Belauf von mindestens 18 Millionen Pfd. St.« (p. 93.)
Tooke sagt folgendes über Kredit im allgemeinen:
»Der Kredit, in seinem einfachsten Ausdruck, ist das wohl oder übel begründete Vertrauen, das jemanden veranlaßt, einem andern einen gewissen Kapitalbelauf anzuvertrauen, in Geld oder in, auf einen bestimmten Geldwert abgeschätzten, Waren, welcher Betrag stets nach Ablauf einer bestimmten Frist zahlbar ist. Wo das Kapital in Geld verliehen wird, d.h. in Banknoten, oder in einem Barkredit oder in einer Anweisung auf einen Korrespondenten, wird ein Zuschlag von soundso viel Prozent auf den rückzuzahlenden Betrag für den Gebrauch des Kapitals gemacht. Bei Waren, deren Geldwert zwischen den Beteiligten festgestellt ist und deren Übertragung einen Verkauf ausmacht, schließt die festgestellte Summe, die gezahlt werden soll, eine Entschädigung ein für den Gebrauch des Kapitals und für das bis zur Verfallzeit übernommene Risiko. Schriftliche Zahlungsverpflichtungen auf bestimmte Verfalltage werden meist für solche Kredite gegeben. Und diese übertragbaren Verpflichtungen oder Promessen bilden das Mittel, womit die Verleiher, wenn sie Gelegenheit für den Gebrauch ihres Kapitals finden, sei es in Form von Geld oder Waren, vor Verfallzeit dieser Wechsel, meistens imstande sind, wohlfeiler zu borgen oder zu kaufen, indem ihr eigner Kredit durch den des zweiten Namens auf dem Wechsel verstärkt wird.« (»Inquiry into the Currency Principle«, p. 87.)
Ch. Coquelin, »Du Crédit et des Banques dans l'In dustrie«, »Revue des deux Mondes«, 1842, tome 31 [p. 797]:
»In jedem Lande vollzieht sich die Mehrzahl der Kreditgeschäfte im Kreis der industriellen Beziehungen selbst ... der Produzent des Rohstoffs schießt diesen dem verarbeitenden Fabrikanten vor und erhält von ihm eine Zahlungspromesse auf fixen Verfalltag. Der Fabrikant, nach Ausführung seines Teils der Arbeit, schießt wiederum und zu ähnlichen Bedingungen sein Produkt einem andern Fabrikanten vor, der es weiterverarbeiten muß, und so erstreckt sich der Kredit immer weiter, von einem zum andern bis zum Konsumenten. Der Großhändler macht dem Kleinhändler Warenvorschüsse während er selbst solche vom Fabrikanten oder vom Kommissionär erhält. Jeder borgt mit der einen Hand und leiht mit der andern, zuweilen Geld, aber weit häufiger Produkte. So vollzieht sich, in den industriellen Beziehungen, ein unaufhörlicher Austausch von Vorschüssen, die sich kombinieren und in allen Richtungen durchkreuzen. Grade in der Vervielfältigung und dem Wachstum dieser gegenseitigen Vorschüsse besteht die Entwicklung des Kredits, und hier ist der wahre Sitz seiner Macht.«
Die andre Seite des Kreditwesens schließt sich an die Entwicklung des Geldhandels, die natürlich in der kapitalistischen Produktion Schritt hält mit der Entwicklung des Warenhandels. Wir haben im vorigen Abschnitt (Kapitel XIX) gesehn, wie sich die Aufbewahrung der Reservefonds der Geschäftsleute, die technischen Operationen des Geldeinnehmens und Auszahlens, der internationalen Zahlungen, und damit der Barrenhandel, in den Händen der Geldhändler konzentriert. Im Anschluß an diesen Geldhandel entwickelt sich die andre Seite des Kreditwesens, die Verwaltung des zinstragenden Kapitals oder des Geldkapitals, als besondre Funktion der Geldhändler. Das Borgen und Verleihen des Geldes wird ihr besondres Geschäft. Sie treten als Vermittler zwischen den wirklichen Verleiher und den Borger von Geldkapital. Allgemein ausgedrückt besteht das Bankiergeschäft nach dieser Seite darin, das verleihbare Geldkapital in seiner Hand zu großen Massen zu konzentrieren, so daß statt des einzelnen Geldverleihers die Bankiers als Repräsentanten aller Geldverleiher den industriellen und kommerziellen Kapitalisten gegenübertreten. Sie werden die allgemeinen Verwalter des Geldkapitals. Andrerseits konzentrieren sie, allen Verleihern gegenüber, die Borger, indem sie für die ganze Handelswelt borgen. Eine Bank stellt auf der einen Seite die Zentralisation des Geldkapitals, der Verleiher, auf der andern die Zentralisation der Borger dar. Ihr Profit besteht im allgemeinen darin, daß sie zu niedrigern Zinsen borgt, als sie ausleiht.
Das verleihbare Kapital, worüber die Banken verfügen, fließt ihnen in mehrfacher Weise zu. Zunächst konzentriert sich in ihrer Hand, da sie Kassierer der industriellen Kapitalisten sind, das Geldkapital, das jeder Produzent und Kaufmann als Reservefonds hält oder das ihm als Zahlung zufließt. Diese Fonds verwandeln sich so in verleihbares Geldkapital. Dadurch wird der Reservefonds der Handelswelt, weil als gemeinschaftlicher konzentriert, auf das nötige Minimum beschränkt, und ein Teil des Geldkapitals, der sonst als Reservefonds schlummern würde, wird ausgeliehen, fungiert als zinstragendes Kapital. Zweitens bildet sich ihr verleihbares Kapital aus den Depositen der Geldkapitalisten, die ihnen das Ausleihen derselben überlassen. Mit der Entwicklung des Banksystems und namentlich, sobald sie Zins für Depositen zahlen, werden ferner die Geldersparnisse und das augenblicklich unbeschäftigte Geld aller Klassen bei ihnen deponiert. Kleine Summen, jede für sich unfähig, als Geldkapital zu wirken, werden zu großen Massen vereinigt und bilden so eine Geldmacht. Diese Ansammlung kleiner Beträge muß als besondre Wirkung des Banksystems unterschieden werden von seiner Mittlerschaft zwischen den eigentlichen Geldkapitalisten und den Borgern. Endlich werden auch die Revenuen, die nur allmählich verzehrt werden sollen, bei den Banken deponiert.
Das Verleihen (wir haben es hier nur mit dem eigentlichen Handelskredit zu tun) geschieht durch Diskontieren der Wechsel – Verwandlung derselben in Geld vor ihrer Verfallzeit – und durch Vorschüsse in verschiednen Formen: direkte Vorschüsse auf persönlichen Kredit, Lombardvorschüsse auf zinstragende Papiere, Staatseffekten, Aktien aller Art, namentlich aber auch Vorschüsse auf Ladescheine, Dockwarrants und andre beglaubigte Besitztitel auf Waren, durch Überziehung über die Depositen usw.
Der Kredit nun, den der Bankier gibt, kann in verschiednen Formen gegeben werden, z.B. in Wechseln auf andre Banken, Schecks auf solche, Krediteröffnungen derselben Art, endlich, bei Banken mit Notenausgabe, in den eignen Banknoten der Bank. Die Banknote ist nichts als ein Wechsel auf den Bankier, zahlbar jederzeit an den Inhaber, und vom Bankier den Privatwechseln substituiert. Die letztere Form des Kredits erscheint dem Laien besonders frappant und wichtig, erstens weil diese Art Kreditgeld aus der bloßen Handelszirkulation heraus in die allgemeine Zirkulation tritt und hier als Geld fungiert; auch weil in den meisten Ländern die Hauptbanken, welche Noten ausgeben, als sonderbarer Mischmasch zwischen Nationalbank und Privatbank in der Tat den Nationalkredit hinter sich haben und ihre Noten mehr oder minder gesetzliches Zahlungsmittel sind; weil es hier sichtbar wird, daß das, worin der Bankier handelt, der Kredit selbst ist, indem die Banknote nur ein zirkulierendes Kreditzeichen vorstellt. Aber der Bankier handelt auch im Kredit in allen andern Formen, selbst wenn er bar bei ihm deponiertes Geld vorschießt. In der Tat bildet die Banknote nur die Münze des Großhandels, und ist es stets das Depositum, was als Hauptsache bei den Banken ins Gewicht fällt. Den besten Beweis liefern die schottischen Banken.
Die besondren Kreditinstitute, wie die besondren Formen der Banken selbst, sind für unsern Zweck nicht weiter zu betrachten.
»Die Bankiers haben ein doppeltes Geschäft... 1. Kapital zu sammeln von denen, die keine unmittelbare Verwendung dafür haben, und es zu verteilen und zu übertragen an andre, die es gebrauchen können. 2. Depositen von Einkommen ihrer Kunden zu empfangen und diesen den Betrag auszuzahlen, je nachdem sie ihn zu Konsumtionsauslagen brauchen. Das erstere ist Zirkulation von Kapital, das letztere Zirkulation von Geld (currency).« – »Das eine ist Konzentration des Kapitals auf der einen und Verteilung desselben auf der andern Seite; das andre ist Verwaltung der Zirkulation für die Lokalzwecke der Umgegend.« – Tooke, »Inquiry into the Currency Principle«, p. 36, 37.
Wir kommen in Kap. XXVIII auf diese Stelle zu rück.
»Reports of Committees«, Vol. VIII, »Commercial Distress«, Volume II, Part I, 1847/48, Minutes of Evidence. – (Weiterhin zitiert als »Commercial Distress«, 1847/48.) In den vierziger Jahren wurden beim Wechseldiskontieren in London in zahllosen Fällen statt Banknoten, Wechsel von einer Bank auf die andre von 21 Tagen Laufzeit genommen. (Aussage von J. Pease, Provinzialbankier, Nr. 4636 und 4645.) Nach demselben Bericht hatten die Bankiers die Gewohnheit, sobald Geld knapp wurde, solche Wechsel ihren Kunden regelmäßig in Zahlung zu geben. Wollte der Empfänger Banknoten, so mußte er diesen Wechsel wieder diskontieren. Für die Banken kam dies einem Privilegium gleich, Geld zu machen. Die Herren Jones Loyd and Co. zahlten in dieser Weise »seit unvordenklichen Zeiten«, sobald Geld knapp war und der Zinsfuß über 5%. Der Kunde war froh, solche Banker's Bills zu erhalten, weil Wechsel von Jones Loyd & Co. leichter diskontierbar waren als seine eignen; auch liefen sie oft durch 20 bis 30 Hände, (ibidem, Nr. 905 bis 902, 992.)
Alle diese Formen dienen dazu, den Zahlungsanspruch übertragbar zu machen.
»Es gibt kaum irgendeine Form, in die der Kredit zu bringen ist, worin er nicht zu Zeiten Geldfunktion zu verrichten hat; ob diese Form eine Banknote oder ein Wechsel oder ein Scheck ist, der Prozeß ist wesentlich derselbe und das Resultat ist wesentlich dasselbe.« – Fullarton, »On the Regulation of Currencies«, 2nd edit., London 1845, p. 38. – »Banknoten sind das Kleingeld des Kredits.« (p. 51.)
Das Folgende aus J. W. Gilbart, »The History and Principles of Banking«, London 1834:
»Das Kapital einer Bank besteht aus zwei Teilen, dem Anlagekapital (invested capital) und dem Bankkapital (banking capital), das angeliehen ist.« (p. 117.) »Das Bankkapital oder geborgte Kapital wird auf drei Wegen erhalten: 1. durch Annahme von Depositen, 2. durch Ausgabe von eignen Banknoten, 3. durch Ziehung von Wechseln. Wenn mir jemand 100 Pfd. St. umsonst leihen will, und ich leihe diese 100 Pfd. St. an jemand anders für 4% Zins aus, so werde ich im Lauf des Jahrs durch dies Geschäft 4 Pfd. St. gewinnen. Ebenso, wenn jemand mein Zahlungsversprechen« (I promise to pay ist die gewöhnliche Formel für englische Banknoten) »nehmen will und es mir am Ende des Jahres zurückgeben und mir 4% dafür zahlen, ganz als ob ich ihm 100 Pfd. St. geliehen hätte, gewinne ich 4 Pfd. St. durch dies Geschäft; und wiederum, wenn jemand in einer Landstadt mir 100 Pfd. St. bringt mit der Bedingung, daß ich 21 Tage später diesen Betrag einer dritten Person in London zahlen soll, wird jeder Zins, den ich in der Zwischenzelt von dem Gelde machen kann, mein Profit sein. Dies ist eine sachgemäße Zusammenfassung der Operationen einer Bank und des Wegs, wie ein Bankkapital geschaffen wird vermittelst Depositen, Banknoten und Wechseln.«, (p. 117.) »Die Profite eines Bankiers stehn im allgemeinen im Verhältnis zum Betrag seines geborgten oder Bankkapitals. Um den wirklichen Profit einer Bank festzustellen, ist der Zins auf das Anlagekapital abzuziehn vom Bruttoprofit. Der Rest ist der Bankprofit.« (p. 118.) »Die Vorschüsse eines Bankiers an seine Kunden werden gemacht mit dem Geld andrer Leute.« (p. 146.) »Gerade die Bankiers, die keine Banknoten ausgeben, schaffen ein Bankkapital durch Diskontieren von Wechseln. Sie vermehren ihre Depositen vermittelst ihrer Diskontooperationen. Die Londoner Bankiers diskontieren nur für diejenigen Häuser, die ein Depositenkonto bei ihnen halten.« (p. 119.) »Eine Firma, die bei ihrer Bank Wechsel diskontiert und auf den ganzen Betrag dieser Wechsel Zinsen bezahlt hat, muß wenigstens einen Teil dieses Betrags in den Händen der Bank lassen, ohne Zinsen dafür zu erhalten. Auf diesem Wege erhält der Bankier auf das vorgeschoßne Geld einen höhern als den laufenden Zinsfuß und schafft sich ein Bankkapital vermittelst des in seiner Hand verbleibenden Saldos.« (p. 120.)
Ökonomisierung der Reservefonds, Depositen, Schecks:
»Die Depositenbanken ökonomisieren vermittelst der Übertragung der Guthaben den Gebrauch des zirkulierenden Mediums und erledigen Geschäfte von großem Betrag mit einer geringen Summe wirkliches Geldes. Das so freigesetzte Geld wird vom Bankier angewandt in Vorschüssen an seine Kunden vermittelst Diskontos etc. Daher erhöht die Übertragung der Guthaben die Wirksamkeit des Depositensystems.« (p. 123.) »Es ist gleichgültig, ob die beiden Kunden, die miteinander handeln, ihre Rechnung bei demselben oder bei verschiednen Bankiers halten. Denn die Bankiers tauschen ihre Schecks unter sich aus im Clearing House. Vermittelst der Übertragung könnte so das Depositensystem zu einem solchen Grad ausgedehnt werden, daß es den Gebrauch des Metallgelds ganz verdrängte. Wenn jeder ein Depositenkonto bei der Bank hielte und alle seine Zahlungen durch Schecks machte, so würden diese Schecks das einzige zirkulierende Medium. In diesem Falle müßte unterstellt werden, daß die Bankiers das Geld in ihrer Hand hätten, sonst hätten die Schecks keinen Wert.« (p. 124.)
Die Zentralisation des Lokalverkehrs in den Händen der Banken wird vermittelt 1. durch Zweigbanken. Die Provinzialbanken haben Zweigetablissements in den kleinern Städten ihres Bereichs; die Londoner Banken in den verschiednen Stadtteilen Londons. 2. durch Agenturen.
»Jede Provinzialbank hat einen Agenten in London, um dort ihre Noten oder Wechsel zu zahlen und Geld zu empfangen, das von Londoner Einwohnern eingezahlt wird für Rechnung von Leuten, die in der Provinz wohnen.« (p. 127.) »Jeder Bankier fängt die Noten des andern auf, gibt sie nicht wieder aus. In jeder größern Stadt kommen sie ein oder zweimal wöchentlich zusammen und tauschen die Noten aus. Der Saldo wird gezahlt durch Anweisung auf London.« (p. 134.) »Der Zweck der Banken ist Erleichterung des Geschäfts. Alles, was das Geschäft erleichtert, erleichtert auch die Spekulation. Geschäft und Spekulation sind in vielen Fällen so eng verknüpft, daß es schwer ist zu sagen, wo das Geschäft aufhört und wo die Spekulation anfängt... Überall, wo Banken sind, ist Kapital leichter und wohlfeiler zu erhalten. Die Wohlfeilheit des Kapitals gibt der Spekulation Vorschub, ganz wie die Wohlfeilheit von Fleisch und Bier der Gefräßigkeit und Trunkenheit Vorschub leistet.« (p. 137, 138.) »Da die Banken, welche eigne Banknoten ausgeben, stets in diesen Noten zahlen, so kann es scheinen, daß ihr Diskontogeschäft gemacht werde ausschließlich mit dem hierdurch gemachten Kapital, aber dem ist nicht so. Ein Bankier kann sehr wohl alle von ihm diskontierten Wechsel in seinen eignen Noten zahlen, und dennoch können 9/10 der in seinem Besitz befindlichen Wechsel wirkliches Kapital repräsentieren. Denn obgleich er selbst für diese Wechsel nur sein eignes Papiergeld gegeben, braucht dies doch nicht in Zirkulation zu bleiben, bis die Wechsel verfallen. Die Wechsel können drei Monate zu laufen haben, die Noten in drei Tagen zurückkommen.« (p. 172.) »Das Überziehen der Rechnung durch die Kunden ist geregelte Geschäftssache. Es ist in der Tat der Zweck, wofür ein Barkredit garantiert wird... Barkredite werden garantiert nicht nur durch persönliche Sicherheit, sondern auch durch Deponierung von Wertpapieren.« (p. 174, 175.) »Kapital, vorgeschossen auf Pfand von Waren, hat dieselbe Wirkung, wie wenn vorgeschossen im Diskontieren von Wechseln. Wenn jemand 100 Pfd. St. auf Sicherheit seiner Waren borgt, so ist es dasselbe, als hätte er sie für einen Wechsel von 100 Pfd. St. verkauft und diesen beim Bankier diskontiert. Der Vorschuß aber befähigt ihn, seine Waren für einen bessern Marktstand hinzuhalten und Opfer zu vermeiden, die er sonst hätte machen müssen, um Geld für dringende Zwecke zu erhalten.« (p. 180, 181.)
»The Currency Theory Reviewed etc.«, p. 62, 63:
»Es ist unstreitig wahr, daß die 1000 Pfd. St., die ich heute bei A deponiere, morgen wieder ausgegeben werden und ein Depositum bei B bilden. Übermorgen mögen sie, von B wieder ausgegeben, ein Depositum bei C bilden, und so fort ins Unendliche. Dieselben 1000 Pfd. St. Geld können sich also, durch eine Reihe von Übertragungen zu einer absolut unbestimmbaren Summe von Depositen vervielfältigen. Es ist daher möglich, daß neun Zehntel aller Depositen in England gar keine Existenz haben außer in den Buchungsposten in den Büchern der Bankiers, die jeder für seinen Teil dafür einstehn... So in Schottland, wo das umlaufende Geld« 〈obendrein fast nur Papiergeld!} »nie über 3 Millionen Pfd. St., die Depositen 27 Millionen. Solange nun nicht eine allgemeine, plötzliche Rückforderung der Depositen (a run on the banks) eintritt, so können dieselben 1000 Pfd. St., rückwärts reisend, mit derselben Leichtigkeit eine ebenso unbestimmbare Summe ausgleichen. Da dieselben 1000 Pfd. St., womit ich heute meine Schuld an einen Geschäftsmann ausgleiche, morgen dessen Schuld an einen andern Kaufmann ausgleichen können und übermorgen dessen Ausgleichung an die Bank, und so ins Unendliche; so können dieselben 1000 Pfd. St. von Hand zu Hand und von Bank zu Bank gehn und jede denkbare Summe von Depositen ausgleichen.«
〈Wir haben gesehn, daß Gilbart schon 1834 wußte:
»Alles, was das Geschäft erleichtert, erleichtert auch die Spekulation, beide sind in vielen Fällen so eng verknüpft, daß es schwer ist zu sagen, wo das Geschäft aufhört und wo die Spekulation anfängt.«
Je größer die Leichtigkeit, womit Vorschüsse auf unverkaufte Waren zu erlangen sind, desto mehr solcher Vorschüsse werden aufgenommen, desto größer ist die Versuchung, Waren zu fabrizieren oder schon fabrizierte auf entfernte Märkte zu schleudern, nur, um zunächst Geldvorschüsse darauf zu erhalten. Wie die gesamte Geschäftswelt eines Landes von solchem Schwindel ergriffen werden kann und wie das dann endet, davon gibt uns die englische Handelsgeschichte von 1845-1847 ein schlagendes Beispiel. Hier sehn wir, was der Kredit leisten kann. Zur Erläuterung der folgenden Beispiele vorher nur einige kurze Bemerkungen.
Ende 1842 begann der Druck zu weichen, der seit 1837 fast ununterbrochen auf der englischen Industrie gelastet hatte. In den beiden folgenden Jahren steigerte sich die Nachfrage des Auslandes nach englischen Industrieprodukten noch mehr; 1845/46 bezeichnete die Periode der höchsten Prosperität. 1843 hatte der Opiumkrieg dem englischen Handel China geöffnet. Der neue Markt bot einen neuen Vorwand zu der bereits in vollem Schwung begriffnen Ausdehnung, namentlich der Baumwollindustrie. »Wie können wir je zuviel produzieren? Wir haben 300 Millionen Men schen zu kleiden« – sagte dem Schreiber dieses damals ein Fabrikant in Manchester. Aber alle die neuerrichteten Fabrikgebäude, Dampf- und Spinnmaschinen und Webstühle waren nicht hinreichend, den massenweise hereinströmenden Mehrwert von Lancashire zu absorbieren. Mit derselben Leidenschaft, womit man die Produktion steigerte, warf man sich auf den Bau von Eisenbahnen; hier fand das Spekulationsgelüst der Fabrikanten und Kaufleute zuerst Befriedigung, und zwar schon seit Sommer 1844. Man zeichnete Aktien, soviel man konnte, d.h. soweit das Geld zur Deckung der ersten Einzahlungen reichte; für das weitere wird sich schon Rat finden! Als dann die weiteren Einzahlungen kamen – nach Frage 1059, C. D. 1848/1857, betrug das 1846/47 in Eisenbahnen angelegte Kapital an 75 Millionen Pfd. St. –, mußte der Kredit in Anspruch genommen werden, und das eigentliche Geschäft der Firma mußte meist auch noch bluten.
Und dies eigentliche Geschäft war in den meisten Fällen auch schon überlastet. Die lockenden hohen Profite hatten zu weit ausgedehnteren Operationen verleitet, als die disponiblen flüssigen Mittel rechtfertigten. Aber der Kredit war ja da, leicht erlangbar und wohlfeil obendrein. Der Bankdiskonto stand niedrig: 1844 13/4 – 2 3/4%, 1845 bis Oktober unter 3%, dann eine kurze Zeit steigend bis 5% (Febr. 1846), dann wieder fallend bis auf 3 1/4% im Dez. 1846. Die Bank hatte in ihren Kellern einen Goldvorrat von unerhörtem Betrag. Alle inländischen Börsenwerte standen so hoch wie nie vorher. Warum also die schöne Gelegenheit vorbeigehn lassen, warum nicht flott ins Geschirr gehn? Warum nicht den nach englischen Fabrikaten schmachtenden fremden Märkten alle Waren zuschicken, die man nur fabrizieren konnte? Und warum sollte nicht der Fabrikant selbst den doppelten Gewinn einheimsen, der aus dem Verkauf des Garns und Gewebes im fernen Osten und aus dem Verkauf der dafür erhaltenen Rückfracht in England erwuchs?
So entstand das System der massenhaften Konsignationen, gegen Vorschuß, nach Indien und China, das sehr bald sich fortentwickelte zu einem System von Konsignationen bloß um des Vorschusses willen, wie es in den nachfolgenden Noten im einzelnen geschildert ist und wie es mit Notwendigkeit enden mußte in massenhafter Überführung der Märkte und im Krach.
Dieser Krach kam zum Ausbruch infolge der Mißernte von 1846. England und besonders Irland bedurften enormer Zufuhren von Lebensmitteln, namentlich Korn und Kartoffeln. Aber die Länder, die diese lieferten, konnten nur zum allergeringsten Teil in englischen Industrieprodukten dafür bezahlt werden; man mußte Edelmetall in Zahlung geben; Gold für mindestens 9 Millionen ging ins Ausland. Von diesem Gold kamen volle 7 1/2 Millionen aus dem Barschatz der Bank von England, deren Bewegungsfreiheit auf dem Geldmarkt dadurch empfindlich gelähmt wurde; die übrigen Banken, deren Reserven bei der Bank von England liegen, tatsächlich mit der Reserve dieser Bank identisch sind, mußten nun ebenfalls ihre Geldakkommodation einschränken; der rasch und leicht dahinströmende Fluß der Zahlungen geriet ins Stocken, erst hier und da, dann allgemein. Der Bankdiskonto, im Januar 1847 noch 3 – 3 1/2%, stieg im April, wo die erste Panik losbrach, auf 7%; dann kam im Sommer nochmals eine vorübergehende kleine Erleichterung (6,5, 6%), als aber auch die neue Ernte mißriet, brach die Panik aufs neue und heftiger los. Der offizielle Minimaldiskonto der Bank stieg im Oktober auf 7, im November auf 10%, d.h. die weitaus größte Mehrzahl der Wechsel wurde nur gegen kolossale Wucherzinsen oder überhaupt nicht mehr diskontierbar; die allgemeine Zahlungsstockung brachte eine Reihe der ersten Häuser und viele, viele mittlere und kleine zum Bankrott; die Bank selbst war in Gefahr, infolge der ihr durch den pfiffigen Bankakt von 1844 auferlegten Beschränkungen fallieren zu müssen – da suspendierte, auf allgemeines Andringen, die Regierung am 25. Oktober den Bankakt und entfernte damit die der Bank auferlegten absurden gesetzlichen Fesseln. Nun konnte sie ihren Notenschatz ungehindert in Zirkulation setzen; da der Kredit dieser Banknoten tatsächlich durch den Kredit der Nation garantiert, also unerschüttert war, trat damit sofort die entscheidende Erleichterung der Geldklemme ein; natürlich fallierten noch eine Menge großer und kleiner, hoffnungslos festgerittner Firmen, aber der Höhepunkt der Krise war überwunden, der Bankdiskonto fiel im DezemberA33 wieder auf 5%, und schon im Laufe von 1848 bereitete sich jene erneuerte Geschäftstätigkeit vor, die den revolutionären Bewegungen des Kontinents im Jahre 1849 die Spitze abbrach, und die in den fünfziger Jahren zuerst eine bis dahin unerhörte industrielle Prosperität herbeiführte, dann aber auch – den Krach von 1857. – F. E.}
I. Über die kolossale Entwertung von Staatspapieren und Aktien während der Krise 1847 gibt ein vom House of Lords 1848 herausgegebnes Aktenstück Aufschluß. Danach betrug der Wertfall am 23. Oktober 1847 verglichen mit dem Stand vom Februar desselben Jahres:
auf englische Staatspapiere
93 824 217 Pfd. St.
auf Dock- und Kanalaktien
1 358 288 Pfd. St.
auf Eisenbahnaktien
19 579 820 Pfd. St.
Zusammen: 114 762 325 Pfd. St.
II. Über den Schwindel im ostindischen Geschäft, wo man nicht mehr Wechsel zog, weil Ware gekauft worden war, sondern Waren kaufte, um diskontierbare, in Geld umsetzbare Wechsel ziehen zu können, heißt es im »Manchester Guardian« vom 24. Nov. 1847:
A in London läßt durch B beim Fabrikanten C in Manchester Waren zur Verschiffung an D in Ostindien kaufen. B zahlt C in Sechsmonats-Wechseln, gezogen von C auf B. Er deckt sich ebenfalls durch Sechsmonats-Wechsel auf A. Sobald die Ware verschifft, zieht A, gegen den eingesandten Ladeschein, ebenfalls Sechsmonats-Wechsel auf D.
»Käufer und Versender sind also beide im Besitz von Fonds, viele Monate ehe sie die Waren wirklich bezahlen; und sehr gewöhnlich wurden diese Wechsel bei Verfall erneuert unter dem Vorwand, Zeit für den Rückfluß zu geben bei einem so langatmigen Geschäft. Leider aber führten Verluste in einem solchen Geschäft nicht zu seiner Einschränkung, sondern gradezu zu seiner Ausdehnung. Je ärmer die Beteiligten wurden, desto größer ihr Bedürfnis zu kaufen, um dadurch in neuen Vorschüssen Ersatz für das in den vorigen Spekulationen verlorne Kapital zu finden. Die Einkäufe wurden nun nicht mehr reguliert durch Nachfrage und Zufuhr, sie wurden der wichtigste Teil der Finanzoperationen einer festgerittnen Firma. Aber das ist nur die eine Seite. Wie mit dem Export von Manufakturwaren hier, so ging es mit dem Einkauf und Verschiffen von Produkten drüben. Häuser in Indien, die Kredit genug hatten, ihre Wechsel diskontiert zu bekommen, kauften Zucker, Indigo, Seide oder Baumwolle – nicht weil die Einkaufspreise, gegen die letzten Londoner Preise, einen Profit versprachen, sondern weil frühere Tratten auf das Londoner Haus bald fällig wurden und gedeckt werden mußten. Was war einfacher, als eine Ladung Zucker zu kaufen, sie in Zehnmonats-Wechseln auf das Londoner Haus zu bezahlen und die Ladescheine mit der Überlandpost nach London zu schicken? Weniger als zwei Monate nachher waren die Ladescheine dieser kaum verschifften Waren, und damit die Waren selbst, in Lombard Street verpfändet, und das Londoner Haus kam zu Geld, acht Monate vor Verfall der dagegen gezognen Wechsel. Und alles das ging flott, ohne Unterbrechung oder Schwierigkeit, solange die Diskonthäuser Geld im Überfluß fanden, um es auf Ladescheine und Dockwarrants vorzuschießen und bis zu unbegrenzten Beträgen die Wechsel indischer Häuser auf ›feine‹ Firmen in Mincing Lane zu diskontieren.«
〈Diese Schwindelprozedur blieb im Schwang, solange die Waren von und nach Indien das Kap umsegeln mußten. Seitdem sie durch den Suezkanal gehn, und zwar mit Dampfschiffen, ist dieser Methode, fiktives Kapital zu fabrizieren, die Grundlage entzogen: die lange Reisezeit der Waren. Und seitdem der Telegraph den Stand des indischen Markts dem englischen Geschäftsmann und den Stand des englischen Marktes dem indischen Händler noch am selben Tag bekanntgab, wurde diese Methode vollends unmöglich. – F. E.}
III. Das Folgende ist aus dem schon zitierten Bericht »Commercial Distress«, 1847/48:
»In der letzten Aprilwoche 1847 zeigte die Bank von England der Royal Bank of Liverpool an, daß sie von nun an ihr Diskontogeschäft mit der letztren auf die Hälfte des Betrags herabsetzen werde. Diese Mitteilung wirkte sehr schlimm, weil die Zahlungen in Liverpool letzthin weit mehr in Wechseln als in bar erfolgten; und weil die Kaufleute, die der Bank gewöhnlich viel bares Geld brachten, um damit ihre Akzepte zu zahlen, in der letzten Zeit nur Wechsel bringen konnten, die sie selbst für ihre Baumwolle und andre Produkte erhalten hatten. Dies hatte stark zugenommen und damit die Geschäftsschwierigkeit. Die Akzepte, die die Bank für die Kaufleute zu zahlen hatte, waren meistens auswärts gezogen und waren bisher meist ausgeglichen worden durch die für die Produkte erhaltne Zahlung. Die Wechsel, die die Kaufleute jetzt brachten, statt des frühern Bargelds, waren Wechsel von verschiedner Laufzeit und verschiedner Art, eine beträchtliche Zahl Bankwechsel auf drei Monate dato, die große Masse waren Wechsel gegen Baumwolle. Diese Wechsel waren akzeptiert, wenn Bankwechsel, durch Londoner Bankiers, sonst aber durch Kaufleute aller Art, im brasilischen, amerikanischen, kanadischen, westindischen usw. Geschäft... Die Kaufleute zogen nicht aufeinander, sondern die Kunden im Inlande, die Produkte in Liverpool gekauft hatten, deckten sie in Wechseln auf Londoner Banken oder in Wechseln auf sonstige Häuser in London oder in Wechseln auf irgend jemand. Die Ankündigung der Bank von England verursachte, daß für Wechsel gegen verkaufte fremde Produkte die Laufzeit abgekürzt wurde, die sonst häufig über drei Monate war.« (p. 26, 27.)
Die Prosperitätsperiode 1844-1847 in England war, wie oben geschildert, verknüpft mit dem ersten großen Eisenbahnschwindel. Über dessen Wirkung auf das Geschäft im allgemeinen hat der angeführte Bericht folgendes:
»Im April 1847 hatten fast alle kaufmännischen Häuser angefangen, ihr Geschäft mehr oder weniger auszuhungern (to starve their business) durch Anlage eines Teils ihres Handelskapitals in Eisenbahnen.« (p. 41, 42.) – »Es wurden auch Anleihen zu hohem Zinsfuß, z.B. 8%, aufgenommen auf Eisenbahnaktien bei Privatleuten, Bankiers und Assekuranzgesellschaften.« (p. 66, 67.) »Diese so großen Vorschüsse dieser Geschäftshäuser an die Eisenbahnen veranlaßten sie wiederum, bei den Banken zuviel Kapital vermittelst Wechseldiskontos aufzunehmen, um damit ihr eignes Geschäft fortzuführen.« (p. 67.) – (Frage:) »Würden Sie sagen, daß die Einzahlungen auf Eisenbahnaktien viel beitrugen zu dem Druck, der« 〈auf dem Geldmarkt} »im April und Oktober« (1847) »herrschte?« (Antwort:) »Ich glaube, daß sie kaum irgend etwas beitrugen zu dem Druck im April. Nach meiner Ansicht hatten sie bis in den April, und vielleicht bis in den Sommer hinein, die Bankiers eher gestärkt als geschwächt. Denn die wirkliche Verwendung des Geldes erfolgte durchaus nicht ebenso rasch wie die Einzahlungen; infolge davon hatten die meisten Banken im Anfang des Jahrs einen ziemlich großen Betrag von Eisenbahnfonds in ihrer Hand.« 〈Dies wird bestätigt durch zahlreiche Aussagen von Bankiers im C. D., 1848/1857.} »Dieser schmolz im Sommer allmählich zusammen und war am 31. Dezember wesentlich geringer. Eine Ursache des Drucks im Oktober war die allmähliche Abnahme der Eisenbahnfonds in den Händen der Banken; zwischen dem 22. April und dem 31. Dezember verminderten sich die Eisenbahnsaldos in unsrer Hand um ein Drittel. Diese Wirkung hatten die Eisenbahneinzahlungen in ganz Großbritannien; sie haben nach und nach die Depositen der Banken abgezapft.« (p. 43, 44.)
So sagt auch Samuel Gurney (Chef der berüchtigten Firma Overend, Gurney & Co.):
»1846 war bedeutend größre Nachfrage nach Kapital für Eisenbahnen, hob aber nicht den Zinsfuß. Es fand eine Kondensation kleinerer Summen zu größern Massen statt, und diese großen Massen wurden in unserm Markt verbraucht; so daß im ganzen die Wirkung die war, mehr Geld auf den Geldmarkt der City zu werfen, nicht so sehr, es herauszunehmen.« [p. 159.]
A. Hodgson, Direktor der Liverpool Joint Stock Bank, zeigt, wie sehr Wechsel die Reserve für Bankiers bilden können:
»Es war unsre Gewohnheit, mindestens 9/10 aller unsrer Depositen und alles Geld, das wir von andren Personen erhielten, in unserm Portefeuille zu halten in Wechseln, die von Tag zu Tag verfallen... so sehr, daß während der Zeit der Krise der Ertrag der täglich verfallenden Wechsel fast dem Betrag der täglich an uns gemachten Zahlungsforderungen gleichkam.« (p. 53.)
Spekulationswechsel.
Nr. 5092. »Von wem waren die Wechsel« (gegen verkaufte Baumwolle) »hauptsächlich akzeptiert?« 〈R. Gardner, der in diesem Werk mehr genannte Baumwollfabrikant:} »Von Warenmaklern; ein Händler kauft Baumwolle, übergibt sie einem Makler, zieht auf diesen Makler, und läßt die Wechsel diskontieren.« – Nr. 5094. »Und diese Wechsel gehn zu den Liverpooler Banken und werden dort diskontiert? – Jawohl, und auch sonstwo... Hätte nicht diese Akkommodation bestanden, die hauptsächlich von Liverpooler Banken bewilligt wurde, so wäre nach meiner Ansicht Baumwolle im vorigen Jahr um 1 1/2 d. oder 2 d. per Pfund wohlfeiler gewesen.« – Nr. 600. »Sie sagten, eine ungeheure Anzahl Wechsel hätten zirkuliert, gezogen von Spekulanten auf Baumwollmakler in Liverpool; gilt dasselbe von Ihren Vorschüssen auf Wechsel gegen andre Kolonialprodukte außer Baumwolle?« – 〈A. Hodgson, Bankier in Liverpool:} »Es bezieht sich auf alle Arten Kolonialprodukte, aber ganz besonders auf Baumwolle.« – Nr. 601. »Suchen Sie als Bankier sich diese Art Wechsel fernzuhalten? – Keineswegs; wir betrachten sie als ganz rechtmäßige Wechsel, wenn in mäßiger Menge gehalten... Diese Art Wechsel werden oft verlängert.«
Schwindel im ostindisch-chinesischen Markt 1847. – Charles Turner (Chef einer der ersten ostindischen Firmen in Liverpool):
»Wir alle kennen die Vorfälle, die in Beziehung auf das Geschäft nach Mauritius und in ähnlichen Geschäften stattgefunden haben. Die Makler waren gewohnt, Vorschüsse zu machen auf Waren, nicht nur nach ihrer Ankunft, zur Deckung der gegen diese Waren gezognen Wechsel, was vollständig in der Ordnung ist, und Vorschüsse auf Ladescheine... sondern sie haben Vorschüsse gemacht auf das Produkt, ehe es verschifft, und in einigen Fällen, ehe es fabriziert war. Ich z.B. hatte in einem Spezialfall in Kalkutta Wechsel gekauft für 6000-7000 Pfd. St.; der Erlös für diese Wechsel ging nach Mauritius, um dort Zucker pflanzen zu helfen; die Wechsel kamen nach England, und über die Hälfte davon wurden protestiert; dann, als die Verschiffungen von Zucker endlich ankamen, aus denen diese Wechsel bezahlt werden sollten, da fand sich, daß dieser Zucker bereits an dritte Personen verpfändet war, ehe er verschifft, ja in der Tat fast schon, ehe er gesotten war.« (p. 78.) »Die Waren für den ostindischen Markt müssen jetzt dem Fabrikanten bar bezahlt werden; aber das hat nicht viel zu sagen, denn wenn der Käufer einigen Kredit in London hat, so zieht er auf London und diskontiert den Wechsel in London, wo der Diskonto jetzt niedrig steht; er bezahlt den Fabrikanten mit dem so erhaltnen Geld...es dauert mindestens zwölf Monate, bis ein Verschiffer von Waren nach Indien seine Retouren von dort bekommen kann... ein Mann mit 10000 oder 15000 Pfd. St., der ins indische Geschäft geht, würde sich einen Kredit zu einer beträchtlichen Summe bei einem Londoner Hause ausmachen; diesem Hause würde er 1% geben und auf es ziehn, gegen die Bedingung, daß der Erlös der nach Indien gesandten Waren an dies Londoner Haus geschickt wird; wobei aber beide Teile stillschweigend einverstanden sind, daß das Londoner Haus keinen wirklichen Barvorschuß zu leisten hat; d.h. die Wechsel werden prolongiert, bis die Retouren ankommen. Die Wechsel wurden diskontiert in Liverpool, Manchester, London, manche von ihnen sind im Besitz von schottischen Banken.« (p. 79.) – Nr. 786. »Da ist ein Haus, das neulich in London fallierte; bei Prüfung der Bücher entdeckte man folgendes: Hier ist eine Firma in Manchester, und eine andre in Kalkutta; sie eröffneten einen Kredit bei dem Londoner Haus für 200000 Pfd. St.; d.h. die Geschäftsfreunde dieser Manchester Firma, die dem Hause in Kalkutta von Glasgow und Manchester Waren auf Konsignation schickten, trassierten auf das Londoner Haus bis zum Betrage von 200000 Pfd. St.; gleichzeitig war die Verabredung, daß das Kalkutta-Haus auf das Londoner Haus auch 200000 Pfd. St. zieht; diese Wechsel wurden in Kalkutta verkauft, mit dem Ertrag andre Wechsel gekauft, und diese wurden nach London geschickt, um das dortige Haus zu befähigen, die ersten von Glasgow oder Manchester gezognen Wechsel zu bezahlen. So wurden durch dieses eine Geschäft Wechsel für 600000 Pfd. St. in die Welt gesetzt.« – Nr. 971. »Gegenwärtig, wenn ein Haus in Kalkutta eine Schiffsladung kauft« (für England) »und sie mit ihren eignen Tratten auf ihren Londoner Korrespondenten bezahlt und die Ladescheine hierher gesandt werden, so werden diese Ladescheine sofort für sie benutzbar zur Erhebung von Vorschüssen in Lombard Street; also haben sie acht Monate Zeit, worin sie das Geld benutzen können, ehe ihre Korrespondenten die Wechsel zu zahlen haben.«
IV. Im Jahr 1848 saß ein geheimer Ausschuß des Oberhauses zur Untersuchung der Ursachen der Krise von 1847. Die vor diesem Ausschuß abgelegten Zeugenaussagen wurden jedoch erst 1857 veröffentlicht (»Minutes of Evidence, taken before the Secret Committee of the H. of L. appointed to inquire into the Causes of Distress etc.«, 1857; zitiert als C. D., 1848/1857). Hier sagte Herr Lister, Dirigent der Union Bank of Liverpool unter andrem aus:
2444. »Es bestand, Frühjahr 1847, eine ungehörige Ausdehnung des Kredits... weil Geschäftsleute ihr Kapital vom Geschäft auf Eisenbahnen übertrugen und doch das Geschäft in der alten Ausdehnung fortführen wollten. Jeder glaubte wahrscheinlich zuerst, er könne die Eisenbahnaktien mit Profit verkaufen und so das Geld im Geschäft ersetzen. Er fand vielleicht, daß das nicht möglich war und nahm so Kredit in seinem Geschäft, wo er früher bar bezahlt hatte. Hieraus entsprang eine Kreditausdehnung.«
2500. »Diese Wechsel, worauf die Banken, die sie übernommen hatten, Verluste erlitten, waren dies Wechsel hauptsächlich gegen Korn oder gegen Baumwolle?... Es waren Wechsel gegen Produkte aller Art, Korn, Baumwolle und Zucker und Produkte aller Art. Es gab damals fast nichts, Öl vielleicht ausgenommen, das nicht im Preise fiel.« – 2506. »Ein Makler, der einen Wechsel akzeptiert, akzeptiert ihn nicht, ohne hinreichend gedeckt zu sein, auch gegen einen Preisfall der Ware, die als Deckung dient.«
2512. »Gegen Produkte werden zweierlei Wechsel gezogen. Zur ersten Art gehört der ursprüngliche Wechsel, der von drüben auf den Importeur gezogen wird... Die Wechsel, die so gegen Produkte gezogen werden, verfallen häufig, ehe die Produkte ankommen. Der Kaufmann muß deshalb, wenn die Ware ankommt und er nicht hinreichendes Kapital hat, sie beim Makler verpfänden, bis er sie verkaufen kann. Dann wird sofort ein Wechsel der andern Art vom Liverpooler Kaufmann auf den Makler gezogen, auf Sicherheit jener Ware... es wird dann die Sache des Bankiers, sich beim Makler zu vergewissern, ob er die Ware hat und wieweit er darauf vorgeschossen hat. Er muß sich überzeugen, daß der Makler Deckung hat, um sich im Fall eines Verlusts zu erholen.«
2516. »Wir bekommen auch Wechsel vom Ausland... Jemand kauft drüben einen Wechsel auf England und schickt ihn an ein Haus in England; wir können dem Wechsel nicht ansehn, ob er verständig oder unverständig gezogen ist, ob er Produkte oder Wind repräsentiert.«
2533. »Sie sagten, daß auswärtige Produkte fast aller Art mit großem Verlust verkauft wurden. Glauben Sie, daß das der Fall war infolge ungerechtfertigter Spekulation in diesen Produkten? – Es entsprang aus einer sehr großen Einfuhr, während keine entsprechende Konsumtion bestand, um sie wegzuführen. Nach allem Anschein fiel die Konsumtion sehr bedeutend.« – 2534. »Im Oktober... waren Produkte fast unverkäuflich.«
Wie auf der Höhe des Krachs sich ein allgemeines sauve qui peut entwickelt, darüber spricht sich im selben Bericht ein Kenner ersten Ranges aus, der würdige geriebene Quäker Samuel Gurney von Overend, Gurney & Co.:
1262. »Wenn eine Panik herrscht, so fragt ein Geschäftsmann sich nicht, wie hoch er seine Banknoten anlegen kann oder ob er 1 oder 2% beim Verkauf seiner Schatzscheine oder Dreiprozentigen verlieren wird. Ist er einmal unter dem Einfluß des Schreckens, so liegt ihm nichts an Gewinn oder Verlust; er bringt sich selbst in Sicherheit, die übrige Welt mag tun was sie will.«
V. Über die wechselseitige Überführung zweier Märkte sagt Herr Alexander, Kaufmann im ostindischen Geschäft, vor dem Unterhaus-Ausschuß über die Bankakte 1857 (zitiert als B. C., 1857):
4330. »Augenblicklich, wenn ich in Manchester 6 Schill. auslege, bekomme ich 5 Schill. in Indien zurück; wenn ich 6 Schill. in Indien auslege, bekomme ich 5 Schill. in London zurück.«
So daß also der indische Markt durch England und der englische durch Indien gleichmäßig überführt worden ist. Und zwar war dies der Fall im Sommer 1857, kaum zehn Jahre nach der bittern Erfahrung von 1847!
26. Akkumulation von Geldkapital, ihr Einfluß auf den Zinsfuß
»In England findet eine beständige Akkumulation von zuschüssigem Reichtum statt, die die Tendenz hat, schließlich Geldform anzunehmen. Nach dem Wunsch, Geld zu erwerben ist aber der nächstdringliche Wunsch der, sich seiner wieder zu entledigen durch irgendeine Art Anlage, die Zins oder Profit bringt; denn Geld als Geld bringt nichts ein. Wenn daher nicht, gleichzeitig mit diesem steten Zufluß von überschüssigem Kapital, eine allmähliche und hinreichende Ausdehnung des Beschäftigungsfeldes dafür stattfindet, so müssen wir periodischen Akkumulationen von Anlage suchendem Geld ausgesetzt sein, die je nach den Umständen von größrer oder geringrer Bedeutung sind. Für eine lange Reihe von Jahren war die Staatsschuld das große Aufsaugemittel des überschüssigen Reichtums von England. Seitdem sie mit 1816 ihr Maximum erreicht hat und nicht länger aufsaugend wirkt, fand sich jedes Jahr eine Summe von mindestens 27 Millionen, die andre Anlagegelegenheit suchte. Zudem fanden verschiedne Kapitalrückzahlungen statt... Unternehmungen, die zu ihrer Ausführung großes Kapital bedürfen und von Zeit zu Zeit den Überschuß von unbeschäftigtem Kapital ableiten... sind wenigstens in unserm Lande absolut notwendig, um die periodischen Anhäufungen des überschüssigen Reichtums der Gesellschaft abzuführen, die in den gewöhnlichen Anlagezweigen keinen Raum finden können.« (»The Currency Theory Reviewed«, London 1845, p. 32-34.)
Vom Jahre 1845 heißt es ebendaselbst:
»Innerhalb einer sehr kurzen Periode sind die Preise vom niedrigsten Punkt der Depression emporgeschnellt... die dreiprozentige Staatsschuld steht fast pari... das Gold in den Kellern der Bank von England überragt jeden früher dort aufgespeicherten Betrag. Aktien aller Art stehn auf Preisen, die fast in jedem Fall unerhört sind, und der Zinsfuß ist so gesunken, daß er fast nominell ist... Alles Beweise, daß jetzt wieder einmal eine schwere Akkumulation von unbeschäftigtem Reichtum in England vorhanden ist, daß wieder einmal eine Periode spekulativer Überhitzung uns nahe bevorsteht.« (ibid., p. 36.)
»Obgleich die Einfuhr von Gold kein sichres Zeichen ist von Gewinn im auswärtigen Handel, so repräsentiert doch prima facie ein Teil dieser Goldeinfuhr, in Abwesenheit einer andren Erklärungsweise, solchen Profit.« (J. G. Hubbard, »The Currency and the Country«, London 1843, p. 40, 41.) »Gesetzt, in einer Periode mit stetig gutem Geschäft, lohnenden Preisen und wohlgefülltem Geldumlauf, gäbe eine schlechte Ernte Anlaß zu einer Ausfuhr von 5 Millionen Gold und zur Einfuhr von Korn zum selben Betrag. Die Zirkulation« 〈soll heißen, wie sich gleich zeigen wird, nicht Zirkulationsmittel, sondern das unbeschäftigte Geldkapital. F. E.} »wird vermindert um denselben Betrag. Die Privatleute mögen noch ebensoviel Zirkulationsmittel besitzen, aber die Depositen der Kaufleute bei ihren Banken, die Saldos der Banken bei ihren Geldmaklern und die Reserven in ihren Kassen werden alle vermindert sein, und die unmittelbare Folge dieser Verminderung im Betrag des unbeschäftigten Kapitals wird eine Erhöhung des Zinsfußes sein, z.B. von 4% auf 6. Da das Geschäft gesund ist, wird das Vertrauen nicht erschüttert, aber der Kredit wird höher geschätzt werden.« (ibid., p. 42.) »Fallen die Warenpreise allgemein, so fließt das überschüssige Geld in Form von vermehrten Depositen zu den Banken zurück, der Überfluß an unbeschäftigtem Kapital senkt den Zinsfuß auf ein Minimum, und dieser Stand der Dinge dauert, bis entweder höhere Preise oder ein lebhafteres Geschäft das schlummernde Geld in Dienst treten lassen, oder bis es absorbiert ist durch Anlage in ausländischen Wertpapieren oder ausländischen Waren.« (p. 68.)
Die folgenden Auszüge sind wieder aus dem Parlamentsbericht über »Commercial Distress«, 1847/48. – Infolge der Mißernte und Hungersnot 1846/47 wurde große Einfuhr von Nahrungsmitteln nötig.
»Daher großer Überschuß der Einfuhr über die Ausfuhr... Daher beträchtlicher Geldabfluß bei den Banken und vermehrter Zudrang zu den Diskontomaklern von Leuten, die Wechsel zu diskontieren hatten; die Makler fingen an, den Wechseln genauer auf die Finger zu sehn. Die bisher bewilligte Akkommodation wurde sehr ernstlich eingeschränkt, und unter schwachen Häusern gab es Falliten. Diejenigen, die sich ganz auf den Kredit verließen, gingen in die Brüche. Dies vermehrte die schon früher gefühlte Beunruhigung; Bankiers und andre fanden, daß sie nicht mit derselben Sicherheit wie früher darauf rechnen konnten, ihre Wechsel und andre Wertpapiere in Banknoten zu verwandeln, um ihren Verpflichtungen nachzukommen; sie beschränkten die Akkommodation noch mehr und schlugen sie häufig rund ab; sie schlossen in vielen Fällen ihre Banknoten ein, für künftige Deckung ihrer eignen Verpflichtungen; sie gaben sie lieber gar nicht weg. Unruhe und Verwirrung nahmen täglich zu, und ohne Lord John Russells Brief war der allgemeine Bankrott da.« (p. 74, 75.)
Der Brief Russells suspendierte den Bankakt. – Der obenerwähnte Charles Turner sagt aus:
»Manche Häuser hatten große Mittel, aber sie waren nicht flüssig. Ihr ganzes Kapital stak fest in Grundbesitz in Mauritius oder in Indigo- oder Zuckerfabriken. Nachdem sie einmal Verpflichtungen für 500000-600000 Pfd. St. eingegangen, hatten sie keine flüssigen Mittel, die Wechsel dafür zu zahlen, und schließlich zeigte sich, daß sie ihre Wechsel nur zahlen konnten vermittelst ihres Kredits und soweit dieser reichte.« (p. 81.)
Der erwähnte S. Gurney:
[1664.] »Gegenwärtig« (1848) »herrscht eine Beschränkung der Umsätze und ein großer Überfluß von Geld.« – Nr. 1763. »Ich glaube nicht, daß Mangel an Kapital es war, das den Zinsfuß so hoch hinauftrieb; es war der Schrecken (the alarm), die Schwierigkeit, Banknoten zu bekommen.«
1847 zahlte England wenigstens 9 Millionen Pfd. St. in Gold ans Ausland für eingeführte Nahrungsmittel. Davon 7 1/2 Millionen aus der Bank von England und 1 1/2 aus andern Quellen, (p. 301.) – Morris, Gouverneur der Bank von England:
»Am 23. Oktober 1847 waren die öffentlichen Fonds und die Kanal- und Eisenbahnaktien schon depreziiert um 114752225 Pfd. St.« (p. 312.)
Derselbe Morris, befragt von Lord G. Bentinck:
[3846.] »Ist Ihnen nicht bekannt, daß alles in Papieren und Produkten aller Art angelegte Kapital in derselben Weise entwertet war, daß Rohstoffe, Baumwolle, Seide, Wolle nach dem Kontinent gesandt wurden zu denselben Schleuderpreisen und daß Zucker, Kaffee und Tee in Zwangsverkäufen losgeschlagen wurden? – Es war unvermeidlich, daß die Nation ein beträchtliches Opfer brachte, um dem Goldabfluß entgegenzuwirken, den die enorme Einfuhr von Nahrungsmitteln verursacht hatte. – Glauben Sie nicht, es wäre besser gewesen, die 8 Millionen Pfd. St. anzuzapfen, die in den Geldschränken der Bank lagen, statt zu versuchen, das Gold mit solchen Opfern zurückzubekommen? – Das glaube ich nicht.«
Nun den Kommentar zu diesem Heroismus. Disraeli examiniert Herrn W. Cotton, Direktor und ehemaligen Gouverneur der Bank von England.
»Was war die Dividende, die die Bankaktionäre 1844 erhielten? – Sie war 7% für das Jahr. – Und die Dividende für 1847? – 9%. – Bezahlt die Bank die Einkommensteuer für ihre Aktionäre im laufenden Jahr? – Jawohl. – Tat sie das auch 1844? – Nein.84 – Dann hat dieser Bankakt« (von 1844) »also sehr im Interesse der Aktionäre gewirkt... Das Resultat ist also, daß seit der Einführung des neuen Akts die Dividende der Aktionäre von 7% auf 9% gestiegen ist und die Einkommensteuer jetzt außerdem von der Bank gezahlt wird, während sie vorher von den Aktionären bezahlt werden mußte? – Das ist ganz richtig.« (Nr. 4356-4361.)
Über Schatzbildung bei den Banken während der Krise von 1847 sagt Mr. Pease, ein Provinzialbankier:
4605. »Da die Bank genötigt war, ihren Zinsfuß immer mehr zu steigern, wurden die Befürchtungen allgemein; die Landbanken vermehrten die Geldbeträge in ihrem Besitz und ebenso die Notenbeträge; und viele von uns, die gewöhnlich vielleicht nur ein paar hundert Pfund in Gold oder Banknoten zu führen pflegten, speicherten sofort Tausende in Geldschränken und Pulten auf, da große Ungewißheit herrschte wegen des Diskontos und wegen der Umlaufsfähigkeit von Wechseln im Markt; und so erfolgte eine allgemeine Schatzanhäufung.«
Ein Ausschußmitglied bemerkt:
4691. »Demzufolge, was auch die Ursache während der letzten 12 Jahre gewesen sein mag, so war das Resultat jedenfalls mehr zugunsten des Juden und des Geldhändlers als zugunsten der produktiven Klasse überhaupt.«
Wie sehr der Geldhändler eine Zeit der Krisis ausbeutet, sagt Tooke aus:
»Im Metallwarengeschäft von Warwickshire und Staffordshire wurden 1847 sehr viele Aufträge auf Waren zurückgewiesen, weil der Zinsfuß, den der Fabrikant für Diskontierung seiner Wechsel zu bezahlen hatte, seinen ganzen Profit mehr als verschluckt hätte.« (Nr. 5451.)
Nehmen wir jetzt einen andern schon vorher zitierten Parlamentsbericht: »Report of Select Committee on Bank Acts, communicated from the Commons to the Lords, 1857« (zitiert weiter unten als B. C., 1857). Darin wird Herr Norman, Direktor der Bank von England und ein Hauptlicht unter den Leuten vom Currency principle, verhört wie folgt:
3635. »Sie sagten, Sie sind der Ansicht, daß der Zinsfuß abhängt, nicht von der Masse der Banknoten, sondern von Nachfrage und Angebot von Kapital. Wollen Sie angeben, was Sie unter Kapital einbegreifen, außer Banknoten und Hartgeld? – Ich glaube die gewöhnliche Definition von Kapital ist: Waren oder Dienste, gebraucht in Produktion.« – 3636. »Schließen Sie alle Waren in das Wort Kapital ein, wenn Sie vom Zinsfuß sprechen? – Alle Waren, gebraucht in der Produktion.« – 3637. »Sie begreifen das alles ein in das Wort Kapital, wenn Sie vom Zinsfuß sprechen? – Jawohl. Nehmen wir an, ein Baumwollfabrikant braucht Baumwolle für seine Fabrik, so wird er vermutlich sie sich dadurch verschaffen, daß er einen Vorschuß von seinem Bankier erhält, und mit den so erhaltnen Banknoten geht er nach Liverpool und kauft. Was er wirklich braucht, ist die Baumwolle; er braucht die Banknoten oder das Gold nicht, außer als Mittel, die Baumwolle zu erhalten. Oder er braucht die Mittel, um seine Arbeiter zu bezahlen; dann borgt er wieder Noten und zahlt den Lohn seiner Arbeiter mit diesen Noten; und die Arbeiter ihrerseits brauchen Nahrung und Wohnung, und das Geld ist das Mittel, dafür zu zahlen.« – 3638. »Aber für das Geld wird Zins gezahlt? – Gewiß, in erster Instanz; aber nehmen Sie einen andern Fall. Angenommen, er kauft die Baumwolle auf Kredit, ohne Vorschuß bei der Bank zu holen; dann ist die Differenz zwischen dem Preis für Barzahlung und dem Preis auf Kredit bei Verfallzeit der Maßstab des Zinses. Zins würde existieren, auch wenn es überhaupt kein Geld gäbe.«
Dieser selbstgefällige Kohl ist ganz würdig dieses Stützpfeilers des Currency principle. Zuerst die geniale Entdeckung, daß Banknoten oder Gold Mittel sind, etwas zu kaufen, und daß man sie nicht ihrer selbst wegen pumpt. Und daraus soll folgen, daß der Zinsfuß geregelt ist durch was? Durch die Nachfrage und Zufuhr von Waren, wovon man bisher nur wußte, daß sie die Marktpreise der Waren regeln. Mit gleichbleibenden Marktpreisen der Waren sind aber ganz verschiedne Zinsraten verträglich. – Aber nun weiter die Schlauheit. Auf die richtige Bemerkung: »Aber für das Geld wird Zins gezahlt«, die natürlich die Frage einschließt: Was hat der Zins, den der Bankier erhält, der gar nicht in Waren handelt, zu tun mit diesen Waren? Und erhalten nicht Fabrikanten Geld zum gleichen Zinsfuß, die dies Geld in ganz verschiednen Märkten auslegen, also in Märkten, wo ganz verschiednes Verhältnis von Nachfrage und Angebot der in der Produktion gebrauchten Waren herrscht? – Auf diese Frage bemerkt dieses feierliche Genie, daß, wenn der Fabrikant Baumwolle auf Kredit kauft, »dann ist die Differenz zwischen dem Preis für Barzahlung und dem Preis auf Kredit bei Verfallzeit der Maßstab des Zinses«. Umgekehrt. Die bestehende Rate des Zinses, deren Regulierung Genie Norman erklären soll, ist der Maßstab der Differenz zwischen dem Preis für Barzahlung und dem Preis auf Kredit bis Verfallzeit. Erst ist die Baumwolle zu verkaufen zu ihrem Preis bei Barzahlung, und dieser ist bestimmt durch den Marktpreis, der selbst durch den Stand von Nachfrage und Zufuhr reguliert ist. Sage der Preis ist = 1000 Pfd. St. Damit ist das Geschäft zwischen dem Fabrikanten und dem Baumwollmakler abgemacht, soweit es Kauf und Verkauf betrifft. Nun kommt ein zweites Geschäft hinzu. Dies ist eins zwischen Verleiher und Borger. Der Wert von 1000 Pfd. St. wird dem Fabrikanten in Baumwolle vorgeschossen, und er hat ihn, sage in drei Monaten, in Geld zurückzuzahlen. Und die Zinsen für 1000 Pfd. St. für drei Monate, bestimmt durch die Marktrate des Zinses, bilden dann den Aufschlag auf und über den Preis für Barzahlung. Der Preis der Baumwolle ist bestimmt durch Nachfrage und Zufuhr. Aber der Preis des Vorschusses des Baumwollenwerts, der 1000 Pfd. St. für drei Monate, ist bestimmt durch die Zinsrate. Und dies, daß die Baumwolle selbst so in Geldkapital verwandelt wird, beweist Herrn Norman, daß Zins existieren würde, auch wenn es überhaupt kein Geld gäbe. Wenn es überhaupt kein Geld gäbe, gäbe es jedenfalls keine allgemeine Zinsrate.
Es ist erstens die pöbelhafte Vorstellung von Kapital als »Waren, gebraucht in der Produktion«. Soweit diese Waren als Kapital figurieren, drückt sich ihr Wert als Kapital, im Unterschied von ihrem Wert als Waren, aus in dem Profit, der aus ihrer produktiven oder merkantilen Verwendung gemacht wird. Und die Profitrate hat unbedingt immer etwas zu tun mit dem Marktpreis der gekauften Waren und ihrer Nachfrage und Zufuhr, wird aber noch durch ganz andre Umstände bestimmt. Und daß die Zinsrate im allgemeinen ihre Grenze hat an der Profitrate, kein Zweifel. Aber Herr Norman soll uns grade sagen, wie diese Grenze bestimmt wird. Und sie wird bestimmt durch Nachfrage und Angebot von Geldkapital in seinem Unterschied von den andern Formen des Kapitals. Nun könnte weiter gefragt werden: Wie wird Nachfrage und Angebot von Geldkapital bestimmt? Daß eine stille Verbindung besteht zwischen dem Angebot von sachlichem Kapital und dem Angebot von Geldkapital, kein Zweifel, und ebensowenig, daß die Nachfrage der industriellen Kapitalisten nach Geldkapital durch die Umstände der wirklichen Produktion bestimmt ist. Statt uns hierüber aufzuklären, debitiert uns Normandie Weisheit, daß Nachfrage nach Geldkapital nicht identisch ist mit Nachfrage nach Geld als solchem; und diese Weisheit nur, weil bei ihm, Overstone und den andern Currency-Propheten immer das böse Gewissen im Hintergrund steht, daß sie durch künstliche legislatorische Einmischung aus dem Zirkulationsmittel als solchem Kapital zu machen und den Zinsfuß zu erhöhen bestrebt sind.
Nun zu Lord Overstone, alias Samuel Jones Loyd, wie er erklären muß, warum er 10% für sein »Geld« nimmt, weil das »Kapital« im Lande so rar ist.
3653, »Die Schwankungen in der Zinsrate entspringen aus einer von zwei Ursachen: aus einer Veränderung im Wert des Kapitals«
(vortrefflich! Wert des Kapitals, allgemein gesprochen, ist ja gerade der Zinsfuß! Die Änderung in der Rate des Zinses entspringt hier also aus einer Änderung in der Rate des Zinses. »Wert des Kapitals« wird theoretisch, wie wir früher gezeigt, nie anders gefaßt. Oder aber: versteht Herr Overstone unter Wert des Kapitals die Profitrate, so kommt der tiefsinnige Denker darauf zurück, daß die Zinsrate reguliert wird durch die Profitrate!)
»oder aus einer Veränderung in der Summe des im Lande vorhandnen Geldes. Alle großen Schwankungen des Zinsfußes, groß entweder der Dauer oder der Ausdehnung der Schwankung nach, lassen sich deutlich zurückführen auf Veränderungen im Wert des Kapitals. Schlagendere praktische Illustrationen dieser Tatsache kann es nicht geben als das Steigen des Zinsfußes 1847 und wiederum in den letzten zwei Jahren (1855/56); die geringern Schwankungen des Zinsfußes, die aus einem Wechsel in der Summe des vorhandnen Geldes entstehn, sind klein sowohl ihrer Ausdehnung wie ihrer Dauer nach. Sie sind häufig, und je häufiger, desto wirksamer für ihren Zweck.«
Nämlich die Bankiers à la Overstone zu bereichern. Freund Samuel Gurney drückt sich darüber sehr naiv aus vor dem Committee of Lords, C. D., 1848[/1857]:
1324. »Sind Sie der Ansicht, daß die großen Schwankungen des Zinsfußes, die im vorigen Jahre stattgefunden, den Bankiers und Geldhändlern vorteilhaft waren oder nicht? – Ich glaube, sie waren den Geldhändlern vorteilhaft. Alle Schwankungen des Geschäfts sind vorteilhaft für den, der Bescheid weiß (to the knowing man).« – 1325. »Sollte nicht der Bankier schließlich doch bei dem hohen Zinsfuß verlieren infolge der Verarmung seiner besten Kunden? – Nein, ich bin nicht der Ansicht, daß diese Wirkung in bemerkbarem Grade besteht.«
Voilà ce que parier veut dire.
Auf die Beeinflussung des Zinsfußes durch die Summe des vorhandnen Geldes werden wir zurückkommen. Aber man muß schon jetzt bemerken, daß Overstone hier wieder ein Quidproquo begeht. Die Nachfrage nach Geldkapital 1847 (vor Oktober bestand keine Sorge wegen Geldknappheit, »Quantität des vorhandnen Geldes«, wie er es oben nannte) nahm zu aus verschiednen Gründen. Kornteuerung, steigende Baumwollpreise, Unverkäuflichkeit des Zuckers wegen Überproduktion, Eisenbahnspekulation und Krach, Überfüllung der auswärtigen Märkte mit Baumwollwaren, die oben beschriebne Zwangsausfuhr nach und Zwangseinfuhr von Indien zum Zweck bloßer Wechselreiterei. Alle diese Dinge, die Überproduktion in der Industrie so gut wie die Unterproduktion im Ackerbau, also ganz verschiedne Ursachen, verursachten Steigerung der Nachfrage nach Geldkapital, d.h. nach Kredit und Geld. Die gesteigerte Nachfrage nach Geldkapital hatte ihre Ursachen im Gang des Produktionsprozesses selbst. Aber, welches immer die Ursache, es war die Nachfrage nach Geldkapital, die den Zinsfuß, den Wert des Geldkapitals steigen machte. Will Overstone sagen, daß der Wert des Geldkapitals stieg weil er stieg, so ist dies Tautologie. Versteht er aber unter »Wert des Kapitals« hier Steigen der Profitrate als Ursache des Steigens des Zinsfußes, so wird sich die Sache gleich als falsch herausstellen. Die Nachfrage nach Geldkapital und daher der »Wert des Kapitals« kann steigen, obgleich der Profit fällt; sobald das relative Angebot von Geldkapital fällt, steigt sein »Wert«. Was Overstone nachweisen will, ist, daß die Krise von 1847 und die hohe Zinsrate, die sie begleitete, nichts zu tun hatte mit der »Quantität des vorhandnen Geldes«, d.h. mit den Bestimmungen des von ihm inspirierten Bankakts von 1844; obgleich sie in der Tat damit zu tun hatte, soweit die Furcht vor der Erschöpfung der Bankreserve – einer Schöpfung von Overstone – eine Geldpanik der Krise von 1847/48 hinzufügte. Aber das ist hier nicht der Fragepunkt. Es war vorhanden eine Geldkapitalnot, verursacht durch die übermäßige Größe der Operationen, verglichen mit den vorhandnen Mitteln, und zum Ausbruch gebracht durch die Störung des Reproduktionsprozesses infolge von mißratener Ernte, von Überanlage von Eisenbahnen, von Überproduktion namentlich in Baumwollwaren, von indischem und chinesischem Schwindelgeschäft, Spekulation, Übereinfuhr von Zucker etc. Was den Leuten, die Korn gekauft hatten, als es 120 sh. per Quarter stand, fehlte, als es auf 60 sh. gefallen war, waren die 60 sh., die sie zuviel bezahlt, und der entsprechende Kredit dafür im Lombardvorschuß auf das Korn. Es war durchaus nicht Mangel an Banknoten, der sie daran hinderte, ihr Korn zum alten Preis von 120 sh. in Geld zu konvertieren. Ebenso bei denen, welche Zucker übereingeführt hatten, und dieser dann fast unverkäuflich wurde. Ebenso bei den Herren, die ihr Zirkulationskapital (floating capital) in Eisenbahnen festgelegt und sich für den Ersatz desselben in ihrem »legitimen« Geschäft auf Kredit verlassen hatten. Alles dies drückt sich für Overstone aus in einem »moralischen Gewahrwerden des erhöhten Wertes seines Geldes (a moral sense of the enhanced value of his money)«. Aber diesem erhöhten Wert des Geldkapitals entsprach auf der andern Seite direkt der gefallne Geldwert des realen Kapitals (Warenkapitals und produktiven Kapitals). Der Wert des Kapitals in der einen Form stieg, weil der Wert des Kapitals in der andern sank. Overstone sucht aber diese beiden Werte verschiedner Kapitalsorten in einem einzigen Wert des Kapitals überhaupt zu identifizieren, und zwar dadurch, daß er beide einem Mangel an Zirkulationsmittel, an vorhandnem Geld gegenüberstellt. Derselbe Betrag von Geldkapital kann aber mit sehr verschiednen Massen von Zirkulationsmitteln verliehen werden.
Nehmen wir nun sein Beispiel von 1847. Der offizielle Bankzinsfuß stand: Januar 3 – 3 1/2%. Februar 4 – 4 1/2%. März meist 4%. April (Panik) 4 – 7 1/2%. Mai 5 – 5 1/2%. Juni im ganzen 5%. Juli 5%. August 5 – 5 1/2%. September 5% mit kleinen Variationen von 5 1/4, 5 1/2, 6%. Oktober 5, 5 1/2, 7%. November 7-10%. Dezember 7-5%. – In diesem Fall stieg der Zins, weil die Profite abnahmen und die Geldwerte der Waren enorm fielen. Wenn also Overstone hier sagt, daß der Zinsfuß 1847 stieg, weil der Wert des Kapitals stieg, so kann er unter Wert des Kapitals hier nur den Wert des Geldkapitals verstehn, und der Wert des Geldkapitals ist eben der Zinsfuß und nichts andres. Aber später kommt der Fuchsschwanz heraus, und der Wert des Kapitals wird identifiziert mit der Profitrate.
Was den hohen Zinsfuß angeht, der 1856 gezahlt wurde, so wußte Overstone in der Tat nicht, daß dieser zum Teil ein Symptom davon war, daß die Sorte Kreditritter obenauf kam, die den Zins nicht aus dem Profit, sondern aus fremdem Kapital zahlt; er behauptete, nur ein paar Monate vor der Krise von 1857, daß »das Geschäft durchaus gesund sei«.
Er sagt ferner aus:
3722. »Die Vorstellung, daß der Geschäftsprofit durch Steigerung des Zinsfußes zerstört wird, ist höchst irrtümlich. Erstens ist eine Erhöhung des Zinsfußes selten von langer Dauer; zweitens, wenn sie von langer Dauer und bedeutend ist, so ist sie der Sache nach ein Steigen im Wert des Kapitals, und warum steigt der Wert des Kapitals? Weil die Profitrate gestiegen ist.«
Hier erfahren wir also endlich, welchen Sinn der »Wert des Kapitals« hat. Übrigens kann die Profitrate für längere Zeit hoch bleiben, aber der Unternehmergewinn fallen und der Zinsfuß steigen, so daß der Zins den größten Teil des Profits verschlingt.
3724. »Die Erhöhung des Zinsfußes ist eine Folge gewesen der enormen Ausdehnung im Geschäft unsers Landes und der großen Erhöhung der Profitrate; und wenn geklagt wird, daß der erhöhte Zinsfuß die beiden selben Dinge zerstört, die seine eigne Ursache gewesen sind, so ist das eine logische Absurdität, von der man nicht weiß, was man davon sagen soll.«
Dies ist gerade so logisch, als sagte er: Die erhöhte Profitrate ist die Folge gewesen der Steigerung der Warenpreise durch Spekulation, und wenn geklagt wird, daß die Preissteigerung ihre eigne Ursache zerstört, nämlich die Spekulation, so ist das eine logische Absurdität etc. Daß ein Ding seine eigne Ursache schließlich zerstören kann, ist nur für den in den hohen Zinsfuß verliebten Wucherer eine logische Absurdität. Die Größe der Römer war die Ursache ihrer Eroberungen, und ihre Eroberungen zerstörten ihre Größe. Reichtum ist die Ursache von Luxus, und Luxus wirkt zerstörend auf den Reichtum. Dieser Pfiffikus! Der Idiotismus der jetzigen Bürgerwelt kann nicht besser gezeichnet werden als durch den Respekt, den die »Logik« des Millionärs, dieses dung-hill aristocrat, ganz England einflößte. Übrigens, wenn hohe Profitrate und Geschäftsausdehnung Ursachen hohes Zinsfußes sein können, ist deswegen hoher Zinsfuß keineswegs Ursache von hohem Profit. Und die Frage ist gerade, ob dieser hohe Zins (wie sich in der Krise wirklich herausstellte) nicht fortgedauert oder gar erst auf die Spitze getrieben, nachdem die hohe Profitrate längst den Weg alles Fleisches gegangen.
3718. »Was eine große Erhöhung der Diskontorate betrifft, so ist das ein Umstand, der ganz und gar aus dem vermehrten Wert des Kapitals entspringt, und die Ursache dieses vermehrten Werts des Kapitals kann, glaube ich, jedermann mit vollständiger Klarheit entdecken. Ich habe bereits die Tatsache erwähnt, daß in den 13 Jahren, während deren dieser Bankakt in Wirksamkeit war, der Handel von England von 45 auf 120 Millionen Pfd. St. gewachsen ist. Man denke nach über alle die Ereignisse, die diese kurze Zahlenangabe einschließt; man bedenke die enorme Nachfrage nach Kapital, die eine so riesige Vermehrung des Handels mit sich bringt, und bedenke zugleich, daß die natürliche Quelle der Zufuhr für diese große Nachfrage, nämlich die jährlichen Ersparnisse des Landes, während der letzten drei oder vier Jahre in der unprofitablen Auslage für Kriegszwecke verzehrt worden ist. Ich gestehe, ich bin überrascht, daß der Zinsfuß nicht noch viel höher ist; oder in andern Worten, ich bin überrascht, daß die Kapitalklemme infolge dieser riesigen Operationen nicht noch viel heftiger ist, als Sie sie schon gefunden haben.«
Welche wunderbare Durcheinanderwerfung von Worten unsers Wucherlogikers! Hier ist er wieder mit seinem gestiegnen Wert des Kapitals! Er scheint sich einzubilden, daß auf der einen Seite diese enorme Ausdehnung des Reproduktionsprozesses vorging, also Akkumulation von wirklichem Kapital, und daß auf der andern Seite ein »Kapital« stand, nach welchem »enorme Nachfrage« entsprang, um diese so riesige Vermehrung des Handels fertigzubringen! War denn diese riesige Vermehrung der Produktion nicht selbst die Vermehrung des Kapitals, und wenn sie Nachfrage schuf, schuf sie nicht zugleich auch die Zufuhr und nicht auch zugleich selbst eine vermehrte Zufuhr von Geldkapital? Stieg der Zinsfuß sehr hoch, so doch nur, weil die Nachfrage nach Geldkapital noch rascher wuchs als die Zufuhr, was in andern Worten sich darin auflöst, daß mit der Ausdehnung der industriellen Produktion ihre Führung auf Basis des Kreditsystems sich ausdehnte. Mit andern Worten, die wirkliche industrielle Expansion verursachte eine vermehrte Nachfrage nach »Akkommodation«, und diese letztere Nachfrage ist augenscheinlich das, was unser Bankier unter der »enormen Nachfrage nach Kapital« versteht. Es ist sicher nicht die Ausdehnung der bloßen Nachfrage nach Kapital, die den Exporthandel von 45 auf 120 Millionen hob. Und was versteht Overstone weiter darunter, wenn er sagt, daß die vom Krimkrieg aufgefreßnen jährlichen Ersparnisse des Landes die natürliche Quelle der Zufuhr für diese große Nachfrage bilden? Erstens, womit akkumulierte denn England von 1792-1815, was ein ganz andrer Krieg war als der kleine Krimkrieg? Zweitens, wenn die natürliche Quelle vertrocknet, aus welcher Quelle floß denn das Kapital? England hat bekanntlich nicht bei fremden Nationen Vorschüsse genommen. Wenn es aber neben der natürlichen Quelle noch eine künstliche gibt, so wäre das ja eine allerliebste Methode für eine Nation, die natürliche Quelle im Krieg und die künstliche Quelle im Geschäft zu verwenden. Wenn aber nur das alte Geldkapital vorhanden war, konnte es durch hohen Zinsfuß seine Wirksamkeit verdoppeln? Herr Overstone glaubt offenbar, daß die jährlichen Ersparnisse des Landes (die aber in diesem Fall angeblich konsumiert wurden) sich bloß in Geldkapital verwandeln. Wenn aber keine wirkliche Akkumulation, d.h. Steigerung der Produktion und Vermehrung der Produktionsmittel stattfände, was würde die Akkumulation von Schuldansprüchen in Geldform auf diese Produktion nützen?
Die Steigerung des »Werts des Kapitals«, die aus hoher Profitrate folgt, wirft Overstone zusammen mit der Steigerung, die aus vermehrter Nachfrage nach Geldkapital folgt. Diese Nachfrage mag steigen aus Ursachen, die ganz unabhängig von der Profitrate sind. Er selbst führt als Beispiel an, daß sie 1847 stieg infolge von Entwertung des Realkapitals. Je nachdem es ihm paßt, bezieht er den Wert des Kapitals auf Realkapital oder auf Geldkapital.
Die Unredlichkeit unsers Banklords, zusammen mit seinem bornierten Bankierstandpunkt, den er didaktisch zuspitzt, zeigt sich weiter in folgendem:
3728. (Frage.) »Sie sagten, daß nach Ihrer Ansicht die Diskontorate für den Kaufmann von keiner wesentlichen Bedeutung ist; wollen Sie gütigst sagen, was Sie als die gewöhnliche Profitrate ansehn?«
Dies zu beantworten erklärt Herr Overstone für »unmöglich«.
3729. »Angenommen, die Durchschnittsprofitrate sei 7-10%; so muß eine Änderung in der Diskontorate von 2% auf 7 oder 8% die Profitrate wesentlich affizieren, nicht wahr?«
(Die Frage selbst wirft die Rate des Unternehmergewinns und die Profitrate zusammen und übersieht, daß die Profitrate die gemeinsame Quelle von Zins und Unternehmergewinn. Die Zinsrate kann die Pro fitrate unberührt lassen, aber nicht den Unternehmergewinn. Antwort Overstones:)
»Erstens werden Geschäftsleute nicht eine Diskontorate bezahlen, die ihren Profit wesentlich vorwegnimmt; sie werden lieber ihr Geschäft einstellen.«
(Jawohl, wenn sie können, ohne sich zu ruinieren. Solange ihr Profit hoch, zahlen sie den Diskonto, weil sie wollen, und sobald er niedrig, weil sie müssen.)
»Was bedeutet Diskonto? Warum diskontiert jemand einen Wechsel?... Weil er ein größres Kapital zu erlangen wünscht«;
(halte-là! weil er den Geldrückfluß seines festgelegten Kapitals zu antizipieren und den Stillstand seines Geschäfts zu vermeiden wünscht. Weil er fällige Zahlung decken muß. Vermehrtes Kapital verlangt er nur, wenn das Geschäft gut geht oder wenn er auf fremdes Kapital spekuliert, selbst während es schlecht geht. Der Diskonto ist keineswegs bloß Mittel zur Ausdehnung des Geschäfts.)
»Und warum will er das Kommando über ein größeres Kapital erhalten? Weil er dies Kapital anwenden will; und warum will er dies Kapital anwenden? Weil dies profitlich ist; es wäre aber nicht profitlich für ihn, wenn der Diskonto seinen Profit verschlänge.«
Dieser selbstgefällige Logiker unterstellt, daß Wechsel nur diskontiert werden, um das Geschäft auszudehnen, und daß das Geschäft ausgedehnt wird, weil es profitlich ist. Die erste Voraussetzung ist falsch. Der gewöhnliche Geschäftsmann diskontiert, um die Geldform seines Kapitals zu antizipieren und dadurch den Reproduktionsprozeß im Fluß zu erhalten; nicht um das Geschäft auszudehnen oder Zusatzkapital aufzubringen, sondern um den Kredit, den er gibt, auszugleichen durch den Kredit, den er nimmt. Und wenn er sein Geschäft auf Kredit ausdehnen will, wird ihm das Diskontieren von Wechseln wenig nutzen, das ja bloß ein Umsatz von schon in seiner Hand befindlichem Geldkapital aus einer Form in eine andre ist; er wird lieber eine feste Anleihe auf längere Zeit aufnehmen. Der Kreditritter allerdings wird seine Reitwechsel diskontieren lassen, um sein Geschäft auszudehnen, um ein faules Geschäft durch das andre zu decken; nicht um Profit zu machen, sondern um sich in Besitz von fremdem Kapital zu setzen.
Nachdem Herr Overstone so den Diskonto identifiziert mit Anleihe von Zusatzkapital (statt mit Verwandlung von Wechseln, die Kapital repräsentieren, in bares Geld), zieht er sich sofort zurück, sobald ihm die Daumschrauben angesetzt werden.
3730. (Frage:) »Müssen nicht Kaufleute, einmal im Geschäft engagiert, ihre Operationen für einen gewissen Zeitraum fortführen trotz einer zeitweiligen Steigerung des Zinsfußes?« – (Overstone:) »Es ist kein Zweifel, daß bei irgendeiner einzelnen Transaktion, wenn jemand Verfügung über Kapital erhalten kann zu einem niedrigem Zinsfuß statt zu einem hohen Zinsfuß, die Sache von diesem beschränkten Gesichtspunkt genommen, daß das für ihn angenehm ist.«
Dagegen ist es ein unbeschränkter Gesichtspunkt, wenn Herr Overstone unter »Kapital« nun plötzlich nur sein Bankierskapital versteht und daher den Mann, der bei ihm Wechsel diskontiert, als einen Mann ohne Kapital betrachtet, weil sein Kapital in Warenform existiert oder die Geldform seines Kapitals ein Wechsel ist, den Herr Overstone in andre Geldform übersetzt.
3732. »Mit Beziehung auf den Bankakt von 1844, können Sie angeben, was das ungefähre Verhältnis des Zinsfußes zur Goldreserve der Bank war; ist es richtig, daß, wenn das Gold in der Bank 9 oder 10 Millionen betrug, der Zinsfuß 6 oder 7% war, und wenn es 16 Millionen war, der Zinsfuß auf etwa 3 bis 4% stand?«
(Der Fragesteller will ihn zwingen, den Zinsfuß, soweit er beeinflußt durch die Menge des Goldes in der Bank, zu erklären aus dem Zinsfuß, soweit er beeinflußt durch den Wert des Kapitals.)
»Ich sage nicht, daß das der Fall ist... aber wenn dem so ist, dann müssen wir meiner Ansicht nach noch schärfre Maßregeln ergreifen als die von 1844; denn wenn es wahr sein sollte, daß je größer der Goldschatz, desto niedriger der Zinsfuß, dann müßten wir an die Arbeit gehn, nach dieser Ansicht der Sache, und den Goldschatz bis auf einen unbegrenzten Betrag erhöhen, und dann würden wir den Zins auf 0 herabbringen.«
Der Fragesteller Cayley, ungerührt durch diesen schlechten Witz, fährt fort:
3733. »Wenn dem so wäre, angenommen, es würden 5 Millionen Gold der Bank zurückgegeben, so würde im Lauf der nächsten sechs Monate der Goldschatz etwa 16 Millionen betragen, und angenommen, der Zinsfuß fiele so auf 3 bis 4%, wie könnte dann behauptet werden, daß der Fall im Zinsfuß von einer großen Abnahme im Geschäft herrührte? – Ich sagte, die neuliche große Erhöhung des Zinsfußes, nicht der Fall des Zinsfußes, sei eng verknüpft mit der großen Ausdehnung des Geschäfts.«
Aber was Cayley sagt, ist dies: Wenn Steigen des Zinsfußes, zusammen mit Kontraktion des Goldschatzes, Zeichen der Ausdehnung des Geschäfts ist, so muß Fallen des Zinsfußes, zusammen mit Ausdehnung des Goldschatzes, Zeichen der Abnahme des Geschäfts sein. Hierauf hat Overstone keine Antwort.
3736. 〈Frage:} »Ich bemerke. Sie« (im Text steht immer Your Lordship), »sagten, daß Geld das Instrument sei, um Kapital zu erhalten.«
(Dies ist eben die Verkehrtheit, es als Instrument zu fassen; es ist Form des Kapitals.)
»Bei Abnahme des Goldschatzes« 〈der Bank von England} »besteht nicht die große Schwierigkeit umgekehrt darin, daß Kapitalisten kein Geld erhalten können?« – 〈Overstone:} »Nein; es sind nicht die Kapitalisten, es sind die Nichtkapitalisten, die Geld zu erlangen suchen; und warum suchen sie Geld zu erlangen?... Weil vermittelst des Geldes sie das Kommando über das Kapital des Kapitalisten erlangen, um das Geschäft von Leuten zu führen, die keine Kapitalisten sind.«
Hier erklärt er geradezu, daß Fabrikanten und Kaufleute keine Kapitalisten sind und daß das Kapital des Kapitalisten nur Geldkapital ist.
3737. »Sind denn die Leute, die Wechsel ziehn, keine Kapitalisten? – Die Leute, die Wechsel ziehn sind möglicherweise Kapitalisten und möglicherweise auch nicht.«
Hier sitzt er fest.
Er wird nun gefragt, ob die Wechsel der Kaufleute nicht die Waren repräsentieren, die sie verkauft oder verschifft haben. Er leugnet, daß diese Wechsel den Wert der Waren ganz so repräsentieren, wie die Banknote das Gold. (3740, 3741.) Dies ist etwas unverschämt.
3742. »Ist nicht der Zweck des Kaufmanns, Geld zu erhalten? – Nein; Geld zu erhalten ist nicht der Zweck beim Ziehen des Wechsels; Geld zu erhalten ist der Zweck beim Diskontieren des Wechsels.«
Wechselziehen ist Verwandlung von Ware in eine Form von Kreditgeld, wie Wechseldiskontieren Verwandlung dieses Kreditgelds in andres, nämlich Banknoten. Jedenfalls gibt Herr Overstone hier zu, daß der Zweck des Diskontierens ist, Geld zu erhalten. Vorher ließ er nur diskontieren, nicht um Kapital aus einer Form in die andre zu verwandeln, sondern um Zusatzkapital zu erhalten.
3743. »Was ist der große Wunsch der Geschäftswelt, unter dem Druck einer Panik, wie sie nach Ihrer Aussage 1825, 1837 und 1839 vorgekommen ist; bezwecken sie in den Besitz von Kapital zu kommen oder von gesetzmäßigem Zahlungsgeld? – Sie bezwecken, das Kommando über Kapital zu erhalten, um ihr Geschäft fortzuführen.«
Ihr Zweck ist, Zahlungsmittel für verfallende Wechsel auf sie selbst zu erhalten, wegen des eingetretnen Kreditmangels, und um nicht ihre Waren unter dem Preis losschlagen zu müssen. Haben sie selbst überhaupt kein Kapital, so erhalten sie mit den Zahlungsmitteln natürlich zugleich Kapital, weil sie Wert ohne Äquivalent erhalten. Das Verlangen nach Geld als solchem besteht stets nur in dem Wunsch, Wert aus der Form von Ware oder Schuldforderung in die Form von Geld umzusetzen. Daher auch abgesehn von den Krisen, der große Unterschied zwischen Kapitalaufnahme und Diskonto, der bloß Verwandlung von Geldforderungen aus einer Form in die andre, oder in wirkliches Geld, zuwege bringt.
〈Ich – der Herausgeber – erlaube mir hier eine Zwischenbemerkung.
Bei Norman wie bei Loyd-Overstone steht der Bankier immer da als jemand, der »Kapital vorschießt«, und sein Kunde als derjenige, der »Kapital« von ihm verlangt. So sagt Overstone, jemand läßt durch ihn Wechsel diskontieren, »weil er Kapital zu erlangen wünscht« (3729), und es sei angenehm für denselben Mann, wenn er »Verfügung über Kapital erhalten kann zu niedrigem Zinsfuß« (3730). »Geld ist das Instrument, um Kapital zu erhalten« (3736), und in einer Panik ist der große Wunsch der Geschäftswelt, »Kommando über Kapital zu erhalten« (3743). Bei aller Verwirrung Loyd-Overstones über das, was Kapital ist, geht doch soviel klar hervor, daß er das, was der Bankier dem Geschäftskunden gibt, als Kapital bezeichnet, als ein vom Kunden vorher nicht besessenes, ihm vorgeschoßnes Kapital, das zusätzlich ist zu dem, worüber der Kunde bisher verfügte.
Der Bankier hat sich so sehr daran gewöhnt, als Verteiler – in Form des Verleihens – des in Geldform disponiblen gesellschaftlichen Kapitals zu figurieren, daß ihm jede Funktion, wobei er Geld weggibt, als ein Verleihen vorkommt. Alles Geld, das er auszahlt, erscheint ihm als ein Vorschuß. Ist das Geld direkt auf Anleihe ausgelegt, so ist dies wörtlich richtig. Ist es im Wechseldiskonto angelegt, so ist es in der Tat für ihn selbst Vorschuß bis zum Verfall des Wechsels. So befestigt sich in seinem Kopf die Vorstellung, daß er keine Zahlungen machen kann, die nicht Vorschüsse sind. Und zwar Vorschüsse, nicht etwa bloß in dem Sinn, daß jede Geldanlage zum Zweck des Zins- oder Profitmachens ökonomisch als ein Vorschuß betrachtet wird, den der betreffende Geldbesitzer in seiner Eigenschaft als Privatmann sich selbst in seiner Eigenschaft als Unternehmer macht. Sondern Vorschüsse in dem bestimmten Sinn, daß der Bankier dem Kunden eine Summe leihweise übergibt, die das dem letzteren zur Verfügung stehende Kapital um ebensoviel vermehrt.
Es ist diese Vorstellung, die, aus dem Bankkontor in die politische Ökonomie übertragen, die verwirrende Streitfrage geschaffen hat, ob das, was der Bankier seinen Geschäftskunden in barem Geld zur Verfügung stellt, Kapital ist oder bloß Geld, Zirkulationsmittel, Currency? Um diese – im Grunde einfache – Streitfrage zu entscheiden, müssen wir uns auf den Standpunkt des Bankkunden stellen. Es kommt darauf an, was dieser verlangt und erhält.
Bewilligt die Bank dem Geschäftskunden eine Anleihe einfach auf seinen persönlichen Kredit, ohne Sicherheitsstellung seinerseits, so ist die Sache klar. Er erhält unbedingt einen Vorschuß von bestimmter Wertgröße als Zusatz zu seinem bisher angewandten Kapital. Er erhält ihn in Geldform; also nicht nur Geld, sondern auch Geldkapital.
Erhält er den Vorschuß geleistet gegen Verpfändung von Wertpapieren etc., so ist es Vorschuß in dem Sinn, daß ihm Geld gezahlt worden ist unter Vorbehalt der Rückzahlung. Aber nicht Vorschuß von Kapital. Denn die Wertpapiere repräsentieren auch Kapital, und zwar einen höheren Betrag als der Vorschuß. Der Empfänger erhält also weniger Kapitalwert, als er in Pfand gibt; dies ist für ihn durchaus keine Akquisition von Zusatzkapital. Er macht das Geschäft nicht, weil er Kapital braucht – das hat er ja in seinen Wertpapieren –, sondern weil er Geld braucht. Hier liegt also Vorschuß von Geld vor, aber nicht von Kapital.
Wird der Vorschuß geleistet gegen Diskonto von Wechseln, so verschwindet auch die Form des Vorschusses. Es liegt vor ein reiner Kauf und Verkauf. Der Wechsel geht durch Endossement über in das Eigentum der Bank, das Geld dagegen ins Eigentum der Kunden; von Rückzahlung seinerseits ist keine Rede. Wenn der Kunde mit einem Wechsel oder ähnlichen Kreditinstrument bar Geld kauft, so ist das nicht mehr oder nicht minder ein Vorschuß, als wenn er das bare Geld mit seiner sonstigen Ware, Baumwolle, Eisen, Korn, gekauft hätte. Und am allerwenigsten kann hier von einem Vorschuß von Kapital die Rede sein. Jeder Kauf und Verkauf zwischen Händler und Händler ist eine Übertragung von Kapital. Aber ein Vorschuß kommt nur da vor, wo die Übertragung von Kapital nicht wechselseitig ist, sondern einseitig und auf Zeit. Kapitalvorschuß durch Wechseldiskonto kann also nur da stattfinden, wo der Wechsel ein Reitwechsel ist, der gar keine verkauften Waren repräsentiert, und den nimmt kein Bankier, sobald er ihn für das erkennt, was er ist. Im regelmäßigen Diskontogeschäft erhält also der Bankkunde keinen Vorschuß, weder in Kapital noch in Geld, sondern er erhält Geld für verkaufte Ware.
Die Fälle, wo der Kunde von der Bank Kapital verlangt und erhält, sind also sehr deutlich unterschieden von denen, wo er bloß Geld vorgeschossen erhält oder bei der Bank kauft. Und da namentlich Herr Loyd-Overstone nur in den allerseltensten Fällen seine Fonds ohne Deckung vorzuschießen pflegte (er war der Bankier meiner Firma in Manchester), so ist ebenfalls klar, daß seine schönen Schilderungen von den Massen Kapital, die die großmütigen Bankiers den kapitalentbehrenden Fabrikanten vorschießen, arge Flunkerei sind.
Im Kapitel XXXII sagt Marx übrigens in der Hauptsache dasselbe: »Die Nachfrage nach Zahlungsmitteln ist bloße Nachfrage nach Umsetzbarkeit in Geld, soweit die Kaufleute und Produzenten gute Sicherheiten bieten können; sie ist Nachfrage nach Geldkapital, soweit dies nicht der Fall ist, soweit also ein Vorschuß von Zahlungsmitteln ihnen nicht nur die Geldform gibt, sondern auch das ihnen mangelnde Äquivalent, in welcher Form es sei, zum Zahlen.« – Ferner in Kap. XXXIII: »Bei entwickeltem Kreditwesen, wo sich das Geld in den Händen der Banken konzentriert, sind sie es, wenigstens nominell, die es vorschießen. Dieser Vorschuß bezieht sich nurA34 auf das in Zirkulation befindliche Geld. Es ist Vorschuß von Zirkulation, nicht Vorschuß der Kapitale, die diese zirkuliert.« – Auch Herr Chapman, der es wissen muß, bestätigt obige Auffassung des Diskontogeschäfts, B. C., 1857:
»Der Bankier hat den Wechsel, der Bankier hat den Wechsel gekauft.« Evid. Frage 5139.
Wir kommen übrigens im Kap. XXVIII nochmals auf dieses Thema zurück. – F. E.}
3744. »Wollen Sie gefälligst beschreiben, was Sie unter dem Ausdruck Kapital wirklich verstehn?« – 〈Antwort Overstones:} »Kapital besteht aus verschiednen Waren, vermittelst deren das Geschäft in Gang gehalten wird (capital consists of various commodities, by the means of which trade is carried on); es gibt fixes Kapital, und es gibt zirkulierendes Kapital. Ihre Schiffe, Ihre Docks, Ihre Werften sind fixes Kapital, Ihre Lebensmittel, Ihre Kleider usw. sind zirkulierendes Kapital.«
3745. »Hat der Abfluß des Goldes ins Ausland schädliche Folgen für England? – Nicht, solange man mit diesem Wort einen rationellen Sinn verbindet.«
(Nun kommt die alte Ricardosche Geldtheorie.)
... »Im natürlichen Zustand der Dinge verteilt sich das Geld der Welt auf die verschiednen Länder der Welt in gewissen Proportionen; diese Proportionen sind derart, daß bei solcher Verteilung« 〈des Geldes} »der Verkehr zwischen irgendeinem Lande einerseits und allen andren Ländern der Welt andrerseits ein bloßer Tauschverkehr ist; aber es gibt störende Einflüsse, die diese Verteilung von Zeit zu Zeit affizieren, und wenn diese Einflüsse entstehn, fließt ein Teil des Geldes eines gegebnen Landes in andre Länder ab.« – 3746. »Sie gebrauchen jetzt den Ausdruck: Geld. Wenn ich Sie früher recht verstand, so nannten Sie das einen Verlust von Kapital. – Was nannte ich einen Verlust von Kapital?« – 3747. »Den Goldabfluß. – Nein, das sagte ich nicht. Wenn Sie Gold als Kapital behandeln, so ist es ohne Zweifel ein Verlust von Kapital; es ist Weggabe einer gewissen Proportion des Edelmetalls, woraus das Weltgeld besteht.« – 3748. »Sagten Sie nicht vorher, daß ein Wechsel in der Rate des Diskontos ein bloßes Anzeichen sei eines Wechsels im Wert des Kapitals? – Jawohl.« – 3749. »Und daß die Rate des Diskontos im allgemeinen wechselt mit der Goldreserve in der Bank von England? – Jawohl; aber ich habe bereits gesagt, daß die Schwankungen des Zinsfußes, die aus einem Wechsel in der Quantität des Geldes« (also darunter versteht er hier die Quantität des wirklichen Goldes) »in einem Lande entspringen, sehr geringfügig sind...«
3750. »Wollen Sie also sagen, daß eine Kapitalabnahme stattgefunden hat, wenn eine längre, aber doch nur zeitweilige Steigerung des Diskontos über den gewöhnlichen Satz stattgefunden hat? – Eine Abnahme in einem gewissen Sinn des Worts. Das Verhältnis zwischen dem Kapital und der Nachfrage danach hat gewechselt; möglicherweise aber durch vermehrte Nachfrage, nicht durch eine Abnahme in der Quantität des Kapitals.«
(Aber es war ja eben Kapital = Geld oder Gold, und es war noch etwas früher die Steigerung des Zinsfußes erklärt durch die hohe Profitrate, die aus der Ausdehnung, nicht der Einschränkung des Geschäfts oder Kapitals entsprang.)
3751. »Was ist das für ein Kapital, das Sie hier speziell im Auge haben? – Das kommt ganz darauf an, was das für ein Kapital ist, das jeder einzelne nötig hat. Es ist das Kapital, das die Nation zu ihrer Verfügung hat, um ihr Geschäft fortzuführen, und wenn dies Geschäft sich verdoppelt, so muß eine große Zunahme eintreten in der Nachfrage nach dem Kapital, womit es fortgeführt werden soll.«
(Dieser pfiffige Bankier verdoppelt erst das Geschäft und dann hinterher die Nachfrage nach dem Kapital, womit es verdoppelt werden soll. Er sieht immer nur seinen Kunden, der bei Herrn Loyd ein größres Kapital verlangt, um sein Geschäft zu verdoppeln.)
»Das Kapital ist wie jede andre Ware«; (aber das Kapital ist ja nach Herrn Loyd eben nichts andres als die Gesamtheit der Waren) »es wechselt in seinem Preise« (die Warenwechseln also doppelt im Preis, einmal qua Waren, das andre Mal qua Kapital) »je nach Nachfrage und Angebot.«
3752. »Die Schwankungen in der Rate des Diskontos stehn im allgemeinen im Zusammenhang mit den Schwankungen des Goldbetrages in der Schatzkammer der Bank. Ist dies das Kapital, das Sie meinen? – Nein.« – 3753. »Können Sie ein Beispiel angeben, wo in der Bank von England ein großer Kapitalvorrat aufgehäuft war und gleichzeitig die Rate des Diskontos hoch stand? – In der Bank von England wird nicht Kapital aufgehäuft, sondern Geld.« – 3754. »Sie sagten aus, daß der Zinsfuß abhängt von der Menge des Kapitals; wollen Sie gefälligst angeben, was für Kapital Sie meinen und ob Sie ein Beispiel anführen können, wo ein großer Goldvorrat in der Bank lag und gleichzeitig der Zinsfuß hoch stand? – Es ist sehr wahrscheinlich«, (aha!) »daß die Anhäufung von Gold in der Bank zusammenfallen mag mit einem niedrigen Zinsfuß, weil eine Periode geringerer Nachfrage nach Kapital« (nämlich Geldkapital: die Zeit, von der hier die Rede ist, 1844 und 1845, waren Zeiten der Prosperität) »eine Periode ist, während deren natürlicherweise das Mittel oder Werkzeug, vermöge dessen man über Kapital kommandiert, akkumulieren kann.« – 3755. »Sie glauben also, daß kein Zusammenhang existiert zwischen der Rate des Diskontos und der Masse des Goldes im Bankschatz? – Es mag ein Zusammenhang existieren, aber es ist kein prinzipieller Zusammenhang«; (sein Bankakt von 1844 macht es aber grade zum Prinzip der Bank von England, den Zinsfuß zu regulieren nach der Masse des in ihrem Besitz befindlichen Goldes) »sie mögen gleichzeitig stattfinden (there may be a coincidence of time).« – 3758. »Beabsichtigen Sie also zu sagen, daß die Schwierigkeit bei den Kaufleuten hierzulande, in geldknapper Zeit, infolge hoher Rate des Diskontos, darin besteht, Kapital zu bekommen, und nicht darin, Geld zu bekommen? – Sie werfen zwei Dinge zusammen, die ich nicht in dieser Form zusammenbringe; die Schwierigkeit besteht darin, Kapital zu bekommen, und die Schwierigkeit ist ebenfalls, Geld zu bekommen... Die Schwierigkeit, Geld zu bekommen, und die Schwierigkeit, Kapital zu bekommen, ist dieselbe Schwierigkeit, betrachtet auf zwei verschiednen Stufen ihres Verlaufs.«
Hier sitzt der Fisch wieder fest. Die erste Schwierigkeit ist, einen Wechsel zu diskontieren oder einen Vorschuß auf Warenpfand zu erhalten. Es ist Schwierigkeit, Kapital oder ein kommerzielles Wertzeichen für Kapital in Geld zu verwandeln. Und diese Schwierigkeit drückt sich aus, unter andrem, im hohen Zinsfuß. Sobald aber das Geld empfangen ist, worin besteht dann die zweite Schwierigkeit? Wenn es sich nur ums Zahlen handelt, findet jemand Schwierigkeit, sein Geld loszuwerden? Und wenn es sich ums Kaufen handelt, wo hat je jemand in Zeiten der Krisis Schwierigkeiten gefunden, um einzukaufen? Und gesetzt auch, dies bezöge sich auf den besondren Fall einer Teurung in Korn, Baumwolle etc., so könnte diese Schwierigkeit sich doch nur zeigen, nicht in dem Wert des Geldkapitals, d.h. dem Zinsfuß, sondern in dem Preis der Ware; und diese Schwierigkeit ist ja dadurch überwunden, daß unser Mann jetzt das Geld hat, sie zu kaufen.
3760. »Aber eine höhere Rate des Diskontos ist doch eine vermehrte Schwierigkeit, Geld zu erhalten? – Sie ist eine vermehrte Schwierigkeit, Geld zu erhalten, aber es ist nicht das Geld, auf dessen Besitz es ankommt; es ist nur die Form«, (und diese Form bringt Profit in die Tasche des Bankiers) »worin die vermehrte Schwierigkeit, Kapital zu erhalten, sich in den komplizierten Beziehungen eines zivilisierten Zustandes darbietet.«
3763. 〈Antwort Overstones:} »Der Bankier ist der Mittelsmann, der auf der einen Seite Depositen empfängt und auf der andren Seite diese Depositen anwendet, indem er sie, in der Form von Kapital, anvertraut in die Hände von Personen, welche etc.«
Hier haben wir endlich, was er unter Kapital versteht. Er verwandelt das Geld in Kapital, indem er es »anvertraut«, weniger euphemistisch, indem er es auf Zinsen ausleiht.
Nachdem Herr Overstone vorher gesagt, daß Änderung in der Rate des Diskontos nicht im wesentlichen Zusammenhang stehe mit Änderung im Betrag des Goldschatzes der Bank oder der Menge des vorhandnen Geldes, sondern höchstens im Zusammenhang der Gleichzeitigkeit, wiederholt er:
3805. »Wenn das Geld im Lande durch Abfluß vermindert wird, so steigt sein Wert, und die Bank von England muß sich diesem Wechsel im Wert des Geldes anpassen.«
(Also in dem Wert des Geldes als Kapital, in andren Worten, im Zinsfuß, denn der Wert des Geldes als Geld, verglichen mit Waren, bleibt derselbe.)
»Was man technisch so ausdrückt, daß sie den Zinsfuß erhöht.«
3819. »Ich werfe die beiden nie durcheinander.«
Nämlich Geld und Kapital, aus dem einfachen Grunde, weil er sie nie unterscheidet.
3834. »Die sehr große Summe, die« (für Korn im Jahre 1847) »für den notwendigen Lebensunterhalt des Landes weggezahlt werden mußte und die in der Tat Kapital war.«
3841. »Die Schwankungen in der Rate des Diskontos haben unzweifelhaft eine sehr nahe Beziehung zu dem Stand der Goldreserve« 〈der Bank von England}, »denn der Stand der Reserve ist der Anzeiger der Zunahme oder Abnahme der im Lande vorhandnen Geldmenge; und im Verhältnis, wie das Geld im Lande zunimmt oder abnimmt, fällt oder steigt der Wert des Geldes, und die Bankrate des Diskontos wird sich dem anpassen.«
Hier gibt er also das zu, was er in Nr. 3755 ein für allemal ableugnete.
3842. »Es findet ein enger Zusammenhang zwischen beiden statt.«
Nämlich der Menge des Goldes im issue department und der Reserve von Noten im banking department. Hier erklärt er den Wechsel im Zinsfuß aus dem Wechsel in der Quantität des Geldes. Dabei ist falsch, was er sagt. Die Reserve kann abnehmen, weil das zirkulierende Geld im Lande zunimmt. Dies ist der Fall, wenn das Publikum mehr Noten nimmt und der Metallschatz nicht abnimmt. Aber dann steigt der Zinsfuß, weil dann das Bankkapital der Bank von England nach dem Gesetz von 1844 limitiert ist. Davon darf er aber nicht sprechen, da infolge dieses Gesetzes die zwei Departements der Bank nichts miteinander gemein haben.
3859. »Eine hohe Profitrate wird stets eine große Nachfrage nach Kapital erzeugen; eine große Nachfrage nach Kapital wird seinen Wert steigern.«
Hier also endlich der Zusammenhang zwischen hoher Profitrate und Nachfrage nach Kapital, wie Overstone sich ihn vorstellt. Nun herrschte z.B. 1844/45 in der Baumwollindustrie eine hohe Profitrate, weil bei starker Nachfrage für Baumwollenwaren Rohbaumwolle wohlfeil war und wohlfeil blieb. Der Wert des Kapitals (und nach einer frühern Stelle nennt Overstone Kapital dasjenige, was jeder in seinem Geschäft braucht), also hier der Wert der Rohbaumwolle, wurde nicht erhöht für den Fabrikanten. Nun mag die hohe Profitrate manchen Baumwollfa brikanten veranlaßt haben, zur Erweiterung seines Geschäfts Geld aufzunehmen. Dadurch stieg seine Nachfrage für Geldkapital und für sonst nichts.
3889. »Gold kann Geld sein oder auch nicht, gerade wie Papier eine Banknote sein kann oder auch nicht.«
3896. »Verstehe ich Sie also richtig dahin, daß Sie den Satz aufgeben, den Sie 1840 anwandten: daß die Schwankungen in den zirkulierenden Noten der Bank von England sich richten sollten nach den Schwankungen im Betrag des Goldschatzes? – Ich gebe ihn insofern auf... daß nach dem heutigen Stand unsrer Kenntnisse wir zu den zirkulierenden Noten noch diejenigen Noten hinzuaddieren müssen, welche in der Bankreserve der Bank von England liegen.«
Dies ist superlativ. Die willkürliche Bestimmung, daß die Bank soviel Papiernoten macht, wie sie Gold im Schatz hat und 14 Millionen mehr, bedingt natürlich, daß ihre Notenausgabe schwankt mit den Schwankungen des Goldschatzes. Da aber »der heutige Stand unsrer Kenntnise« klar zeigte, daß die Masse Noten, die die Bank hiernach fabrizieren kann (und die das issue department dem banking department überträgt) – daß diese mit den Schwankungen des Goldschatzes schwankende Zirkulation zwischen den beiden Abteilungen der Bank von England die Schwankungen der Zirkulation der Banknoten außer halb der Mauern der Bank von England nicht bestimmt, so wird die letztre, die wirkliche Zirkulation, jetzt für die Bankverwaltung gleichgültig, und die Zirkulation zwischen den zwei Abteilungen der Bank, deren Unterschied von der wirklichen sich in der Reserve zeigt, wird allein entscheidend. Für die Außenwelt ist sie nur sofern wichtig, weil die Reserve anzeigt, inwieweit die Bank sich dem gesetzlichen Maximum ihrer Notenausgabe nähert und wieviel die Kunden der Bank noch aus dem banking department erhalten können.
Von der mala fides Overstones folgendes brillante Exempel:
4243. »Schwankt nach Ihrer Ansicht die Menge des Kapitals von einem Monat zum andern in einem solchen Grade, daß sein Wert dadurch verändert wird in der Art, wie wir es in den letzten Jahren in den Schwankungen der Rate des Diskontos gesehn haben? – Das Verhältnis zwischen Nachfrage und Angebot von Kapital kann unzweifelhaft selbst in kurzen Zeiträumen schwanken... Wenn Frankreich morgen anzeigt, daß es eine sehr große Anleihe aufnehmen will, so wird das unzweifelhaft sofort eine große Änderung verursachen in dem Wert des Geldes, das heißt in dem Wert des Kapitals in England.«
4245. »Wenn Frankreich anzeigt, daß es plötzlich für irgendeinen Zweck für 30 Millionen Waren braucht, so wird eine große Nachfrage entstehn nach Kapital, um den wissenschaftlicheren und einfacheren Ausdruck zu gebrauchen.«
4246. »Das Kapital, das Frankreich mit seiner Anleihe möchte kaufen wollen, ist eine Sache; das Geld, womit Frankreich dies kauft, ist eine andre Sache; ist es das Geld, was seinen Wert ändert oder nicht? – Wir kommen wieder auf die alte Frage, und die glaube ich, ist geeigneter für das Studierzimmer eines Gelehrten als für dies Komiteezimmer.«
Und hiermit zieht er sich zurück, aber nicht ins Studierzimmer.85
27. Die Rolle des Kredits in der kapitalistischen Produktion
Die allgemeinen Bemerkungen, wozu das Kreditwesen uns bis jetzt Veranlassung gab, waren folgende:
I. Notwendige Bildung desselben, um die Ausgleichung der Profitrate zu vermitteln oder die Bewegung dieser Ausgleichung, worauf die ganze kapitalistische Produktion beruht.
II. Verringerung der Zirkulationskosten.
1. Eine Hauptzirkulationskost ist das Geld selbst, soweit es Selbstwert. Es wird in dreifacher Art durch den Kredit ökonomisiert.
A. Indem es für einen großen Teil der Transaktionen ganz wegfällt.
B. Indem die Zirkulation des umlaufenden Mediums beschleunigt wird.86 Dies fällt zum Teil zusammen mit dem, was unter 2 zu sagen. Einerseits ist nämlich die Beschleunigung technisch; d.h. bei sonst gleichbleibender Größe und Menge der wirklichen, die Konsumtion vermittelnden Warenumsätze verrichtet eine geringere Masse von Geld oder Geldzeichen denselben Dienst. Dies hängt mit der Technik des Bankwesens zusammen. Andrerseits beschleunigt der Kredit die Geschwindigkeit der Warenmetamorphose und hiermit die Geschwindigkeit der Geldzirkulation.
C. Ersetzung von Goldgeld durch Papier.
2. Beschleunigung, durch den Kredit, der einzelnen Phasen der Zirkulation oder der Warenmetamorphose, weiter der Metamorphose des Kapitals und damit Beschleunigung des Reproduktionsprozesses überhaupt. (Andrerseits erlaubt der Kredit, die Akte des Kaufens und Verkaufens länger auseinanderzuhalten, und dient daher der Spekulation als Basis.) Kontraktion der Reservefonds, was doppelt betrachtet werden kann: einerseits als Verminderung des zirkulierenden Mediums, andrerseits als Beschränkung des Teils des Kapitals, der stets in Geldform existieren muß.87
III. Bildung von Aktiengesellschaften. Hierdurch:
1. Ungeheure Ausdehnung der Stufenleiter der Produktion und Unternehmungen, die für Einzelkapitale unmöglich waren. Solche Unternehmungen zugleich, die früher Regierungsunternehmungen waren, werden gesellschaftliche.
2. Das Kapital, das an sich auf gesellschaftlicher Produktionsweise beruht und eine gesellschaftliche Konzentration von Produktionsmitteln und Arbeitskräften voraussetzt, erhält hier direkt die Form von Gesellschaftskapital (Kapital direkt assoziierter Individuen) im Gegensatz zum Privatkapital, und seine Unternehmungen treten auf als Gesellschaftsunternehmungen im Gegensatz zu Privatunternehmungen. Es ist die Aufhebung des Kapitals als Privateigentum innerhalb der Grenzen der kapitalistischen Produktionsweise selbst.
3. Verwandlung des wirklich fungierenden Kapitalisten in einen bloßen Dirigenten, Verwalter fremdes Kapitals, und der Kapitaleigentümer in bloße Eigentümer, bloße Geldkapitalisten. Selbst wenn die Dividenden, die sie beziehn, den Zins und Unternehmergewinn, d.h. den Totalprofit einschließen (denn das Gehalt des Dirigenten ist, oder soll sein, bloßer Arbeitslohn einer gewissen Art geschickter Arbeit, deren Preis im Arbeitsmarkt reguliert wird, wie der jeder andren Arbeit), so wird dieser Totalprofit nur noch bezogen in der Form des Zinses, d.h. als bloße Vergütung des Kapitaleigentums, das nun ganz so von der Funktion im wirklichen Reproduktionsprozeß getrennt wird wie diese Funktion, in der Person des Dirigenten, vom Kapitaleigentum. Der Profit stellt sich so dar (nicht mehr nur der eine Teil desselben, der Zins, der seine Rechtfertigung aus dem Profit des Borgers zieht) als bloße Aneignung fremder Mehrarbeit, entspringend aus der Verwandlung der Produktionsmittel in Kapital, d.h. aus ihrer Entfremdung gegenüber den wirklichen Produzenten, aus ihrem Gegensatz als fremdes Eigentum gegenüber allen wirklich in der Produktion tätigen Individuen, vom Dirigenten bis herab zum letzten Taglöhner. In den Aktiengesellschaften ist die Funktion getrennt vom Kapitaleigentum, also auch die Arbeit gänzlich getrennt vom Eigentum an den Produktionsmitteln und an der Mehrarbeit. Es ist dies Resultat der höchsten Entwicklung der kapitalistischen Produktion ein notwendiger Durchgangspunkt zur Rückverwandlung des Kapitals in Eigentum der Produzenten, aber nicht mehr als das Privateigentum vereinzelter Produzenten, sondern als das Eigentum ihrer als assoziierter, als unmittelbares Gesellschaftseigentum. Es ist andrerseits Durchgangspunkt zur Verwandlung aller mit dem Kapitaleigentum bisher noch verknüpften Funktionen im Reproduktionsprozeß in bloße Funktionen der assoziierten Produzenten, in gesellschaftliche Funktionen.
Bevor wir weitergehn, ist noch dies ökonomisch Wichtige zu bemerken: Da der Profit hier rein die Form des Zinses annimmt, sind solche Unternehmungen noch möglich, wenn sie bloßen Zins abwerfen, und es ist dies einer der Gründe, die das Fallen der allgemeinen Profitrate aufhalten, indem diese Unternehmungen, wo das konstante Kapital in so ungeheurem Verhältnis zum variablen steht, nicht notwendig in die Ausgleichung der allgemeinen Profitrate eingehn.
〈Seit Marx obiges schrieb, haben sich bekanntlich neue Formen des Industriebetriebs entwickelt, die die zweite und dritte Potenz der Aktiengesellschaft darstellen. Der täglich wachsenden Raschheit, womit auf allen großindustriellen Gebieten heute die Produktion gesteigert werden kann, steht gegenüber die stets zunehmende Langsamkeit der Ausdehnung des Markts für diese vermehrten Produkte. Was jene in Monaten herstellt, kann dieser kaum in Jahren absorbieren. Dazu die Schutzzollpolitik, wodurch jedes Industrieland sich gegen die andern und namentlich gegen England abschließt und die heimische Produktionsfähigkeit noch künstlich steigert. Die Folgen sind allgemeine chronische Überproduktion, gedrückte Preise, fallende und sogar ganz wegfallende Profite; kurz, die altgerühmte Freiheit der Konkurrenz ist am Ende ihres Lateins und muß ihren offenbaren skandalösen Bankrott selbst ansagen. Und zwar dadurch, daß in jedem Land die Großindustriellen eines bestimmten Zweigs sich zusammentun zu einem Kartell zur Regulierung der Produktion. Ein Ausschuß setzt das von jedem Etablissement zu produzierende Quantum fest und verteilt in letzter Instanz die einlaufenden Aufträge. In einzelnen Fällen kam es zeitweise sogar zu internationalen Kartellen, so zwischen der englischen und deutschen Eisenproduktion. Aber auch diese Form der Vergesellschaftung der Produktion genügte noch nicht. Der Interessengegensatz der einzelnen Geschäftsfirmen durchbrach sie nur zu oft und stellte die Konkurrenz wieder her. So kam man dahin, in einzelnen Zweigen, wo die Produktionsstufe dies zuließ, die gesamte Produktion dieses Geschäftszweigs zu einer großen Aktiengesellschaft mit einheitlicher Leitung zu konzentrieren. In Amerika ist dies schon mehrfach durchgeführt, in Europa ist das größte Beispiel bis jetzt der United Alkali Trust, der die ganze britische Alkaliproduktion in die Hände einer einzigen Geschäftsfirma gebracht hat. Die früheren Besitzer der – mehr als dreißig – einzelnen Werke haben für ihre gesamten Anlagen den Taxwert in Aktien erhalten, im ganzen gegen 5 Millionen Pfd. St., die das fixe Kapital des Trusts darstellen. Die technische Direktion bleibt in den bisherigen Händen, aber die geschäftliche Leitung ist in der Hand der Generaldirektion konzentriert. Das Zirkulationskapital (floating capital) im Betrag von etwa einer Million Pfd. St. wurde dem Publikum zur Zeichnung angeboten. Gesamtkapital also 6 Millionen Pfd. St. So ist in diesem Zweig, der die Grundlage der ganzen chemischen Industrie bildet, in England die Konkurrenz durch das Monopol ersetzt und der künftigen Expropriation durch die Gesamtgesellschaft, die Nation, aufs erfreulichste vorgearbeitet. – F. E.}
Es ist dies die Aufhebung der kapitalistischen Produktionsweise innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise selbst und daher ein sich selbst aufhebender Widerspruch, der prima facie als bloßer Übergangspunkt zu einer neuen Produktionsform sich darstellt. Als solcher Widerspruch stellt er sich dann auch in der Erscheinung dar. Er stellt in gewissen Sphären das Monopol her und fordert daher die Staatseinmischung heraus. Er reproduziert eine neue Finanzaristokratie, eine neue Sorte Parasiten in Gestalt von Projektenmachern, Gründern und bloß nominellen Direktoren; ein ganzes System des Schwindels und Betrugs mit Bezug auf Gründungen, Aktienausgabe und Aktienhandel. Es ist Privatproduktion ohne die Kontrolle des Privateigentums.
IV. Abgesehn von dem Aktienwesen – das eine Aufhebung der kapitalistischen Privatindustrie auf Grundlage des kapitalistischen Systems selbst ist, und in demselben Umfang, worin es sich ausdehnt und neue Produktionssphären ergreift, die Privatindustrie vernichtet –, bietet der Kredit dem einzelnen Kapitalisten oder dem, der für einen Kapitalisten gilt, eine innerhalb gewisser Schranken absolute Verfügung über fremdes Kapital und fremdes Eigentum und dadurch über fremde Arbeit.88 Verfügung über gesellschaftliches, nicht eignes Kapital, gibt ihm Verfügung über gesellschaftliche Arbeit. Das Kapital selbst, das man wirklich oder in der Meinung des Publikums besitzt, wird nur noch die Basis zum Kreditüberbau. Es gilt dies besonders im Großhandel, durch dessen Hände der größte Teil des gesellschaftlichen Produkts passiert. Alle Maßstäbe, alle mehr oder minder innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise noch berechtigten Explikationsgründe verschwinden hier. Was der spekulierende Großhändler riskiert, ist gesellschaftliches, nicht sein Eigentum. Ebenso abgeschmackt wird die Phrase vom Ursprung des Kapitals aus der Ersparung, da jener gerade verlangt, daß andre für ihn sparen sollen. 〈Wie neuerdings ganz Frankreich anderthalb Milliarden Franken für die Panamaschwindler zusammengespart hat. Wie denn hier der ganze Panamaschwindel genau beschrieben ist, volle 20 Jahre ehe er sich ereignet. – F. E.} Der andren Phrase von der Entsagung schlägt sein Luxus, der nun auch selbst Kreditmittel wird, direkt ins Gesicht. Vorstellungen, die auf einer minder entwickelten Stufe der kapitalistischen Produktion noch einen Sinn haben, werden hier völlig sinnlos. Das Gelingen und Mißlingen führen hier gleichzeitig zur Zentralisation der Kapitale und daher zur Expropriation auf der enormsten Stufenleiter. Die Expropriation erstreckt sich hier von den unmittelbaren Produzenten auf die kleineren und mittleren Kapitalisten selbst. Diese Expropriation ist der Ausgangspunkt der kapitalistischen Produktionsweise; ihre Durchführung ist ihr Ziel, und zwar in letzter Instanz die Expropriation aller einzelnen von den Produktionsmitteln, die mit der Entwicklung der gesellschaftlichen Produktion aufhören, Mittel der Privatproduktion und Produkte der Privatproduktion zu sein, und die nur noch Produktionsmittel in der Hand der assoziierten Produzenten, daher ihr gesellschaftliches Eigentum, sein können, wie sie ihr gesellschaftliches Produkt sind. Diese Expropriation stellt sich aber innerhalb des kapitalistischen Systems selbst in gegensätzlicher Gestalt dar, als Aneignung des gesellschaftlichen Eigentums durch wenige; und der Kredit gibt diesen wenigen immer mehr den Charakter reiner Glücksritter. Da das Eigentum hier in der Form der Aktie existiert, wird seine Bewegung und Übertragung reines Resultat des Börsenspiels, wo die kleinen Fische von den Haifischen und die Schafe von den Börsenwölfen verschlungen werden. In dem Aktienwesen existiert schon Gegensatz gegen die alte Form, worin gesellschaftliches Produktionsmittel als individuelles Eigentum erscheint; aber die Verwandlung in die Form der Aktie bleibt selbst noch befangen in den kapitalistischen Schranken; statt daher den Gegensatz zwischen dem Charakter des Reichtums als gesellschaftlicher und als Privatreichtum zu überwinden, bildet sie ihn nur in neuer Gestalt aus.
Die Kooperativfabriken der Arbeiter selbst sind, innerhalb der alten Form, das erste Durchbrechen der alten Form, obgleich sie natürlich überall, in ihrer wirklichen Organisation, alle Mängel des bestehenden Systems reproduzieren und reproduzieren müssen. Aber der Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit ist innerhalb derselben aufgehoben, wenn auch zuerst nur in der Form, daß die Arbeiter als Assoziation ihr eigner Kapitalist sind, d.h. die Produktionsmittel zur Verwertung ihrer eignen Arbeit verwenden. Sie zeigen, wie, auf einer gewissen Entwicklungsstufe der materiellen Produktivkräfte und der ihr entsprechenden gesellschaftlichen Produktionsformen, naturgemäß aus einer Produktionsweise sich eine neue Produktionsweise entwickelt und herausbildet. Ohne das aus der kapitalistischen Produktionsweise entspringende Fabriksystem könnte sich nicht die Kooperativfabrik entwickeln und ebensowenig ohne das aus derselben Produktionsweise entspringende Kreditsystem. Letztres, wie es die Hauptbasis bildet zur allmählichen Verwandlung der kapitalistischen Privatunternehmungen in kapitalistische Aktiengesellschaften, bietet ebensosehr die Mittel zur allmählichen Ausdehnung der Kooperativunternehmungen auf mehr oder minder nationaler Stufenleiter. Die kapitalistischen Aktienunternehmungen sind ebensosehr wie die Kooperativfabriken als Übergangsformen aus der kapitalistischen Produktionsweise in die assoziierte zu betrachten, nur daß in den einen der Gegensatz negativ und in den andren positiv aufgehoben ist.
Wir haben bisher die Entwicklung des Kreditwesens – und die darin enthaltne latente Aufhebung des Kapitaleigentums – mit Bezug hauptsächlich auf das industrielle Kapital betrachtet. Wir betrachten in den folgenden Kapiteln den Kredit mit Bezug auf das zinstragende Kapital als solches, sowohl seinen Effekt auf dieses wie die Form, die er hierbei annimmt; und sind dabei überhaupt noch einige spezifisch ökonomische Bemerkungen zu machen.
Vorher noch dies:
Wenn das Kreditwesen als Haupthebel der Überproduktion und Überspekulation im Handel erscheint, so nur, weil der Reproduktionsprozeß, der seiner Natur nach elastisch ist, hier bis zur äußersten Grenze forciert wird, und zwar deshalb forciert wird, weil ein großer Teil des gesellschaftlichen Kapitals von den Nichteigentümern desselben angewandt wird, die daher ganz anders ins Zeug gehn als der ängstlich die Schranken seines Privatkapitals erwägende Eigentümer, soweit er selbst fungiert. Es tritt damit nur hervor, daß die auf den gegensätzlichen Charakter der kapitalistischen Produktion gegründete Verwertung des Kapitals die wirkliche, freie Entwicklung nur bis zu einem gewissen Punkt erlaubt, also in der Tat eine immanente Fessel und Schranke der Produktion bildet, die beständig durch das Kreditwesen durchbrochen wird.89 Das Kreditwesen beschleunigt daher die materielle Entwicklung der Produktivkräfte und die Herstellung des Weltmarkts, die als materielle Grundlagen der neuen Produktionsform bis auf einen gewissen Höhegrad herzustellen, die historische Aufgabe der kapitalistischen Produktionsweise ist. Gleichzeitig beschleunigt der Kredit die gewaltsamen Ausbrüche dieses Widerspruchs, die Krisen, und damit die Elemente der Auflösung der alten Produktionsweise.
Die dem Kreditsystem immanenten doppelseitigen Charaktere: einerseits die Triebfeder der kapitalistischen Produktion, Bereicherung durch Ausbeutung fremder Arbeit, zum reinsten und kolossalsten Spiel-und Schwindelsystem zu entwickeln und die Zahl der den gesellschaftlichen Reichtum ausbeutenden Wenigen immer mehr zu beschränken; andrerseits aber die Übergangsform zu einer neuen Produktionsweise zu bilden, – diese Doppelseitigkeit ist es, die den Hauptverkündern des Kredits von Law bis Isaak Péreire ihren angenehmen Mischcharakter von Schwindler und Prophet gibt.
28. Umlaufsmittel und Kapital. Tookes und Fullartons Auffassung
Der Unterschied zwischen Zirkulation und Kapital, wie ihn Tooke90, Wilson und andre machen, und wobei die Unterschiede zwischen Zirkulationsmittel als Geld, als Geldkapital überhaupt, und als zinstragendes Kapital (moneyed capital im englischen Sinn) kunterbunt durcheinandergeworfen werden, kommen auf zweierlei hinaus.
Das Zirkulationsmittel zirkuliert einerseits als Münze (Geld), soweit es Verausgabung von Revenue vermittelt, also den Verkehr zwischen den individuellen Konsumenten und den Kleinhändlern, unter welche Kategorie alle Kaufleute zu rechnen sind, die an die Konsumenten verkaufen – an die individuellen Konsumenten im Unterschied von den produktiven Konsumenten oder Produzenten. Hier zirkuliert das Geld in der Funktion der Münze, obgleich es beständig Kapital ersetzt. Ein gewisser Teil des Geldes in einem Lande ist beständig dieser Funktion gewidmet, obgleich dieser Teil aus beständig wechselnden einzelnen Geldstücken besteht. Dagegen, soweit das Geld Übertragung von Kapital vermittelt, sei es als Kaufmittel (Zirkulationsmittel), sei es als Zahlungsmittel, ist es Kapital. Es ist also weder die Funktion als Kaufmittel, noch die als Zahlungsmittel, die es von der Münze unterscheidet, denn auch zwischen Händler und Händler kann es als Kaufmittel fungieren, soweit sie gegen bar voneinander kaufen, und auch zwischen Händler und Konsument kann es als Zahlungsmittel figurieren, soweit Kredit gegeben und die Revenue erst verzehrt und dann bezahlt wird. Der Unterschied ist also der, daß im zweiten Fall dies Geld nicht nur Kapital für die eine Seite, den Verkäufer, ersetzt, sondern auch von der andern Seite, vom Käufer, als Kapital verausgabt, vorgeschossen wird. Der Unterschied ist also in der Tat der von Geldform der Revenue und Geldform des Kapitals, aber nicht der von Zirkulation und Kapital, denn als Vermittler zwischen den Händlern, ebensogut wie als Vermittler zwischen Konsumenten und Händlern, zirkuliert ein seiner Menge nach bestimmter Teil des Geldes, und Zirkulation ist es demzufolge in beiden Funktionen gleichmäßig. Es kommt nun bei der Auffassung Tookes Konfusion verschiedner Art herein:
1. Durch die Verwechslung der funktionellen Bestimmungen;
2. durch die Einmischung der Frage über die Quantität des, in beiden Funktionen zusammengenommen, zirkulierenden Geldes;
3. durch Einmischung der Frage über die relativen Verhältnisse der in beiden Funktionen, und daher in beiden Sphären des Reproduktionsprozesses, zirkulierenden Mengen von Umlaufsmitteln, zueinander.
Ad 1. Die Verwechslung der funktionellen Bestimmungen, daß das Geld in der einen Form Zirkulation (currency) und in der andern Form Kapital ist. Soweit das Geld in der einen oder andern Funktion dient, sei es zur Realisierung von Revenue oder zur Übertragung von Kapital, fungiert es im Kauf und Verkauf oder im Zahlen als Kaufmittel oder Zahlungsmittel und im weitern Sinn des Worts als Zirkulationsmittel. Die weitere Bestimmung, die es in der Rechnung seines Ausgebers oder Empfängers hat, daß es ihm Kapital oder Revenue vorstellt, ändert hieran absolut nichts, und es zeigt sich dies auch doppelt. Obgleich die Geldsorten, die in beiden Sphären zirkulieren, verschieden sind, so geht dasselbe Geldstück, z.B. eine Fünfpfundnote, aus der einen Sphäre in die andre über und vollzieht abwechselnd beide Funktionen; was schon deswegen unvermeidlich ist, weil der Kleinhändler seinem Kapital die Geldform allein geben kann in der Form der Münze, die er von seinen Käufern erhält. Man kann annehmen, daß die eigentliche Scheidemünze ihren Zirkulationsschwerpunkt im Gebiet des Kleinhandels hat; der Kleinhändler braucht sie beständig zum Auswechseln und erhält sie beständig in Zahlung von seinen Kunden zurück. Er erhält aber auch Geld, d.h. Münze in dem Metall, das Wertmesser ist, also in England Pfundstücke und selbst Banknoten, namentlich Noten zu niedrigen Beträgen, also z.B. von 5 und 10 Pfund. Diese Goldstücke und Noten, nebst etwa überschüssiger Scheidemünze, deponiert er jeden Tag oder jede Woche bei seiner Bank und zahlt damit, durch Anweisung auf sein Bankdepositum, seine Einkäufe. Aber dieselben Goldstücke und Noten werden ebenso beständig vom ganzen Publikum, in seiner Eigenschaft als Konsument, als Geldform seiner Revenue, den Banken wieder direkt oder indirekt (z.B. Kleingeld durch Fabrikanten zur Lohnzahlung) entzogen und fließen beständig den Kleinhändlern zurück, denen sie so einen Teil ihres Kapitals, aber gleichzeitig auch ihrer Revenue aufs neue realisieren. Dieser letztere Umstand ist wichtig und wird von Tooke ganz übersehn. Nur sobald das Geld als Geldkapital ausgelegt wird, am Anfang des Reproduktionsprozesses (Buch II, Abschnitt I) existiert der Kapitalwert rein als solcher. Denn in der produzierten Ware steckt nicht nur Kapital, sondern auch schon der Mehrwert; sie ist nicht nur Kapital an sich, sondern schon gewordenes Kapital, Kapital mit der ihm einverleibten Revenuequelle. Was der Kleinhändler für das ihm zurückfließende Geld weggibt, seine Ware, ist also für ihn Kapital plus Profit, Kapital plus Revenue.
Ferner aber, indem das zirkulierende Geld dem Kleinhändler zurückfließt, stellt es die Geldform seines Kapitals wieder her.
Den Unterschied zwischen der Zirkulation als Zirkulation von Revenue und als Zirkulation von Kapital in einen Unterschied zwischen Zirkulation und Kapital verwandeln, ist also durchaus verkehrt. Diese Redeweise entspringt bei Tooke daraus, daß er sich einfach auf den Standpunkt des Bankiers stellt, der eigne Banknoten ausgibt. Der Betrag seiner Noten, der sich beständig (wenn auch stets aus andern Noten bestehend) in der Hand des Publikums befindet und als Zirkulationsmittel fungiert, kostet ihm nichts außer Papier und Druck. Es sind auf ihn selbst ausgestellte zirkulierende Schuldscheine (Wechsel), die ihm aber Geld einbringen und so als ein Mittel zur Verwertung seines Kapitals dienen. Sie sind aber von seinem Kapital verschieden, sei dies nun eignes oder aufgenommnes. Daher entspringt für ihn ein spezieller Unterschied von Zirkulation und Kapital, der aber mit den Begriffsbestimmungen als solchen nichts zu tun hat, am wenigsten mit den eben von Tooke gemachten.
Die verschiedne Bestimmtheit – ob es als Geldform der Revenue oder des Kapitals fungiert – ändert zunächst nichts an dem Charakter des Geldes als Zirkulationsmittel; diesen Charakter behält es, ob es die eine oder die andre Funktion verrichtet. Allerdings fungiert das Geld, wenn es als Geldform der Revenue auftritt, mehr als eigentliches Zirkulationsmittel (Münze, Kaufmittel), wegen der Zersplitterung dieser Käufe und Verkäufe, und weil die Mehrzahl der Revenue-Ausgebenden, die Arbeiter, relativ wenig auf Kredit kaufen können; während im Verkehr der Handelswelt, wo das Umlaufsmittel Geldform des Kapitals ist, teils wegen der Konzentration, teils wegen des vorherrschenden Kreditsystems, das Geld hauptsächlich als Zahlungsmittel fungiert. Aber der Unterschied des Geldes als Zahlungsmittel vom Geld als Kaufmittel (Zirkulationsmittel) ist eine dem Geld selbst zukommende Unterscheidung; nicht ein Unterschied zwischen Geld und Kapital. Weil im Kleinhandel mehr Kupfer und Silber, im großen mehr Gold zirkuliert, ist der Unterschied zwischen Silber und Kupfer auf der einen und von Gold auf der andren Seite, nicht der Unterschied von Zirkulation und Kapital.
Ad 2. Einmischung der Frage über die Quantität des in beiden Funktionen zusammen zirkulierenden Geldes: Soweit das Geld zirkuliert, sei es als Kaufmittel, sei es als Zahlungsmittel – einerlei, in welcher der beiden Sphären und unabhängig von seiner Funktion, Revenue oder Kapital zu realisieren –, gelten für die Quantität seiner zirkulierenden Masse die früher, bei Betrachtung der einfachen Warenzirkulation, Buch I, Kap. III, 2b, entwickelten Gesetze. Der Grad der Zirkulationsgeschwindigkeit, also die Anzahl der Wiederholungen derselben Funktion als Kauf- und Zahlungsmittel durch dieselben Geldstücke in einem gegebnen Zeitraum, die Masse der gleichzeitigen Käufe und Verkäufe, resp. Zahlungen, die Preissumme der zirkulierenden Waren, endlich die Zahlungsbilanzen, die in derselben Zeit zu saldieren sind, bestimmen in beiden Fällen die Masse des zirkulierenden Geldes, der currency. Ob das so fungierende Geld für Zahler oder Empfänger Kapital oder Revenue vorstellt, ist gleichgültig, ändert absolut nichts an der Sache. Seine Masse wird bestimmt einfach durch seine Funktion als Kauf- und Zahlungsmittel.
Ad 3. Zur Frage über die relativen Verhältnisse der in beiden Funktionen, und daher in beiden Sphären des Reproduktionsprozesses zirkulierenden Mengen von Umlaufsmitteln. Beide Zirkulationssphären stehn in einem innern Zusammenhang, indem einerseits die Masse der zu verausgabenden Revenuen den Umfang der Konsumtion und andrerseits die Größe der in Produktion und Handel zirkulierenden Kapitalmassen den Umfang und die Geschwindigkeit des Reproduktionsprozesses ausdrücken. Trotzdem wirken dieselben Umstände verschieden, und selbst in entgegengesetzter Richtung, auf die Quanta der in beiden Funktionen oder Sphären zirkulierenden Geldmassen oder auf die Quantitäten der Zirkulation, wie die Engländer dies bankmäßig ausdrücken. Und dies gibt neuen Anlaß zu der abgeschmackten Distinktion Tookes von Zirkulation und Kapital. Der Umstand, daß die Herren von der Currency-Theorie zwei disparate Dinge verwechseln, ist durchaus kein Grund, um sie als Begriffsunterschiede darzustellen.
In Zeiten der Prosperität, großer Expansion, Beschleunigung und Energie des Reproduktionsprozesses, sind die Arbeiter voll beschäftigt. Meist tritt auch Steigen des Lohnsein und gleicht das Fallen desselben unter das Durchschnittsniveau in den andern Perioden des kommerziellen Zyklus einigermaßen aus. Gleichzeitig wachsen die Revenuen der Kapitalisten bedeutend. Die Konsumtion steigt allgemein. Die Warenpreise steigen ebenfalls regelmäßig, wenigstens in verschiednen entscheidenden Geschäftszweigen. Infolgedessen wächst das Quantum des zirkulierenden Geldes wenigstens innerhalb gewisser Grenzen, indem die größere Umlaufsgeschwindigkeit dem Wachsen der Masse des umlaufenden Mittels ihrerseits Schranken setzt. Da der Teil der gesellschaftlichen Revenue, der aus Arbeitslohn besteht, ursprünglich vom industriellen Kapitalisten in der Form von variablem Kapital und stets in Geldform vorgeschossen wird, bedarf er in Zeiten der Prosperität mehr Geld zu seiner Zirkulation. Aber wir dürfen dies nicht zweimal rechnen: einmal als Geld, nötig zur Zirkulation des variablen Kapitals, und noch einmal als Geld, nötig zur Zirkulation der Revenue der Arbeiter. Das den Arbeitern als Lohn ausgezahlte Geld wird im Kleinverkehr verausgabt und kehrt so ziemlich wöchentlich als Depositum der Kleinhändler zu den Banken zurück, nachdem es in kleinern Kreisläufen noch allerlei Zwischengeschäfte vermittelt hat. In Zeiten der Prosperität wickelt sich der Rückfluß des Geldes für die industriellen Kapitalisten glatt ab, und so steigt ihr Bedürfnis für Geldakkommodation nicht dadurch, daß sie mehr Arbeitslohn zu zahlen haben, mehr Geld zur Zirkulation ihres variablen Kapitals bedürfen.
Das Gesamtresultat ist, daß in Perioden der Prosperität die Masse der Umlaufsmittel, die zur Verausgabung von Revenue dient, entschieden wächst.
Was nun die Zirkulation betrifft, die zum Übertrag von Kapital, also nur zwischen den Kapitalisten selbst nötig ist, so ist diese flotte Geschäftszeit zugleich die Periode des elastischsten und leichtesten Kredits. Die Geschwindigkeit der Zirkulation zwischen Kapitalist und Kapitalist ist direkt durch den Kredit reguliert, und die Masse des Zirkulationsmittels, die zur Saldierung der Zahlungen und selbst zu Barkäufen erheischt ist, nimmt also verhältnismäßig ab. Sie mag sich absolut ausdehnen, aber sie nimmt unter allen Umständen relativ ab, verglichen mit der Expansion des Reproduktionsprozesses. Einerseits werden größere Massenzahlungen ohne alle Dazwischenkunft von Geld liquidiert; andrerseits, bei der großen Lebendigkeit des Prozesses, herrscht raschere Bewegung derselben Geldquanta, sowohl als Kauf-wie als Zahlungsmittel. Dieselbe Geldmasse vermittelt den Rückfluß einer größern Anzahl von Einzelkapitalen.
Im ganzen erscheint in solchen Perioden der Geldumlauf vollgefüllt (full), obgleich Teil II (Kapitalübertragung) sich wenigstens relativ kontrahiert, während Teil I (Revenueausgabe) sich absolut ausdehnt.
Die Rückflüsse drücken die Rückverwandlung des Warenkapitals in Geld aus, G – W – G', wie man bei Betrachtung des Reproduktionsprozesses, Buch II, Abschnitt I, gesehn hat. Der Kredit macht den Rückfluß in Geldform unabhängig vom Zeitpunkt des wirklichen Rückflusses, sei es für den industriellen Kapitalisten, sei es für den Kaufmann. Jeder von beiden verkauft auf Kredit; seine Ware ist also veräußert, bevor sie sich für ihn in Geld rückverwandelt, also zu ihm selbst in Geldform zurückgeflossen ist. Andrerseits kauft er auf Kredit, und so hat sich der Wert seiner Ware für ihn rückverwandelt, sei es in produktives Kapital, sei es in Warenkapital, schon bevor dieser Wert wirklich in Geld verwandelt worden, bevor der Warenpreis verfallen und bezahlt ist. In solchen Zeiten der Prosperität wickelt sich der Rückfluß leicht und glatt ab. Der Kleinhändler zahlt mit Sicherheit dem Großhändler, dieser dem Fabrikanten, dieser dem Importeur des Rohstoffs etc. Der Schein rascher und sicherer Rückflüsse hält sich immer für längre Zeit, nachdem deren Wirklichkeit vorbei, durch den Kredit, der einmal im Gang ist, da die Kreditrückflüsse die wirklichen vertreten. Die Banken fangen an, Lunte zu riechen, sobald ihre Kunden mehr Wechsel als Geld einzahlen. Siehe die obige Aussage des Liverpooler Bankdirektors, S. 398.
Hier noch einzuschalten, was ich früher bemerkt: »In Epochen vorherrschenden Kredits wächst die Geschwindigkeit des Geldumlaufs schneller als die Preise der Waren; während mit abnehmendem Kredit die Preise der Waren langsamer fallen als die Geschwindigkeit der Zirkulation.« (»Zur Kritik d. Pol. Oekon.«, 1859, p. 83, 84.)
In der Periode der Krise verhält es sich umgekehrt. Zirkulation Nr. I kontrahiert sich, die Preise fallen, ebenso die Arbeitslöhne; die Zahl der beschäftigten Arbeiter wird eingeschränkt, die Masse der Umsätze nimmt ab. Dagegen in Zirkulation Nr. II wächst mit abnehmendem Kredit das Bedürfnis für Geldakkommodation, ein Punkt, auf den wir gleich näher eingehn.
Es unterliegt durchaus keinem Zweifel, daß bei der Abnahme des Kredits, die mit Stockung des Reproduktionsprozesses zusammenfällt, die Zirkulationsmasse, die für Nr. II Revenueausgabe, erheischt ist, abnimmt, während die für Nr. II, Kapitalübertragung, steigt. Es ist aber zu untersuchen, wieweit dieser Satz identisch ist mit dem von Fullarton und andren aufgestellten:
»Eine Nachfrage für Kapital auf Anleihe und eine Nachfrage für zusätzliche Zirkulationsmittel sind ganz verschiedne Dinge und kommen nicht oft zusammen vor.«91
Zunächst ist klar, daß im ersten der beiden obigen Fälle, zur Zeit der Prosperität, wo die Masse des zirkulierenden Mediums wachsen muß, die Nachfrage dafür wächst. Aber es ist ebenso klar, daß, wenn ein Fabrikant von seinem Guthaben bei einer Bank mehr in Gold oder Banknoten herauszieht, weil er mehr Kapital in Geldform zu verausgaben hat, deswegen seine Nachfrage für Kapital nicht wächst, sondern nur seine Nachfrage für diese besondre Form, worin er sein Kapital verausgabt. Die Nachfrage bezieht sich nur auf die technische Form, worin er sein Kapital in die Zirkulation wirft. Wie ja bei verschiedner Entwicklung des Kreditwesens z.B. dasselbe variable Kapital, dieselbe Menge Arbeitslohn, in einem Lande eine größre Masse Umlaufsmittel erfordert als im andern; in England z.B. mehr als in Schottland, in Deutschland mehr als in England. Ebenso erheischt in der Landwirtschaft dasselbe im Reproduktionsprozeß tätige Kapital zu verschiednen Jahreszeiten verschiedne Mengen von Geld zur Verrichtung seiner Funktion.
Aber der Gegensatz, wie Fullarton ihn stellt, ist nicht richtig. Es ist keineswegs, wie er sagt, die starke Nachfrage für Anleihen, was die Periode der Stockung von der Prosperität unterscheidet, sondern die Leichtigkeit, womit diese Nachfrage zur Prosperitätszeit und die Schwierigkeit, womit sie nach eingetretner Stockung befriedigt wird. Es ist ja gerade die ungeheure Entwicklung des Kreditsystems während der Prosperitätszeit, also auch die enorme Steigerung der Nachfrage nach Leihkapital und die Bereitwilligkeit, womit das Angebot sich ihr in solchen Perioden zur Verfügung stellt, welche die Kreditklemme während der Zeit der Stockung herbeiführt. Es ist also nicht der Unterschied in der Größe der Nachfrage für Anleihen, der beide Perioden charakterisiert.
Wie schon früher bemerkt, unterscheiden sich beide Perioden zunächst dadurch, daß in der Prosperitätszeit die Nachfrage nach Umlaufsmitteln zwischen Konsumenten und Händlern, in der Periode des Rückschlags die Nachfrage nach Umlaufsmitteln zwischen Kapitalisten vorherrscht. In der Periode der Geschäftsstockung nimmt die erstere ab, die zweite zu.
Was nun Fullarton und andren als entscheidend wichtig auffällt, ist das Phänomen, daß in solchen Zeiten, wo die securities – die Leihpfänder und Wechsel – in der Hand der Bank von England zunehmen, ihre Notenzirkulation abnimmt und umgekehrt. Die Höhe der securities drückt aber den Umfang der Geldakkommodation aus, der diskontierten Wechsel und der Vorschüsse auf gangbare Wertpapiere. So sagt Fullarton in der oben, Note 90, S. 436 angeführten Stelle: Die Wertpapiere (securities) im Besitz der Bank von England variieren meist in umgekehrter Richtung wie ihre Notenzirkulation, und dies bestätigt den bei den Privatbanken altbewährten Satz, daß keine Bank ihre Notenausgabe über einen gewissen, durch das Bedürfnis ihres Publikums bestimmten Betrag hinaussteigern kann; will sie aber über diesen Betrag hinaus Vorschüsse machen, so muß sie diese aus ihrem Kapital machen, also entweder Wertpapiere flüssigmachen oder Geldeingänge dazu verwenden, die sie sonst in Wertpapieren angelegt hätte.
Hier zeigt sich aber auch, was Fullarton unter Kapital versteht. Was heißt hier Kapital? Daß die Bank nicht länger die Vorschüsse machen kann mit ihren eignen Banknoten, Zahlungsversprechen, die ihr natürlich nichts kosten. Aber womit macht sie dann Vorschüsse? Mit dem Erlös aus dem Verkauf von securities in reserve, d.h. von Staatspapieren, Aktien und andren zinstragenden Wertpapieren. Aber wofür verkauft sie diese Papiere? Für Geld, Gold oder Banknoten, soweit letztre gesetzliches Zahlungsmittel, wie die der Bank von England. Was sie also vorschießt, ist unter allen Umständen Geld. Dies Geld konstituiert aber jetzt einen Teil ihres Kapitals. Wenn sie Gold vorschießt, so ist dies handgreiflich. Wenn Noten, so stellen jetzt diese Noten Kapital vor, weil sie einen wirklichen Wert, die zinstragenden Papiere, dafür veräußert hat. Bei den Privatbanken können die Noten, die ihnen durch Verkauf der Wertpapiere zufließen, der Masse nach nur Noten der Bank von England oder ihre eignen sein, da andre schwerlich in Zahlung von Wertpapieren angenommen werden. Ist es aber die Bank von England selbst, so kosten ihr dann ihre eignen Noten, die sie rückerhält, Kapital, d.h. zinstragendes Papier. Außerdem entzieht sie dadurch ihre eignen Noten der Zirkulation. Gibt sie diese Noten wieder aus oder statt ihrer neue Noten zum selben Betrag, so stellen sie also jetzt Kapital vor. Und zwar stellen sie Kapital vor, ebensogut, wenn sie zu Vorschüssen an Kapitalisten, wie wenn sie später, bei Abnahme der Nachfrage nach solcher Geldakkommodation, zu Neuanlagen in Wertpapieren verwandt werden. Unter allen diesen Umständen ist das Wort Kapital hier nur im Bankiersinn gebraucht, wo es bedeutet, daß der Bankier mehr als seinen bloßen Kredit zu verleihen gezwungen ist.
Bekanntlich macht die Bank von England alle ihre Vorschüsse in ihren Noten. Wenn nun trotzdem in der Regel die Notenzirkulation der Bank abnimmt im Verhältnis, wie die diskontierten Wechsel und Leihpfänder in ihrer Hand, also die von ihr gemachten Vorschüsse, zunehmen – was wird aus den in Umlauf gesetzten Noten, wie fließen sie der Bank zurück?
Zunächst, wenn die Nachfrage für Geldakkommodation aus einer ungünstigen nationalen Zahlungsbilanz entspringt und daher einen Goldabfluß vermittelt, ist die Sache sehr einfach. Die Wechsel werden diskontiert in Banknoten. Die Banknoten werden bei der Bank selbst, im issue department ausgetauscht gegen Gold, und das Gold wird exportiert. Es ist dasselbe, als ob die Bank direkt Gold zahlte, ohne Vermittlung von Noten, gleich beim Diskontieren der Wechsel. Eine solche steigende Nachfrage – die 7 bis 10 Millionen Pfund Sterling in gewissen Fällen erreicht – fügt natürlich der innern Zirkulation des Landes keine einzige Fünfpfundnote zu. Sagt man nun, daß die Bank hier Kapital vorschießt und nicht Zirkulationsmittel, so hat dies einen doppelten Sinn. Erstens, daß sie nicht Kredit, sondern wirklichen Wert vorschießt, einen Teil ihres eignen oder des bei ihr deponierten Kapitals. Zweitens, daß sie nicht Geld für inländische Zirkulation, sondern für internationale Zirkulation vorschießt, Weltgeld; und für diesen Zweck muß das Geld immer existieren in seiner Form als Schatz, in seiner metallischen Leiblichkeit; in der Form, worin es nicht nur Form des Werts, sondern selbst gleich dem Wert, dessen Geldform es ist. Obgleich dies Gold nun sowohl für die Bank wie für den exportierenden Goldhändler Kapital vorstellt, Bankierkapital oder Kaufmannskapital, so entsteht die Nachfrage nicht nach ihm als Kapital, sondern als der absoluten Form des Geldkapitals. Sie entsteht gerade in dem Augenblick, wo die ausländischen Märkte mit unrealisierbarem englischem Warenkapital vollgepfropft sind. Was also verlangt wird, ist Kapital nicht als Kapital, sondern Kapital als Geld, in der Form, worin das Geld allgemeine Weltmarktsware; und dies ist seine ursprüngliche Form als edles Metall. Die Goldabflüsse sind also nicht, wie Fullarton, Tooke etc. sagen, a mere question of capital. Sondern a question of money, wenn auch in einer spezifischen Funktion. Daß es keine Frage der inländischen Zirkulation ist, wie die Leute von der Currency-Theorie dies behaupten, beweist durchaus nicht, wie Fullarton und andre meinen, daß es eine bloße question of capital. Es ist a question of money in der Form, worin Geld internationales Zahlungsmittel.
»Whether that capital« (der Kaufpreis für die Millionen Quarter ausländischen Weizens nach einer Mißernte im Inland) »is transmitted in merchandize or in specie, is a point which in no way affects the nature of the transaction.« (Fullarton, l.c. p. 131.)
Aber es affiziert sehr bedeutend die Frage, ob ein Goldabfluß stattfindet oder nicht. Das Kapital wird in Form von Edelmetall übermittelt, weil es gar nicht oder nicht ohne die größten Verluste in Form von Waren übermittelt werden kann. Die Angst, die das moderne Banksystem vor dem Goldabfluß hat, übertrifft alles, was das Monetarsystem, dem Edelmetall der einzig wahre Reichtum ist, je erträumt hat. Nehmen wir z.B. folgendes Verhör des Gouverneurs der Bank von England, Morris, vor dem Parlamentskomitee über die Krise von 1847/48:
3846. (Frage:) »Wenn ich von Entwertung von Vorräten (stocks) und fixem Kapital spreche, ist Ihnen nicht bekannt, daß alles in Vorräten und Produkten aller Art angelegte Kapital in derselben Weise entwertet war; daß Rohbaumwolle, Rohseide, Rohwolle nach dem Kontinent geschickt wurde zu denselben Schleuderpreisen, und daß Zucker, Kaffee und Tee mit großen Opfern verkauft wurden wie bei Zwangsverkäufen? – Es war unvermeidlich, daß das Land ein beträchtliches Opfer bringen mußte, um dem Goldabfluß zu begegnen, der stattgefunden hatte infolge der massenhaften Einführung von Nahrungsmitteln.« – 3848. »Sind Sie nicht der Ansicht, daß es besser gewesen wäre, die 8 Millionen Pfd. St. anzugreifen, die in der Schatzkammer der Bank lagen, als zu suchen, das Gold zurückzubekommen mit solchen Opfern? – Nein, der Meinung bin ich nicht.«
Es ist Gold, was hier als der einzig wirkliche Reichtum gilt.
Die von Fullarton zitierte Entdeckung Tookes, daß
»with only one or two exceptions, and those admitting of satisfactory explanation, every remarkable fall of the exchange, followed by a drain of gold, that has occured during the last half century, has been coincident throughout with a comparatively low state of the circulating medium, and vice versa« (Fullarton, p. 121) –
beweist, daß diese Goldabflüsse meistens eintreten nach einer Periode der Aufregung und Spekulation als
»a signal of a collapse already commenced... an indication of overstocked markets, of a cessation of the foreign demand for our productions, of delayed returns, and, as the necessary sequel of all these, of commercial discredit, manufactories shut up, artisans starving, and a general stagnation of industry and enterprise.« (p. 129.)
Dies ist zugleich natürlich die beste Widerlegung der Behauptung der Currency-Leute, daß
»a full circulation drives out bullion and a low circulation attracts it«.
Dagegen, obgleich eine starke Goldreserve der Bank von England meist in der Prosperitätszeit da ist, bildet sich dieser Schatz immer in der lustlosen und stagnierenden Zeit, die auf den Sturm folgt.
Die ganze Weisheit, mit Bezug auf die Goldabflüsse, läuft also darauf hinaus, daß die Nachfrage für internationale Zirkulations- und Zahlungsmittel verschieden ist von der Nachfrage für inländische Zirkulations- und Zahlungsmittel (weswegen auch von selbst folgt, daß »the existence of a drain does not necessarily imply any diminution of the internal demand for circulation«, wie Fullarton p. 112 sagt); und daß das Heraussenden der edlen Metalle aus dem Land, ihr Hineinwerfen in die internationale Zirkulation, nicht identisch ist mit Hineinwerfen von Noten oder Münze in die inländische Zirkulation. Übrigens habe ich schon früher gezeigt, daß die Bewegung des Schatzes, der als Reservefonds für internationale Zahlungen konzentriert ist, an und für sich nichts zu tun hat mit der Bewegung des Geldes als Zirkulationsmittel. Allerdings kommt eine Komplikation dadurch hinein, daß die verschiednen Funktionen des Schatzes, die ich aus der Natur des Geldes entwickelt habe: seine Funktion als Reservefonds für Zahlungsmittel, fällige Zahlungen im Innern; als Reservefonds des Umlaufsmittels; endlich als Reservefonds des Weltgelds – einem einzigen Reservefonds aufgebürdet werden; woraus auch folgt, daß unter gewissen Um ständen ein Goldabfluß von der Bank ins Inland sich mit dem Abfluß ins Ausland kombinieren kann. Eine weitere Komplikation kommt aber noch herein durch die diesem Schatz ganz willkürlich aufgeladene fernere Funktion, als Garantiefonds für Konvertibilität von Banknoten zu dienen, in Ländern, wo das Kreditsystem und das Kreditgeld entwickelt ist. Zu alledem kommt dann schließlich 1. die Konzentration des nationalen Reservefonds in einer einzigen Hauptbank, 2. seine Reduktion auf das möglichste Minimum. Daher auch die Klage Fullartons (p. 143):
»One cannot contemplate the perfect silence and facility with which variations of the exchange usually pass off in continental countries, compared with the state of feverish disquiet and alarm always produced in England whenever the treasure in the bank seems to be at all approaching to exhaustion, without being struck with the great advantage in this respect which a metallic currency possesses.«
Sehn wir nun aber ab vom Goldabfluß, wie kann dann eine Bank, die Banknoten ausgibt, also z.B. die Bank von England, den Betrag der von ihr geleisteten Geldakkommodation vermehren ohne Vermehrung ihrer Notenausgabe?
Alle Noten außerhalb der Mauern der Bank, ob sie zirkulieren oder in Privatschätzen schlummern, befinden sich, was die Bank selbst betrifft, in Zirkulation, d.h. außerhalb ihres Besitzes. Dehnt also die Bank ihre Diskontos und Lombardgeschäfte, die Vorschüsse auf securities aus, so müssen die dafür ausgegebnen Banknoten wieder zu ihr zurückfließen, denn sonst vergrößern sie den Betrag der Zirkulation, was eben nicht der Fall sein soll. Dieser Rückfluß kann auf doppelte Weise geschehn.
Erstens: Die Bank zahlt dem A Noten gegen Wertpapiere; A zahlt damit fällige Wechsel an B, und B deponiert die Noten wieder bei der Bank. Die Zirkulation dieser Noten ist damit zu Ende, aber die Anleihe bleibt.
(»The loan remains, and the currency, if not wanted, finds its way back to the issuer.« Fullarton, p. 97.)
Die Noten, die die Bank dem A vorschoß, sind jetzt zu ihr zurückgekehrt; dagegen ist sie Gläubigerin von A oder dem Bezogenen des von A diskontierten Wechsels, Schuldnerin von B für die in diesen Noten ausgedrückte Wertsumme, und B verfügt damit über einen entsprechenden Teil des Kapitals der Bank.
Zweitens: A zahlt an B, und B selbst oder C, an den er die Noten weiter fortzahlt, zahlt mit diesen Noten fällige Wechsel an die Bank, direkt oder indirekt. In diesem Fall wurde die Bank mit ihren eignen Noten bezahlt. Hiermit ist dann die Transaktion fertig (bis auf die Rückzahlung des A an die Bank).
Inwiefern ist nun der Vorschuß der Bank an A als Vorschuß von Kapital oder als bloßer Vorschuß von Zahlungsmitteln zu betrachten?92
〈Dies kommt auf die Natur des Vorschusses selbst an. Es sind dabei drei Fälle zu untersuchen.
Erster Fall. – A erhält von der Bank die Vorschußsummen auf seinen persönlichen Kredit hin, ohne irgendwelche Deckung dafür zu geben. In diesem Fall hat er nicht nur Zahlungsmittel vorgeschossen erhalten, sondern auch unbedingt ein neues Kapital, das er bis zur Rückzahlung in seinem Geschäft als Zusatzkapital verwenden und verwerten kann.
Zweiter Fall. – A hat der Bank Wertpapiere, Staatsschuldscheine oder Aktien, verpfändet und darauf Barvorschuß, sage bis zu zwei Dritteln des Tageswerts, erhalten. In diesem Fall hat er die Zahlungsmittel erhalten, die er brauchte, aber kein zusätzliches Kapital, denn er hat der Bank einen größeren Kapitalwert in die Hand gegeben, als er von ihr erhielt. Aber dieser größere Kapitalwert war einerseits für seine augenblicklichen Bedürfnisse – Zahlungsmittel – nicht verwendbar, weil er in einer bestimmten Form zinstragend angelegt war; andrerseits hatte A seine Gründe, ihn nicht durch Verkauf direkt in Zahlungsmittel zu verwandeln. Seine Wertpapiere hatten unter andern die Bestimmung, als Reservekapital zu fungieren, und als solche hat er sie in Funktion treten lassen. Es hat also zwischen A und der Bank eine zeitweilige, gegenseitige Kapitalübertragung stattgefunden, so daß A kein zusätzliches Kapital erhalten hat (im Gegenteil!), wohl aber die benötigten Zahlungsmittel. Dagegen für die Bank war das Geschäft eine zeitweilige Festlegung von Geldkapital in Form einer Anleihe, eine Verwandlung von Geldkapital aus einer Form in eine andre, und diese Verwandlung ist grade die wesentliche Funktion des Bankgeschäfts.
Dritter Fall. – A hat bei der Bank einen Wechsel diskontieren lassen und dafür, nach Abzug des Diskontos, den Betrag in bar erhalten. In diesem Fall hat er eine nicht flüssige Form von Geldkapital an die Bank verkauft gegen den Wertbetrag in flüssiger Form; den noch laufenden Wechsel gegen bares Geld. Der Wechsel ist jetzt Eigentum der Bank. Daran ändert es nichts, daß bei Mangel [an] Zahlung der letzte Indossent A der Bank für den Betrag haftet; diese Haftbarkeit teilt er mit den andern Indossenten und dem Aussteller, an die er seinerzeit Regreß hat. Hier liegt also gar kein Vorschuß vor, sondern ein ganz gewöhnlicher Kauf und Verkauf. A hat daher der Bank auch nichts zurückzuzahlen, sie deckt sich durch Einkassieren des Wechsels bei Verfall. Auch hier hat gegenseitige Kapitalübertragung zwischen A und der Bank stattgefunden, und zwar ganz wie beim Kauf und Verkauf jeder andern Ware, und ebendeshalb hat A kein zusätzliches Kapital erhalten. Was er brauchte und erhielt, waren Zahlungsmittel, und er erhielt sie dadurch, daß die Bank ihm die eine Form seines Geldkapitals – den Wechsel – in die andre – das Geld – verwandelte.
Von wirklichem Kapitalvorschuß kann also die Rede sein nur beim ersten Fall. Im zweiten und dritten Fall höchstens nur in dem Sinn, wie bei jeder Kapitalanlage man »Kapital vorschießt«. In diesem Sinn schießt die Bank dem A Geldkapital vor; aber für A ist es Geldkapital höchstens in dem Sinn, daß es ein Teil seines Kapitals überhaupt ist. Und er verlangt und gebraucht es nicht speziell als Kapital, sondern speziell als Zahlungsmittel. Sonst wäre auch jeder gewöhnliche Warenverkauf, wodurch man sich Zahlungsmittel verschafft, als ein empfangner Kapitalvorschuß anzusehn. – F. E.}
Bei der Privatbank mit Notenausgabe besteht der Unterschied, daß, falls ihre Noten weder in der Lokalzirkulation bleiben, noch ihr selbst zurückkehren in Form von Depositen oder für Zahlung fälliger Wechsel, diese Noten in die Hände von Leuten fallen, denen sie Gold oder Noten der Bank von England in Auswechslung derselben zahlen muß. So repräsentiert in diesem Fall der Vorschuß ihrer Noten in der Tat Vorschuß von Noten der Bank von England, oder was für sie dasselbe, von Gold, also einen Teil ihres Bankkapitals. Dasselbe gilt von dem Fall, wo die Bank von England selbst oder irgendeine andere Bank, die einem gesetzlichen Maximum der Notenausgabe unterworfen ist, Wertpapiere verkaufen muß, um ihre eignen Noten aus der Zirkulation zu ziehn und sie dann wieder in Vorschüssen auszugeben; hier repräsentieren ihre eignen Noten einen Teil ihres mobilisierten Bankkapitals.
Selbst wenn die Zirkulation rein metallisch wäre, könnte gleichzeitig 1. ein Goldabfluß 〈hier ist offenbar ein Goldabfluß gemeint, der wenigstens zum Teil ins Ausland geht, F. E.} die Schatzkammer leeren, und 2., da das Gold hauptsächlich von der Bank nur zur Saldierung von Zahlungen (Erledigung vergangner Transaktionen) verlangt würde, so könnte ihr Vorschuß auf Wertpapiere sehr wachsen, ihr aber in Form von Depositen zurückkehren oder in Rückzahlung fälliger Wechsel; so daß einerseits, bei Zunahme der Wertpapiere im Portefeuille der Bank, ihr Gesamtschatz abnähme, sie andrerseits dieselbe Summe, die sie früher als Eigentümerin hielt, jetzt als Schuldnerin ihrer Depositäre halten würde und endlich die Gesamtmasse des zirkulierenden Mediums abnähme.
Es ist bisher vorausgesetzt worden, daß die Vorschüsse in Noten gemacht werden, also wenigstens eine augenblickliche, wenn auch sofort wieder verschwindende Vermehrung der Notenausgabe mit sich führen. Dies ist aber nicht nötig. Statt der Papiernote kann die Bank dem A einen Buchkredit eröffnen, wo also dieser, ihr Schuldner, zum imaginären Depositor bei ihr wird. Er zahlt seine Gläubiger mit Schecks auf die Bank, und der Empfänger dieser Schecks zahlt sie weiter an seinen Bankier, der sie gegen die auf ihn laufenden Schecks im Clearing House austauscht. In diesem Fall findet gar keine Dazwischenkunft von Noten statt, und die ganze Transaktion beschränkt sich darauf, daß der Bank eine Forderung, die sie zu machen hat, mit einem Scheck auf sie selbst saldiert wird, und ihre wirkliche Rekompensation in der Kreditforderung auf A besteht. In diesem Falle hat sie ihm einen Teil ihres Bankkapitals, weil ihre eignen Schuldforderungen, vorgeschossen.
Soweit diese Nachfrage nach Geldakkommodation Nachfrage nach Kapital ist, ist sie dies nur für Geldkapital; Kapital vom Standpunkt des Bankiers aus, nämlich für Gold – bei Goldabfluß ins Ausland – oder Noten der Nationalbank, die für die Privatbank nur durch Kauf gegen ein Äquivalent erlangbar sind, für sie also Kapital vorstellen. Oder endlich handelte es sich um zinstragende Wertpapiere, Staatseffekten, Aktien etc., die verkauft werden müssen, um Gold oder Noten an sich zu ziehn. Diese aber, wenn Staatspapiere, sind Kapital bloß für den, der sie gekauft hat, dem sie also seinen Kaufpreis, sein in ihnen angelegtes Kapital repräsentieren; an sich sind sie kein Kapital, sondern bloße Schuldforderungen; wenn Hypotheken, sind sie bloße Anweisungen auf künftige Bodenrente, und wenn sonstige Aktien, bloße Eigentumstitel, die zur Empfangnahme von künftigem Mehrwert berechtigen. Alle diese Dinge sind kein wirkliches Kapital, bilden keine Bestandteile des Kapitals und sind auch an sich keine Werte. Es kann sich auch durch ähnliche Transaktionen Geld, das der Bank gehört, in Depositum verwandeln, so daß sie, statt Eigner Schuldner desselben wird, es unter andrem Besitztitel hält. So wichtig dies für sie selbst ist, so wenig ändert es an der Masse des im Lande vorrätigen Kapitals und selbst Geldkapitals. Kapital figuriert hier also nur als Geldkapital und, wenn nicht in wirklicher Geldform vorhanden, als bloßer Kapitaltitel. Es ist dies sehr wichtig, da Seltenheit von und dringende Nachfrage nach Bankkapital verwechselt wird mit einer Verringerung des wirklichen Kapitals, das in solchen Fällen im Gegenteil, in Form von Produktionsmitteln und Produkten, im Überfluß vorhanden ist und die Märkte erdrückt.
Es erklärt sich also sehr einfach, wie die Masse der von der Bank als Deckung gehaltnen Wertpapiere wachsen, also der zunehmende Andrang nach Geldakkommodation von der Bank befriedigt werden kann, bei gleichbleibender oder abnehmender Gesamtmasse der Umlaufsmittel. Und zwar wird diese Gesamtmasse in doppelter Weise in solchen Zeiten der Geldklemme in Schranken gehalten: 1. durch Goldabfluß; 2. durch Nachfrage nach Geld als bloßem Zahlungsmittel, wo die ausgegebnen Noten sogleich zurückfließen oder wo vermittelst Buchkredit die Transaktion ohne alle Ausgabe von Noten sich abwickelt; wo also eine bloße Kredittransaktion die Zahlungen vermittelt, deren Erledigung der einzige Zweck des Geschäfts war. Es ist das Eigentümliche des Geldes, daß, wo es bloß zur Saldierung von Zahlungen fungiert (und in Zeiten der Krise wird Vorschuß aufgenommen, um zu zahlen, nicht um zu kaufen; um vergangne Geschäfte abzuwickeln, nicht um neue einzuleiten), seine Zirkulation nur verschwindend ist, selbst soweit diese Saldierung nicht durch bloße Kreditoperation, ohne alle Dazwischenkunft von Geld stattfindet; daß also bei großem Andrang nach Geldakkommodation eine ungeheure Masse dieser Transaktionen stattfinden kann, ohne die Zirkulation zu erweitern. Die bloße Tatsache aber, daß die Zirkulation der Bank von England stabil bleibt oder selbst abnimmt, gleichzeitig mit starker, von ihr geleisteter Geldakkommodation, beweist prima facie keineswegs, wie Fullarton, Tooke u.a. (infolge ihres Irrtums, wonach Geldakkommodation einerlei sei mit Aufnahme von capital on loan, von Zusatzkapital) annehmen, daß die Zirkulation des Geldes (der Banknoten) in seiner Funktion als Zahlungsmittel nicht zunimmt und sich ausdehnt. Da die Zirkulation der Noten als Kaufmittel in Zeiten der Geschäftsstockung, wo solche starke Akkommodation erforderlich, abnimmt, kann ihre Zirkulation als Zahlungsmittel zunehmen und die Gesamtsumme der Zirkulation, die Summe der als Kaufmittel und als Zahlungsmittel fungierenden Noten, dennoch stabil bleiben oder selbst abnehmen. Die Zirkulation, als Zahlungsmittel, von Banknoten, die der ausgebenden Bank sofort zurückströmen, ist in den Augen jener Ökonomen eben keine Zirkulation.
Nähme die Zirkulation als Zahlungsmittel in höherem Grade zu, als die als Kaufmittel abnimmt, so würde die Gesamtzirkulation wachsen, obgleich das als Kaufmittel fungierende Geld der Masse nach bedeutend abgenommen hätte. Und dies tritt wirklich in gewissen Momenten der Krise ein, nämlich beim vollständigen Zusammenbruch des Kredits, wo nicht nur die Waren und Wertpapiere unverkaufbar, sondern auch die Wechsel undiskontierbar geworden sind und nichts mehr gilt als bare Zahlung oder wie der Kaufmann sagt: Kassa. Da Fullarton und andre nicht begreifen, daß die Zirkulation der Noten als Zahlungsmittel das Charakteristische solcher Zeiten der Geldnot ist, behandeln sie dies Phänomen als zufällig.
»With respect again to those examples of eager competition for the possession of banknotes, which characterise seasons of panic and which may sometimes, as at the close of 1825, lead to a sudden, though only temporary, enlargement of the issues, even while the efflux of bullion is still going on, these, I apprehend, are not to be regarded as among the natural or necessary concomitants of a low exchange; the demand in such cases is not for circulation« (sollte heißen Zirkulation als Kaufmittel) »but for hoarding, a demand on the part of alarmed bankers and capitalists which arises generally in the last act of the crisis« (also als Reserve für Zahlungsmittel) »after a long continuation of the drain, and is the precursor of its termination.« (Fullarton, p. 130.)
Es ist bereits bei Betrachtung des Geldes als Zahlungsmittel (Buch I, Kap. III, 3, b) auseinandergesetzt worden, wie bei einer heftigen Unterbrechung der Zahlungskette das Geld aus einer bloß idealen Form in dingliche und zugleich absolute Form des Werts, gegenüber den Waren, umschlägt. Einige Exempel davon wurden gegeben ebendaselbst, Note 100 und 101. Diese Unterbrechung selbst ist teils Wirkung, teils Ursache der Erschütterung des Kredits und der Umstände, die letztre begleiten: Überführung der Märkte, Entwertung der Waren, Unterbrechung der Produktion etc.
Klar aber ist, daß Fullarton den Unterschied zwischen Geld als Kaufmittel und Geld als Zahlungsmittel in den falschen Unterschied zwischen currency und Kapital verwandelt. Es liegt dabei aber wieder die engherzige Bankiervorstellung von Zirkulation zugrunde. –
Es könnte noch gefragt werden: Was fehlt denn in solchen Zeiten der Klemme, Kapital oder Geld in seiner Bestimmtheit als Zahlungsmittel? Und dies ist bekanntlich eine Kontroverse.
Zunächst, soweit die Klemme sich zeigt im Goldabfluß, ist es klar, daß das, was verlangt wird, das internationale Zahlungsmittel ist. Aber Geld, in seiner Bestimmtheit als internationales Zahlungsmittel, ist Gold in seiner metallischen Wirklichkeit, als selbst wertvolle Substanz, Wertmasse. Es ist zugleich Kapital, aber Kapital nicht als Warenkapital, sondern als Geldkapital, Kapital nicht in der Form der Ware, sondern in der Form des Geldes (und zwar des Geldes im eminenten Sinn des Worts, worin es existiert in der allgemeinen Weltmarktsware). Es liegt hier nicht ein Gegensatz vor zwischen der Nachfrage nach Geld als Zahlungsmittel und der Nachfrage nach Kapital. Der Gegensatz liegt zwischen dem Kapital in seiner Form als Geld und in seiner Form als Ware; und die Form, in der es hier verlangt wird und allein fungieren kann, ist seine Geldform.
Abgesehn von dieser Nachfrage nach Gold (oder Silber) kann nicht gesagt werden, daß in solchen Zeiten der Krise es in Irgendeiner Weise an Kapital mangelt. Unter außerordentlichen Umständen, wie Getreideteurung, Baumwollnot etc., kann dies der Fall sein; diese aber sind keineswegs notwendige oder regelmäßige Begleiter solcher Zeiten; und die Existenz eines solchen Mangels an Kapital kann daher nicht von vornherein daraus geschlossen werden, daß ein Andrang für Geldakkommodation besteht. Im Gegenteil. Die Märkte sind überführt, mit Warenkapital überschwemmt. Es ist also jedenfalls nicht Mangel an Warenkapital, das die Klemme verursacht. Wir kommen auf diese Frage später zurück.
29. Bestandteile des Bankkapitals
Es ist nun nötig, näher anzusehn, woraus das Bankkapital besteht.
Wir haben eben gesehn, daß Fullarton u.a. den Unterschied zwischen Geld als Zirkulationsmittel und Geld als Zahlungsmittel (auch als Weltgeld, soweit der Goldabfluß in Betracht kommt) verwandeln in einen Unterschied zwischen Zirkulation (currency) und Kapital.
Die sonderbare Rolle, die das Kapital hier spielt, bringt es mit sich, daß ebenso sorgfältig wie die aufgeklärte Ökonomie einzuprägen suchte, daß Geld nicht Kapital ist, ebenso sorgfältig diese Bankiersökonomie einprägt, daß in der Tat Geld das Kapital par excellence ist.
Bei den spätern Untersuchungen zeigen wir, daß hierbei aber Geldkapital verwechselt wird mit moneyed capital in dem Sinn des zinstragenden Kapitals, während im ersteren Sinn das Geldkapital stets nur eine Durchgangsform des Kapitals ist, als unterschieden von den andern Formen des Kapitals, dem Warenkapital und produktiven Kapital.
Das Bankkapital besteht 1. aus barem Geld, Gold oder Noten, 2. Wertpapieren. Diese können wir wieder in zwei Teile teilen: Handelspapiere, Wechsel, die schwebend sind, von Zeit zu Zeit verfallen und in deren Diskontierung das eigentliche Geschäft des Bankiers gemacht wird; und öffentliche Wertpapiere, wie Staatspapiere, Schatzscheine, Aktien aller Art, kurz zinstragende Papiere, die sich aber wesentlich von den Wechseln unterscheiden. Hierzu können auch Hypotheken gerechnet werden. Das aus diesen sachlichen Bestandteilen sich zusammensetzende Kapital scheidet sich wieder in das Anlagekapital des Bankiers selbst und in die Depositen, die sein banking capital oder geborgtes Kapital bilden. Bei den Banken mit Notenausgabe kommen noch die Noten hinzu. Die Depositen und Noten lassen wir zunächst außer acht. Soviel ist klar, daß es an den wirklichen Bestandteilen des Bankierkapitals – Geld, Wechsel, Depotpapiere – nichts ändert, ob diese verschiednen Elemente sein eignes Kapital repräsentieren oder Depositen, das Kapital andrer Leute. Dieselbe Einteilung bliebe, sowohl wenn er bloß mit eignem Kapital sein Geschäft betriebe, wie wenn bloß mit bei ihm deponierten Kapital.
Die Form des zinstragenden Kapitals bringt es mit sich, daß jede bestimmte und regelmäßige Geldrevenue als Zins eines Kapitals erscheint, sie mag aus einem Kapital entspringen oder nicht. Erst wird das Geldeinkommen in Zins verwandelt, und mit dem Zins findet sich dann auch das Kapital, woraus es entspringt. Ebenso erscheint mit dem zinstragenden Kapital jede Wertsumme als Kapital, sobald sie nicht als Revenue verausgabt wird; nämlich als Hauptsumme (principal) im Gegensatz zum möglichen oder wirklichen Zins, den sie tragen kann.
Die Sache ist einfach: Gesetzt, der Durchschnittszinsfuß sei 5% jährlich. Eine Summe von 500 Pfd. St. würde also jährlich, wenn in zinstragendes Kapital verwandelt, 25 Pfd. St. einbringen. Jede feste jährliche Einnahme von 25 Pfd. St. wird daher als Zins eines Kapitals von 500 Pfd. St. betrachtet. Dies ist und bleibt jedoch eine rein illusorische Vorstellung, außer in dem Fall, daß die Quelle der 25 Pfd. St., sei diese nun ein bloßer Eigentumstitel resp. Schuldforderung oder sei sie ein wirkliches Produktionselement, wie etwa ein Grundstück, direkt übertragbar ist oder eine Form erhält, worin sie übertragbar wird. Nehmen wir als Beispiele Staatsschuld und Arbeitslohn.
Der Staat hat seinen Gläubigern jährlich ein gewisses Quantum Zins für das geborgte Kapital zu zahlen. Der Gläubiger kann hier nicht seinem Schuldner aufkündigen, sondern nur die Forderung, seinen Besitztitel darüber, verkaufen. Das Kapital selbst ist aufgegessen, verausgabt vom Staat. Es existiert nicht mehr. Was der Staatsgläubiger besitzt, ist 1. ein Schuldschein auf den Staat, sage von 100 Pfd. St.; 2. gibt dieser Schuldschein ihm den Anspruch auf die jährlichen Staatseinnahmen, d.h. das jährliche Produkt der Steuern, für einen gewissen Betrag, sage 5 Pfd. St. oder 5%; 3. kann er diesen Schuldschein von 100 Pfd. St. beliebig an andre Personen verkaufen. Ist der Zinsfuß 5%, und dazu Sicherheit des Staats vorausgesetzt, so kann der Besitzer A den Schuldschein in der Regel zu 100 Pfd. St. an B verkaufen; denn für B ist es dasselbe, ob er 100 Pfd. St. zu 5% jährlich ausleiht, oder ob er durch Zahlung von 100 Pfd. St. sich einen jährlichen Tribut vom Staat zum Betrage von 5 Pfd. St. sichert. Aber in allen diesen Fällen bleibt das Kapital, als dessen Abkömmling (Zins) die Staatszahlung betrachtet wird, illusorisch, fiktives Kapital. Nicht nur, daß die Summe, die dem Staat geliehen wurde, überhaupt nicht mehr existiert. Sie war überhaupt nie bestimmt, als Kapital verausgabt, angelegt zu werden, und nur durch ihre Anlage als Kapital hätte sie in einen sich erhaltenden Wert verwandelt werden können. Für den Originalgläubiger A repräsentiert der ihm zufallende Teil der jährlichen Steuer Zins von seinem Kapital, wie dem Wucherer der ihm zufallende Teil des Vermögens des Verschwenders, obgleich in beiden Fällen die geliehene Geldsumme nicht als Kapital verausgabt ward. Die Möglichkeit, den Schuldschein auf den Staat zu verkaufen, repräsentiert für A den möglichen Rückfluß der Hauptsumme. Was den B angeht, so ist von seinem Privatstand punkt aus sein Kapital als zinstragendes Kapital angelegt. Der Sache nach ist er bloß an die Stelle von A getreten und hat dessen Schuldforderung auf den Staat gekauft. Diese Transaktionen mögen sich noch so sehr vervielfältigen, das Kapital der Staatsschuld bleibt ein rein fiktives, und von dem Moment an, wo die Schuldscheine unverkaufbar würden, fiele der Schein dieses Kapitals weg. Nichtsdestoweniger, wie wir gleich sehn werden, hat dies fiktive Kapital seine eigne Bewegung.
Im Gegensatz nun zum Kapital der Staatsschuld, wo ein Minus als Kapital erscheint – wie das zinstragende Kapital überhaupt die Mutter aller verrückten Formen ist, so daß z.B. Schulden in der Vorstellung des Bankiers als Waren erscheinen können –, wollen wir nun die Arbeitskraft betrachten. Der Arbeitslohn wird hier als Zins aufgefaßt und daher die Arbeitskraft als das Kapital, das diesen Zins abwirft. Ist z.B. der Arbeitslohn eines Jahrs = 50 Pfd. St. und steht der Zinsfuß auf 5%, so gilt die jährliche Arbeitskraft als gleich einem Kapital von 1000 Pfd. St. Die Verrücktheit der kapitalistischen Vorstellungsweise erreicht hier ihre Spitze, indem statt die Verwertung des Kapitals aus der Exploitation der Arbeitskraft zu erklären, umgekehrt die Produktivität der Arbeitskraft daraus erklärt wird, daß Arbeitskraft selbst dies mystische Ding, zinstragendes Kapital ist. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts (z.B. bei Petty) war dies eine Lieblingsvorstellung, die aber auch heutzutage in allem Ernst teils von Vulgärökonomen, teils und hauptsächlich von deutschen Statistikern gebraucht wird.93 Es treten hier leider zwei, diese gedankenlose Vorstellung unangenehm durchkreuzende Umstände ein, erstens, daß der Arbeiter arbeiten muß, um diesen Zins zu erhalten, und zweitens, daß er den Kapitalwert seiner Arbeitskraft nicht durch Übertragung versilbern kann. Vielmehr ist der jährliche Wert seiner Arbeitskraft gleich seinem jährlichen Durchschnittslohn, und was er ihrem Käufer durch seine Arbeit zu ersetzen hat, ist dieser Wert selbst plus dem Mehrwert, der Verwertung desselben. Im Sklavensystem hat der Arbeiter einen Kapitalwert, nämlich seinen Kaufpreis. Und wenn er vermietet wird, hat der Mieter erstens den Zins des Kaufpreises zu zahlen und obendrein den jährlichen Verschleiß des Kapitals zu ersetzen.
Die Bildung des fiktiven Kapitals nennt man kapitalisieren. Man kapitalisiert jede regelmäßig sich wiederholende Einnahme, indem man sie nach dem Durchschnittszinsfuß berechnet, als Ertrag, den ein Kapital, zu diesem Zinsfuß ausgeliehen, abwerfen würde; z.B. wenn die jährliche Einnahme = 100 Pfd. St. und der Zinsfuß = 5%, so wären die 100 Pfd. St. der jährliche Zins von 2000 Pfd. St., und diese 2000 Pfd. St. gelten nun als der Kapitalwert des juristischen Eigentumstitels auf die 100 Pfd. St. jährlich. Für den, der diesen Eigentumstitel kauft, stellen die 100 Pfd. St. jährliche Einnahme dann in der Tat die Verzinsung seines angelegten Kapitals zu 5% vor. Aller Zusammenhang mit dem wirklichen Verwertungsprozeß des Kapitals geht so bis auf die letzte Spur verloren, und die Vorstellung vom Kapital als einem sich durch sich selbst verwertenden Automaten befestigt sich.
Auch da, wo der Schuldschein – das Wertpapier – nicht wie bei den Staatsschulden rein illusorisches Kapital vorstellt, ist der Kapitalwert dieses Papiers rein illusorisch. Man hat vorhin gesehn, wie das Kreditwesen assoziiertes Kapital erzeugt. Die Papiere gelten als Eigentumstitel, die dies Kapital vorstellen. Die Aktien von Eisenbahn-, Bergwerks-, Schiffahrts-etc. Gesellschaften stellen wirkliches Kapital vor, nämlich das in diesen Unternehmungen angelegte und fungierende Kapital oder die Geldsumme, welche von den Teilhabern vorgeschossen ist, um als Kapital in solchen Unternehmungen verausgabt zu werden. Wobei keineswegs ausgeschlossen ist, daß sie auch bloßen Schwindel vorstellen. Aber dies Kapital existiert nicht doppelt, einmal als Kapitalwert der Eigentumstitel, der Aktien, und das andre Mal als das in jenen Unternehmungen wirklich angelegte oder anzulegende Kapital. Es existiert nur in jener letztern Form, und die Aktie ist nichts als ein Eigentumstitel, pro rata, auf den durch jenes zu realisierenden Mehrwert. A mag diesen Titel an B, und B ihn an C verkaufen. Diese Transaktionen ändern nichts an der Natur der Sache. A oder B hat dann seinen Titel in Kapital, aber C sein Kapital in einen bloßen Eigentumstitel auf den von dem Aktienkapital zu erwartenden Mehrwert verwandelt.
Die selbständige Bewegung des Werts dieser Eigentumstitel, nicht nur der Staatseffekten, sondern auch der Aktien, bestätigt den Schein, als bildeten sie wirkliches Kapital neben dem Kapital oder dem Anspruch, worauf sie möglicherweise Titel sind. Sie werden nämlich zu Waren, deren Preis eine eigentümliche Bewegung und Festsetzung hat. Ihr Marktwert erhält eine von ihrem Nominalwert verschiedne Bestimmung, ohne daß sich der Wert (wenn auch die Verwertung) des wirklichen Kapitals änderte. Einerseits schwankt ihr Marktwert mit der Höhe und Sicherheit der Erträge, worauf sie Rechtstitel geben. Ist der Nominalwert einer Aktie, d.h. die eingeschoßne Summe, die die Aktie ursprünglich repräsentiert, 100 Pfd. St. und wirft das Unternehmen statt 5% 10% ab, so steigt ihr Marktwert bei sonst gleichbleibenden Umständen und bei einem Zinsfuß von 5% auf 200 Pfd. St., denn zu 5% kapitalisiert, stellt sie jetzt ein fiktives Kapital von 200 Pfd. St. vor. Wer sie zu 200 Pfd. St. kauft, erhält 5 % Revenue von dieser Kapitalanlage. Umgekehrt, wenn der Ertrag der Unternehmung abnimmt. Der Marktwert dieser Papiere ist zum Teil spekulativ, da er nicht nur durch die wirkliche Einnahme, sondern durch die erwartete, vorweg berechnete bestimmt ist. Aber die Verwertung des wirklichen Kapitals als konstant vorausgesetzt, oder wo kein Kapital existiert, wie bei den Staatsschulden, den jährlichen Ertrag als gesetzlich fixiert und auch sonst hinreichend sicher vorausgesetzt, steigt und fällt der Preis dieser Wertpapiere umgekehrt wie der Zinsfuß. Steigt der Zinsfuß von 5 auf 10%, so stellt ein Wertpapier, das einen Ertrag von 5 Pfd. St. sichert, nur noch ein Kapital von 50 Pfd. St. vor. Fällt der Zinsfuß auf 2 1/2%, so stellt dasselbe Wertpapier ein Kapital von 200 Pfd. St. vor. Sein Wert ist stets nur der kapitalisierte Ertrag, d.h. der Ertrag, berechnet auf ein illusorisches Kapital nach dem bestehenden Zinsfuß. In Zeiten einer Klemme im Geldmarkt werden diese Wertpapiere also doppelt im Preise fallen; erstens, weil der Zinsfuß steigt, und zweitens, weil sie massenhaft auf den Markt geworfen werden, um sie in Geld zu realisieren. Dieser Preisfall findet statt unabhängig davon, ob der Ertrag, den diese Papiere ihrem Besitzer sichern, konstant ist, wie bei den Staatseffekten, oder ob die Verwertung des wirklichen Kapitals, das sie repräsentieren, wie bei industriellen Unternehmungen, möglicherweise durch die Störung des Reproduktionsprozesses mit betroffen wird. Im letztern Fall tritt nur zu der erwähnten Entwertung noch eine weitere hinzu. Sobald der Sturm vorüber ist, steigen diese Papiere wieder auf ihre frühere Höhe, soweit sie nicht verunglückte oder Schwindelunternehmungen vorstellen. Ihre Depreziation in der Krise wirkt als kräftiges Mittel zur Zentralisation des Geldvermögens.94
Soweit die Entwertung oder Wertsteigerung dieser Papiere unabhängig ist von der Wertbewegung des wirklichen Kapitals, das sie repräsentieren, ist der Reichtum einer Nation gerade so groß vor wie nach der Entwertung oder Wertsteigerung.
»Am 23. Oktober 1847 waren die öffentlichen Fonds und die Kanal- und Eisenbahnaktien bereits entwertet um 114752225 Pfd. St.« (Morris, Gouverneur der Bank von England, Aussage im Bericht über »Commercial Distress«, 1847/48 [Nr. 3800].)
Soweit ihre Entwertung nicht wirklichen Stillstand der Produktion und des Verkehrs auf Eisenbahnen und Kanälen oder Aufgeben von angefangnen Unternehmungen ausdrückte oder Wegwerfen von Kapital in positiv wertlosen Unternehmungen, wurde die Nation um keinen Heller ärmer durch das Zerplatzen dieser Seifenblasen von nominellem Geldkapital.
Alle diese Papiere stellen in der Tat nichts vor als akkumulierte Ansprüche, Rechtstitel, auf künftige Produktion, deren Geld- oder Kapitalwert entweder gar kein Kapital repräsentiert, wie bei den Staatsschulden, oder von dem Wert des wirklichen Kapitals, das sie vorstellen, unabhängig reguliert wird.
In allen Ländern kapitalistischer Produktion existiert eine ungeheure Masse des sog. zinstragenden Kapitals oder moneyed capital in dieser Form. Und unter Akkumulation des Geldkapitals ist zum großen Teil nichts zu verstehn als Akkumulation dieser Ansprüche auf die Produktion, Akkumulation des Marktpreises, des illusorischen Kapitalwerts dieser Ansprüche.
Ein Teil des Bankierkapitals ist nun angelegt in diesen sog. zinstragenden Papieren. Es ist dies selbst ein Teil des Reservekapitals, das nicht im wirklichen Bankgeschäft fungiert. Der bedeutendste Teil besteht aus Wechseln, d.h. Zahlungsversprechen von industriellen Kapitalisten oder Kaufleuten. Für den Geldverleiher sind diese Wechsel zinstragende Papiere; d.h. wenn er sie kauft, zieht er den Zins ab für die Zeit, die sie noch zu laufen haben. Dies ist, was man diskontieren nennt. Es hängt also vom jedesmaligen Zinsfuß ab, wie groß der Abzug ist von der Summe, die der Wechsel vorstellt. –
Der letzte Teil des Kapitals des Bankiers endlich besteht aus seiner Geldreserve von Gold oder Noten. Die Depositen, wenn nicht für längre Zeit kontraktlich ausbedungen, stehn stets zur Verfügung der Depositoren. Sie befinden sich in beständiger Fluktuation. Aber, wenn von den einen entzogen, werden sie von den andern ersetzt, so daß der allgemeine Durchschnittsbetrag in Zeiten normalen Geschäftsverlaufs wenig schwankt.
Die Reservefonds der Banken, in Ländern entwickelter kapitalistischer Produktion, drücken immer im Durchschnitt die Größe des als Schatz vorhandnen Geldes aus, und ein Teil dieses Schatzes besteht selbst wieder aus Papier, bloßen Anweisungen auf Gold, die aber keine Selbstwerte sind. Der größte Teil des Bankierkapitals ist daher rein fiktiv und besteht aus Schuldforderungen (Wechseln), Staatspapieren (die vergangnes Kapital repräsentieren) und Aktien (Anweisungen auf künftigen Ertrag). Wobei nicht vergessen werden muß, daß der Geldwert des Kapitals, den diese Papiere in den Panzerschränken des Bankiers vorstellen, selbst soweit sie Anweisungen auf sichre Erträge (wie bei den Staatspapieren) oder soweit sie Eigentumstitel auf wirkliches Kapital (wie bei den Aktien), durchaus fiktiv ist und von dem Wert des wirklichen Kapitals, das sie wenigstens teilweise vorstellen, abweichend reguliert wird; oder wo sie bloße Forderung auf Erträge vorstellen und kein Kapital, die Forderung auf denselben Ertrag in beständig wechselndem fiktivem Geldkapital sich ausdrückt. Außerdem kommt noch hinzu, daß dies fiktive Bankierkapital großenteils nicht sein Kapital, sondern das des Publikums vorstellt, das bei ihm deponiert, sei es mit, sei es ohne Zinsen.
Die Depositen werden immer in Geld gemacht, in Gold oder Noten, oder in Anweisungen darauf. Mit Ausnahme des Reservefonds, der je nach dem Bedürfnis der wirklichen Zirkulation sich zusammenzieht oder ausdehnt, befinden sich diese Depositen in Wirklichkeit stets in der Hand einerseits der industriellen Kapitalisten und Kaufleute, deren Wechsel damit diskontiert und denen Vorschüsse damit gemacht werden; andrerseits in der Hand der Händler in Wertpapieren (Börsenmakler) oder in der Hand von Privaten, die ihre Wertpapiere verkauft haben, oder in der Hand der Regierung (bei Schatzscheinen und neuen Anleihen). Die Depositen selbst spielen eine doppelte Rolle. Einerseits werden sie, wie eben erwähnt, als zinstragendes Kapital ausgeliehen und finden sich also nicht in den Kassen der Banken, sondern figurieren nur in ihren Büchern als Guthaben der Depositoren. Andrerseits fungieren sie als solche bloße Buchposten, soweit die wechselseitigen Guthaben der Depositoren durch Schecks auf ihre Depositen sich ausgleichen und gegeneinander abgeschrieben werden; wobei es ganz gleichgültig ist, ob die Depositen bei demselben Bankier liegen, so daß dieser die verschiednen Konti gegeneinander abschreibt, oder ob dies durch verschiedne Banken geschieht, die ihre Schecks gegeneinander austauschen und sich nur die Differenzen zahlen.
Mit der Entwicklung des zinstragenden Kapitals und des Kreditsystems scheint sich alles Kapital zu verdoppeln und stellenweis zu verdreifachen durch die verschiedne Weise, worin dasselbe Kapital oder auch nur dieselbe Schuldforderung in verschiednen Händen unter verschiednen Formen erscheint.95 Der größte Teil dieses »Geldkapitals« ist rein fiktiv. Die sämtlichen Depositen, mit Ausnahme des Reservefonds, sind nichts als Guthaben an den Bankier, die aber nie im Depositum existieren. Soweit sie zum Girogeschäft dienen, fungieren sie als Kapital für die Bankiers, nachdem diese sie ausgeliehen haben. Sie zahlen sich untereinander die wechselseitigen Anweisungen auf die nichtexistierenden Depositen durch Abrechnung dieser Guthaben gegeneinander.
A. Smith sagt mit Bezug auf die Rolle, die das Kapital im Geldverleihen spielt:
»Selbst im Geldgeschäft ist jedoch das Geld gleichsam nur die Anweisung, die die Kapitale, für die ihre Eigentümer keine Verwendung haben, aus einer Hand in die andre überträgt. Diese Kapitale können fast beliebig größer sein als der Geldbetrag, der als Werkzeug ihrer Übertragung dient; dieselben Geldstücke dienen nacheinander bei vielen verschiednen Anleihen, ebensogut wie bei vielen verschiednen Einkäufen. Z.B. A leiht an W 1000 Pfd. St., womit W sofort von B für 1000 Pfd. St. Waren kauft. Da B selbst keine Verwendung für das Geld hat, leiht er die identischen Geldstücke an X, womit X sogleich von C wieder für 1000 Pfd. St. Waren kauft. In derselben Weise und aus demselben Grund verleiht C das Geld an Y, der wieder Waren damit von D kauft. So können dieselben Stücke Gold oder Papier im Lauf weniger Tage zur Vermittlung von drei verschiednen Anleihen und von drei verschiednen Einkäufen dienen, deren jeder dem Wert nach gleich ist dem ganzen Betrag dieser Stücke. Was die drei Geldleute A, B und C den drei Borgern W, X und Y überwiesen haben, ist die Macht, diese Einkäufe zu machen. In dieser Macht besteht sowohl der Wert wie der Nutzen dieser Anleihen. Das von den drei Geldleuten geliehene Kapital ist gleich dem Wert der Waren, die damit gekauft werden können, und ist dreimal größer als der Wert des Geldes, womit die Käufe gemacht werden. Trotzdem können alle diese Anleihen vollkommen sicher sein, da die damit von den verschiednen Schuldnern gekauften Waren so angewandt werden, daß sie ihrer Zeit einen gleichen Wert von Gold- oder Papiergeld, samt einem Profit, heimbringen. Und wie dieselben Geldstücke zur Vermittlung verschiedner Anleihen bis zu ihrem dreifachen oder selbst ihrem dreißigfachen Wert dienen können, ebensogut können sie nacheinander wieder als Mittel der Rückzahlung dienen.« (Book II. chap. IV.)
Da dasselbe Geldstück verschiedne Einkäufe, je nach der Geschwindigkeit seiner Zirkulation, verrichten kann, so kann es ebensogut verschiedne Anleihen vollziehn, denn die Einkäufe bringen es aus einer Hand in die andre, und die Anleihe ist nur eine Übertragung von einer Hand in die andre, die durch keinen Kauf vermittelt ist. Jedem der Verkäufer stellt das Geld die verwandelte Form seiner Ware vor; heutzutage, wo jeder Wert als Kapitalwert ausgedrückt wird, stellt es in den verschiednen Anleihen der Reihe nach verschiedne Kapitale vor, was nur andrer Ausdruck für den frühern Satz, daß es verschiedne Warenwerte der Reihe nach realisieren kann. Zugleich dient es als Zirkulationsmittel, um die sachlichen Kapitale aus einer Hand in die andre zu befördern. Im Anleihen geht es nicht als Zirkulationsmittel aus der einen Hand in die andre über. Solange es in der Hand des Verleihers bleibt, ist es in seiner Hand nicht Zirkulationsmittel, sondern Wertdasein seines Kapitals. Und in dieser Form überträgt er es im Anleihen an einen Dritten. Hätte A das Geld an B, und B es an C geliehen, ohne die Vermittlung der Einkäufe, so würde dasselbe Geld nicht drei Kapitale, sondern nur eins vorstellen, nur einen Kapitalwert. Wie viele Kapitale es wirklich vorstellt, hängt davon ab, wie oft es als die Wertform verschiedner Warenkapitale fungiert.
Dasselbe was A. Smith von den Anleihen überhaupt sagt, gilt von den Depositen, die ja nur ein besondrer Name für die Anleihen sind, die das Publikum den Bankiers macht. Dieselben Geldstücke können als Instrument für eine beliebige Anzahl von Depositen dienen.
»Es ist unstreitig wahr, daß die 1000 Pfd. St., die jemand heute bei A deponiert, morgen wieder ausgegeben werden und ein Depositum bei B bilden. Den Tag nachher, weggezahlt durch B, können sie ein Depositum bei C bilden, und so fort ins Unendliche. Dieselben 1000 Pfd. St. in Geld können daher, durch eine Reihe von Übertragungen, sich zu einer absolut unbestimmbaren Summe von Depositen vervielfältigen. Es ist daher möglich, daß 9/10 aller Depositen im Vereinigten Königreich keine Existenz haben außer den sie belegenden Buchposten in den Büchern der Bankiers, die ihrerseits darüber abzurechnen haben... So z.B. in Schottland, wo der Geldumlauf nie über 3 Millionen Pfd. St. war, die Depositen aber 27 Millionen. Entstünde nun nicht ein allgemeiner Ansturm auf die Banken wegen der Depositen, so könnten dieselben 1000 Pfd. St., ihren Weg rückwärts verfolgend, mit derselben Leichtigkeit eine ebenso unbestimmbare Summe wieder ausgleichen. Da dieselben l000 Pfd. St., womit jemand heute eine Schuld an einen Händler ausgleicht, morgen dessen Schuld an den Kaufmann ausgleichen können, den Tag darauf die Schuld des Kaufmanns an die Bank, und so fort ohne Ende; so können dieselben 1000 Pfd. St. von Hand zu Hand und von Bank zu Bank wandern und jede nur erdenkliche Summe von Depositen ausgleichen.« (»The Currency Theory Reviewed«, p. 62, 63.)
Wie alles in diesem Kreditsystem sich verdoppelt und verdreifacht und in bloßes Hirngespinst sich verwandelt, so gilt das auch vom »Reservefonds«, wo man endlich glaubt, etwas Solides zu packen.
Hören wir wieder Herrn Morris, den Gouverneur der Bank von England:
»Die Reserven der Privatbanken sind in den Händen der Bank von England in Form von Depositen. Die erste Wirkung eines Goldabflusses scheint nur die Bank von England zu treffen; aber er würde ebensogut auf die Reserven der andern Banken einwirken, da es der Abfluß eines Teils der Reserve ist, die sie in unsrer Bank haben. Geradeso würde er wirken auf die Reserven aller Provinzialbanken.« (»Commercial Distress«, 1847/48 [Nr. 3639, 3642].)
Schließlich lösen sich also die Reservefonds in Wirklichkeit auf in den Reservefonds der Bank von England.96 Aber auch dieser Reservefonds hat wieder Doppelexistenz. Der Reservefonds des banking department ist gleich dem Überschuß der Noten, die die Bank berechtigt ist auszugeben, über die in Zirkulation befindlichen Noten. Das gesetzliche Maximum der auszugebenden Noten ist = 14 Millionen (wofür keine Metallreserve erheischt; es ist der ungefähre Betrag der Schuld des Staats an die Bank) plus dem Betrag des Edelmetallvorrats der Bank. Wenn also dieser Vorrat = 14 Millionen Pfd. St., so kann die Bank 28 Millionen Pfd. St. in Noten ausgeben, und wenn davon 20 Millionen zirkulieren, so ist der Reservefonds des banking department = 8 Millionen. Diese 8 Millionen Noten sind dann gesetzlich das Bankierkapital, worüber die Bank zu verfügen hat, und zugleich der Reservefonds für ihre Depositen. Tritt nun ein Goldabfluß ein, der den Metallvorrat um 6 Millionen vermindert – wofür ebensoviel Noten vernichtet werden müssen –, so würde die Reserve des banking department von 8 auf 2 Millionen fallen. Einerseits würde die Bank ihren Zinsfuß sehr erhöhen; andrerseits würden die Banken, die bei ihr deponiert haben, und die andren Depositoren den Reservefonds für ihre eignen Guthaben bei der Bank sehr abnehmen sehn. 1857 drohten die vier größten Aktienbanken von London, wenn die Bank von England nicht einen »Regie rungsbrief« zur Suspension des Bankakts von 1844 erwirke97 ihre Depositen einzufordern, womit das banking department bankrott gewesen wäre. So kann das banking department fallieren, wie 1847, während beliebige Millionen (z.B. 1847 8 Millionen) in issue department liegen, als Garantie für die Konvertibilität der zirkulierenden Noten. Dies ist aber wieder illusorisch.
»Der große Teil der Depositen, wofür die Bankiers selbst keine unmittelbare Nachfrage haben, geht in die Hände der bill-brokers« (buchstäblich Wechselmakler, der Sache nach halbe Bankiers), »die dem Bankier dagegen als Sicherheit für seinen Vorschuß Handelswechsel geben, die sie schon für Leute in London und der Provinz diskontiert haben. Der bill-broker ist dem Bankier verantwortlich für die Rückzahlung dieses money at call« 〈Geld, das auf Verlangen sofort rückzahlbar ist}; »und diese Geschäfte sind von so gewaltigem Umfang, daß Herr Neave, der gegenwärtige Gouverneur der Bank« 〈von England,} »in seiner Zeugenaussage sagt: ›Wir wissen, daß ein broker 5 Millionen hatte, und wir haben Grund anzunehmen, daß ein andrer zwischen 8 und 10 Millionen hatte; einer hatte 4, ein andrer 3 1/2, ein dritter mehr als 8. Ich spreche von Depositen bei den brokers.‹«(»Report of Committee on Bank Acts«, 1857/58, p. V, Absatz Nr. 8.)
»Die Londoner bill-brokers... führten ihr enormes Geschäft ohne irgendwelche Reserve in bar; sie verließen sich auf die Eingänge von ihren nach und nach verfallenden Wechseln oder im Notfall auf ihre Macht, Vorschüsse von der Bank von England gegen Depot der von ihnen diskontierten Wechsel zu erhalten.« [ibidem, p. VIII, Absatz Nr. 17.] – »Zwei Firmen von bill-brokers in London stellten ihre Zahlungen 1847 ein; beide nahmen das Geschäft später wieder auf. 1857 suspendierten sie wieder. Die Passiva des einen Hauses waren 1847 in runder Zahl 2683000 Pfd. St. bei einem Kapital von 180000 Pfd. St.; seine Passiva waren 1857 = 5300000 Pfd. St., während das Kapital wahrscheinlich nicht mehr als ein Viertel betrug von dem, was es 1847 gewesen. Die Passiva der andern Firma waren beidemal zwischen 3 und 4 Millionen, bei einem Kapital von nicht mehr als 45000 Pfd. St.« (ibidem, p. XXI, Absatz Nr. 52.)
30. Geldkapital und wirkliches Kapital I
Die einzig schwierigen Fragen, denen wir uns jetzt mit Beziehung auf das Kreditwesen nähern, sind folgende:
Erstens: Die Akkumulation des eigentlichen Geldkapitals. Wieweit und wieweit nicht ist sie Anzeichen von wirklicher Akkumulation des Kapitals, d.h. von Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter? Die sog. Plethora des Kapitals, ein Ausdruck, der immer nur vom zinstragenden, i.e. Geldkapital gebraucht wird, ist sie nur eine besondre Manier, die industrielle Überproduktion auszudrücken, oder bildet sie ein besondres Phänomen neben ihr? Fällt diese Plethora, dies Überangebot von Geldkapital, zusammen mit Vorhandensein stagnanter Geldmassen (Barren, Goldgeld und Banknoten), so daß dieser Überfluß an wirklichem Geld Ausdruck und Erscheinungsform jener Plethora von Leihkapital ist?
Und zweitens: Wieweit drückt Geldklemme, d.h. Mangel an Leihkapital, einen Mangel an wirklichem Kapital (Warenkapital und produktivem Kapital) aus? Wieweit fällt sie andrerseits zusammen mit Mangel an Geld als solchem, Mangel an Zirkulationsmitteln?
Soweit wir die eigentümliche Form der Akkumulation des Geldkapitals und Geldvermögens überhaupt bis jetzt betrachtet haben, hat sie sich aufgelöst in Akkumulation von Ansprüchen des Eigentums auf die Arbeit. Die Akkumulation des Kapitals der Staatsschuld heißt, wie sich gezeigt hat, weiter nichts als Vermehrung einer Klasse von Staatsgläubigern, die gewisse Summen auf den Betrag der Steuern für sich vorwegzunehmen berechtigt sind.98 In diesen Tatsachen, daß sogar eine Akkumulation von Schulden als Akkumulation von Kapital erscheinen kann, zeigt sich die Vollendung der Verdrehung, die im Kreditsystem stattfindet. Diese Schuldscheine, die für das ursprünglich geliehene und längst verausgabte Kapital ausgestellt sind, diese papiernen Duplikate von vernichtetem Kapital fungieren für ihre Besitzer soweit als Kapital, als sie verkaufbare Waren sind, und daher in Kapital rückverwandelt werden können.
Die Eigentumstitel auf Gesellschaftsgeschäfte, Eisenbahnen, Bergwerke etc. sind, wie wir ebenfalls gesehn haben, zwar in der Tat Titel auf wirkliches Kapital. Indes geben sie keine Verfügung über dies Kapital. Es kann nicht entzogen werden. Sie geben nur Rechtsansprüche auf einen Teil des von demselben zu erwerbenden Mehrwerts. Aber diese Titel werden ebenfalls papierne Duplikate des wirklichen Kapitals, wie wenn der Ladungsschein einen Wert erhielte neben der Ladung und gleichzeitig mit ihr. Sie werden zu nominellen Repräsentanten nichtexistierender Kapitale. Denn das wirkliche Kapital existiert daneben und ändert durchaus nicht die Hand dadurch, daß diese Duplikate die Hände wechseln. Sie werden zu Formen des zinstragenden Kapitals, weil sie nicht nur gewisse Erträge sichern, sondern auch, weil durch Verkauf ihre Rückzahlung als Kapitalwerte erhalten werden kann. Soweit die Akkumulation dieser Papiere die Akkumulation von Eisenbahnen, Bergwerken, Dampfschiffen etc. ausdrückt, drückt sie Erweiterung des wirklichen Reproduktionsprozesses aus, ganz wie die Erweiterung einer Steuerliste z.B. auf Mobilareigentum die Expansion dieses Mobilars anzeigt. Aber als Duplikate, die selbst als Waren verhandelbar sind und daher selbst als Kapitalwerte zirkulieren, sind sie illusorisch, und ihr Wertbetrag kann fallen und steigen ganz unabhängig von der Wertbewegung des wirklichen Kapitals, auf das sie Titel sind. Ihr Wertbetrag, d.h. ihre Kursnotierung an der Börse, hat mit dem Fallen des Zinsfußes, soweit dies, unabhängig von den eigentümlichen Bewegungen des Geldkapitals, einfache Folge des tendenziellen Falles der Profitrate ist, notwendig die Tendenz zu steigen, so daß dieser imaginäre Reichtum, dem Wertausdruck nach für jeden seiner aliquoten Teile von bestimmtem ursprünglichem Nominalwert, sich schon aus diesem Grunde im Entwicklungsgang der kapitalistischen Produktion expandiert.99
Gewinnen und Verlieren durch Preisschwankungen dieser Eigentumstitel sowie deren Zentralisation in den Händen von Eisenbahnkönigen usw. wird der Natur der Sache nach mehr und mehr Resultat des Spiels, das an der Stelle der Arbeit als die ursprüngliche Erwerbsart von Kapitaleigentum erscheint und auch an die Stelle der direkten Gewalt tritt. Diese Sorte imaginären Geldvermögens bildet nicht nur einen sehr bedeutenden Teil des Geldvermögens der Privaten, sondern auch des Bankierkapitals, wie schon erwähnt.
Man könnte – wir erwähnen es nur, um es rasch zu erledigen – unter Akkumulation des Geldkapitals auch verstehn die Akkumulation des Reichtums in der Hand von Bankiers (Geldverleihern von Profession) als der Vermittler zwischen den Privatgeldkapitalisten hier, und dem Staat, den Gemeinden und den reproduzierenden Borgern dort; indem die ganze ungeheure Ausdehnung des Kreditsystems, überhaupt der gesamte Kredit, von ihnen als ihr Privatkapital exploitiert wird. Diese Burschen besitzen das Kapital und die Einnahme stets in Geldform oder in direkten Forderungen auf Geld. Die Akkumulation des Vermögens dieser Klasse kann vor sich gehn in sehr verschiedner Richtung mit der wirklichen Akkumulation, beweist aber jedenfalls, daß diese Klasse einen guten Teil von dieser letzteren einsteckt.
Um die vorliegende Frage auf engere Grenzen zurückzuführen: Staatseffekten wie Aktien und andere Wertpapiere aller Art sind Anlagesphären für verleihbares Kapital, für Kapital, das bestimmt ist, zinstragend zu werden. Sie sind Formen, es auszuleihen. Aber sie sind nicht selbst das Leihkapital, das in ihnen angelegt wird. Andrerseits, soweit der Kredit direkte Rolle im Reproduktionsprozeß spielt: Was der Industrielle oder Kaufmann braucht, wenn er Wechsel diskontiert haben oder eine Anleihe aufnehmen will, sind weder Aktien noch Staatspapiere. Was er braucht, ist Geld. Er versetzt oder verkauft also jene Wertpapiere, wenn er das Geld sich anders nicht beschaffen kann. Es ist die Akkumulation dieses Leihkapitals, von der wir hier zu handeln haben, und zwar speziell von der des leihbaren Geldkapitals. Es handelt sich hier nicht um Anleihen von Häusern, Maschinen oder andrem fixen Kapital. Es handelt sich auch nicht um die Vorschüsse, die sich Industrielle und Kaufleute untereinander in Waren und innerhalb des Zirkels des Reproduktionsprozesses machen; obgleich wir auch diesen Punkt vorher noch näher untersuchen müssen; es handelt sich ausschließlich um die Geldanleihen, die durch die Bankiers, als Vermittler, den Industriellen und Kaufleuten gemacht werden.
Analysieren wir also zunächst den kommerziellen Kredit, d.h. den Kredit, den die in der Reproduktion beschäftigten Kapitalisten einander geben. Er bildet die Basis des Kreditsystems. Sein Repräsentant ist der Wechsel, Schuldschein mit bestimmtem Zahlungstermin, document of deferred payment. Jeder gibt Kredit mit der einen Hand und empfängt Kredit mit der andern. Sehn wir zunächst ganz ab vom Bankierkredit, der ein ganz andres, wesentlich verschiednes Moment bildet. Soweit diese Wechsel unter den Kaufleuten selbst wieder als Zahlungsmittel zirkulieren, durch Endossement von einem auf den andern, wo aber der Diskonto nicht dazwischenkommt, ist es nichts als eine Übertragung der Schuldforderung von A auf B und ändert absolut nichts am Zusammenhang. Es setzt nur eine Person an die Stelle einer andern. Und selbst in diesem Fall kann die Liquidation ohne Dazwischenkunft von Geld stattfinden. Der Spinner A z.B. hat einen Wechsel zu zahlen an den Baumwollmakler B, dieser an den Importeur C. Wenn C nun ebenfalls Garn exportiert, was oft genug vorkommt, so kann er Garn von A gegen Wechsel kaufen und der Spinner A den Makler B mit dessen eignem, von C in Zahlung erhaltnen Wechsel decken, wobei höchstens ein Saldo in Geld zu zahlen ist. Die ganze Transaktion vermittelt dann nur den Austausch von Baumwolle und Garn. Der Exporteur repräsentiert nur den Spinner, der Baumwollmakler den Baumwollpflanzer.
Es ist nun bei dem Kreislauf dieses rein kommerziellen Kredits zweierlei zu bemerken:
Erstens: Die Saldierung dieser wechselseitigen Schuldforderungen hängt ab vom Rückfluß des Kapitals; d.h. von W – G, das nur vertagt ist. Wenn der Spinner einen Wechsel vom Kattunfabrikanten erhalten hat, so kann der Kattunfabrikant zahlen, wenn der Kattun, den er auf dem Markt hat, in der Zwischenzeit verkauft ist. Hat der Kornspekulant einen Wechsel auf seinen Faktor gegeben, so kann der Faktor das Geld zahlen, wenn unterdes das Korn zum erwarteten Preise verkauft ist. Es hängen also diese Zahlungen ab von der Flüssigkeit der Reproduktion, d.h. des Produktions- und Konsumtionsprozesses. Da die Kredite aber wechselseitig sind, hängt die Zahlungsfähigkeit eines jeden zugleich ab von der Zahlungsfähigkeit eines andern; denn beim Ausstellen seines Wechsels kann jener entweder auf den Rückfluß des Kapitals in seinem eignen Geschäft oder auf Rückfluß im Geschäft eines Dritten gerechnet haben, der ihm in der Zwischenzeit einen Wechsel zu zahlen hat. Abgesehn von der Aussicht auf Rückflüsse, kann die Zahlung nur möglich werden durch Reservekapital, worüber der Wechselaussteller verfügt, um seinen Verpflichtungen im Fall verzögerter Rückflüsse nachzukommen.
Zweitens: Dies Kreditsystem beseitigt nicht die Notwendigkeit barer Geldzahlungen. Einmal ist ein großer Teil der Auslagen stets bar zu zahlen, Arbeitslohn, Steuern etc. Dann aber z.B. hat B, der von C einen Wechsel an Zahlungsstatt erhalten, ehe dieser Wechsel fällig, selbst einen fälligen Wechsel an D zu zahlen, und dafür muß er bares Geld haben. Ein so vollständiger Kreislauf der Reproduktion, wie er oben vom Baumwollpflanzer bis Baumwollspinner und umgekehrt vorausgesetzt worden, kann nur eine Ausnahme bilden und muß stets an vielen Stellen durchbrochen werden. Wir haben beim Reproduktionsprozeß (Buch II, Abschn. III) gesehn, daß die Produzenten des konstanten Kapitals zum Teil konstantes Kapital miteinander austauschen. Dafür können sich die Wechsel mehr oder weniger ausgleichen. Ebenso in aufsteigender Linie der Produktion, wo der Baumwollmakler auf den Spinner, der Spinner auf den Kattunfabrikanten, dieser auf den Exporteur, dieser auf den Importeur (vielleicht wieder von Baumwolle) zu ziehen hat. Aber es findet nicht zugleich Kreislauf der Transaktionen und daher Umbiegung der Forderungsreihe statt. Die Forderung, z.B. des Spinners an den Weber, wird nicht saldiert durch die Forderung des Kohlenlieferanten an den Maschinenbauer; der Spinner hat nie in seinem Geschäft Gegenforderungen auf den Maschinenbauer zu machen, weil sein Produkt, Garn, nie als Element in dessen Reproduktionsprozeß eingeht. Solche Forderungen müssen daher durch Geld ausgeglichen werden.
Die Grenzen für diesen kommerziellen Kredit, für sich betrachtet, sind 1. der Reichtum der Industriellen und Kaufleute, d.h. ihre Verfügung über Reservekapital im Fall verzögerter Rückflüsse; 2. diese Rückflüsse selbst. Diese können der Zeit nach verzögert werden, oder die Warenpreise können in der Zwischenzeit fallen, oder die Ware kann momentan unverkäuflich werden bei Stockung der Märkte. Je langsichtiger die Wechsel, desto größer muß erstens das Reservekapital sein und desto größer ist die Möglichkeit einer Schmälerung oder Verspätung des Rückflusses durch Preisfall oder Überführung der Märkte. Und ferner sind die Retouren um so unsicherer, je mehr die ursprüngliche Transaktion durch Spekulation auf Steigen oder Fallen der Warenpreise bedingt war. Es ist aber klar, daß mit der Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit und daher der Produktion auf großer Stufenleiter, 1. die Märkte sich ausdehnen und vom Produktionsort sich entfernen, 2. daher die Kredite sich verlängern müssen und also 3. das spekulative Element mehr und mehr die Transaktionen beherrschen muß. Die Produktion auf großer Stufenleiter und für entfernte Märkte wirft das Gesamtprodukt in die Hand des Handels; es ist aber unmöglich, daß sich das Kapital der Nation verdopple, so daß der Handel für sich fähig wäre, mit eignem Kapital das gesamte nationale Produkt aufzukaufen und wieder zu verkaufen. Kredit ist hier also unerläßlich; Kredit, dem Umfang nachwachsend mit dem wachsenden Wertumfang der Produktion und der Zeitdauer nach mit der zunehmenden Entfernung der Märkte. Es findet hier Wechselwirkung statt. Die Entwicklung des Produktionsprozesses erweitert den Kredit, und der Kredit führt zur Ausdehnung der industriellen und merkantilen Operationen.
Betrachten wir diesen Kredit, getrennt vom Bankierkredit, so ist klar, daß er wächst mit dem Umfang des industriellen Kapitals selbst. Leihkapital und industrielles Kapital sind hier identisch; die geliehenen Kapitale sind Warenkapitale, bestimmt entweder für schließliche individuelle Konsumtion oder zum Ersatz der konstanten Elemente von produktivem Kapital. Was hier also als geliehenes Kapital erscheint, ist immer Kapital, das sich in einer bestimmten Phase des Reproduktionsprozesses befindet, aber durch Kauf und Verkauf aus einer Hand in die andre übergeht, während das Äquivalent dafür [von] dem Käufer erst später zu bedungner Frist gezahlt wird. Z.B. die Baumwolle geht gegen Wechsel in die Hand des Spinners über, das Garn gegen Wechsel in die Hand des Kattunfabrikanten, der Kattun gegen Wechsel in die Hand des Kaufmanns, aus dessen Hand gegen Wechsel in die des Exporteurs, aus der Hand des Exporteurs gegen Wechsel in die eines Kaufmanns in Indien, der ihn verkauft und dafür Indigo kauft usw. Während dieses Übergangs aus einer Hand in die andre vollzieht die Baumwolle ihre Verwandlung in Kattun, und der Kattun wird schließlich nach Indien transportiert und ausgetauscht gegen Indigo, der nach Europa verschifft wird und dort wieder in die Reproduktion eingeht. Die verschiednen Phasen des Reproduktionsprozesses sind hier vermittelt durch den Kredit, ohne daß der Spinner die Baumwolle, der Kattunfabrikant das Garn, der Kaufmann den Kattun etc. gezahlt hat. In den ersten Akten des Vorgangs geht die Ware, Baumwolle, durch ihre verschiednen Produktionsphasen, und dieser Übergang wird vermittelt durch den Kredit. Aber sobald die Baumwolle in der Produktion ihre letzte Form als Ware erhalten hat, geht dasselbe Warenkapital nur noch durch die Hände verschiedner Kaufleute, die den Transport zum entlegnen Markt vermitteln und deren letzter sie schließlich an den Konsumenten verkauft und andre Ware dafür einkauft, die entweder in die Konsumtion eingeht oder in den Reproduktionsprozeß. Es sind also hier zwei Abschnitte zu unterscheiden: im ersten vermittelt der Kredit die wirklichen sukzessiven Phasen in der Produktion desselben Artikels; im zweiten bloß den Übergang aus der Hand eines Kaufmanns in die des andern, der den Transport einschließt, also den Akt W – G. Aber auch hier befindet sich die Ware wenigstens immer im Zirkulationsakt, also in einer Phase des Reproduktionsprozesses.
Was demnach hier verliehen wird, ist nie unbeschäftigtes Kapital, sondern Kapital, das in der Hand seines Besitzers seine Form ändern muß, das in einer Form existiert, worin es für ihn bloßes Warenkapital ist, d.h. Kapital, das rückverwandelt, und zwar wenigstens zunächst in Geld umgesetzt werden muß. Es ist somit die Metamorphose der Ware, die hier durch den Kredit vermittelt wird; nicht nur W – G, sondern auch G – W und der wirkliche Produktionsprozeß. Viel Kredit innerhalb des reproduktiven Kreislaufs – abgesehn vom Bankierkredit – heißt nicht: viel unbeschäftigtes Kapital, das zu Anleihen ausgeboten wird und profitliche Anlage sucht, sondern: große Beschäftigung von Kapital im Reproduktionsprozeß. Der Kredit vermittelt hier also 1. soweit die industriellen Kapitalisten m Betracht kommen, den Übergang des industriellen Kapitals aus einer Phase in die andre, den Zusammenhang der zueinander gehörigen und ineinander eingreifenden Produktionssphären; 2. soweit die Kaufleute in Betracht kommen, den Transport und den Übergang der Waren aus einer Hand in die andre bis zu ihrem definitiven Verkauf für Geld oder ihrem Austausch mit einer andern Ware.
Das Maximum des Kredits ist hier gleich der vollsten Beschäftigung des industriellen Kapitals, d.h. der äußersten Anspannung seiner Reproduktionskraft ohne Rücksicht auf die Grenzen der Konsumtion. Diese Grenzen der Konsumtion werden erweitert durch die Anspannung des Reproduktionsprozesses selbst; einerseits vermehrt sie den Verzehr von Revenue durch Arbeiter und Kapitalisten, andrerseits ist sie identisch mit Anspannung der produktiven Konsumtion.
Solange der Reproduktionsprozeß flüssig und damit der Rückfluß gesichert bleibt, dauert dieser Kredit und dehnt sich aus, und seine Ausdehnung ist basiert auf die Ausdehnung des Reproduktionsprozesses selbst. Sobald eine Stockung eintritt, infolge verzögerter Rückflüsse, überführter Märkte, gefallner Preise, ist Überfluß von industriellem Kapital vorhanden, aber in einer Form, worin es seine Funktion nicht vollziehn kann. Masse von Warenkapital, aber unverkäuflich. Masse von fixem Kapital, aber durch Stockung der Reproduktion großenteils unbeschäftigt. Der Kredit kontrahiert sich, 1. weil dies Kapital unbeschäftigt ist, d.h. in einer seiner Reproduktionsphasen stockt, weil es seine Metamorphose nicht vollziehn kann; 2. weil das Vertrauen in die Flüssigkeit des Reproduktionsprozesses gebrochen ist; 3. weil die Nachfrage nach diesem kommerziellen Kredit abnimmt. Der Spinner, der seine Produktion einschränkt und eine Masse unverkauftes Garn auf Lager hat, braucht keine Baumwolle auf Kredit zu kaufen; der Kaufmann braucht keine Waren auf Kredit zu kaufen, weil er deren schon mehr als genug hat.
Tritt also Störung in dieser Expansion oder auch nur in der normalen Anspannung des Reproduktionsprozesses ein, so damit auch Kreditmangel; Waren sind schwerer auf Kredit zu erhalten. Besonders aber ist das Verlangen nach barer Zahlung und die Vorsicht im Kreditverkauf charakteristisch für die Phase des industriellen Zyklus, die auf den Krach folgt. In der Krisis selbst, da jeder zu verkaufen hat und nicht verkaufen kann und doch verkaufen muß, um zu zahlen, ist die Masse, nicht des unbeschäftigten, unterzubringenden Kapitals, sondern die des in seinem Reproduktionsprozeß gehemmten Kapitals gerade dann am größten, wenn auch der Kreditmangel am größten ist (und daher bei Bankierkredit die Diskontorate am höchsten). Das schon ausgelegte Kapital ist dann in der Tat massenweis unbeschäftigt, weil der Reproduktionsprozeß stockt. Fabriken stehn still, Rohstoffe häufen sich auf, fertige Produkte überfüllen als Waren den Markt. Es ist also nichts falscher, als solchen Zustand einem Mangel an produktivem Kapital zuzuschreiben. Es ist gerade dann Überfluß von produktivem Kapital vorhanden, teils in bezug auf den normalen, aber augenblicklich kontrahierten Maßstab der Reproduktion, teils in bezug auf die gelähmte Konsumtion.
Denken wir uns die ganze Gesellschaft bloß aus industriellen Kapitalisten und Lohnarbeitern zusammengesetzt. Sehn wir ferner ab von den Preiswechseln, die große Portionen des Gesamtkapitals hindern, sich in ihren Durchschnittsverhältnissen zu ersetzen, und die, bei dem allgemeinen Zusammenhang des ganzen Reproduktionsprozesses, wie ihn namentlich der Kredit entwickelt, immer zeitweilige allgemeine Stockungen hervorbringen müssen. Sehn wir ab ebenfalls von den Scheingeschäften und spekulativen Umsätzen, die das Kreditwesen fördert. Dann wäre eine Krise nur erklärlich aus Mißverhältnis der Produktion in verschiednen Zweigen und aus einem Mißverhältnis, worin der Konsum der Kapitalisten selbst zu ihrer Akkumulation stände. Wie aber die Dinge liegen, hängt der Ersatz der in der Produktion angelegten Kapitale großenteils ab von der Konsumtionsfähigkeit der nicht produktiven Klassen; während die Konsumtionsfähigkeit der Arbeiter teils durch die Gesetze des Arbeitslohns, teils dadurch beschränkt ist, daß sie nur solange angewandt werden, als sie mit Profit für die Kapitalistenklasse angewandt werden können. Der letzte Grund aller wirklichen Krisen bleibt immer die Armut und Konsumtionsbeschränkung der Massen gegenüber dem Trieb der kapitalistischen Produktion, die Produktivkräfte so zu entwickeln, als ob nur die absolute Konsumtionsfähigkeit der Gesellschaft ihre Grenze bilde.
Von wirklichem Mangel an produktivem Kapital, wenigstens bei kapitalistisch entwickelten Nationen, kann nur gesprochen werden bei allgemeinen Mißernten, sei es der Hauptnahrungsmittel, sei es der hauptsächlichsten industriellen Rohstoffe.
Es kommt aber nun zu diesem kommerziellen Kredit der eigentliche Geldkredit hinzu. Das Vorschießen der Industriellen und Kaufleute untereinander verquickt sich mit dem Vorschießen des Geldes an sie seitens der Bankiers und Geldverleiher. Beim Diskontieren der Wechsel ist der Vorschuß nur nominell. Ein Fabrikant verkauft sein Produkt gegen Wechsel und diskontiert diesen Wechsel bei einem bill-broker. In der Tat schießt dieser nur den Kredit seines Bankiers vor, der ihm wieder das Geldkapital seiner Depositoren vorschießt, die gebildet werden von den Industriellen und Kaufleuten selbst, aber auch von Arbeitern (vermittelst Sparbanken), von Grundrentnern und den sonstigen unproduktiven Klassen. So wird für jeden individuellen Fabrikanten oder Kaufmann sowohl die Notwendigkeit eines starken Reservekapitals umgangen, wie die Abhängigkeit von den wirklichen Rück flüssen. Andrerseits aber kompliziert sich teils durch einfache Wechselreiterei, teils durch Warengeschäfte zum Zweck der bloßen Wechselfabrikation der ganze Prozeß so sehr, daß der Schein eines sehr soliden Geschäfts und flotter Rückflüsse noch ruhig fortexistieren kann, nachdem die Rückflüsse in der Tat schon längst nur noch auf Kosten teils geprellter Geldverleiher, teils geprellter Produzenten gemacht worden sind. Daher scheint immer das Geschäft fast übertrieben gesund gerade unmittelbar vor dem Krach. Den besten Beweis liefern z.B. die »Reports on Bank Acts« von 1857 und 1858, wo alle Bankdirektoren, Kaufleute, kurz alle vorgeladnen Sachverständigen, an ihrer Spitze Lord Overstone, sich wechselseitig Glück wünschten über die Blüte und Gesundheit des Geschäfts – genau einen Monat bevor die Krise im August 1857 ausbrach. Und sonderbarerweise macht Tooke in seiner »History of Prices« diese Illusion noch einmal als Geschichtsschreiber jeder Krise durch. Das Geschäft ist immer kerngesund und die Kampagne im gedeihlichsten Fortgang, bis auf einmal der Zusammenbruch erfolgt.
Wir kommen jetzt zurück auf die Akkumulation des Geldkapitals.
Nicht jede Vermehrung des leihbaren Geldkapitals zeigt wirkliche Kapitalakkumulation oder Erweiterung des Reproduktionsprozesses an. Dies tritt am klarsten hervor in der Phase des industriellen Zyklus unmittelbar nach überstandner Krisis, wo Leihkapital massenhaft brachliegt. In solchen Momenten, wo der Produktionsprozeß eingeschränkt ist (die Produktion in den englischen Industriebezirken war nach der Krise von 1847 um ein Drittel verringert), wo die Preise der Waren auf ihrem niedrigsten Punkt stehn, wo der Unternehmungsgeist gelähmt ist, herrscht niedriger Stand des Zinsfußes, der hier nichts anzeigt als Vermehrung des leihbaren Kapitals grade durch Kontraktion und Lähmung des industriellen Kapitals. Daß weniger Zirkulationsmittel erheischt sind mit gefallnen Warenpreisen, verminderten Umsätzen und der Kontraktion des in Arbeitslohn ausgelegten Kapitals; daß andrerseits, nach Liquidation der Schulden ans Ausland teils durch Goldabfluß und teils durch Bankrotte, kein zuschüssiges Geld für die Funktion als Weltgeld erheischt ist; daß endlich der Umfang des Geschäfts des Wechseldiskontierens mit der Zahl und den Beträgen dieser Wechsel selbst abnimmt –, alles dies ist augenscheinlich. Die Nachfrage nach leihbarem Geldkapital, sei es für Zirkulationsmittel, sei es für Zahlungsmittel (von neuer Kapitalanlage ist noch keine Rede), nimmt daher ab, und es wird damit relativ reichlich. Aber auch das Angebot des leihbaren Geldkapitals nimmt unter solchen Umständen positiv zu, wie sich später zeigen wird.
So herrschte nach der Krise von 1847 »eine Einschränkung der Umsätze und ein großer Überfluß an Geld«. (»Comm. Distress«, 1847/48, Evid. Nr. 1664.) Der Zinsfuß war sehr niedrig wegen »fast vollständiger Vernichtung des Handels und fast gänzlicher Abwesenheit der Möglichkeit, Geld anzulegen«, (l.c. p. 45. Aussage von Hodgson, Direktor der Royal Bank of Liverpool.) Welchen Unsinn diese Herren (und Hodgson ist noch einer der Besten) zusammenfabeln, um sich dies zu erklären, kann man aus folgender Phrase sehn:
»Die Klemme« (1847) »entsprang aus einer wirklichen Verminderung des Geldkapitals im Lande, verursacht teils durch die Notwendigkeit, die Einfuhren aus allen Weltgegenden in Gold zu bezahlen, und teils durch die Verwandlung von Zirkulationskapital (floating capital) in fixes.« [l.c. p. 63.]
Wie die Verwandlung von Zirkulationskapital in fixes das Geldkapital des Landes vermindern soll, ist nicht abzusehn, da z.B. bei Eisenbahnen, worin hauptsächlich damals Kapital festgelegt worden, kein Gold oder Papier zu Viadukten und Schienen verbraucht wird und das Geld für die Eisenbahnaktien, soweit es bloß für Einzahlungen deponiert, ganz wie alles andre bei den Banken deponierte Geld fungierte und selbst, wie schon oben gezeigt, momentan das leihbare Geldkapital vermehrte; soweit es aber wirklich im Bau verausgabt, roulierte es als Kauf- und Zahlungsmittel im Lande. Nur soweit fixes Kapital kein exportierbarer Artikel ist, also mit der Unmöglichkeit der Ausfuhr auch das disponible Kapital wegfällt, das durch Retouren für ausgeführte Artikel beschafft wird, also auch die Retouren in bar oder Barren, nur soweit könnte das Geldkapital affiziert werden. Aber auch englische Exportartikel lagerten damals massenweise unverkäuflich auf den auswärtigen Märkten. Für die Kaufleute und Fabrikanten in Manchester usw., die einen Teil ihres normalen Geschäftskapitals in Eisenbahnaktien festgeritten und zur Führung ihres Geschäfts daher von Borgkapital abhingen, hatte sich in der Tat ihr floating capital fixiert, und dafür mußten sie die Folgen tragen. Es wäre aber dasselbe gewesen, wenn sie das ihrem Geschäft gehörige, aber entzogne Kapital statt in Eisenbahnen z.B. in Bergwerken angelegt gehabt hätten, deren Produkt selbst wieder floating capital ist, Eisen, Kohle, Kupfer etc. – Die wirkliche Verminderung des disponiblen Geldkapitals durch Mißernte, Korneinfuhr und Goldausfuhr war natürlich ein Ereignis, das mit dem Eisenbahnschwindel nichts zu tun hatte.
»Fast alle kaufmännischen Häuser hatten angefangen, ihr Geschäft mehr oder weniger auszuhungern, um das Geld in Eisenbahnen anzulegen.« [l.c. p. 42.] – »Die so ausgedehnten Vorschüsse, die an Eisenbahnen von Handelshäusern gemacht wurden, verleiteten diese, sich viel zu sehr durch Wechseldiskonto auf die Banken zu stützen und dadurch ihre Handelsgeschäfte weiterzuführen.« (Derselbe Hodgson, l.c. p. 67.) »In Manchester fanden immense Verluste statt durch die Spekulation in Eisenbahnen.« (Der in Buch I, Kap. XIII, 3, c, und sonst mehrfach angeführte R. Gardner, Aussagenummer 4884, l.c.)
Eine Hauptursache der Krisis von 1847 war die kolossale Marktüberführung und der grenzenlose Schwindel im ostindischen Warengeschäft. Aber auch andre Umstände brachten sehr reiche Häuser dieses Zweigs zu Fall:
»Sie hatten reichliche Mittel, aber sie waren nicht flüssig zu machen. Ihr ganzes Kapital lag fest in Grundbesitz in Mauritius oder Indigo- und Zuckerfabriken. Wenn sie dann Verpflichtungen bis zu 500000-600000 Pfd. St. eingegangen waren, hatten sie keine flüssigen Mittel, ihre Wechsel zu zahlen, und schließlich stellte sich heraus, daß, um ihre Wechsel zu zahlen, sie sich gänzlich auf ihren Kredit verlassen mußten.« (Ch. Turner, großer ostindischer Kaufmann in Liverpool, Nr. 730, l.c. )
Ferner Gardner (Nr. 4872, l.c. ):
»Gleich nach dem chinesischen Vertrag wurden dem Lande so große Aussichten gemacht auf eine gewaltige Ausdehnung unsers Handels mit China, daß viele große Fabriken expreß für dies Geschäft gebaut wurden, um die im chinesischen Markt hauptsächlich gangbaren Baumwollengewebe anzufertigen, und diese kamen zu allen unsern schon bestehenden Fabriken hinzu.« – 4874. »Wie ist dieses Geschäft abgelaufen? – Höchst ruinierend, so daß es fast jeder Beschreibung spottet; ich glaube nicht, daß von den sämtlichen Verschiffungen von 1844 und 1845 nach China mehr als 2/3 des Betrags je zurückgekommen sind; weil Tee der Hauptartikel des Rückexports ist und weil man uns so große Erwartungen gemacht hatte, rechneten wir Fabrikanten mit Sicherheit auf eine große Herabsetzung des Teezolls.«
Und nun kommt, naiv ausgedrückt, das charakteristische Credo des englischen Fabrikanten:
»Unser Handel mit einem auswärtigen Markt ist nicht beschränkt durch dessen Fähigkeit, die Waren zu kaufen, aber er ist beschränkt hier im Lande durch unsre Fähigkeit, die Produkte zu konsumieren, die wir als Retouren für unsre Industrieerzeugnisse erhalten.«
(Die relativ armen Länder, womit England handelt, können natürlich jeden nur möglichen Belauf englischer Fabrikate zahlen und konsumieren, leider aber kann das reiche England die Retourprodukte nicht verdauen.)
4876. »Ich schickte anfangs einige Waren hinaus, und diese wurden zu etwa 15% Verlust verkauft, in der vollen Überzeugung, daß der Preis, zu dem meine Agenten Tee kaufen konnten, beim Wiederverkauf hier einen so großen Profit ergeben würde, daß dieser Verlust gedeckt wäre; aber statt Profit zu machen, verlor ich manchmal 25 und bis zu 50%.« – 4877. »Exportierten die Fabrikanten für eigne Rechnung? – Hauptsächlich; die Kaufleute, scheint es, sahn sehr bald, daß nichts bei der Sache herauskam, und sie ermunterten die Fabrikanten mehr zu Konsignationen, als daß sie sich selbst dabei beteiligten.«
1857 dagegen fielen Verluste und Bankrotte vorzugsweise auf die Kaufleute, da diesmal die Fabrikanten ihnen die Überführung der fremden Märkte »auf eigne Rechnung« überließen.
Eine Expansion des Geldkapitals, die daraus entsteht, daß infolge der Ausbreitung des Bankwesens (siehe das Beispiel von Ipswich weiter unten, wo im Lauf weniger Jahre unmittelbar vor 1857 die Depositen der Pächter sich vervierfachten) das, was früher Privatschatz oder Münzreserve war, sich für bestimmte Zeit immer in leihbares Kapital verwandelt, drückt ebensowenig ein Wachsen des produktiven Kapitals aus wie die wachsenden Depositen bei den Londoner Aktienbanken, sobald diese anfingen, Zinsen auf Depositen zu zahlen. Solange die Produktionsleiter die selbe bleibt, bewirkt diese Expansion nur Reichlichkeit des leihbaren Geldkapitals gegenüber dem produktiven. Daher niedriger Zinsfuß.
Hat der Reproduktionsprozeß wieder den Stand der Blüte erreicht, der dem der Überanspannung vorhergeht, so erreicht der kommerzielle Kredit eine sehr große Ausdehnung, die dann in der Tat wieder die »gesunde« Basis leicht eingehender Rückflüsse und ausgedehnter Produktion hat. In diesem Zustand ist der Zinsfuß immer noch niedrig, wenn er auch über sein Minimum steigt. Es ist dies in der Tat der einzige Zeitpunkt, wo gesagt werden kann, daß niedriger Zinsfuß, und daher relative Reichlichkeit des verleihbaren Kapitals, zusammenfällt mit wirklicher Ausdehnung des industriellen Kapitals. Die Leichtigkeit und Regelmäßigkeit der Rückflüsse, verknüpft mit einem ausgedehnten kommerziellen Kredit, sichert das Angebot von Leihkapital trotz der gesteigerten Nachfrage und verhindert das Niveau des Zinsfußes zu steigen. Andrerseits kommen jetzt erst in merklichem Grad die Ritter herein, die ohne Reservekapital oder überhaupt ohne Kapital arbeiten und daher ganz auf den Geldkredit hin operieren. Es kommt jetzt auch hinzu die große Ausdehnung des fixen Kapitals in allen Formen und die massenhafte Eröffnung neuer weitreichender Unternehmungen. Der Zins steigt jetzt auf seine Durchschnittshöhe. Sein Maximum erreicht er wieder, sobald die neue Krisis hereinbricht, der Kredit plötzlich aufhört, die Zahlungen stocken, der Reproduktionsprozeß gelähmt wird und, mit früher erwähnten Ausnahmen, neben fast absolutem Mangel von Leihkapital, Überfluß von unbeschäftigtem industriellem Kapital eintritt.
Im ganzen also verläuft die Bewegung des Leihkapitals, wie sie sich im Zinsfuß ausdrückt, in umgekehrter Richtung zu der des industriellen Kapitals. Die Phase, wo der niedrige, aber über dem Minimum stehende Zinsfuß mit der »Besserung« und dem wachsenden Vertrauen nach der Krise zusammenfällt, und besonders die Phase, wo er seine Durchschnittshöhe erreicht, die Mitte, gleichweit entfernt von seinem Minimum und Maximum, nur diese beiden Momente drücken das Zusammenfallen von reichlichem Leihkapital mit großer Expansion des industriellen Kapitals aus. Aber am Anfang des industriellen Zyklus ist der niedrige Zinsfuß zusammenfallend mit Kontraktion und am Ende des Zyklus der hohe Zinsfuß mit Überreichlichkeit von industriellem Kapital. Der niedrige Zinsfuß, der die »Besserung« begleitet, drückt aus, daß der kommerzielle Kredit nur in geringem Maß des Bankkredits bedarf, indem er noch auf seinen eignen Füßen steht.
Es verhält sich mit diesem industriellen Zyklus so, daß derselbe Kreislauf, nachdem der erste Anstoß ein mal gegeben, sich periodisch reproduzieren muß.100 Im Zustand der Abspannung sinkt die Produktion unter die Stufe, die sie im vorigen Zyklus erreicht und wofür jetzt die technische Basis gelegt ist. In der Prosperität – der Mittelperiode – entwickelt sie sich weiter auf dieser Basis. In der Periode der Überproduktion und des Schwindels spannt sie die Produktivkräfte auf höchste an, bis hinaus über die kapitalistischen Schranken des Produktionsprozesses.
Daß es in der Periode der Krise an Zahlungsmitteln fehlt, ist selbsteinleuchtend. Die Konvertibilität der Wechsel hat sich substituiert der Metamorphose der Waren selbst, und grade zu solcher Zeit um so mehr, je mehr ein Teil der Geschäftshäuser bloß auf Kredit arbeitet. Unwissende und verkehrte Bankgesetzgebung, wie die von 1844/45, kann diese Geldkrise erschweren. Aber keine Art Bankgesetzgebung kann die Krise beseitigen.
In einem Produktionssystem, wo der ganze Zusammenhang des Reproduktionsprozesses auf dem Kredit beruht, wenn da der Kredit plötzlich aufhört und nur noch bare Zahlung gilt, muß augenscheinlich eine Krise eintreten, ein gewaltsamer Andrang nach Zahlungsmitteln. Auf den ersten Blick stellt sich daher die ganze Krise nur als Kreditkrise und Geldkrise dar. Und in der Tat handelt es sich nur um die Konvertibilität der Wechsel in Geld. Aber diese Wechsel repräsentieren der Mehrzahl nach wirkliche Käufe und Verkäufe, deren das gesellschaftliche Bedürfnis weit überschreitende Ausdehnung schließlich der ganzen Krisis zugrunde liegt. Daneben aber stellt auch eine ungeheure Masse dieser Wechsel bloße Schwindelgeschäfte vor, die jetzt ans Tageslicht kommen und platzen; ferner mit fremdem Kapital getriebne, aber verunglückte Spekulationen; endlich Warenkapitale, die entwertet oder gar unverkäuflich sind, oder Rückflüsse, die nie mehr einkommen können. Das ganze künstliche System gewaltsamer Ausdehnung des Reproduktionsprozesses kann natürlich nicht dadurch kuriert werden, daß nun etwa eine Bank, z.B. die Bank von England, in ihrem Papier allen Schwindlern das fehlende Kapital gibt und die sämtlichen entwerteten Waren zu ihren alten Nominalwerten kauft. Übrigens erscheint hier alles verdreht, da in dieser papiernen Welt nirgendswo der reale Preis und seine realen Momente erscheinen, sondern nur Barren, Hartgeld, Noten, Wechsel, Wertpapiere. Namentlich in den Zentren, wo das ganze Geldgeschäft des Landes zusammengedrängt, wie London, erscheint diese Verkehrung; der ganze Vorgang wird unbegreiflich; weniger schon in den Zentren der Produktion.
Übrigens ist mit Bezug auf die in den Krisen zutage tretende Überreichlichkeit des industriellen Kapitals zu bemerken: Das Warenkapital ist an sich zu gleich Geldkapital, d.h. bestimmte Wertsumme, ausgedrückt im Preis der Ware. Als Gebrauchswert ist es bestimmtes Quantum bestimmter Gebrauchsgegenstände, und dies ist im Moment der Krise im Überfluß vorhanden. Aber als Geldkapital an sich, als potentielles Geldkapital, ist es beständiger Expansion und Kontraktion unterworfen. Am Vorabend der Krise und innerhalb derselben ist das Warenkapital in seiner Eigenschaft als potentielles Geldkapital kontrahiert. Es stellt für seinen Besitzer und dessen Gläubiger (wie auch als Sicherheit für Wechsel und Anleihen) weniger Geldkapital vor, als zur Zeit, wo es eingekauft und wo die auf es begründeten Diskontierungen und Pfandgeschäfte abgeschlossen wurden. Soll dies der Sinn der Behauptung sein, daß das Geldkapital eines Landes in Zeiten der Klemme vermindert ist, so ist dies identisch damit, daß die Preise der Waren gefallen sind. Ein solcher Zusammenbruch der Preise gleicht übrigens nur ihre frühere Aufblähung aus.
Die Einnahmen der unproduktiven Klassen und derer, die von festem Einkommen leben, bleiben zum größten Teil stationär während der Preisaufblähung, die mit der Überproduktion und Überspekulation Hand in Hand geht. Ihre Konsumtionsfähigkeit vermindert sich daher relativ und damit ihre Fähigkeit, den Teil der Gesamtreproduktion zu ersetzen, der normaliter in ihre Konsumtion eingehn müßte. Selbst wenn ihre Nachfrage nominell dieselbe bleibt, nimmt sie in Wirklichkeit ab.
Mit Bezug auf Einfuhr und Ausfuhr ist zu bemerken, daß der Reihe nach alle Länder in die Krisis verwickelt werden und daß es sich dann zeigt, daß sie alle, mit wenigen Ausnahmen, zuviel exportiert und importiert haben, also die Zahlungsbilanz gegen alle ist, die Sache also in der Tat nicht an der Zahlungsbilanz liegt. Z.B. England laboriert an Goldabfluß. Es hat überimportiert. Aber zugleich sind alle andren Länder mit englischen Waren überladen. Sie haben also auch überimportiert oder sind überimportiert worden. (Allerdings tritt ein Unterschied ein zwischen dem Land, das auf Kredit exportiert, und denen, die nicht oder nur wenig gegen Kredit exportieren. Die letzteren importieren dann aber auf Kredit; und dies ist nur dann nicht der Fall, wenn die Ware dorthin auf Konsignation geschickt wird.) Die Krise mag zuerst in England ausbrechen, in dem Lande, das den meisten Kredit gibt und den wenigsten nimmt, weil die Zahlungsbilanz, die Bilanz der fälligen Zahlungen, die sofort liquidiert werden muß, gegen es, obgleich die allgemeine Handelsbilanz für es ist. Dies letztere erklärt sich teils aus dem von ihm gegebnen Kredit, teils aus der Masse ans Ausland verliehner Kapitale, so daß eine Masse Rückflüsse in Waren, außer den eigentlichen Handelsretouren, ihm zuströmen. (Die Krise brach aber zuweilen auch zuerst in Amerika aus, dem Lande, das den meisten Handels- und Kapitalkredit von England nimmt.) Der Krach in England, eingeleitet und begleitet von Goldabfluß, saldiert Englands Zahlungsbilanz, teils durch den Bankrott seiner Importeurs (worüber weiter unten), teils durch Wegtreiben eines Teils seines Warenkapitals zu wohlfeilen Preisen ins Ausland, teils durch Verkauf fremder Wertpapiere, Ankauf von englischen etc. Nun kommt die Reihe an ein andres Land. Die Zahlungsbilanz war momentan für es; aber jetzt ist der in normalen Zeiten geltende Termin zwischen Zahlungsbilanz und Handelsbilanz weggefallen oder doch verkürzt durch die Krise; alle Zahlungen sollen auf einmal erledigt werden. Dieselbe Sache wiederholt sich nun hier. England hat jetzt Goldrückfluß, das andre Land Goldabfluß. Was in dem einen Land als Übereinfuhr, erscheint in dem andren als Überausfuhr und umgekehrt. Es hat aber Übereinfuhr und Überausfuhr in allen Ländern stattgefunden (wir sprechen hier nicht von Mißernten etc., sondern von allgemeiner Krise); d.h. Überproduktion, befördert durch den Kredit und die ihn begleitende allgemeine Aufblähung der Preise.
1857 brach die Krisis in den Vereinigten Staaten aus. Es erfolgte Goldabfluß aus England nach Amerika. Aber sobald die Aufblähung in Amerika geplatzt, erfolgte Krise in England und Goldabfluß von Amerika nach England. Ebenso zwischen England und dem Kontinent. Die Zahlungsbilanz ist in Zeiten der allgemeinen Krise gegen jede Nation, wenigstens gegen jede kommerziell entwickelte Nation, aber stets bei einer nach der andern, wie in einem Rottenfeuer, sobald die Reihe der Zahlung an sie kommt; und die einmal, z.B. in England, ausgebrochne Krise drängt die Reihe dieser Termine in eine ganz kurze Periode zusammen. Es zeigt sich dann, daß alle diese Nationen gleichzeitig überexportiert (also überproduziert) und überimportiert (also überhandelt) haben, daß in allen die Preise aufgetrieben waren und der Kredit überspannt. Und bei allen folgt derselbe Zusammenbruch. Die Erscheinung des Goldabflusses kommt dann an alle der Reihe nach und zeigt eben durch ihre Allgemeinheit 1., daß der Goldabfluß bloßes Phänomen der Krise, nicht ihr Grund ist; 2., daß die Reihenfolge, worin er bei den verschiednen Nationen eintritt, nur anzeigt, wann die Reihe an sie gekommen, ihre Rechnung mit dem Himmel zu schließen, wann der Termin der Krise bei ihnen eingetreten und die latenten Elemente derselben bei ihnen zum Ausbruch kommen.
Es ist charakteristisch für die englischen ökonomischen Schriftsteller – und die erwähnenswerte ökonomische Literatur seit 1830 löst sich hauptsächlich auf in Literatur über currency, Kredit, Krisen –, daß sie den Export von Edelmetall, trotz der Wendung der Wechselkurse, in Zeiten der Krise bloß vom Standpunkt von England aus betrachten, als ein rein nationales Phänomen, und ihre Augen resolut gegen die Tatsache verschließen, daß, wenn ihre Bank in Zeiten der Krise den Zinsfuß erhöht, alle andern europäischen Banken dasselbe tun, und daß, wenn heute bei ihnen der Notschrei wegen des Goldabflusses ertönt, er morgen in Amerika, übermorgen in Deutschland und Frankreich erschallt.
1847 »war den auf England laufenden Verpflichtungen« (zum sehr großen Teil für Korn) »nachzukommen. Unglücklicherweise kam man ihnen großenteils nach durch Bankrotte.« (Das reiche England verschaffte sich Luft durch Bankrott gegenüber dem Kontinent und Amerika.) »Aber soweit man sie nicht durch Bankrott erledigte, kam man ihnen nach durch Ausfuhr von Edelmetallen.« (»Report of Committee on Bank Acts«, 1857.)
Soweit also die Krise in England verschärft wird durch die Bankgesetzgebung, ist diese Gesetzgebung ein Mittel, um in Zeiten der Hungersnot die kornausführenden Nationen zu prellen, erst um ihr Korn und dann um das Geld für ihr Korn. Ein Verbot der Kornausfuhr in solchen Zeiten für Länder, die selbst mehr oder weniger an Teuerung laborieren, ist also ein sehr rationelles Mittel gegen diesen Plan der Bank von England, »Verpflichtungen nachzukommen« für Korneinfuhr »durch Bankrotte«. Es ist dann viel besser, daß die Kornproduzenten und Spekulanten einen Teil ihres Profits zum Besten des Landes verlieren, als ihr Kapital zum Besten Englands.
Aus dem Gesagten ergibt sich, daß das Warenkapital seine Eigenschaft, potentielles Geldkapital darzustellen, in der Krise und überhaupt in Geschäftsstockungen in großem Maß verliert. Dasselbe gilt von dem fiktiven Kapital, den zinstragenden Papieren, soweit diese selbst als Geldkapitale auf der Börse zirkulieren. Mit dem steigenden Zins fällt ihr Preis. Er fällt ferner durch den allgemeinen Kreditmangel, der ihre Eigner zwingt, sie massenweis auf dem Markt loszuschlagen, um sich Geld zu verschaffen. Er fällt endlich bei Aktien, teils infolge der Abnahme der Revenuen, worauf sie Anweisungen sind, teils infolge des Schwindelcharakters der Unternehmungen, die sie oft genug repräsentieren. Dies fiktive Geldkapital ist in Krisen enorm vermindert und damit die Macht seiner Eigner, Geld darauf im Markt aufzunehmen. Die Verminderung der Geldnamen dieser Wertpapiere im Kurszettel hat jedoch nichts zu tun mit dem wirklichen Kapital, das sie vorstellen, dagegen sehr viel mit der Zahlungsfähigkeit seiner Eigner.
31. Geldkapital und wirkliches Kapital II
Wir sind noch immer nicht zu Ende mit der Frage, wieweit die Akkumulation des Kapitals in Form von leihbarem Geldkapital zusammenfällt mit der wirklichen Akkumulation, der Erweiterung des Reproduktionsprozesses.
Die Verwandlung von Geld in leihbares Geldkapital ist eine viel einfachere Geschichte als die Verwandlung von Geld in produktives Kapital. Aber wir haben hier zweierlei zu unterscheiden:
1. die bloße Verwandlung von Geld in Leihkapital;
2. die Verwandlung von Kapital oder Revenue in Geld, das in Leihkapital verwandelt wird.
Es ist bloß der letztere Punkt, der eine, mit der wirklichen Akkumulation des industriellen Kapitals zusammenhängende, positive Akkumulation des Leihkapitals einschließen kann.
1. Verwandlung von Geld in Leihkapital
Wir haben bereits gesehn, daß eine Anhäufung, eine Überreichlichkeit von Leihkapital stattfinden kann, die nur insofern mit der produktiven Akkumulation zusammenhängt, als sie im umgekehrten Verhältnis dazu steht. Dies ist in zwei Phasen des industriellen Zyklus der Fall, nämlich erstens zur Zeit, wo das industrielle Kapital, in den beiden Formen des produktiven und des Warenkapitals, kontrahiert ist, also am Beginn des Zyklus nach der Krise; und zweitens zur Zeit, wo die Besserung beginnt, aber der kommerzielle Kredit den Bankkredit noch wenig in Anspruch nimmt. Im ersten Fall erscheint das Geldkapital, das früher in Produktion und Handel angewandt war, als unbeschäftigtes Leihkapital; im zweiten Fall erscheint es in steigendem Maß angewandt, aber zu sehr niedrigem Zinsfuß, weil jetzt der industrielle und kommerzielle Kapitalist dem Geldkapitalisten die Bedingungen vorschreibt. Der Überfluß an Leihkapital drückt im ersten Fall eine Stagnation des industriellen Kapitals aus und im zweiten relative Unabhängigkeit des kommerziellen Kredits vom Bankkredit, beruhend auf Flüssigkeit des Rückstroms, kurzen Kreditterminen und vorwiegendem Arbeiten mit eignem Kapital. Die Spekulanten, die auf fremdes Kreditkapital rechnen, sind noch nicht ins Feld gerückt; die Leute, die mit eignem Kapital arbeiten, sind noch weit entfernt von annähernd reinen Kreditoperationen. In der ersteren Phase ist der Überfluß an Leihkapital das gerade Gegenteil vom Ausdruck der wirklichen Akkumulation. In der zweiten Phase fällt er zusammen mit erneuter Expansion des Reproduktionsprozesses, begleitet sie, ist aber nicht Ursache davon. Der Überfluß an Leihkapital nimmt schon ab, ist nur noch relativ im Verhältnis zur Nachfrage. In beiden Fällen wird die Ausdehnung des wirklichen Akkumulationsprozesses dadurch gefördert, weil der niedrige Zins, der im ersten Fall mit niedrigen Preisen, im zweiten mit langsam steigenden Preisen zusammenfällt, den Teil des Profits vergrößert, der sich in Unternehmergewinn verwandelt. Noch mehr findet dies statt beim Steigen des Zinses auf seinen Durchschnitt während der Höhe der Prosperitätszeit, wo er zwar gewachsen ist, aber nicht im Verhältnis zum Profit.
Wir haben andrerseits gesehn, daß eine Akkumulation des Leihkapitals stattfinden kann, ohne alle wirkliche Akkumulation, durch bloß technische Mittel, wie Ausdehnung und Konzentration des Bankwesens, Ersparung der Zirkulationsreserve oder auch der Reservefonds von Zahlungsmitteln der Privaten, die dadurch immer für kurze Zeiten in Leihkapital verwandelt werden. Obgleich dies Leihkapital, was daher auch schwebendes Kapital (floating capital) genannt wird, stets nur für kurze Perioden die Form von Leihkapital behält (wie ja auch nur für kurze Perioden diskontiert werden soll), so fließt es beständig zu und ab. Zieht der eine es weg, so bringt der andre es hin. Die Masse des leihbaren Geldkapitals (wir sprechen hier überhaupt nicht von Anleihen auf Jahre, sondern nur von kurzlebigen gegen Wechsel und Depot) wächst so in der Tat ganz unabhängig von der wirklichen Akkumulation.
B. C. 1857. Frage 501. »Was verstehn Sie unter floating capital?« (Herr Weguelin, Gouverneur der Bank von England:) »Es ist Kapital, verwendbar für Geldanleihen auf kurze Zeit... (502). Noten der Bank von England... der Provinzialbanken, und der Betrag des im Land vorhandnen Geldes.« – 〈Frage:} »Es scheint nicht, nach den dem Ausschuß vorliegenden Ausweisen, daß, wenn Sie unter floating capital die aktive Zirkulation« 〈nämlich der Noten der Bank von England} »verstehn, in dieser aktiven Zirkulation irgendwelche sehr bedeutende Schwankung vorkommt?« (Es ist aber ein sehr großer Unterschied, durch wen die aktive Zirkulation vorgeschossen ist, ob durch den Geldverleiher oder durch den reproduktiven Kapitalisten selbst. – Antwort Weguelins:) »Ich schließe in das floating capital die Reserven der Bankiers ein, in denen bedeutende Schwankung ist.«
D.h. also, bedeutende Schwankung findet statt in dem Teil der Depositen, den die Bankiers nicht wieder verliehen haben, sondern der als ihre Reserve, großenteils aber auch als die Reserve der Bank von England figuriert, bei der sie deponiert sind. Zuletzt sagt derselbe Herr: floating capital sei – bullion, d.h. Barren und Hartgeld. (503.) Es ist überhaupt wundervoll, wie in diesem Kreditkauderwelsch des Geldmarkts alle Kategorien der politischen Ökonomie einen andern Sinn und eine andre Form erhalten. Floating capital ist dort der Ausdruck für circulating capital, was natürlich etwas ganz andres ist, und money ist capital, und bullion ist capital, und Banknoten sind circulation, und Kapital ist a commodity, und Schulden sind commodities, und fixed capital ist Geld, das in schwer verkäuflichen Papieren angelegt ist!
»Die Aktienbanken von London... haben ihre Depositen vermehrt von 8850774 Pfd. St. in 1847 auf 43100724 Pfd. St. in 1857... Die dem Ausschuß vorgelegten Nachweise und Aussagen lassen schließen, daß von diesem ungeheuren Betrage ein großer Teil aus Quellen abgeleitet ist, die früher für diesen Zweck nicht benutzbar waren; und daß die Gewohnheit, eine Rechnung beim Bankier zu eröffnen und Geld bei ihm zu deponieren, sich ausgedehnt hat auf zahlreiche Quellen, die früher für diesen Zweck nicht benutzbar waren; und daß die Gewohnheit, Rechnung beim Bankier zu eröffnen und Geld bei ihm zu deponieren, sich ausgebreitet hat auf zahlreiche Klassen, die früher ihr Kapital (!) nicht in dieser Weise anlegten. Herr Rodwell, Präsident der Assoziation der Provinzial-Privatbanken« 〈im Unterschied von Aktienbanken} »und delegiert von ihr, um vor dem Ausschuß auszusagen, gibt an, daß in der Gegend von Ipswich diese Gewohnheit neuerdings sich ums Vierfache vermehrt hat unter den Pächtern und Kleinhändlern jenes Bezirks; daß fast alle Pächter, selbst die nur 50 Pfd. St. jährliche Pacht zahlen, jetzt bei Banken Depositen halten. Die Masse dieser Depositen findet natürlich ihren Weg zur Verwendung im Geschäft und gravitiert namentlich nach London, dem Zentrum der kommerziellen Tätigkeit, wo sie zunächst Verwendung findet im Wechseldiskonto und in andren Vorschüssen an die Kunden der Londoner Bankiers. Ein großer Teil jedoch, wofür die Bankiers selbst keine unmittelbare Nachfrage haben, geht in die Hände der bill-brokers, die den Bankiers dagegen Handelswechsel geben, welche sie schon einmal für Leute in London und in den Provinzen diskontiert haben.« (B. C. 1858, p. [V, Absatz Nr.] 8.)
Indem der Bankier auf die Wechsel, die der bill-broker bereits einmal diskontiert hat, diesem bill-broker Vorschüsse macht, rediskontiert er sie tatsächlich noch einmal; aber in Wirklichkeit sind sehr viele dieser Wechsel bereits vom bill-broker rediskontiert worden, und mit demselben Geld, womit der Bankier die Wechsel des bill-brokers rediskontiert, rediskontiert dieser neue Wechsel. Wozu dies führt:
»Ausgedehnte fiktive Kredite sind geschaffen worden durch Akkommodationswechsel und Blankokredite, was sehr erleichtert wurde durch das Verfahren der provinziellen Aktienbanken, die solche Wechsel diskontierten und sie dann bei bill-brokers im Londoner Markt rediskontieren ließen, und zwar allein auf den Kredit der Bank hin, ohne Rücksicht auf die sonstige Qualität der Wechsel.« (l. c. [p. XXI, Absatz Nr. 54].)
Über dies Rediskontieren und über den Vorschub, die diese bloß technische Vermehrung des leihbaren Geldkapitals bei Kreditschwindeleien leistet, ist folgende Stelle aus dem »Economist« interessant:
»Während vieler Jahre akkumulierte sich das Kapital« (nämlich das leihbare Geldkapital) »in einigen Distrikten des Landes rascher, als es angewandt werden konnte, während in andren die Mittel seiner Anlage rascher wuchsen als das Kapital selbst. Während so die Bankiers in den Ackerbaudistrikten keine Gelegenheit fanden, ihre Depositen profitlich und sicher in ihrer eignen Gegend anzulegen, hatten diejenigen in den Industriebezirken und den Handelsstädten mehr Nachfrage nach Kapital, als sie liefern konnten. Die Wirkung dieser verschiednen Lagen in den verschiednen Distrikten hat in den letzten Jahren zur Entstehung und reißend schnellen Ausdehnung einer neuen, in der Verteilung des Kapitals beschäftigten Klasse von Häusern geführt, die, obgleich gewöhnlich bill-brokers genannt, in Wirklichkeit Bankiers auf dem allergrößten Maßstabe sind. Das Geschäft dieser Häuser ist, für bestimmt abgemachte Perioden und zu bestimmt abgemachten Zinsen das Surpluskapital zu übernehmen von den Banken der Distrikte, wo es nicht verwandt werden konnte, ebenso wie die zeitweis brachliegenden Mittel von Aktiengesellschaften und großen kaufmännischen Häusern, und dies Geld vorzuschießen, zu höherem Zinsfuß, an die Banken der Distrikte, wo Kapital mehr gefragt wird; in der Regel durch Rediskontieren der Wechsel von ihren Kunden... So wurde Lombardstreet das große Zentrum, wo die Übertragung von brachliegendem Kapital erfolgt von einem Teil des Landes, wo es nicht nützlich verwandt werden kann, zu einem andern, wo Nachfrage darnach; und dies sowohl für die verschiednen Landesteile, wie auch für ähnlich gestellte Individuen. Ursprünglich waren diese Geschäfte fast ausschließlich beschränkt auf Borgen und auf Leihen gegen bankmäßiges Unterpfand. Aber im Verhältnis, wie das Kapital des Landes rasch anwuchs und durch Errichtung von Banken immer mehr ökonomisiert wurde, wurden die Fonds zur Verfügung dieser Diskontohäuser so groß, daß sie dazu übergingen, Vorschüsse zu machen, zuerst auf dock warrants (Lagerscheine auf Waren in den Docks) und dann auch auf Ladescheine, die noch gar nicht angekommene Produkte repräsentierten, obgleich manchmal, wenn nicht regelmäßig, schon Wechsel darauf auf den Warenmakler gezogen waren. Diese Praxis änderte bald den ganzen Charakter des englischen Geschäfts. Die so in Lombardstreet gebotnen Erleichterungen gaben den Warenmaklern in Mincing Lane eine sehr verstärkte Stellung; diese gaben ihrerseits wieder den ganzen Vorteil den importierenden Kaufleuten; diese letzteren nahmen so sehr teil daran, daß, während 25 Jahre vorher Kreditnahme auf seine Ladescheine oder selbst seine dock warrants den Kredit eines Kaufmanns ruiniert hätte, in den letzten Jahren diese Praxis so allgemein wurde, daß man sie als die Regel betrachten kann, und nicht mehr, wie vor 25 Jahren, als seltne Ausnahme. Ja, dies System ist so weit ausgedehnt worden, daß große Summen in Lombardstreet aufgenommen worden sind auf Wechsel, gezogen gegen die noch wachsende Ernte entlegner Kolonien. Die Folge solcher Erleichterungen war, daß die Importkaufleute ihre auswärtigen Geschäfte erweiterten und ihr schwebendes (floating) Kapital, womit ihr Geschäft bisher geführt worden, festlegten in der verwerflichsten aller Anlagen, in Kolonialplantagen, worüber sie wenig oder gar keine Kontrolle ausüben konnten. So sehn wir die direkte Verkettung der Kredite. Das Kapital des Landes, das in unsern Ackerbaudistrikten angesammelt, wird in kleinen Beträgen als Depositen in Landbanken niedergelegt und zur Verwendung in Lombardstreet zentralisiert. Aber nutzbar gemacht worden ist es erstens zur Ausdehnung des Geschäfts in unsern Bergwerks- und Industriebezirken vermittelst Rediskontieren von Wechseln an dortige Banken; sodann aber auch zur Gewährung größrer Erleichterungen an Importeure auswärtiger Produkte durch Vorschüsse auf dock warrants und Ladescheine, wodurch das ›legitime‹ Kaufmannskapital von Häusern im auswärtigen und Kolonialgeschäft freigesetzt und so zu den verwerflichsten Anlagearten in überseeischen Plantagen verwandt werden konnte.« (»Economist«, 1847, p. 1334.)
Es ist dies die »schöne« Verschlingung der Kredite. Der ländliche Depositor bildet sich ein, nur bei seinem Bankier zu deponieren, und bildet sich ferner ein, daß, wenn der Bankier ausleiht, dies an diesem bekannte Privatpersonen geschieht. Er hat nicht die entfernteste Ahnung, daß dieser Bankier sein Depositum zur Verfügung eines Londoner bill-brokers stellt, über dessen Operationen sie beide nicht die geringste Kontrolle haben.
Wie große öffentliche Unternehmungen, z.B. Eisenbahnbau, momentan das Leihkapital vermehren können, indem die eingezahlten Beträge bis zu ihrer wirklichen Verwendung immer während einer gewissen Zeit in den Händen der Banken disponibel bleiben, haben wir bereits gesehn.
Die Masse des Leihkapitals ist übrigens durchaus verschieden von der Quantität der Zirkulation. Unter Quantität der Zirkulation verstehn wir hier die Summe aller in einem Lande befindlichen, zirkulierenden Banknoten und alles Hartgeldes, inkl. der Barren von Edelmetallen. Ein Teil dieser Quantität bildet die ihrer Größe nach stets wechselnde Reserve der Banken.
»Am 12. Nov. 1857« (dem Datum der Suspension des Bankakts von 1844) »betrug die Gesamtreserve der Bank von England, alle Zweigbanken einbegriffen, nur 580751 Pfd. St.; die Summe der Depositen betrug gleichzeitig 22 1/2 Millionen Pfd. St., wovon nahe an 6 1/2 Millionen den Londoner Bankiers gehörten.« (B. A. 1858, p. LVII.)
Die Variationen des Zinsfußes (abgesehn von den in längern Perioden erfolgenden oder von dem Unterschied des Zinsfußes in verschiednen Ländern; die erstern sind bedingt durch Variationen in der allgemeinen Profitrate, die zweiten durch Differenzen in den Profitraten und in der Entwicklung des Kredits) hängen ab vom Angebot des Leihkapitals (alle andern Umstände, Stand des Vertrauens etc. gleichgesetzt), d.h. des Kapitals, das in Form von Geld, Hartgeld und Noten, verliehen wird; im Unterschied zum industriellen Kapital, das als solches, in Warenform, vermittelst des kommerziellen Kredits, unter den reproduktiven Agenten selbst verliehen wird.
Aber dennoch ist die Masse dieses leihbaren Geldkapitals verschieden und unabhängig von der Masse des zirkulierenden Geldes.
Wenn 20 Pfd. St. z.B. fünfmal per Tag verliehen würden, so würde ein Geldkapital von 100 Pfd. St. verliehen, und dies würde zugleich einschließen, daß diese 20 Pfd. St. außerdem wenigstens viermal als Kauf- oder Zahlungsmittel fungiert hätten; denn wäre es ohne Vermittlung von Kauf und Zahlung, so daß es nicht wenigstens viermal die verwandelte Form von Kapital (Ware, darunter auch Arbeitskraft eingeschlossen) vorgestellt hätte, würde es nicht ein Kapital von 100 Pfd. St., sondern nur fünf Forderungen auf je 20 Pfd. St. konstituieren.
In Ländern von entwickeltem Kredit können wir annehmen, daß alles zur Verleihung disponible Geldkapital in der Form von Depositen bei Banken und Geldverleihern existiert. Dies gilt wenigstens für das Geschäft im ganzen und großen. Zudem wird in guten Geschäftszeiten, ehe die eigentliche Spekulation losgelassen wird, bei leichtem Kredit und wachsendem Vertrauen der größte Teil der Zirkulationsfunktionen durch einfache Kreditübertragung erledigt, ohne Dazwischenkunft von Metall- oder papiernem Geld.
Die bloße Möglichkeit großer Depositenbeträge, bei relativ geringem Quantum von Zirkulationsmitteln, hängt einzig ab:
1. von der Anzahl der Käufe und Zahlungen, die dasselbe Geldstück verrichtet;
2. der Anzahl seiner Rückwanderungen, worin es als Depositum zu den Banken zurückkehrt, so daß seine wiederholte Funktion als Kauf- und Zahlungsmittel vermittelt ist durch seine erneuerte Verwandlung in Depositum. Z.B. ein Kleinhändler deponiere wöchentlich beim Bankier 100 Pfd. St. in Geld; der Bankier zahlt damit einen Teil des Depositums des Fabrikanten aus; dieser zahlt es weg an die Arbeiter; diese zahlen damit beim Kleinhändler, der es aufs neue bei der Bank deponiert. Die vom Kleinhändler deponierten 100 Pfd. St. haben also gedient, erstens ein Depositum des Fabrikanten auszuzahlen, zweitens die Arbeiter zu zahlen, drittens den Kleinhändler selbst zu zahlen, viertens einen ferneren Teil des Geldkapitals desselben Kleinhändlers zu deponieren; denn am Schluß von 20 Wochen, wenn er selbst nicht gegen dies Geld zu ziehn hätte, hätte er so mit denselben 100 Pfd. St. 2000 Pfd. St. beim Bankier deponiert.
Wie weit dies Geldkapital unbeschäftigt ist, zeigt sich nur im Ab- und Zufluß der Reservefonds der Banken. Daher schließt Herr Weguelin, 1857 Gouverneur der Bank von England, daß das Gold in der Bank von England das »einzige« Reservekapital ist:
1258. »Nach meiner Ansicht wird die Diskontrate tatsächlich bestimmt durch den Belauf des unbeschäftigten Kapitals, das im Land vorhanden ist. Der Betrag des unbeschäftigten Kapitals wird repräsentiert durch die Reserve der Bank von England, die tatsächlich eine Goldreserve ist. Wenn also das Gold abfließt, so vermindert dies den Betrag des unbeschäftigten Kapitals im Lande und steigert deshalb den Wert des noch übrigen Teils.« – 1364. [Newmarch:] »Die Goldreserve der Bank von England ist in Wahrheit die Zentralreserve oder der Barschatz, auf Grundlage wovon das ganze Geschäft des Landes bewirkt wird ... Es ist dieser Schatz oder dies Reservoir, worauf die Wirkung der auswärtigen Wechselkurse immer fällt.« (»Report on Bank Acts«, 1857.)
Für die Akkumulation des wirklichen, d.h. produktiven und Warenkapitals gibt einen Maßstab die Statistik der Ausfuhr und Einfuhr. Und da zeigt sich stets, daß für die in zehnjährigen Zyklen sich bewegende Entwicklungsperiode der englischen Industrie (1815-1870) jedesmal das Maximum der letzten Prosperitätszeit vor der Krise als Minimum der nächstfolgenden Prosperitätszeit wieder erscheint, um dann zu einem weit höheren neuen Maximum zu steigen.
Der wirkliche oder deklarierte Wert der ausgeführten Produkte von Großbritannien und Irland im Prosperitätsjahr 1824 war 40396300 Pfd. St. Der Betrag der Ausfuhr fällt dann mit der Krisis von 1825 unter diese Summe und schwankt zwischen 35 und 39 Millionen jährlich. Mit der wiederkehrenden Prosperität 1834 steigt er über das frühere höchste Niveau auf 41649191 Pfd. St. und erreicht 1836 das neue Maximum von 53368571 Pfd. St. Mit 1837 fällt er wieder auf 42 Millionen, so daß das neue Minimum bereits höher steht als das alte Maximum, und schwankt dann zwischen 50 und 53 Millionen. Die Rückkehr der Prosperität hebt den Ausfuhrbetrag 1844 auf 58 1/2 Millionen, wo das Maximum von 1836 schon wieder weit übertroffen ist. 1845 erreicht er 60111082 Pfd. St.; fällt dann auf über 57 Millionen 1846, 1847 beinahe 59 Millionen, 1848 beinahe 53 Millionen, steigt 1849 auf 63 1/2 Millionen, 1853 beinahe 99 Millionen, 1854 97 Millionen, 1855 94 1/2 Millionen, 1856 beinahe 116 Millionen und erreicht das Maximum 1857 mit 122 Millionen. Er fällt 1858 auf 116 Millionen, steigt aber schon 1859 auf 130 Millionen, 1860 beinahe 136 Millionen, 1861 nur 125 Millionen (hier wieder das neue Minimum höher als das frühere Maximum), 1863 146 1/2 Millionen.
Dasselbe könnte natürlich auch nachgewiesen werden für die Einfuhr, die die Ausdehnung des Markts zeigt; hier haben wir es nur mit der Stufenleiter der Produktion zu tun. 〈Dies gilt für England selbstverständlich nur für die Zeit des tatsächlichen industriellen Monopols; es gilt aber überhaupt für die Gesamtheit der Länder mit moderner großer Industrie, solange der Weltmarkt sich noch expandiert. – F. E.}
2. Verwandlung von Kapital oder Revenue in Geld, das in Leihkapital verwandelt wird
Wir betrachten hier die Akkumulation des Geldkapitals, soweit sie nicht Ausdruck ist entweder einer Stockung im Fluß des kommerziellen Kredits oder aber einer Ökonomisierung, sei es des wirklich umlaufenden Mittels, sei es des Reservekapitals der in der Reproduktion beschäftigten Agenten.
Außer diesen beiden Fällen kann Akkumulation von Geldkapital entstehn durch außergewöhnlichen Goldzufluß, wie 1852 und 1853 infolge der australischen und kalifornischen neuen Goldminen. Solches Gold wurde in der Bank von England deponiert. Die Depositoren nahmen Noten dagegen, die sie nicht wieder direkt bei Bankiers deponierten. Dadurch wurde das zirkulierende Mittel außergewöhnlich vermehrt. (Aussage von Weguelin, B. C. 1857, Nr. 1329.) Die Bank suchte diese Depositen zu verwerten durch Erniedrigung des Diskontos auf 2%. Die in der Bank aufgehäufte Goldmasse stieg während sechs Monaten von 1853 auf 22-23 Mill.
Die Akkumulation aller Geld verleihenden Kapitalisten geschieht selbstredend stets unmittelbar in der Geldform, während wir gesehn haben, daß die wirkliche Akkumulation der industriellen Kapitalisten in der Regel durch Vermehrung der Elemente des reproduktiven Kapitals selbst sich vollzieht. Die Entwicklung des Kreditwesens und die ungeheure Konzentration des Geld verleihenden Geschäfts in den Händen großer Banken muß also an und für sich schon die Akkumulation des leihbaren Kapitals beschleunigen als eine von der wirklichen Akkumulation verschiedne Form. Diese rasche Entwicklung des Leihkapitals ist daher ein Resultat der wirklichen Akkumulation, denn sie ist die Folge der Entwicklung des Reproduktionsprozesses, und der Profit, der die Akkumulationsquelle dieser Geldkapitalisten bildet, ist nur ein Abzug von dem Mehrwert, den die Reproduktiven herausschlagen (zugleich Aneignung eines Teils des Zinses von fremden Ersparungen). Das Leihkapital akkumu liert auf Kosten zugleich der Industriellen und Kommerziellen. Wir haben gesehn, wie in den ungünstigen Phasen des industriellen Zyklus der Zinsfuß so hoch steigen kann, daß er für einzelne, besonders nachteilig gestellte Geschäftszweige den Profit zeitweilig ganz verschlingt. Gleichzeitig fallen die Preise der Staatseffekten und andren Wertpapiere. Dies ist der Moment, wo die Geldkapitalisten diese entwerteten Papiere massenhaft aufkaufen, die in den spätern Phasen bald wieder auf und über ihre normale Höhe steigen. Dann werden sie losgeschlagen und so ein Teil des Geldkapitals des Publikums angeeignet. Der Teil, der nicht losgeschlagen wird, wirft höhere Zinsen ab, weil unter dem Preis gekauft. Allen Profit aber, den die Geldkapitalisten machen und den sie in Kapital rückverwandeln, verwandeln sie zunächst in leihbares Geldkapital. Die Akkumulation des letzteren, als unterschieden von der wirklichen Akkumulation, obgleich deren Sprößling, folgt also schon, wenn wir nur die Geldkapitalisten, Bankiers etc. selbst betrachten, als Akkumulation dieser besonderen Klasse von Kapitalisten. Und sie muß wachsen mit jeder Ausdehnung des Kreditwesens, wie es die wirkliche Erweiterung des Reproduktionsprozesses begleitet.
Steht der Zinsfuß niedrig, so fällt diese Entwertung des Geldkapitals hauptsächlich auf die Depositoren, nicht auf die Banken. Vor der Entwicklung der Akti enbanken lagen in England 3/4 aller Depositen bei den Banken unverzinst. Wo jetzt Zins dafür gezahlt wird, beträgt dieser mindestens 1% weniger als der Tageszinsfuß.
Was die Geldakkumulation der übrigen Klassen von Kapitalisten anbetrifft, so sehn wir ab von dem Teil, der in zinstragenden Papieren angelegt wird und in dieser Form akkumuliert. Wir betrachten bloß den Teil, der als leihbares Geldkapital auf den Markt geworfen wird.
Wir haben hier erstens den Teil des Profits, der nicht als Revenue verausgabt, sondern zur Akkumulation bestimmt wird, wofür aber die industriellen Kapitalisten zunächst keine Verwendung in ihrem eignen Geschäft haben. Unmittelbar existiert dieser Profit im Warenkapital, von dessen Wert er einen Teil ausmacht, und wird mit diesem in Geld realisiert. Wird er nun nicht (wir sehn zunächst vom Kaufmann ab, von dem wir besonders sprechen werden) rückverwandelt in die Produktionselemente des Warenkapitals, so muß er eine Zeitlang in Form des Geldes verharren. Diese Masse steigt mit der Masse des Kapitals selbst, auch bei abnehmender Profitrate. Der Teil, der als Revenue verausgabt werden soll, wird nach und nach verzehrt, bildet aber in der Zwischenzeit als Depositum Leihkapital beim Bankier. Also selbst das Wachsen des als Revenue verausgabten Teils des Profits drückt sich aus in einer allmählichen, sich beständig wiederholenden Akkumulation von Leihkapital. Und ebenso der andre Teil, der zur Akkumulation bestimmt ist. Mit Entwicklung des Kreditwesens und seiner Organisation drückt sich also selbst das Steigen der Revenue, d.h. der Konsumtion der industriellen und kommerziellen Kapitalisten aus als Akkumulation von Leihkapital. Und dies gilt von allen Revenuen, soweit sie nach und nach verzehrt werden, also von Grundrente, Arbeitslohn in seinen höhern Formen, Einnahme der unproduktiven Klassen etc. Sie alle nehmen für eine gewisse Zeit die Form der Geldrevenue an und sind daher verwandelbar in Depositen und damit in Leihkapital. Es gilt von aller Revenue, ob zur Konsumtion oder zur Akkumulation bestimmt, sobald sie in irgendwelcher Geldform existiert, daß sie ein in Geld verwandelter Wertteil des Warenkapitals ist und daher Ausdruck und Resultat der wirklichen Akkumulation, aber nicht das produktive Kapital selbst. Wenn ein Spinner sein Garn ausgetauscht hat gegen Baumwolle, den Teil aber, der Revenue bildet, gegen Geld, so ist das wirkliche Dasein seines industriellen Kapitals das Garn, das in die Hand des Webers oder auch etwa des Privatkonsumenten übergegangen, und zwar ist das Garn das Dasein – sei es für Reproduktion, sei es für Konsumtion – sowohl des Kapitalwerts wie des Mehrwerts, der in ihm steckt. Die Größe des in Geld verwandelten Mehrwerts hängt ab von der Größe des im Garn steckenden Mehrwerts. Sobald es aber in Geld verwandelt, ist dies Geld nur das Wertdasein dieses Mehrwerts. Und als solches wird es Moment des Leihkapitals. Dazu ist nichts nötig, als daß es sich in Depositum verwandelt, wenn nicht schon durch seinen Eigner selbst ausgeliehn. Um in produktives Kapital rückverwandelt zu werden, muß es dagegen schon eine bestimmte Minimalgrenze erreicht haben.
32. Geldkapital und wirkliches Kapital III
Die Masse des so in Kapital rückzuverwandelnden Geldes ist Resultat des massenhaften Reproduktionsprozesses, aber für sich betrachtet, als leihbares Geldkapital, ist sie nicht selbst Masse von reproduktivem Kapital.
Das Wichtigste von dem bisher Entwickelten ist, daß die Ausdehnung des Teils der Revenue, der zur Konsumtion bestimmt ist (wobei vom Arbeiter abgesehn wird, weil seine Revenue = dem variablen Kapital), zunächst als Akkumulation von Geldkapital sich darstellt. Es geht also ein Moment in die Akkumulation des Geldkapitals ein, das wesentlich verschieden ist von der wirklichen Akkumulation des industriellen Kapitals; denn der zur Konsumtion bestimmte Teil des jährlichen Produkts wird in keiner Weise Kapital. Ein Teil davon ersetzt Kapital, d.h. das konstante Kapital der Produzenten von Konsumtionsmitteln, aber, soweit er wirklich sich in Kapital verwandelt, existiert er in der Naturalform der Revenue der Produzenten dieses konstanten Kapitals. Dasselbe Geld, das die Revenue repräsentiert, das als bloßer Vermittler der Konsumtion dient, verwandelt sich regelmäßig für eine Zeitlang in leihbares Geldkapital. Soweit dies Geld Arbeitslohn darstellt, ist es zugleich die Geldform des variablen Kapitals; und soweit es das konstante Kapital der Produzenten von Konsumtionsmitteln ersetzt, ist es die Geldform, die ihr konstantes Kapital momentan annimmt, und dient zum Ankauf der Naturalelemente ihres zu ersetzenden konstanten Kapitals. Weder in der einen noch in der andern Form drückt es an sich Akkumulation aus, obgleich seine Masse wächst mit dem Umfang des Reproduktionsprozesses. Aber es verrichtet zeitweilig die Funktion von ausleihbarem Geld, also von Geldkapital. Nach dieser Seite hin muß also die Akkumulation des Geldkapitals immer eine größere Akkumulation von Kapital widerspiegeln, als wirklich vorhanden ist, indem die Ausdehnung der individuellen Konsumtion, weil vermittelt durch Geld, als Akkumulation von Geldkapital erscheint, weil sie die Geldform liefert für wirkliche Akkumulation, für Geld, das neue Kapitalanlagen eröffnet.
Die Akkumulation des leihbaren Geldkapitals drückt also zum Teil nichts aus als die Tatsache, daß alles Geld, worin das industrielle Kapital im Prozeß seines Kreislaufs sich verwandelt, die Form annimmt, nicht von Geld, das die Reproduktiven vorschießen, sondern von Geld, das sie borgen; so daß in der Tat der Vorschuß des Geldes, der im Reproduktionsprozeß geschehn muß, als Vorschuß von geliehenem Geld erscheint. In der Tat leiht auf Grundlage des kommerziellen Kredits der eine dem andern das Geld, das er im Reproduktionsprozeß braucht. Dies nimmt nun aber die Form an, daß der Bankier, dem ein Teil der Reproduktiven es leiht, es dem andern Teil der Reproduktiven leiht, wobei dann der Bankier als der Segenspender erscheint; und zugleich, daß die Verfügung über dies Kapital ganz in die Hände der Bankiers als Mittelspersonen gerät.
Es sind nun noch einige besondre Formen der Akkumulation von Geldkapital anzuführen. Es wird Kapital freigesetzt, z.B. durch Fall im Preis der Produktionselemente, Rohstoffe etc. Kann der Industrielle nicht unmittelbar seinen Reproduktionsprozeß ausdehnen, so wird ein Teil seines Geldkapitals als überschüssig aus dem Kreislauf abgestoßen und verwandelt sich in leihbares Geldkapital. Zweitens aber wird Kapital in Geldform freigesetzt, namentlich beim Kaufmann, sobald Unterbrechungen im Geschäft eintreten. Hat der Kaufmann eine Reihe von Geschäften erledigt und kann infolge solcher Unterbrechungen die neue Reihe erst später beginnen, so repräsentiert das realisierte Geld für ihn nur Schatz, überschüssiges Kapital. Aber zugleich stellt es unmittelbar Akkumulation von leihbarem Geldkapital dar. Im ersten Fall drückt die Akkumulation des Geldkapitals Wiederholung des Reproduktionsprozesses unter günstigern Bedingungen aus, wirkliches Freiwerden eines Teils des früher gebundnen Kapitals, also Befähigung zur Erweiterung des Reproduktionsprozesses mit denselben Geldmitteln. Im andern Fall dagegen bloße Unterbrechung des Flusses der Transaktionen. Aber in beiden Fällen verwandelt es sich in leihbares Geldkapital, stellt Akkumulation desselben dar, wirkt gleichmäßig auf Geldmarkt und Zinsfuß, obgleich es hier Beförderung, dort Hemmung des wirklichen Akkumulationsprozesses ausdrückt. Endlich wird Akkumulation von Geldkapital bewirkt durch die Anzahl von Leuten, die ihr Schäfchen ins trockne gebracht und die sich von der Reproduktion zurückziehn. Je mehr Profite im Lauf des industriellen Zyklus gemacht worden, desto größer ihre Anzahl. Hier drückt die Akkumulation des leihbaren Geldkapitals einerseits wirkliche Akkumulation aus (ihrem relativen Umfang nach); andrerseits bloß den Umfang der Verwandlung industrieller Kapitalisten in bloße Geldkapitalisten.
Was nun den andern Teil des Profits angeht, der nicht bestimmt ist, als Revenue konsumiert zu werden, so verwandelt er sich nur in Geldkapital, wenn nicht unmittelbar anwendbar zur Erweiterung des Geschäfts in der Produktionssphäre, worin er gemacht ist. Dies kann aus zwei Gründen herrühren. Entweder weil diese Sphäre mit Kapital gesättigt ist. Oder weil die Akkumulation, um als Kapital fungieren zu können, erst einen gewissen Umfang erreicht haben muß, je nach den Maßverhältnissen der Anlage von neuem Kapital in diesem bestimmten Geschäft. Sie verwandelt sich also zunächst in leihbares Geldkapital und dient zur Erweiterung der Produktion in andren Sphären. Alle andren Umstände als gleichbleibend angenommen, wird die Masse des zur Rückverwandlung in Kapital bestimmten Profits abhängen von der Masse des gemachten Profits und daher von der Ausdehnung des Reproduktionsprozesses selbst. Stößt aber diese neue Akkumulation in ihrer Anwendung auf Schwierigkeiten, auf Mangel an Anlagesphären, findet also Überfüllung der Produktionszweige und Überangebot von Leihkapital statt, so beweist diese Plethora des leihbaren Geldkapitals nichts als die Schranken der kapitalistischen Produktion. Der nachfolgende Kreditschwindel beweist, daß kein positives Hindernis der Anwendung dieses überflüssigen Kapitals besteht. Wohl aber ein Hindernis vermöge seiner Verwertungsgesetze, vermöge der Schranken, worin sich das Kapital als Kapital verwerten kann. Plethora von Geldkapital als solchem drückt nicht notwendig Überproduktion aus, noch auch nur Mangel an Verwendungssphären für Kapital.
Die Akkumulation des Leihkapitals besteht einfach darin, daß Geld sich als verleihbares Geld niederschlägt. Dieser Prozeß ist sehr verschieden von der wirklichen Verwandlung in Kapital; es ist nur die Akkumulation von Geld in einer Form, worin es in Kapital verwandelt werden kann. Diese Akkumulation kann aber, wie nachgewiesen, Momente ausdrücken, die von der wirklichen Akkumulation sehr verschieden sind. Bei beständiger Erweiterung der wirklichen Akkumulation kann diese erweiterte Akkumulation von Geldkapital teils ihr Resultat sein, teils das Resultat von Momenten, die sie begleiten, aber ganz von ihr verschieden sind, teils endlich auch das Resultat sogar von Stockungen der wirklichen Akkumulation. Schon weil die Akkumulation von Leihkapital angeschwellt wird durch solche, von der wirklichen Akkumulation unabhängige, aber dennoch sie begleitende Momente, muß in bestimmten Phasen des Zyklus beständig Plethora von Geldkapital stattfinden und diese Plethora mit der Ausbildung des Kredits sich entwickeln. Mit ihr muß sich also zugleich die Notwendigkeit entwickeln, den Produktionsprozeß über seine kapitalistischen Schranken hinauszutreiben: Überhandel, Überproduktion, Überkredit. Gleichzeitig muß dies stets in Formen geschehn, die einen Rückschlag hervorrufen.
Was die Akkumulation des Geldkapitals aus Grundrente, Arbeitslohn etc. angeht, so es ist überflüssig, hier darauf einzugehn. Nur dies Moment ist hervorzuheben, daß das Geschäft des wirklichen Sparens und Entsagens (durch Schatzbildner), soweit es Elemente der Akkumulation liefert, durch die Teilung der Arbeit im Fortschritt der kapitalistischen Produktion denen überlassen wird, die das Minimum solcher Elemente beziehn und oft genug noch ihr Erspartes verlieren, wie die Arbeiter bei Falliten von Banken. Einerseits wird das Kapital des industriellen Kapitalisten nicht von ihm selbst »erspart«, sondern im Verhältnis zur Größe seines Kapitals verfügt er über fremde Ersparungen; andrerseits macht der Geldkapitalist die fremden Ersparungen zu seinem Kapital und den Kredit, den sich die reproduktiven Kapitalisten untereinander geben und den ihnen das Publikum gibt, zu seiner privaten Bereicherungsquelle. Die letzte Illusion des kapitalistischen Systems, als ob Kapital der Sprößling eigner Arbeit und Ersparung wäre, geht damit in die Brüche. Nicht nur besteht der Profit in Aneignung fremder Arbeit, sondern das Kapital, womit diese fremde Arbeit in Bewegung gesetzt und ausgebeutet wird, besteht aus fremdem Eigentum, das der Geldkapitalist dem industriellen Kapitalisten zur Verfügung stellt und wofür er diesen seinerseits exploitiert.
Es ist noch einiges über das Kreditkapital zu bemerken.
Wie oft dasselbe Geldstück als Leihkapital figurieren kann, hängt, wie schon oben entwickelt, ganz davon ab
1. wie oft es Warenwerte in Verkauf oder in Zahlung realisiert, also Kapital überträgt, und ferner davon, wie oft es Revenue realisiert. Wie oft es in andre Hand kommt als realisierter Wert, sei es von Kapital oder Revenue, hängt daher offenbar ab von Umfang und Masse der wirklichen Umsätze;
2. hängt dies ab von der Ökonomie der Zahlungen und von der Entwicklung und Organisation des Kreditwesens;
3. endlich von der Verkettung und Aktionsgeschwindigkeit der Kredite, so daß, wenn es an einem Punkt als Depositum niederfällt, es auf dem andern sofort wieder als Anleihe hinausgeht.
Selbst gesetzt, die Form, worin das Leihkapital existiert, sei bloß die des wirklichen Geldes, Goldes oder Silbers, der Ware, deren Stoff als Maß der Werte dient, so ist notwendig stets ein großer Teil dieses Geldkapitals bloß fiktiv, d.h. Titel auf Wert, ganz wie die Wertzeichen. Soweit Geld fungiert im Kreislauf des Kapitals, bildet es zwar für einen Moment Geldkapital; aber es verwandelt sich nicht in leihbares Geldkapital, sondern wird entweder ausgetauscht gegen die Elemente des produktiven Kapitals, oder bei Realisierung der Revenue als Umlaufsmittel weggezahlt und kann sich also nicht für seinen Besitzer in Leihkapital verwandeln. Soweit es sich aber in Leih kapital verwandelt und dasselbe Geld wiederholt Leihkapital vorstellt, ist klar, daß es nur an einem Punkt als metallisches Geld existiert; an allen andern Punkten existiert es nur in der Form von Anspruch auf Kapital. Die Akkumulation dieser Ansprüche, nach der Voraussetzung, entspringt aus der wirklichen Akkumulation, d.h. aus der Verwandlung des Werts des Warenkapitals etc. in Geld; aber dennoch ist die Akkumulation dieser Ansprüche oder Titel als solche verschieden, sowohl von der wirklichen Akkumulation, der sie entspringt, wie von der zukünftigen Akkumulation (dem neuen Produktionsprozeß), welche durch das Ausleihen des Geldes vermittelt wird.
Prima facie existiert das Leihkapital immer in der Form des Geldes101, später als Anspruch auf Geld, indem das Geld, worin es ursprünglich existiert, nun in der Hand des Borgers in wirklicher Geldform vorhanden ist. Für den Verleiher hat es sich in Anspruch auf Geld, in einen Eigentumstitel verwandelt. Dieselbe Masse wirkliches Geld kann daher sehr verschiedene Massen von Geldkapital vorstellen. Bloßes Geld, ob es realisiertes Kapital oder realisierte Revenue vorstellt, wird Leihkapital durch den bloßen Akt des Ausleihens, durch seine Verwandlung in Depositum, wenn wir die allgemeine Form bei entwickeltem Kreditsystem betrachten. Das Depositum ist Geldkapital für den Depositor. Es mag aber in der Hand des Bankiers nur potentielles Geldkapital sein, das in seiner Kasse brachliegt statt in der seines Eigentümers.102
Mit dem Wachstum des stofflichen Reichtums wächst die Klasse der Geldkapitalisten; es vermehrt sich einerseits die Zahl und der Reichtum der sich zurückziehenden Kapitalisten, der Rentiers; und zweitens wird die Entwicklung des Kreditsystems gefördert und damit die Zahl der Bankiers, Geldverleiher, Finanziers etc. vermehrt. – Mit der Entwicklung des disponiblen Geldkapitals entwickelt sich die Masse der zinstragenden Papiere, Staatspapiere, Aktien etc., wie früher entwickelt. Aber damit zugleich die Nachfrage nach disponiblem Geldkapital, indem die Jobbers, die in diesen Papieren Spekulationsgeschäfte machen, eine Hauptrolle im Geldmarkt spielen. Wären alle Käufe und Verkäufe dieser Papiere nur der Ausdruck wirklicher Kapitalanlage, so wäre es richtig zu sagen, daß sie nicht auf die Nachfrage nach Leihkapital wirken können, indem, wenn A sein Papier verkauft, er gerade so viel Geld herauszieht, wie B in das Papier steckt. Indes selbst dann, da das Papier zwar existiert, aber nicht das Kapital (wenigstens nicht als Geldkapital), das es ursprünglich vorstellt, erzeugt es immer pro tanto neue Nachfrage für solches Geldkapital. Aber jedenfalls ist es dann Geldkapital, worüber früher B, jetzt A disponiert.
B. A. 1857. Nr. 4886: »Ist es nach Ihrer Ansicht eine richtige Angabe der Ursachen, die die Diskontorate bestimmen, wenn ich sage, daß sie geregelt wird durch die Menge des im Markt befindlichen Kapitals, das verwendbar ist für den Diskonto von Handelswechseln, im Unterschied von andern Arten von Wertpapieren?« – 〈Chapman:} »Nein; ich halte dafür, daß der Zinsfuß affiziert wird durch alle leichtkonvertiblen Wertpapiere (all convertible securities of a current character); es würde unrecht sein, die Frage einfach auf den Wechseldiskonto zu beschränken; denn wenn große Nachfrage für Geld besteht auf« 〈Depot von} »Konsols, oder selbst Schatzscheine, wie das neuerdings stark der Fall war, und zu einem viel höhern als dem kommerziellen Zinsfuß, so wäre es absurd, zu sagen, daß unsre Handelswelt nicht davon berührt würde; sie wird sehr wesentlich davon berührt.« – 4890. »Wenn gute und gangbare Wertpapiere, wie Bankiers sie als solche anerkennen, im Markt sind und die Eigner Geld darauf aufnehmen wollen, so hat das ganz sicher seine Wirkung auf Handelswechsel; ich kann z.B. nicht erwarten, daß ein Mann mir sein Geld zu 5% auf Handelswechsel gibt, wenn er dies Geld gleichzeitig zu 6% auf Konsols usw. ausleihen kann; es affiziert uns in derselben Weise; niemand kann von mir verlangen, daß ich seine Wechsel zu 5 1/2% diskontiere, wenn ich mein Geld zu 6% ausleihen kann.« – 4892. »Von Leuten, die für 2000 Pfd. St. oder 5000 Pfd. St. oder 10000 Pfd. St. Wertpapiere als feste Kapitalanlagen kaufen, sprechen wir nicht, als ob sie wesentlich auf den Geldmarkt einwirken. Wenn Sie mich fragen nach dem Zinsfuß auf« 〈Depot von} »Konsols, so spreche ich von Leuten, die Geschäfte zum Betrag von Hunderttausenden machen, von sogenannten Jobbers, die große Beträge öffentlicher Anleihen zeichnen oder im Markt kaufen und die dann diese Papiere halten müssen, bis sie sie mit einem Profit loswerden können; diese Leute müssen zu diesem Zweck Geld aufnehmen.«
Mit der Entwicklung des Kreditwesens werden große konzentrierte Geldmärkte geschaffen, wie London, die zugleich Hauptsitze des Handels in diesen Papieren sind. Die Bankiers stellen dem Gelichter dieser Händler das Geldkapital des Publikums massenhaft zur Verfügung, und so wächst diese Brut von Spielern.
»Geld ist auf der Effektenbörse gewöhnlich wohlfeiler als irgendwo anders«, sagt 1848 der damalige Gouverneur der Bank v. E. vor dem geheimen Komitee der Lords. (C. D. 1848, printed 1857, Nr. 219.)
Es ist bereits bei Betrachtung des zinstragenden Kapitals dargestellt worden, daß der Durchschnittszins für eine längere Reihe von Jahren, bei sonst gleichbleibenden Umständen, bestimmt wird durch die Durchschnittsrate des Profits, nicht des Unternehmergewinns, der selbst nichts ist als der Profit minus dem Zins.
Daß auch für die Variationen des kommerziellen Zinses – des Zinses, der für Diskontierungen und Anleihen innerhalb des Kreises der Handelswelt von den Geldverleihern berechnet wird – im Verlauf des industriellen Zyklus eine Phase eintritt, wo der Zinsfuß sein Minimum übersteigt und die mittlere Durchschnittshöhe erreicht (die er dann später überschreitet), und wo diese Bewegung Folge des Steigens des Profits ist –, auch dies ist bereits erwähnt und wird noch weiter untersucht werden.
Indes ist hier zweierlei zu bemerken:
Erstens: Wenn der Zinsfuß sich für längere Zeit hochhält (wir sprechen hier vom Zinsfuß in einem gegebnen Land wie England, wo der mittlere Zinsfuß für längere Zeit gegeben ist und sich auch darstellt in dem für Anleihen auf längere Perioden bezahlten Zins, was man Privatzins nennen kann), so ist dies prima facie Beweis, daß während dieser Zeit die Rate des Profits hoch ist, beweist aber nicht notwendig, daß die Rate des Unternehmergewinns hoch ist. Dieser letztere Unterschied fällt mehr oder weniger weg für Kapitalisten, die vorwiegend mit eignem Kapital arbeiten; sie realisieren die hohe Rate des Profits, da sie sich den Zins selbst zahlen. Die Möglichkeit länger dauernden hohen Zinsfußes – wir sprechen hier nicht von der Phase der eigentlichen Klemme – ist gegeben mit hoher Rate des Profits. Es ist aber möglich, daß diese hohe Profitrate, nach Abzug der hohen Zinsrate, nur eine niedrige Rate des Unternehmergewinns übrigläßt. Diese letztere mag einschrumpfen, während die hohe Profitrate fortdauert. Es ist dies möglich, weil die einmal in Angriff genommenen Unternehmungen fortgeführt werden müssen. In dieser Phase wird stark mit bloßem Kreditkapital (fremdem Kapital) gearbeitet; und die hohe Profitrate kann stellenweise spekulativ, prospektiv sein. Hohe Zinsrate kann gezahlt werden mit hoher Profitrate, aber abnehmendem Unternehmergewinn. Sie kann gezahlt werden – und dies ist z. T. der Fall in Zeiten der Spekulation – nicht aus dem Profit, sondern aus dem geborgten fremden Kapital selbst, und dies kann eine Zeitlang fortdauern.
Zweitens: Der Ausdruck, daß die Nachfrage nach Geldkapital und daher die Zinsrate wächst, weil die Profitrate hoch, ist nicht identisch damit, daß die Nachfrage nach industriellem Kapital wächst und daher die Zinsrate hoch ist.
In Zeiten der Krise erreicht die Nachfrage nach Leihkapital und damit die Zinsrate ihr Maximum; die Profitrate und mit ihr die Nachfrage nach industriellem Kapital ist so gut wie verschwunden. In solchen Zeiten borgt jeder nur, um zu zahlen, um bereits eingegangne Verpflichtungen abzuwickeln. Dagegen in Zeiten der Wiederbelebung nach der Krise wird Leihkapital verlangt, um zu kaufen und um das Geldkapital in produktives oder kommerzielles Kapital zu verwandeln. Und dann wird es verlangt entweder vom industriellen Kapitalisten oder vom Kaufmann. Der industrielle Kapitalist legt es aus in Produktionsmitteln und in Arbeitskraft.
Die steigende Nachfrage nach Arbeitskraft kann an sich nie Grund sein für steigenden Zinsfuß, soweit er durch die Profitrate bestimmt wird. Höherer Arbeitslohn ist nie Grund eines höhern Profits, obgleich er, besondre Phasen des industriellen Zyklus betrachtet, eine seiner Folgen sein kann.
Es kann die Nachfrage nach Arbeitskraft zunehmen, weil die Exploitation der Arbeit unter besonders günstigen Umständen vor sich geht, aber die steigende Nachfrage nach Arbeitskraft und daher nach variablem Kapital vermehrt an und für sich nicht den Profit, sondern schmälert ihn pro tanto. Dennoch kann aber damit die Nachfrage nach variablem Kapital zunehmen, also auch die Nachfrage nach Geldkapital, und dies den Zinsfuß erhöhen. Der Marktpreis der Arbeitskraft steigt dann über seinen Durchschnitt, es wird eine mehr als die durchschnittliche Zahl von Arbeitern beschäftigt, und gleichzeitig steigt der Zinsfuß, weil mit jenen Umständen die Nachfrage nach Geldkapital. Die steigende Nachfrage nach Arbeitskraft verteuert diese Ware wie jede andre, steigert ihren Preis, aber nicht den Profit, der hauptsächlich auf der relativen Wohlfeilheit gerade dieser Ware beruht. Sie erhöht aber zugleich – unter den vorausgesetzten Umständen – die Zinsrate, weil sie die Nachfrage nach Geldkapital erhöht. Verwandelte sich der Geldkapitalist, statt das Geld auszuleihen, in einen Industriellen, so würde der Umstand, daß er die Arbeit teurer zu zahlen hat, an und für sich seinen Profit nicht erhöhen, sondern pro tanto vermindern. Die Konjunktur der Umstände mag so sein, daß trotzdem sein Profit steigt, aber nie weil er die Arbeit teurer zahlt. Der letztre Umstand, soweit er die Nachfrage nach Geldkapital vermehrt, ist aber hinreichend, um die Zinsrate zu erhöhen. Stiege aus irgendwelchen Ursachen der Arbeitslohn, bei sonst ungünstigen Konjunkturen, so würde das Steigen des Arbeitslohns die Profitrate senken, aber die Zinsrate steigern in dem Maß, wie es die Nachfrage nach Geldkapital vermehrte.
Von der Arbeit abgesehn, besteht das, was Overstone die »Nachfrage nach Kapital« nennt, nur in Nachfrage nach Waren. Die Nachfrage nach Waren steigert ihren Preis, sei es, daß sie über den Durchschnitt steigt, oder daß die Zufuhr unter den Durchschnitt fällt. Wenn der industrielle Kapitalist oder Kaufmann jetzt z.B. 150 Pfd. St. für dieselbe Warenmasse zu zahlen hat, wofür er früher 100 Pfd. St. zahlte, so hätte er 150 Pfd. St. anzuleihen, wo sonst 100 Pfd. St., und hätte daher bei 5% Zins 7 1/2 Pfd. St. zu zahlen, wo er sonst 5 Pfd. St. zahlte. Die Masse des von ihm zu zahlenden Zinses würde steigen, weil die Masse des geborgten Kapitals.
Der ganze Versuch des Herrn Overstone besteht darin, die Interessen des Leihkapitals und des industriellen Kapitals als identisch darzustellen, während sein Bankakt gerade darauf berechnet ist, die Differenz dieser Interessen zum Vorteil des Geldkapitals auszubeuten.
Es ist möglich, daß die Nachfrage nach Waren, im Fall ihre Zufuhr unter den Durchschnitt gefallen, nicht mehr Geldkapital absorbiert als früher. Es ist dieselbe Summe, vielleicht eine kleinere, zu zahlen für ihren Gesamtwert, aber für dieselbe Summe wird ein kleineres Quantum von Gebrauchswerten erhalten. In diesem Falle wird die Nachfrage nach leihbarem Geldkapital dieselbe bleiben, also der Zinsfuß nicht steigen, obgleich die Nachfrage nach der Ware im Verhältnis zu ihrer Zufuhr und daher der Preis der Ware gestiegen wäre. Der Zinsfuß kann nur berührt werden, sobald die Gesamtnachfrage nach Leihkapital wächst, und dies ist unter obigen Voraussetzungen nicht der Fall.
Die Zufuhr eines Artikels kann aber auch unter den Durchschnitt fallen, wie bei Mißernte in Korn, Baumwolle etc., und die Nachfrage nach Leihkapital wachsen, weil darauf spekuliert wird, daß die Preise noch höher steigen, und das nächste Mittel, sie steigen zu machen, darin besteht, einen Teil der Zufuhr dem Markt zeitweilig zu entziehn. Um aber die gekaufte Ware zu bezahlen, ohne sie zu verkaufen, wird vermittelst der kommerziellen »Wechselwirtschaft« Geld verschafft. In diesem Fall wächst die Nachfrage nach Leihkapital, und der Zinsfuß kann steigen infolge dieses Versuchs, die Zufuhr der Ware zum Markt künstlich zu verhindern. Der höhere Zinsfuß drückt dann eine künstliche Verminderung der Zufuhr des Warenkapitals aus.
Andrerseits kann die Nachfrage nach einem Artikel wachsen, weil seine Zufuhr gewachsen ist und der Artikel unter seinem Durchschnittspreis steht.
In diesem Fall kann die Nachfrage nach Leihkapital dieselbe bleiben oder selbst fallen, weil mit derselben Geldsumme mehr Waren zu haben sind. Es könnte aber auch spekulative Vorratbildung eintreten, teils zur Benutzung des günstigen Moments für Produktionszwecke, teils in Erwartung späterer Preissteigerung. In diesem Fall könnte die Nachfrage nach Leih kapital wachsen, und der erhöhte Zinsfuß wäre so Ausdruck von Kapitalanlage in überschüssiger Vorratbildung von Elementen des produktiven Kapitals. Wir betrachten hier nur die Nachfrage nach Leihkapital, wie sie beeinflußt wird durch die Nachfrage und Zufuhr des Warenkapitals. Es ist schon früher auseinandergesetzt, wie der wechselnde Stand des Reproduktionsprozesses in den Phasen des industriellen Zyklus auf das Angebot von Leihkapital wirkt. Den trivialen Satz, daß die Marktrate des Zinsfußes bestimmt ist durch Zufuhr und Nachfrage von (Leih-)Kapital, wirft Overstone schlauerweise zusammen mit seiner eignen Annahme, wonach Leihkapital identisch ist mit Kapital überhaupt, und sucht dadurch den Wucherer in den einzigen Kapitalisten und sein Kapital in das einzige Kapital zu verwandeln.
In Zeiten der Klemme ist die Nachfrage nach Leihkapital Nachfrage nach Zahlungsmittel und weiter gar nichts; keineswegs Nachfrage nach Geld als Kaufmittel. Der Zinsfuß kann dabei sehr hoch gehn, einerlei ob reales Kapital – produktives und Warenkapital – im Übermaß vorhanden oder knapp. Die Nachfrage nach Zahlungsmitteln ist bloße Nachfrage nach Umsetzbarkeit in Geld, soweit die Kaufleute und Produzenten gute Sicherheiten bieten können; sie ist Nachfrage nach Geldkapital, soweit dies nicht der Fall ist, soweit also ein Vorschuß von Zahlungsmitteln ihnen nicht nur die Geldform gibt, sondern das ihnen mangelnde Äquivalent, in welcher Form es sei, zum Zahlen. Dies ist der Punkt, wo beide Seiten der landläufigen Theorie bei Beurteilung der Krisen recht und unrecht haben. Die da sagen, daß bloß Mangel an Zahlungsmitteln existiert, haben entweder bloß die Besitzer von bona fide Sicherheiten im Auge oder sind Narren, die glauben, es sei die Pflicht und in der Macht einer Bank, durch Papierzettel alle bankrotten Schwindler in zahlungsfähige solide Kapitalisten zu verwandeln. Die da sagen, daß bloß Mangel an Kapital existiert, machen entweder bloße Wortklauberei, da ja in solchen Zeiten das inkonvertible Kapital infolge von Übereinfuhr und Überproduktion massenhaft vorhanden ist, oder sie sprechen bloß von jenen Kreditrittern, die nun in der Tat in Umstände gesetzt sind, wo sie nicht länger fremdes Kapital erhalten, um damit zu wirtschaften, und nun verlangen, die Bank solle ihnen nicht nur das verlorne Kapital zahlen helfen, sondern sie auch noch zur Fortsetzung des Schwindels befähigen.
Es ist Grundlage der kapitalistischen Produktion, daß das Geld als selbständige Form des Werts der Ware gegenübertritt oder daß der Tauschwert selbständige Form im Geld erhalten muß, und dies ist nur möglich, indem eine bestimmte Ware das Material wird, in deren Wert sich alle andern Waren messen, daß sie ebendadurch die allgemeine Ware, die Ware par excellence im Gegensatz zu allen andern Waren wird. Dies muß sich in doppelter Hinsicht zeigen, und namentlich bei kapitalistisch entwickelten Nationen, die das Geld in großem Maß ersetzen, einerseits durch Kreditoperationen, andrerseits durch Kreditgeld. In Zeiten der Klemme, wo der Kredit einschrumpft oder ganz aufhört, tritt plötzlich Geld als einziges Zahlungsmittel und wahres Dasein des Werts absolut den Waren gegenüber. Daher die allgemeine Entwertung der Waren, die Schwierigkeit, ja die Unmöglichkeit, sie in Geld zu verwandeln, d.h. in ihre eigne rein phantastische Form. Zweitens aber: das Kreditgeld selbst ist nur Geld, soweit es im Betrage seines Nominalwerts absolut das wirkliche Geld vertritt. Mit dem Goldabfluß wird seine Konvertibilität in Geld problematisch, d.h. seine Identität mit wirklichem Gold. Daher Zwangsmaßregeln, Heraufsetzung des Zinsfußes etc., um die Bedingungen dieser Konvertibilität zu sichern. Dies kann mehr oder minder auf die Spitze getrieben werden durch falsche Gesetzgebung, beruhend auf falschen Theorien vom Geld und der Nation aufgedrängt durch das Interesse der Geldhändler, der Overstone und Konsorten. Die Grundlage aber ist gegeben mit der Grundlage der Produktionsweise selbst. Eine Entwertung des Kreditgeldes (gar nicht zu sprechen von einer übrigens nur imaginären Entgeldung desselben) würde alle bestehenden Verhältnisse erschüttern. Der Wert der Waren wird daher geopfert, um das phantastische und selbständige Dasein dieses Werts im Geld zu sichern. Als Geldwert ist er überhaupt nur gesichert, solange das Geld gesichert ist. Für ein paar Millionen Geld müssen daher viele Millionen Waren zum Opfer gebracht werden. Dies ist unvermeidlich in der kapitalistischen Produktion und bildet eine ihrer Schönheiten. In frühern Produktionsweisen kommt dies nicht vor, weil bei der engen Basis, auf der sie sich bewegen, weder der Kredit noch das Kreditgeld zur Entwicklung kommt. Solange der gesellschaftliche Charakter der Arbeit als das Gelddasein der Ware und daher als ein Ding außer der wirklichen Produktion erscheint, sind Geldkrisen, unabhängig oder als Verschärfung wirklicher Krisen, unvermeidlich. Es ist andrerseits klar, daß, solange der Kredit einer Bank nicht erschüttert ist, sie durch Vermehrung des Kreditgelds in solchen Fällen die Panik lindert, durch dessen Einziehung sie aber vermehrt. Alle Geschichte der modernen Industrie zeigt, daß Metall in der Tat nur erheischt wäre zur Saldierung des internationalen Handels, sobald dessen Gleichgewicht momentan verschoben ist, wenn die inländische Produktion organisiert wäre. Daß das Inland schon jetzt kein Metallgeld bedarf, beweist die Suspension der Barzahlungen der sog. Nationalban ken, zu der, als zum einzigen Hilfsmittel, in allen extremen Fällen gegriffen wird.
Bei zwei Individuen wäre es lächerlich, zu sagen, daß im Verkehr untereinander beide die Zahlungsbilanz gegen sich haben. Wenn sie wechselseitig Schuldner und Gläubiger voneinander sind, ist es klar, daß, wenn ihre Forderungen sich nicht ausgleichen, für den Rest der eine der Schuldner des andern sein muß. Bei Nationen ist dies keineswegs der Fall. Und daß es nicht der Fall ist, ist von allen Ökonomen in dem Satz anerkannt, daß die Zahlungsbilanz für oder gegen eine Nation sein kann, obwohl ihre Handelsbilanz sich schließlich ausgleichen muß. Die Zahlungsbilanz unterscheidet sich dadurch von der Handelsbilanz, daß sie eine in einer bestimmten Zeit fällige Handelsbilanz ist. Was nun die Krisen tun, ist, daß sie die Differenz zwischen der Zahlungsbilanz und der Handelsbilanz in eine kurze Zeit zusammendrängen; und die bestimmten Zustände, die sich bei der Nation entwickeln, bei der die Krise ist, bei der daher jetzt der Zahlungstermin eintritt, – diese Zustände bringen schon eine solche Kontraktion der Ausgleichungszeit mit sich. Erstens das Wegsenden von Edelmetallen; dann das Losschlagen konsignierter Waren; das Exportieren von Waren, um sie loszuschlagen oder um im Inland Geldvorschüsse darauf aufzutreiben; das Steigen des Zinsfußes, das Aufkündigen der Kredite, das Fallen der Wertpapiere, das Losschlagen fremder Wertpapiere, die Attraktion von fremdem Kapital zur Anlage in diesen entwerteten Wertpapieren, endlich der Bankrott, der eine Masse Forderungen ausgleicht. Es wird dabei oft noch Metall versandt nach dem Land, wo die Krise ausgebrochen, weil die Wechsel darauf unsicher, also die Zahlung am sichersten in Metall erfolgt. Es kommt dazu der Umstand, daß mit Bezug auf Asien alle kapitalistischen Nationen meist gleichzeitig, direkt oder indirekt, seine Schuldner sind. Sobald diese verschiednen Umstände auf die andre beteiligte Nation ihre volle Wirkung üben, tritt auch bei ihr Gold- oder Silberexport, kurz der Zahlungstermin ein, und dieselben Phänomene wiederholen sich.
Bei dem kommerziellen Kredit geht der Zins, als Unterschied des Kreditpreises vom Barpreise, nur soweit in den Warenpreis ein, als die Wechsel längre als gewöhnliche Laufzeit haben. Andernfalls nicht. Und dies erklärt sich daraus, daß jeder mit der einen Hand diesen Kredit nimmt und ihn mit der andern gibt. 〈Dies stimmt nicht mit meiner Erfahrung. – F. E.} Soweit aber der Diskonto in dieser Form hier eingeht, ist er nicht durch diesen kommerziellen Kredit, sondern durch den Geldmarkt geregelt.
Wären Nachfrage und Angebot von Geldkapital, die den Zinsfuß bestimmen, identisch mit Nachfrage und Angebot von wirklichem Kapital, wie Overstone behauptet, so müßte, je nachdem man verschiedne Waren oder dieselbe Ware in verschiednen Stadien (Rohstoff, Halbfabrikat, fertiges Produkt) betrachtet, der Zins gleichzeitig niedrig und hoch sein. 1844 schwankte der Zinsfuß der B. v. E. zwischen 4% (von Januar bis September) und 2 1/2 und 3% von November bis Jahresschluß. 1845 war er 2 1/2, 2 3/4, 3% von Januar bis Oktober, zwischen 3 und 5% in den letzten Monaten. Der Durchschnittspreis von fair Orleans Baumwolle war 1844 6 1/4 d. und 1845 4 7/8 d. Am 3. März 1844 war der Baumwollvorrat in Liverpool 627042 Ballen und am 3. März 1845 773800 Ballen. Nach dem niedrigen Preis der Baumwolle zu schließen, mußte der Zinsfuß 1845 niedrig sein, was er in der Tat während des größten Teils dieser Zeit war. Aber nach dem Garn zu schließen, hätte er hoch sein müssen, denn die Preise waren relativ und die Profite absolut hoch. Aus Baumwolle zu 4 d. das Pfund konnte 1845 mit 4 d. Spinnkosten ein Garn gesponnen werden (Nr. 40 gut secunda mule twist), das dem Spinner also 8 d. kostete und das er September und Oktober 1845 zu 10 1/2 oder 11 1/2 d. per Pfund verkaufen konnte. (S. Aussage von Wylie weiter unten.)
Die ganze Sache kann dadurch zur Entscheidung gebracht werden:
Nachfrage und Angebot von Leihkapital wäre identisch mit Nachfrage und Angebot von Kapital überhaupt (obgleich diese letztere Phrase absurd ist; für den Industriellen oder Kaufmann ist die Ware eine Form seines Kapitals, aber er verlangt doch nie Kapital als solches, sondern stets nur diese spezielle Ware als solche, kauft und zahlt sie als Ware, Korn oder Baumwolle, unabhängig von der Rolle, die sie im Kreislauf seines Kapitals einzunehmen hat), wenn es keine Geldverleiher gäbe und statt deren die verleihenden Kapitalisten im Besitz von Maschinerie, Rohstoff etc. wären und sie diese ausliehen oder vermieteten, wie jetzt Häuser, an die industriellen Kapitalisten, die selbst Eigner eines Teils dieser Gegenstände sind. Unter solchen Umständen wäre die Zufuhr von Leihkapital identisch mit Zufuhr von Produktionselementen für den industriellen Kapitalisten, von Waren für den Kaufmann. Es ist aber klar, daß dann die Teilung des Profits zwischen Leiher und Borger zunächst ganz abhängen würde von dem Verhältnis, worin dies Kapital geliehen ist und worin es Eigentum dessen, der es anwendet.
Nach Herrn Weguelin (B. A. 1857) ist der Zinsfuß bestimmt durch »die Masse des unbeschäftigten Kapitals« (252); ist »nur ein Index der Masse des unbeschäftigten Kapitals, das Anlage sucht« (271); später heißt dies unbeschäftigte Kapital »floating capital« (485) und darunter versteht er »Noten der Bank von England und andre Zirkulationsmittel im Lande; z.B. die Noten der Provinzialbanken und die im Lande vorhandne Münze... ich schließe unter floating capital auch die Reserven der Banken ein« (502, 503) und später auch Barrengold (503). So sagt derselbe Weguelin, daß die Bank von England großen Einfluß auf den Zinsfuß hat zu Zeiten, »wo wir« (die B. v. E.) »tatsächlich den größten Teil des unbeschäftigten Kapitals in unsrer Hand haben« (1198), während nach obigen Aussagen des Herrn Overstone die Bank von England »kein Platz für Kapital ist«. Ferner sagt Weguelin:
»Nach meiner Ansicht wird die Diskontorate reguliert durch die Menge des unbeschäftigten Kapitals im Lande. Die Menge des unbeschäftigten Kapitals ist repräsentiert durch die Reserve der B. v. E., die tatsächlich eine Metallreserve ist. Wenn also der Metallschatz vermindert wird, vermindert dies die Menge des unbeschäftigten Kapitals im Lande und steigert also den Wert des noch vorhandnen Rests.« (1258.)
J. Stuart Mill sagt 2102:
»Die Bank ist genötigt, um ihr banking department solvent zu erhalten, ihr möglichstes zu tun, die Reserve dieses Departements zu füllen; sobald sie also findet, daß ein Abfluß eintritt, muß sie sich eine Reserve sichern und entweder ihre Diskontierungen einschränken oder Wertpapiere verkaufen.«
Die Reserve, soweit bloß das banking department betrachtet wird, ist Reserve nur für die Depositen. Nach den Overstones soll das banking department bloß als Bankier handeln, ohne Rücksicht auf die »automatische« Notenausgabe. Aber in Zeiten wirklicher Klemme hat das Institut, unabhängig von der Reserve des banking department, die nur aus Noten besteht, ein sehr scharfes Auge auf den Metallschatz und muß es haben, wenn es nicht fallieren will. Denn im selben Maß wie der Metallschatz schwindet, schwindet auch die Reserve von Banknoten, und niemand sollte dies besser wissen als Herr Overstone, der dies eben durch seinen Bankakt von 1844 so weise eingerichtet hat.
33. Das Umlaufsmittel unter dem Kreditsystem
»Der große Regulator der Geschwindigkeit der Zirkulation ist der Kredit. Daher erklärt sich, warum eine scharfe Klemme im Geldmarkt gewöhnlich zusammenfällt mit einer gefüllten Zirkulation.« (»The Currency Theory Reviewed«, p. 65.)
Dies ist doppelt zu verstehn. Einerseits sind alle Methoden, die Zirkulationsmittel ersparen, begründet auf den Kredit. Zweitens aber: nimm z.B. eine 500-Pfund-Note. A gibt sie heute in Zahlung eines Wechsels an B; B deponiert sie denselben Tag bei seinem Bankier; dieser diskontiert noch selben Tags einen Wechsel damit für C; C zahlt sie an seine Bank, die Bank gibt sie dem bill-broker auf Vorschuß etc. Die Geschwindigkeit, mit der die Note hier zirkuliert, zu Käufen oder Zahlungen dient, ist vermittelt durch die Geschwindigkeit, womit sie immer wieder in der Form des Depositums zu jemandem zurückkehrt und in der Form des Anlehens wieder zu jemand anders übergeht. Das bloße Ökonomisieren des Zirkulationsmittels erscheint am höchsten entwickelt im Clearing House, dem bloßen Austausch von fälligen Wechseln, und der vorwiegenden Funktion des Geldes als Zahlungsmittel zum Ausgleich bloßer Überschüsse. Aber das Dasein dieser Wechsel beruht selbst wieder auf dem Kredit, den sich die Industriellen und Kaufleute untereinander geben. Nimmt dieser Kredit ab, so nimmt die Zahl der Wechsel ab, namentlich der langsichtigen, also auch die Wirksamkeit dieser Methode der Ausgleichungen. Und diese Ökonomie, die in der Beseitigung des Geldes aus den Umsätzen besteht und die ganz auf der Funktion des Geldes als Zahlungsmittel beruht, welche wieder auf dem Kredit beruht, kann (abgesehn von der mehr oder minder entwickelten Technik in der Konzentration dieser Zahlungen) nur zweierlei Art sein: Wechselseitige Schuldforderungen, repräsentiert durch Wechsel oder Schecks, gleichen sich aus entweder bei demselben Bankier, der nur die Forderung vom Konto des einen auf das des andern überschreibt; oder die verschiednen Bankiers gleichen untereinander aus.103 Die Konzentration von 8-10 Millionen Wechseln in der Hand eines bill-brokers, wie z.B. der Firma Overend, Gurney & Co., war eins der Hauptmittel, die Stufenleiter dieser Ausgleichung lokal zu erweitern. Durch diese Ökonomisierung wird die Wirksamkeit des Umlaufsmittels erhöht, soweit ein geringres Quantum davon erfordert wird zur bloßen Saldierung der Bilanz. Andrerseits hängt die Geschwindigkeit des als Zirkulationsmittel umlaufenden Geldes (wodurch es auch ökonomisiert wird) ganz ab von dem Fluß der Käufe und Verkäufe, oder auch von der Verkettung der Zahlungen, soweit sie nacheinander in Geld erfolgen. Aber der Kredit vermittelt und erhöht dadurch die Geschwindigkeit der Zirkulation. Das einzelne Geldstück kann z.B. nur fünf Umläufe bewirken und bleibt länger in jeder einzelnen Hand ruhen – als bloßes Zirkulationsmittel ohne Dazwischenkunft des Kredits –, wenn A, sein ursprünglicher Besitzer, von B, B von C, C von D, D von E, E von F kauft, also sein Übergang von einer Hand in die andre nur durch wirkliche Käufe und Verkäufe vermittelt ist. Wenn aber B das von A in Zahlung erhaltne Geld bei seinem Bankier deponiert und dieser es ausgibt in Wechseldiskont an C, dieser von D kauft, D es bei seinem Bankier deponiert und dieser es an E leiht, der von F kauft, so ist selbst seine Geschwindigkeit als bloßes Zirkulationsmittel (Kaufmittel) vermittelt durch mehrere Kreditoperationen: das Deponieren des B bei seinem Bankier und dessen Diskontieren für C, das Deponieren des D bei seinem Bankier und dessen Diskontieren für E; also durch vier Kreditoperationen. Ohne diese Kreditoperationen hätte dasselbe Geldstück nicht fünf Käufe nacheinander im gegebnen Zeitraum verrichtet. Daß es ohne Vermittlung von wirklichem Kauf und Verkauf – als Depositum und im Diskonto – die Hände wechselte, hat hier seinen Händewechsel in der Reihe wirklicher Absätze beschleunigt.
Es hat sich vorhin gezeigt, wie eine und dieselbe Banknote Depositen bei verschiednen Bankiers bilden kann. Ebenso kann sie verschiedne Depositen bei demselben Bankier bilden. Er diskontiert mit der Note, die A deponiert hat, den Wechsel von B, B zahlt an C, C deponiert dieselbe Note bei demselben Bankier, der sie verausgabt.
Es ist bereits bei Betrachtung der einfachen Geldzirkulation (Buch I, Kap. III, 2) nachgewiesen worden, daß die Masse des wirklich zirkulierenden Geldes, Geschwindigkeit der Zirkulation und Ökonomie der Zahlungen als gegeben vorausgesetzt, bestimmt ist durch die Preise der Waren und die Masse der Transaktionen. Dasselbe Gesetz herrscht bei der Notenzirkulation.
In der folgenden Tabelle sind für jedes Jahr die Jahresdurchschnitte der Noten der Bank von England, soweit sich solche in der Hand des Publikums befanden, verzeichnet, und zwar die Beträge der 5- und 10-Pfund-Noten, die der Noten von 20-100 Pfd. St. und die der höheren Noten von 200-1000 Pfd. St.; sowie der Prozentsatz der Gesamtzirkulation, den jede dieser Rubriken liefert. Die Beträge sind in Tausenden, unter Streichung der drei letzten Stellen.
(B. A. 1858, p. XXVI.)
Die Gesamtsumme der zirkulierenden Banknoten hat also von 1844 bis 1857 positiv abgenommen, obgleich der durch Ausfuhr und Einfuhr nachgewiesene Geschäftsverkehr sich mehr als verdoppelt hatte. Die kleinern Banknoten von 5 Pfd. St. und 10 Pfd. St. nahmen zu, wie die Liste zeigt, von 9263000 Pfd. St. in 1844 auf 10659000 Pfd. St. in 1857. Und dies gleichzeitig mit der gerade damals so starken Vermehrung der Goldzirkulation. Dagegen Abnahme der Noten von höhern Beträgen (von 200 bis 1000 Pfd. St.) von 5856000 Pfd. St. in 1852 auf 3241000 Pfd. St. in 1857. Also Abnahme von mehr als 2 1/2 Mill. Pfd. St. Dies wird erklärt wie folgt:
»Am 8. Juni 1854 ließen die Privatbankiers von London die Aktienbanken an der Einrichtung des Clearing House teilnehmen, und bald darauf wurde das schließliche clearing in der Bank von England eingerichtet. Die täglichen Saldierungen werden erledigt durch Überschreibung auf den Kontos, die die verschiednen Banken in der Bank von England halten. Durch Einführung dieses Systems sind die Noten von hohem Betrag, deren sich die Banken früher zur Ausgleichung ihrer gegenseitigen Rechnungen bedienten, überflüssig geworden.« (B. A. 1858, p. V.)
Wie sehr der Gebrauch des Geldes im Großhandel auf ein geringes Minimum reduziert ist, darüber vgl. die Tabelle, die Buch I, Kap. III, Note 103 abgedruckt und die dem Bankausschuß geliefert wurde von Morrison, Dillon & Co., einem der größten derjenigen Londoner Häuser, wo ein Kleinhändler seinen ganzen Vorrat von Waren aller Art einkaufen kann.
Nach der Aussage von W. Newmarch vor dem B. A. 1857, Nr. 1741, trugen auch noch andre Umstände zur Ersparung von Zirkulationsmitteln bei: das Penny-Briefporto, die Eisenbahnen, die Telegraphen, kurz die verbesserten Verkehrsmittel; so daß England jetzt bei ungefähr derselben Banknotenzirkulation ein fünf- bis sechsmal so großes Geschäft machen kann. Dies sei aber auch wesentlich der Ausschaltung der Noten von mehr als 10 Pfd. St. aus der Zirkulation geschuldet. Dies scheint ihm eine natürliche Erklärung dafür, daß in Schottland und Irland, wo auch 1-Pfund-Noten zirkulieren, die Notenzirkulation um ungefähr 31% gestiegen ist. (1747.) Die Gesamtzirkulation von Banknoten im Vereinigten Königreich, mit Einschluß der 1-Pfund-Noten, sei 39 Mill. Pfd. St. (1749.) Die Goldzirkulation = 70 Mill. Pfd. St. (1750.) In Schottland war die Notenzirkulation 1834 – 3120000 Pfd. St.; 1844 – 3020000 Pfd. St.; 1854 – 4050000 Pfd. St. (1752.)
Schon hieraus geht hervor, daß es keineswegs in der Hand der Noten ausgebenden Banken steht, die Zahl der zirkulierenden Noten zu vermehren, solange diese Noten jederzeit gegen Geld austauschbar sind. 〈Von inkonvertiblem Papiergeld ist hier überhaupt nicht die Rede; inkonvertible Banknoten können nur da allgemeines Zirkulationsmittel werden, wo sie tatsächlich durch Staatskredit gestützt werden, wie z.B. gegenwärtig in Rußland. Sie fallen damit unter die Gesetze des inkonvertiblen Staatspapiergelds, die schon entwickelt sind. (Buch I, Kap. III, 2, c: Die Münze. Das Wertzeichen.) – F. E.}
Die Menge der zirkulierenden Noten richtet sich nach den Bedürfnissen des Verkehrs, und jede überflüssige Note wandert sofort zurück zu ihrem Ausgeber. Da in England nur die Noten der Bank von England als gesetzliches Zahlungsmittel allgemein umlaufen, können wir die unbedeutende und nur lokale Notenzirkulation der Provinzialbanken hier vernachlässigen.
Vor dem B. A. 1858 sagt Herr Neave, Gouverneur der Bank von England, aus:
Nr. 947. (Frage:) »Welche Maßregeln auch immer Sie ergreifen, der Notenbetrag in den Händen des Publikums, sagen Sie, bleibt derselbe; d.h. ungefähr 20 Mill. Pfd. St.? – In gewöhnlichen Zeiten scheint der Gebrauch des Publikums ungefähr 20 Mill. zu erfordern. Zu gewissen periodisch wiederkehrenden Zeiten im Jahr steigen sie um 1 oder 1 1/2 Mill. Wenn das Publikum mehr braucht, so kann es sie, wie ich sagte, stets bei der Bank von England bekommen.« – 948. »Sie sagten, daß während der Panik das Publikum Ihnen nicht erlauben wollte, den Notenbetrag zu vermindern; wollen Sie das begründen? – In Zeiten der Panik hat das Publikum, wie mir scheint, volle Macht sich Noten zu verschaffen; und natürlich, solange die Bank eine Verpflichtung hat, kann das Publikum auf diese Verpflichtung hin die Noten von der Bank entnehmen.« – 949. »Es scheinen also jederzeit ungefähr 20 Mill. Noten der B. v. E. erforderlich zu sein? – 20 Mill. Noten in der Hand des Publikums; es wechselt. Es sind 181/2, 19, 20 Mill. usw.; aber im Durchschnitt können Sie sagen 19-20 Millionen.«
Aussage von Thomas Tooke vor dem Ausschuß der Lords über Commercial Distress (C. D. 1848/1857), Nr. 3094:
»Die Bank hat keine Macht, nach eignem Willen den Betrag der Noten in der Hand des Publikums zu erweitern; sie hat die Macht, den Notenbetrag in der Hand des Publikums zu vermindern, aber nur vermittelst einer sehr gewaltsamen Operation.«
J. C. Wright, seit 30 Jahren Bankier in Nottingham, nachdem er ausführlich die Unmöglichkeit auseinandergesetzt, daß die Provinzialbanken jemals mehr Noten in Umlauf erhalten könnten, als das Publikum braucht und will, sagt von den Noten der Bank von England (C. D. 1848/1857), Nr. 2844:
»Ich weiß von keiner Schranke« (der Notenausgabe) »für die B. von E., aber jeder Überschuß der Zirkulation wird in die Depositen übergehn und so eine andre Form annehmen.«
Dasselbe gilt für Schottland, wo fast nur Papier zirkuliert, weil dort wie in Irland auch Einpfundnoten gestattet sind und »the scotch hate gold«. Kennedy, Dirigent einer schottischen Bank, erklärt, die Banken könnten ihre Notenzirkulation nicht einmal vermindern, und ist
»der Ansicht, daß, solange inländische Geschäftsabschlüsse Noten oder Gold erfordern, um zustande zu kommen, die Bankiers soviel Umlaufmittel liefern müssen, wie diese Geschäfte erfordern – sei es auf Verlangen ihrer Depositoren oder sonstwie... Die schottischen Banken können ihre Geschäfte einschränken, aber sie können keine Kontrolle ausüben über ihre Notenausgabe.« (ib., Nr. 3446, 3448.)
Desgleichen Anderson, Dirigent der Union Bank of Scotland, ib., Nr. 3578:
»Verhindert das System des gegenseitigen Notenaustausches« 〈zwischen den schottischen Banken} »eine Überausgabe von Noten von seiten einer einzelnen Bank? – Jawohl; wir haben aber ein wirksameres Mittel als den Notenaustausch« (der in der Tat gar nichts damit zu tun hat, wohl aber die Umlaufsfähigkeit der Noten jeder Bank über ganz Schottland sichert) »und dies ist der allgemeine Gebrauch in Schottland, ein Bankkonto zu halten; jedermann, der irgendwie Geld hat, hat auch ein Konto bei einer Bank und zahlt tagtäglich alles Geld ein, das er nicht unmittelbar selbst nötig hat, so daß am Schluß eines jeden Geschäftstags alles Geld in den Banken ist, ausgenommen was jeder in der Tasche hat.«
Ebenso für Irland, s. die Aussagen des Gouverneurs der Bank von Irland, MacDonnell, und des Dirigenten der Provincial Bank of Ireland, Murray, vor demselben Ausschuß.
Ebenso unabhängig wie vom Willen der Bank von England ist die Notenzirkulation vom Stand des Goldschatzes in den Kellern der Bank, der die Konvertibilität dieser Noten sichert.
»Am 18. September 1846 war die Notenzirkulation der Bank von England 20900000 Pfd. St. und ihr Metallschatz 16273000 Pfd. St.; am 5. April 1847 die Zirkulation 20815000 Pfd. St. und der Metallschatz 10246000 Pfd. St. Also fand trotz des Exports der 6 Millionen Pfd. St. Edelmetall keine Einschrumpfung der Zirkulation statt.« (J. G. Kinnear, »The Crisis and the Currency«, Ld. 1847, p. 5.)
Es versteht sich jedoch, daß dies nur gilt unter den in England heute herrschenden Verhältnissen, und auch da nur, soweit nicht die Gesetzgebung über das Verhältnis von Notenausgabe und Metallschatz ein anderes befiehlt.
Es sind also nur die Bedürfnisse des Geschäfts selbst, die einen Einfluß auf die Quantität des zirkulierenden Geldes – Noten und Gold – ausüben. Hier kommen zunächst die periodischen Schwankungen in Betracht, die sich jedes Jahr wiederholen, was auch die allgemeine Geschäftslage sein mag, so daß seit 20 Jahren
»in einem bestimmten Monat die Zirkulation hoch, in einem andern niedrig ist und in einem dritten bestimmten Monat ein mittlerer Punkt vorkommt«. (Newmarch, B. A. 1857, Nr. 1650.)
So gehn im August jedes Jahres einige Millionen, meist in Gold, aus der B. von E. in die inländische Zirkulation, um die Kosten der Ernte zu zahlen; da es sich in der Hauptsache um Zahlung von Arbeitslöhnen handelt, sind Banknoten hier für England weniger zu gebrauchen. Bis Jahresschluß ist dies Geld der Bank dann wieder zurückgeströmt. In Schottland gibt es statt Sovereigns fast nur Pfundnoten; hier dehnt sich daher im entsprechenden Fall die Notenzirkulation aus, und zwar zweimal im Jahr, im Mai und November, von 3 auf 4 Millionen; nach 14 Tagen stellt sich bereits der Rückfluß ein, in einem Monat ist er fast vollendet. (Anderson, l. c., [C. D. 1848/ 1857] Nr. 3595-3600.)
Die Notenzirkulation der Bank von England erfährt auch vierteljährlich eine momentane Schwankung infolge der vierteljährlichen Zahlung der »Dividenden«, d.h. der Zinsen der Staatsschuld, wodurch zuerst Banknoten der Zirkulation entzogen und dann wieder unter das Publikum geworfen werden; sie fließen aber sehr bald wieder zurück. Weguelin (B. A. 1857, Nr. 38) gibt den Betrag der hierdurch verursachten Schwankung der Notenzirkulation auf 2 1/2 Millionen an. Dagegen berechnet Herr Chapman von der notorischen Firma Overend, Gurney & Co. den Betrag der hierdurch auf dem Geldmarkt hervorgerufenen Störung weit höher.
»Wenn Sie aus der Zirkulation 6 oder 7 Millionen für Steuern herausnehmen, um damit die Dividenden zu zahlen, so muß irgend jemand da sein, der diesen Betrag in der Zwischenzeit zur Verfügung stellt.« (B. A. 1857, Nr. 5196.)
Viel bedeutender und nachhaltiger sind die Schwankungen im Betrag des umlaufenden Mittels, die den verschiednen Phasen des industriellen Zyklus entsprechen. Hören wir hierüber einen andern Associé jener Firma, den würdigen Quäker Samuel Gurney (C. D. 1848/1857, Nr. 2645):
»Ende Oktober« (1847) »waren 20800000 Pfd. St. Noten in den Händen des Publikums. Zu jener Zeit herrschte eine große Schwierigkeit, Banknoten im Geldmarkt zu bekommen. Dies entstand aus der allgemeinen Befürchtung, man werde infolge der Beschränkung des Bankakts von 1844 nicht imstande sein, sie sich zu verschaffen. Gegenwärtig« (März 1848) »ist der Betrag der Banknoten in Händen des Publikums... 17700000 Pfd. St., aber da jetzt keinerlei kommerzieller Alarm herrscht, ist dies viel mehr, als was gebraucht wird. Es gibt keinen Bankier oder keinen Geldhändler in London, der nicht mehr Banknoten hat, als er gebrauchen kann.« – 2650. »Der Belauf der Banknoten... außerhalb des Gewahrsams der Bank von England bildet einen total ungenügenden Exponenten des aktiven Standes der Zirkulation, wenn man nicht ebenfalls gleichzeitig in Erwägung zieht... den Stand der Handelswelt und des Kredits.« – 2651. »Das Gefühl, daß wir bei dem gegenwärtigen Belauf der Zirkulation in den Händen des Publikums einen Überschuß haben, entspringt in hohem Grad aus unsrer gegenwärtigen Lage großer Stagnation. Bei hohen Preisen und aufgeregtem Geschäft würden uns 17700000 Pfd. St. ein Gefühl der Knappheit verursachen.«
〈Solange die Geschäftslage derart ist, daß die Rückflüsse für die gemachten Vorschüsse regelmäßig eingehn und also der Kredit unerschüttert bleibt, richtet sich die Ausdehnung und Zusammenziehung der Zirkulation einfach nach den Bedürfnissen der Industriellen und Kaufleute. Da wenigstens in England Gold für den Großhandel nicht in Betracht kommt und die Goldzirkulation, abgesehn von den jahreszeitlichen Schwankungen, als eine für längere Zeit ziemlich konstante Größe angesehn werden kann, so bildet die Notenzirkulation der B. von E. den hinreichend genauen Gradmesser dieser Veränderungen. In der stillen Zeit nach der Krise läuft am wenigsten um, mit der Wiederbelebung der Nachfrage tritt auch größerer Bedarf an Umlaufsmitteln ein, der sich steigert mit der steigenden Prosperität; den Höhepunkt erreicht die Menge des Umlaufsmittels in der Periode der Überspannung und Überspekulation – da bricht die Krise herein, und über Nacht sind die gestern noch so reichlichen Banknoten vom Markt verschwunden und mit ihnen die Diskontierer von Wechseln, die Vorschußleister auf Wertpapiere, die Käufer von Waren. Die Bank von England soll helfen – aber auch ihre Kräfte sind bald erschöpft, der Bankakt von 1844 zwingt sie, ihre Notenzirkulation einzuschränken grade im Moment, wo alle Welt nach Banknoten schreit, wo die Warenbesitzer nicht verkaufen können und doch zahlen sollen und jedes Opfer zu bringen bereit sind, wenn sie nur Banknoten erhalten.
»Während des Alarms«, sagt der obenerwähnte Bankier Wright, l. c., Nr. 2930, »gebraucht das Land zweimal soviel Zirkulation wie in gewöhnlichen Zeiten, weil das Umlaufsmittel von Bankiers und andern aufgespeichert wird.«
Sowie die Krise hereinbricht, handelt es sich nur noch um Zahlungsmittel. Da aber jeder vom andern abhängig ist für den Eingang dieser Zahlungsmittel und keiner weiß, ob der andre imstand sein wird, am Verfalltag zu zahlen, tritt ein vollständiges Kirchturmrennen ein um die im Markt befindlichen Zahlungsmittel, d.h. für Banknoten. Jeder schatzt davon auf, so viele er erhalten kann, und so verschwinden die Noten aus der Zirkulation am selben Tag, wo man sie am nötigsten braucht. Samuel Gurney (C. D. 1848/1857, Nr. 1116) gibt die Zahl der so im Moment des Schreckens unter Schloß und Riegel gebrachten Banknoten für Oktober 1847 auf 4-5 Millionen Pfd. St. an. – F. E.}
In dieser Beziehung ist besonders interessant das Verhör des Associés von Gurney, des bereits erwähnten Chapman, vor dem B. A. von 1857. Ich gebe hier den Hauptinhalt desselben im Zusammenhang, obwohl auch einige Punkte darin behandelt werden, die wir erst später untersuchen. Herr Chapman läßt sich vernehmen wie folgt.
4963. »Ich nehme auch keinen Anstand zu sagen, daß ich es nicht für in der Ordnung halte, daß der Geldmarkt unter der Macht eines beliebigen individuellen Kapitalisten stehn sollte (wie es in London deren gibt), der einen ungeheuren Geldmangel und eine Klemme erzeugen kann, wenn die Zirkulation grade sehr niedrig steht... Das ist möglich... es gibt mehr als einen Kapitalisten, der aus dem Zirkulationsmittel 1 oder 2 Mill. Pfd. St. Noten herausnehmen kann, wenn er einen Zweck dadurch erreicht.«
4965. Ein großer Spekulant kann für 1 oder 2 Mill. Konsols verkaufen und so das Geld aus dem Markt nehmen. Etwas Ähnliches ist vor ganz kurzem geschehn, »es erzeugt eine äußerst heftige Klemme«.
4967. Die Noten sind dann allerdings unproduktiv.
»Aber das ist nichts, wenn es einen großen Zweck bewirkt; sein großer Zweck ist, die Fondspreise zu werfen, eine Geldklemme zu schaffen, und das zu tun, hat er vollständig in seiner Gewalt.«
Ein Beispiel: Eines Morgens war große Geldnachfrage auf der Fondsbörse; niemand kannte die Ursache; jemand bot Chapman an, dieser solle ihm 50000 Pfd. St. zu 7% leihen. Chapman war erstaunt, sein Zinsfuß stand viel niedriger; er griff zu. Gleich darauf kam der Mann wieder, nahm weitre 50000 Pfd. St. zu 7 1/2%, dann 100000 Pfd. St. zu 8% und wollte noch mehr haben zu 8 1/2%. Da bekam aber selbst Chapman Angst. Es stellte sich nachher heraus, daß plötzlich eine bedeutende Summe Geldes dem Markt entzogen worden war. Aber, sagt Chapman,
»ich habe doch eine bedeutende Summe zu 8% ausgeliehen; weiter zu gehn hatte ich Angst; ich wußte nicht, was kommen würde.«
Man muß nie vergessen, daß, obgleich ziemlich beständig 19 bis 20 Mill. Noten angeblich in der Hand des Publikums sind, doch einerseits der Teil dieser Noten, der wirklich zirkuliert, und andrerseits der, der unbeschäftigt als Reserve bei den Banken liegt, gegeneinander beständig und bedeutend variiert. Ist diese Reserve groß, also die wirkliche Zirkulation niedrig, so heißt das vom Standpunkt des Geldmarkts, daß die Zirkulation voll (the circulation is full, money is plentiful) ist; ist die Reserve klein, also die wirkliche Zirkulation voll, so nennt der Geldmarkt sie niedrig (the circulation is low, money is scarce), nämlich der Teil hat einen niedrigen Betrag, der unbeschäftiges Leihkapital vorstellt. Wirkliche, von den Phasen des industriellen Zyklus unabhängige Expansion oder Kontraktion der Zirkulation – so daß aber der Betrag, den das Publikum braucht, derselbe bleibt – findet nur aus technischen Gründen statt, z.B. an den Zahlungsterminen der Steuern oder der Zinsen der Staatsschuld. Bei Steuerzahlung fließen Noten und Gold in die Bank von England über das gewöhnliche Maß und kontrahieren faktisch die Zirkulation, ohne Rücksicht auf das Bedürfnis für letztre. Umgekehrt, wenn die Dividenden der Staatsschuld ausgezahlt werden. Im ersten Fall werden Anleihen bei der Bank gemacht, um Zirkulationsmittel zu erhalten. Im letztren Fall sinkt der Zinsfuß bei den Privatbanken wegen des momentanen Wachsens ihrer Reserven. Es hat dies mit der absoluten Masse der Umlaufsmittel nichts zu tun, sondern nur mit der Bankfirma, die diese Umlaufsmittel in Zirkulation setzt und für die sich dieser Prozeß als Veräußerung von Leihkapital darstellt und die daher den Profit davon in die Tasche steckt.
In dem einen Fall findet bloß temporäres Deplacement des zirkulierenden Mediums statt, das die B. v. E. dadurch ausgleicht, daß sie kurz vor Verfall der vierteljährlichen Steuern und der ebenfalls vierteljährlichen Dividenden kurze Vorschüsse zu niedrigen Zinsen macht; diese so ausgegebnen überzähligen Noten füllen nun zuerst die Lücke aus, die das Zahlen der Steuern verursacht, während ihre Rückzahlung an die Bank gleich darauf den Notenüberfluß zurückbringt, den das Auszahlen der Dividenden ins Publikum geworfen.
In dem andern Fall ist niedrige oder volle Zirkulation immer nur andre Verteilung derselben Masse Umlaufsmittel in aktive Zirkulation und Depositen, d.h. Instrument von Anleihen.
Andrerseits, wenn z.B. durch Goldzufluß zur Bank von England die Zahl der dagegen ausgegebnen Noten vermehrt wird, so helfen diese zum Diskontieren außerhalb der Bank und fließen zurück in Abzahlung von Anleihen, so daß die absolute Masse der zirkulierenden Noten nur momentan vermehrt wird.
Ist die Zirkulation voll, wegen Ausdehnung des Geschäfts (was auch bei relativ niedrigen Preisen möglich), so kann der Zinsfuß relativ hoch sein wegen Nachfrage nach Leihkapital infolge steigender Profite und vermehrter Neuanlagen. Ist sie niedrig, wegen Kontraktion des Geschäfts oder auch wegen großer Flüssigkeit des Kredits, so kann der Zinsfuß niedrig sein auch bei hohen Preisen. (Siehe Hubbard.)
Die absolute Quantität der Zirkulation wirkt bestimmend auf den Zinsfuß nur in Zeiten der Klemme. Entweder drückt hier die Nachfrage nach voller Zirkulation nur Nachfrage für Mittel der Schatzbildung aus (abgesehn von der verminderten Geschwindigkeit, womit das Geld zirkuliert, und womit dieselben identischen Geldstücke sich beständig in Leihkapital umsetzen) wegen der Kreditlosigkeit, wie 1847, wo die Suspension des Bankakts keine Expansion der Zirkulation veranlaßte, aber hinreichte, die aufgeschatzten Noten wieder ans Licht zu ziehen und in die Zirkulation zu werfen. Oder es kann wirklich unter den Umständen mehr Zirkulationsmittel erheischt sein, wie 1857 die Zirkulation nach der Suspension des Bankakts für einige Zeit wirklich wuchs.
Sonst wirkt die absolute Masse der Zirkulation nicht auf den Zinsfuß, da sie – Ökonomie und Geschwindigkeit des Umlaufs als konstant vorausgesetzt – erstens bestimmt ist durch die Preise der Waren und die Masse der Transaktionen (wobei meist ein Moment die Wirkung des andern paralysiert) und endlich durch den Stand des Kredits, während sie keineswegs umgekehrt den letztren bestimmt; und da zweitens Warenpreise und Zins in keinem notwendigen Zusammenhang stehn.
Während des Bank Restriction Act (1797-1820) fand ein Überfluß an currency statt, der Zinsfuß war stets viel höher als seit Wiederaufnahme der Barzahlungen. Er fiel später rasch mit Einschränkung der Notenausgabe und steigenden Wechselkursen. 1822, 1823, 1832 war die allgemeine Zirkulation niedrig, der Zinsfuß ebenfalls niedrig. 1824, 1825, 1836 war die Zirkulation hoch, der Zinsfuß stieg. Sommer 1830 war die Zirkulation hoch, der Zinsfuß niedrig. Seit den Goldentdeckungen hat sich der Geldumlauf in ganz Europa expandiert, der Zinsfuß stieg. Der Zinsfuß hängt also nicht ab von der Menge des umlaufenden Geldes.
Der Unterschied zwischen Ausgabe von Umlaufsmittel und Ausleihen von Kapital zeigt sich am besten beim wirklichen Reproduktionsprozeß. Wir haben dort (Buch II, Abschnitt III) gesehn, wie sich die verschiednen Bestandteile der Produktion austauschen. Z.B. das variable Kapital besteht sachlich in den Lebensmitteln der Arbeiter, einem Teil ihres eignen Produkts. Es ist ihnen aber stückweise ausgezahlt worden in Geld. Dies muß der Kapitalist vorschießen, und es hängt sehr ab von der Organisation des Kreditwesens, ob er die nächste Woche das neue variable Kapital wieder auszahlen kann mit dem alten Geld, das er vorige Woche auszahlte. Ebenso in den Austauschakten zwischen den verschiednen Bestandteilen eines gesellschaftlichen Gesamtkapitals, z.B. zwischen Konsumtionsmitteln und den Produktionsmitteln von Konsumtionsmitteln. Das Geld zu ihrer Zirkulation muß, wie wir gesehn haben, von einem oder beiden der Austauschenden vorgeschossen werden. Es bleibt dann in Zirkulation, kehrt aber nach vollendetem Austausch immer wieder zu dem zurück, der es vorschoß, da es von ihm über sein wirklich beschäftigtes industrielles Kapital hinaus vorgeschossen worden war (s. Buch II, 20. Kapitel). Bei entwickeltem Kreditwesen, wo sich das Geld in den Händen der Banken konzentriert, sind sie es, wenigstens nominell, die es vorschießen. Dieser Vorschuß bezieht sich nur auf das in Zirkulation befindliche Geld. Es ist Vorschuß von Zirkulation, nicht Vorschuß der Kapitale, die es zirkuliert.
Chapman:
5062. »Es können Zeiten vorkommen, wo die Banknoten in der Hand des Publikums einen sehr großen Betrag ausmachen und dennoch keine zu haben sind.«
Geld ist auch während der Panik da; aber jeder hütet sich wohl, es in leihbares Kapital, in leihbares Geld zu verwandeln; jeder hält es fest für wirkliches Zahlungsbedürfnis.
5099. »Die Banken in den ländlichen Bezirken schicken ihre unbeschäftigten Überschüsse an Sie und andre Londoner Häuser? – Jawohl.« – 5100. »Auf der andren Seite lassen die Fabrikdistrikte von Lancashire und Yorkshire Wechsel bei Ihnen diskontieren für ihre Geschäftszwecke? – Jawohl.« – 5101. »So daß auf diesem Wege das überschüssige Geld eines Landesteils nutzbar gemacht wird für die Anforderungen eines andern Landesteils? – Ganz richtig.«
Chapman sagt, die Sitte der Banken, ihr überschüssiges Geldkapital für kürzere Zeit im Ankauf von Konsols und Schatzscheinen anzulegen, habe in der letzten Zeit sehr abgenommen, seitdem es Gebrauch geworden sei, dies Geld at call (von Tag zu Tag, jederzeit rückforderbar) auszuleihn. Er selbst hält den Ankauf solcher Papiere für sein Geschäft für höchst unzweckmäßig. Er legt es deshalb in guten Wechseln an, von denen täglich ein Teil verfällt, so daß er stets weiß, auf wieviel flüssiges Geld er jeden Tag zu rechnen hat (5101-5105.) –
Selbst das Wachsen der Ausfuhr stellt sich mehr oder weniger für jedes Land, zumeist aber für das Land, das Kredit gibt, als wachsende Anforderung auf den inländischen Geldmarkt dar, die aber erst in Zeiten der Klemme als solche gefühlt wird. In Zeiten, wo die Ausfuhr zunimmt, werden gegen Konsignationen britischer Fabrikate in der Regel langsichtige Wechsel von Fabrikanten auf den Exportkaufmann gezogen. (5126.)
5127. »Ist es nicht häufig der Fall, daß ein Übereinkommen existiert, daß diese Wechsel von Zeit zu Zeit erneuert werden?« – 〈Chapman.} »Dies ist eine Sache, die sie uns geheimhalten; wir würden keinen Wechsel derart zulassen... Es mag sicherlich geschehn, aber ich kann über etwas Derartiges nichts sagen.« (Der unschuldige Chapman.) – 5129. »Wenn eine große Zunahme der Ausfuhr stattfindet, wie allein im letzten Jahr von 20 Mill. Pfd. St., führt das nicht von selbst zu einer großen Nachfrage nach Kapital für den Diskonto von Wechseln, die diese Ausfuhren vorstellen? – Unzweifelhaft.« – 5130. »Da England in der Regel dem Ausland für alle seine Ausfuhren Kredit gibt, würde das nicht die Absorption eines entsprechenden Zusatzkapitals bedingen für die Zeit, wo dies dauert? – England gibt einen ungeheuren Kredit; aber dagegen nimmt es Kredit für seine Rohstoffe. Man zieht auf uns von Amerika immer auf 60 Tage und von andern Gegenden auf 90 Tage. Auf der andern Seite geben wir Kredit; wenn wir Waren nach Deutschland schicken, geben wir 2 oder 3 Monate.«
Wilson fragt Chapman (5131), ob gegen diese importierten Rohstoffe und Kolonialwaren nicht gleichzeitig mit deren Verladung bereits Wechsel auf England gezogen werden und ob sie nicht schon selbst gleichzeitig mit den Ladescheinen ankommen? Chapman glaubt so, weiß nichts von diesen »kaufmännischen« Geschäften, man solle kundigere Leute fragen. – Im Export nach Amerika, sagt Chapman, würden »die Waren im Transit symbolisiert« [5133]; dies Kauderwelsch soll heißen, daß der englische Exportkaufmann gegen die Waren auf eins der großen amerikanischen Bankhäuser in London Viermonatswechsel zieht und das Bankhaus von Amerika Deckung erhält.
5136. »Werden nicht in der Regel die Geschäfte nach weit entlegnen Ländern durch den Kaufmann geführt, der auf sein Kapital wartet, bis die Waren verkauft sind? – Es mag Häuser von großem Privatreichtum geben, die imstande sind, ihr eignes Kapital auszulegen, ohne Vorschüsse auf die Waren zu nehmen; aber diese Waren werden meistens in Vorschüsse verwandelt durch die Akzepte wohlbekannter Firmen.« – 5137. »Diese Häuser sind etabliert... in London, Liverpool und anderswo.« – 5138. »Es macht also keinen Unterschied, ob der Fabrikant sein eignes Geld hergeben muß oder ob er einen Kaufmann in London oder Liverpool bekommt, der es vorschießt; es bleibt immer ein in England gemachter Vorschuß? – Ganz richtig. Der Fabrikant hat nur in wenigen Fällen etwas damit zu tun« (dagegen 1847 in fast allen Fällen). »Ein Händler in Fabrikaten, z.B. in Manchester, kauft Waren und verschifft sie durch ein respektables Haus in London; sobald das Londoner Haus sich überzeugt hat, daß alles nach Übereinkunft verpackt ist, zieht er Sechsmonatswechsel auf das Londoner Haus gegen diese nach Indien, China oder sonstwohin gehenden Waren; dann kommt die Bankwelt herein und diskontiert ihm diese Wechsel; so daß um die Zeit, wo er für diese Waren zu zahlen hat, er das Geld bereitliegen hat vermöge der Diskontierung jener Wechsel.« – 5139. »Aber wenn jener auch das Geld hat, so hat der Bankier es doch vorschießen müssen? – Der Bankier hat den Wechsel; der Bankier hat den Wechsel gekauft; er verwendet sein Bankkapitel in dieser Form, nämlich im Diskontieren von Handelswechseln.«
〈Also auch Chapman sieht das Diskontieren von Wechseln nicht als Vorschuß an, sondern als Warenkauf. – F. E.}
5140. »Aber das bildet doch immer einen Teil der Anforderungen an den Geldmarkt in London? – Unzweifelhaft; es ist das die wesentliche Beschäftigung des Geldmarkts und der Bank von England. Die Bank von England ist ebenso froh, diese Wechsel zu bekommen wie wir, sie weiß, daß sie eine gute Anlage sind.« – 5141. »Auf die Weise, wie das Exportgeschäft wächst, wächst auch die Nachfrage im Geldmarkt? – Im Maß wie die Prosperität des Landes wächst, nehmen wir« (die Chapmans) »mit teil daran.« – 5142. »Wenn also diese verschiednen Felder der Kapitalanlage sich plötzlich ausdehnen, so ist die natürliche Folge ein Steigen des Zinsfußes? – Kein Zweifel daran.«
5143 kann Chapman »nicht ganz begreifen, daß bei unsern großen Ausfuhren wir soviel Verwendung für Gold hatten«.
5144 tragt der würdige Wilson:
»Kann es nicht sein, daß wir größre Kredite auf unsre Ausfuhr geben, als wir auf unsre Einfuhr nehmen? – Ich selbst möchte diesen Punkt bezweifeln. Wenn jemand gegen seine nach Indien gesandten Manchester-Waren akzeptieren läßt, so können Sie nicht für weniger als 10 Monate akzeptieren. Wir haben, und das ist ganz sicher, Amerika für seine Baumwolle bezahlen müssen, einige Zeit ehe Indien uns bezahlt; aber wie das wirkt, das zu untersuchen, ist ein ziemlich feiner Punkt.« – 5145. »Wenn wir, wie im vorigen Jahr, eine Zunahme der Ausfuhr von Manufakturwaren von 20 Mill. Pfd. St. hatten, so müssen wir doch vorher schon eine sehr bedeutende Zunahme der Einfuhr von Rohstoffen gehabt haben« (und schon in dieser Weise ist Überexport identisch mit Überimport, und Überproduktion mit Überhandel), »um diese vermehrte Quantität von Waren zu produzieren? – Unzweifelhaft.« – [5146.] »Wir müssen eine sehr beträchtliche Bilanz zu zahlen gehabt haben: d.h. die Bilanz muß während der Zeit gegen uns gewesen sein, aber auf die Dauer ist der Wechselkurs mit Amerika für uns, und wir haben seit längrer Zeit bedeutende Zufuhren von Edelmetall von Amerika erhalten.«
5148 fragt Wilson den Erzwucherer Chapman, ob er seine hohen Zinsen nicht als Zeichen großer Prosperität und hoher Profite betrachte. Chapman, offenbar erstaunt über die Naivität dieses Sykophanten, bejaht dies natürlich, ist jedoch aufrichtig genug, folgende Klausel zu machen:
»Es gibt einige, die sich nicht anders helfen können; sie haben Verpflichtungen zu erfüllen, und sie müssen sie erfüllen, ob es profitlich ist oder nicht; aber wenn er dauert« 〈der hohe Zinsfuß}, »würde er Prosperität anzeigen.«
Beide vergessen, daß er auch anzeigen kann, wie 1857 der Fall war, daß die fahrenden Ritter des Kredits das Land unsicher machen, die hohen Zins zahlen können, weil sie ihn aus fremder Tasche zahlen (dabei aber den Zinsfuß für alle bestimmen helfen) und in zwischen flott auf antizipierte Profite leben. Gleichzeitig kann grade dies übrigens für Fabrikanten usw. ein wirklich sehr profitables Geschäft abwerfen. Die Rückflüsse werden durch das Vorschußsystem vollständig trügerisch. Dies erklärt auch folgendes, was mit Bezug auf die Bank v. E. keiner Erklärung bedarf, weil sie bei hohem Zinsfuß niedriger diskontiert als die andern.
5156. »Ich kann wohl sagen«, sagt Chapman, »daß unsre Diskontobeträge im gegenwärtigen Augenblick, wo wir für so lange Zeit einen hohen Zinsfuß hatten, auf ihrem Maximum sind.«
(Dies sagte Chapman am 21. Juli 1857, ein paar Monate vor dem Krach.)
5157. »1852« (wo der Zins niedrig) »waren sie bei weitem nicht so groß.«
Weil in der Tat damals das Geschäft noch viel gesunder war.
5159. »Wenn eine große Geldüberflutung auf dem Markt wäre... und der Bankdiskonto niedrig, würden wir eine Abnahme von Wechseln haben... 1852 waren wir in einer ganz andern Phase. Die Ausfuhren und Einfuhren des Landes waren damals gar nichts verglichen mit heute.« – 5161. »Unter dieser hohen Diskontorate sind unsre Diskontierungen ebenso groß wie 1854.« (Wo der Zins 5 – 5 1/2%.)
Höchst amüsant ist im Zeugenverhör des Chapman, wie diese Leute in der Tat das Geld des Publikums als ihr Eigentum betrachten und ein Recht zu haben glauben auf stete Konvertibilität der von ihnen diskontierten Wechsel. Die Naivetät in den Fragen und Antworten ist groß. Es wird Pflicht der Gesetzgebung, die von großen Häusern akzeptierten Wechsel immer konvertibel zu machen, dafür zu sorgen, daß die Bank von England sie unter allen Umständen den bill-brokers wieder weiter diskontiert. Und dabei fallierten 1857 drei solcher bill-brokers mit ungefähr 8 Millionen und einem gegen diese Schulden verschwindenden eignen Kapital.
5177. »Wollen Sie damit sagen, daß nach Ihrer Meinung sie« (Akzepte von Barings oder Loyds) »zwangsmäßig diskontierbar sein sollten, in der Art wie eine Note der Bank von England jetzt zwangsmäßig gegen Gold einwechselbar ist? – Ich bin der Ansicht, daß es eine sehr beklagenswerte Sache sein würde, wenn sie nicht diskontierbar wären; eine höchst außerordentliche Lage, daß ein Mann die Zahlungen einstellen müßte, weil er Akzepte von Smith, Payne & Co. oder Jones Loyd & Co. besitzt und sie nicht diskontieren kann.« – 5178. »Ist nicht das Akzept von Barings eine Verpflichtung, eine gewisse Summe Geldes zu zahlen, wenn der Wechsel verfällt? – Das ist ganz richtig; aber die Herren Baring, wenn sie eine solche Verpflichtung übernehmen, wie jeder Kaufmann, wenn er eine solche Verpflichtung übernimmt, denken nicht im Traum daran, daß Sie das werden in Sovereigns bezahlen müssen; sie rechnen darauf, daß sie es im Clearing House bezahlen werden.« – 5180. »Meinen Sie dann, es müsse eine Art Maschinerie erdacht werden, vermittelst deren das Publikum ein Recht hätte, Geld zu empfangen vor Verfall des Wechsels dadurch, daß jemand anders ihn diskontieren müßte? – Nein, nicht vom Akzeptanten; aber wenn Sie damit meinen, daß wir nicht die Möglichkeit haben sollen, kommerzielle Wechsel diskontiert zu bekommen, dann müssen wir die ganze Verfassung der Dinge ändern.« – 5182. »Sie glauben also, er« 〈ein Handelswechsel} »müßte in Geld konvertibel sein, genauso wie eine Note der Bank von England in Gold konvertibel sein muß? – Ganz entschieden, unter gewissen Umständen.« – 5184. »Sie glauben also, daß die Einrichtungen der currency so gestaltet werden müßten, daß ein Handelswechsel von unbezweifelter Solidität zu allen Zeiten ebenso leicht gegen Geld umwechselbar wäre wie eine Banknote? – Das glaube ich.« – 5185. »Sie gehn nicht so weit, zu sagen, daß, sei es die Bank von England, sei es irgend jemand anders, gesetzlich gezwungen werden sollte, ihn einzuwechseln? – Ich gehe allerdings so weit, zu sagen, daß, wenn wir ein Gesetz zur Regelung der currency machen, wir Vorkehrungen treffen sollten, die Möglichkeit zu verhindern, daß eine Inkonvertibilität der inländischen Handelswechsel eintritt, soweit diese Wechsel unbezweifelt solid und legitim sind.«
Dies ist die Konvertibilität des Handelswechsels gegen die Konvertibilität der Banknote.
5190. »Die Geldhändler des Landes repräsentieren tatsächlich nur das Publikum« –
wie Herr Chapman später vor den Assisen im Fall Davidson. Siehe die Great City Frauds.
5196. »Während der Quartalzeiten« (wenn die Dividenden gezahlt werden) »ist es... absolut nötig, daß wir uns an die Bank von England wenden. Wenn Sie aus der Zirkulation 6 oder 7 Millionen Staatseinkommen in Antizipation der Dividenden herausnehmen, so muß irgend jemand da sein, der diesen Betrag in der Zwischenzeit zur Verfügung stellt.«
(In diesem Fall handelt es sich also um Zufuhr von Geld, nicht von Kapital oder Leihkapital.)
5169. »Jeder, der unsre Handelswelt kennt, muß wissen, daß, wenn wir in einer solchen Lage sind, daß Schatzscheine unverkäuflich werden, daß Obligationen der Ostindischen Kompanie vollkommen nutzlos sind, daß man die besten Handelswechsel nicht diskontieren kann, eine große Besorgnis herrschen muß bei denen, deren Geschäft sie in den Fall bringt, auf einfaches Verlangen augenblicklich Zahlungen im landesüblichen Zirkulationsmittel zu machen, und dies ist der Fall mit allen Bankiers. Die Wirkung davon ist dann, daß jedermann seine Reserve verdoppelt. Nun sehn Sie mal, was die Wirkung davon im ganzen Lande ist, wenn jeder Landbankier, deren es ungefähr 500 gibt, seinen Londoner Korrespondenten zu beauftragen hat, ihm 5000 Pfd. St. in Banknoten zu remittieren. Selbst wenn wir eine so kleine Summe als Durchschnitt nehmen, was schon ganz absurd ist, kommen wir auf 2 1/2 Mill. Pfd. St., die der Zirkulation entzogen werden. Wie sollen die ersetzt werden?«
Andrerseits wollen die Privatkapitalisten etc., die Geld haben, es zu keinem Zins hergeben, denn sie sagen nach Chapman:
5195. »Wir wollen lieber gar keine Zinsen haben, als im Zweifel sein, ob wir das Geld bekommen können, falls wir es brauchen.«
5173. »Unser System ist dies: Wir haben 300 Mill. Pfd. St. Verpflichtungen, deren Bezahlung in laufender Landesmünze in einem einzigen gegebnen Moment verlangt werden kann; und diese Landesmünze, wenn wir sie alle darauf verwenden, beträgt 23 Mill. Pfd. St. oder wieviel es sein mag; ist das nicht ein Zustand, der uns jeden Augenblick in Konvulsionen werfen kann?«
Daher in den Krisen der plötzliche Umschlag des Kreditsystems in das Monetarsystem.
Abgesehn von der inländischen Panik in den Krisen, kann von Quantität des Geldes nur die Rede sein, soweit es Metall betrifft, das Weltgeld. Und grade dies schließt Chapman aus, er spricht nur von 23 Mill. Banknoten.
Derselbe Chapman:
5218. »Die ursprüngliche Ursache der Störung im Geldmarkt« 〈April und später Oktober 1847} »war unbezweifelt in der Menge des Geldes, das erforderlich war, um die Wechselkurse zu regulieren, infolge der außerordentlichen Einfuhren des Jahres.«
Erstens war dieser Schatz des Weltmarktsgeldes damals auf sein Minimum reduziert. Zweitens diente er zugleich als Sicherheit für die Konvertibilität des Kreditgeldes, der Banknoten. Er vereinigte so zwei ganz verschiedne Funktionen, die aber beide aus der Natur des Geldes hervorgehn, da das wirkliche Geld stets Weltmarktsgeld ist und das Kreditgeld stets auf dem Weltmarktsgeld beruht.
1847, ohne Suspension des Bankakts von 1844 »hätten die Clearing Houses ihre Geschäfte nicht erledigen können«. (5221.)
Daß Chapman doch eine Ahnung der bevorstehenden Krise hatte:
5236. »Es gibt gewisse Lagen des Geldmarktes (und die gegenwärtige ist nicht sehr entfernt davon), wo Geld sehr schwierig ist und man zur Bank seine Zuflucht nehmen muß.«
5239. »Was die Summen angeht, die wir von der Bank entnahmen am Freitag, Samstag und Montag, den 19., 20. und 22. Oktober 1847, so wären wir nur zu dankbar gewesen am folgenden Mittwoch, hätten wir die Wechsel zurückbekommen können; das Geld floß augenblicklich zu uns zurück, sobald die Panik vorüber war.«
Am Dienstag, 23. Oktober, wurde nämlich der Bankakt suspendiert, und die Krise war damit gebrochen.
Chapman glaubt 5274, daß die gleichzeitig auf London schwebenden Wechsel 100-120 Mill. Pfd. St. betragen. Dies begreift nicht die Lokalwechsel auf Provinzialplätze.
5287. »Während im Oktober 1856 der Notenbetrag in den Händen des Publikums auf 21155000 Pfd. St. stieg, war doch eine ganz außerordentliche Schwierigkeit, Geld zu bekommen; trotzdem daß das Publikum so viel in der Hand hatte, konnten wir es nicht in die Finger bekommen.«
Nämlich infolge der Besorgnisse, erzeugt durch die Klemme, in der sich die Eastern Bank eine Zeitlang (März 1856) befunden hatte.
5290. Sobald die Panik einmal vorüber,
»fangen alle Bankiers, die ihren Profit aus dem Zins machen, sofort an, ihr Geld zu beschäftigen«.
5302. Chapman erklärt die Beunruhigung bei Abnahme der Bankreserve nicht aus Furcht wegen der Depositen, sondern weil alle diejenigen, die große Geldsummen plötzlich zu zahlen in den Fall kommen können, sehr wohl wissen, daß sie zur Bank als letzter Hilfsquelle bei Klemme im Geldmarkt getrieben werden können; und
»wenn die Bank eine sehr kleine Reserve hat, ist sie nicht erfreut, uns zu empfangen, im Gegenteil«.
Es ist übrigens schön, wie die Reserve als faktische Größe verschwindet. Die Bankiers halten ein Minimum für ihr laufendes Geschäft teils bei sich, teils bei der Bank von England. Die bill-brokers halten das »lose Bankgeld des Landes« ohne Reserve. Und die Bank v. E. hat gegen ihre Depositenschulden nur die Reserve der Bankiers und anderer, nebst public deposits etc., die sie auf den niedrigsten Punkt kommen läßt, z.B. bis auf 2 Mill. Außer diesen 2 Mill. Papier hat daher dieser ganze Schwindel, in Zeiten der Klemme (und diese vermindert die Reserve, weil die Noten, die gegen abfließendes Metall eingehn, annulliert werden müssen) absolut keine andre Reserve als den Metallschatz, und daher steigert jede Verminderung desselben durch Goldabfluß die Krise.
5306. »Wenn kein Geld vorhanden wäre, um die Ausgleichungen im Clearing House zu erledigen, so sehe ich nicht, daß uns etwas andres übrigbliebe, als zusammenzukommen und unsre Zahlungen in Primawechseln zu machen, Wechseln auf das Schatzamt, Smith, Payne & Co. etc.« – 5307. »Also, falls die Regierung ermangelte, Sie mit Zirkulationsmitteln zu versehn, würden Sie eins für sich selbst schaffen? – Was können wir tun? Das Publikum kommt herein und nimmt uns das Zirkulationsmittel aus der Hand; es existiert nicht.« – 5308. »Sie würden also bloß das in London tun, was man in Manchester jeden Tag tut? – Jawohl.«
Sehr gut ist die Antwort Chapmans auf die Frage, die Cayley (Birmingham-man der Attwoodschen Schule) mit Bezug auf Overstones Vorstellung von Kapital stellt:
5315. »Es ist vor dem Komitee ausgesagt worden, daß in einer Klemme, wie die von 1847, man sich nicht nach Geld umsieht, sondern nach Kapital; was ist ihre Meinung darüber? – Ich verstehe Sie nicht; wir handeln nur in Geld; ich verstehe nicht, was Sie damit meinen.« – 5316. »Wenn Sie darunter« (kommerzielles Kapital) »die Menge des ihm selbst gehörigen Geldes verstehn, das ein Mann in seinem Geschäft hat, wenn Sie das Kapital nennen, so bildet das meistens einen sehr geringen Teil des Geldes, womit er in seinen Geschäften wirtschaftet, vermittelst des Kredits, den ihm das Publikum gibt« – durch die Vermittlung der Chapmans.
5339. »Ist es Mangel an Reichtum, daß wir unsre Barzahlungen suspendieren? – Keineswegs;... wir haben keinen Mangel an Reichtum, sondern wir bewegen uns unter einem höchst künstlichen System, und wenn wir eine ungeheure drohende (superincumbent) Nachfrage nach unserm Zirkulationsmittel haben, so mögen Umstände eintreten, die uns verhindern, dieses Zirkulationsmittels habhaft zu werden. Soll deswegen die ganze kommerzielle Industrie des Landes lahmgelegt werden? Sollen wir alle Zugänge der Beschäftigung zuschließen?« – 5338. »Sollten wir vor die Frage gestellt werden, was wir aufrechterhalten wollen, die Barzahlungen oder die Industrie des Landes, so weiß ich, welches von beiden ich fallen ließe.«
Über Aufschätzung von Banknoten »mit der Absicht, die Klemme zu verschärfen und von den Folgen Nutzen zu ziehn« (5358), sagt er, daß dies sehr leicht geschehn kann. Drei große Banken würden dazu hinreichen.
5383. »Muß es Ihnen nicht bekannt sein, als einem mit den großen Geschäften unsrer Hauptstadt vertrauten Mann, daß Kapitalisten diese Krisen benutzen, um enorme Profite zu machen aus dem Ruin derjenigen, die zum Opfer fallen? – Daran kann kein Zweifel sein.«
Und Herrn Chapman dürfen wir dies glauben, obwohl er schließlich über dem Versuch, »aus dem Ruin der Opfer enorme Profite zu machen«, kommerziell den Hals gebrochen hat. Denn wenn sein Associé Gurney sagt: jede Änderung im Geschäft ist vorteilhaft für den, der Bescheid weiß, so sagt Chapman:
»Der eine Teil der Gesellschaft weiß nichts vom andern; da ist z.B. der Fabrikant, der nach dem Kontinent exportiert oder seinen Rohstoff importiert, er weiß nichts von dem andern, der in Goldbarren macht.« (5046.)
Und so geschah es, daß eines Tags Gurney und Chapman selbst nicht »Bescheid wußten« und einen berüchtigten Bankrott machten.
Wir sahen schon oben, daß Ausgabe von Noten nicht in allen Fällen Vorschuß von Kapital bedeutet. Die jetzt folgende Aussage von Tooke vor dem C. D. Ausschuß der Lords 1848 beweist nur, daß Kapitalvorschuß, selbst wenn von der Bank durch Ausgabe neuer Noten bewerkstelligt, nicht ohne weiteres eine Vermehrung der Menge der umlaufenden Noten bedeutet:
3099. »Glauben Sie, daß die B. v. E. z.B. ihre Vorschüsse bedeutend erweitern könne, ohne daß dies zu vermehrter Notenausgabe führte? – Es liegen Tatsachen im Überfluß vor, die dies beweisen. Eins der schlagendsten Beispiele war 1835, wo die Bank von den westindischen Depositen und von der Anleihe bei der Ostindischen Kompanie Gebrauch machte zu vermehrten Vorschüssen ans Publikum; da nahm zur selben Zeit der Notenbetrag in den Händen des Publikums tatsächlich etwas ab... Etwas Ähnliches ist bemerkbar 1846 zur Zeit der Einzahlungen der Eisenbahndepositen in die Bank; die Wertpapiere« (in Diskonto und Depot) »stiegen auf ungefähr 30 Mill., während keine merkliche Wirkung eintrat auf den Notenbetrag in der Hand des Publikums.«
Neben den Banknoten aber hat der Großhandel ein zweites und für ihn weit wichtigeres Zirkulationsmittel: die Wechsel. Herr Chapman hat uns gezeigt, wie wesentlich es ist für einen regelmäßigen Geschäftsgang, daß gute Wechsel überall und unter allen Umständen in Zahlung genommen werden: »Gilt nicht mehr der Tausves Jontof, was soll gelten, Zeter, Zeter!« Wie verhalten sich nun diese beiden Umlaufsmittel zueinander?
Gilbart sagt hierüber:
»Die Beschränkung des Betrags der Notenzirkulation vermehrt regelmäßig den Betrag der Wechselzirkulation. Die Wechsel sind zweierlei Art – Handelswechsel und Bankierwechsel – ... wird das Geld selten, so sagen die Geldverleiher: ›Ziehen Sie auf uns, und wir werden akzeptieren‹, und wenn ein Provinzialbankier einem Kunden einen Wechsel diskontiert, so gibt er ihm nicht bares Geld, sondern seine eigne Tratte für 21 Tage auf seinen Londoner Agenten. Diese Wechsel dienen als ein Zirkulationsmittel.« (J. W. Gilbart, »An Inquiry into the Causes of the Pressure etc.«, p. 31.)
Dies wird, in etwas modifizierter Form, bestätigt durch Newmarch, B. A. 1857, Nr. 1426:
»Es besteht kein Zusammenhang zwischen den Schwankungen im Betrag der zirkulierenden Wechsel und denen in den zirkulierenden Banknoten... das einzige ziemlich gleichmäßige Resultat ist... daß, sobald die geringste Klemme im Geldmarkt eintritt, wie eine Steigerung der Diskontrate sie anzeigt, der Umfang der Wechselzirkulation bedeutend vermehrt wird und umgekehrt.«
Die in solchen Zeiten gezognen Wechsel sind aber keineswegs nur die kurzen Bankwechsel, die Gilbart erwähnt. Im Gegenteil, es sind zum großen Teil Akkommodationswechsel, die gar kein wirkliches Geschäft repräsentieren oder nur Geschäfte, die bloß eingeleitet wurden, um daraufhin Wechsel ziehen zu können; von beidem haben wir Beispiele genug gegeben. Daher sagt der »Economist« (Wilson), die Sicherheit solcher Wechsel vergleichend mit der der Banknoten:
»Bei Vorzeigung zahlbare Banknoten können nie im Übermaß draußen bleiben, weil das Übermaß immer zur Bank zur Auswechslung zurückfließen würde, während Zweimonatswechsel in großem Übermaß ausgegeben werden können, da es kein Mittel gibt, die Ausgabe zu kontrollieren, bis sie verfallen, wo sie dann vielleicht schon wieder durch andre ersetzt sind. Daß eine Nation die Sicherheit der Zirkulation von Wechseln, zahlbar an einem künftigen Termin, zugeben, dagegen aber Bedenken erheben sollte gegen eine Zirkulation von Papiergeld, zahlbar bei Vorzeigung, ist für uns vollständig unbegreiflich.« (»Economist«, 1847, p. 575.)
Die Menge der zirkulierenden Wechsel ist also, wie die der Banknoten, lediglich bestimmt durch die Bedürfnisse des Verkehrs; in gewöhnlichen Zeiten zirkulierten in den fünfziger Jahren im Vereinigten Königreich neben 39 Mill. Banknoten ungefähr 300 Mill. Wechsel, davon 100-120 Mill. auf London allein. Der Umfang, worin die Wechsel zirkulieren, hat keinen Einfluß auf den Umfang der Notenzirkulation und wird von diesem letzteren beeinflußt nur in Zeiten der Geldknappheit, wo die Quantität der Wechsel zunimmt und ihre Qualität sich verschlechtert. Endlich, im Moment der Krise, versagt die Wechselzirkulation gänzlich; kein Mensch kann Zahlungsversprechen brauchen, da jeder nur Barzahlung nehmen will; nur die Banknote bewahrt, wenigstens bis jetzt in England, die Umlaufsfähigkeit, da die Nation mit ihrem Gesamtreichtum hinter der Bank von England steht.
Wir haben gesehn, wie selbst Herr Chapman, der doch 1857 selbst ein Magnat auf dem Geldmarkt war, sich bitter darüber beklagt, daß es in London mehrere große Geldkapitalisten gebe, stark genug, um in einem gegebnen Moment den ganzen Geldmarkt in Unordnung zu bringen und dadurch die kleineren Geldhändler schmählichst zu schröpfen. So gebe es mehrere solche große Haifische, die eine Klemme bedeutend verschärfen könnten, indem sie 1-2 Millionen Konsols verkauften und dadurch einen gleichen Betrag von Banknoten (und gleichzeitig von disponiblem Leihkapital) aus dem Markt nähmen. Durch ein gleiches Manöver eine Klemme in eine Panik zu verwandeln, dazu würde das Zusammenwirken dreier großer Banken hinreichen.
Die größte Kapitalmacht in London ist natürlich die Bank von England, die aber durch ihre Stellung als halbes Staatsinstitut in die Unmöglichkeit versetzt ist, ihre Herrschaft in so brutaler Weise kundzutun. Trotzdem weiß auch sie Mittel und Wege genug – namentlich seit dem Bankakt von 1844 –, wie sie ihr Schäfchen ins trockne bringt.
Die Bank von England hat ein Kapital von 14553000 Pfd. St. und verfügt außerdem über zirka 3 Millionen Pfd. St. »Rest«, d.h. unverteilte Profite, sowie über alle bei der Regierung für Steuern etc. eingehenden Gelder, die bei ihr deponiert werden müssen, bis sie gebraucht werden. Rechnet man hierzu noch die Summe der sonstigen Depositengelder (in gewöhnlichen Zeiten etwa 30 Mill. Pfd. St.) und der ungedeckt ausgegebnen Banknoten, so wird man Newmarchs Schätzung noch ziemlich mäßig finden, wenn dieser (B. A. 1857, Nr. 1889) sagt:
»Ich habe mich überzeugt, daß die Gesamtsumme der fortwährend im« 〈Londoner} »Geldmarkt beschäftigten Fonds auf ungefähr 120 Mill. Pfd. St. angeschlagen werden kann; und von diesen 120 Millionen verfügt die Bank v. E. über einen sehr bedeutenden Teil, gegen 15-20%.«
Soweit die Bank Noten ausgibt, die nicht durch den Metallschatz in ihren Gewölben gedeckt sind, kreiert sie Wertzeichen, die nicht nur Umlaufsmittel, sondern auch zusätzliches – wenn auch fiktives – Kapital für sie bilden zum Nominalbetrag dieser ungedeckten Noten. Und dies Zusatzkapital wirft ihr einen zusätzlichen Profit ab. – B. A. 1857 fragt Wilson den Newmarch:
1563. »Die Zirkulation der eignen Banknoten einer Bank, d.h. der durchschnittlich in den Händen des Publikums verbleibende Betrag, bildet einen Zusatz zum effektiven Kapital jener Bank, nicht wahr? – Ganz gewiß.« – 1564. »Aller Profit also, den die Bank aus dieser Zirkulation zieht, ist ein Profit, der vom Kredit und nicht von einem von ihr wirklich besessenen Kapital herstammt? – Ganz gewiß.«
Dasselbe gilt natürlich auch für die Noten ausgebenden Privatbanken. In seinen Antworten Nr. 1866-1868 betrachtet Newmarch zwei Drittel aller von diesen ausgegebnen Banknoten (für das letzte Drittel müssen diese Banken Metallreserven halten) als »Schöpfung von so viel Kapital«, weil Hartgeld zu diesem Betrag erspart wird. Der Profit des Bankiers mag deshalb nicht größer sein als der Profit andrer Kapitalisten. Die Tatsache bleibt, daß er den Profit zieht aus dieser nationalen Ersparung von Hartgeld. Daß eine nationale Ersparung als Privatprofit erscheint, schockiert gar nicht den bürgerlichen Ökonomen, da der Profit überhaupt Aneignung nationaler Arbeit ist. Gibt es etwas Verrückteres, als z.B. die Bank von England 1797 bis 1817, deren Noten nur durch den Staat Kredit haben und die sich dann vom Staat, also vom Publikum, in der Form von Zinsen für Staatsanleihen, bezahlen läßt für die Macht, die der Staat ihr gibt, diese selben Noten aus Papier in Geld zu verwandeln und sie dann dem Staat zu leihen?
Die Banken haben übrigens noch andre Mittel, Kapital zu kreieren. Nach demselben Newmarch haben die Provinzialbanken, wie schon oben erwähnt, die Gepflogenheit, ihre überflüssigen Fonds (d.h. Noten der B. v. E.) an Londoner bill-brokers zu schicken, die ihnen dagegen diskontierte Wechsel zurück schicken. Mit diesen Wechseln bedient die Bank ihre Kunden, da es Regel für sie ist, die von ihren Lokalkunden empfangnen Wechsel nicht wieder auszugeben, damit nicht die Geschäftsoperationen dieser Kunden in ihrer eignen Nachbarschaft bekannt werden. Diese von London erhaltnen Wechsel dienen nicht nur dazu, an Kunden ausgegeben zu werden, die direkt Zahlungen in London zu machen haben, falls diese nicht vorziehn, sich von der Bank eine eigne Anweisung auf London ausstellen zu lassen; sie dienen auch zur Erledigung von Zahlungen in der Provinz, denn das Endossement des Bankiers sichert ihnen den lokalen Kredit. Sie haben so, z.B. in Lancashire, alle eignen Noten von Lokalbanken und einen großen Teil der Bank – v. – E. – Noten aus der Zirkulation verdrängt. (ibidem, Nr. 1568 bis 1574.)
Wir sehn hier also, wie die Banken Kredit und Kapital kreieren: 1. durch Ausgabe eigner Banknoten; 2. durch Ausstellung von Anweisungen auf London mit bis zu 21 Tagen Laufzeit, die ihnen aber bei Ausstellung gleich bar bezahlt werden; 3. durch Wegzahlung diskontierter Wechsel, deren Kreditfähigkeit zunächst und wesentlich, wenigstens für den betreffenden Lokalbezirk, durch das Endossement der Bank hergestellt wurde.
Die Macht der Bank von England zeigt sich in ihrer Regulierung der Marktrate des Zinsfußes. In Zeiten normalen Geschäftsverlaufs kann es vorkommen, daß die Bank v. E. einem mäßigen Goldabfluß aus ihrem Metallschatz nicht durch Erhöhung der Diskontorate104 einen Riegel vorschieben kann, weil der Bedarf an Zahlungsmitteln durch die Privat- und Aktienbanken und bill-brokers, die in den letzten dreißig Jahren bedeutend an Kapitalmacht gewonnen, befriedigt wird. Sie hat dann andre Mittel anzuwenden. Aber für kritische Momente gilt noch immer, was der Bankier Glyn (von Glyn, Mills, Currie & Co.) vor dem C. D. 1848/1857 aussagte:
1709. »In Zeiten großer Klemme im Lande kommandiert die Bank v. E. den Zinsfuß.« – 1710. »In Zeiten außerordentlicher Klemme,... wenn die Diskontierungen der Privatbankiers oder Brokers verhältnismäßig eingeschränkt werden, fallen sie auf die Bank v. E., und dann hat sie die Macht, die Marktrate des Zinsfußes festzustellen.«
Allerdings darf sie, als öffentliches Institut unter Staatsschutz und mit Staatsprivilegien, diese ihre Macht nicht schonungslos ausnutzen, wie die Privatgeschäfte sich dies erlauben dürfen. Deshalb sagt auch Hubbard vor dem Bankkomitee B. A. 1857:
2844. (Frage:) »Ist es nicht der Fall, daß, wenn die Diskontorate am höchsten, dann die Bank von England am wohlfeilsten bedient, und wenn am niedrigsten, dann die Brokers am wohlfeilsten?« – (Hubbard:) »Das wird immer der Fall sein, denn die Bank v. E. geht nie so sehr herunter wie ihre Konkurrenten, und wenn die Rate am höchsten, geht sie nie ganz so hoch hinauf.«
Trotzdem aber ist es ein ernsthaftes Ereignis im Geschäftsleben, wenn die Bank in Zeiten der Klemme, nach dem landläufigen Ausdruck, die Schraube anzieht, d.h. den schon über dem Durchschnitt stehenden Zinsfuß noch höher setzt.
»Sobald die Bank v. E. die Schraube anzieht, hören alle Einkäufe für Ausfuhr ins Ausland auf... die Exporteure warten, bis die Depression der Preise den niedrigsten Punkt erreicht hat, und erst dann und nicht früher kaufen sie ein. Aber wenn dieser Punkt erreicht ist, sind die Kurse schon wieder geregelt – Gold hört auf, exportiert zu werden, ehe dieser niedrigste Punkt der Depression erreicht ist. Warenkäufe für Export können möglicherweise einen Teil des auswärts gesandten Goldes zurückbringen, aber sie kommen zu spät, den Abfluß zu verhindern.« (J. W. Gilbart, »An Inquiry into the Causes of the Pressure on the Money Market«, London 1840, p. 35.) »Eine andre Wirkung der Regulierung des Zirkulationsmittels vermittelst der auswärtigen Wechselkurse ist, daß sie in Zeiten der Klemme einen enormen Zinsfuß herbeiführt.« (l. c. p. 40.) »Die Kosten, die aus der Wiederherstellung der Wechselkurse entstehn, fallen auf die produktive Industrie des Landes, während im Verlauf dieses Prozesses der Profit der Bank v. E. positiv dadurch gesteigert wird, daß sie ihr Geschäft mit einem geringern Betrag von Edelmetall fortführt.« (l. c. p.52.)
Aber, sagt Freund Samuel Gurney,
»diese großen Schwankungen des Zinsfußes sind den Bankiers und Geldhändlern vorteilhaft – alle Schwankungen im Geschäft sind vorteilhaft für den, der Bescheid weiß«.
Und wenn auch die Gurneys den Rahm der rücksichtslosen Ausbeutung der Geschäftsnotlage abschöpfen, während die Bank v. E. sich dies nicht mit derselben Freiheit erlauben darf, so fallen auch für sie ganz hübsche Profite ab – von den Privatprofiten nicht zu sprechen, die den Herren Direktoren, infolge ihrer ausnahmsweisen Gelegenheit zur Kenntnisnahme der allgemeinen Geschäftslage, von selbst in den Schoß fallen. Nach Angabe vor dem Lord's Committee 1817 bei Wiederaufnahme der Barzahlungen, betrugen diese Profite der Bank von England für die gesamte Zeit von 1797-1817:
Bonuses and increased dividends
7451136
New stock divided among proprietors
7276500
Increased value of capital
14553000
Summa 29280636
auf ein Kapital von 11642400 Pfd. St. in 19 Jahren. (D. Hardcastle, »Banks and Bankers«, 2nd ed., London 1843, p. 120.) Schätzen wir den Totalgewinn der Bank von Irland, die auch 1797 die Barzahlungen suspendierte, nach demselben Prinzip, so erhalten wir folgendes Resultat:
Dividends as by returns due 1821
4736085
Declared bonus
1225000
Increased assets
1214800
Increased value of capital
4185000
Summa 11360885
auf ein Kapital von 3 Mill. Pfd. St. (ibidem, p. 363, 364.)
Man spreche noch von Zentralisation! Das Kreditsystem, das seinen Mittelpunkt hat in den angeblichen Nationalbanken und den großen Geldverleihern und Wucherern um sie herum, ist eine enorme Zentralisation und gibt dieser Parasitenklasse eine fabelhafte Macht, nicht nur die industriellen Kapitalisten periodisch zu dezimieren, sondern auf die gefährlichste Weise in die wirkliche Produktion einzugreifen – und diese Bande weiß nichts von der Produktion und hat nichts mit ihr zu tun. Die Akte von 1844 und 1845 sind Beweise der wachsenden Macht dieser Banditen, an die sich die Finanziers und stock-jobbers anschließen.
Wenn aber noch jemand zweifelt, daß diese ehrbaren Banditen die nationale und internationale Produktion ausbeuten nur im Interesse der Produktion und der Ausgebeuteten selbst, der wird sicher eines Bessern belehrt durch folgenden Exkurs über die hohe sittliche Würde des Bankiers:
»Die Banketablissements sind religiöse und moralische Institutionen. Wie oft hat die Furcht, durch das wachsame und mißbilligende Auge seines Bankiers gesehn zu werden, den jungen Handelsmann abgeschreckt von der Gesellschaft lärmender und ausschweifender Freunde? Welche Angst hat er, gut in der Achtung des Bankiers zu stehn, immer respektabel zu erscheinen! Das Stirnrunzeln des Bankiers hat mehr Einfluß auf ihn, als die Moralpredigten seiner Freunde; zittert er nicht, im Verdacht zu stehn, sich einer Täuschung oder der kleinsten unrichtigen Aussage schuldig gemacht zu haben, aus Furcht, dies könne Verdacht erregen, und infolgedessen könne seine Bankakkommodation beschränkt oder gekündigt werden! Der Rat des Bankiers ist ihm wichtiger als der des Geistlichen.« (G. M. Bell, schottischer Bankdirigent, »The Philosophy of Joint Stock Banking«, London 1840, p. 46, 47.)
34. Das Currency Principle und die englische Bankgesetzgebung von 1844
〈In einer frühern Schrift105 ist die Theorie Ricardos über den Wert des Geldes im Verhältnis zu den Preisen der Waren untersucht worden; wir können uns daher hier auf das Nötigste beschränken. Nach Ricardo wird der Wert des – metallischen – Geldes bestimmt durch die in ihm vergegenständlichte Arbeitszeit, aber nur solange die Quantität des Geldes im richtigen Verhältnis steht zu Menge und Preis der umzusetzenden Waren. Steigt die Quantität des Geldes über dies Verhältnis, so sinkt sein Wert, die Warenpreise steigen; fällt sie unter das richtige Verhältnis, so steigt sein Wert, und die Warenpreise fallen – bei sonst gleichbleibenden Umständen. Im ersten Fall wird das Land, wo dieser Überschuß von Gold besteht, das unter seinen Wert gesunkene Gold ausführen und Waren einführen; im zweiten wird Gold hinströmen zu den Ländern, wo es über seinen Wert geschätzt wird, während die unterschätzten Waren von dort zu andern Märkten fließen, wo sie normale Preise erzielen können. Da unter diesen Voraussetzungen »das Gold selbst, sei es als Münze, sei es als Barre, Wertzeichen von größerem oder geringerem Metallwert als seinem eignen werden kann, so versteht es sich, daß etwa zirkulierende konvertible Banknoten dasselbe Schicksal teilen. Obgleich die Banknoten konvertibel sind, also ihr Realwert ihrem Nominalwert entspricht, kann die Gesamtmasse des zirkulierenden Geldes, Gold und Noten (the aggregate currency consisting of metal and of convertible notes) appreziiert oder depreziiert werden, je nachdem ihre Gesamtquantität, aus den vorher entwickelten Gründen, über oder unter das Niveau steigt oder fällt, das durch den Tauschwert der zirkulierenden Waren und den Metallwert des Goldes bestimmt ist... Diese Depreziation, nicht des Papiers gegen Gold, sondern des Goldes und Papiers zusammengenommen oder der gesamten Masse der Zirkulationsmittel eines Landes, ist eine der Haupterfindungen Ricardos, die Lord Overstone & Co. in ihren Dienst preßten und zu einem Fundamentalprinzip von Sir Robert Peels Bankgesetzgebung von 1844 und 1845 machten.« (l. c. p. 155.)
Den an derselben Stelle geführten Nachweis von der Verkehrtheit dieser Ricardoschen Theorie brauchen wir hier nicht zu wiederholen. Uns interessiert nur die Art und Weise, wie Ricardos Lehrsätze verarbeitet wurden von der Schule von Banktheoretikern, die die obigen Peelschen Bankakte diktierte.
»Die Handelskrisen während des 19. Jahrhunderts, namentlich die großen Krisen von 1825 und 1836, riefen keine Fortentwicklung, wohl aber neue Nutzanwendung der Ricardoschen Geldtheorie hervor. Es waren nicht mehr einzelne ökonomische Phänomene, wie bei Hume die Depreziation der edlen Metalle im 16. und 17. Jahrhundert oder wie bei Ricardo die Depreziation des Papiergelds während des 18. und im Anfang des 19. Jahrhunderts, sondern die großen Weltmarktsungewitter, worin der Widerstreit aller Elemente des bürgerlichen Produktionsprozesses sich entladet, deren Ursprung und Abwehr innerhalb der oberflächlichsten und abstraktesten Sphäre dieses Prozesses, der Sphäre der Geldzirkulation, gesucht wurden. Die eigentlich theoretische Voraussetzung, wovon die Schule der ökonomischen Wetterkünstler ausgeht, besteht in der Tat in nichts andrem als dem Dogma, daß Ricardo die Gesetze der rein metallischen Zirkulation entdeckt hat. Was ihnen zu tun übrigblieb, war die Unterwerfung der Kredit- oder Banknotenzirkulation unter diese Gesetze.
Das allgemeinste und sinnfälligste Phänomen der Handelskrisen ist plötzlicher, allgemeiner Fall der Warenpreise, folgend auf ein längeres, allgemeines Steigen derselben. Allgemeiner Fall der Warenpreise kann ausgedrückt werden als Steigen im relativen Wert des Geldes, verglichen mit allen Waren, und allgemeines Steigen der Preise umgekehrt als Fallen des relativen Werts des Geldes. In beiden Ausdrucksweisen ist das Phänomen ausgesprochen, nicht erklärt... Die verschiedene Phraseologie läßt die Aufgabe ebenso unverändert, wie es ihre Übersetzung aus der deutschen in die englische Sprache tun würde. Ricardos Geldtheorie kam daher ungemein gelegen, da sie einer Tautologie den Schein eines Kausalverhältnisses gibt. Woher das periodische allgemeine Fallen der Warenpreise? Vom periodischen Steigen des relativen Werts des Geldes. Woher umgekehrt das periodische, allgemeine Steigen der Warenpreise? Von einem periodischen Fall im relativen Wert des Geldes. Es könnte ebenso richtig gesagt werden, daß das periodische Steigen und Fallen der Preise von ihrem periodischen Steigen und Fallen herrührt... Die Verwandlung der Tautologie in ein Kausalverhältnis einmal zugegeben, ergibt sich alles andre mit Leichtigkeit. Das Steigen der Warenpreise entspringt aus dem Fallen des Werts des Geldes. Das Fallen des Geldwerts aber, wie wir von Ricardo wissen, aus übervoller Zirkulation, d.h. daher, daß die Masse des zirkulierenden Geldes über das, durch seinen eignen immanenten Wert und die immanenten Werte der Waren bestimmte Niveau steigt. Ebenso umgekehrt das allgemeine Fallen der Warenpreise aus dem Steigen des Geldwerts über seinen immanenten Wert infolge einer untervollen Zirkulation. Die Preise steigen und fallen also periodisch, weil periodisch zu viel oder zu wenig Geld zirkuliert. Wird nun etwa nachgewiesen, daß das Steigen der Preise mit einer verminderten Geldzirkulation und das Fallen der Preise mit einer vermehrten Zirkulation zusammenfiel, so kann trotzdem behauptet werden, infolge irgendeiner, wenn auch statistisch durchaus unnachweisbaren, Verminderung oder Vermehrung der zirkulierenden Warenmasse sei die Quantität des zirkulierenden Geldes, obgleich nicht absolut, doch relativ vermehrt oder vermindert worden. Wir sahen nun, daß nach Ricardo diese allgemeinen Schwankungen der Preise auch bei einer rein metallischen Zirkulation stattfinden müssen, sich aber durch ihre Abwechslung ausgleichen, indem z.B. untervolle Zirkulation Fallen der Warenpreise, das Fallen der Warenpreise Ausfuhr der Waren ins Ausland, diese Ausfuhr aber Einfuhr von Gold ins Inland, dieser Einfluß von Geld aber wieder Steigen der Warenpreise hervorruft. Umgekehrt bei einer übervollen Zirkulation, wo Waren importiert und Gold exportiert werden. Da nun trotz dieser aus der Natur der Ricardoschen Metallzirkulation selbst entspringenden allgemeinen Preisschwankungen ihre heftige und gewaltsame Form, ihre Krisenform, den Perioden entwickelten Kreditwesens angehört, so wird es sonnenklar, daß die Ausgabe von Banknoten nicht exakt nach den Gesetzen der metallischen Zirkulation reguliert wird. Die metallische Zirkulation besitzt ihr Heilmittel im Import und Export der edlen Metalle, die sofort als Münze in Umlauf treten und so durch ihren Einfluß oder Ausfluß die Warenpreise fallen oder steigen machen. Dieselbe Wirkung auf die Warenpreise muß nun künstlich durch Nachahmung der Gesetze der Metallzirkulation von den Banken hervorgebracht werden. Fließt Geld vom Ausland ein, so ist das ein Beweis, daß die Zirkulation untervoll ist, der Geldwert zu hoch und die Warenpreise zu niedrig stehn und folglich Banknoten im Verhältnis zu dem neuimportierten Gold in Zirkulation geworfen werden müssen. Sie müssen umgekehrt der Zirkulation entzogen werden, im Verhältnis wie Gold aus dem Land ausströmt. In andern Worten, die Ausgabe von Banknoten muß reguliert werden nach dem Import und Export der edlen Metalle oder nach dem Wechselkurs. Ricardos falsche Voraussetzung, daß Gold nur Münze ist, daher alles importierte Gold das umlaufende Geld vermehrt und darum die Preise steigen macht, alles exportierte Gold die Münze vermindert und darum die Preise fallen macht, diese theoretische Voraussetzung wird hier zum praktischen Experiment, soviel Münze zirkulieren zu machen als jedesmal Gold vorhanden ist. Lord Overstone (Bankier Jones Loyd), Oberst Torrens, Norman, Clay, Arbuthnot und eine Anzahl andrer Schriftsteller, in England bekannt unter dem Namen der Schule des ›Currency Principle‹, haben diese Doktrin nicht nur gepredigt, sondern vermittelst Sir R. Peels Bankakten von 1844 und 1845 zur Grundlage der englischen und schottischen Bankgesetzgebung gemacht. Ihr schmähliches Fiasko theoretisch wie praktisch, nach Experimenten auf der größten nationalen Stufenleiter, kann erst in der Lehre vom Kredit dargestellt werden.« (l. c. p. 165-168.)
Die Kritik dieser Schule wurde geliefert von Thomas Tooke, James Wilson (im »Economist« von 1844 – 1847) und John Fullarton. Wie mangelhaft aber auch sie die Natur des Goldes durchschauten und wie unklar sie über das Verhältnis von Geld und Kapital waren, haben wir mehrfach, namentlich im Kapitel XXVIII dieses Buchs gesehn. Hier nun noch einiges im Anschluß an die Verhandlungen des Unterhaus-Ausschusses von 1857 über die Peelschen Bankakte (B. C. 1857) – F. E.}
J. G. Hubbard, ehemaliger Gouverneur der Bank v. E., sagt aus:
2400. »Die Wirkung der Goldausfuhr... bezieht sich absolut nicht auf die Warenpreise. Dagegen sehr bedeutend auf die Preise der Wertpapiere, weil im Maß wie der Zinsfuß wechselt, der Wert von Waren, die diesen Zins verkörpern, notwendigerweise gewaltig affiziert wird.«
Er legt zwei Tabellen vor über die Jahre 1834-1843 und 1845-1856, welche beweisen, daß die Preisbewegung von fünfzehn der bedeutendsten Handelsartikel ganz unabhängig war vom Ab- und Zufluß des Goldes und vom Zinsfuß. Dagegen aber beweisen sie einen engen Zusammenhang zwischen dem Ab-und Zufluß des Goldes, das in der Tat »der Repräsentant unsres Anlage suchenden Kapitals« ist, und dem Zinsfuß.
[2402.] »1847 wurde ein sehr großer Betrag amerikanischer Wertpapiere nach Amerika zurückübertragen, ebenso russische Wertpapiere nach Rußland und andre kontinentale Papiere nach den Ländern, von denen wir unsre Kornzufuhr bezogen.«
Die in der folgenden Hubbardschen Tabelle zugrunde gelegten 15 Hauptartikel sind: Baumwolle, Baumwollengarn, ditto Gewebe, Wolle, Wollentuch, Flachs, Leinwand, Indigo, Roheisen, Weißblech, Kupfer, Talg, Zucker, Kaffee, Seide.
Datum Metallschatz Marktrate des Von 15 Hauptartikeln sind der Bank Pfd. St. Diskontos im Preis gefallen unverändert gestiegen —————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— 1834, 1. März 9.104.000 2 3/4% — — — 1835, 1. " 6.274.000 3 3/4% 7 7 1 1836, 1. " 7.918.000 3 1/4% 11 3 1 1837, 1. " 4.077.000 5% 5 9 1 1838, 1. " 10.471.000 2 3/4% 4 11 — 1839, 1. Sept . 2.684.000 6% 8 5 2 1840, 1. Juni 4.571.000 4 3/4% 5 9 1 1840, 1. Dez. 3.642.000 5 3/4% 7 6 2 1841, 1. " 4.873.000 5% 3 12 — 1842, 1. " 10.603.000 2 1/2% 2 13 — 1843, 1. Juni 11.566.000 2 1/4% 1 14 —
Hubbard macht dazu die Glosse:
»Wie in den 10 Jahren 1834-1843, so waren in 1844-1853 Schwankungen im Gold der Bank in jedem Fall begleitet von einer Zunahme oder Abnahme des leihbaren Wertes des auf Diskonto vorgeschoßnen Geldes; und andrerseits zeigen die Änderungen in den Warenpreisen des Inlandes eine vollständige Unabhängigkeit von der Masse der Zirkulation, wie sie sich in den Goldschwankungen der Bank von England zeigt.« (»Bank Acts Report« 1857, II, p. 290 u. 291.)
Da die Nachfrage und Zufuhr von Waren deren Marktpreise reguliert, wird hier klar, wie falsch Overstones Identifikation der Nachfrage nach leihbarem Geldkapital (oder vielmehr der Abweichungen der Zufuhr davon), wie sie sich in der Diskontorate ausdrückt, und der Nachfrage nach wirklichem »Kapital«. Die Behauptung, daß die Warenpreise durch die Schwankungen im Betrag der Currency reguliert sind, versteckt sich jetzt unter der Phrase, daß die Schwankungen der Diskontorate Schwankungen in der Nachfrage nach wirklichem stofflichen Kapital ausdrücken, im Unterschied vom Geldkapital. Wir haben gesehn, wie sowohl Norman wie Overstone dies in der Tat vor demselben Ausschuß behaupteten und zu welchen lahmen Ausflüchten namentlich letzterer dabei gedrängt wurde, bis er schließlich ganz festsaß. (Kapitel XXVI.) Es ist in der Tat die alte Flause, daß die Änderungen in der Masse des vorhandnen Goldes, indem sie die Menge des Umlaufsmittels im Lande vermehren oder vermindern, innerhalb dieses Landes die Warenpreise steigern oder senken müßten. Wird Gold ausgeführt, so müssen nach dieser Currency-Theorie die Preise der Waren steigen in dem Lande, wohin das Gold geht, und damit der Wert der Exporte des Gold ausführenden Landes auf dem Markt des Gold einführenden; der Wert der Exporte des letzteren auf dem Markt des ersteren würde dagegen fallen, während er stiege in ihrem Ursprungsland, wohin das Gold geht. In der Tat aber steigert die Verminderung der Goldmenge nur den Zinsfuß, während ihre Vermehrung ihn senkt; und kämen diese Schwankungen des Zinsfußes nicht in Rechnung bei Feststellung der Kostpreise oder bei der Bestimmung von Nachfrage und Angebot, so würden sie die Warenpreise gänzlich unberührt lassen. –
Im selben Bericht spricht sich N. Alexander, Chef eines großen Hauses im indischen Geschäft, folgendermaßen aus über den starken Abfluß von Silber nach Indien und China um die Mitte der 50er Jahre, infolge teils des chinesischen Bürgerkriegs, der dem Absatz englischer Gewebe in China Einhalt tat, teils der Seidenwürmerkrankheit in Europa, die die italienische und französische Seidenzucht stark einschränkte:
4337. »Ist der Abfluß nach China oder nach Indien? – Sie schicken das Silber nach Indien, und mit einem guten Teil davon kaufen Sie Opium, das alles nach China geht, um Fonds zu bilden zum Einkauf für Seide; und der Stand der Märkte in Indien« (trotz der Akkumulation von Silber dort) »macht es profitlicher für den Kaufmann, Silber hinzuschicken, als Gewebe oder andre britische Fabrikate.« – 4338. »Fand nicht ein großer Abfluß aus Frankreich statt, wodurch wir das Silber bekamen? – Jawohl, ein sehr großer.« – 4344. »Statt Seide von Frankreich und Italien einzuführen, schicken wir sie in großen Quantitäten hin, sowohl bengalische wie chinesische.«
Also wurden nach Asien Silber – das Geldmetall dieses Weltteils – geschickt statt Ware, nicht weil die Preise dieser Waren gestiegen waren in dem Land, das sie produziert (England), sondern gefallen – gefallen durch Überimport – in dem Land, wohin es sie importiert; obgleich dies Silber von England aus Frankreich bezogen und teilweise mit Gold bezahlt werden mußte. Nach der Currency-Theorie hätten bei solchem Import die Preise in England fallen und in Indien und China steigen müssen.
Ein andres Beispiel. Vor dem Ausschuß der Lords (C. D. 1848/1857) sagt Wylie, einer der ersten Liverpooler Kaufleute, aus wie folgt:
1994. »Ende 1845 gab es kein lohnenderes Geschäft und keins, das so große Profite abwarf« 〈als die Baumwollspinnerei}. »Der Baumwollvorrat war groß, und gute brauchbare Baumwolle war zu 4 d. das Pfund zu haben, und von solcher Baumwolle konnte gut secunda mule twist Nr. 40 gesponnen werden mit einer Auslage ebenfalls von 4 d., etwa zu 8 d. Gesamtauslage für den Spinner. Dieses Garn wurde in großen Massen verkauft im September und Oktober 1845 und ebenso große Lieferungskontrakte abgeschlossen, zu 10 1/2 und 11 1/2 d. pro Pfund, und in einigen Fällen haben die Spinner einen Profit realisiert, der dem Einkaufspreis der Baumwolle gleichkam.« – 1996, »Das Geschäft blieb lohnend bis Anfang 1846.« – 2000. »Am 3. März 1844 war der Baumwollvorrat« 〈627042 Ballen} »mehr als das Doppelte von dem, was er heute« 〈am 7. März 1848, wo er 301070 Ballen war}, »und dennoch war der Preis 1 1/4 d. per Pfund teurer« 〈6 1/4 d. gegen 5 d.}. »Gleichzeitig war Garn – gut secunda mule twist Nr. 40 – von 11 1/2-12 d. gefallen auf 9 1/2 d. im Oktober und 7 3/4, d. Ende Dezember 1847; es wurde Garn verkauft zum Einkaufspreis der Baumwolle, woraus es gesponnen war.« (ib., Nr. 2021, 2023.)
Dies zeigt die interessierte Weisheit Overstones, daß das Geld »teuer« sein soll, weil Kapital »selten« ist. Am 3. März 1844 stand der Bankzinsfuß auf 3%; Okt. und Nov. 1847 ging er auf 8 und 9% und stand am 7. März 1848 noch auf 4%. Die Baumwollpreise wurden durch die totale Absatzstockung und die Panik mit dem ihr entsprechenden hohen Zinsfuß nie dergeschlagen tief unter ihren dem Stand der Zufuhr entsprechenden Preis. Die Folge davon war einerseits ungeheure Abnahme der Einfuhr 1848 und andrerseits Abnahme der Produktion in Amerika; daher neues Steigen der Baumwollpreise 1849. Nach Overstone waren die Waren zu teuer, weil zuviel Geld im Lande war.
2002. »Die neuliche Verschlechterung in der Lage der Baumwollindustrie ist nicht dem Mangel an Rohstoff geschuldet, da der Preis niedriger ist, obwohl der Vorrat von Rohbaumwolle bedeutend vermindert.«
Aber angenehme Verwechslung bei Overstone zwischen dem Preis resp. Wert der Ware und dem Wert des Geldes, nämlich dem Zinsfuß. In der Antwort auf Frage 2026 gibt Wylie sein Gesamturteil über die Currency-Theorie, wonach Cardwell und Sir Charles Wood im Mai 1847 »die Notwendigkeit behauptet hatten, den Bankakt von 1844 in seinem ganzen Inhalt durchzuführen«:
»Diese Prinzipien scheinen mir von einer Art zu sein, daß sie dem Geld einen künstlichen hohen Wert und allen Waren einen künstlichen, ruinierend niedrigen Wert geben würden.«
Er sagt ferner über die Wirkungen dieses Bankakts auf das allgemeine Geschäft:
»Da Viermonatswechsel, die die regelmäßigen Tratten der Fabrikstädte auf Kaufleute und Bankiers gegen gekaufte und für die Vereinigten Staaten bestimmte Waren sind, nur noch mit großen Opfern diskontiert werden konnten, wurde die Ausführung von Aufträgen in bedeutendem Maß gehemmt, bis nach dem Regierungsbrief vom 25. Oktober« 〈Suspension des Bankakts}, »wo diese Viermonatswechsel wieder diskontierbar wurden.« (2097.)
Also auch in der Provinz wirkte die Suspension dieses Bankakts wie eine Erlösung.
2102. »Im vorigen Oktober« 〈1847} »haben fast alle amerikanischen Einkäufer, die hier Waren kaufen, soviel wie möglich ihre Aufträge sofort eingeschränkt; und als die Nachricht von der Geldteuerung nach Amerika kam, hörten alle neuen Aufträge auf.« – 2134. »Korn und Zuckerwaren Spezialfälle. Der Kornmarkt wurde affiziert durch die Ernteaussichten, und Zucker wurde affiziert durch die ungeheuren Vorräte und Einfuhren.« – 2163. »Von unsern Zahlungsverpflichtungen gegen Amerika... wurde vieles liquidiert durch Zwangsverkäufe von konsignierter Ware, und vieles, fürchte ich, wurde annulliert durch die Bankerotte hier.« – 2196. »Wenn ich mich recht erinnere, wurden auf unsrer Fondsbörse im Oktober 1847 bis 70% Zinsen gezahlt.«
〈Die Krisis von 1837 mit ihren langen Nachwehen, an die sich 1842 noch eine vollständige Nachkrise schloß, und die interessierte Verblendung der Industriellen und Kaufleute, die platterdings keine Überproduktion sehn wollten – diese war ja, nach der Vulgärökonomie, ein Unsinn und eine Unmöglichkeit! –, hatten endlich diejenige Verwirrung in den Köpfen verursacht, die der Currency-Schule erlaubte, ihr Dogma auf nationalem Maßstab in die Praxis zu übersetzen. Die Bankgesetzgebung von 1844/45 ging durch.
Der Bankakt von 1844 teilt die Bank von England in ein Notenausgabe-Departement und ein Bankdepartement. Das erstere erhält Sicherheiten – größtenteils Regierungsschuld – für 14 Millionen und den gesamten Metallschatz, der zu höchstens 1/4 aus Silber bestehn darf, und gibt für den Gesamtbetrag beider eine gleiche Summe von Noten aus. Soweit sich diese nicht in den Händen des Publikums befinden, liegen sie im Bankdepartement und bilden, mit der wenigen zum täglichen Gebrauch nötigen Münze (etwa einer Million) dessen stets bereite Reserve. Das Ausgabe-Departement gibt dem Publikum Gold für Noten und Noten für Gold; den übrigen Verkehr mit dem Publikum besorgt das Bankdepartement. Die 1844 zur Ausgabe eigner Noten in England und Wales berechtigten Privatbanken behalten dies Recht, doch wird ihre Notenausgabe kontingentiert; hört eine dieser Banken auf, eigne Noten auszugeben, so kann die Bank von England ihren ungedeckten Notenbetrag um 2/3 des eingegangnen Kontingents erhöhen; auf diesem Weg ist derselbe bis 1892 von 14 auf 16 1/2 Millionen Pfd. St. (genau 16450000 Pfd. St.) gestiegen.
Für jede fünf Pfund in Gold also, die aus dem Bankschatz abfließen, geht eine Fünfpfundnote zurück an das Ausgabe-Departement und wird vernichtet; für jede dem Schatz zugehenden fünf Sovereigns kommt eine neue Fünfpfundnote in Umlauf. Damit ist Overstones ideale Papierzirkulation, die sich genau nach den Gesetzen der metallischen Zirkulation richtet, praktisch ausgeführt, und damit sind, nach den Behauptungen der Currency-Leute, die Krisen für immer unmöglich gemacht.
In Wirklichkeit aber entzog die Trennung der Bank in zwei unabhängige Departements der Direktion die Möglichkeit, in entscheidenden Momenten über ihre gesamten disponiblen Mittel frei zu verfügen, so daß Fälle eintreten konnten, wo das Bankdepartement vor dem Bankerott stand, während das Ausgabe-Departement mehrere Millionen in Gold und außerdem noch seine 14 Millionen Sicherheiten intakt besaß. Und zwar konnte dies um so leichter eintreten, als in fast jeder Krise ein Abschnitt vorkommt, wo ein starker Goldabfluß ins Ausland stattfindet, der in der Hauptsache durch den Metallschatz der Bank zu decken ist. Für jede fünf Pfund aber, die dann ins Ausland fließen, wird der Zirkulation des Inlands eine Fünfpfundnote entzogen, also die Menge des Umlaufsmittels grade in dem Augenblick verkleinert, wo am meisten davon, und am nötigsten, gebraucht wird. Der Bankakt von 1844 provoziert also die sämtliche Handelswelt direkt dazu, bei hereinbrechender Krise sich einen Reserveschatz von Banknoten beizeiten anzulegen, also die Krise zu beschleunigen und zu verschärfen; er treibt durch diese, im entscheidenden Augenblick wirksam werdende, künstliche Steigerung der Nachfrage nach Geldakkommodation, d.h. nach Zahlungsmittel, bei gleichzeitiger Beschränkung der Zufuhr davon, den Zinsfuß in Krisen zu bisher unerhörter Höhe; statt also die Krisen zu beseitigen, steigert er sie vielmehr bis auf den Punkt, wo entweder die ganze industrielle Welt in die Brüche gehn muß oder der Bankakt. Zweimal, am 25. Okt. 1847 und am 12. Nov. 1857, war die Krisis auf diese Höhe gestiegen; da befreite die Regierung die Bank von der Beschränkung ihrer Notenausgabe, indem sie den Akt von 1844 suspendierte, und dies reichte beidemal hin, die Krise zu brechen. 1847 genügte die Gewißheit, daß nun wieder Banknoten gegen Sicherheit ersten Rangs zu haben seien, um die aufgeschatzten 4-5 Millionen Noten wieder ans Tageslicht und in die Zirkulation zu bringen; 1857 wurde bis nicht ganz eine Million in Noten über das gesetzliche Quantum ausgegeben, aber nur für ganz kurze Zeit.
Zu erwähnen ist auch, daß die Gesetzgebung von 1844 noch die Spuren der Erinnerung an die ersten zwanzig Jahre des Jahrhunderts aufweist, die Zeit der Einstellung der Barzahlungen der Bank und der Notenentwertung. Die Furcht, die Banknoten möchten ihren Kredit verlieren, ist noch sehr bemerkbar; eine sehr überflüssige Furcht, da schon 1825 die Ausgabe eines vorgefundnen alten Vorrats außer Kurs gesetzter Einpfundnoten die Krise gebrochen und damit bewiesen hatte, daß schon damals der Kredit der Noten, selbst in der Zeit des allgemeinsten und stärksten Mißtrauens, unerschüttert blieb. Es ist dies auch ganz begreiflich; steht doch tatsächlich die gesamte Nation mit ihrem Kredit hinter diesen Wertzeichen. – F. E.}
Hören wir nun ein paar Zeugnisse über die Wirkung des Bankakts. J. St. Mill glaubt, daß der Bankakt von 1844 die Überspekulation niedergehalten habe. Dieser weise Mann sprach glücklicherweise am 12. Juni 1857. Vier Monate später war die Krisis losgebrochen. Er gratuliert buchstäblich den »Bankdirektoren und dem kommerziellen Publikum im allgemeinen« dazu, daß sie
»die Natur einer Handelskrisis weit besser verstehn als früher und den sehr großen Schaden, den sie sich selbst und dem Publikum durch Unterstützung der Überspekulation antun«. (B. C. 1857, Nr. 2031.)
Der weise Mill meint, wenn 1-Pfund-Noten ausgegeben werden
»als Vorschüsse an Fabrikanten u.a., welche Arbeitslöhne auszahlen... so können die Noten in die Hände von andren kommen, die sie zu Konsumtionszwecken ausgeben, und in diesem Fall konstituieren die Noten in sich selbst eine Nachfrage nach Waren, und können zeitweilig eine Preiserhöhung zu befördern streben«. [Nr. 2066.]
Herr Mill nimmt also an, daß die Fabrikanten höhern Lohn zahlen werden, weil sie ihn in Papier statt in Gold zahlen? Oder glaubt er, wenn der Fabrikant seinen Vorschuß in 100-Pfund-Noten erhält, diese auswechselt gegen Gold, so würde dieser Lohn weniger Nachfrage bilden, als wenn sogleich in 1-Pfund-Noten bezahlt? Und weiß er nicht, daß z.B. in gewissen Bergwerksbezirken Arbeitslohn gezahlt wurde in Noten von Lokalbanken, so daß mehrere Arbeiter zusammen eine 5-Pfund-Note erhielten? Vermehrt dies ihre Nachfrage? Oder werden die Bankiers den Fabrikanten in kleinen Noten leichter und mehr Geld vorschießen als in großen?
〈Diese sonderbare Angst Mills vor Einpfundnoten wäre unerklärlich, zeigte nicht sein ganzes Werk über politische Ökonomie einen Eklektizismus, der vor keinen Widersprüchen zurückschreckt. Einerseits gibt er Tooke in vielen Dingen gegen Overstone recht, andrerseits glaubt er an die Bestimmung der Warenpreise durch die Menge des vorhandnen Geldes. Er ist also keineswegs überzeugt, daß für jede ausgegebne Einpfundnote – alle andren Umstände gleichgesetzt – ein Sovereign in den Schatz der Bank wandert; er fürchtet, die Masse des Zirkulationsmittels könne vermehrt und somit entwertet werden, d.h. die Warenpreise steigern. Das ist es und weiter nichts, was sich hinter obiger Bedenklichkeit verbirgt. – F. E.}
Über die Zweiteilung der Bank und die übermäßige Vorsorge für Sicherstellung der Banknoteneinlösung spricht sich Tooke aus vor dem C. D. 1848/1857:
Die größern Schwankungen des Zinsfußes 1847, verglichen mit 1837 und 1839, seien nur der Trennung der Bank in zwei Departements geschuldet. (3010.) – Die Sicherheit der Banknoten wurde nicht affiziert, weder 1825 noch 1837 und 1839. (3015.) – Die Nachfrage nach Gold 1825 bezweckte nur, den leeren Raum auszufüllen, entstanden durch die gänzliche Diskreditierung der 1-Pfund-Noten der Provinzialbanken; dieser leere Raum konnte nur durch Gold ausgefüllt werden, bis die Bank von England auch 1-Pfund-Noten ausgab. (3022.) – Im November und Dezember 1825 existierte nicht die geringste Nachfrage nach Gold für Ausfuhr. (3023.)
»Was eine Diskreditierung der Bank im In- und Auslande betrifft, würde eine Suspension der Zahlung von Dividenden und Depositen von viel schwereren Folgen sein, als eine Suspension der Zahlung der Banknoten.« (3028.)
3035. »Würden Sie nicht sagen, daß jeder Umstand, der in letzter Instanz die Konvertibilität der Banknoten gefährdete, in einem Augenblick der kommerziellen Klemme neue und ernstliche Schwierigkeiten erzeugen könnte? – Ganz und gar nicht.«
Im Lauf von 1847 »würde eine vermehrte Notenausgabe vielleicht dazu beigetragen haben, den Goldschatz der Bank wieder zu füllen, wie sie dies 1825 tat«. (3058.)
Vor dem B. A. 1857 sagt Newmarch aus:
1357. »Die erste schlimme Wirkung... dieser Trennung der beiden Departements« (der Bank) »und der daraus notwendig folgenden Zweiteilung der Goldreserve war die, daß das Bankgeschäft der B. v. E., also derjenige ganze Zweig ihrer Operationen, der sie in direktere Verbindung mit dem Handel des Landes bringt, mit nur der Hälfte des Betrags der frühern Reserve fortgeführt worden ist. Infolge dieser Spaltung der Reserve ist es gekommen, daß, sobald die Reserve des Bankdepartements nur im geringsten zusammenschmolz, die Bank gezwungen war, ihre Diskontrate zu erhöhen. Diese verminderte Reserve hat daher eine Reihe stoßweiser Veränderungen in der Diskontrate verursacht.« – 1358. »Solche Änderungen sind seit 1844« (bis Juni 1857) »einige 60 in der Zahl gewesen, während sie vor 1844 in derselben Zeit kaum ein Dutzend betrugen.«
Von besondrem Interesse ist auch die Aussage von Palmer, seit 1811 Direktor und eine Zeitlang Gouverneur der Bank von England, vor dem C. D. Ausschuß der Lords (1848/1857):
828. »Im Dezember 1825 hatte die Bank nur noch ungefähr 1100000 Pfd. St. Gold übrigbehalten. Damals müßte sie ganz unfehlbar total falliert haben, wenn dieser Akt« (von 1844) »damals bestanden hätte. Im Dezember gab sie, glaube ich, 5 oder 6 Millionen Noten in einer Woche aus, und das erleichterte die damalige Panik bedeutend.«
825. »Die erste Periode« (seit 1. Juli 1825), »wo die gegenwärtige Bankgesetzgebung zusammengebrochen wäre, wenn die Bank versucht hätte, die einmal in Angriff genommenen Transaktionen zu Ende zu führen, war am 28. Februar 1837; damals waren 3900000 Pfd. St. bis 4 Millionen Pfd. St. im Besitz der Bank, und sie würde dann nur noch 650 000 Pfd. St. in Reserve behalten haben. Eine andre Periode ist 1839 und dauerte vom 9. Juli bis 5. Dezember.« – 826. »Was war der Betrag der Reserve in diesem Fall? Die Reserve bestand in einem Defizit von insgesamt 200000 Pfd. St. (the reserve was minus altogether 200000 Pfd. St.) am 5. September. Am 5. November stieg sie auf ungefähr 1 bis 1 1/2 Mill.« – 830. »Der Akt von 1844 würde die Bank verhindert haben, dem amerikanischen Geschäft 1837 beizustehn.« – 831. »Drei der hauptsächlichsten amerikanischen Häuser fallierten... Fast jedes Haus im amerikanischen Geschäft war außer Kredit gesetzt, und wäre damals die Bank nicht zu Hilfe gekommen, so glaube ich nicht, daß mehr als 1 oder 2 Häuser sich hätten halten können.« – 836. »Die Klemme von 1837 ist gar nicht zu vergleichen mit der von 1847. Die von 1837 beschränkte sich hauptsächlich auf das amerikanische Geschäft.« – 838. (Anfangs Juni 1837 wurde in der Bankdirektion die Frage diskutiert, wie der Klemme abzuhelfen sei.) »Worauf einige Herren die Meinung verteidigten,... das richtige Prinzip sei, den Zinsfuß zu erhöhen, wodurch die Warenpreise fallen würden; kurz, Geld teuer und Waren wohlfeil zu machen, wodurch die Zahlung ans Ausland zustande gebracht würde (by which the foreign payment would be accomplished).« – 906. »Die Einführung einer künstlichen Beschränkung der Vollmachten der Bank durch den Akt von 1844 statt der alten und natürlichen Schranke ihrer Vollmacht, des wirklichen Betrags ihres Metallvorrats, erzeugt künstliche Geschäftserschwerung und damit eine Wirkung auf die Warenpreise, die ganz unnötig war ohne diesen Akt.« – 968. »Unter der Wirkung des Akts von 1844 kann man den Metallvorrat der Bank, unter gewöhnlichen Umständen, nicht wesentlich unter 9 1/2 Mill. reduzieren. Dies würde einen Druck auf Preise und Kredit verursachen, der einen solchen Umschwung in den auswärtigen Wechselkursen herbeiführen müßte, daß die Goldeinfuhr stiege und damit den Betrag des Goldes im Ausgabe-Departement vermehrte.« – 996. »Unter der jetzigen Beschränkung haben Sie« 〈die Bank} »nicht das Kommando über Silber, das erforderlich ist zu Zeiten, wo man Silber braucht, um auf den auswärtigen Kurs zu wirken.« – 999. »Was war der Zweck der Vorschrift, die den Silbervorrat der Bank auf 1/5 ihres Metallvorrats beschränkt? – Die Frage kann ich nicht beantworten.«
Der Zweck war, Geld teuer zu machen; ganz wie, abgesehn von der Currency-Theorie, die Trennung der beiden Bankdepartements und der Zwang für die schottischen und irischen Banken, für Notenausgabe über einen gewissen Satz hinaus Gold in Reserve zu halten. Es entstand so eine Dezentralisation des nationalen Metallschatzes, der ihn weniger fähig machte, ungünstige Wechselkurse zu korrigieren. Auf Steigerung des Zinsfußes laufen alle diese Bestimmungen hinaus: daß die B. v. E. nicht Noten ausgeben darf über 14 Mill. außer gegen Goldreserve; daß das Bankdepartement als gewöhnliche Bank verwaltet werden soll, den Zinsfuß herabdrückend in Zeiten des Geldüberflusses, ihn herauftreibend in Zeiten der Klemme; die Beschränkung des Silbervorrats, des hauptsächlichen Mittels, die Wechselkurse mit dem Kontinent und Asien zu rektifizieren; die Vorschriften wegen der schottischen und irischen Banken, die nie GoldA36 für Export brauchen und es jetzt halten müssen unter dem Vorwand einer, tatsächlich rein illusorischen, Konvertibilität ihrer Noten. Die Tatsache ist, daß der Akt von 1844 zum erstenmal einen Ansturm nach Gold auf die schottischen Banken 1857 produzierte. Die neue Bankgesetzgebung macht ebenfalls keinen Unterschied zwischen Goldabfluß ins Ausland und dem fürs Inland, obgleich deren Wirkungen selbstredend durchaus verschieden. Daher die beständigen heftigen Schwankungen in der Marktrate des Zinses. Mit Bezug auf Silber sagt Palmer zweimal, 992 und 994, daß die Bank nur Silber gegen Noten kaufen kann, wenn der Wechselkurs günstig für England, das Silber also überflüssig ist; denn:
1003. »Der einzige Zweck, weshalb ein beträchtlicher Teil des Metallschatzes in Silber gehalten werden kann, ist der, ausländische Zahlungen zu erleichtern, während der Zeit, wo die Wechselkurse gegen England sind.« – 1004. »Silber ist eine Ware, die, weil sie Geld ist in der ganzen übrigen Welt, deshalb die passendste Ware... für diesen Zweck ist« 〈Zahlung ans Ausland}. »Nur die Vereinigten Staaten haben in der letzten Zeit ausschließlich Gold genommen.«
Nach seiner Ansicht brauchte die Bank in Zeiten der Klemme, solange keine ungünstigen Wechselkurse das Gold ins Ausland ziehn, den Zinsfuß nicht über den alten Stand von 5% zu erhöhen. Wäre nicht der Akt von 1844, so würde sie dabei ohne Schwierigkeit alle Wechsel ersten Ranges (first class bills), die ihr präsentiert würden, diskontieren können. (1018 bis 1020.) Aber mit dem Akt von 1844 und in der Lage, in der die Bank im Oktober 1847 war,
»gab es keinen Zinsfuß, den die Bank kreditfähigen Häusern abverlangen konnte, den sie nicht bereitwillig gezahlt hätten, um ihre Zahlungen fortzuführen«. [1022.]
Und dieser hohe Zinsfuß war grade der Zweck des Akts.
1029. »Ich muß einen großen Unterschied machen zwischen der Wirkung des Zinsfußes auf ausländische Nachfrage« 〈für Edelmetall} »und einer Zinserhöhung zum Zweck der Hemmung eines Andrangs auf die Bank während einer Periode inländischen Kreditmangels.« – 1023. »Vor dem Akt von 1844, wenn die Kurse zugunsten Englands waren und Beunruhigung, ja positive Panik im Lande herrschte, war keine Grenze gesetzt auf die Notenausgabe, durch die allein dieser Zustand der Klemme erleichtert werden konnte.«
So spricht ein Mann sich aus, der 39 Jahre lang in der Direktion der Bank von England gesessen. Hören wir nun einen Privatbankier, Twells, seit 1801 Associé von Spooner, Attwoods & Co. Er ist der einzige unter sämtlichen Zeugen vor dem B. C. 1857, der einen Blick in den wirklichen Zustand des Landes tun läßt und die Krisis herannahen sieht. Im übrigen ist er eine Art von Birminghamer Little-Shilling-Mann, wie denn seine Associés, die Brüder Attwood, die Stifter dieser Schule sind (s. »Zur Kritik der pol. Oek.«, S. 59). Er sagt aus:
4488. »Wie glauben Sie, daß der Akt von 1844 gewirkt hat? – Sollte ich Ihnen als Bankier antworten, so würde ich sagen, daß er ganz ausgezeichnet gewirkt hat, denn er hat den Bankiers und 〈Geld-} Kapitalisten aller Art eine reiche Ernte geliefert. Aber er hat sehr schlecht gewirkt für den ehrlichen fleißigen Geschäftsmann, der Stetigkeit in der Diskontorate bedarf, so daß er seine Arrangements mit Zuversicht machen kann... er hat das Geldverleihen zu einem höchst profitlichen Geschäft gemacht.« – 4489. »Er« 〈der Bankakt} »befähigt die Londoner Aktienbanken, den Aktionären 20 bis 22% zu zahlen? – Eine zahlte neulich 18%, und ich glaube, eine andre 20%; sie haben allen Grund, sehr entschieden für den Akt einzutreten.« – 4490. »Kleine Geschäftsleute und respektable Kaufleute, die kein großes Kapital haben... er kneift sie sehr... Das einzige Mittel, das ich habe, um dies zu erfahren, ist, daß ich eine so erstaunliche Masse ihrer Akzepte sehe, die nicht bezahlt werden. Diese Akzepte sind immer klein, etwa von 20-100 Pfd. St., viele von ihnen werden nicht bezahlt und gehn zurück mit Mangelzahlung nach allen Teilen des Landes, und dies ist immer ein Zeichen der Gedrücktheit unter... den Kleinhändlern.«
4494 erklärt er, das Geschäft sei jetzt nicht profitabel. Seine folgenden Bemerkungen sind wichtig, weil er das latente Dasein der Krise sah, als noch keiner der übrigen es ahnte.
4494. »Die Preise in Mincing Lane halten sich noch ziemlich, aber es wird nichts verkauft, man kann zu keinem Preise verkaufen; man hält sich auf dem nominellen Preis.«
4495. Er erzählt einen Fall: Ein Franzose schickt einem Makler in Mincing Lane Waren für 3000 Pfd. St. zum Verkauf für einen gewissen Preis. Der Makler kann den Preis nicht machen, der Franzose kann unter dem Preise nicht verkaufen. Die Ware bleibt liegen, aber der Franzose braucht Geld. Der Makler schießt ihm also 1000 Pfd. St. vor, derart, daß der Franzose auf Sicherheit der Waren einen Wechsel für 1000 Pfd. St. für 3 Monate auf den Makler zieht. Nach 3 Monaten verfällt der Wechsel, aber die Waren sind noch immer unverkäuflich. Der Makler muß dann den Wechsel zahlen, und obgleich er Deckung für 3000 Pfd. St. hat, kann er sie nicht flüssigmachen und gerät in Schwierigkeiten. So zieht einer den andern mit herunter.
4496. »Was die starken Ausfuhren betrifft... wenn das Geschäft im Innern gedrückt ist, so ruft dies mit Notwendigkeit auch eine starke Ausfuhr hervor.« – 4497. »Glauben Sie, daß die inländische Konsumtion abgenommen hat? – Sehr bedeutend... ganz ungeheuer... die Kleinhändler sind hier die beste Autorität.« – 4498. »Und doch sind die Einfuhren sehr groß; zeigt das nicht eine starke Konsumtion an? – Jawohl, wenn Sie verkaufen können; aber viele Warenlager sind voll von diesen Sachen; in dem Beispiel, das ich soeben erzählt habe, sind für 3000 Pfd. St. Waren importiert worden, die unverkäuflich sind.«
4514. »Wenn Geld teuer ist, würden Sie sagen, daß dann Kapital wohlfeil ist? – Jawohl.«
Der Mann ist also keineswegs der Meinung Overstones, daß hoher Zinsfuß dasselbe sei wie teures Kapital.
Wie das Geschäft jetzt betrieben wird:
4516 »... Andre gehn sehr bedeutend ins Geschirr, machen ein riesiges Geschäft in Ausfuhren und Einfuhren, weit über das Maß hinaus, wozu ihr Kapital sie berechtigt; daran kann nicht der geringste Zweifel sein. Das kann diesen Leuten glücken; sie können durch irgendwelchen Glücksfall große Vermögen machen und alles abzahlen. Das ist in großem Maß das System, auf dem heutzutage ein bedeutender Teil des Geschäfts geführt wird. Solche Leute verlieren willig 20, 30 und 40% auf eine Verschiffung; das nächste Geschäft kann es ihnen zurückbringen. Schlägt ihnen eins nach dem andern fehl, dann sind sie kaputt; und das ist gerade der Fall, den wir in der letzten Zeit oft gesehn haben; Geschäftshäuser haben falliert, ohne daß für einen Schilling Aktiva übrigblieben.«
4791. »Der niedrigere Zinsfuß« (während der letzten 10 Jahre) »wirkt allerdings gegen die Bankiers, aber ohne Ihnen die Geschäftsbücher vorzulegen, würde ich Ihnen nur sehr schwer erklären können, um wieviel höher der Profit« 〈sein eigner} »jetzt ist gegen früher. Wenn der Zinsfuß niedrig ist, infolge übermäßiger Notenausgabe, haben wir bedeutende Depositen; wenn der Zinsfuß hoch ist, so bringt uns das direkten Gewinn.« – 4794. »Wenn Geld zu mäßigem Zinsfuß zu haben ist, haben wir mehr Nachfrage dafür; wir leihen mehr aus; es wirkt« 〈für uns, die Bankiers} »auf diesem Wege. Wenn er steigt, so bekommen wir mehr dafür als billig ist; wir bekommen mehr, als wir haben sollten.«
Wir haben gesehn, wie der Kredit der Noten der Bank von England bei allen Sachverständigen als unerschütterlich gilt. Trotzdem legt der Bankakt 9-10 Millionen in Gold zu ihrer Einlösbarkeit absolut fest. Die Heiligkeit und Unantastbarkeit des Schatzes wird damit ganz anders durchgeführt als bei den alten Schatzbildnern. W. Brown (Liverpool) sagt aus, C. D. 1847/1857, 2311:
»In Beziehung auf den Nutzen, den dies Geld« (der Metallschatz im Ausgabe-Departement) »damals brachte, so hätte man es ebensogut in die See werfen können; man konnte ja nicht das geringste davon verwenden, ohne den Parlamentsakt zu brechen.«
Der Bauunternehmer E. Capps, derselbe, der schon früher angeführt und dessen Aussage auch die Schilderung des modernen Londoner Bausystems (Buch II, Kap. XII) entlehnt ist, faßt seine Ansicht über den Bankakt von 1844 zusammen wie folgt (B. A. 1857):
5508. »Sie sind also im allgemeinen der Ansicht, daß das gegenwärtige System« (der Bankgesetzgebung) »eine recht geschickte Einrichtung ist, um die Profite der Industrie periodisch in den Geldsack des Wucherers zu bringen? – Das ist meine Ansicht. Ich weiß, daß es im Baugeschäft so gewirkt hat.«
Wie schon erwähnt, wurden die schottischen Banken durch den Bankakt von 1845 in ein System gezwängt, das sich dem englischen annäherte. Es wurde ihnen die Verpflichtung auferlegt, für ihre Notenausgabe über einen für jede Bank festgesetzten Betrag hinaus Gold in Reserve zu halten. Welche Wirkung dies gehabt, darüber hier einige Zeugnisse vor dem B. C. 1857.
Kennedy, Dirigent einer schottischen Bank:
3375. »Gab es irgend etwas in Schottland, das man eine Goldzirkulation nennen könnte, vor Einführung des Akts von 1845 ? – Nichts derart.« – 3376. »Ist seitdem eine zusätzliche Zirkulation von Gold eingetreten? – Nicht im geringsten; die Leute wollen kein Gold haben (the people dislike gold).« – 3450. Die ungefähr 900000 Pfd. St. in Gold, die die schottischen Banken halten müssen seit 1845, sind nach seiner Ansicht nur schädlich und »absorbieren unprofitlich einen gleichen Teil des Kapitals von Schottland.«
Ferner Anderson, Dirigent der Union Bank of Scotland:
3558. »Die einzige starke Nachfrage für Gold, die bei der Bank von England von seiten der schottischen Banken stattfand, fand statt wegen der auswärtigen Wechselkurse? – Dem ist so; und diese Nachfrage wird nicht vermindert dadurch, daß wir Gold in Edinburgh halten.« – 3590. »Solange wir denselben Betrag von Wertpapieren in der Bank von England« (oder bei den Privatbanken in England) »liegen haben, haben wir dieselbe Macht wie vorher, einen Goldabfluß bei der B. v. E. herbeizuführen.«
Endlich noch ein Artikel des »Economist« (Wilson):
»Die schottischen Banken halten unbeschäftigte Barbeträge bei ihren Londoner Agenten; diese halten sie bei der Bank von England. Dies gibt den schottischen Banken, innerhalb der Grenzen dieser Beträge, Kommando über den Metallschatz in der Bank, und hier ist er immer auf der Stelle, wo er gebraucht wird, wenn auswärtige Zahlungen zu machen sind.«
Dies System wurde gestört durch den Akt von 1845:
»Infolge des Akts von 1845 für Schottland hat in der letzten Zeit ein starker Abfluß von Goldmünze aus der Bank v. E. stattgefunden, um einer bloß möglichen Nachfrage in Schottland zu begegnen, die vielleicht nie eintreten würde... Seit dieser Zeit findet sich eine bedeutende Summe regelmäßig festgelegt in Schottland, und eine andre beträchtliche Summe ist beständig auf der Reise hin und her zwischen London und Schottland. Tritt eine Zeit ein, wo ein schottischer Bankier vermehrte Nachfrage nach seinen Noten erwartet, so wird eine Kiste mit Gold von London hinübergeschickt; ist diese Zeit vorbei, so geht dieselbe Kiste, meist ohne je geöffnet worden zu sein, nach London zurück.« (»Economist«, 23. Okt. 1847.)
〈Und was sagt der Vater des Bankakts, Bankier Samuel Jones Loyd, alias Lord Overstone, zu alledem?
Er hat bereits 1848 vor dem C. D. Ausschuß der Lords wiederholt, daß
»Geldklemme und hoher Zinsfuß, verursacht durch Mangel an hinreichendem Kapital, nicht erleichtert werden kann durch vermehrte Ausgabe von Banknoten«,(1514)
obwohl die bloße Erlaubnis der vermehrten Notenausgabe durch den Regierungsbrief vom 25. Okt. 1847 hingereicht hatte, der Krise die Spitze abzubrechen.
Er bleibt dabei, daß
»die hohe Rate des Zinsfußes und die gedrückte Lage der Fabrikindustrie die notwendige Folge war der Verminderung des materiellen Kapitals, das für industrielle und kommerzielle Zwecke verwendbar war«. (1604.)
Und doch bestand die gedrückte Lage der Fabrikindustrie seit Monaten darin, daß das materielle Warenkapital im Überfluß die Speicher füllte und gradezu unverkäuflich war und daß ebendeshalb das materielle produktive Kapital ganz oder halb brachlag, um nicht noch mehr unverkäufliches Warenkapital zu produzieren.
Und vor dem Bankausschuß 1857 sagt er:
»Durch strenge und prompte Einhaltung der Grundsätze des Akts von 1844 ist alles mit Regelmäßigkeit und Leichtigkeit verlaufen, das Geldsystem ist sicher und unerschüttert, die Prosperität des Landes ist unbestritten, das öffentliche Vertrauen in den Akt von 1844 gewinnt täglich an Stärke. Wünscht der Ausschuß noch weitere praktische Belege für die Gesundheit der Prinzipien, auf denen dieser Akt beruht, und der wohltätigen Folgen, die er sichergestellt hat, so ist die wahre und hinreichende Antwort diese: Schauen Sie um sich; betrachten Sie die gegenwärtige Lage des Geschäfts unsres Landes, betrachten Sie die Zufriedenheit des Volks; betrachten Sie den Reichtum und die Prosperität aller Klassen der Gesellschaft; und dann, nachdem dies geschehn, wird der Ausschuß imstande sein, zu entscheiden, ob er die Fortdauer eines Akts verhindern will, unter dem solche Erfolge erreicht worden sind.« (B. C. 1857, Nr. 4189.)
Auf diesen Dithyrambus, den Overstone dem Ausschuß am 14. Juli vorsang, antwortete die Gegenstrophe am 12. November desselben Jahrs, der Brief an die Bankdirektion, worin die Regierung das wundertätige Gesetz von 1844 suspendierte, um zu retten, was noch zu retten war. – F. E.}
35. Edelmetall und Wechselkurs
I. Die Bewegung des Goldschatzes
Mit Bezug auf die Aufspeicherung von Noten in Zeiten der Klemme ist zu bemerken, daß hier die Schatzbildung mit edlen Metallen, wie sie in den ursprünglichsten Zuständen der Gesellschaft in unruhigen Zeiten vorkommt, sich wiederholt. Der Akt von 1844 ist in seinen Wirkungen deswegen interessant, weil er alles im Land befindliche Edelmetall in Zirkulationsmittel verwandeln will; er sucht Goldabfluß mit Kontraktion des Umlaufsmittels und Goldzufluß mit Expansion des Umlaufsmittels gleichzusetzen. Dadurch ist dann experimentell der Beweis des Gegenteils geliefert worden. Mit einer einzigen Ausnahme, die wir gleich erwähnen werden, hat die Masse der zirkulierenden Noten der Bank von England seit 1844 nie das Maximum erreicht, das die Bank ausgeben durfte. Und die Krisis von 1857 bewies andrerseits, daß unter gewissen Umständen dies Maximum nicht ausreicht. Vom 13. – 30. November 1857 zirkulierten im Durchschnitt täglich 488830 Pfd. St. über dies Maximum hinaus. (B. A. 1858, p. XI.) Das gesetzliche Maximum war damals 14475000 Pfd. St. plus dem Betrag des Metallschatzes in den Bankkel lern.
Mit Bezug auf den Ab- und Zufluß von Edelmetall zu bemerken:
Erstens ist zu unterscheiden zwischen dem Hin-und Herlaufen des Metalls innerhalb des Gebiets, das kein Gold und Silber produziert, einerseits, und andrerseits dem Strom des Golds und Silbers von ihren Produktionsquellen über die verschiednen andren Länder und der Verteilung dieses Zuschusses unter die letztren.
Vor der Einwirkung der russischen, kalifornischen und australischen Goldminen war seit Anfang dieses Jahrhunderts die Zufuhr nur hinreichend zum Ersatz der verschlissenen Münzen, zum gewöhnlichen Gebrauch als Luxusmaterial und zur Ausfuhr von Silber nach Asien.
Seit jener Zeit jedoch wuchs erstens, mit dem asiatischen Handel Amerikas und Europas, die Silberausfuhr nach Asien außerordentlich. Das aus Europa ausgeführte Silber wurde zum großen Teil ersetzt durch das zusätzliche Gold. Ferner wurde ein Teil des neuzugeführten Goldes von der innern Geldzirkulation absorbiert. Es wird geschätzt, daß bis 1857 ungefähr 30 Mill. Gold zusätzlich in die innere Zirkulation von England eingingen.106 Sodann vermehrte sich seit 1844 die Durchschnittshöhe der Metallreserven in allen Zentralbanken von Europa und Nordamerika. Das Wachstum der inländischen Geldzirkulation brachte es zugleich mit sich, daß nach der Panik, in der darauffolgenden Stillstandsperiode, die Bankreserve schon rascher wuchs infolge der größern Masse der von der inländischen Zirkulation abgestoßnen und immobilisierten Goldmünze. Endlich stieg seit den neuen Goldentdeckungen der Konsum von Edelmetall für Luxusartikel infolge des gewachsnen Reichtums.
Zweitens. Zwischen den nicht Gold und Silber produzierenden Ländern fließt Edelmetall beständig ab und zu; dasselbe Land importiert davon beständig und exportiert ebenso beständig. Es ist nur das Überwiegen der Bewegung nach der einen oder andern Seite, welches entscheidet, ob schließlich Abfluß oder Zufluß stattfindet, da die bloß oszillierenden und oft parallelen Bewegungen sich großenteils neutralisieren. Aber deswegen wird auch, mit Rücksicht auf dies Resultat, die Beständigkeit und der im ganzen parallele Verlauf beider Bewegungen übersehn. Es wird immer nur so aufgefaßt, als ob Mehreinfuhr und Mehrausfuhr von Edelmetall nur Wirkung und Ausdruck des Verhältnisses von Einfuhr und Ausfuhr von Waren, während es zugleich Ausdruck des Verhältnisses einer vom Warenhandel unabhängigen Einfuhr und Ausfuhr von Edelmetall selbst ist.
Drittens. Das Überwiegen der Einfuhr über die Ausfuhr und umgekehrt mißt sich im ganzen an der Zu- oder Abnahme der Metallreserve in den Zentralbanken. Wieweit dieser Gradmesser mehr oder minder exakt ist, hängt natürlich zunächst davon ab, wieweit das Bankwesen überhaupt zentralisiert ist. Denn davon hängt es ab, wieweit das in der sog. Nationalbank aufgespeicherte Edelmetall überhaupt den nationalen Metallschatz repräsentiert. Vorausgesetzt aber, daß dies der Fall ist, ist der Gradmesser nicht exakt, weil zuschüssige Einfuhr unter gewissen Umständen aufgesogen wird durch inländische Zirkulation und wachsende Luxusverwendung von Gold und Silber; ferner aber, weil ohne zuschüssige Einfuhr ein Herausziehn von Goldmünze für inländische Zirkulation stattfinden und so der Metallschatz abnehmen könnte, auch ohne gleichzeitige Vermehrung der Ausfuhr.
Viertens. Eine Metallausfuhr nimmt die Gestalt eines Abflusses (drain) an, wenn die Bewegung der Abnahme für längere Zeit fortdauert, so daß die Abnahme als Tendenz der Bewegung sich darstellt und die Metallreserve der Bank bedeutend unter ihre mittlere Höhe herabdrückt, bis gegen das mittlere Minimum dieser Reserve hin. Dies letztre ist insofern mehr oder minder willkürlich festgesetzt, da es durch die Gesetzgebung über die Deckung für Barzahlung der Noten etc. in jedem einzelnen Fall verschieden bestimmt ist. Über die quantitativen Grenzen, die ein solcher Abfluß in England erreichen kann, sagt New march vor dem B. A. 1857, Evid. Nr. 1494:
»Nach der Erfahrung zu urteilen, ist es sehr unwahrscheinlich, daß der Metallabfluß infolge irgendwelcher Schwankung im auswärtigen Geschäft 3 oder 4 Millionen Pfd. St. übersteigen wird.«
1847 zeigt der niedrigste Stand der Goldreserve der B. of E. am 23. Okt. gegen den 26. Dez. 1846 ein Minus von 5198156 Pfd. St. und gegen den höchsten Stand von 1846 (29. August) ein Minus von 6453748 Pfd. St.
Fünftens. Die Bestimmung der Metallreserve der sog. Nationalbank, eine Bestimmung, die aber keineswegs allein die Größe des Metallschatzes reguliert, denn er kann wachsen durch bloße Lähmung des innern und äußern Geschäfts – ist dreifach: 1. Reservefonds für internationale Zahlungen, in einem Wort Reservefonds von Weltgeld. 2. Reservefonds für die abwechselnd expandierende und kontrahierende inländische metallische Zirkulation. 3. Was mit der Bankfunktion zusammenhängt und mit den Funktionen des Geldes als bloßen Geldes nichts zu tun hat: Reservefonds für Depositenzahlung und für Konvertibilität von Noten. Er kann daher auch affiziert werden durch Verhältnisse, die jede einzelne dieser drei Funktionen berühren; also als internationaler Fonds durch die Zahlungsbilanz, von welchen Gründen diese auch immer bestimmt und was auch immer ihr Verhältnis zur Handelsbilanz sei; als Reservefonds der inländischen metallischen Zirkulation, durch deren Ausdehnung oder Einschrumpfung. Die dritte Funktion, als Garantiefonds, bestimmt zwar nicht die selbständige Bewegung der Metallreserve, wirkt aber doppelt. Werden Noten ausgegeben, die das Metallgeld (also auch Silbermünze in Ländern, wo Silber das Wertmaß) in der inländischen Zirkulation ersetzen, so fällt die Funktion sub 2 des Reservefonds fort. Und ein Teil des Edelmetalls, der dazu gedient hat, wird dauernd ins Ausland wandern. In diesem Falle findet kein Herausziehn von metallischer Münze für inländische Zirkulation statt, und damit fällt zugleich die zeitweilige Verstärkung der Metallreserve durch Immobilisierung eines Teils des zirkulierenden gemünzten Metalls fort. Ferner: Muß ein Minimum von Metallschatz für Auszahlung von Depositen und Konvertibilität von Noten unter allen Umständen festgehalten werden, so affiziert dies in eigner Art die Wirkungen eines Gold-Abflusses oder – Zuflusses; es wirkt auf den Teil des Schatzes, den die Bank unter allen Umständen zu halten verbunden ist, oder auf den, den sie zu andrer Zeit als nutzlos loszuwerden sucht. Bei rein metallischer Zirkulation und konzentriertem Bankwesen würde die Bank ihren Metallschatz ebenfalls als Garantie für Auszahlung ihrer Depositen zu betrachten haben, und bei einem Metallabfluß könnte dieselbe Panik eintreten wie 1857 in Hamburg.
Sechstens. Mit Ausnahme von etwa 1837 brach die wirkliche Krise immer los erst nach Wendung der Wechselkurse, d.h. sobald die Einfuhr von Edelmetall über die Ausfuhr wieder die Oberhand gewonnen.
1825 trat der wirkliche Krach ein, nachdem der Goldabfluß aufgehört hatte. 1839 fand Goldabfluß statt, ohne daß es zum Krach kam. 1847 hörte der Goldabfluß auf im April, und der Krach kam im Oktober. 1857 hatte der Goldabfluß ins Ausland seit Anfang November aufgehört, erst später im November kam der Krach.
Besonders deutlich tritt dies hervor in der Krise von 1847, wo der Goldabfluß im April schon aufhörte, nachdem er eine relativ gelinde Vorkrise bewirkt und dann die eigentliche Geschäftskrise erst im Oktober zum Ausbruch kam.
Die folgenden Aussagen sind abgegeben vor dem Secret Committee of the House of Lords on Commercial Distress 1848; die Zeugenaussagen (evidence) wurden erst gedruckt 1857 (auch zitiert als C. D. 1848/1857).
Aussagen von Tooke:
»Im April 1847 entstand eine Klemme, die streng gesprochen einer Panik gleichkam, aber von verhältnismäßig kurzer Dauer war und nicht begleitet von kommerziellen Falliten von irgendwelcher Bedeutung. Im Oktober war die Klemme weit intensiver als zu irgendeiner Zeit im April, eine fast unerhörte Summe von kommerziellen Bankrotten fand statt.« (2996.) – »Im April legten uns die Wechselkurse, besonders mit Amerika, die Notwendigkeit auf, eine beträchtliche Menge Gold zu exportieren, in Zahlung für ungewöhnlich große Importe; nur durch eine äußerst gewaltsame Anstrengung brachte die Bank den Goldabfluß zum Stocken und trieb den Kurs in die Höhe.« (2997.) – »Im Oktober waren die Wechselkurse zugunsten von England.« (2998.) – »Die Wendung in den Wechselkursen hatte begonnen in der dritten Aprilwoche.« (3000.) – »Sie schwankten im Juli und August; seit Anfang August waren sie stets für England.« (3001.) – Der Goldabfluß im August »entsprang der Nachfrage für innere Zirkulation«. [3003.]
J. Morris, Gouverneur der Bank v. England: Obwohl der Wechselkurs seit August 1847 für England günstig geworden und deshalb Goldeinfuhr stattgefunden hatte, nahm der Metallvorrat in der Bank dennoch ab.
»2200000 Pfd. St. in Gold gingen hinaus ins Land, infolge inländischer Nachfrage.« (137.) – Dies wird erklärt einerseits aus der vermehrten Beschäftigung von Arbeitern bei Eisenbahnbauten, andererseits aus dem »Wunsch der Bankiers, in Zeiten der Krise eine eigne Goldreserve zu besitzen«. (147.)
Palmer, Exgouverneur und seit 1811 Direktor der B. of E.:
684. »Während der ganzen Periode von Mitte April 1847 bis zum Tag der Suspension des Bankakts von 1844 waren die Wechselkurse zugunsten Englands.«
Der Metallabfluß, der im April 1847 eine selbständige Geldpanik bewirkt, ist also hier wie immer nur Vorläufer der Krise und hat sich schon gewendet, ehe diese losbricht. 1839 fand bei großem Geschäftsdruck sehr starker Metallabfluß statt – für Korn usw. – aber ohne Krisis und Geldpanik.
Siebentens. Sobald die allgemeinen Krisen sich ausgebrannt haben, verteilt sich – abgesehn von dem Zufluß von frischem Edelmetall aus den Produktionsländern – das Gold und Silber wieder in den Verhältnissen, worin es als besondrer Schatz der verschiednen Länder, im Zustand ihres Gleichgewichts, existierte. Bei sonst gleichbleibenden Umständen wird seine relative Größe in jedem Land durch dessen Rolle auf dem Weltmarkt bestimmt sein. Von dem Land, das einen größern als den normalen Teil hatte, fließt es ab und dem andern zu; diese Bewegungen des Zu- und Abflusses stellen nur seine ursprüngliche Verteilung unter die verschiednen nationalen Schätze wieder her. Diese Rückverteilung ist jedoch vermittelt durch die Wirkung verschiedner Umstände, die bei Behandlung der Wechselkurse erwähnt werden. So bald die normale Verteilung wieder da – über diesen Punkt hinaus –, tritt zuerst Wachstum ein und dann wieder Abfluß. 〈Dieser letzte Satz gilt selbstredend nur für England als Mittelpunkt des Welt-Geldmarkts. – F.E.}
Achtens. Die Metallabflüsse sind meistens Symptom einer Veränderung in der Lage des auswärtigen Handels, und diese Veränderung ist ihrerseits ein Vorzeichen, daß die Verhältnisse wieder zur Krise heranreifen.107
Neuntens. Die Zahlungsbilanz kann für Asien gegen Europa und Amerika sein.108
Einfuhr von Edelmetall findet statt vorwiegend in zwei Momenten. Einerseits in der ersten Phase niedrigen Zinsfußes, die der Krise folgt und Ausdruck der Einschränkung der Produktion ist; und dann in der zweiten Phase, wo der Zinsfuß steigt, aber noch nicht seine mittlere Höhe erreicht hat. Dies ist die Phase, worin die Rückflüsse sich leicht bewirken, der kommerzielle Kredit groß ist und daher die Nachfrage nach Leihkapital nicht im Verhältnis zur Ausdehnung der Produktion wächst. In beiden Phasen, wo Leihkapital verhältnismäßig reichlich, muß der überschüssige Zufluß von Kapital, das in Form von Gold und Silber existiert, also in einer Form, worin es zunächst nur als Leihkapital fungieren kann, bedeutend auf den Zinsfuß und damit auf den Ton des ganzen Geschäfts wirken.
Andrerseits: Abfluß, fortgesetzte starke Ausfuhr von Edelmetall tritt ein, sobald die Eingänge nicht mehr flüssig, die Märkte überführt sind und die scheinbare Prosperität nur noch durch den Kredit aufrechterhalten wird; sobald also bereits eine sehr verstärkte Nachfrage nach Leihkapital existiert und daher der Zinsfuß mindestens schon seine mittlere Höhe erreicht hat. Unter diesen sich eben im Edelmetallabfluß widerspiegelnden Umständen verstärkt sich bedeutend die Wirkung der fortgesetzten Entziehung von Kapital in einer Form, worin es direkt als leihbares Geldkapital existiert. Es muß dies direkt auf den Zinsfuß wirken. Statt aber daß das Steigen des Zinsfußes die Kreditgeschäfte einschränkte, erweitert es sie und führt zur Überanspannung aller ihrer Hilfsmittel. Diese Periode geht deshalb dem Krach voraus.
Newmarch wird gefragt (B. A. 1857):
1520. »Der Betrag der zirkulierenden Wechsel steigt also mit dem Zinsfuß? – Es scheint so.« – 1522. »In ruhigen, gewöhnlichen Zeiten ist das Hauptbuch das wirkliche Instrument des Austausches; aber wenn Schwierigkeiten entstehn, wenn z.B. unter Umständen, wie ich sie angeführt habe, die Diskontorate der Bank erhöht wird... dann lösen sich die Geschäfte ganz von selbst in Ziehen von Wechseln auf; diese Wechsel sind nicht nur geeigneter, als gesetzlicher Beweis des abgeschloßnen Geschäfts zu dienen, sondern sie passen auch besser für den Zweck, weitre Einkäufe zu machen, und sind vor allen Dingen brauchbar als Kreditmittel, um Kapital aufzunehmen.«
Es kommt hinzu, daß, sobald bei einigermaßen drohenden Umständen die Bank ihre Diskontorate erhöht – womit zugleich die Wahrscheinlichkeit gegeben, daß die Bank die Laufzeit der von ihr zu diskontierenden Wechsel einer Beschränkung unterwerfen wird –, die allgemeine Befürchtung eintritt, daß dies crescendo gehn wird. Jeder, und am ersten der Kreditritter, sucht also die Zukunft zu diskontieren und soviel Kreditmittel wie möglich im gegebnen Moment zu seiner Verfügung zu haben. Die eben angeführten Gründe kommen also darauf hinaus, daß die bloße Quantität, sei es des eingeführten, sei es des ausgeführten Edelmetalls, nicht als solche wirkt, sondern daß sie wirkt erstens durch den spezifischen Charakter des Edelmetalls als Kapital in Geldform und daß sie zweitens wirkt wie die Feder, die, der Last auf der Waagschale hinzugefügt, hinreicht, die schwankende Waagschale nach der einen Seite endgültig zu senken; wirkt, weil sie in Umständen eintritt, wo irgendein Excess nach dieser oder jener Seite den Ausschlag gibt. Ohne diese Gründe wäre es ganz und gar unbegreiflich, wie ein Goldabfluß sage von 5-8 Mill. Pfd. St., und dies ist die Grenze der bisherigen Erfahrung, irgend bedeutende Wirkungen ausüben könnte; dies geringe Mehr oder Weniger von Kapital, das selbst gegenüber den 70 Mill. Pfd. St. in Gold, die durchschnittlich in England zirkulieren, unbedeutend erscheint, ist in einer Produktion vom Umfang der englischen in der Tat eine verschwindende Größe.109 Es ist aber eben die Entwicklung des Kredit- und Banksystems, das einerseits dahin treibt, alles Geldkapital in den Dienst der Produktion zu pressen (oder was auf dasselbe hinauskommt, alles Geldeinkommen in Kapital zu verwandeln) und das andrerseits in einer gewissen Phase des Zyklus die Metallreserve auf ein Minimum reduziert, worin sie die ihr zukommenden Funktionen nicht mehr vollziehn kann – es ist dies ausgebildete Kredit- und Banksystem, das diese Überempfindlichkeit des ganzen Organismus erzeugt. Auf minder entwickelten Produktionsstufen ist Verringerung oder Vergrößerung des Schatzes, gegen sein Durchschnittsmaß, eine relativ gleichgültige Sache. Ebenso ist andrerseits selbst ein sehr bedeutender Goldabfluß relativ wirkungslos, wenn er nicht in der kritischen Periode des industriellen Zyklus eintritt.
Bei der gegebnen Erklärung ist abgesehn von Fällen, wo der Metallabfluß infolge von Mißernten usw. eintritt. Hier macht die große und plötzliche Störung des Gleichgewichts der Produktion, deren Ausdruck der Abfluß ist, keine weitre Erklärung seiner Wirkung nötig. Diese Wirkung ist um so größer, je mehr solche Störung eintritt in einer Periode, wo die Produktion unter Hochdruck arbeitet.
Wir haben ferner abgesehn von der Funktion des Metallschatzes als Garanten der Konvertibilität der Banknoten und als Angelpunkt des ganzen Kreditsystems. Die Zentralbank ist Angelpunkt des Kreditsystems. Und die Metallreserve ihrerseits ist Angelpunkt der Bank.110 Der Umschlag des Kreditsystems in das Monetarsystem ist notwendig, wie ich schon in Buch I, Kap. III, beim Zahlungsmittel dargestellt habe. Daß die größten Opfer an realem Reichtum nötig sind, um im kritischen Moment die metallne Basis zu halten, ist von Tooke so gut zugegeben wie von Loyd-Overstone. Der Streit dreht sich nur um ein Plus oder Minus, und um die mehr oder minder rationelle Behandlung des Unvermeidlichen.111 Ein gewisses, im Vergleich mit der Gesamtproduktion unbedeutendes Quantum Metall ist als Angelpunkt des Systems anerkannt. Daher, abgesehn von der erschreckenden Exemplifikation dieses seines Charakters als Angelpunkt in den Krisen, der schöne theoretische Dualismus. Solange sie »von Kapital« ex professo handelt, sieht die aufgeklärte Ökonomie mit der größten Verachtung auf Gold und Silber herab als auf die in der Tat gleichgültigste und nutzloseste Form des Kapitals. Sobald sie vom Bankwesen handelt, dreht sich das alles um, und Gold und Silber werden das Kapital par excellence, für dessen Erhaltung jede andre Form von Kapital und Arbeit geopfert werden muß. Wodurch aber unterscheiden sich nun Gold und Silber von den andren Gestalten des Reichtums? Nicht durch die Wertgröße, denn diese ist bestimmt durch die Menge der in ihnen vergegenständlichten Arbeit. Sondern als selbständige Inkarnationen, Ausdrücke des gesellschaftlichen Charakters des Reichtums. 〈Der Reichtum der Gesellschaft besteht nur als Reichtum einzelner, die seine Privateigentümer sind. Er bewährt sich nur dadurch als gesellschaftlicher, daß diese einzelnen, zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse, die qualitativ verschiednen Gebrauchswerte gegeneinander austauschen. In der kapitalistischen Produktion können sie dies nur vermittelst des Geldes. So wird nur vermittelst des Geldes der Reichtum des einzelnen als gesellschaftlicher Reichtum verwirklicht; im Geld, in diesem Ding, ist die gesellschaftliche Natur dieses Reichtums verkörpert. – F. E.} Dies sein gesellschaftliches Dasein erscheint also als Jenseits, als Ding, Sache, Ware, neben und außerhalb der wirklichen Elemente des gesellschaftlichen Reichtums. Solange die Produktion flüssig, wird dies vergessen. Der Kredit, als ebenfalls gesellschaftliche Form des Reichtums, verdrängt das Geld und usurpiert seine Stelle. Es ist das Vertrauen in den gesellschaftlichen Charakter der Produktion, welches die Geldform der Produkte als etwas nur Verschwindendes und Ideales, als bloße Vorstellung erscheinen läßt. Aber sobald der Kredit erschüttert wird – und diese Phase tritt immer notwendig ein im Zyklus der modernen Industrie –, soll nun aller reale Reichtum wirklich und plötzlich in Geld verwandelt werden, in Gold und Silber, eine verrückte Forderung, die aber notwendig aus dem System selbst hervorwächst. Und alles Gold und Silber, das diesen ungeheuren Ansprüchen genügen soll, beläuft sich auf ein paar Millionen in den Kellern der Bank.112 In den Wirkungen des Goldabflusses tritt also der Umstand, daß die Produktion nicht wirklich als gesellschaftliche Produktion der gesellschaftlichen Kontrolle unterworfen ist, schlagend hervor in der Form, daß die gesellschaftliche Form des Reichtums als ein Ding außer ihm existiert. Das kapitalistische System hat dies in der Tat gemein mit frühern Produktionssystemen, soweit sie auf Warenhandel und Privataustausch beruhen. Es tritt aber erst in ihm am schlagendsten und in der grotesksten Form des absurden Widerspruchs und Widersinns hervor, weil 1. im kapitalistischen System am vollständigsten die Produktion für den unmittelbaren Gebrauchswert, für den Selbstgebrauch der Produzenten aufgehoben ist, also der Reichtum nur als gesellschaftlicher Prozeß existiert, der sich als Verschlingung von Produktion und Zirkulation ausdrückt; 2. weil mit der Entwicklung des Kreditsystems die kapitalistische Produktion diese metallne Schranke, zugleich dingliche und phantastische Schranke des Reichtums und seiner Bewegung, beständig aufzuheben strebt, sich aber immer wieder den Kopf an dieser Schranke einstößt.
In der Krise tritt die Forderung ein, daß sämtliche Wechsel, Wertpapiere, Waren auf einmal gleichzeitig in Bankgeld konvertibel sein sollen und dies sämtliche Bankgeld wieder in Gold.
II. Der Wechselkurs
〈Der Barometer für die internationale Bewegung der Geldmetalle ist bekanntlich der Wechselkurs. Hat England mehr Zahlungen zu machen an Deutschland als Deutschland an England, so steigt in London der Preis von Mark, in Sterling ausgedrückt, und in Hamburg und Berlin fällt der Preis von Sterling, ausgedrückt in Mark. Gleicht sich dies Übergewicht der Zahlungsverpflichtungen Englands an Deutschland nicht wieder aus, z.B. durch überwiegende Einkäufe Deutschlands in England, so muß der Sterlingpreis für Markwechsel auf Deutschland bis zu dem Punkt steigen, wo es sich lohnt, statt Wechseln Metall – Goldgeld oder Barren – aus England in Zahlung nach Deutschland zu schicken. Dies ist der typische Verlauf.
Nimmt dieser Export von Edelmetall stärkeren Umfang und längere Dauer an, so wird die englische Bankreserve angegriffen, und der englische Geldmarkt, voran die B. von E., muß Schutzmaßregeln ergreifen. Diese bestehn wesentlich, wie wir schon gesehn, in Heraufsetzung des Zinsfußes. Bei bedeutendem Goldabfluß ist der Geldmarkt regelmäßig schwierig, d.h. die Nachfrage nach Leihkapital in Geldform überwiegt bedeutend das Angebot, und der höhere Zinsfuß ergibt sich hieraus ganz von selbst; die von der B. von E. dekretierte Diskontorate entspricht der Sachlage und setzt sich im Markte durch. Es kommen aber auch Fälle vor, wo der Metallabfluß aus andern als den gewöhnlichen Geschäftskombinationen entspringt (z.B. durch Anleihen fremder Staaten, Kapitalanlage im Ausland usw.), wo der Londoner Geldmarkt als solcher eine wirksame Zinsratenerhöhung keineswegs rechtfertigt; die B. von E. hat dann durch starke Anleihen im »offnen Markt« erst »Geld rar zu machen«, wie der Ausdruck lautet, um so künstlich die Lage zu schaffen, die eine Zinserhöhung rechtfertigt oder nötig macht; ein Manöver, das ihr von Jahr zu Jahr schwerer wird. – F.E.}
Wie nun diese Heraufsetzung der Zinsrate auf die Wechselkurse wirkt, zeigen folgende Aussagen vor dem Unterhausausschuß über Bankgesetzgebung 1857 (zitiert als B. A. oder B.C., 1857).
John Stuart Mill:
2176. »Wenn das Geschäft schwierig geworden ist... tritt ein beträchtlicher Fall im Preis der Wertpapiere ein... Ausländer lassen hier in England Eisenbahnaktien kaufen, oder englische Eigner auswärtiger Eisenbahnaktien verkaufen sie im Ausland... um so viel wird die Übertragung von Gold beseitigt.« – 2182. »Eine große und reiche Klasse von Bankiers und Händlern in Wertpapieren, durch welche die Ausgleichung des Zinsfußes und die Ausgleichung des kommerziellen Barometerstandes (pressure) zwischen den verschiednen Ländern gewöhnlich bewirkt wird... ist immer auf der Ausschau, um Wertpapiere zu kaufen, die eine Preissteigerung versprechen... der richtige Ort für sie, zum Einkauf, wird das Land sein, das Gold ins Ausland schickt.« – 2183. »Diese Kapitalanlagen fanden 1847 in bedeutendem Maßstab statt, hinreichend, den Goldabfluß zu vermindern.«
J. G. Hubbard, Ex-Gouverneur und seit 1838 in der Direktion der B. of E.:
2545. »Es gibt große Mengen europäischer Wertpapiere... die eine europäische Zirkulation haben in allen den verschiednen Geldmärkten, und diese Papiere, sobald sie in einem Markt um 1 oder 2% fallen, werden sofort aufgekauft zur Übersendung nach den Märkten, wo ihr Wert sich noch gehalten hat.« – 2565. »Stehn nicht auswärtige Länder in bedeutender Schuld gegenüber den Kaufleuten in England? – ... Sehr bedeutend.« – 2566. »Die Einkassierung dieser Schulden könnte also allein hinreichen, eine sehr große Akkumulation von Kapital in England zu erklären? – Im Jahre 1847 wurde unsre Position schließlich dadurch wiederhergestellt, daß wir einen Strich machten durch soundso viel Millionen, die Amerika und Rußland früher an England schuldeten.«
〈England schuldete eben denselben Ländern gleichzeitig »soundso viel Millionen« für Korn und verfehlte nicht, auch hierdurch großenteils »einen Strich zu machen« vermittelst Bankerotts der englischen Schuldner. Siehe den Bericht über die Bankakte von 1857, oben Kap. 30, S. 31.}
2572. »1847 stand der Kurs zwischen England und Petersburg sehr hoch. Als der Regierungsbrief erlassen wurde, der die Bank bevollmächtigte, Banknoten auszugeben, ohne sich an die vorgeschriebne Grenze von 14 Mill.« (über die Goldreserve hinaus) »zu binden, war die Bedingung, daß der Diskonto auf 8% gehalten werden müsse. In jenem Augenblick, und bei jener Diskontorate, war es ein profitliches Geschäft, Gold von Petersburg nach London verschiffen zu lassen und es bei seiner Ankunft zu 8% auszuleihen bis zum Verfall der Dreimonatswechsel, die gegen das verkaufte Gold gezogen waren.« – 2573. »In allen Goldoperationen sind viele Punkte in Erwägung zu ziehn; es kommt auf den Wechselkurs an und auf den Zinsfuß, zu dem man das Geld anlegen kann bis zum Verfall des« 〈dagegen gezognen} »Wechsels.«
Wechselkurs mit Asien
Die folgenden Punkte sind wichtig, einerseits weil sie zeigen, wie England, wenn sein Wechselkurs mit Asien ungünstig ist, sich bei andern Ländern erholen muß, deren Import aus Asien durch englische Vermittlung bezahlt wird. Zweitens aber, weil Herr Wilson hier wieder den törichten Versuch macht, die Wirkung einer Ausfuhr von Edelmetall auf die Wechselkurse zu identifizieren mit der Wirkung eines Exports von Kapital überhaupt auf diese Kurse; beides im Fall, wo es sich handelt um Export, nicht als Zahlungs- oder Kaufmittel, sondern für Kapitalanlage. Zunächst ist es selbstverständlich, daß, ob soundso viel Millionen Pfd. St. in Edelmetall oder in Eisenschienen nach Indien geschickt werden, um sie dort in Eisenbahnen anzulegen, dies beides nur verschiedne Form ist, denselben Kapitalbelauf von einem Land auf ein andres zu übertragen; und zwar eine Übertragung, die nicht in die Rechnung der gewöhnlichen merkantilen Geschäfte eingeht, und wofür das exportierende Land keinen andern Rückfluß erwartet als spätre jährliche Revenue aus den Einkünften dieser Eisenbahnen. Geschieht dieser Export in Form von Edelmetall, so wird er, weil Edelmetall, und als solches unmittelbar leihbares Geldkapital und Basis des ganzen Geldsystems, nicht notwendig unter allen Umständen, aber unter früher entwickelten, direkt auf den Geldmarkt, und damit auf den Zinsfuß, des dies Edelmetall exportierenden Landes wirken. Er wirkt auch ebenso direkt auf den Wechselkurs. Es wird nämlich nur deshalb Edelmetall versandt, weil und soweit die Wechsel, z.B. auf Indien, die im Londoner Geldmarkt angeboten werden, nicht hinreichen, um diese Extrarimessen zu machen. Es findet also eine das Angebot übersteigende Nachfrage für Wechsel auf Indien statt, und so wendet sich der Kurs momentan gegen England, nicht weil es an Indien verschuldet ist, sondern weil es außerordentliche Summen nach Indien zu schicken hat. Auf die Dauer muß eine solche Versendung von Edelmetall nach Indien dahin wirken, die indische Nachfrage nach englischen Waren zu vermehren, weil sie indirekt die Konsumtionsfähigkeit Indiens für europäische Waren steigert. Wird dagegen das Kapital in der Form von Schienen usw. verschickt, so kann es gar keinen Einfluß auf den Wechselkurs haben, da Indien keine Rückzahlung dafür zu machen hat. Ebendeshalb braucht es auch keinen Einfluß auf den Geldmarkt zu haben. Einen solchen Einfluß sucht Wilson dadurch herauszubringen, daß solche Extraauslage eine Extranachfrage nach Geldakkommodation hervorbringe und so auf den Zinsfuß wirken werde. Dies kann der Fall sein; aber zu behaupten, daß es unter allen Umständen stattfinden müsse, ist total verkehrt. Wo immer die Schienen hingeschickt und festgelegt werden, ob auf englischem Boden oder indischem, sie stellen nichts vor, als eine bestimmte Ausdehnung englischer Produktion in einer bestimmten Sphäre. Zu behaupten, daß eine Ausdehnung der Produktion, selbst innerhalb sehr weiter Grenzen, nicht stattfinden könne ohne Herauftreibung des Zinsfußes, ist Torheit. Die Geldakkommodation mag wachsen, d.h. die Summe der Geschäfte, worin Kreditoperationen eingehn; aber diese Operationen können zunehmen bei gleichbleibendem gegebnem Zinsfuß. Dies war wirklich der Fall während der Eisenbahnmanie in England in den 40er Jahren. Der Zinsfuß stieg nicht. Und es ist augenscheinlich, daß, soweit wirkliches Kapital, d.h. hier Waren, in Betracht kommt, die Wirkung auf den Geldmarkt ganz dieselbe ist, ob diese Waren fürs Ausland bestimmt sind oder für innern Verbrauch. Es könnte nur dann einen Unterschied machen, wenn Englands Kapitalanlagen im Ausland beschränkend auf seinen kommerziellen Export wirkten – den Export, der bezahlt werden muß, also einen Rückfluß bringt – oder soweit diese Kapitalanlagen überhaupt schon Symptom von Überanspannung des Kredits und beginnender Schwindeloperationen wären.
Im folgenden fragt Wilson und antwortet Newmarch.
1786. »Sie sagten früher, mit Bezug auf die Silbernachfrage für Ostasien, daß nach Ihrer Ansicht die Wechselkurse mit Indien zugunsten Englands seien, trotz der fortwährend nach Ostasien gesandten bedeutenden Metallschätze; haben Sie Gründe hierfür? – Allerdings... Ich finde, daß der wirkliche Wert der Ausfuhren des Vereinigten Königreichs nach Indien 1851 sich auf 7420000 Pfd. St. belief; hierzu ist zu addieren der Betrag der Wechsel des India House, d.h. der Fonds, die die Ostindische Kompanie von Indien zieht zur Bestreitung ihrer eignen Ausgaben. Diese Tratten betrugen in jenem Jahr 3200000 Pfd. St.; so daß die Gesamtausfuhr des Vereinigten Königreichs nach Indien 10620000 Pfd. St. betrug. 1855... war der wirkliche Wert des Warenexports gestiegen auf 10350000 Pfd. St.; die Tratten des India House waren 3700000 Pfd. St.; die Totalausfuhr also 14050000 Pfd. St. Für 1851, glaube ich, haben wir kein Mittel, den wirklichen Wert der Wareneinfuhr von Indien nach England festzustellen; wohl aber für 1854 und 1855. 1855 war der gesamte wirkliche Wert der Wareneinfuhr von Indien nach England 12670000 Pfd. St., und diese Summe, verglichen mit den 14050000 Pfd. St., läßt eine Bilanz zugunsten Englands im direkten Handel zwischen beiden Ländern von 1380000 Pfd. St.«
Hierauf bemerkt Wilson, daß die Wechselkurse auch durch den indirekten Handel berührt werden. So werden z.B. die Ausfuhren von Indien nach Australien und Nordamerika durch Tratten auf London gedeckt und wirken daher auf den Wechselkurs ganz so, als ob die Waren direkt von Indien nach England gingen. Ferner, wenn Indien und China zusammengenommen werden, so sei die Bilanz gegen England, da China fortwährend bedeutende Zahlungen für Opium an Indien und England Zahlungen an China zu machen hat und die Beträge auf diesem Umweg nach Indien gehn. (1787, 1788.)
1791 fragt nun Wilson, ob der Effekt auf die Wechselkurse nicht derselbe sein werde, einerlei ob das Kapital »in Form von Eisenschienen und Lokomotiven, oder in Form von Metallgeld hinausginge«. Hierauf antwortet Newmarch ganz richtig: die 12 Mill. Pfd. St., die in den letzten Jahren für Eisenbahnbau nach Indien gesandt, hätten gedient zum Ankauf einer Jahresrente, die Indien in regelmäßigen Terminen an England zu zahlen habe.
»Soweit unmittelbare Wirkung auf den Edelmetallmarkt in Betracht kommt, kann die Anlage der 12 Mill. Pfd. St. eine solche nur ausüben, soweit Metall hinausgesandt werden mußte für wirkliche Anlage in Geld.«
1797. (Weguelin fragt:) »Wenn kein Rückfluß erfolgt für dies Eisen« (die Schienen), »wie kann man sagen, daß es auf den Wechselkurs wirkt? – Ich glaube nicht, daß der Teil der Auslage, der in Form von Waren hinausgeschickt wird, den Stand des Wechselkurses affiziert... der Stand des Kurses zwischen zwei Ländern wird, man kann sagen ausschließlich, affiziert durch die Quantität der Obligationen oder Wechsel, die in dem einen Land angeboten werden, verglichen mit der Quantität, die im andern Land dagegen angeboten wird; das ist die rationelle Theorie des Wechselkurses. Was die Übersendung der 12 Millionen betrifft, so sind diese 12 Millionen zunächst hier gezeichnet worden; wäre nun das Geschäft derart, daß diese gesamten 12 Mill. in Kalkutta, Bombay und Madras in Hartgeld niedergelegt werden..., so würde diese plötzliche Nachfrage gewaltsam auf den Silberpreis und den Wechselkurs wirken, gradesogut als wenn die Ostindische Kompanie morgen ankündigte, daß sie ihre Tratten von 3 auf 12 Mill. erhöhe. Aber die Hälfte dieser 12 Mill. wird ausgelegt... im Ankauf von Waren in England... Eisenschienen und Holz und andre Stoffe... es ist eine Auslage von englischem Kapital in England selbst, für eine gewisse Warensorte, die nach Indien geschickt wird, und damit hat die Sache ein Ende.« – 1798. (Weguelin:) »Aber die Produktion dieser für die Eisenbahnen nötigen Waren von Eisen und Holz produziert eine starke Konsumtion auswärtiger Waren, und diese könnte doch den Wechselkurs affizieren? – Sicherlich.«
Wilson meint nun, das Eisen repräsentiere zum großen Teil Arbeit, und der für diese Arbeit gezahlte Lohn repräsentiere großenteils importierte Waren (1799), und fragt dann weiter:
1801. »Aber ganz allgemein gesprochen: wenn man die Waren, die produziert worden sind vermittelst der Konsumtion dieser importierten Waren, derart hinausschickt, daß wir keine Retour dafür erhalten, sei es in Produkten oder sonstwie; würde dies nicht die Wirkung haben, die Kurse ungünstig für uns zu machen? – Dieses Prinzip ist genau, was stattfand in England während der Zeit der großen Eisenbahnanlagen« 〈1845}. »Drei oder vier oder fünf Jahre hintereinander haben Sie auf Eisenbahnen 30 Mill. Pfd. St. ausgelegt und fast das ganze in Arbeitslohn. Sie haben während drei Jahren im Bau von Eisenbahnen, Lokomotiven, Wagen und Bahnhöfen eine stärkre Volkszahl unterhalten als in allen Fabrikdistrikten zusammen. Diese Leute... legten ihren Lohn aus im Ankauf von Tee, Zucker, Spirituosen und andren auswärtigen Waren; diese Waren mußten importiert werden; aber es steht fest, daß während der Zeit, wo diese große Auslage vor sich ging, die Wechselkurse zwischen England und andren Ländern nicht wesentlich gestört wurden. Es fand kein Abfluß von Edelmetall statt, im Gegenteil, eher ein Zufluß.«
1802. Wilson besteht darauf, daß bei ausgeglichener Handelsbilanz und Parikurs zwischen England und Indien die Extrasendung des Eisens und der Lokomotiven »den Wechselkurs mit Indien affizieren müsse«. Newmarch kann dies nicht einsehn, solange die Schienen als Kapitalanlage hinausgeschickt werden und Indien sie nicht in dieser oder jener Form zu bezahlen hat; er fügt hinzu:
»Ich stimme mit dem Prinzip überein, daß kein Land auf die Dauer einen ungünstigen Wechselkurs haben kann mit allen Ländern, womit es handelt; ein ungünstiger Wechselkurs mit einem Land produziert notwendig einen günstigen mit einem andern.«
Hierauf wirft ihm Wilson die Trivialität ein:
1803. »Würde aber nicht eine Kapitalübertragung dieselbe sein, ob das Kapital in dieser oder jener Form geschickt wird? – Soweit die Schuldverpflichtung in Betracht kommt, jawohl.« – 1804. »Ob Sie also Edelmetall herausschicken oder Waren, die Wirkung des Eisenbahnbaus in Indien auf den Kapitalmarkt hier würde also dieselbe sein und würde den Wert des Kapitals ebenso erhöhen, als ob das Ganze in Edelmetall hinausgesandt wäre?«
Wenn die Eisenpreise nicht stiegen, so war das jedenfalls ein Beweis, daß der »Wert« des in Schienen steckenden »Kapitals« nicht vermehrt war. Worum es sich handelt, ist der Wert des Geldkapitals, der Zinsfuß. Wilson möchte Geldkapital und Kapital überhaupt identifizieren. Die einfache Tatsache ist zunächst die, daß in England 12 Mill. für indische Eisenbahnen gezeichnet waren. Dies ist eine Sache, die direkt nichts mit den Wechselkursen zu tun hat, und die Bestimmung der 12 Mill. ist für den Geldmarkt ebenfalls gleichgültig. Ist der Geldmarkt in günstiger Lage, so braucht dies überhaupt keine Wirkung zu produzieren, wie die englischen Eisenbahnzeichnungen 1844 und 1845 den Geldmarkt ebenfalls unberührt ließen. Ist der Geldmarkt schon einigermaßen schwierig, so könnte der Zinsfuß allerdings dadurch betroffen werden, aber doch nur in der Richtung der Steigerung, und dies müßte ja nach Wilsons Theorie günstig auf die Kurse für England wirken, d.h. die Tendenz zur Ausfuhr von Edelmetall hemmen; wenn nicht nach Indien, so doch woandershin. Herr Wilson springt von einem zum andern. In Frage 1802 sollten die Wechselkurse affiziert werden; in Nr. 1804 der »Wert des Kapitals«, zwei sehr verschiedne Dinge. Der Zinsfuß mag auf die Wechselkurse, und die Kurse mögen auf den Zinsfuß wirken, aber bei wechselnden Kursen kann der Zinsfuß, und bei wechselndem Zinsfuß können die Kurse konstant sein. Es will Wilson nicht in den Kopf, daß bei der Kapitalversendung ins Ausland, die bloße Form, in der es versandt wird, einen solchen Unterschied in der Wirkung macht, d.h. daß die Formverschiedenheit des Kapitals diese Wichtigkeit hat, und nun gar erst seine Geldform, was der ökonomischen Aufklärung gar sehr widerspricht. Newmarch antwortet dem Wilson sofern einseitig, als er ihn gar nicht aufmerksam macht, daß er so plötzlich und ohne Grund vom Wechselkurs auf den Zinsfuß übergesprungen ist. Newmarch antwortet auf jene Frage 1804 unsicher und schwankend:
»Kein Zweifel, wenn 12 Mill. aufgebracht werden sollen, so ist es unwesentlich, soweit der allgemeine Zinsfuß in Betracht kommt, ob diese 12 Mill. in Edelmetall oder in Materialien herausgeschickt werden sollen. Ich glaube jedoch« (schöner Übergang dies jedoch, um nun das direkte Gegenteil zu sagen), »dies ist nicht ganz unwesentlich« (es ist unwesentlich, aber jedoch ist es nicht unwesentlich), »weil in dem einen Fall die 6 Mill. Pfd. St. sofort zurückfließen würden; in dem andern Fall würden sie nicht so rasch zurückfließen. Deshalb würde es einigen« (welche Bestimmtheit!) »Unterschied machen, ob die 6 Mill. hier im Lande ausgelegt werden oder ob sie ganz herausgeschickt werden.«
Was soll das heißen, daß die 6 Mill. sofort zurückfließen würden? Soweit die 6 Mill. Pfd. St. in England verausgabt sind, existieren sie in Schienen, Lokomotiven etc., die nach Indien geschickt werden, von wo sie nicht zurückkehren, und ihr Wert erst durch Amortisation, also sehr langsam, während die 6 Mill. Edelmetall vielleicht sehr rasch in natura retournieren. Soweit die 6 Mill. in Arbeitslohn verausgabt sind, sind sie aufgegessen; aber das Geld, worin sie vorgeschossen waren, zirkuliert nach wie vor im Lande oder bildet Reserve. Dasselbe gilt von den Profiten der Schienenproduzenten und dem Teil der 6 Mill., der ihr konstantes Kapital ersetzt. Die zweideutige Phrase vom Rückfluß wird also von Newmarch nur gebraucht, um nicht direkt zu sagen: Das Geld ist im Lande geblieben, und soweit es als leihbares Geldkapital fungiert, ist der Unterschied für den Geldmarkt (abgesehn davon, daß etwa die Zirkulation mehr Hartgeld verschluckt haben könnte) nur der, daß es für Rechnung von A statt von B verausgabt wird. Anlage dieser Art, wo das Kapital in Waren, nicht in Edelmetall in fremde Länder übertragen wird, kann nur auf die Wechselkurse wirken (und zwar nicht mit dem Land, worin angelegt wird), soweit die Produktion dieser exportierten Waren Extraimport andrer auswärtiger Waren erheischt. Diese Produktion ist dann nicht bestimmt, diesen Extraimport zu liquidieren. Dasselbe findet aber bei jedem Export auf Kredit statt, einerlei, ob als Kapitalanlage oder für gewöhnliche Handelszwecke. Außerdem kann dieser Extraimport auch rückwirkend Extranachfrage nach englischen Waren z.B. auf seiten der Kolonien oder der Vereinigten Staaten hervorrufen.
Vorher [1786] sagte Newmarch, infolge der Tratten der Ostindischen Kompanie seien die Ausfuhren von England nach Indien größer als die Einfuhren. Sir Charles Wood nimmt ihn über diesen Punkt ins Kreuzverhör. Dieser Überschuß englischer Ausfuhr nach, über die Einfuhr von, Indien wird tatsächlich zustande gebracht durch eine Einfuhr von Indien, wofür England kein Äquivalent zahlt: die Tratten der Ostindischen Kompanie (jetzt der ostindischen Regierung) lösen sich auf in einen Tribut, der von Indien erhoben wird. Z.B. 1855: die Einfuhr von Indien nach England von 12670000 Pfd. St.; die englischen Ausfuhren nach Indien 10350000 Pfd. St. Bilanz zugunsten Indiens 2250000 Pfd. St.
»Wenn hiermit die Sachlage erschöpft wäre, so würden diese 2250000 Pfd. St. in irgendeiner Form nach Indien zu remittieren sein. Aber dann kommen die Aufforderungen vom India House. Das India House annonciert, daß es in der Lage ist, Tratten auf die verschiednen Präsidentschaften in Indien auszugeben zum Betrage von 3250000 Pfd. St.« (Dieser Betrag wurde erhoben für die Londoner Unkosten der Ostindischen Kompanie und für die an die Aktionäre zu zahlenden Dividenden.) »Und dies liquidiert nicht nur die Bilanz von 2250000 Pfd. St., die im Handelsweg entstand, sondern ergibt noch eine Million Überschuß.« (1917.)
1922. (Wood:) »Dann ist also die Wirkung dieser Tratten des India House, nicht die Ausfuhren nach Indien zu vermehren, sondern sie pro tanto zu vermindern?«
(Soll heißen, die Notwendigkeit zu vermindern, die Einfuhr von Indien durch Ausfuhr ebendorthin zu diesem Betrag zu decken.) Dies erklärt Herr Newmarch dadurch, daß die Engländer für diese 3700000 Pfd. St. »gute Regierung« nach Indien importieren. (1925.) Richtig und ironisch sagt Wood, der als Minister für Indien die von den Engländern importierte Sorte »guter Regierung« sehr gut kannte, 1926:
»Dann ist die Ausfuhr, die, wie Sie sagen, durch die India-House-Tratten verursacht wird, eine Ausfuhr von guter Regierung und nicht von Waren.«
Da England viel exportiert »in dieser Weise« für »gute Regierung« und für Kapitalanlagen in auswärtigen Ländern – also Einfuhren erhält, die ganz unabhängig sind vom gewöhnlichen Gang des Geschäfts, Tribute, teils für exportierte »gute Regierung«, teils als Revenue von in den Kolonien und anderswo angelegtem Kapital, Tribute, wofür es kein Äquivalent zu zahlen hat –, so ist klar, daß die Wechselkurse nicht affiziert werden, wenn England diese Tribute einfach aufißt, ohne Gegenexport; es ist also auch klar, daß die Kurse nicht affiziert werden, wenn es diese Tribute wieder anlegt, nicht in England, sondern produktiv oder unproduktiv im Ausland; wenn es z.B. Munition dafür nach der Krim schickt. Zudem, soweit die Einfuhren vom Ausland in die Revenue von England eingehn – bezahlt müssen sie natürlich sein, entweder als Tribut, wo kein Äquivalent nötig, oder durch Austausch gegen diese nicht bezahlten Tribute oder im gewöhnlichen Gang des Handels –, kann England sie entweder konsumieren oder sie als Kapital wieder neu anlegen. Weder das eine noch das andre berührt die Wechselkurse, und dies übersieht der weise Wilson. Ob einheimisches oder fremdes Produkt einen Teil der Revenue bildet, wo der letztere Fall nur Austausch heimischer Produkte gegen auswärtige voraussetzt, – der Konsum dieser Revenue, produktiv oder unproduktiv, ändert nichts an den Wechselkursen, wenn auch an der Stufenleiter der Produktion. Danach ist das Folgende zu beurteilen.
1934. Wood fragt ihn, wie die Sendung von Kriegsvorräten nach der Krim den Wechselkurs mit der Türkei affizieren würde. Newmarch antwortet:
»Ich sehe nicht ein, wie die bloße Versendung von Kriegsvorräten den Wechselkurs notwendig affizieren würde, aber die Versendung von Edelmetall würde den Kurs sicherlich affizieren.«
Hier unterscheidet er also Kapital in Geldform von andrem Kapital. Aber nun fragt Wilson:
1935. »Wenn Sie einen Export veranstalten in großer Ausdehnung von irgendeinem Artikel, wofür kein korrespondierender Import stattfindet«,
(Herr Wilson vergißt, daß in Beziehung auf England sehr bedeutender Import stattfindet, wofür nie ein entsprechender Export stattgefunden hat, ausgenommen in der Form von »guter Regierung« oder von früher exportiertem Anlagekapital; jedenfalls kein Import, der in die regelmäßige Handelsbewegung eingeht. Aber dieser Import wird wieder ausgetauscht z.B. mit amerikanischem Produkt, und daß amerikanisches Produkt exportiert wird ohne entsprechenden Import, ändert nichts an der Sache, daß der Wert dieses Imports konsumiert werden kann ohne einen äquivalenten Abfluß nach außen; es ist empfangen worden ohne Gegenexport, und es kann daher auch verbraucht werden, ohne in die Handelsbilanz einzugehn)
»so bezahlen Sie nicht die auswärtige Schuld, die Sie durch ihre Einfuhr kontrahiert haben.«
(Aber wenn Ihr diesen Import schon vorher bezahlt habt, z.B. durch den im Ausland gegebnen Kredit, so wird keine Schuld dadurch kontrahiert, und die Frage hat gar nichts zu tun mit der internationalen Bilanz; sie löst sich auf in produktive oder unproduktive Ausgabe, einerlei ob die so verbrauchten Produkte inländisches oder ausländisches Produkt sind.)
»Und deshalb müssen Sie durch diese Transaktion die Wechselkurse affizieren, indem die ausländische Schuld nicht bezahlt wird, weil Ihr Export keinen korrespondierenden Import hat. – Das ist richtig von Ländern im allgemeinen.«
Der Vortrag des Wilson kommt darauf hinaus, daß jeder Export ohne entsprechenden Import zugleich ein Import ohne entsprechenden Export ist; weil in die Produktion des exportierten Artikels fremde, also importierte Waren eingehn. Die Unterstellung ist, daß jeder solcher Export begründet ist auf einen nicht bezahlten Import oder ihn erzeugt –, also Schuld ans Ausland. Dies ist falsch, selbst abgesehn von den zwei Umständen, daß England 1. Gratisimporte hat, wofür es kein Äquivalent zahlt; z.B. einen Teil seiner indischen Importe. Es kann diese austauschen gegen amerikanische Importe, und letztre exportieren ohne Gegenimport; jedenfalls, was den Wert betrifft, hat es nur exportiert, was ihm nichts gekostet hat. Und 2. es mag Importe bezahlt haben, z.B. amerikanische, die zuschüssiges Kapital bilden; wenn es diese unproduktiv, z.B. in Kriegsmunition konsumiert, so bildet dies keine Schuld gegen Amerika und affiziert nicht den Wechselkurs mit Amerika. Newmarch widerspricht sich 1934 und 1935 und wird hierauf aufmerksam gemacht durch Wood, 1938:
»Wenn kein Teil der Waren, angewandt in der Anfertigung der Artikel, die wir ausführen, ohne daß Rückfluß erfolgt« (Kriegsausgabe), »herkommt von dem Lande, wohin diese Artikel geschickt werden, wie berührt dies den Wechselkurs mit diesem Lande? Angenommen, der Handel mit der Türkei sei im gewöhnlichen Zustand des Gleichgewichts; wie wird der Wechselkurs zwischen England und der Türkei affiziert durch die Ausfuhr von Kriegsvorräten nach der Krim?«
Hier verliert Newmarch seinen Gleichmut; er vergißt, daß er dieselbe einfache Frage unter Nr. 1934 bereits richtig beantwortet hat, und sagt:
»Wir haben, scheint mir, die praktische Frage erschöpft und kommen jetzt in eine sehr erhabne Region metaphysischer Diskussion.«
〈Wilson hat noch eine andre Fassung seiner Behauptung, daß der Wechselkurs affiziert werde durch jede Kapitalübertragung von einem Land auf ein andres, gleichviel ob diese stattfinde in Form von Edelmetall oder von Waren. Wilson weiß natürlich, daß der Wechselkurs affiziert wird durch den Zinsfuß, speziell durch das Verhältnis der in den beiden Ländern, deren gegenseitiger Wechselkurs in Frage ist, geltenden Zinsraten. Kann er nun nachweisen, daß Überschuß an Kapital überhaupt, also zunächst an Waren aller Art, mit Einschluß von Edelmetall, eine mitbestimmende Wirkung auf den Zinsfuß ausübt, so kommt er seinem Ziel schon einen Schritt näher; Übertragung eines bedeutenden Teils dieses Kapitals auf ein andres Land muß dann in beiden Ländern den Zinsfuß ändern, und zwar in entgegengesetzter Richtung und damit in zweiter Instanz auch den Wechselkurs zwischen beiden Ländern. – F.E.}
Er sagt nun in dem, damals von ihm redigierten »Economist« 1847, p. 574:
»Es ist klar, daß ein solcher Überschuß von Kapital, angezeigt durch große Vorräte aller Art, Edelmetall eingeschlossen, notwendig führen muß nicht allein zu niedrigen Preisen der Waren überhaupt, sondern zu einem niedrigeren Zinsfuß für den Gebrauch von Kapital (1). Wenn wir einen Vorrat von Waren zur Hand haben, hinreichend, dem Land für zwei kommende Jahre zu dienen, so wird Kommando über diese Waren für eine gegebne Periode zu viel niedrigerer Rate erhalten, als wenn der Vorrat kaum für zwei Monate ausreicht (2). Alle Anleihen von Geld, in welcher Form immer gemacht, sind nur Übertragung des Kommandos über Waren von dem einen auf den andern. Sind Waren daher überflüssig vorhanden, so muß der Geldzins niedrig, sind sie selten, so muß er hoch sein (3). Wenn die Waren reichlicher zufließen, wird die Zahl der Verkäufer im Vergleich mit der Zahl der Käufer zunehmen, und im Maß, wie die Quantität die Bedürfnisse der unmittelbaren Konsumtion übersteigt, muß ein stets größerer Teil für spätern Gebrauch aufbewahrt werden. Unter diesen Umständen wird ein Warenbesitzer zu niedrigeren Bedingungen auf künftige Zahlung oder auf Kredit verkaufen, als wenn er sicher wäre, daß sein ganzer Vorrat in wenigen Wochen zum Verkauf käme«(4).
Zu dem Satz ad (1) ist zu bemerken, daß ein starker Zufluß von Edelmetall stattfinden kann gleichzeitig mit einer Einschränkung der Produktion, wie dies stets der Fall ist in der Zeit nach einer Krise. In der folgenden Phase mag Edelmetall zufließen von Ländern, die vorwiegend Edelmetall produzieren; die Einfuhr der andern Waren wird in dieser Periode gewöhnlich durch die Ausfuhr ausgeglichen. In diesen beiden Phasen ist der Zinsfuß niedrig und nur langsam steigend; warum, haben wir gesehn. Dieser niedrige Zinsfuß ließ sich überall erklären ohne irgend welche Einwirkung irgendwelcher »großen Vorräte aller Art«. Und wie soll diese Einwirkung stattfinden? Der niedrige Preis von Baumwolle z.B. ermöglicht hohe Profite der Spinner usw. Warum ist nun der Zinsfuß niedrig? Sicher nicht, weil der Profit, der mit geliehenem Kapital gemacht werden kann, hoch ist. Sondern einzig und allein, weil unter den bestehenden Umständen die Nachfrage nach Leihkapital nicht wächst im Verhältnis zu diesem Profit; also das Leihkapital andre Bewegung hat als das industrielle Kapital. Was der »Economist« beweisen will, ist gerade das Umgekehrte: daß seine Bewegung identisch sei mit der Bewegung des industriellen Kapitals.
Der Satz ad (2), wenn wir die absurde Voraussetzung eines Vorrats für zwei Jahre im voraus bis zur Ermöglichung eines Sinns herabmindern, unterstellt eine Überführung des Warenmarkts. Dies würde ein Sinken der Preise verursachen. Es wäre weniger zu zahlen für einen Ballen Baumwolle. Daraus folgt keineswegs, daß das Geld, um einen Ballen Baumwolle zu kaufen, wohlfeiler aufzunehmen wäre. Dies hängt ab vom Stand des Geldmarkts. Wenn es wohlfeiler aufzunehmen ist, dann nur, weil der kommerzielle Kredit in solcher Lage ist, daß er den Bankkredit weniger in Anspruch zu nehmen genötigt ist als gewöhnlich. Die den Markt überführenden Waren sind Lebensmittel oder Produktionsmittel. Der niedrige Preis beider erhöht den Profit des industriellen Kapitalisten. Warum soll er den Zins erniedrigen, außer durch den Gegensatz, statt der Identität, zwischen Reichlichkeit von industriellem Kapital und Nachfrage nach Geldakkommodation? Die Umstände liegen so, daß der Kaufmann und der Industrielle einander leichter Kredit geben können; wegen dieser Erleichterung des kommerziellen Kredits braucht der Industrielle wie der Kaufmann weniger Bankkredit; daher kann der Zinsfuß niedrig sein. Dieser niedrige Zinsfuß hat nichts zu tun mit dem Zufluß von Edelmetall, obgleich beide nebeneinander gehn können, und dieselben Ursachen, die die niedrigen Preise der Einfuhrartikel, auch den Überschuß des zugeführten Edelmetalls produzieren mögen. Wäre der Importmarkt wirklich überführt, so bewiese dies Abnahme der Nachfrage für Importwaren, die bei niedrigen Preisen unerklärlich wäre, außer als Folge von Einschränkung der heimischen industriellen Produktion; dies aber wäre wieder unerklärlich bei übergroßen Einfuhren zu niedrigen Preisen. Lauter Absurditäten, um zu beweisen, daß Fallen der Preise = Fallen des Zinses. Beides mag gleichzeitig nebeneinander bestehn. Dann aber als Ausdruck des Gegensatzes der Richtungen, worin die Bewegung von industriellem Kapital und die Bewegung von leihbarem Geldkapital erfolgt, nicht als Ausdruck ihrer Identität.
Warum, ad (3), der Geldzins niedrig sein soll, wenn Waren im Überfluß vorhanden, ist auch nach dieser weiteren Ausführung nicht abzusehn. Sind Waren wohlfeil, so brauche ich, um ein bestimmtes Quantum zu kaufen, sage 1000 Pfd. St. statt früher 2000. Vielleicht aber lege ich auch jetzt 2000 Pfd. St. an und kaufe dafür das Doppelte der Waren gegen früher und erweitre mein Geschäft durch Vorschuß desselben Kapitals, das ich vielleicht aufnehmen muß. Ich kaufe jetzt wie früher für 2000 Pfd. St. Meine Nachfrage auf dem Geldmarkt bleibt also dieselbe, wenn auch meine Nachfrage auf dem Warenmarkt mit dem Sinken der Warenpreise steigt. Fällt aber diese letztre, d.h. erweitert sich die Produktion nicht mit dem Sinken der Warenpreise, was allen Gesetzen des »Economist« widersprechen würde, so nähme die Nachfrage nach leihbarem Geldkapital ab, obgleich der Profit zunähme; dieser zunehmende Profit würde aber Nachfrage nach Leihkapital schaffen. Übrigens mag die Niedrigkeit der Warenpreise aus drei Ursachen herrühren. Erstens aus Mangel an Nachfrage. Dann ist der Zinsfuß niedrig, weil die Produktion gelähmt, nicht weil die Waren wohlfeil, da diese Wohlfeilheit bloß Ausdruck jener Lähmung. Oder weil die Zufuhr übergroß im Verhältnis zur Nachfrage. Dies mag der Fall sein infolge von Überführung der Märkte etc., die zur Krise führt, und mag in der Krise selbst zusammenfallen mit hohem Zinsfuß; oder es mag der Fall sein, weil der Wert der Waren gesunken, also dieselbe Nachfrage zu niedrigerem Preis befriedigt werden kann. Warum soll im letzten Fall der Zinsfuß sinken? Weil der Profit wächst? Wenn, weil weniger Geldkapital nötig, um dasselbe produktive oder Warenkapital zu erhalten, so bewiese dies nur, daß Profit und Zins in umgekehrtem Verhältnis zueinander stehn. Jedenfalls ist der allgemeine Satz des »Economist« falsch. Niedrige Geldpreise der Waren und niedriger Zinsfuß gehören nicht notwendig zusammen. Sonst müßte in den ärmsten Ländern, wo die Geldpreise der Produkte am niedrigsten, auch der Zinsfuß am niedrigsten, und in den reichsten Ländern, wo die Geldpreise der Agrikulturprodukte am höchsten, auch der Zinsfuß am höchsten stehn. Im allgemeinen gibt der »Economist« zu: fällt der Wert des Geldes, so übt das keinen Einfluß auf den Zinsfuß. 100 Pfd. St. bringt nach wie vor 105 Pfd. St.; sind die 100 weniger wert, so auch die 5 Zins. Das Verhältnis wird nicht affiziert durch Wertsteigerung oder Entwertung der Originalsumme. Als Wert betrachtet, ist ein bestimmtes Warenquantum gleich einer gewissen Geldsumme. Steigt sein Wert, so ist er gleich einer größern Geldsumme; umgekehrt, wenn er fällt. Ist er = 2000, so 5% = 100; ist er = 1000, so 5% = 50. Dies ändert aber nichts am Zinssatz. Das Rationale an der Sache ist nur, daß mehr Geldakkommodation erheischt, wenn 2000 Pfd. St. nötig, um dasselbe Quantum Waren zu verkaufen, als wenn nur 1000 Pfd. St. nötig. Aber dies zeigt hier nur umgekehrtes Verhältnis zwischen Profit und Zins. Denn der Profit wächst mit der Wohlfeilheit der Elemente des konstanten und variablen Kapitals, und der Zins fällt. Aber das Umgekehrte kann auch der Fall sein und ist häufig der Fall. Baumwolle z.B. kann wohlfeil sein, weil keine Nachfrage für Garn und Gewebe besteht; sie kann relativ teuer sein, weil großer Profit in der Baumwollindustrie große Nachfrage für sie erzeugt. Andrerseits kann der Profit der Industriellen hoch sein, grade weil der Preis von Baumwolle niedrig ist. Die Liste von Hubbard beweist, daß der Zinsfuß und die Warenpreise durchaus voneinander unabhängige Bewegungen vollführen; während die Bewegungen des Zinsfußes sich genau den Bewegungen des Metallschatzes und der Wechselkurse anpassen.
»Sind Waren daher im Überfluß vorhanden, so muß der Geldzins niedrig sein«,
sagt der »Economist«. Grade das Umgekehrte findet statt in den Krisen; die Waren sind überschüssig, inkonvertibel in Geld, und daher der Zinsfuß hoch; in einer andren Phase des Zyklus herrscht große Nachfrage nach Waren, daher leichte Rückflüsse, aber zugleich Steigen der Warenpreise, und wegen der leichten Rückflüsse niedriger Zinsfuß. »Sind sie« (die Waren) »selten, so muß er hoch sein.« Wieder findet das Umgekehrte statt in Zeiten der Abspannung nach der Krise. Waren sind selten, absolut gesprochen, nicht mit Rücksicht auf die Nachfrage; und der Zinsfuß ist niedrig.
Daß, ad (4), bei überführtem Markt ein Warenbesitzer wohlfeiler losschlagen wird – wenn er überhaupt verkaufen kann – als bei voraussichtlich rascher Erschöpfung der vorhandnen Vorräte, ist ziemlich klar. Weniger aber, weshalb deswegen der Zinsfuß fallen soll.
Ist der Markt mit der importierten Ware überführt, so mag der Zinsfuß steigen infolge gesteigerter Nachfrage nach Leihkapital von seiten der Eigner, um die Waren nicht auf den Markt werfen zu müssen. Er mag fallen, weil die Flüssigkeit des kommerziellen Kredits die Nachfrage für Bankkredit noch relativ niedrig hält.
Der »Economist« erwähnt die rasche Wirkung auf die Kurse 1847 infolge der Erhöhung des Zinsfußes und andern Drucks auf den Geldmarkt. Aber es ist nicht zu vergessen, daß trotz der Wendung der Kurse das Gold fortfuhr abzufließen bis Ende April; die Wendung tritt hier erst ein mit Anfang Mai.
Am 1. Januar 1847 war der Metallschatz der Bank 15066691 Pfd. St.; Zinsfuß 31/2%; Dreimonatskurs auf Paris 25.75; auf Hamburg 13.10; auf Amsterdam 12.31/4. Am 5. März war der Metallschatz gefallen auf 11595535 Pfd. St.; Diskonto gestiegen auf 4%; der Wechselkurs fiel auf Paris 25.671/2, Hamburg 13.91/4, Amsterdam 12.21/2. Goldabfluß dauert fort; s. folgende Tabelle:
Datum Edelmetallschatz der Bank Geldmarkt Höchste Dreimonatskurse 1847 von England Pfd. St. Paris Hamburg Amsterdam ———————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— März 20. 11.231.630 Bankdiskont 4% 25.67 1/2 13.09 3/4 12.2 1/2 April 3. 10.246.410 " 5% 25.80 13.10 12.3 1/2 " 10. 9.867.053 Geld sehr rar 25.90 13.101/3 12.4 1/2 " 17. 9.329.841* Bankdiskont 5 1/2% 26.02 1/2 13.103/4 12.5 1/2 " 24. 9.213.890 Druck 26.05 13.12** 12.6 Mai 1. 9.337.716 Steigender Druck 26.15 13.12 3/4 12.6 1/2 " 8. 9.588.759 Größter Druck 26.27 1/2 13.15 1/2} 12.7 3/4 * 1. Auflage: 9329941 ** 1. Auflage: 13.13
Im Jahr 1847 betrug der Gesamtexport von Edelmetall aus England 8602597 Pfd. St.
Davon ging nach den Vereinigten Staaten 3.226.411 Pfd. St. " " " Frankreich . . . . . 2.479.892 " " " " " Hansestädten . . . . . 958.781 " " " " Holland . . . . . . . 247.743 "
Trotz der Wendung der Kurse Ende März dauert der Goldabfluß noch einen vollen Monat fort; wahrscheinlich nach den Vereinigten Staaten.
»Wir sehn hier«, (sagt der »Economist«, 1847, p. 954) »wie schnell und schlagend die Wirkung eines gesteigerten Zinsfußes und der darauffolgenden Geldklemme war in der Korrektion eines ungünstigen Kurses und in der Wendung der Goldflut, so daß sie wieder nach England floß. Die Wirkung wurde hervorgebracht ganz unabhängig von der Zahlungsbilanz. Ein höherer Zinsfuß erzeugte einen niedrigern Preis der Wertpapiere, englischer wie auswärtiger, und veranlaßte große Einkäufe davon für ausländische Rechnung. Dies vermehrte die Summe der von England ausgezogenen Wechsel, während andrerseits bei hohem Zinsfuß die Schwierigkeit, Geld zu erhalten, so groß war, daß die Nachfrage nach diesen Wechseln fiel, während ihre Summe stieg. Es geschah aus derselben Ursache, daß Aufträge für fremde Waren annulliert und englische Kapitalanlagen in auswärtigen Wertpapieren realisiert und das Geld nach England zur Anlage gebracht wurde. So lesen wir z.B. im ›Rio de Janeiro Price Current‹ vom 10. Mai: ›Der Wechselkurs‹ 〈 auf England} ›hat einen neuen Rückgang erfahren, verursacht hauptsächlich durch einen Druck auf den Markt für Rimessen gegen den Erlös bedeutender Verkäufe von‹ (brasilischen) ›Staatsfonds für englische Rechnung.‹ Englisches Kapital, das im Ausland in verschiednen Wertpapieren angelegt worden, als der Zinsfuß hier sehr niedrig, wurde so zurückgebracht, als der Zinsfuß gestiegen war.«
Handelsbilanz von England
Indien allein hat an 5 Mill. Tribut zu zahlen, für »gute Regierung«, Zinsen und Dividenden von britischem Kapital etc., wobei gar nicht berechnet sind die Summen, die jährlich heimgesandt werden, teils von Beamten als Ersparnisse aus ihrem Gehalt, teils durch englische Kaufleute als Teil ihrer Profite, um in England angelegt zu werden. Von jeder britischen Kolonie sind aus denselben Gründen fortwährend große Rimessen zu machen. Die meisten Banken in Australien, Westindien, Kanada sind mit britischem Kapital gegründet, die Dividenden sind in England zu zahlen. Ebenso besitzt England viel auswärtige Staatspapiere, europäische, nord- und südamerikanische, wovon es die Zinsen zu empfangen hat. Dazu kommt dann noch seine Beteiligung bei ausländischen Eisenbahnen, Kanälen, Bergwerken etc., mit den entsprechenden Dividenden. Die Rimessen gegen alle diese Posten werden fast ausschließlich in Produkten gemacht, über den Betrag der englischen Ausfuhr hinaus. Was andrerseits von England ins Ausland geht an Besitzer englischer Wertpapiere und an Verzehr für Engländer im Ausland, ist dagegen verschwindend.
Die Frage, soweit sie die Handelsbilanz und die Wechselkurse betrifft, ist
»in jedem gegebnen Moment eine Frage der Zeit. In der Regel... gibt England lange Kredite auf seine Ausfuhr, während die Einfuhren bar bezahlt werden. In gewissen Momenten hat dieser Unterschied der Usance eine bedeutende Wirkung auf die Kurse. Zu einer Zeit, wo unsre Ausfuhren sehr beträchtlich zunehmen, wie 1850, muß eine fortwährende Ausdehnung der Anlage von britischem Kapital im Gang sein... so können die Rimessen von 1850 gegen Waren gemacht werden, die 1849 exportiert wurden. Aber wenn 1850 die Ausfuhren die von 1849 um 6 Mill. übersteigen, so muß die praktische Wirkung sein, daß mehr Geld außer Landes gesandt ist, zu diesem Betrag, als im selben Jahr zurückgeflossen; und in dieser Weise wird eine Wirkung hervorgebracht auf die Kurse und den Zinsfuß. Sobald dagegen unser Geschäft in einer Krise deprimiert und unsre Ausfuhr sehr eingeschränkt ist, so übersteigen die für die größren Exporte früherer Jahre verfallenden Rimessen sehr bedeutend den Wert unsrer Einfuhr; die Kurse drehn sich dementsprechend zu unsern Gunsten, das Kapital akkumuliert rasch im Inland, und der Zinsfuß fällt.« (»Economist«, 11. Januar 1851.)
Der auswärtige Wechselkurs kann sich ändern
1. infolge der augenblicklichen Zahlungsbilanz, durch welche Ursachen immer diese bestimmt sei: durch rein merkantilische, durch Kapitalanlage im Ausland oder aber durch Staatsausgaben, bei Kriegen usw., soweit Barzahlungen im Ausland dabei gemacht werden.
2. Infolge von Entwertung des Geldes in einem Land, sei dies nun Metall- oder Papiergeld. Dies ist rein nominell. Wenn 1 Pfd. St. nur noch halb soviel Geld repräsentierte wie früher, würde es selbstredend zu 12 1/2 Fr. statt zu 25 Fr. berechnet.
3. Wo es sich um den Kurs zwischen Ländern handelt, von denen das eine Silber, das andre Gold als »Geld« verwendet, ist der Wechselkurs abhängig von den relativen Wertschwankungen dieser beiden Metalle, da diese Schwankungen offenbar das Pari zwischen beiden alterieren. Ein Beispiel vom letztren waren die Kurse 1850; sie waren gegen England, obgleich sein Export enorm stieg; aber dennoch fand kein Goldabfluß statt. Es war Wirkung des momentanen Steigens des Silberwerts gegen den Goldwert. (Siehe »Economist«, 30. November 1850.)
Das Parides Wechselkurses ist für 1 Pfund Sterling: auf Paris 25 Fr. 20 cent.; Hamburg 13 Mark Banko 10 1/2 Sch.; Amsterdam 11 fl. 97 cents. Im Verhältnis wie der Wechselkurs auf Paris über 25.20 steigt, wird er günstiger für den englischen Schuldner an Frankreich oder den Käufer französischer Waren. In beiden Fällen braucht er weniger Pfund Sterling, um seinen Zweck zu erreichen. – In entlegneren Ländern, wo Edelmetall nicht leicht zu erlangen, wenn Wechsel selten und ungenügend sind für die nach England zu machenden Rimessen, ist die natürliche Wirkung Herauftreibung der Preise derjenigen Produkte, die gewöhnlich nach England verschifft werden, indem für diese nun größre Nachfrage entsteht, um sie anstatt Wechsel nach England zu senden; dies ist oft der Fall in Indien.
Ein ungünstiger Wechselkurs und selbst ein Goldabfluß kann stattfinden, wenn in England sehr großer Überfluß an Geld, niedriger Zinsfuß und hoher Preis der Wertpapiere herrscht.
Im Laufe von 1848 erhielt England große Quantitäten Silber von Indien, da gute Wechsel selten waren und mittelmäßige ungern genommen wurden, infolge der Krisis von 1847 und der großen Kreditlosigkeit im indischen Geschäft. Dies ganze Silber, kaum angekommen, fand bald den Weg nach dem Kontinent, wo die Revolution Schatzbildung an allen Ecken herbeiführte. Dasselbe Silber machte 1850 großenteils die Reise nach Indien zurück, da der Stand des Wechselkurses dies nun profitlich machte.
Das Monetarsystem ist wesentlich katholisch, das Kreditsystem wesentlich protestantisch. »The Scotch hate gold.« Als Papier hat das Gelddasein der Waren ein nur gesellschaftliches Dasein. Es ist der Glaube, der selig macht. Der Glaube in den Geldwert als immanenten Geist der Waren, der Glaube in die Produktionsweise und ihre prädestinierte Ordnung, der Glaube in die einzelnen Agenten der Produktion als bloße Personifikationen des sich selbst verwertenden Kapitals. So wenig aber der Protestantismus von den Grundlagen des Katholizismus sich emanzipiert, so wenig das Kreditsystem von der Basis des Monetarsystems.
36. Vorkapitalistisches
Das zinstragende Kapital, oder wie wir es in seiner altertümlichen Form bezeichnen können, das Wucherkapital, gehört mit seinem Zwillingsbruder, dem kaufmännischen Kapital, zu den antediluvianischen Formen des Kapitals, die der kapitalistischen Produktionsweise lange vorhergehn und sich in den verschiedensten ökonomischen Gesellschaftsformationen vorfinden.
Die Existenz des Wucherkapitals erfordert nichts, als daß wenigstens ein Teil der Produkte sich in Waren verwandelt und zugleich mit dem Warenhandel das Geld sich in seinen verschiednen Funktionen entwickelt hat.
Die Entwicklung des Wucherkapitals schließt sich an die des Kaufmannskapitals und speziell an die des Geldhandlungskapitals. Im alten Rom, von den letzten Zeiten der Republik an, wo die Manufaktur tief unter der antiken Durchschnittsentwicklung stand, war Kaufmannskapital, Geldhandlungskapital und Wucherkapital – innerhalb der antiken Form – auf den höchsten Punkt entwickelt.
Man hat gesehn, wie sich mit dem Geld notwendig die Schatzbildnerei einfindet. Der professionelle Schatzbildner wird jedoch erst wichtig, sobald er sich in den Wucherer verwandelt.
Der Kaufmann borgt Geld, um Profit mit dem Geld zu machen, um es als Kapital anzuwenden, d.h. zu verausgaben. Auch in den frühern Formen steht ihm also der Geldverleiher ganz so gegenüber wie dem modernen Kapitalisten. Dies spezifische Verhältnis wurde auch von den katholischen Universitäten gefühlt.
»Die Universitäten von Alcalá, von Salamanca, von Ingolstadt, von Freiburg im Breisgau, Mainz, Köln und Trier erkannten nacheinander die Rechtmäßigkeit der Zinsen für Handelsanleihen an. Die ersten fünf dieser Approbationen sind niedergelegt worden in den Archiven des Konsulats der Stadt Lyon und gedruckt im Anhang des Traité de l'usure et des intérêts, Lyon, Bruyset-Ponthus.« (M. Augier, »Le Crédit public etc.«, Paris 1842, p. 206.)
In allen Formen, worin die Sklavenwirtschaft (nicht patriarchalisch, sondern wie in den spätern griechischen und römischen Zeiten) als Mittel der Bereicherung besteht, wo Geld also Mittel ist, durch Ankauf von Sklaven, Land etc., fremde Arbeit anzueignen, wird das Geld, eben weil es so angelegt werden kann, als Kapital verwertbar, zinstragend.
Die charakteristischen Formen jedoch, worin das Wucherkapital in den Vorzeiten der kapitalistischen Produktionsweise existiert, sind zweierlei. Ich sage charakteristische Formen. Dieselben Formen wiederholen sich auf Basis der kapitalistischen Produktion, aber als bloß untergeordnete Formen. Sie sind hier nicht mehr die Formen, die den Charakter des zinstragenden Kapitals bestimmen. Diese beiden Formen sind: erstens, der Wucher durch Geldverleihen an verschwenderische Große, wesentlich Grundeigentümer; zweitens, Wucher durch Geldverleihen an den kleinen, im Besitz seiner eignen Arbeitsbedingungen befindlichen Produzenten, worin der Handwerker eingeschlossen ist, aber ganz spezifisch der Bauer, da überhaupt in vorkapitalistischen Zuständen, soweit sie kleine selbständige Einzelproduzenten zulassen, die Bauernklasse deren große Majorität bilden muß.
Beides, sowohl der Ruin der reichen Grundeigentümer durch den Wucher, wie die Aussaugung der kleinen Produzenten führt zur Bildung und Konzentration großer Geldkapitalien. Wieweit aber dieser Prozeß die alte Produktionsweise aufhebt, wie dies im modernen Europa der Fall war, und ob er an ihrer Stelle die kapitalistische Produktionsweise setzt, hängt ganz von der historischen Entwicklungsstufe und den damit gegebnen Umständen ab.
Das Wucherkapital als charakteristische Form des zinstragenden Kapitals entspricht dem Vorherrschen der kleinen Produktion, der selbstarbeitenden Bauern und kleinen Handwerksmeister. Wo dem Arbeiter, wie in der entwickelten kapitalistischen Produktionsweise, die Arbeitsbedingungen und das Produkt der Arbeit als Kapital gegenübertreten, hat er als Produzent kein Geld zu borgen. Wo er es borgt, geschieht es wie im Pfandhaus für persönliche Notdurft. Wo der Arbeiter dagegen Eigentümer, wirklicher oder nomineller, seiner Arbeitsbedingungen und seines Produkts ist, steht er als Produzent im Verhältnis zum Kapital des Geldverleihers, das ihm als Wucherkapital gegenübertritt. Newman drückt die Sache fad aus, wenn er sagt, daß der Bankier angesehn ist, während der Wucherer verhaßt und verachtet ist, weil jener den Reichen leiht, dieser den Armen. (F. W. Newman, »Lectures on Pol. Econ.«, London 1851, p. 44.) Er übersieht, daß hier der Unterschied zweier gesellschaftlicher Produktionsweisen und der ihnen entsprechenden gesellschaftlichen Ordnungen dazwischen liegt und die Sache nicht mit dem Gegensatz von arm und reich abgemacht ist. Vielmehr geht der Wucher, der den armen Kleinproduzenten aussaugt, Hand in Hand mit dem Wucher, der den reichen Großgrundbesitzer aussaugt. Sobald der Wucher der römischen Patrizier die römischen Plebejer, die Kleinbauern, völlig ruiniert hatte, hatte diese Form der Ausbeutung ein Ende, und trat die reine Sklavenwirtschaft an die Stelle der kleinbürgerlichen.
Unter der Form des Zinses kann hier vom Wucherer aller Überschuß über die notdürftigsten Subsistenzmittel (den Betrag des spätern Arbeitslohns) der Produzenten verschlungen werden (was später als Profit und Bodenrente erscheint), und es ist daher höchst abgeschmackt, die Höhe dieses Zinses da, wo er, mit Ausnahme dessen, was dem Staat zukommt, allen Mehrwert sich aneignet, zu vergleichen mit der Höhe des modernen Zinsfußes, wo der Zins, wenigstens der normale, nur einen Teil dieses Mehrwerts bildet. Es wird dabei vergessen, daß der Lohnarbeiter dem Kapitalisten, der ihn anwendet, Profit, Zins und Grundrente, kurz den gesamten Mehrwert produziert und abgibt. Carey macht diese abgeschmackte Vergleichung, um damit zu zeigen, wie vorteilhaft für die Arbeiter die Entwicklung des Kapitals und der sie begleitende Fall des Zinsfußes ist. Wenn der Wucherer ferner, nicht zufrieden damit, die Mehrarbeit seines Opfers auszupressen, nach und nach sich die Eigentumstitel auf seine Arbeitsbedingungen selbst, Land, Haus etc., erwirbt und beständig damit beschäftigt ist, ihn so zu expropriieren, so wird demgegenüber wieder vergessen, daß diese vollständige Expropriation des Arbeiters von seinen Arbeitsbedingungen nicht ein Resultat ist, dem die kapitalistische Produktionsweise zustrebt, sondern die fertige Voraussetzung, wovon sie ausgeht. Der Lohnsklave ist ebensogut wie der wirkliche Sklave durch seine Stellung davon aus geschlossen, Schuldsklave zu werden, wenigstens in seiner Qualität als Produzent; er kann es nur allenfalls werden in seiner Eigenschaft als Konsument. Das Wucherkapital, in dieser Form, worin es in der Tat alle Mehrarbeit der unmittelbaren Produzenten sich aneignet, ohne die Produktionsweise zu ändern; worin das Eigentum resp. der Besitz der Produzenten an den Arbeitsbedingungen – und die ihr entsprechende vereinzelte Kleinproduktion – wesentliche Voraussetzung ist; wo das Kapital also die Arbeit sich nicht direkt unterordnet und ihr daher nicht als industrielles Kapital gegenübertritt, dies Wucherkapital verelendet diese Produktionsweise, lähmt die Produktivkräfte, statt sie zu entwickeln, und verewigt zugleich diese jammervollen Zustände, in denen nicht, wie in der kapitalistischen Produktion, die gesellschaftliche Produktivität der Arbeit auf Kosten der Arbeit selbst entwickelt wird.
Der Wucher wirkt so einerseits untergrabend und zerstörend auf den antiken und feudalen Reichtum und auf das antike und feudale Eigentum. Andrerseits untergräbt und ruiniert er die kleinbäuerliche und kleinbürgerliche Produktion, kurz alle Formen, worin der Produzent noch als Eigentümer seiner Produktionsmittel erscheint. In der ausgebildeten kapitalistischen Produktionsweise ist der Arbeiter nicht Eigentümer der Produktionsbedingungen, des Ackers, den er bebaut, des Rohstoffs, den er verarbeitet, etc. Dieser Entfremdung der Produktionsbedingung vom Produzenten entspricht hier aber eine wirkliche Umwälzung in der Produktionsweise selbst. Die vereinzelten Arbeiter werden in großer Werkstatt vereinigt zugeteilter, ineinandergreifender Tätigkeit; das Werkzeug wird zur Maschine. Die Produktionsweise selbst erlaubt nicht mehr diese mit dem kleinen Eigentum verbundne Zersplittrung der Produktionsinstrumente, sowenig wie die Isolierung der Arbeiter selbst. In der kapitalistischen Produktion kann der Wucher nicht mehr die Produktionsbedingungen vom Produzenten scheiden, weil sie bereits geschieden sind.
Der Wucher zentralisiert Geldvermögen, wo die Produktionsmittel zersplittert sind. Er ändert die Produktionsweise nicht, sondern saugt sich an sie als Parasit fest und macht sie miserabel. Er saugt sie aus, entnervt sie und zwingt die Reproduktion, unter immer erbärmlichern Bedingungen vorzugehn. Daher der populäre Haß gegen den Wucher, am höchsten in der antiken Welt, wo das Eigentum des Produzenten an seinen Produktionsbedingungen zugleich Basis der politischen Verhältnisse, der Selbständigkeit des Staatsbürgers.
Soweit Sklaverei herrscht oder soweit das Mehrprodukt vom Feudalherrn und seiner Gefolgschaft aufgegessen wird und Sklavenbesitzer oder Feudal herr dem Wucher verfallen, bleibt die Produktionsweise auch dieselbe; nur wird sie härter für die Arbeiter. Der verschuldete Sklavenhalter oder Feudalherr saugt mehr aus, weil er selbst mehr ausgesaugt wird. Oder schließlich macht er dem Wucherer Platz, der selbst Grundeigentümer oder Sklavenbesitzer wird wie der Ritter im alten Rom. An die Stelle der alten Ausbeuter, deren Exploitation mehr oder minder patriarchalisch, weil großenteils politisches Machtmittel war, tritt ein harter, geldsüchtiger Emporkömmling. Aber die Produktionsweise selbst wird nicht verändert.
Revolutionär wirkt der Wucher in allen vorkapitalistischen Produktionsweisen nur, indem er die Eigentumsformen zerstört und auflöst, auf deren fester Basis und beständiger Reproduktion in derselben Form die politische Gliederung ruht. Bei asiatischen Formen kann der Wucher lange fortdauern, ohne etwas andres als ökonomisches Verkommen und politische Verdorbenheit hervorzurufen. Erst wo und wann die übrigen Bedingungen der kapitalistischen Produktionsweise vorhanden, erscheint der Wucher als eines der Bildungsmittel der neuen Produktionsweise, durch Ruin der Feudalherrn und der Kleinproduktion einerseits, durch Zentralisation der Arbeitsbedingungen zu Kapital andrerseits.
Im Mittelalter herrschte in keinem Lande ein allgemeiner Zinsfuß. Die Kirche verbot alle Zinsgeschäfte von vornherein. Gesetze und Gerichte sicherten Anleihen nur wenig. Desto höher war der Zinssatz in einzelnen Fällen. Der geringe Geldumlauf, die Notwendigkeit, die meisten Zahlungen bar zu leisten, zwangen zu Geldaufnahmen, und um so mehr, je weniger das Wechselgeschäft noch ausgebildet war. Es herrschte große Verschiedenheit sowohl des Zinsfußes wie der Begriffe vom Wucher. Zu Karls des Großen Zeit galt es für wucherisch, wenn jemand 100% nahm. Zu Lindau am Bodensee nahmen 1344 einheimische Bürger 216 2/3%. In Zürich bestimmte der Rat 43 1/3% als gesetzlichen Zins. In Italien mußten zuweilen 40% gezahlt werden, obgleich vom 12.-14. Jahrhundert der gewöhnliche Satz 20% nicht überschritt. Verona ordnete 12 1/2% als gesetzlichen Zins an. Kaiser Friedrich II. setzte 10% fest, aber dies bloß für die Juden. Für die Christen mochte er nicht sprechen. 10% war schon im 13. Jahrhundert im rheinischen Deutschland das gewöhnliche. (Hüllmann, Geschichte des Städtewesens, II, p. 55-57.)
Das Wucherkapital besitzt die Exploitationsweise des Kapitals ohne seine Produktionsweise. Dies Verhältnis wiederholt sich auch innerhalb der bürgerlichen Ökonomie in zurückgebliebnen Industriezweigen oder solchen, die sich gegen den Übergang in die moderne Produktionsweise sträuben. Will man z.B. den englischen Zinsfuß mit dem indischen vergleichen, so muß man nicht den Zinsfuß der B. v. E. nehmen, sondern den z.B. von Verleihern kleiner Maschinen an Kleinproduzenten der Hausindustrie.
Der Wucher ist gegenüber dem konsumierenden Reichtum historisch wichtig als selbst ein Entstehungsprozeß des Kapitals. Wucherkapital und Kaufmannsvermögen vermitteln die Bildung eines vom Grundeigentum unabhängigen Geldvermögens. Je weniger der Charakter des Produkts als Ware sich entwickelt, je weniger sich der Tauschwert der Produktion in ihrer ganzen Breite und Tiefe bemächtigt hat, desto mehr erscheint Geld als der eigentliche Reichtum als solcher, als der allgemeine Reichtum, gegenüber seiner beschränkten Darstellungsweise in Gebrauchswerten. Darauf beruht die Schatzbildung. Abgesehn vom Geld als Weltgeld und Schatz, ist es namentlich die Form des Zahlungsmittels, worin es als absolute Form der Ware auftritt. Und es ist namentlich seine Funktion als Zahlungsmittel, die den Zins und damit das Geldkapital entwickelt. Was der verschwenderische und korrumpierende Reichtum will, ist Geld als Geld, Geld als Mittel, alles zu kaufen. (Auch zum Schuldenzahlen.) Wozu der kleine Produzent vor allem Geld braucht, ist zum Zahlen. (Die Verwandlung der Naturalleistungen und Lieferungen an Grundherrn und Staat in Geldrente und Geldsteuern spielt hier eine große Rolle.) In beiden Fällen wird das Geld als Geld gebraucht. Auf der andren Seite wird die Schatzbildung erst real, erfüllt ihren Traum im Wucher. Was vom Schatzeigner verlangt wird, ist nicht Kapital, sondern Geld als Geld; aber durch den Zins verwandelt er diesen Geldschatz für sich in Kapital – in ein Mittel, wodurch er sich der Mehrarbeit ganz oder teilweise bemächtigt und ebenso eines Teils der Produktionsbedingungen selbst, wenn sie auch nominell als fremdes Eigentum ihm gegenüber stehnbleiben. Der Wucher lebt scheinbar in den Poren der Produktion wie die Götter in den Intermundien bei Epikur. Geld ist um so schwieriger zu haben, je weniger die Warenform die allgemeine Form des Produkts. Der Wucherer kennt daher durchaus keine Schranke außer der Leistungsfähigkeit oder Widerstandsfähigkeit der Geldbedürftigen. Als Kaufmittel wird in der kleinbäuerlichen und kleinbürgerlichen Produktion das Geld hauptsächlich gebraucht, wenn die Produktionsbedingungen dem Arbeiter (der in diesen Produktionsweisen vorwiegend noch ihr Eigentümer) durch Zufälle oder außerordentliche Erschüttrungen verlorengehn oder wenigstens nicht im gewöhnlichen Lauf der Reproduktion ersetzt werden. Lebensmittel und Rohstoffe bilden wesentlichen Teil dieser Produktionsbedingungen. Ihre Verteurung kann ihren Ersatz aus dem Erlös des Produkts unmöglich machen, wie einfache Mißernten den Bauer verhindern können, sein Saatkorn in natura zu ersetzen. Dieselben Kriege, wodurch die römischen Patrizier die Plebejer ruinierten, sie zu Kriegsdiensten zwangen, die sie an der Reproduktion ihrer Arbeitsbedingungen hinderten, sie daher verarmen machten (und Verarmung, Verkümmerung oder Verlust der Reproduktionsbedingungen, ist hier die vorherrschende Form), füllten jenen die Speicher und Keller mit erbeutetem Kupfer, dem damaligen Geld. Statt den Plebejern direkt die benötigten Waren zu geben, Korn, Pferde, Hornvieh, liehen sie ihnen dies für sie selbst nutzlose Kupfer und benutzten diese Lage zur Erpressung enormer Wucherzinsen, wodurch sie die Plebejer zu ihren Schuldsklaven machten. Unter Karl dem Großen wurden die fränkischen Bauern ebenfalls durch Kriege ruiniert, so daß ihnen nichts übrigblieb, als aus Schuldnern Leibeigne zu werden. Im römischen Reich geschah es bekanntlich häufig, daß Hungersnot den Verkauf der Kinder und Selbstverkauf von Freien als Sklaven an die Reicheren herbeiführte. Soviel für allgemeine Wendepunkte. Im einzelnen betrachtet, hängt Erhaltung oder Verlust der Produktionsbedingungen für den Kleinproduzenten von tausend Zufällen ab, und jeder solcher Zufall oder Verlust bedeutet Verarmung und wird ein Punkt, wo der Wucherparasit sich ansetzen kann. Dem Kleinbauer braucht bloß eine Kuh zu krepieren, damit er unfähig wird, seine Reproduktion auf der alten Stufenleiter wieder zu beginnen. Damit verfällt er dem Wucher, und einmal verfallen, kommt er nie wieder frei.
Die Funktion des Geldes als Zahlungsmittel ist jedoch das eigentliche, große und eigentümliche Terrain des Wuchers. Jede an bestimmtem Termin fällige Geldleistung, Grundzins, Tribut, Steuer etc., bringt die Notwendigkeit einer Geldzahlung mit sich. Daher setzt sich der Wucher im großen von den alten Römern bis auf die modernen Zeiten an die Steuerpächter, fermiers généraux, receveurs généraux an. Dann entwickelt sich mit dem Handel und der Verallgemeinerung der Warenproduktion die zeitliche Trennung von Kauf und Zahlung. Das Geld ist an bestimmtem Termin zu liefern. Wie dies zu Umständen führen kann, wo Geldkapitalist und Wucherer noch heute ineinander verschwimmen, beweisen die modernen Geldkrisen. Derselbe Wucher wird aber Hauptmittel, die Notwendigkeit des Geldes als Zahlungsmittel weiter auszubilden, indem er den Produzenten tiefer und tiefer verschuldet und ihm die gewöhnlichen Zahlungsmittel dadurch vernichtet, daß er durch die Zinslast selbst seine regelmäßige Reproduktion unmöglich macht. Hier schießt der Wucher aus dem Geld als Zahlungsmittel empor und erweitert diese Funktion des Geldes, sein eigenstes Terrain.
Die Entwicklung des Kreditwesens vollbringt sich als Reaktion gegen den Wucher. Man muß dies aber nicht mißverstehn und keineswegs im Sinn der antiken Schriftsteller, der Kirchenväter, Luthers oder der älteren Sozialisten nehmen. Es bedeutet nichts mehr und nichts weniger als die Unterordnung des zinstragenden Kapitals unter die Bedingungen und Bedürfnisse der kapitalistischen Produktionsweise.
Im großen und ganzen wird das zinstragende Kapital im modernen Kreditsystem den Bedingungen der kapitalistischen Produktion angepaßt. Der Wucher als solcher existiert nicht nur fort, sondern wird bei Völkern entwickelter kapitalistischer Produktion von den Schranken befreit, die ihm alle ältere Gesetzgebung gezogen hat. Das zinstragende Kapital behält die Form von Wucherkapital gegenüber Personen und Klassen oder in Verhältnissen, wo nicht im Sinn der kapitalistischen Produktionsweise geborgt wird und geborgt werden kann; wo aus individueller Not geborgt wird wie im Pfandhaus; wo dem genießenden Reichtum für Verschwendung geborgt wird; oder wo der Produzent nichtkapitalistischer Produzent ist, kleiner Bauer, Handwerker etc., also noch als unmittelbarer Produzent Besitzer seiner eignen Produktionsbedingungen; endlich wo der kapitalistische Produzent selbst auf so kleiner Stufenleiter operiert, daß er sich jenen selbst arbeitenden Produzenten nähert.
Was das zinstragende Kapital, soweit es ein wesentliches Element der kapitalistischen Produktionsweise bildet, vom Wucherkapital unterscheidet, ist in keiner Weise die Natur oder der Charakter dieses Kapitals selbst. Es sind nur die veränderten Bedingungen, unter denen es fungiert, und daher auch die total verwandelte Gestalt des Borgers, der dem Geldverleiher gegenübertritt. Selbst wo ein vermögensloser Mann als Industrieller oder Kaufmann Kredit erhält, geschieht es in dem Vertrauen, daß er als Kapitalist fungieren, unbezahlte Arbeit aneignen wird mit dem geliehenen Kapital. Es wird ihm Kredit gegeben als potentiellem Kapitalisten. Und dieser Umstand, der so sehr bewundert wird von den ökonomischen Apologeten, daß ein Mann ohne Vermögen, aber mit Energie, Solidität, Fähigkeit und Geschäftskenntnis sich in dieser Weise in einen Kapitalisten verwandeln kann – wie denn überhaupt in der kapitalistischen Produktionsweise der Handelswert eines jeden mehr oder weniger richtig abgeschätzt wird –, so sehr er beständig gegenüber den vorhandnen einzelnen Kapitalisten eine unwillkommene Reihe neuer Glücksritter ins Feld führt, befestigt die Herrschaft des Kapitals selbst, erweitert ihre Basis und erlaubt ihr, sich mit stets neuen Kräften aus der gesellschaftlichen Unterlage zu rekrutieren. Ganz wie der Umstand, daß die katholische Kirche im Mittelalter ihre Hierarchie ohne Ansehn von Stand, Geburt, Vermögen aus den besten Köpfen im Volk bildete, ein Hauptbefestigungsmittel der Pfaffenherrschaft und der Unterdrückung der Laien war. Je mehr eine herrschende Klasse fähig ist, die bedeutendsten Männer der beherrschten Klassen in sich aufzunehmen, desto solider und gefährlicher ist ihre Herrschaft.
Statt des Bannfluchs gegen das zinstragende Kapital überhaupt, ist es daher umgekehrt seine ausdrückliche Anerkennung, wovon die Initiatoren des modernen Kreditsystems ausgehn.
Wir sprechen hier nicht von der Reaktion gegen den Wucher, die die Armen vor ihm zu schützen suchte, wie die Monts-de-piété (1350 zu Sarlins in der Franche-Comté, später zu Perugia und Savona in Italien, 1400 und 1479). Sie sind nur merkwürdig, weil sie die geschichtliche Ironie zeigen, womit fromme Wünsche in ihrer Realisation ins grade Gegenteil umschlagen. Die englische Arbeiterklasse zahlt nach einer mäßigen Schätzung 100% an die Pfandhäuser, diese Nachkömmlinge der Monts-de-piété.113 Wir sprechen ebensowenig von den Kreditphantasien z.B. eines Dr. Hugh Chamberleyne oder John Briscoe, die im letzten Dezennium des 17. Jahrhunderts durch eine Landbank mit auf Grundeigentum basiertem Papiergeld die englische Aristokratie vom Wucher zu emanzipieren suchten.114
Die Kreditassoziationen, die sich im 12. und 14. Jahrhundert in Venedig und Genua bildeten, entsprangen aus dem Bedürfnis des Seehandels und des auf denselben gegründeten Großhandels, sich von der Herrschaft des altmodischen Wuchers und den Monopolisierern des Geldhandels zu emanzipieren. Wenn die eigentlichen Banken, die in diesen Stadtrepubliken gestiftet wurden, zugleich als Anstalten für den öffentlichen Kredit sich darstellen, von denen der Staat Vorschüsse auf einzunehmende Steuern erhielt, so darf nicht vergessen werden, daß die Kaufleute, die jene Assoziationen bildeten, selbst die ersten Leute jener Staaten und ebenso interessiert waren, ihre Regierung wie sich selbst vom Wucher zu emanzipieren115 und zugleich sich den Staat dadurch mehr und sicherer zu unterwerfen. Als die Bank von England gestiftet werden sollte, warfen daher auch die Tories ein:
»Banken seien republikanische Institutionen. Blühende Banken existierten zu Venedig, Genua, Amsterdam und Hamburg. Aber wer hätte je gehört von einer Bank von Frankreich oder Spanien.«
Die Bank von Amsterdam 1609 bezeichnet ebensowenig wie die von Hamburg (1619) eine Epoche in der Entwicklung des modernen Kreditwesens. Sie war eine reine Depositenbank. Die Bons, die die Bank ausgab, waren in der Tat nur Empfangscheine für das deponierte gemünzte und ungemünzte Edelmetall und zirkulierten nur mit dem Endossement ihrer Empfänger. Aber in Holland hatte sich mit dem Handel und der Manufaktur der kommerzielle Kredit und der Geldhandel entwickelt, und war das zinstragende Kapital durch den Gang der Entwicklung selbst dem industriellen und kommerziellen Kapital untergeordnet worden. Dies zeigte sich schon in der Niedrigkeit des Zinsfußes. Holland aber galt im 17. Jahrhundert für das Musterland der ökonomischen Entwicklung, wie England jetzt. Das Monopol des altmodischen Wuchers, der auf der Armut basierte, war dort von selbst über den Haufen geworfen.
Während des ganzen 18. Jahrhunderts ertönt – und die Gesetzgebung handelt in diesem Sinn – mit Hinweis auf Holland der Schrei nach gewaltsamer Herabsetzung des Zinsfußes, um das zinstragende Kapital dem kommerziellen und industriellen unterzuordnen statt umgekehrt. Der Hauptstimmführer ist Sir Josiah Child, der Vater des normalen englischen Privatbankiertums. Er deklamiert ganz so gegen das Monopol der Wucherer, wie die Massenkonfektionsschneider Moses & Son sich als Bekämpfer des Monopols der »Privatschneider« ausschreien. Dieser Josiah Child ist zugleich der Vater der englischen Stockjobberei. So verteidigt er, der Autokrat der Ostindischen Kompanie, ihr Monopol im Namen der Handelsfreiheit. Gegen Thomas Manley (»Interest of Money mistaken«) sagt er:
»Als Vorkämpfer der furchtsamen und zitternden Bande der Wucherer errichtet er seine Hauptbatterie an dem Punkt, den ich für den schwächsten erklärt habe... er leugnet gradezu, daß der niedrige Zinsfuß die Ursache des Reichtums sei, und versichert, er sei nur seine Wirkung.« (»Traités sur le Commerce etc.«, 1669, Trad. Amsterdam et Berlin, 1754 [p. 120].) »Wenn es der Handel ist, der ein Land bereichert, und wenn die Herabsetzung des Zinses den Handel vermehrt, so ist eine Herabsetzung des Zinses oder Beschränkung des Wuchers ohne Zweifel eine fruchtbare Hauptursache der Reichtümer einer Nation. Es ist durchaus nicht abgeschmackt zu sagen, daß dieselbe Sache zu gleicher Zeit Ursache unter gewissen Umständen und Wirkung unter andern sein kann.« (l.c. p. 155.) »Das Ei ist die Ursache der Henne, und die Henne ist die Ursache des Eies. Die Zinsreduktion kann eine Vermehrung des Reichtums, und die Vermehrung des Reichtums kann eine noch größre Zinsreduktion verursachen.« (l.c. p. 156.) »Ich bin der Verteidiger der Industrie, und mein Gegner verteidigt die Faulheit und den Müßiggang.« (p. 179.)
Diese gewaltsame Bekämpfung des Wuchers, diese Forderung der Unterordnung des zinstragenden unter das industrielle Kapital ist nur der Vorläufer der organischen Schöpfungen, die diese Bedingungen der kapitalistischen Produktion im modernen Bankwesen herstellen, das einerseits das Wucherkapital seines Monopols beraubt, indem es alle totliegenden Geldreserven konzentriert und auf den Geldmarkt wirft, andrerseits das Monopol der edlen Metalle selbst durch Schöpfung des Kreditgelds beschränkt.
Ebenso wie hier bei Child wird man in allen Schriften über Bankwesen in England im letzten Drittel des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts den Gegensatz gegen den Wucher finden, die Forderung der Emanzipation des Handels und der Industrie wie des Staats vom Wucher. Zugleich kolossale Illusionen über die Wunderwirkung des Kredits, der Entmonopolisierung der edlen Metalle, ihren Ersatz durch Papier etc. Der Schotte William Paterson, Stifter der Bank v. E. und der Bank von Schottland, ist durchaus Lawder Erste.
Gegen die B. v. E. »erhoben alle Goldschmiede und Pfandverleiher ein Wutgeheul«. (Macaulay, »History of England«, IV., p. 499.)
»In den ersten 10 Jahren hatte die Bank mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen; große Feindschaft von außen; ihre Noten wurden nur weit unter dem Nominalwert angenommen... die Goldschmiede« (in deren Händen der Handel mit den edlen Metallen zur Basis eines primitiven Bankgeschäfts diente) »intrigierten bedeutend gegen die Bank, weil durch diese ihr Geschäft vermindert, ihr Diskonto herabgedrückt wurde, und ihre Geschäfte mit der Regierung in die Hände dieser Gegnerin gekommen waren.« (J. Francis, l.c. p. 73.)
Schon vor der Stiftung der B. v. E. entstand 1683 der Plan einer National Bank of Credit, deren Zweck u. a. war:
»daß Geschäftsleute, wenn sie eine beträchtliche Menge Waren besitzen, durch Unterstützung dieser Bank ihre Waren deponieren und auf ihre festliegenden Vorräte einen Kredit aufnehmen, ihre Angestellten beschäftigen und ihr Geschäft vermehren können, bis sie einen guten Markt finden, statt mit Verlust zu verkaufen«.
Nach vielen Mühen wurde diese Bank of Credit errichtet in Devonshire House in Bishopsgate Street. Sie lieh an Industrielle und Kaufleute auf Sicherheit deponierter Waren 3/4 des Werts derselben in Wechseln. Um diese Wechsel lauffähig zu machen, wurde in jedem Geschäftszweig eine Anzahl von Leuten zu einer Gesellschaft vereinigt, von der jeder Besitzer solcher Wechsel Waren dagegen mit derselben Leichtigkeit erhalten sollte, als ob er bare Zahlung offerierte. Die Bank machte keine blühenden Geschäfte. Die Maschinerie war zu kompliziert, das Risiko bei Depreziation der Waren zu groß.
Hält man sich an den wirklichen Inhalt jener Schriften, die die Gestaltung des modernen Kreditwesens in England theoretisch begleiten und befördern, so wird man darin nichts finden als die Forderung der Unterordnung des zinstragenden Kapitals, überhaupt der verleihbaren Produktionsmittel, unter die kapitalistische Produktionsweise als eine ihrer Bedingungen. Hält man sich an die bloße Phrase, so wird die Übereinstimmung, bis auf den Ausdruck herab, mit den Bank- und Kreditillusionen der St. Simonisten oft in Erstaunen setzen.
Ganz wie der cultivateur bei den Physiokraten nicht den wirklichen Landbauer, sondern den Großpächter bedeutet, so der travailleur bei St. Simon, und immer noch durchlaufend bei seinen Schülern, nicht den Arbeiter, sondern den industriellen und kommerziellen Kapitalisten.
»Un travailleur a besoin d'aides, de seconds, d'ouvriers; il les cherche intelligents, habiles, dévoués; il les met à l'ceuvre, et leurs travaux sont productifs.« ([Enfantin,] »Religion Saint-Simonienne. Économie politique et Politique«, Paris 1831, p. 104.)
Man muß überhaupt nicht vergessen, daß erst in seiner letzten Schrift, dem »Nouveau Christianisme«, St. Simon direkt als Wortführer der arbeitenden Klasse auftritt und ihre Emanzipation als Endzweck seines Strebens erklärt. Alle seine frühern Schriften sind in der Tat nur Verherrlichung der modernen bürgerlichen Gesellschaft gegen die feudale oder der Industriellen und Bankiers gegen die Marschälle und juristischen Gesetzfabrikanten der Napoleonischen Zeit. Welcher Unterschied, verglichen mit den gleichzeitigen Schriften Owens!116 Auch bei seinen Nachfolgern, wie schon die zitierte Stelle zeigt, bleibt der industrielle Kapitalist der travailleur par excellence. Wenn man ihre Schriften kritisch liest, wird man sich nicht wundern, daß die Realisierung ihrer Kredit- und Bankträume der vom Ex-St.-Simonisten Émile Péreire gegründete Crédit mobiller war, eine Form, die übrigens nur in einem Land wie Frankreich vorherrschend werden konnte, wo weder das Kreditsystem noch die große Industrie zur modernen Höhe entwickelt waren. In England und Amerika war so etwas unmöglich. – In den folgenden Stellen der »Doctrine de St. Simon. Exposition. Première année. 1828/29«, 3e éd., Paris 1831, steckt schon der Keim zum Crédit mobiller. Begreiflicherweise kann der Bankier wohlfeiler vorschießen als der Kapitalist und Privatwucherer. Es ist also diesen Bankiers
»möglich, den industriellen Werkzeuge weit wohlfeiler, d.h. zu niedrigeren Zinsen zu verschaffen, als die Grundeigentümer und Kapitalisten es könnten, die sich leichter in der Auswahl der Borger täuschen können«. (p.202.)
Aber die Verfasser fügen selbst in der Note hinzu:
»Der Vorteil, der aus der Vermittlung des Bankiers zwischen den Müßigen und den travailleurs folgen müßte, wird oft aufgewogen und selbst vernichtet durch die Gelegenheit, die unsre desorganisierte Gesellschaft dem Egoismus bietet, sich in den verschiednen Formen des Betrugs und des Charlatanismus geltend zu machen; die Bankiers drängen sich oft zwischen travailleurs und Müßige, um beide zum Schaden der Gesellschaft auszubeuten.«
Travailleur steht hier für capitaliste industriel. Übrigens ist es falsch, die Mittel, worüber das moderne Bankwesen verfügt, bloß als die Mittel der Müßigen zu betrachten. Erstens ist es der Teil des Kapitals, den Industrielle und Kaufleute momentan unbeschäftigt in Geldform halten, als Geldreserve oder erst anzulegendes Kapital; also müßiges Kapital, aber nicht Kapital der Müßigen. Zweitens der Teil der Revenuen und Ersparungen aller, der permanent oder transitorisch für Akkumulation bestimmt ist. Und beides ist wesentlich für den Charakter des Banksystems.
Es muß aber nie vergessen werden, daß erstens das Geld – in der Form der edlen Metalle – die Unterlage bleibt, wovon das Kreditwesen der Natur der Sache nach nie loskommen kann. Zweitens, daß das Kreditsystem das Monopol der gesellschaftlichen Produktionsmittel (in der Form von Kapital und Grundeigentum) in den Händen von Privaten zur Voraussetzung hat, daß es selbst einerseits eine immanente Form der kapitalistischen Produktionsweise ist und andrerseits eine treibende Kraft ihrer Entwicklung zu ihrer höchst- und letztmöglichen Form.
Das Banksystem ist, der formellen Organisation und Zentralisation nach, wie schon 1697 in »Some Thoughts of the Interests of England« ausgesprochen, das künstlichste und ausgebildetste Produkt, wozu es die kapitalistische Produktionsweise überhaupt bringt. Daher die ungeheure Macht eines Instituts wie die Bank v. E. auf Handel und Industrie, obgleich deren wirkliche Bewegung ganz außerhalb ihres Bereichs bleibt und sie sich passiv dazu verhält. Es ist damit allerdings die Form einer allgemeinen Buchführung und Verteilung der Produktionsmittel auf gesellschaftlicher Stufenleiter gegeben, aber auch nur die Form. Wir haben gesehn, daß der Durchschnittsprofit des einzelnen Kapitalisten, oder jedes besondren Kapitals, bestimmt ist nicht durch die Mehrarbeit, die dies Kapital in erster Hand aneignet, sondern durch das Quantum von Gesamtmehrarbeit, die das Gesamtkapital aneignet und wovon jedes besondre Kapital nur als proportioneller Teil des Gesamtkapitals seine Dividende zieht. Dieser gesellschaftliche Charakter des Kapitals wird erst vermittelt und vollauf verwirklicht durch volle Entwicklung des Kredit- und Banksystems. Andrerseits geht dies weiter. Es stellt den industriellen und kommerziellen Kapitalisten alles disponible und selbst potentielle, nicht bereits aktiv engagierte Kapital der Gesellschaft zur Verfügung, so daß weder der Verleiher noch der Anwender dieses Kapitals dessen Eigentümer oder Produzenten sind. Es hebt damit den Privatcharakter des Kapitals auf und enthält so an sich, aber auch nur an sich, die Aufhebung des Kapitals selbst. Durch das Bankwesen ist die Verteilung des Kapitals den Händen der Privatkapitalisten und Wucherer als ein besondres Geschäft, als gesellschaftliche Funktion entzogen. Bank und Kredit werden aber dadurch zugleich das kräftigste Mittel, die kapitalistische Produktion über ihre eignen Schranken hinauszutreiben, und eins der wirksamsten Vehikel der Krisen und des Schwindels.
Das Banksystem zeigt ferner durch die Substitution verschiedner Formen von zirkulierendem Kredit an Stelle des Geldes, daß das Geld in der Tat nichts andres ist als ein besondrer Ausdruck des gesellschaftlichen Charakters der Arbeit und ihrer Produkte, der aber als im Gegensatz zu der Basis der Privatproduktion stets in letzter Instanz als ein Ding, als besondre Ware neben andren Waren sich darstellen muß.
Endlich unterliegt es keinem Zweifel, daß das Kreditsystem als ein mächtiger Hebel dienen wird während des Übergangs aus der kapitalistischen Produktionsweise in die Produktionsweise der assoziierten Arbeit; jedoch nur als ein Element im Zusammenhang mit andren großen organischen Umwälzungen der Produktionsweise selbst. Dagegen entspringen die Illusionen über die wunderwirkende Macht des Kredit-und Bankwesens, im sozialistischen Sinn, aus völliger Unkenntnis der kapitalistischen Produktionsweise und des Kreditwesens als einer ihrer Formen. Sobald die Produktionsmittel aufgehört haben, sich in Kapital zu verwandeln (worin auch die Aufhebung des Privatgrundeigentums eingeschlossen ist), hat der Kredit als solcher keinen Sinn mehr, was übrigens selbst die St.-Simonisten eingesehn haben. Solange andrerseits die kapitalistische Produktionsweise fortdauert, dauert das zinstragende Kapital als eine ihrer Formen fort und bildet in der Tat die Basis ihres Kreditsystems. Nur derselbe Sensationsschriftsteller, Proudhon, der die Warenproduktion fortbestehn lassen und das Geld aufheben wollte117, war fähig, das Ungeheuer eines crédit gratuit zu erträumen, diese vorgebliche Realisation des frommen Wunsches des kleinbürgerlichen Standpunkts.
In der »Religion Saint-Simonienne, Économie et Politique«, heißt es p.45:
»Der Kredit hat zum Zweck, in einer Gesellschaft, wo die einen Werkzeuge der Industrie besitzen, ohne die Fähigkeit oder den Willen zu ihrer Anwendung zu haben, und wo andre industriöse Leute keine Arbeitsinstrumente besitzen, diese Instrumente auf die leichtest mögliche Weise aus den Händen der ersteren, ihrer Besitzer, zu übertragen in die Hände der andern, die sie zu verwenden wissen. Bemerken wir, daß nach dieser Definition der Kredit eine Folge der Art und Weise ist, in der das Eigentum konstituiert ist.«
Also fällt der Kredit fort mit dieser Konstitution des Eigentums. Es heißt ferner, p. 98: Die jetzigen Banken
»betrachten sich als bestimmt, der Bewegung Folge zu geben, die die außerhalb ihrer bewirkten Geschäfte in Gang gesetzt haben, nicht aber ihnen selbst den Impuls zu geben; in andren Worten, die Banken erfüllen bei den travailleurs, denen sie Kapitalien vorschießen, die Rolle von Kapitalisten«.
In dem Gedanken, daß die Banken selbst die Leitung übernehmen und sich auszeichnen sollen
»durch die Zahl und die Nützlichkeit der kommanditierten Etablissements und der in Anregung gebrachten Arbeiten« (p. 101)
liegt der crédit mobilier latent. Ebenso verlangt Constantin Pecqueur, daß die Banken (was die St.-Simonisten Système général des banques nennen) »die Produktion regieren«. Überhaupt ist Pecqueur wesentlich St. Simonist, obgleich viel radikaler. Er will, daß
»die Kreditanstalt... die ganze Bewegung der nationalen Produktion regiere«. – »Versucht eine nationale Kreditanstalt zu schaffen, die dem nichtbesitzenden Talent und Verdienst Mittel vorschießt, ohne jedoch diese Borger zwangsmäßig durch eine enge Solidarität in Produktion und Konsumtion unter sich zu verknüpfen, sondern im Gegenteil so, daß sie selbst ihre Austausche und ihre Produktionen bestimmen. Auf diesem Wege werdet ihr nur erreichen, was jetzt schon die Privatbanken erreichen, die Anarchie, das Mißverhältnis zwischen Produktion und Konsumtion, den plötzlichen Ruin der einen und die plötzliche Bereicherung der andren; derart, daß eure Anstalt nie weiter kommen wird, als für die einen eine Summe von Wohlergehn zu produzieren, welche gleichkommt der Summe des von den andren ertragnen Unglücks... bloß daß ihr den von euch mit Vorschüssen unterstützten Lohnarbeitern die Mittel gegeben habt, sich untereinander dieselbe Konkurrenz zu machen, die sich jetzt ihre kapitalistischen Meister machen.« (C. Pecqueur, »Théorie Nouvelle d'Économie Soc. et Pol.«, Paris 1842, p. 433, 434.)
Wir haben gesehn, daß das Kaufmannskapital und das zinstragende Kapital die ältesten Formen des Kapitals sind. Es liegt aber in der Natur der Sache, daß das zinstragende Kapital in der Volksvorstellung sich als die Form des Kapitals par excellence darstellt. Im Kaufmannskapital findet eine vermittelnde Tätigkeit statt, möge sie nun als Prellerei, Arbeit oder wie immer ausgelegt werden. Dagegen stellt sich im zinstragenden Kapital der selbstreproduzierende Charakter des Kapitals, der sich verwertende Wert, die Produktion des Mehrwerts, als okkulte Qualität rein dar. Daher kommt es denn auch, daß selbst ein Teil der politischen Ökonomen, besonders in Ländern, wo das industrielle Kapital noch nicht vollständig entwickelt ist, wie in Frankreich, daran als an der Grundform des Kapitals festhalten und z.B. die Grundrente nur als andre Form davon fassen, indem auch hier die Form des Verleihens vorherrscht. Es wird dadurch die innere Gliederung der kapitalistischen Produktionsweise völlig verkannt und ganz übersehn, daß der Boden, ebenso wie das Kapital, nur an Kapitalisten verliehen wird. Statt Geld können natürlich Produktionsmittel in natura, wie Maschinen, Geschäftsgebäude usw., verliehen werden. Sie stellen dann aber eine bestimmte Geldsumme dar, und daß außer dem Zins ein Teil für Verschleiß gezahlt wird, geht aus dem Gebrauchswert, aus der spezifischen Naturalform dieser Kapitalelemente hervor. Das Entscheidende ist hier wieder, ob sie an den unmittelbaren Produzenten verliehen werden, was Nichtexistenz der kapitalistischen Produktionsweise voraussetzt, wenigstens in der Sphäre, worin dies stattfindet; oder ob sie an den industriellen Kapitalisten verliehen werden, was eben die Voraussetzung auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise ist. Noch ungehöriger und begriffsloser ist es, das Verleihen von Häusern etc. für den individuellen Konsum hierherzuziehn. Daß die Arbeiterklasse auch in dieser Form beschwindelt wird, und zwar himmelschreiend, ist klare Tatsache; aber dies geschieht ebenso von dem Kleinhändler, der ihr die Lebensmittel liefert. Es ist dies eine sekundäre Ausbeutung, die neben der ursprünglichen herläuft, die im Produktionsprozeß selbst unmittelbar vor sich geht. Der Unterschied zwischen Verkaufen und Verleihen ist hier ein durchaus gleichgültiger und formeller, der, wie schon gezeigt, nur der völligen Unkenntnis des wirklichen Zusammenhangs als wesentlich erscheint.
Der Wucher wie der Handel exploitieren eine gegebne Produktionsweise, schaffen sie nicht, verhalten sich äußerlich zu ihr. Der Wucher sucht sie direkt zu erhalten, um sie stets von neuem ausbeuten zu können, ist konservativ, macht sie nur miserabler. Je weniger die Produktionselemente als Waren in den Produktionsprozeß eintreten und als Waren aus ihm herauskommen, um so mehr erscheint ihre Herstellung aus Geld als ein besondrer Akt. Je unbedeutender die Rolle ist, die die Zirkulation in der gesellschaftlichen Reproduktion spielt, desto blühender der Wucher.
Daß das Geldvermögen als besondres Vermögen sich entwickelt, heißt mit Bezug auf das Wucherkapi tal, daß es alle seine Forderungen in der Form von Geldforderungen besitzt. Es entwickelt sich um so mehr in einem Lande, je mehr die Masse der Produktion auf Naturalleistungen etc., also auf Gebrauchswert beschränkt.
Insofern der Wucher das Doppelte bewirkt: erstens überhaupt, neben dem Kaufmannsstand, ein selbständiges Geldvermögen zu bilden, zweitens die Arbeitsbedingungen sich anzueignen, d.h. die Besitzer der alten Arbeitsbedingungen zu ruinieren, ist er ein mächtiger Hebel zur Bildung der Voraussetzungen für das industrielle Kapital.
Zins im Mittelalter
»Im Mittelalter war die Bevölkerung rein ackerbauend. Und da, wie unter der feudalen Regierung, kann nur wenig Verkehr und daher auch nur wenig Profit sein. Daher waren die Wuchergesetze im Mittelalter gerechtfertigt. Zudem kommt in einem ackerbauenden Land jemand selten in die Lage, Geld zu borgen, außer wenn er zu Armut und Elend heruntergekommen ist... Heinrich VIII. beschränkt den Zins auf 10%, Jakob I. auf 8, Karl II. auf 6, Anna auf 5%... In jenen Zeiten waren die Geldverleiher, wenn nicht rechtliche, so doch tatsächliche Monopolisten, und daher war es nötig, sie wie andre Monopolisten unter Beschränkung zu setzen... In unsern Zeiten reguliert die Rate des Profits die Rate des Zinses; in jenen Zeiten regulierte die Rate des Zinses die Rate des Profits. Wenn der Geldverleiher dem Kaufmann eine hohe Zinsrate aufbürdete, mußte der Kaufmann eine höhere Profitrate auf seine Waren schlagen. Daher wurde eine große Summe Geldes aus den Taschen der Käufer genommen, um sie in die Taschen der Geldverleiher zu bringen.« (Gilbart, »History and Princ. of Banking«, p. 164, 165.)
»Ich lasse mir sagen, dass man jetzt jährlich auf einen jeglichen Leiptzischen Markt 10 Gulden, das ist 30 aufs Hundert nimmt; etliche setzen hinzu den Neuenburgischen Markt, dass es 40 aufs Hundert werden: obs nur sei, das weiss ich nicht. Pfui dich, wo zum Teufel will denn auch zuletzt das hinaus?... Wer nun jetzt zu Leipztig 100 Floren hat, der nimmt järlich 40, das heisst einen Bauer oder einen Bürger in einem Jar gefressen. Hat er 1000 Floren; so nimmt er järlich 400, das heisst einen Ritter oder reichen Edelmann in einem Jar gefressen. Hat er 10000, so nimmt er järlich 4000; das heisst einen reichen Grafen in einem Jar gefressen. Hat er 100000, wie es sein muss bei den grossen Händlern, so nimmt er järlich 40000; das heisst einen grossen reichen Fürsten in einem Jahr gefressen. Hat er 1000000, so nimmt er järlich 400000, das heisst einen grossen König in einem Jar gefressen. Und leidet darüber kein Fahr, weder an Leib noch an Wahr, Arbeit nichts, sitzt hinter dem Ofen und brät Aepfel: also möchte ein Stul-Räuber sitzen zu Hause, und eine ganze Welt in zehn Jahren fressen.« (Dies ist aus »An die Pfarrherrn wider den Wucher zu predigen« vom Jahre 1540A37. Luther's Werke, Wittenberg 1589, 6. Theil [S. 312].)
»Ich habe vor 15 Jahren wider den Wucher geschrieben, da er bereit so gewaltig eingerissen war, dass ich keine Besserung zu hoffen wüsste. Seit der Zeit hat er sich also erhebt, dass er nie auch kein Laster, Sünde oder Schande mehr sein will, sondern lässt sich rhümen für eitel Tugend und Ehre, als thue er den Leuten grosse Liebe und einen christlichen Dienst. Was will nun helfen rahten da Schande ist Ehre und Laster ist Tugend worden.« (An die Pfarherrn wider den Wucher zu predigen. Wittenberg 1540.)
»Juden, Lombarden, Wucherer und Blutsauger waren unsre ersten Bankiers, unsre ursprünglichen Bankschacherer, ihr Charakter war fast infam zu nennen... Dem gesellten sich dann die Londoner Goldschmiede bei. Im ganzen... waren unsre ursprünglichen Bankiers... eine sehr schlimme Gesellschaft, sie waren gierige Wucherer, steinherzige Aussauger.« (D. Hardcastle, »Banks and Bankers«, 2nd ed. London 1843, p. 19, 20.)
»Das von Venedig gegebne Beispiel« (der Bildung einer Bank) »wurde also rasch nachgeahmt; alle Seestädte und überhaupt alle Städte, die sich durch ihre Unabhängigkeit und ihren Handel einen Namen gemacht hatten, gründeten ihre ersten Banken. Die Rückkehr ihrer Schiffe, die oft lange auf sich warten ließ, führte unvermeidlich zur Gewohnheit des Kreditgebens, die die Entdeckung Amerikas und der Handel dorthin in der Folge noch weiter verstärkte.« (Dies ein Hauptpunkt.) »Die Schiffsbefrachtungen zwangen zur Aufnahme starker Vorschüsse, was bereits im Altertum in Athen und Griechenland vorgekommen. 1308 besaß die Hansestadt Brügge eine Assekuranzkammer.« (M. Augier, l.c. p. 202, 203.)
Wie sehr das Verleihen an die Grundeigentümer und damit überhaupt an den genießenden Reichtum, selbst noch in England vorwog im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts, vor der Entwicklung des modernen Kreditsystems, kann man u. a. ersehn aus Sir Dudley North, nicht nur einem der ersten englischen Kaufleute, sondern auch einem der bedeutendsten theoretischen Ökonomen seiner Zeit:
»Die in unserm Volk auf Zinsen ausgelegten Gelder werden noch lange nicht zum zehnten Teil an Geschäftsleute ausgegeben, um damit ihre Geschäfte zu betreiben; sie werden zum größten Teil ausgeliehen für Luxusartikel und für die Ausgaben von Leuten, die, obwohl große Grundbesitzer, doch rascher Geld ausgeben, als ihr Grundbesitz es einbringt; und da sie den Verkauf ihrer Güter scheuen, sie lieber verhypothekieren.« (»Discourses upon Trade«, London 1691, p. 6, 7.)
Im 18. Jahrhundert in Polen:
»Warschau machte ein großes Wechselgeschäft, das aber hauptsächlich den Wucher seiner Bankiers zum Grunde und zur Absicht hatte. Um sich Geld zu verschaffen, welches sie den verschwenderischen Großen zu 8 und zu mehr Prozent leihen konnten, suchten und fanden sie außer Landes einen Wechselkredit in Blanco, d.h. der gar keinen Warenhandel zu Grunde hatte, welchen der ausländische Trassat aber so lange geduldig akzeptierte, als noch die durch Wechselreiterei erschaffnen Rimessen nicht ausblieben. Dafür haben diese durch die Bankrotte eines Tepper und andrer großgeachteter Warschauer Bankiers schwer gebüßt.« (J. G. Büsch, »Theoretisch-praktische Darstellung der Handlung etc.«, 3. Auflage, Hamburg 1808, Band II, p. 232, 233.)
Nutzen für die Kirche vom Zinsverbot
»Zins zu nehmen hatte die Kirche verboten; aber nicht das Eigentum zu verkaufen, um sich aus der Not zu helfen; ja auch nicht einmal, dasselbe dem Geldleihenden auf eine bestimmte Zeit und bis zur Wiederbezahlung abzutreten, damit derselbe seine Sicherheit darin finden, aber auch während des Besitzes in dessen Nutzung den Ersatz des von ihm entlehnten Geldes genießen möchte... Die Kirche selbst, oder die ihr angehörenden Kommunen und pia corpora zogen ihren großen Nutzen davon, zumal in den Zeiten der Kreuzzüge. Dies brachte einen so großen Teil des Nationalreichtums in den Besitz der sog. ›toten Hand‹, zumal da der Jude in diesem Wege nicht wuchern durfte, weil der Besitz eines so festen Unterpfandes nicht verhehlt werden konnte... Ohne das Verbot der Zinsen würden die Kirchen und Klöster nimmermehr so reich haben werden können.« (l.c p. 55.)
VI. Verwandlung von Surplusprofit in Grundrente
37. Einleitendes
Die Analyse des Grundeigentums in seinen verschiednen geschichtlichen Formen liegt jenseits der Grenzen dieses Werks. Wir beschäftigen uns nur mit ihm, soweit ein Teil des vom Kapital erzeugten Mehrwerts dem Grundeigentümer anheimfällt. Wir unterstellen also, daß die Agrikultur, ganz wie die Manufaktur, von der kapitalistischen Produktionsweise beherrscht, d.h. daß die Landwirtschaft von Kapitalisten betrieben wird, die sich von den übrigen Kapitalisten zunächst nur durch das Element unterscheiden, worin ihr Kapital und die von diesem Kapital in Bewegung gesetzte Lohnarbeit angelegt ist. Für uns produziert der Pächter Weizen usw. wie der Fabrikant Garn oder Maschinen. Die Unterstellung, daß die kapitalistische Produktionsweise sich der Landwirtschaft bemächtigt hat, schließt ein, daß sie alle Sphären der Produktion und der bürgerlichen Gesellschaft beherrscht, daß also auch ihre Bedingungen, wie freie Konkurrenz der Kapitale, Übertragbarkeit derselben von einer Produktionssphäre in die andre, gleiche Höhe des Durchschnittsprofits usw., in ihrer ganzen Reife vorhanden sind. Die von uns betrachtete Form des Grundeigentums ist eine spezifisch historische Form desselben, die durch die Einwirkung des Kapitals und der kapitalistischen Produktionsweise verwandelte Form, sei es des feudalen Grundeigentums, sei es der als Nahrungszweig betriebnen kleinbäuerlichen Agrikultur, worin der Besitz von Grund und Boden als eine der Produktionsbedingungen für den unmittelbaren Produzenten und sein Eigentum am Boden als die vorteilhafteste Bedingung, als Bedingung der Blüte seiner Produktionsweise erscheint. Wenn die kapitalistische Produktionsweise überhaupt die Expropriation der Arbeiter von den Arbeitsbedingungen, so setzt sie in der Agrikultur die Expropriation der ländlichen Arbeiter von Grund und Boden und ihre Unterordnung unter einen Kapitalisten voraus, der die Agrikultur des Profits wegen betreibt. Für unsre Entwicklung ist es also ein ganz gleichgültiger Einwurf, wenn erinnert wird, daß auch andre Formen des Grundeigentums und des Ackerbaus existiert haben oder noch existieren. Es kann dies nur die Ökonomen treffen, welche die kapitalistische Produktionsweise in der Landwirtschaft und die ihr entsprechende Form des Grundeigentums nicht als historische, sondern als ewige Kategorien behandeln.
Für uns ist die Betrachtung der modernen Form des Grundeigentums nötig, weil es überhaupt gilt, die bestimmten Produktions- und Verkehrsverhältnisse zu betrachten, die aus der Anlage des Kapitals in der Landwirtschaft entspringen. Ohne das wäre die Analyse desselben nicht vollständig. Wir beschränken uns also ausschließlich auf die Kapitalanlage im eigentlichen Ackerbau, d.h. in der Produktion des Hauptpflanzenstoffs, wovon eine Bevölkerung lebt. Wir können sagen Weizen, weil dieser das Hauptnahrungsmittel der modernen, kapitalistisch entwickelten Völker. (Oder, statt Ackerbau, Bergwerke, weil die Gesetze dieselben.)
Es ist eins der großen Verdienste von A. Smith, daß er entwickelt hat, wie die Grundrente des zur Produktion andrer landwirtschaftlichen Produkte angewandten Kapitals, z.B. von Flachs, Farbkräutern, selbständiger Viehzucht usw., bestimmt ist durch die Grundrente, welche das in der Produktion des Hauptnahrungsmittels angelegte Kapital abwirft. Es ist in der Tat seit ihm kein Fortschritt in dieser Beziehung gemacht worden. Was wir beschränkend oder zufügend zu erinnern hätten, gehört in die selbständige Behandlung des Grundeigentums, nicht hierhin. Von dem Grundeigentum, soweit es nicht sich auf den zur Weizenproduktion bestimmten Boden bezieht, werden wir daher nicht ex professo sprechen, sondern hie und da nur der Illustration halber darauf zurückkommen.
Der Vollständigkeit wegen ist zu bemerken, daß hier unter Grund und Boden auch Wasser etc. verstanden wird, soweit es einen Eigentümer hat, als Zubehör von Grund und Boden sich darstellt.
Das Grundeigentum setzt das Monopol gewisser Personen voraus, über bestimmte Portionen des Erdkörpers als ausschließliche Sphären ihres Privatwillens mit Ausschluß aller andern zu verfügen.118 Dies vorausgesetzt, handelt es sich darum, den ökonomischen Wert, d.h. die Verwertung dieses Monopols auf Basis der kapitalistischen Produktion zu entwickeln. Mit der juristischen Macht dieser Personen, Portionen des Erdballs zu brauchen und zu mißbrauchen, ist nichts abgemacht. Der Gebrauch derselben hängt ganz und gar von ökonomischen Bedingungen ab, die von ihrem Willen unabhängig sind. Die juristische Vorstellung selbst heißt weiter nichts, als daß der Grundeigentümer mit dem Boden verfahren kann, wie jeder Warenbesitzer mit seiner Ware; und diese Vorstellung – die juristische Vorstellung des freien Privatgrundeigentums – tritt in der alten Welt nur ein zur Zeit der Auflösung der organischen Gesellschaftsordnung, und in der modernen Welt nur mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktion. In Asien ist sie nur stellenweis von den Europäern importiert worden. Im Abschnitt über die ursprüngliche Akkumulation (Buch I, Kap. XXIV) hat man gesehn, wie diese Produktionsweise voraussetzt einerseits die Loslösung der unmittelbaren Produzenten aus der Stellung eines bloßen Zubehörs des Bodens (in der Form von Hörigen, Leibeignen, Sklaven etc.), andrerseits die Expropriation der Masse des Volks vom Grund und Boden. Insofern ist das Monopol des Grundeigentums eine historische Voraussetzung und bleibt fortwährende Grundlage, der kapitalistischen Produktionsweise, wie aller frühern Produktionsweisen, die auf Ausbeutung der Massen in einer oder der andern Form beruhn. Die Form aber, worin die beginnende kapitalistische Produktionsweise das Grundeigentum vorfindet, entspricht ihr nicht. Die ihr entsprechende Form wird erst von ihr selbst geschaffen durch die Unterordnung der Agrikultur unter das Kapital; womit denn auch feudales Grundeigentum, Claneigentum oder kleines Bauerneigentum mit Markgemeinschaft, in die dieser Produktionsweise entsprechende ökonomische Form verwandelt wird, wie verschieden auch deren juristische Formen seien. Es ist eines der großen Resultate der kapitalistischen Produktionsweise, daß sie einerseits die Agrikultur aus einem bloß empirischen und mechanisch sich forterbenden Verfahren des unentwickeltsten Teils der Gesellschaft in bewußte wissenschaftliche Anwendung der Agronomie verwandelt, soweit dies überhaupt innerhalb der mit dem Privateigentum gegebnen Verhältnisse möglich ist119; daß sie das Grundeigentum einerseits von Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnissen völlig loslöst, andrerseits den Grund und Boden als Arbeitsbedingung gänzlich vom Grundeigentum und Grundeigentümer trennt, für den er weiter nichts vorstellt, als eine bestimmte Geldsteuer, die er vermittelst seines Monopols vom industriellen Kapitalisten, dem Pächter, erhebt: [daß sie] so sehr den Zusammenhang loslöst, daß der Grundeigentümer sein ganzes Leben in Konstantinopel zubringen kann, während sein Grundeigentum in Schottland liegt. Das Grundeigentum erhält so seine rein ökonomische Form, durch Abstreifung aller seiner frühern politischen und sozialen Verbrämungen und Verquickungen, kurz aller jener traditionellen Zutaten, die von den industriellen Kapitalisten selbst, wie von ihren theoretischen Wortführern, wie wir später sehn werden, im Eifer ihres Kampfs mit dem Grundeigentum als eine nutzlose und abgeschmackte Superfötation denunziert werden. Die Rationalisierung der Agrikultur einerseits, die diese erst befähigt, gesellschaftlich betrieben zu werden, die Rückführung des Grundeigentums ad absurdum andrerseits, dies sind die großen Verdienste der kapitalistischen Produktionsweise. Wie alle ihre andern historischen Fortschritte, erkaufte sie auch diesen zunächst durch die völlige Verelendung der unmittelbaren Produzenten.
Bevor wir zum Gegenstand selbst übergehn, sind noch einige Vorbemerkungen zur Abwehr von Mißverständnissen nötig.
Die Voraussetzung bei der kapitalistischen Produktionsweise ist also diese: die wirklichen Ackerbauer sind Lohnarbeiter, beschäftigt von einem Kapitalisten, dem Pächter, der die Landwirtschaft nur als ein besondres Exploitationsfeld des Kapitals, als Anlage seines Kapitals in einer besondern Produktionssphäre betreibt. Dieser Pächter-Kapitalist zahlt dem Grundeigentümer, dem Eigentümer des von ihm exploitierten Bodens, in bestimmten Terminen, z.B. jährlich, eine kontraktlich festgesetzte Geldsumme (ganz wie der Borger von Geldkapital bestimmten Zins) für die Erlaubnis, sein Kapital in diesem besondern Produktionsfeld anzuwenden. Diese Geldsumme heißt Grundrente, einerlei ob sie von Ackerboden, Bauterrain, Bergwerken, Fischereien, Waldungen usw. gezahlt werde. Sie wird gezahlt für die ganze Zeit, während deren kontraktlich der Grundeigentümer den Boden an den Pächter verliehen, vermietet hat. Die Grundrente ist also hier die Form, worin sich das Grundeigentum ökonomisch realisiert, verwertet. Wir haben ferner hier alle drei Klassen, welche den Rahmen der modernen Gesellschaft konstituieren, zusammen und einander gegenüber – Lohnarbeiter, industrieller Kapitalist, Grundeigentümer.
Kapital kann in der Erde fixiert, ihr einverleibt werden, teils mehr vorübergehend, wie bei Verbesserungen chemischer Natur, Düngung usw., teils mehr permanent, wie bei Abzugskanälen, Bewässerungsanlagen, Nivellierungen, Wirtschaftsgebäuden etc. Ich habe anderswo das der Erde so einverleibte Kapital la terre-capital genannt.120 Es fällt unter die Kategorien des fixen Kapitals. Der Zins für das der Erde einverleibte Kapital und die Verbesserungen, die sie so als Produktionsinstrument erhält, kann einen Teil der Rente bilden, die dem Grundeigentümer vom Pächter gezahlt wird121, aber sie konstituiert nicht die eigentliche Grundrente, die für den Gebrauch des Bodens als solchen gezahlt wird, er mag sich im Naturzustand befinden oder kultiviert sein. Bei einer systematischen Behandlung des Grundeigentums, die außerhalb unsres Plans liegt, wäre dieser Teil der Einnahme des Grundeigentümers ausführlich darzustellen. Hier genügen wenige Worte darüber. Die mehr temporären Kapitalanlagen, die die gewöhnlichen Produktionsprozesse in der Agrikultur mit sich führen, werden alle ohne Ausnahme vom Pächter gemacht. Diese Anlagen, wie die bloße Bebauung überhaupt, wenn sie einigermaßen rationell betrieben wird, also sich nicht auf die brutale Aussaugung des Bodens reduziert, wie etwa bei den ehemaligen amerikanischen Sklavenhaltern – wogegen sich jedoch die Herren Grundeigentümer kontraktlich sichern –, verbessernden Boden122, steigern sein Produkt und verwandeln die Erde aus bloßer Materie in Erde-Kapital. Ein bebautes Feld ist mehr wert als ein unbebautes von derselben natürlichen Qualität. Auch die mehr permanenten, sich in längerer Zeit abnutzenden, der Erde einverleibten fixen Kapitale werden zum großen Teil, in gewissen Sphären oft ausschließlich, vom Pächter gemacht. Sobald aber die kontraktlich festgesetzte Pachtzeit abgelaufen ist – und es ist dies einer der Gründe, warum mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktion der Grundeigentümer die Pachtzeit möglichst abzukürzen sucht –, fallen die dem Boden einverleibten Verbesserungen als untrennbares Akzidens der Substanz, des Bodens, als Eigentum dem Besitzer des Bodens anheim. Bei dem neuen Pachtkontrakt, den er schließt, fügt der Grundeigentümer den Zins für das der Erde einverleibte Kapital der eigentlichen Grundrente hinzu; ob er den Boden nun an den Pächter vermietet, der die Verbesserungen gemacht hat, oder an einen andern Pächter. Seine Rente schwillt so auf; oder, wenn er den Boden verkaufen will – wir werden gleich sehn, wie dessen Preis bestimmt wird –, ist jetzt sein Wert gesteigert. Er verkauft nicht nur den Boden, sondern den verbesserten Boden, das der Erde einverleibte Kapital, das ihm nichts gekostet hat. Es ist dies eins der Geheimnisse – ganz abgesehn von der Bewegung der eigentlichen Grundrente – der steigenden Bereicherung der Grundeigentümer, des fortwährenden Anschwellens ihrer Renten und des wachsenden Geldwerts ihrer Ländereien mit dem Fortschritt der ökonomischen Entwicklung. Sie stecken so das ohne ihr Zutun hervorgebrachte Resultat der gesellschaftlichen Entwicklung in ihre Privattaschen – fruges consumere nati. Es ist dies aber zugleich eins der größten Hindernisse einer rationellen Agrikultur, indem der Pächter alle Verbesserungen und Auslagen vermeidet, deren vollständiger Rückfluß während der Dauer seiner Pachtzeit nicht zu erwarten steht; und als solches Hindernis finden wir diesen Umstand fort und fort denunziert, ebensowohl im vorigen Jahrhundert von James Anderson, dem eigentlichen Entdecker der modernen Rententheorie, der zugleich praktischer Pächter und für seine Zeit bedeutender Agronom war, wie in unsern Tagen von den Gegnern der jetzigen Verfassung des Grundeigentums in England.
A. A. Walton, »History of the Landed Tenures of Great Britain and Ireland«, London 1865, sagt darüber p. 96, 97:
»Alle die Anstrengungen der zahlreichen landwirtschaftlichen Anstalten in unserm Lande können keine sehr bedeutenden oder wirklich bemerkbaren Resultate im wirklichen Fortschritt verbesserter Bebauung bewirken, solange solche Verbesserungen in einem weit höhern Grade den Wert des Grundeigentums und die Höhe der Rentrolle des Grundbesitzers vermehren, als sie die Lage des Pächters oder des Landarbeiters verbessern. Die Pächter im allgemeinen wissen genausogut wie der Grundbesitzer, sein Rentmeister oder selbst der Präsident einer landwirtschaftlichen Gesellschaft, daß gute Dränierung, reichliche Düngung und gute Bewirtschaftung, im Bund mit vermehrter Anwendung von Arbeit, um das Land gründlich zu reinigen und umzuarbeiten, wunderbare Erfolge erzeugen werden, sowohl in Verbesserung des Bodens wie in gesteigerter Produktion. Aber alles dies erfordert beträchtliche Auslage, und die Pächter wissen ebenfalls sehr gut, daß, wie sehr sie auch das Land verbessern oder seinen Wert erhöhen mögen, die Grundbesitzer auf die Dauer den Hauptvorteil davon in erhöhten Renten und gesteigertem Bodenwert einernten werden... Sie sind schlau genug zu bemerken, was jene Redner« (Grundbesitzer und ihre Rentmeister bei landwirtschaftlichen Festmahlen) »eigentümlicherweise stets vergessen, ihnen zu sagen – nämlich daß der Löwenanteil aller vom Pächter gemachten Verbesserungen schließlich immer in die Tasche des Grundbesitzers gehn muß... Wie sehr auch der frühere Pächter die Pachtung verbessert haben mag, sein Nachfolger wird immer finden, daß der Grundbesitzer die Rente erhöhen wird im Verhältnis zu dem durch frühere Verbesserungen gesteigerten Bodenwert.«
In der eigentlichen Agrikultur erscheint dieser Prozeß noch nicht so klar wie bei Benutzung des Bodens als Bauterrain. Der weitaus überwiegende Teil des Bodens, der in England zu Bauzwecken, aber nicht als freehold verkauft wird, wird von den Grundeigentümern vermietet für 99 Jahre oder auf kürzere Zeit wenn möglich. Nach Ablauf dieser Zeit fallen die Baulichkeiten mit dem Boden selbst dem Grundbesitzer anheim.
»Sie« 〈die Pächter} »sind verpflichtet, bei Ablauf des Mietskontrakts das Haus dem großen Grundbesitzer in gutem wohnlichen Zustand zu überliefern, nachdem sie bis zu dieser Zeit eine übertriebne Bodenrente bezahlt haben. Kaum ist der Mietkontrakt abgelaufen, so kommt der Agent oder Inspektor des Grundbesitzers, besichtigt euer Haus, sorgt dafür, daß ihr es in guten Zustand setzt, nimmt dann Besitz davon und annexiert es an das Gebiet seines Grundherrn. Die Tatsache ist, daß, wenn dies System in voller Wirkung noch für längre Zeit zugelassen wird, der gesamte Häuserbesitz im Königreich, ebensogut wie der ländliche Grundbesitz, in den Händen der großen Grundherrn sein wird. Das ganze Westend von London, nördlich und südlich von Temple Bar, gehört fast ausschließlich ungefähr einem halben Dutzend großer Grundherrn, ist vermietet zu enormen Bodenrenten, und wo die Mietkontrakte noch nicht ganz abgelaufen sind, verfallen sie rasch nacheinander. Dasselbe gilt in größerm oder geringerm Grad von jeder Stadt im Königreich. Aber selbst hierbei bleibt dies gierige System der Ausschließlichkeit und des Monopols noch nicht stehn. Fast die gesamten Dockeinrichtungen unsrer Hafenstädte befinden sich infolge desselben Prozesses der Usurpation in den Händen der großen Land-Leviathans.« (l.c. p. 92, 93.)
Unter diesen Umständen ist es klar, daß, wenn der Zensus für England und Wales 1861 bei einer Gesamtbevölkerung von 20066224 die Zahl der Hauseigentümer auf 36032 angibt, das Verhältnis der Eigentümer zur Zahl der Häuser und der Bevölkerung ein ganz andres Aussehn erhalten würde, wären die großen Eigentümer auf die eine, die kleinen auf die andre gestellt.
Dies Beispiel mit dem Eigentum an Baulichkeiten ist wichtig, 1. weil es klar den Unterschied zwischen der eigentlichen Grundrente und dem Zins des dem Boden einverleibten fixen Kapitals zeigt, der einen Zusatz zur Grundrente bilden kann. Der Zins der Baulichkeiten, wie des bei der Agrikultur vom Pächter dem Boden einverleibten Kapitals, fällt dem industriellen Kapitalisten, dem Bauspekulanten oder Pächter zu während der Dauer des Mietkontrakts und hat an und für sich nichts zu tun mit der Grundrente, die jährlich in bestimmten Terminen für Benutzung des Bodens gezahlt werden muß. 2. Weil es zeigt, wie mit dem Boden das ihm einverleibte fremde Kapital schließlich dem Grundeigentümer anheimfällt und der Zins dafür seine Rente schwellt.
Einige Schriftsteller, teils als Wortführer des Grundeigentums gegen die Angriffe der bürgerlichen Ökonomen, teils in dem Streben, das kapitalistische Produktionssystem in ein System von »Harmonien« statt von Gegensätzen zu verwandeln, wie z.B. Carey, haben die Grundrente, den spezifischen ökonomischen Ausdruck des Grundeigentums, als identisch mit dem Zins darzustellen gesucht. Damit wäre nämlich der Gegensatz zwischen Grundeigentümern und Kapitalisten ausgelöscht. Die umgekehrte Methode wurde im Beginn der kapitalistischen Produktion angewandt. Damals galt in der populären Vorstellung noch das Grundeigentum als die primitive und respektable Form des Privateigentums, während der Zins des Kapitals als Wucher verschrieen war. Dudley North, Locke etc. stellten daher den Kapitalzins dar als eine der Grundrente analoge Form, ganz wie Turgot die Berechtigung des Zinses aus der Existenz der Grundrente ableitete. – Jene neuern Schriftsteller vergessen – ganz abgesehn davon, daß die Grundrente rein, ohne Zusatz jedes Zinses für dem Boden einverleibtes Kapital, existieren kann und existiert –, daß der Grundeigentümer in dieser Weise nicht nur Zins erhält von fremdem Kapital, das ihm nichts kostet, sondern obendrein noch das fremde Kapital gratis in den Kauf. Die Rechtfertigung des Grundeigentums, wie die aller andren Eigentumsformen einer bestimmten Produktionsweise, ist die, daß die Produktionsweise selbst historische transitorische Notwendigkeit besitzt, also auch die Produktions- und Austauschverhältnisse, die aus ihr entspringen. Allerdings, wie wir später sehn werden, unterscheidet sich das Grundeigentum von den übrigen Arten des Eigentums dadurch, daß auf einer gewissen Entwicklungshöhe, selbst vom Standpunkt der kapitalistischen Produktionsweise aus, es als überflüssig und schädlich erscheint.
Die Grundrente kann in einer andern Form mit dem Zins verwechselt und so ihr spezifischer Charakter verkannt werden. Die Grundrente stellt sich dar in einer bestimmten Geldsumme, die der Grundeigentümer jährlich aus der Verpachtung eines Stücks des Erdballs bezieht. Wir haben gesehn, wie jede bestimmte Geldeinnahme kapitalisiert werden, d.h. als der Zins eines imaginären Kapitals betrachtet werden kann. Ist z.B. der mittlere Zinsfuß 5%, so kann also auch eine jährliche Grundrente von 200 Pfd. St. als Zins eines Kapitals von 4000 Pfd. St. betrachtet werden. Es ist die so kapitalisierte Grundrente, die den Kaufpreis oder Wert des Bodens bildet, eine Kategorie, die prima facie, ganz wie der Preis der Arbeit irrationell ist, da die Erde nicht das Produkt der Arbeit ist, also auch keinen Wert hat. Andrerseits aber verbirgt sich hinter dieser irrationellen Form ein wirkliches Produktionsverhältnis. Kauft ein Kapitalist Grund und Boden, der eine jährliche Rente von 200 Pfd. St. abwirft, für 4000 Pfd. St., so bezieht er den durchschnittlichen jährlichen Zins zu 5% von 4000 Pfd. St., ganz ebenso, wie wenn er dies Kapital in zinstragenden Papieren angelegt oder es direkt zu 5% Zinsen ausgeliehen hätte. Es ist die Verwertung eines Kapitals von 4000 Pfd. St. zu 5%. Unter dieser Voraussetzung würde er in 20 Jahren den Einkaufspreis seines Guts durch dessen Einkünfte wieder ersetzt haben. In England wird daher der Kaufpreis von Ländereien nach soundso viel years' purchase berechnet, was nur ein andrer Ausdruck für die Kapitalisierung der Grundrente ist. Es ist in der Tat der Kaufpreis nicht des Bodens, sondern der Grundrente, die er abwirft, berechnet nach dem gewöhnlichen Zinsfuß. Diese Kapitalisierung der Rente setzt aber die Rente voraus, während die Rente nicht umgekehrt aus ihrer eignen Kapitalisierung abgeleitet und erklärt werden kann. Ihre Existenz, unabhängig von dem Verkauf, ist vielmehr hier die Voraussetzung, von der ausgegangen wird.
Es folgt daher, daß, die Grundrente als konstante Größe vorausgesetzt, der Bodenpreis steigen oder fallen kann, umgekehrt wie der Zinsfuß steigt oder fällt. Fiele der gewöhnliche Zinsfuß von 5 auf 4%, so stellte eine jährliche Grundrente von 200 Pfd. St. die jährliche Verwertung eines Kapitals von 5000 Pfd. St. statt von 4000 Pfd. St. vor, und so wäre der Preis desselben Grundstücks von 4000 auf 5000 Pfd. St. gestiegen oder von 20 years' purchase auf 25. Umgekehrt im umgekehrten Fall. Es ist dies eine von der Bewegung der Grundrente selbst unabhängige und nur durch den Zinsfuß geregelte Bewegung des Bodenpreises. Da wir aber gesehn haben, daß die Profitrate im Fortschritt der gesellschaftlichen Entwicklung eine Tendenz zum Fallen hat und daher auch der Zinsfuß, soweit er durch die Profitrate geregelt wird; daß ferner, auch abgesehn von der Profitrate, der Zinsfuß eine Tendenz zum Fallen hat infolge des Wachstums des verleihbaren Geldkapitals, so folgt, daß der Bodenpreis eine Tendenz zum Steigen hat, auch unabhängig von der Bewegung der Grundrente und des Preises der Bodenprodukte, wovon die Rente einen Teil bildet.
Die Verwechslung der Grundrente selbst mit der Zinsform, die sie für den Käufer des Bodens annimmt – eine Verwechslung, die auf völliger Unkenntnis der Natur der Grundrente beruht –, muß zu den sonderbarsten Trugschlüssen führen. Da das Grundeigentum in allen alten Ländern für eine besonders vornehme Form des Eigentums gilt und der Ankauf desselben außerdem als besonders sichre Kapitalanlage, so steht der Zinsfuß, zu dem die Grundrente gekauft wird, meist niedriger als bei andern auf längre Zeit sich erstreckenden Kapitalanlagen, so daß z.B. der Käufer von Grund und Boden nur 4% auf den Kaufpreis erhält, während er für dasselbe Kapital sonst 5% erhalten würde, oder, was auf dasselbe hinauskommt, er zahlt mehr Kapital für die Grundrente, als er für dieselbe jährliche Geldeinnahme in andern Anlagen zahlen würde. Daraus schließt Herr Thiers in seiner überhaupt grundschlechten Schrift über La Propriété (dem Abdruck seiner 1848 in der französischen Nationalversammlung gehaltnen Rede gegen Proudhon) auf die Niedrigkeit der Grundrente, während es nur die Höhe ihres Kaufpreises beweist.
Der Umstand, daß die kapitalisierte Grundrente als Bodenpreis oder Bodenwert sich darstellt und die Erde daher wie jede andre Ware gekauft und verkauft wird, gilt einigen Apologeten als Rechtfertigungsgrund des Grundeigentums, indem der Käufer für es, wie für jede andre Ware, ein Äquivalent gezahlt und der größte Teil des Grundeigentums in dieser Weise die Hände gewechselt habe. Derselbe Rechtfertigungsgrund gälte dann auch für die Sklaverei; indem für den Sklavenhalter, der den Sklaven bar bezahlt hat, der Ertrag von dessen Arbeit nur den Zins des in seinem Ankauf ausgelegten Kapitals darstellt. Aus dem Kauf und Verkauf der Grundrente die Berechtigung ihrer Existenz herleiten, heißt überhaupt, ihre Existenz aus ihrer Existenz rechtfertigen.
So wichtig es ist für die wissenschaftliche Analyse der Grundrente – d.h. der selbständigen, spezifischen ökonomischen Form des Grundeigentums auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise –, sie rein und frei von allen sie verfälschenden und verwischenden Beisätzen zu betrachten, ebenso wichtig ist es andrerseits für das Verständnis der praktischen Wirkungen des Grundeigentums und selbst für die theoretische Einsicht in eine Masse Tatsachen, die dem Begriff und der Natur der Grundrente widersprechen und doch als Existenzweisen der Grundrente erscheinen, die Elemente zu kennen, aus denen diese Trübungen der Theorie entspringen.
Praktisch erscheint natürlich alles als Grundrente, was in Form von Pachtgeld dem Grundeigentümer vom Pächter gezahlt wird für die Erlaubnis, den Boden zu bewirtschaften. Aus welchen Bestandteilen dieser Tribut zusammengesetzt sei, aus welchen Quellen er herrühren möge, er hat das mit der eigentlichen Grundrente gemein, daß das Monopol auf ein Stück des Erdballs den sog. Grundeigentümer befähigt, den Tribut zu erheben, die Schatzung aufzulegen. Er hat das mit der eigentlichen Grundrente gemein, daß er den Bodenpreis bestimmt, der, wie oben gezeigt, nichts ist als die kapitalisierte Einnahme von der Verpachtung des Bodens.
Man hat bereits gesehn, daß der Zins für das dem Boden einverleibte Kapital einen solchen fremdartigen Bestandteil der Grundrente bilden kann, einen Bestandteil, der mit dem Fortschritt der ökonomischen Entwicklung einen stets wachsenden Zusatz zum Gesamtrental eines Landes bilden muß. Aber abgesehn von diesem Zins ist es möglich, daß sich unter dem Pachtgeld zum Teil, und in gewissen Fällen ganz und gar, also bei gänzlicher Abwesenheit der eigentlichen Grundrente und daher bei wirklicher Wertlosigkeit des Bodens, ein Abzug, sei es vom Durchschnittsprofit, sei es vom normalen Arbeitslohn, sei es von beiden zugleich, versteckt. Dieser Teil, sei es des Profits, sei es des Arbeitslohns, erscheint hier in der Gestalt der Grundrente, weil er statt, wie es normal wäre, dem industriellen Kapitalisten oder dem Lohnarbeiter anheimzufallen, in der Form von Pachtgeld an den Grundeigentümer gezahlt wird. Ökonomisch gesprochen, bildet weder der eine noch der andre Teil Grundrente: aber praktisch bildet er Einnahme des Grundeigentümers, eine ökonomische Verwertung seines Monopols, ganz so gut wie die wirkliche Grundrente, und wirkt ebenso bestimmend auf den Bodenpreis wie die letztre.
Wir sprechen hier nicht von Verhältnissen, worin die Grundrente, die der kapitalistischen Produktionsweise entsprechende Weise des Grundeigentums, formell existiert, ohne daß die kapitalistische Produktionsweise selbst existierte, ohne daß der Pächter selbst ein industrieller Kapitalist oder die Art seiner Bewirtschaftung eine kapitalistische wäre. Dies ist z.B. der Fall in Irland. Der Pächter ist hier im Durchschnitt ein kleiner Bauer. Was er dem Grundeigentümer als Pacht zahlt, absorbiert oft nicht nur einen Teil seines Profits, d.h. seiner eignen Mehrarbeit, auf die er als Inhaber seiner eignen Arbeitsinstrumente ein Recht hat, sondern auch einen Teil des normalen Arbeitslohns, den er unter andren Verhältnissen für dieselbe Arbeitsmenge erhalten würde. Außerdem expropriiert ihn der Grundeigentümer, der hier durchaus nichts tut für die Verbesserung des Bodens, von seinem kleinen Kapital, das er größtenteils durch eigne Arbeit dem Boden einverleibt, ganz wie ein Wucherer unter ähnlichen Verhältnissen tun würde. Nur daß der Wucherer wenigstens sein eignes Kapital bei der Operation riskiert. Es bildet diese fortwährende Beraubung den Gegenstand des Zwists über die irische Landgesetzgebung, die wesentlich darauf hinauskommt, daß der Grundeigentümer, der dem Pächter aufkündigt, gezwungen werden soll, diesen zu entschädigen für die von ihm angebrachten Bodenverbesserungen oder das dem Boden einverleibte Kapital. Palmerston pflegte hierauf zynisch zu antworten:
»Das Haus der Gemeinen ist ein Haus von Grundeigentümern.«
Wir sprechen auch nicht von den ausnahmsweisen Verhältnissen, worin selbst in Ländern kapitalistischer Produktion der Grundeigentümer hohes Pachtgeld erpressen kann, das in gar keinem Zusammenhang mit dem Produkt des Bodens steht, wie z.B. in den englischen Industriebezirken die Verpachtung kleiner Bodenfetzen an Fabrikarbeiter, sei es für kleine Gärten, sei es für dilettantischen Ackerbau in Nebenstunden. (»Reports of Inspectors of Factories.«)
Wir sprechen von der Ackerbaurente in Ländern entwickelter kapitalistischer Produktion. Unter den englischen Pächtern z.B. befindet sich eine Anzahl kleiner Kapitalisten, die durch Erziehung, Bildung, Tradition, Konkurrenz und andre Umstände bestimmt und gezwungen sind, ihr Kapital in der Agrikultur als Pächter anzulegen. Sie sind gezwungen, mit weniger als dem Durchschnittsprofit vorliebzunehmen und einen Teil davon in der Form der Rente an den Grundeigentümer abzugeben. Es ist dies die einzige Bedingung, unter der ihnen gestattet wird, ihr Kapital auf den Boden, in der Agrikultur, anzulegen. Da über all die Grundeigentümer bedeutenden, in England sogar überwiegenden Einfluß auf die Gesetzgebung ausüben, kann dieser dazu ausgebeutet werden, um die ganze Klasse der Pächter zu prellen. Die Korngesetze von 1815 z.B. – eine Brotsteuer, eingestandenermaßen dem Land auferlegt, um den müßigen Grundeigentümern die Fortdauer des während des Antijakobinerkriegs abnorm gewachsnen Rentals zu sichern – hatten zwar die Wirkung, abgesehn von einzelnen ausnahmsweis fruchtbaren Jahren, die Preise der landwirtschaftlichen Produkte über dem Niveau zu erhalten, worauf sie bei freier Korneinfuhr gefallen wären. Aber sie hatten nicht das Resultat, die Preise auf der Höhe zu halten, die von den gesetzgebenden Grundeigentümern in der Art als Normalpreise dekretiert wurden, daß sie die gesetzliche Grenze bildeten für die Einfuhr fremden Korns. Unter dem Eindruck dieser Normalpreise wurden aber die Pachtkontrakte geschlossen. Sobald die Illusion platzte, wurde ein neues Gesetz gemacht mit neuen Normalpreisen, die ebensosehr bloß der ohnmächtige Ausdruck der habgierigen Grundeigentumsphantasie waren wie die alten. In dieser Weise wurden die Pächter geprellt von 1815 bis zu den 30er Jahren. Daher während dieser ganzen Zeit das stehende Thema des agricultural distress. Daher während dieser Periode die Expropriation und der Ruin einer ganzen Generation von Pächtern und ihre Ersetzung durch eine neue Klasse von Kapitalisten.123
Eine viel allgemeinere und wichtigere Tatsache ist aber die Herabdrückung des Arbeitslohns der eigentlichen Agrikulturarbeiter unter sein normales Durchschnittsniveau, so daß ein Teil des Arbeitslohns dem Arbeiter abgezogen wird, einen Bestandteil des Pachtgelds bildet und so unter der Maske der Grundrente dem Grundeigentümer statt dem Arbeiter zufließt. Dies ist z.B. in England und Schottland, mit Ausnahme einiger günstig situierten Grafschaften, allgemein der Fall. Die Arbeiten der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse über die Höhe des Arbeitslohns, die vor der Einführung der Korngesetze in England eingesetzt wurden – bis jetzt die wertvollsten und fast ganz unausgebeuteten Beiträge zur Geschichte des Arbeitslohns im 19. Jahrhundert, zugleich eine Schandsäule, die sich die englische Aristokratie und Bourgeoisie selbst aufgerichtet hat –, bewiesen zur Evidenz, über allen Zweifel, daß die hohen Rentsätze und die ihnen entsprechende Steigerung des Bodenpreises während des Antijakobinerkriegs teilweis nur dem Abzug vom Arbeitslohn und seiner Herabdrückung selbst unter das physische Minimum geschuldet waren; d.h. dem Wegzahlen eines Teils des normalen Arbeitslohns an den Grundeigentümer. Verschiedne Umstände, unter andrem die Depreziation des Geldes, die Handhabung der Armengesetze in den Ackerbaubezirken usw., hatten diese Operation ermöglicht, zur selben Zeit, wo die Einkünfte der Pächter enorm stiegen und die Grundeigentümer sich fabelhaft bereicherten. Ja, eins der Hauptargumente für Einführung der Kornzölle, von seiten so der Pächter wie der Grundeigentümer, war der, daß es physisch unmöglich sei, den Arbeitslohn der Ackerbautaglöhner noch tiefer zu senken. Dieser Zustand hat sich im wesentlichen nicht verändert, und in England, wie in allen europäischen Ländern, geht nach wie vor ein Teil des normalen Arbeitslohns in die Grundrente ein. Als Graf Shaftesbury, damals Lord Ashley, einer der philanthropischen Aristokraten, so außerordentlich bewegt wurde durch die Lage der englischen Fabrikarbeiter und sich in der Zehnstundenagitation zu ihrem parlamentarischen Wortführer aufwarf, publizierten die Wortführer der Industriellen aus Rache eine Statistik über den Lohn der Ackerbautaglöhner auf den ihm gehörigen Dörfern (s. Buch I, Kap. XXIII, 5, e: Das britische Ackerbauproletariat), welche klar zeigte, wie ein Teil der Grundrente dieses Philanthropen bloß aus dem Raub besteht, den seine Pächter für ihn an dem Arbeitslohn der Ackerbauarbeiter vollziehn. Diese Veröffentlichung ist auch deswegen interessant, weil die darin enthaltnen Tatsachen dem schlimmsten, was die Ausschüsse 1814 und 1815 enthüllten, sich kühn an die Seite stellen dürfen. Sooft die Umstände eine momentane Steigerung des Arbeitslohns der Ackerbautaglöhner erzwingen, erschallt dann auch das Geschrei der Pächter, daß eine Erhöhung des Arbeitslohns auf sein normales Niveau, wie es in andren Industriezweigen gilt, unmöglich sei und sie ruinieren müsse ohne gleichzeitige Herabsetzung der Grundrente. Hierin ist also das Geständnis enthalten, daß unter dem Namen Grundrente ein Abzug am Arbeitslohn von den Pächtern gemacht und an den Grundeigentümer weggezahlt wird. Von 1849-1859 z.B. stieg in England der Arbeitslohn der Ackerbauarbeiter infolge eines Zusammenflusses überwältigender Umstände, wie: der Exodus aus Irland, der die Zufuhr von Ackerbauarbeitern von dort abschnitt; außerordentliche Absorption von Ackerbaubevölkerung durch die Fabrikindustrie; Kriegsnachfrage für Soldaten; außerordentliche Auswanderung nach Australien und den Vereinigten Staaten (Kalifornien) und andre Gründe, die hier nicht näher zu erwähnen sind. Gleichzeitig, mit Ausnahme der ungünstigen Ernten von 1854-1856, fielen die Durchschnittspreise des Getreides während dieser Periode um mehr als 16%. Die Pächter schrieen nach Herabsetzung der Renten. Es gelang ihnen in einzelnen Fällen. Im Durchschnitt scheiterten sie mit dieser Forderung. Sie nahmen Zuflucht zur Herabsetzung der Produktionskosten, u.a. durch massenhafte Einführung des lokomobilen Dampfs und neuer Maschinerie, die zum Teil Pferde ersetzte und aus der Wirtschaft verdrängte, zum Teil aber auch durch Freisetzung von Ackerbautaglöhnern eine künstliche Überbevölkerung und daher neues Sinken des Lohns hervorbrachte. Und dies geschah, trotz der allgemeinen relativen Abnahme der Ackerbaubevölkerung während dieses Dezenniums, verglichen mit dem Wachstum der Gesamtbevölkerung, und trotz der absoluten Abnahme der Ackerbaubevölkerung in einigen reinen Agrikulturdistrikten.124 Ebenso sagte Fawcett, damals Professor der politischen Ökonomie zu Cambridge, gestorben 1884 als Generalpostmeister, auf dem Social Science Congress, 12. Oktober 1865:
»Die Ackerbautaglöhner fingen an auszuwandern, und die Pächter begannen sich zu beklagen, sie würden nicht imstande sein, so hohe Renten zu bezahlen, wie sie zu zahlen gewohnt waren, weil die Arbeit teurer wurde infolge der Auswanderung.«
Hier also ist hohe Bodenrente direkt identifiziert mit niedrigem Arbeitslohn. Und soweit die Höhe des Bodenpreises durch diesen die Rente vermehrenden Umstand bedingt ist, ist Wertsteigerung des Bodens identisch mit Entwertung der Arbeit, Höhe des Bodenpreises mit Niedrigkeit des Preises der Arbeit.
Dasselbe gilt für Frankreich.
»Der Pachtpreis steigt, weil der Preis des Brots, des Weins, des Fleisches, der Gemüse und des Obsts auf der einen Seite steigt und auf der andern der Preis der Arbeit unverändert bleibt. Wenn ältere Leute die Rechnungen ihrer Väter vergleichen, was uns um ungefähr 100 Jahre zurückbringt, so werden sie finden, daß damals der Preis eines Arbeitstags im ländlichen Frankreich genau derselbe war wie heute. Der Preis des Fleisches hat sich seitdem verdreifacht... Wer ist das Opfer dieser Umwälzung? Ist es der Reiche, der Eigentümer der Pachtung ist, oder der Arme, der sie bearbeitet?... Die Steigerung der Pachtpreise ist ein Beweis eines öffentlichen Unglücks.« (»Du Mécanisme de la Société en France et en Angleterre.« Par M. Rubichon. 2me édit. Paris 1837, p. 101.)
Beispiele von Rente als Folge des Abzugs einerseits vom Durchschnittsprofit, andrerseits vom Durchschnittsarbeitslohn:
Der oben zitierte Morton, Landagent und landwirtschaftlicher Ingenieur, sagt, man habe in vielen Gegenden die Bemerkung gemacht, daß die Rente für große Pachtungen niedriger ist als für kleinere, weil
»die Konkurrenz für die letztern gewöhnlich größer ist als für die erstern, und weil kleine Pächter, die selten imstande sind, sich auf irgendein andres Geschäft zu werfen als die Landwirtschaft, häufig eine Rente zu zahlen willig sind, von der sie selbst wissen, daß sie zu hoch ist, gedrängt von der Notwendigkeit, ein passenderes Geschäft zu finden«. (John L. Morton, »The Resources ot Estates«, London 1858, p. 116.)
Dieser Unterschied soll sich jedoch in England allmählich verwischen, womit nach seiner Ansicht die Auswanderung grade unter der Klasse der kleinen Pächter viel zu tun hat. Derselbe Morton gibt ein Beispiel, wo offenbar Abzug vom Arbeitslohn des Pächters selbst und daher noch sicherer der Leute, die er beschäftigt, in die Grundrente eingeht. Nämlich bei Pachtungen unter 70-80 acres (30-34 Hektaren), die keinen zweispännigen Pflug halten können.
»Wenn nicht der Pächter mit seinen eignen Händen ebenso fleißig arbeitet wie irgendein Arbeiter, kann er bei seiner Pachtung nicht bestehn. Wenn er die Ausführung der Arbeit seinen Leuten überläßt und sich darauf beschränkt, sie bloß zu beaufsichtigen, so wird er höchstwahrscheinlich sehr bald finden, daß er außerstande ist, seine Rente zu zahlen.« (l.c. p. 118.)
Morton schließt daher, daß, wenn nicht die Pächter in der Gegend sehr arm sind, die Pachtungen nicht unter 70 acres groß sein sollten, so daß der Pächter zwei bis drei Pferde halten kann.
Außerordentliche Weisheit des Herrn Léonce de Lavergne, Membre de l'Institut et de la Société Centrale d'Agriculture. In seiner »Économie Rurale de l'Angleterre« (zitiert nach der englischen Übersetzung, London 1855) macht er folgenden Vergleich des jährlichen Vorteils vom Rindvieh, das in Frankreich arbeitet und in England nicht, weil ersetzt durch Pferde (p. 42):
Frankreich England Milch 4 Mill. Pfd. St. Milch 16 Mill. Pfd. St. Fleisch 16 " " " Fleich 20 " " " Arbeit 8 " " " Arbeit — —————————————————— —————————————————— 28 Mill. Pfd. St. 36 Mill. Pfd. St.
Nun kommt aber hier das höhere Produkt heraus, weil nach seiner eignen Angabe die Milch in England noch einmal so teuer ist als in Frankreich, während er für Fleisch dieselben Preise in beiden Ländern annimmt (p. 35); also wird das englische Milchprodukt reduziert auf 8 Mill. Pfd. St. und das Gesamtprodukt auf 28 Mill. Pfd. St. wie in Frankreich. Es ist in der Tat etwas stark, wenn Herr Lavergne gleichzeitig die Produktmassen und die Preisdifferenzen in seiner Rechnung eingehn läßt, so daß, wenn England gewisse Artikel teurer produziert als Frankreich, was höchstens einen größern Profit für Pächter und Grundeigentümer bedeutet, dies als ein Vorzug der englischen Agrikultur erscheint.
Daß Herr Lavergne nicht nur die ökonomischen Erfolge der englischen Landwirtschaft kennt, sondern auch an die Vorurteile der englischen Pächter und Grundbesitzer glaubt, beweist er p. 48:
»Ein großer Nachteil ist gewöhnlich mit Getreidepflanzen verbunden... sie erschöpfen den Boden, der sie trägt.«
Herr Lavergne glaubt nicht nur, daß andre Pflanzen das nicht tun; er glaubt, daß Futterkräuter und Wurzelkräuter den Boden bereichern:
»Futterpflanzen ziehn die Hauptelemente ihres Wachstums aus der Atmosphäre, während sie dem Boden mehr zurückgeben als sie ihm entziehn; sie helfen also sowohl direkt wie durch ihre Verwandlung in tierischen Dünger in doppelter Weise den Schaden ersetzen, den Getreidepflanzen und andre erschöpfende Ernten angerichtet haben; es ist daher Grundsatz, daß sie mit diesen Ernten mindestens wechseln sollten; hierin besteht die Norfolk Rotation.« (p. 50, 51.)
Kein Wunder, wenn Herr Lavergne, der dem englischen ländlichen Gemüt diese Märchen glaubt, ihm auch glaubt, daß seit Aufhebung der Kornzölle der Lohn der englischen Landtagelöhner seine frühere Anormalität verloren hat. Siehe, was wir früher darüber gesagt Buch I, Kap. XXIII, 5, p. 701-729. Doch hören wir auch noch Herrn John Brights Rede in Birmingham, 13. Dezember 1865. Nachdem er gesprochen von den 5 Mill. Familien, die im Parlament gar nicht vertreten sind, fährt er fort:
»Unter diesen ist 1 Mill. oder eher mehr als 1 Mill. im Vereinigten Königreich, die in der unglücklichen Liste der Paupers aufgeführt werden. Dann ist noch eine andre Million, die sich noch eben über dem Pauperismus hält, aber stets in Gefahr schwebt, auch Paupers zu werden. Günstiger ist ihre Lage und ihre Aussichten nicht. Nun betrachtet einmal die unwissenden niedrigern Schichten dieses Teils der Gesellschaft. Betrachtet ihre ausgestoßne Lage, ihre Armut, ihre Leiden, ihre vollendete Hoffnungslosigkeit. Selbst in den Vereinigten Staaten, selbst in den Südstaaten während der Herrschaft der Sklaverei, hatte jeder Neger den Glauben, daß ihm irgend einmal ein Jubeljahr bevorstände. Aber für diese Leute, für diese Masse der niedrigsten Schichten in unserm Lande, besteht, ich bin hier, es auszusprechen, weder der Glaube an irgendeine Besserung noch selbst ein Sehnen darnach. Haben Sie neulich in den Zeitungen eine Notiz gelesen über John Cross, einen Ackerbautaglöhner in Dorsetshire? Er arbeitete 6 Tage in der Woche, hatte ein vortreffliches Zeugnis von seinem Beschäftiger, für den er 24 Jahre für 8 sh. Wochenlohn gearbeitet hatte. John Cross hatte eine Familie von 7 Kindern aus diesem Lohn in seiner Hütte zu unterhalten. Um seine kränkliche Frau und ihren Säugling zu wärmen, nahm er – gesetzlich gesprochen, glaube ich, stahl er sie – eine hölzerne Hürde zum Wert von 6 d. Für dies Vergehn wurde er von den Friedensrichtern zu 14 oder 20 Tagen Gefängnis verurteilt. Ich kann Ihnen sagen, daß viele Tausende von Fällen wie der von John Cross im ganzen Lande zu finden sind, und besonders im Süden, und daß ihre Lage derart ist, daß bisher der aufrichtigste Forscher nicht imstande gewesen ist, das Geheimnis zu lösen, wie sie Leib und Seele zusammenhalten. Und nun werfen Sie ihre Augen über das ganze Land und betrachten Sie diese 5 Mill. Familien und den verzweifelten Zustand dieser Schicht davon. Kann man nicht in Wahrheit sagen, daß die vom Stimmrecht ausgeschloßne Masse der Nation schanzt und immer wieder schanzt und fast keine Ruhe kennt? Vergleichen Sie sie mit der herrschenden Klasse – aber wenn ich das tue, so wird man mich des Kommunismus anklagen... aber vergleichen Sie diese große sich abarbeitende und stimmrechtlose Nation mit dem Teil, den man als die herrschenden Klassen ansehen kann. Sehn Sie ihren Reichtum an, ihren Prunk, ihren Luxus. Sehn Sie ihre Mattigkeit – denn auch unter ihnen ist Mattigkeit, aber es ist die Mattigkeit des Überdrusses – und sehn Sie, wie sie von Ort zu Ort eilen, als ob es nur gelte, neue Vergnügen zu entdecken.« (»Morning Star«, 14. Dezember 1865.)
Es ist im nachfolgenden gezeigt, wie Mehrarbeit und daher Mehrprodukt überhaupt mit Grundrente, diesem wenigstens auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise, quantitativ und qualitativ spezifisch bestimmten Teil des Mehrprodukts verwechselt wird. Die naturwüchsige Basis der Mehrarbeit überhaupt, d.h. eine Naturbedingung, ohne welche sie nicht möglich ist, ist die, daß die Natur – sei es in Produkten des Landes, pflanzlichen oder tierischen, sei es in Fischereien etc. – die nötigen Unterhaltsmittel gewährt bei Anwendung einer Arbeitszeit, die nicht den ganzen Arbeitstag verschlingt. Diese naturwüchsige Produktivität der agrikolen Arbeit (worin hier einfach sammelnde, jagende, fischende, Vieh züchtende eingeschlossen) ist die Basis aller Mehrarbeit; wie alle Arbeit zunächst und ursprünglich auf Aneignung und Produktion der Nahrung gerichtet ist. (Das Tier gibt ja zugleich Fell zum Wärmen in kälterm Klima; außerdem Höhlenwohnungen etc.)
Dieselbe Konfusion zwischen Mehrprodukt und Bodenrente findet sich anders ausgedrückt bei Herrn Dove. Ursprünglich sind Ackerbauarbeit und industrielle Arbeit nicht getrennt; die zweite schließt sich an die erste an. Die Mehrarbeit und das Mehrprodukt des ackerbauenden Stamms, der Hausgemeinde oder Familie umfaßt sowohl agrikole wie industrielle Arbeit. Beide gehn Hand in Hand. Jagd, Fischerei, Ackerbau sind unmöglich ohne entsprechende Instrumente. Weben, Spinnen etc. werden zuerst betrieben als agrikole Nebenarbeiten.
Wir haben früher gezeigt, daß, wie die Arbeit des einzelnen Arbeiters in notwendige und Mehrarbeit zerfällt, so man die Gesamtarbeit der Arbeiterklasse derart teilen kann, daß der Teil, der die Gesamtlebensmittel für die Arbeiterklasse produziert (eingeschlossen die hierfür erheischten Produktionsmittel), die notwendige Arbeit für die ganze Gesellschaft verrichtet. Die von dem ganzen übrigen Teil der Arbeiterklasse verrichtete Arbeit kann als Mehrarbeit betrachtet werden. Aber die notwendige Arbeit schließt keineswegs bloß agrikole Arbeit ein, sondern auch die Arbeit, die alle übrigen Produkte produziert, die in den Durchschnittskonsum des Arbeiters notwendig eingehn. Auch verrichten die einen, gesellschaftlich gesprochen, bloß notwendige Arbeit, weil die andern bloß Mehrarbeit verrichten, und umgekehrt. Es ist dies nur Teilung der Arbeit zwischen ihnen. Ebenso verhält es sich mit der Teilung der Arbeit zwischen agrikolen und industriellen Arbeitern überhaupt. Dem rein industriellen Charakter der Arbeit auf der einen Seite entspricht der rein agrikole auf der andern. Diese rein agrikole Arbeit ist keineswegs naturwüchsig, sondern selbst ein Produkt, und zwar ein sehr modernes, keineswegs überall erreichtes, der gesellschaftlichen Entwicklung und entspricht einer ganz bestimmten Produktionsstufe. Ebenso wie ein Teil der agrikolen Arbeit sich vergegenständlicht in Produkten, die entweder nur dem Luxus dienen oder Rohstoffe für Industrien bilden, keineswegs aber in die Nahrung, geschweige in die Nahrung der Massen eingehn, so wird andrerseits ein Teil der industriellen Arbeit vergegenständlicht in Produkten, die zu den notwendigen Konsumtionsmitteln sowohl der agrikolen wie der nicht agrikolen Arbeiter dienen. Es ist falsch, diese industrielle Arbeit – vom gesellschaftlichen Standpunkt – als Mehrarbeit aufzufassen. Sie ist zum Teil ebenso notwendige Arbeit wie der notwendige Teil der agrikolen. Sie ist auch nur verselbständigte Form eines Teils der früher mit der agrikolen Arbeit naturwüchsig verbundnen industriellen Arbeit, notwendige gegenseitige Ergänzung der jetzt von ihr getrennten rein agrikolen Arbeit. (Rein materiell betrachtet produzieren z.B. 500 mechanische Weber in viel höherm Grade Surplusgewebe, d.h. mehr, als zu ihrer eignen Kleidung erheischt ist.)
Es ist endlich bei der Betrachtung der Erscheinungsformen der Grundrente, d.h. des Pachtgeldes, das für die Benutzung des Bodens, sei es zu produktiven, sei es zu konsumtiven Zwecken, unter dem Titel der Grundrente dem Grundbesitzer gezahlt wird, festzuhalten, daß der Preis von Dingen, die an und für sich keinen Wert haben, d.h. nicht das Produkt der Arbeit sind, wie der Boden, oder die wenigstens nicht durch Arbeit reproduziert werden können, wie Altertümer, Kunstwerke bestimmter Meister etc., durch sehr zufällige Kombinationen bestimmt werden kann. Um ein Ding zu verkaufen, dazu gehört nichts, als daß es monopolisierbar und veräußerlich ist.
Es sind drei Hauptirrtümer, die bei der Behandlung der Grundrente zu vermeiden sind und die die Analyse trüben.
1. Die Verwechslung der verschiednen Formen der Rente, die verschiednen Entwicklungsstufen des gesellschaftlichen Produktionsprozesses entsprechen.
Welches immer die spezifische Form der Rente sei, alle Typen derselben haben das gemein, daß die Aneignung der Rente die ökonomische Form ist, worin sich das Grundeigentum realisiert, und daß ihrerseits die Grundrente ein Grundeigentum, Eigentum bestimmter Individuen an bestimmten Stücken des Erdballs voraussetzt; sei nun der Eigentümer die Person, die das Gemeinwesen repräsentiert, wie in Asien, Ägypten etc., oder sei dies Grundeigentum nur Akzidens des Eigentums bestimmter Personen an den Personen der unmittelbaren Produzenten, wie beim Sklaven- oder Leibeignensystem, oder sei es reines Privateigentum von Nichtproduzenten an der Natur, bloßer Eigentumstitel am Boden, oder endlich, sei es ein Verhältnis zum Boden, welches, wie bei Kolonisten und kleinbäuerlichen Grundbesitzern, bei der isolierten und nicht sozial entwickelten Arbeit unmittelbar eingeschlossen scheint in der Aneignung und Produktion der Produkte bestimmter Bodenstücke durch die unmittelbaren Produzenten.
Diese Gemeinsamkeit der verschiednen Formen der Rente – ökonomische Realisierung des Grundeigentums zu sein, der juristischen Fiktion, kraft deren verschiedne Individuen bestimmte Teile des Erdballs ausschließlich besitzen – läßt die Unterschiede übersehn.
2. Alle Grundrente ist Mehrwert, Produkt von Mehrarbeit. Sie ist noch direkt Mehrprodukt in ihrer unentwickeltern Form, der Naturalrente. Daher der Irrtum, daß die der kapitalistischen Produktionsweise entsprechende Rente, die stets Überschuß über den Profit, d.h. über einen Wertteil der Ware ist, der selbst aus Mehrwert (Mehrarbeit) besteht – daß dieser besondre und spezifische Bestandteil des Mehrwerts dadurch erklärt sei, daß man die allgemeinen Existenzbedingungen von Mehrwert und Profit überhaupt erklärt. Diese Bedingungen sind: Die unmittelbaren Produzenten müssen über die Zeit hinaus arbeiten, die zur Reproduktion ihrer eignen Arbeitskraft, ihrer selbst erheischt ist. Sie müssen Mehrarbeit überhaupt verrichten. Dies ist die subjektive Bedingung. Aber die objektive ist, daß sie auch Mehrarbeit verrichten können; daß die Naturbedingungen derart sind, daß ein Teil ihrer disponiblen Arbeitszeit zu ihrer Reproduktion und Selbsterhaltung als Produzenten hinreicht, daß die Produktion ihrer notwendigen Lebens mittel nicht ihre ganze Arbeitskraft konsumiert. Die Fruchtbarkeit der Natur bildet hier eine Grenze, einen Ausgangspunkt, eine Basis. Andrerseits bildet die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft ihrer Arbeit die andre. Noch näher betrachtet, da die Produktion der Nahrungsmittel die allererste Bedingung ihres Lebens und aller Produktion überhaupt ist, muß die in dieser Produktion aufgewandte Arbeit, also die agrikole Arbeit im weitesten ökonomischen Sinn, fruchtbar genug sein, damit nicht die ganze disponible Arbeitszeit in der Produktion von Nahrungsmitteln für die unmittelbaren Produzenten absorbiert wird; also agrikole Mehrarbeit und daher agrikoles Mehrprodukt möglich sei. Weiter entwickelt, daß die agrikole Gesamtarbeit – notwendige und Mehrarbeit – eines Teils der Gesellschaft hinreicht, um die notwendigen Nahrungsmittel für die ganze Gesellschaft, also auch für die nicht agrikolen Arbeiter zu erzeugen; daß also diese große Teilung der Arbeit zwischen Ackerbauern und Industriellen möglich ist, und ebenso die zwischen denen der Ackerbauern, die Nahrung produzieren, und denen, die Rohstoffe produzieren. Obgleich die Arbeit der unmittelbaren Nahrungsproduzenten für sie selbst in notwendige und Mehrarbeit zerfällt, stellt sie so, in bezug auf die Gesellschaft, die nur zur Produktion der Nahrungsmittel erheischte notwendige Arbeit dar. Dasselbe findet übrigens statt bei aller Teilung der Arbeit innerhalb der ganzen Gesellschaft, im Unterschied von der Teilung der Arbeit innerhalb der einzelnen Werkstatt. Es ist die zur Produktion besondrer Artikel – zur Befriedigung eines besondren Bedürfnisses der Gesellschaft für besondre Artikel notwendige Arbeit. Ist diese Verteilung proportionell, so werden die Produkte der verschiednen Gruppen zu ihren Werten (bei weitrer Entwicklung zu ihren Produktionspreisen) verkauft, oder aber zu Preisen, die, durch allgemeine Gesetze bestimmte, Modifikationen dieser Werte resp. Produktionspreise sind. Es ist in der Tat das Gesetz des Werts, wie es sich geltend macht, nicht in bezug auf die einzelnen Waren oder Artikel, sondern auf die jedesmaligen Gesamtprodukte der besondren, durch die Teilung der Arbeit verselbständigten gesellschaftlichen Produktionssphären; so daß nicht nur auf jede einzelne Ware nur die notwendige Arbeitszeit verwandt ist, sondern daß von der gesellschaftlichen Gesamtarbeitszeit nur das nötige proportionelle Quantum in den verschiednen Gruppen verwandt ist. Denn Bedingung bleibt der Gebrauchswert. Wenn aber der Gebrauchswert bei der einzelnen Ware davon abhängt, daß sie an und für sich ein Bedürfnis befriedigt, so bei der gesellschaftlichen Produktenmasse davon, daß sie dem quantitativ bestimmten gesellschaftlichen Bedürfnis für jede besondere Art von Produkt adäquat, und die Arbeit daher im Verhältnis dieser gesellschaftlichen Bedürfnisse, die quantitativ umschrieben sind, in die verschiednen Produktionssphären proportionell verteilt ist. (Dieser Punkt heranzuziehn bei der Verteilung des Kapitals in die verschiednen Produktionssphären.) Das gesellschaftliche Bedürfnis, d.h. der Gebrauchswert auf gesellschaftlicher Potenz, erscheint hier bestimmend für die Quota der gesellschaftlichen Gesamtarbeitszeit, die den verschiednen besondren Produktionssphären anheimfallen. Es ist aber nur dasselbe Gesetz, das sich schon bei der einzelnen Ware zeigt, nämlich: daß ihr Gebrauchswert Voraussetzung ihres Tauschwerts und damit ihres Werts ist. Dieser Punkt hat mit dem Verhältnis zwischen notwendiger und Mehrarbeit nur so viel zu tun, daß mit Verletzung dieser Proportion der Wert der Ware, also auch der in ihm steckende Mehrwert, nicht realisiert werden kann. Z.B. es sei proportionell zuviel Baumwollgewebe produziert, obgleich in diesem Gesamtprodukt von Gewebe nur die unter den gegebnen Bedingungen dafür notwendige Arbeitszeit realisiert. Aber es ist überhaupt zuviel gesellschaftliche Arbeit in diesem besondren Zweig verausgabt; d.h. ein Teil des Produkts ist nutzlos. Das Ganze verkauft sich daher nur, als ob es in der notwendigen Proportion produziert wäre. Diese quantitative Schranke der auf die verschiednen besondren Produktionssphären verwendbaren Quoten der gesellschaftlichen Arbeitszeit ist nur weiterentwickelter Ausdruck des Wertgesetzes überhaupt; obgleich die notwendige Arbeitszeit hier einen andern Sinn enthält. Es ist nur soundso viel davon notwendig zur Befriedigung des gesellschaftlichen Bedürfnisses. Die Beschränkung tritt hier ein durch den Gebrauchswert. Die Gesellschaft kann, unter den gegebnen Produktionsbedingungen, nur so viel von ihrer Gesamtarbeitszeit auf diese einzelne Art von Produkt verwenden. Aber die subjektiven und objektiven Bedingungen von Mehrarbeit und Mehrwert überhaupt haben mit der bestimmten Form, sei es des Profits, sei es der Rente, nichts zu tun. Sie gelten für den Mehrwert als solchen, welche besondre Form er immer annehme. Sie erklären die Grundrente daher nicht.
3. Gerade bei der ökonomischen Verwertung des Grundeigentums, bei der Entwicklung der Grundrente, tritt als besonders eigentümlich dies hervor, daß ihr Betrag durchaus nicht durch Dazutun ihres Empfängers bestimmt ist, sondern durch die von seinem Zutun unabhängige Entwicklung der gesellschaftlichen Arbeit, an der er keinen Teil nimmt. Es wird daher leicht etwas als Eigentümlichkeit der Rente (und des Agrikulturprodukts überhaupt) gefaßt, was auf Basis der Warenproduktion, und näher der kapitalistischen Produktion, die in ihrem ganzen Umfang Warenproduktion ist, allen Produktionszweigen und allen ihren Produkten gemeinschaftlich ist.
Die Höhe der Bodenrente (und mit ihr der Wert des Bodens) entwickelt sich im Fortgang der gesellschaftlichen Entwicklung als Resultat der gesellschaftlichen Gesamtarbeit. Einerseits wächst damit der Markt und die Nachfrage nach Bodenprodukten, andrerseits unmittelbar die Nachfrage nach Grund und Boden selbst, als konkurrierender Produktionsbedingung für alle möglichen, auch nicht agrikolen Geschäftszweige. Näher, die Rente, und damit der Wert des Bodens, um nur von der eigentlichen Ackerbaurente zu sprechen, entwickelt sich mit dem Markt für das Bodenprodukt und daher mit dem Wachstum der nicht agrikolen Bevölkerung; mit ihrem Bedürfnis und ihrer Nachfrage teils für Nahrungsmittel, teils für Rohstoffe. Es liegt in der Natur der kapitalistischen Produktionsweise, daß sie die ackerbauende Bevölkerung fortwährend vermindert im Verhältnis zur nicht ackerbauenden, weil in der Industrie (im engern Sinn) das Wachstum des konstanten Kapitals, im Verhältnis zum variablen, verbunden ist mit dem absoluten Wachstum, obgleich der relativen Abnahme, des variablen Kapitals; während in der Agrikultur das variable Kapital absolut abnimmt, das zur Exploitation eines bestimmten Bodenstücks erfordert ist, also nur wachsen kann, soweit neuer Boden bebaut wird, dies aber wieder voraussetzt noch größres Wachstum der nicht agrikolen Bevölkerung.
In der Tat liegt hier nicht eine dem Ackerbau und seinen Produkten eigentümliche Erscheinung vor. Vielmehr gilt dasselbe auf Basis der Warenproduktion und ihrer absoluten Form, der kapitalistischen Produktion, für alle andren Produktionszweige und Produkte.
Diese Produkte sind Waren, Gebrauchswerte, die einen Tauschwert, und zwar einen realisierbaren, in Geld verwandelbaren Tauschwert besitzen nur in dem Umfang, worin andre Waren ein Äquivalent für sie bilden, andre Produkte ihnen als Waren und als Werte gegenübertreten; in dem Umfang also, worin sie nicht produziert werden als unmittelbare Subsistenzmittel für ihre Produzenten selbst, sondern als Waren, als Produkte, die nur durch Verwandlung in Tauschwert (Geld), durch ihre Veräußerung, zu Gebrauchswerten werden. Der Markt für diese Waren entwickelt sich durch die gesellschaftliche Teilung der Arbeit; die Scheidung der produktiven Arbeiten verwandelt ihre respektiven Produkte wechselseitig in Waren, in Äquivalente füreinander, macht sie sich wechselseitig als Markt dienen. Es ist dies durchaus nichts den Agrikulturprodukten Eigentümliches.
Die Rente kann sich als Geldrente nur entwickeln auf Basis der Warenproduktion, näher der kapitalistischen Produktion, und sie entwickelt sich in demselben Maß, worin die agrikole Produktion Warenproduktion wird; also in demselben Maß, worin sich die nicht agrikole Produktion ihr gegenüber selbständig entwickelt; denn in demselben Maß wird das Ackerbauprodukt Ware, Tauschwert und Wert. In demselben Maß, wie sich mit der kapitalistischen Produktion die Warenproduktion entwickelt, und daher die Produktion von Wert, entwickelt sich die Produktion von Mehrwert und Mehrprodukt. Aber in demselben Maß, wie letztre sich entwickelt, entwickelt sich die Fähigkeit des Grundeigentums, einen wachsenden Teil dieses Mehrwerts, vermittelst seines Monopols an der Erde, abzufangen, daher den Wert seiner Rente zu steigern und den Preis des Bodens selbst. Der Kapitalist ist noch selbsttätiger Funktionär in der Entwicklung dieses Mehrwerts und Mehrprodukts. Der Grundeigentümer hat nur den so ohne sein Zutun wachsenden Anteil am Mehrprodukt und Mehrwert abzufangen. Dies ist das Eigentümliche seiner Stellung, nicht aber dies, daß der Wert der Bodenprodukte und daher des Bodens immer wächst in dem Maß, wie der Markt sich dafür erweitert, die Nachfrage zunimmt und mit ihr die Warenwelt, die dem Bodenprodukt gegenübersteht, also in andren Worten die Masse der nicht agrikolen Warenproduzenten und der nicht agrikolen Warenproduktion. Da dies aber ohne sein Zutun geschieht, erscheint es bei ihm als etwas Spezifisches, daß Wertmasse, Masse des Mehrwerts und Verwandlung eines Teils dieses Mehrwerts in Bodenrente von dem gesellschaftlichen Produktionsprozeß, von der Entwicklung der Warenproduktion überhaupt abhängt. Daher will z.B. Dove hieraus die Rente entwickeln. Er sagt, die Rente hängt ab nicht von der Masse des agrikolen Produkts, sondern von seinem Wert; dieser aber hängt ab von der Masse und der Produktivität der nicht agrikolen Bevölkerung. Dies gilt aber von jedem andern Produkt, daß es sich nur als Ware entwickelt teils mit der Masse, teils mit der Mannigfaltigkeit der Reihe andrer Waren, die Äquivalente dafür bilden. Es ist dies schon bei der allgemeinen Darstellung des Werts gezeigt worden. Einerseits hängt die Tauschfähigkeit eines Produkts überhaupt ab von der Vielfachheit der Waren, die außer ihm existieren. Andrerseits hängt davon im besondren ab die Masse, worin es selbst als Ware produziert werden kann.
Kein Produzent, der Industrielle sowenig wie der Ackerbauer, isoliert betrachtet, produziert Wert oder Ware. Sein Produkt wird nur Wert und Ware in bestimmtem gesellschaftlichen Zusammenhang. Erstens, soweit es als Darstellung gesellschaftlicher Arbeit erscheint, also seine eigne Arbeitszeit als Teil der gesellschaftlichen Arbeitszeit überhaupt; zweitens: die ser gesellschaftliche Charakter seiner Arbeit erscheint als ein seinem Produkt aufgeprägter gesellschaftlicher Charakter, in seinem Geldcharakter und in seiner durch den Preis bestimmten allgemeinen Austauschbarkeit.
Wenn also einerseits, statt die Rente zu erklären, Mehrwert oder in noch bornierterer Fassung Mehrprodukt überhaupt erklärt wird, so wird hier andrerseits das Versehen begangen, einen Charakter, der allen Produkten als Waren und Werten zukommt, den Ackerbauprodukten ausschließlich zuzuschreiben. Noch mehr wird dies verflacht, wenn von der allgemeinen Bestimmung des Werts auf die Realisierung eines bestimmten Warenwerts zurückgegangen wird. Jede Ware kann ihren Wert nur realisieren im Zirkulationsprozeß, und ob und wieweit sie ihn realisiert, hängt von den jedesmaligen Marktbedingungen ab.
Es ist also nicht das Eigentümliche der Grundrente, daß die Agrikulturprodukte sich zu Werten und als Werte entwickeln, d.h. daß sie als Waren den andern Waren und die nicht agrikolen Produkte ihnen als Waren gegenübertreten, oder daß sie sich als besondre Ausdrücke gesellschaftlicher Arbeit entwickeln. Das Eigentümliche ist, daß mit den Bedingungen, worin sich die Agrikulturprodukte als Werte (Waren) entwickeln, und mit den Bedingungen der Realisation ihrer Werte auch die Macht des Grundeigentums sich entwickelt, einen wachsenden Teil dieser ohne sein Zutun geschaffnen Werte sich anzueignen, ein wachsender Teil des Mehrwerts sich in Grundrente verwandelt.
38. Die Differentialrente: Allgemeines
Bei Analyse der Bodenrente wollen wir zunächst von der Voraussetzung ausgehn, daß Produkte, die eine solche Rente zahlen, bei denen ein Teil des Mehrwerts, also auch ein Teil des Gesamtpreises sich in Rente auflöst – für unsern Zweck reicht es hin, Ackerbauprodukte oder auch Bergwerksprodukte zu berücksichtigen –, daß also Boden- oder Bergwerksprodukte, wie alle andren Waren, zu ihren Produktionspreisen verkauft werden. D.h. ihre Verkaufspreise sind gleich ihren Kostelementen (dem Wert des aufgezehrten konstanten und variablen Kapitals) plus einem Profit, bestimmt durch die allgemeine Profitrate, berechnet auf das vorgeschoßne Gesamtkapital, verbrauchtes und nicht verbrauchtes. Wir nehmen also an, daß die durchschnittlichen Verkaufspreise dieser Produkte gleich ihren Produktionspreisen sind. Es fragt sich dann, wie unter dieser Voraussetzung sich eine Grundrente entwickeln, d.h. ein Teil des Profits sich in Grundrente verwandeln, daher ein Teil des Warenpreises dem Grundeigentümer anheimfallen kann.
Um den allgemeinen Charakter dieser Form der Grundrente zu zeigen, unterstellen wir, die Fabriken in einem Lande würden in überwiegender Anzahl durch Dampfmaschinen getrieben, eine bestimmte Minderzahl jedoch durch natürliche Wasserfälle. Unterstellen wir, der Produktionspreis in jenen Industriezweigen sei 115 für eine Masse von Waren, worin ein Kapital von 100 verzehrt ist. Die 15% Profit sind berechnet nicht nur auf das konsumierte Kapital von 100, sondern auf das Gesamtkapital, das in der Produktion dieses Warenwerts angewandt ist. Dieser ProduktionspreisA38, wie früher erörtert, ist bestimmt, nicht durch den individuellen Kostpreis jedes einzelnen produzierenden Industriellen, sondern durch den Kostpreis, den die Ware durchschnittlich kostet unter den Durchschnittsbedingungen des Kapitals in der ganzen Produktionssphäre. Es ist in der Tat der Marktproduktionspreis; der durchschnittliche Marktpreis im Unterschied zu seinen Oszillationen. Es ist überhaupt in der Gestalt des Marktpreises und weiter in der Gestalt des regulierenden Marktpreises oder Marktproduktionspreises, daß sich die Natur des Werts der Waren darstellt, sein Bestimmtsein nicht durch die zur Produktion eines bestimmten Warenquantums oder einzelner Waren individuell, für einen bestimmten einzelnen Produzenten notwendige Arbeitszeit, sondern durch die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit; durch die Arbeitszeit, die erheischt ist, unter dem gegebnen Durchschnitt der gesellschaftlichen Produktionsbedingungen das gesellschaftlich er heischte Gesamtquantum der auf dem Markt befindlichen Warenspezies zu erzeugen.
Da die bestimmten Zahlenverhältnisse hier vollständig gleichgültig sind, wollen wir ferner annehmen, daß der Kostpreis in den Fabriken, die durch Wasserkraft getrieben werden, nur 90 statt 100 betrage. Da der den Markt regulierende Produktionspreis der Masse dieser Waren = 115, mit einem Profit von 15%, so werden die Fabrikanten, die ihre Maschinen mit Wasserkraft treiben, ebenfalls zu 115 verkaufen, d.h. zu dem den Marktpreis regulierenden Durchschnittspreis. Ihr Profit betrüge daher 25 statt 15; der regulierende Produktionspreis erlaubte ihnen einen Surplusprofit von 10% zu machen, nicht weil sie ihre Ware über, sondern weil sie sie zu dem Produktionspreis verkaufen, weil ihre Waren produziert werden oder ihr Kapital fungiert unter ausnahmsweis günstigen Bedingungen, Bedingungen, die über dem Durchschnittsniveau der in dieser Sphäre herrschenden ständen.
Zweierlei zeigt sich sofort:
Erstens: Der Surplusprofit der Produzenten, die den natürlichen Wasserfall als Triebkraft anwenden, verhält sich zunächst wie aller Surplusprofit (und wir haben diese Kategorie bereits entwickelt bei Darstellung der Produktionspreise), der nicht zufälliges Resultat von Transaktionen im Zirkulationsprozeß, von zufälligen Schwankungen der Marktpreise ist. Dieser Surplusprofit also ist ebenfalls gleich der Differenz zwischen dem individuellen Produktionspreis dieser begünstigten Produzenten und dem allgemeinen gesellschaftlichen, den Markt regulierenden Produktionspreis dieser ganzen Produktionssphäre. Diese Differenz ist gleich dem Überschuß des allgemeinen Produktionspreises der Ware über ihren individuellen Produktionspreis. Die zwei regulierenden Grenzen dieses Überschusses sind auf der einen Seite der individuelle Kostpreis und daher der individuelle Produktionspreis, auf der andern der allgemeine Produktionspreis. Der Wert der mit dem Wasserfall produzierten Ware ist kleiner, weil zu ihrer Produktion ein kleineres Gesamtquantum Arbeit erfordert ist, nämlich weniger Arbeit, die in vergegenständlichter Form, als Teil des konstanten Kapitals eingeht. Die hier angewandte Arbeit ist produktiver, ihre individuelle Produktivkraft ist größer als die in der Masse derselben Art Fabriken angewandten Arbeit. Ihre größre Produktivkraft zeigt sich darin, daß sie, um dieselbe Masse Waren zu produzieren, ein geringres Quantum konstantes Kapital braucht, ein geringres Quantum vergegenständlichter Arbeit als die andren; daneben außerdem ein geringeres Quantum lebendiger Arbeit, da das Wasserrad nicht geheizt zu werden braucht. Diese größre individuelle Produktivkraft der angewandten Arbeit vermindert den Wert, aber auch den Kostpreis und damit den Produktionspreis der Ware. Für den Industriellen stellt sich dies so dar, daß für ihn der Kostpreis der Ware geringer ist. Er hat weniger vergegenständlichte Arbeit zu zahlen und ebenso weniger Arbeitslohn für weniger angewandte lebendige Arbeitskraft. Da der Kostpreis seiner Ware geringer, ist auch sein individueller Produktionspreis geringer. Der Kostpreis für ihn ist 90 statt 100. Also wäre auch sein individueller Produktionspreis statt 115 nur 103 1/2 (100 : 115 = 90 : 103 1/2). Die Differenz zwischen seinem individuellen Produktionspreis und dem allgemeinen ist begrenzt durch die Differenz zwischen seinem individuellen Kostpreis und dem allgemeinen. Dies ist eine der Größen, die die Grenzen für seinen SurplusprofitA39 bilden. Die andre ist die Größe des allgemeinen Produktionspreises, worin die allgemeine Profitrate als einer der regelnden Faktoren eingeht. Würden die Kohlen wohlfeiler, so nähme die Differenz zwischen seinem individuellen und dem allgemeinen Kostpreis ab und daher sein Surplusprofit. Müßte er die Ware zu ihrem individuellen Wert oder dem durch ihren individuellen Wert bestimmten Produktionspreis verkaufen, so fiele die Differenz fort. Sie ist einerseits das Resultat davon, daß die Ware zu ihrem allgemeinen Marktpreis verkauft wird, zum Preis, wozu die Konkurrenz die Einzelpreise ausgleicht, andrerseits davon, daß die größre individuelle Produktivkraft der von ihm in Bewegung gesetzten Arbeit nicht den Arbeitern zugute kommt, sondern, wie alle Produktivkraft der Arbeit, ihrem Anwender; daß sie sich als Produktivkraft des Kapitals darstellt.
Da die eine Schranke dieses Surplusprofits die Höhe des allgemeinen Produktionspreises ist, wovon die Höhe der allgemeinen Profitrate einer der Faktoren, so kann er nur entspringen aus der Differenz zwischen dem allgemeinen und dem individuellen Produktionspreis, daher aus der Differenz zwischen der individuellen und der allgemeinen Profitrate. Ein Überschuß über diese Differenz unterstellt den Verkauf von Produkt über, nicht zu, dem durch den Markt geregelten Produktionspreis.
Zweitens: Bisher unterscheidet sich der Surplusprofit des Fabrikanten, der den natürlichen Wasserfall statt des Dampfs als Triebkraft anwendet, in keiner Art von allem andern Surplusprofit. Aller normale, d.h. nicht durch zufällige Verkaufsgeschäfte oder durch Schwankungen des Marktpreises hervorgebrachte Surplusprofit ist bestimmt durch die Differenz zwischen dem individuellen Produktionspreis der Waren dieses besondren Kapitals und dem allgemeinen Produktionspreis, der die Marktpreise der Waren des Kapitals dieser Produktionssphäre überhaupt regelt oder die Marktpreise der Waren des in dieser Produktionssphäre angelegten Gesamtkapitals.
Aber jetzt kommt der Unterschied.
Welchem Umstand verdankt der Fabrikant im vorliegenden Fall seinen Surplusprofit, den Überschuß, den der durch die allgemeine Profitrate regulierte Produktionspreis ihm persönlich abwirft?
In erster Instanz einer Naturkraft, der Triebkraft des Wasserfalls, der von Natur sich vorfindet und der nicht wie die Kohle, welche Wasser in Dampf verwandelt, selbst Produkt der Arbeit ist, daher Wert hat, durch ein Äquivalent bezahlt werden muß, kostet. Es ist ein natürlicher Produktionsagent, in dessen Erzeugung keine Arbeit eingeht.
Aber das ist nicht alles. Der Fabrikant, der mit der Dampfmaschine arbeitet, wendet auch Naturkräfte an, die ihm nichts kosten, die aber die Arbeit produktiver machen und, sofern sie dadurch die Herstellung der für die Arbeiter erheischten Lebensmittel verwohlfeilern, den Mehrwert und daher den Profit erhöhen; die also ganz so gut vom Kapital monopolisiert werden wie die gesellschaftlichen Naturkräfte der Arbeit, die aus Kooperation, Teilung etc. entspringen. Der Fabrikant zahlt die Kohlen, aber nicht die Fähigkeit des Wassers, seinen Aggregatzustand zu ändern, in Dampf überzugehn, nicht die Elastizität des Dampfs usw. Diese Monopolisierung der Naturkräfte, d.h. der durch sie bewirkten Steigerung der Arbeitskraft, ist allem Kapital gemeinsam, das mit Dampfmaschinen arbeitet. Sie mag den Teil des Arbeitsprodukts, der Mehrwert darstellt, erhöhen gegen den Teil, der sich in Arbeitslohn verwandelt. Soweit sie dies tut, erhöht sie die allgemeine Profitrate, aber sie schafft keinen Surplusprofit, der eben im Überschuß des individuellen Profits über den Durchschnittsprofit besteht. Daß die Anwendung einer Naturkraft, des Wasserfalls, hier Surplusprofit schafft, kann also nicht allein aus der Tatsache entspringen, daß die gesteigerte Produktivkraft der Arbeit hier der Anwendung einer Naturkraft geschuldet ist. Es müssen weitere modifizierende Umstände eintreten.
Umgekehrt. Die bloße Anwendung von Naturkräften in der Industrie mag auf die Höhe der allgemeinen Profitrate, weil auf die Masse der zur Produktion notwendiger Lebensmittel erheischten Arbeit einwirken. Sie schafft aber an und für sich keine Abweichung von der allgemeinen Profitrate, und gerade um eine solche handelt es sich hier. Ferner: Der Surplusprofit, den sonst ein individuelles Kapital in einer besondren Produktionssphäre realisiert – denn die Abweichungen der Profitraten zwischen den besondren Produktionssphären gleichen sich fortwährend zur Durchschnittsprofitrate aus –, entspringt, von den nur zufälligen Abweichungen abgesehn, aus einer Verminderung des Kostpreises, also der Produktionskosten, die entweder dem Umstand geschuldet ist, daß Kapital in größren als den durchschnittlichen Massen angewandt wird und sich daher die faux frais der Produktion vermindern, während die allgemeinen Ursachen der Steigerung der Produktivkraft der Arbeit (Kooperation, Teilung etc.) in höherm Grade, mit mehr Intensität, weil auf größrem Arbeitsfeld, wirken können; oder aber dem Umstand, daß, abgesehn vom Umfang des fungierenden Kapitals, beßre Arbeitsmethoden, neue Erfindungen, verbesserte Maschinen, chemische Fabrikgeheimnisse etc., kurz neue, verbesserte, über dem Durchschnittsniveau stehende Produktionsmittel und Produktionsmethoden angewandt werden. Die Verminderung des Kostpreises und der daraus entfließende Surplusprofit entspringen hier aus der Art und Weise, wie das fungierende Kapital angelegt wird. Sie entspringen entweder daraus, daß es in ausnahmsweis großen Massen in einer Hand konzentriert ist – ein Umstand, der sich aufhebt, sobald gleich große Kapitalmassen durchschnittlich angewandt werden – oder daß Kapital von bestimmter Größe in besonders produktiver Weise fungiert – ein Umstand, der wegfällt, sobald sich die exzeptionelle Produktionsweise verallgemeinert oder von noch mehr entwickelter überflügelt wird.
Die Ursache des Surplusprofits entspringt hier also aus dem Kapital selbst (worin die davon in Bewegung gesetzte Arbeit einbegriffen); sei es aus einem Größenunterschied des angewandten Kapitals, sei es aus zweckmäßigerer Anwendung desselben; und an und für sich steht nichts im Wege, daß alles Kapital in derselben Produktionssphäre in derselben Weise angelegt wird. Die Konkurrenz zwischen den Kapitalen strebt im Gegenteil, diese Unterschiede mehr und mehr auszugleichen; die Bestimmung des Werts durch die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit setzt sich durch in der Verwohlfeilerung der Waren und dem Zwang, die Waren unter denselben günstigen Verhältnissen herzustellen. Es verhält sich aber anders mit dem Surplusprofit des Fabrikanten, der den Wasserfall anwendet. Die gesteigerte Produktivkraft der von ihm angewandten Arbeit entspringt weder aus dem Kapital und der Arbeit selbst, noch aus bloßer Anwendung einer von Kapital und Arbeit unterschiednen, aber dem Kapital einverleibten Naturkraft. Sie entspringt aus der größren naturwüchsigen Produktivkraft der Arbeit, gebunden an die Benutzung einer Naturkraft, aber nicht einer Naturkraft, die allem Kapital in derselben Produktionssphäre zur Verfügung steht, wie z.B. die Elastizität des Dampfs; deren Anwendung sich also nicht von selbst versteht, sobald überhaupt Kapital in dieser Sphäre angelegt wird. Sondern einer monopolisierbaren Naturkraft, die wie der Wasserfall nur denen zur Verfügung steht, die über besondre Stücke des Erdbodens und seine Appartenentien zu verfügen haben. Es hängt durchaus nicht vom Kapital ab, diese Naturbedingung größrer Produktivkraft der Arbeit ins Leben zu rufen, in der Art, wie jedes Kapital Wasser in Dampf verwandeln kann. Sie findet sich nur lokal in der Natur vor und ist da, wo sie sich nicht vorfindet, nicht herstellbar durch bestimmte Auslage von Kapital. Sie ist nicht gebunden an durch Arbeit herstellbare Produkte wie Maschinen, Kohlen etc., sondern an bestimmte Naturverhältnisse bestimmter Teile des Bodens. Der Teil der Fabrikanten, der die Wasserfälle besitzt, schließt den Teil, der sie nicht besitzt, von der Anwendung dieser Naturkraft aus, weil der Boden und noch mehr der mit Wasserkraft begabte Boden beschränkt ist. Es schließt dies nicht aus, daß, obgleich die Masse der natürlichen Wasserfälle in einem Lande beschränkt ist, die Masse der zur Industrie vernutzbaren Wasserkraft vermehrt werden kann. Der Wasserfall kann künstlich abgeleitet werden, um seine Triebkraft vollständig auszunutzen; den Fall gegeben, kann das Wasserrad verbessert werden, um möglichst viel von der Wasserkraft zu verwenden; wo das gewöhnliche Rad für die Wasserzufuhr nicht paßt, können Turbinen angewandt werden etc. Der Besitz dieser Naturkraft bildet ein Monopol in der Hand ihres Besitzers, eine Bedingung hoher Produktivkraft des angelegten Kapitals, die nicht durch den Produktionsprozeß des Kapitals selbst hergestellt werden kann125; diese Naturkraft, die so monopolisierbar ist, haftet immer an der Erde. Eine solche Naturkraft gehört nicht zu den allgemeinen Bedingungen der fraglichen Produktionssphäre und nicht zu den Bedingungen derselben, die allgemein herstellbar sind.
Denken wir uns nun die Wasserfälle, mit dem Boden, zu dem sie gehören, in der Hand von Subjekten, die als Inhaber dieser Teile des Erdballs gelten, als Grundeigentümer, so schließen sie die Anlage des Kapitals am Wasserfall und seine Benutzung durch das Kapital aus. Sie können die Benutzung erlauben oder versagen. Aber das Kapital aus sich kann den Wasserfall nicht schaffen. Der Surplusprofit, der aus dieser Benutzung des Wasserfalls entspringt, entspringt daher nicht aus dem Kapital, sondern aus der Anwendung einer monopolisierbaren und monopolisierten Naturkraft durch das Kapital. Unter diesen Umständen verwandelt sich der Surplusprofit in Grundrente, d.h. er fällt dem Eigentümer des Wasserfalls zu. Zahlt der Fabrikant diesem 10 Pfd. St. jährlich für seinen Wasserfall, so beträgt sein Profit 15 Pfd. St.; 15% auf die 100 Pfd. St., worauf dann seine Produktionskosten sich belaufen; und er steht sich ganz ebenso gut, möglicherweise besser, als alle andren Kapitalisten seiner Produktionssphäre, die mit Dampf arbeiten. Es würde nichts an der Sache ändern, wenn der Kapitalist selbst den Wasserfall eignete. Er würde nach wie vor den Surplusprofit von 10 Pfd. St. nicht als Kapitalist, sondern als Eigentümer des Wasserfalls beziehn, und eben weil dieser Überschuß nicht aus seinem Kapital als solchem, sondern aus der Verfügung über eine von seinem Kapital trennbare, monopolisierbare, in ihrem Umfang beschränkte Naturkraft entspringt, verwandelt er sich in Grundrente.
Erstens: Es ist klar, daß diese Rente immer Differentialrente ist, denn sie geht nicht bestimmend ein in den allgemeinen Produktionspreis der Ware, sondern setzt ihn voraus. Sie entspringt stets aus der Differenz zwischen dem individuellen Produktionspreis des Einzelkapitals, dem die monopolisierte Naturkraft zur Verfügung steht, und dem allgemeinen Produktionspreis des in der fraglichen Produktionssphäre überhaupt angelegten Kapitals.
Zweitens: Diese Grundrente entspringt nicht aus der absoluten Erhöhung der Produktivkraft des angewandten Kapitals, resp. der von ihm angeeigneten Arbeit, die überhaupt nur den Wert der Waren vermindern kann; sondern aus der größren relativen Fruchtbarkeit bestimmter, in einer Produktionssphäre angelegter Einzelkapitale, verglichen mit den Kapitalanlagen, die von diesen ausnahmsweisen, naturgeschaff nen Gunstbedingungen der Produktivkraft ausgeschlossen sind. Wenn z.B. die Benutzung des Dampfs, obgleich die Kohlen Wert haben und die Wasserkraft nicht, überwiegende Vorteile gewährte, die bei Benutzung der Wasserkraft ausgeschlossen wären, sie mehr als kompensierten, so würde die Wasserkraft nicht angewandt und könnte keinen Surplusprofit, daher keine Rente erzeugen.
Drittens: Die Naturkraft ist nicht die Quelle des Surplusprofits, sondern nur eine Naturbasis desselben, weil die Naturbasis der ausnahmsweis erhöhten Produktivkraft der Arbeit. So ist der Gebrauchswert überhaupt Träger des Tauschwerts, aber nicht seine Ursache. Derselbe Gebrauchswert, könnte er ohne Arbeit verschafft werden, hätte keinen Tauschwert, behielte aber nach wie vor seine natürliche Nützlichkeit als Gebrauchswert. Andrerseits aber hat ein Ding keinen Tauschwert ohne Gebrauchswert, also ohne solchen natürlichen Träger der Arbeit. Glichen sich nicht die verschiednen Werte zu Produktionspreisen und die verschiednen individuellen Produktionspreise zu einem allgemeinen, den Markt regulierenden Produktionspreis aus, so würde die bloße Steigerung der Produktivkraft der Arbeit durch den Gebrauch des Wasserfalls nur den Preis der mit dem Wasserfall produzierten Waren erniedrigen, ohne den in diesen Waren steckenden Profitteil zu erhöhen, ganz wie sich andrerseits diese gesteigerte Produktivkraft der Arbeit überhaupt nicht in Mehrwert verwandeln würde, appropriierte nicht das Kapital die Produktivkraft, natürliche und gesellschaftliche, der von ihm angewandten Arbeit als seine eigne.
Viertens: Das Grundeigentum am Wasserfall hat mit der Schöpfung des Teils des Mehrwerts (Profits) und daher des Preises der Ware überhaupt, die mit Hilfe des Wasserfalls produziert wird, an und für sich nichts zu schaffen. Dieser Surplusprofit existierte auch, wenn kein Grundeigentum existierte, wenn z.B. das Land, wozu der Wasserfall gehörte, vom Fabrikanten als herrenloses Land benutzt würde. Das Grundeigentum schafft also nicht den Wertteil, der sich in Surplusprofit verwandelt, sondern es befähigt nur den Grundeigentümer, den Eigentümer des Wasserfalls, diesen Surplusprofit aus der Tasche des Fabrikanten in seine eigne zu locken. Es ist die Ursache, nicht der Schöpfung dieses Surplusprofits, sondern seiner Verwandlung in die Form der Grundrente, daher der Aneignung dieses Teils des Profits, resp. des Warenpreises, durch den Grund- oder Wasserfallseigentümer.
Fünftens: Es ist klar, daß der Preis des Wasserfalls, also der Preis, den der Grundeigentümer erhielte, verkaufte er ihn an eine dritte Person oder auch an den Fabrikanten selbst, zunächst nicht in den Produk tionspreis der Waren eingeht, obgleich in den individuellen Kostpreis des Fabrikanten; denn die Rente entspringt hier aus dem, unabhängig vom Wasserfall regulierten, Produktionspreis der mit Dampfmaschinen produzierten Waren derselben Art. Ferner aber ist dieser Preis des Wasserfalls überhaupt ein irrationeller Ausdruck, hinter dem sich ein reelles ökonomisches Verhältnis versteckt. Der Wasserfall, wie die Erde überhaupt, wie alle Naturkraft, hat keinen Wert, weil er keine in ihm vergegenständlichte Arbeit darstellt und daher auch keinen Preis, der normaliter nichts ist als der in Geld ausgedrückte Wert. Wo kein Wert ist, kann eo ipso auch nichts in Geld dargestellt werden. Dieser Preis ist nichts als die kapitalisierte Rente. Das Grundeigentum befähigt den Eigentümer, die Differenz zwischen dem individuellen Profit und dem Durchschnittsprofit abzufangen; der so abgefangne Profit, der sich jährlich erneuert, kann kapitalisiert werden und erscheint dann als Preis der Naturkraft selbst. Ist der Surplusprofit, den die Benutzung des Wasserfalls dem Fabrikanten abwirft, 10 Pfd. St. jährlich und der Durchschnittszins 5%, so stellen diese 10 Pfd. St. jährlich den Zins eines Kapitals von 200 Pfd. St. dar; und diese Kapitalisation der jährlichen 10 Pfd. St., die der Wasserfall seinen Eigentümer befähigt, dem Fabrikanten abzufangen, erscheint dann als Kapitalwert des Wasserfalls selbst. Daß nicht dieser selbst Wert hat, sondern sein Preis bloßer Reflex des abgefangnen Surplusprofits ist, kapitalistisch berechnet, zeigt sich gleich darin, daß der Preis von 200 Pfd. St. nur das Produkt des Surplusprofits von 10 Pfd. St. mit 20 Jahren darstellt, während unter sonst gleichbleibenden Umständen derselbe Wasserfall für unbestimmte Zeit, 30, 100, x Jahre den Eigentümer befähigt, jährlich diese 10 Pfd. St. abzufangen, und während andrerseits, wenn eine neue, nicht auf Wasserkraft anwendbare Produktionsmethode den Kostpreis der mit der Dampfmaschine produzierten Waren von 100 auf 90 Pfd. St. erniedrigte, der Surplusprofit und damit die Rente und damit der Preis des Wasserfalls verschwände.
Nachdem wir so den allgemeinen Begriff der Differentialrente festgesetzt, gehn wir nun zur Betrachtung derselben in der eigentlichen Agrikultur über. Was von ihr gesagt wird, gilt im ganzen auch für Bergwerke.
39. Erste Form der Differentialrente (Differentialrente I)
Ricardo hat vollständig recht in folgenden Sätzen:
»Rent« (d.h. Differentialrente; er unterstellt, daß überhaupt keine Rente existiert außer Differentialrente) »is always the difference between the produce obtained by the employment of two equal quantities of capital and labour.« (»Principles«, p. 59.)
»Auf derselben Bodenquantität«, hätte er hinzufügen müssen, soweit es sich um Grundrente und nicht um Surplusprofit überhaupt handelt.
In andern Worten: Surplusprofit, wenn normal und nicht durch zufällige Begebenheiten im Zirkulationsprozeß erzeugt, wird immer produziert als Differenz zwischen dem Produkt von zwei gleichen Mengen Kapital und Arbeit, und dieser Surplusprofit verwandelt sich in Bodenrente, wenn zwei gleiche Mengen Kapital und Arbeit auf gleichen Bodenflächen mit ungleichen Resultaten beschäftigt werden. Es ist übrigens keineswegs unbedingt erforderlich, daß dieser Surplusprofit aus den ungleichen Resultaten gleicher Mengen von beschäftigtem Kapital entspringt. Es können auch in den verschiednen Anlagen ungleich große Kapitale beschäftigt sein; dies ist sogar meist die Voraussetzung; aber gleiche proportionelle Teile, also z.B. 100 Pfd. St. von jedem, geben ungleiche Resultate; d.h. die Profitrate ist verschieden. Dies ist die allgemeine Voraussetzung für das Dasein des Surplusprofits in einer beliebigen Sphäre der Kapitalanlage überhaupt. Das zweite ist die Verwandlung dieses Surplusprofits in die Form der Grundrente (überhaupt der Rente, als einer vom Profit unterschiednen Form); es muß immer untersucht werden, wann, wie, unter welchen Umständen diese Verwandlung stattfindet.
Ricardo hat ferner recht mit Bezug auf den folgenden Satz, sofern er auf Differentialrente eingeschränkt wird:
»Whatever diminishes the inequality in the produce obtained on the same or on new land, tends to lower rent; and whatever increases that inequality, necessarily produces an opposite effect, and tends to raise it.« (p. 74.)
Unter diese Ursachen aber gehören nicht nur die allgemeinen (Fruchtbarkeit und Lage), sondern 1. die Steuerverteilung, je nachdem sie gleichmäßig wirkt oder nicht; das letztre ist immer der Fall, wenn sie, wie in England, nicht zentralisiert ist und wenn die Steuer auf den Boden und nicht auf die Rente erhoben wird; 2. die Ungleichheiten, die aus der verschiednen Entwicklung der Agrikultur in verschiednen Landesteilen hervorgehn, indem sich dieser Industriezweig, seines traditionellen Charakters wegen, schwerer nivelliert als die Manufaktur, und 3. die Ungleichheit, worin Kapital unter die Pächter verteilt ist. Da die Besitzergreifung der Agrikultur durch die kapitalistische Produktionsweise, die Verwandlung der selbstwirtschaftenden Bauern in Lohnarbeiter, in der Tat die letzte Eroberung dieser Produktionsweise überhaupt ist, so sind diese Ungleichheiten hier größer als in irgendeinem andern Industriezweig.
Nach diesen Vorbemerkungen will ich erst ganz kurz zusammenstellen die Eigentümlichkeiten meiner Entwicklung im Unterschied der von Ricardo etc.
Wir betrachten zuerst die ungleichen Ergebnisse gleicher Mengen von Kapital, angewandt auf verschiedne Ländereien von gleichem Umfang; oder, bei ungleichem Umfang, die Ergebnisse berechnet auf gleich große Bodenflächen.
Die zwei allgemeinen, vom Kapital unabhängigen Ursachen dieser ungleichen Ergebnisse sind: 1. die Fruchtbarkeit (es ist zu diesem Punkt 1 auseinanderzusetzen, was alles und welche verschiednen Momente in der natürlichen Fruchtbarkeit der Ländereien einbegriffen sind), 2. die Lage der Ländereien. Die letztre ist entscheidend bei Kolonien und überhaupt entscheidend für die Reihenfolge, worin Ländereien nacheinander in Bebauung genommen werden können. Ferner ist es klar, daß diese zwei verschiednen Gründe der Differentialrente, Fruchtbarkeit und Lage, in entgegengesetzter Richtung wirken können. Ein Boden kann sehr gut gelegen und sehr wenig fruchtbar sein, und umgekehrt. Dieser Umstand ist wichtig, denn er erklärt uns, warum bei der Urbarmachung des Bodens eines gegebnen Landes ebensowohl von besserm Land zu schlechterem, wie umgekehrt vorgeschritten werden kann. Endlich ist klar, daß der Fortschritt der sozialen Produktion überhaupt einerseits nivellierend wirkt auf die Lage als Grund der Differentialrente, indem er lokale Märkte schafft und durch Herstellung der Kommunikations- und Transportmittel Lage schafft; andrerseits die Unterschiede der lokalen Lagen der Ländereien steigert, durch die Trennung der Agrikultur von der Manufaktur und durch Bildung großer Zentren der Produktion nach der einen, wie durch relative Vereinsamung des Landes nach andrer Seite hin.
Zunächst aber lassen wir diesen Punkt, die Lage, außer acht und betrachten bloß den der natürlichen Fruchtbarkeit. Abgesehn von klimatischen etc. Momenten, besteht der Unterschied der natürlichen Fruchtbarkeit im Unterschied der chemischen Zusammensetzung der Bodenoberfläche, d.h. in ihrem verschiednen Gehalt an den Nahrungsstoffen der Pflanzen. Indes, gleichen chemischen Gehalt und in diesem Sinn gleiche natürliche Fruchtbarkeit zweier Bodenflächen vorausgesetzt, wird die wirkliche, effektive Fruchtbarkeit verschieden sein, je nachdem sich diese Nahrungsstoffe in einer Form befinden, worin sie mehr oder minder assimilierbar, unmittelbar verwertbar für die Nahrung der Pflanzen sind. Es wird also teils von der chemischen, teils von der mechanischen Entwicklung der Agrikultur abhängen, wieweit auf natürlich gleich fruchtbaren Ländereien dieselbe natürliche Fruchtbarkeit disponibel gemacht werden kann. Die Fruchtbarkeit, obgleich objektive Eigenschaft des Bodens, schließt daher ökonomisch immer Relation ein, Relation zum gegebnen chemischen und mechanischen Entwicklungsstand der Agrikultur, und ändert sich daher mit diesem Entwicklungsstand. Sei es infolge chemischer Mittel (z.B. Anwendung bestimmter flüssiger Dünger auf steifem Tonboden oder auch Brennen von schwerem Tonboden) oder mechanischer Mittel (z.B. besondrer Pflüge für schweren Boden) können die Hindernisse beseitigt werden, welche gleich fruchtbaren Boden tatsächlich unergiebiger machten (auch die Dränierung gehört dazu). Oder selbst die Reihenfolge in der Bebauung der Bodenarten kann dadurch wechseln, wie dies z.B. zwischen leichtem Sandboden und schwerem Tonboden für eine Entwicklungsperiode der englischen Agrikultur der Fall war. Dies zeigt wieder, wie historisch – im sukzessiven Lauf der Bebauung – ebensowohl von mehr fruchtbarem zu weniger fruchtbarem Boden übergegangen werden kann, wie umgekehrt. Dasselbe kann geschehn durch künstlich hervorgebrachte Verbesserung in der Zusammensetzung des Bodens oder durch bloße Änderung in der Agrikulturmethode. Endlich kann dasselbe Resultat hervorgehn aus Veränderung in der Hierarchie der Bodenarten infolge verschiedner Verhältnisse des Untergrundes, sobald dieser ebenfalls in den Kulturbereich gezogen und zur Ackerkrume geschlagen wird. Dies ist bedingt teils durch Anwendung neuer Agrikulturmethoden (wie Futterkräuter), teils durch mechanische Mittel, die entweder den Untergrund zum Obergrund machen oder ihn damit vermischen oder den Untergrund bebauen, ohne ihn in die Höhe zu werfen.
Alle diese Einflüsse auf die Differentialfruchtbarkeit verschiedner Ländereien kommen darauf hinaus, daß für die ökonomische Fruchtbarkeit der Stand der Produktivkraft der Arbeit, hier die Fähigkeit der Agrikultur, die natürliche Fruchtbarkeit des Bodens sofort ausbeutbar zu machen – eine Fähigkeit, die in verschiednen Entwicklungsstufen verschieden ist –, ebensosehr ein Moment der sogenannten natürlichen Fruchtbarkeit des Bodens ist, wie seine chemische Zusammensetzung und seine andren natürlichen Eigenschaften.
Wir setzen also eine gegebne Entwicklungsstufe der Agrikultur voraus. Wir setzen ferner voraus, daß die Hierarchie der Bodenarten mit Beziehung auf diese Entwicklungsstufe berechnet ist, wie es natürlich für gleichzeitige Kapitalanlagen auf den verschiednen Ländereien stets der Fall ist. Dann kann die Differentialrente sich in aufsteigender oder absteigender Reihenfolge darstellen, denn obgleich die Reihenfolge gegeben ist für die Totalität der wirklich bebauten Ländereien, hat stets eine sukzessive Bewegung stattgefunden, worin sie gebildet wurde.
Unterstelle 4 Bodenarten, A, B, C, D. Unterstelle ferner den Preis eines Quarters Weizen = 3 Pfd. St. oder 60 sh. Da die Rente bloße Differentialrente ist, ist dieser Preis von 60 sh. per Quarter für den schlechtesten Boden gleich den Produktionskosten, d.h. gleich Kapital plus Durchschnittsprofit.
A sei dieser schlechteste Boden und gebe für 50 sh. Auslage 1 Quarter = 60 sh.; also 10 sh. Profit oder 20%.
B gebe für dieselbe Auslage 2 Quarters = 120 sh. Es wäre dies 70 sh. Profit oder ein Surplusprofit von 60 sh.
C gebe bei gleicher Auslage 3 qrs. = 180 sh.; Gesamtprofit = 130 sh. Surplusprofit = 120 sh.
D gebe 4 qrs. = 240 sh. = 180 sh. Surplusprofit.
Wir hätten dann folgende Reihenfolge:
Tabelle I
{TITEL}Tabelle I Bodenart Produkt Kapital— Profit Rente Quarters Schillinge vorschuß Quarters Schillinge Quarters Schillinge ———————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— A 1 60 50 1/6 10 — — B 2 120 50 1/6 70 1 60 C 3 180 50 2 1/6 130 2 120 D 4 240 50 3 1/6 190 3 180 ———————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— Total 10 600 6 36
Die respektiven Renten waren für D = 190 sh. – 10 sh., oder die Differenz zwischen D und A; für C = 130 – 10 sh., oder die Differenz zwischen C und A; für B = 70 sh. – 10 sh., oder die Differenz zwischen B und A; und die Gesamtrente für B, C, D = 6 qrs. = 360 sh., gleich der Summe der Differenzen von D und A, C und A, B und A.
Diese Reihenfolge, die ein gegebnes Produkt in einem gegebnen Zustand darstellt, kann ebensowohl, abstrakt betrachtet (und wir haben schon die Gründe angegeben, warum dies auch in der Wirklichkeit der Fall sein kann), in absteigender Reihenfolge (von D bis A herabsteigend, von fruchtbarem zu stets unfruchtbarerem Boden) wie in aufsteigender Stufenfolge (von A nach D heraufsteigend, von relativ unfruchtbarem zu immer fruchtbarerem Boden), endlich wechselnd, bald ab-, bald aufsteigend, z.B. von D auf C von C auf A, von A auf B, hervorgebracht sein.
Der Prozeß bei der absteigenden Folge war der: der Preis des Quarters steigt allmählich von sage 15 sh. auf 60. Sobald die von D produzierten 4 qrs. (worunter man sich Millionen denken kann) nicht mehr aus reichten, stieg der Weizenpreis so weit, daß die fehlende Zufuhr von C geschafft werden konnte. D.h., der Preis mußte auf 20 sh. per qr. gestiegen sein. Sobald der Weizenpreis auf 30 sh. per qr. stieg, konnte B, sobald er auf 60 stieg, konnte A in Bebauung genommen werden, ohne daß das darauf verwandte Kapital sich mit einer geringern Profitrate als 20% zu begnügen hatte. Es bildete sich so eine Rente für D, zuerst von 5 sh. per qr. = 20 sh. für die 4 qrs., die es produziert; dann von 15 sh. per qr. = 60 sh., dann von 45 sh. per qr. = 180 sh. für 4 qrs.
War die Profitrate von D ursprünglich ebenfalls = 20%, so war sein Gesamtprofit auf die 4 qrs. auch nur 10 sh., was aber mehr Korn vorstellte bei einem Kornpreis von 15 sh. als bei dem von 60 sh. Da aber das Korn in die Reproduktion der Arbeitskraft eingeht und von jedem Quarter ein Teil Arbeitslohn ersetzen muß und ein andrer konstantes Kapital, so war unter dieser Voraussetzung der Mehrwert höher, also auch, bei sonst gleichbleibenden Umständen, die Profitrate. (Die Sache über die Profitrate noch besonders und mehr im Detail zu untersuchen.)
War dagegen die Reihenfolge umgekehrt, fing der Prozeß von A an, so stieg, sobald neues Ackerland in Bebauung gesetzt werden mußte, erst der Preis des Quarters über 60 sh.; da aber die nötige Zufuhr von B geliefert wurde, die nötige Zufuhr von 2 qrs., fiel er wieder auf 60 sh.; indem zwar B das qr. zu 30 sh. produzierte, es aber zu 60 verkaufte, weil seine Zufuhr gerade nur hinreichte, die Nachfrage zu decken. So bildete sich eine Rente, zunächst von 60 sh. für B, und in derselben Weise für C und D; immer vorausgesetzt, daß, obgleich sie beide relativ das qr. zu 20 und zu 15 sh. wirklichem Wert lieferten, der Marktpreis auf 60 sh. bleibt, weil die Zufuhr des einen qr., welches A liefert, nach wie vor notwendig ist, um den Gesamtbedarf zu befriedigen. In diesem Fall würde das Steigen der Nachfrage über den Bedarf, den erst A, dann A und B befriedigten, nicht bewirkt haben, daß B, C, D sukzessive angebaut werden konnten, sondern daß überhaupt das Feld der Urbarmachung ausgedehnt wurde und zufällig die fruchtbareren Ländereien erst später in seinen Bereich fielen.
In der ersten Reihe würde mit der Zunahme des Preises die Rente steigen und die Profitrate abnehmen. Diese Abnahme könnte durch entgegenwirkende Umstände ganz oder teilweis paralysiert werden; auf diesen Punkt ist später näher einzugehn. Es darf nicht vergessen werden, daß die allgemeine Profitrate nicht durch den Mehrwert in allen Produktionssphären gleichmäßig bestimmt ist. Es ist nicht der agrikole Profit, der den industriellen bestimmt, sondern umgekehrt. Doch darüber später.
In der zweiten Reihe bliebe die Profitrate auf das ausgelegte Kapital dieselbe; die Masse des Profits würde sich in weniger Korn darstellen; aber der relative Preis des Korns, verglichen mit andren Waren, wäre gestiegen. Nur würde die Zunahme des Profits, wo eine solche stattfindet, statt in die Taschen der industriellen Pächter zu fließen und sich als wachsender Profit darzustellen, sich vom Profit abzweigen in der Form der Rente. Der Kornpreis bliebe aber unter der gemachten Voraussetzung stationär.
Entwicklung und Wachstum der Differentialrente blieben dieselben, sowohl bei gleichbleibenden wie bei steigenden Preisen und sowohl bei dem kontinuierlichen Progreß von schlechterm zu besserm Boden wie bei kontinuierlichem Regreß von besserm zu schlechterm Boden.
Bisher haben wir angenommen, 1. daß der Preis in der einen Reihenfolge steigt, in der andern stationär bleibt, und 2. daß beständig von besserm zu schlechterm oder umgekehrt von schlechterm zu besserm Boden fortgegangen wird.
Nehmen wir aber an, der Getreidebedarf steige von den ursprünglichen 10 auf 17 qrs.; ferner, der schlechteste Boden A werde verdrängt durch einen andern Boden A, der mit den Produktionskosten von 60 sh. (50 sh. Kost plus 10 sh. für 20% Profit) 1 1/3 qr. liefert, dessen Produktionspreis für den qr. also = 45 sh.; oder auch, der alte Boden A habe sich infolge fortgesetzter rationeller Bebauung verbessert oder sei bei gleichbleibenden Kosten produktiver bebaut worden, z.B. durch Einführung von Klee etc., so daß sein Produkt bei gleichbleibendem Kapitalvorschuß auf 1 1/3 qr. steigt. Nehmen wir ferner an, die Bodenarten B, C, D lieferten nach wie vor dasselbe Produkt, aber es seien neue Bodenarten A' von einer Fruchtbarkeit zwischen A und B, ferner B', B'' von einer Fruchtbarkeit zwischen B und C in Anbau gekommen; in diesem Falle würden folgende Phänomene stattfinden.
Erstens: Der Produktionspreis des qr. Weizen oder sein regulierender Marktpreis wäre gefallen von 60 auf 45 sh. oder um 25%.
Zweitens: Es wäre gleichzeitig von fruchtbarerem zu unfruchtbarerem Boden und von weniger fruchtbarem zu fruchtbarerem fortgegangen worden. Der Boden A' ist fruchtbarer als A, aber unfruchtbarer als die bisher bebauten B, C, D; und B', B'' sind fruchtbarer als A, A' und B, aber unfruchtbarer als C und D. Es wäre also die Reihenfolge in Kreuz- und Querzügen gegangen; es wäre nicht zu absolut unfruchtbarerem Boden fortgegangen worden gegenüber A etc., aber zu relativ unfruchtbarerem, verglichen mit den bisher fruchtbarsten Bodenarten C und D; es wäre andrerseits nicht zu absolut fruchtbarerem Boden fortgegangen worden, aber zu relativ fruchtbarerem gegenüber den bisher unfruchtbarsten A, resp. A und B.
Drittens: Die Rente auf B wäre gefallen; ebenso die Rente von C und D; aber das Gesamtrental in Korn wäre gestiegen von 6 qrs. auf 7 2/3; die Masse der bebauten und Rente tragenden Ländereien hätte zugenommen und die Masse des Produkts von 10 qrs. auf 17. Der Profit, wenn gleichbleibend für A, wäre in Korn ausgedrückt gestiegen; aber die Profitrate selbst hätte steigen können, weil der relative Mehrwert. In diesem Fall wären wegen Verwohlfeilerung der Lebensmittel der Arbeitslohn, also die Auslage an variablem Kapital gefallen, also auch die Gesamtauslage. In Geld wäre das Gesamtrental gefallen von 360 sh. auf 345.
Wir wollen die neue Reihenfolge hierherstellen.
Tabelle II
{TITEL}Tabelle II Bodenart Produkt Kapital— Profit Rente Productionspreis Quarters Schillinge auslage Quarters Schillinge Quarters Schillinge per Quarter —————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— A 1 1/3 60 50 2/9 10 — — 45 sh. A' 1 1/3 75 50 5/9 25 1/3 15 36 " B 2 90 50 8/9 40 2/3 30 30 " B' 2 1/3 105 50 1 2/9 55 1 45 25 5/7 " B'' 2 2/3 120 50 1 5/9 70 1 1/3 60 22 1/2 " C 3 135 50 1 8/9 85 1 2/3 75 20 " D 4 180 50 2 8/9 130 2 2/3 120 15 " —————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— Total 17 7 2/3 345
Waren endlich nur die Bodenarten A, B, C, D nach wie vor kultiviert, aber ihre Ertragfähigkeit derart gesteigert worden, daß A statt 1 qr. 2, B statt 2 qrs. 4, C statt 3 qrs. 7 und D statt 4 qrs. 10 produziert hätte, so daß also dieselben Ursachen verschieden auf die verschiednen Bodenarten gewirkt hätten, so wäre die Gesamtproduktion gestiegen von 10 qrs. auf 23. Nehmen wir an, daß die Nachfrage infolge des Steigens der Bevölkerung und des Sinkens des Preises diese 23 qrs. absorbiert hätte, so ergäbe sich folgendes Resultat:
Tabelle III
{TITEL}Tabelle III Bodenart Produkt Kapital— Produktionspreis Profit Rente Quarters Schillinge auslage per Quarter Quarters Schillinge Quarters Schillinge ———————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— A 2 60 50 30 1/3 10 0 0 B 4 120 50 15 2 1/3 70 2 60 C 7 210 50 8 4/7 5 1/3 160 5 150 D 10 300 50 6 8 1/3 250 8 240 ———————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— Total 23 15 450
Die Zahlenverhältnisse sind hier, wie bei den übrigen Tabellen, willkürlich, aber die Annahmen sind durchaus rationell.
Die erste und Hauptannahme ist, daß die Verbesserung in der Agrikultur auf verschiedne Bodenarten ungleichmäßig wirkt und hier auf die besten Bodenarten C und D mehr wirkt als auf A und B. Die Erfahrung hat gezeigt, daß dies in der Regel sich so verhält, wenn auch der umgekehrte Fall eintreten kann. Wirkte die Verbesserung mehr auf den schlechtern Boden als auf den bessern, so wäre die Rente auf den letztren gefallen statt zu steigen. – Mit dem absoluten Wachsen der Fruchtbarkeit aller Bodenarten ist in der Tabelle aber zugleich vorausgesetzt das Wachsen der höhern relativen Fruchtbarkeit bei den bessern Bodenarten C und D, daher Wachsen der Differenz des Produkts bei gleicher Kapitalanlage und daher Wachsen der Differentialrente.
Die zweite Voraussetzung ist, daß mit dem wachsenden Gesamtprodukt der Gesamtbedarf Schritt hält. Erstens braucht man sich das Wachstum nicht als plötzlich erfolgt zu denken, sondern allmählich, bis die Reihe III hergestellt wird. Zweitens ist es falsch, daß der Konsum notwendiger Lebensmittel nicht wächst mit ihrer Verwohlfeilerung. Die Abschaffung der Korngesetze in England (siehe Newman) hat das Gegenteil bewiesen, und die entgegengesetzte Vorstellung ist nur daher entstanden, daß große und plötzliche Unterschiede in den Ernten, die bloß dem Wetter geschuldet sind, in den Getreidepreisen bald unverhältnismäßigen Fall, bald unverhältnismäßiges Steigen hervorbringen. Wenn hier die plötzliche und kurzlebige Verwohlfeilerung nicht Zeit bekommt, ihre volle Wirkung auf Ausdehnung der Konsumtion auszuüben, so ist das Gegenteil der Fall, wo die Verwohlfeilerung aus dem Sinken des regulierenden Produktionspreises selbst hervorgeht, also von Dauer ist. Drittens: Ein Teil des Getreides kann als Branntwein oder Bier verzehrt werden. Und der steigende Konsum dieser beiden Artikel ist keineswegs in enge Grenzen gebunden. Viertens hängt die Sache teils vom Wachstum der Bevölkerung ab, teils kann das Land ein Kornexportland sein, wie England bis über die Mitte des 18. Jahrhunderts hinaus noch war, so daß der Bedarf nicht durch die Grenzen der bloß nationalen Konsumtion reguliert ist. Endlich kann Vermehrung und Verwohlfeilerung der Produktion von Weizen die Folge haben, daß statt Roggen oder Hafer Weizen Hauptnahrungsmittel der Volksmasse wird, also schon dadurch der Markt dafür wächst, wie bei abnehmendem Produkt und zunehmendem Preis der umgekehrte Fall eintreten kann. – Unter diesen Voraussetzungen also und bei den angenommenen Zahlenverhältnissen gibt die Reihe III das Resultat, daß der Preis per qr. fällt von 60 auf 30 sh., also um 50%, daß die Produktion, verglichen mit Reihe I, wächst von 10 auf 23 qrs., also um 130%; daß die Rente auf Boden B stationär bleibt, auf C sich um 25% und auf D sich um 33 1/3% erhöht, und daß das Gesamtrental steigt von 18 auf 22 1/2 Pfd. St., also um 25%.A40
Es ergibt sich aus der Vergleichung der drei Tabellen (wovon Reihe I doppelt zu nehmen ist, von A zu D aufsteigend und von D zu A herabsteigend), die entweder als gegebne Abstufungen in einem gegebnen Zustand der Gesellschaft aufgefaßt werden können – z.B. nebeneinander in drei verschiednen Ländern – oder als aufeinander folgend in verschiednen Zeitabschnitten der Entwicklung desselben Landes, es ergibt sich:
1. Daß die Reihe, wenn fertig – welches immer der Gang ihres Bildungsprozesses gewesen sein mag – immer so erscheint, daß sie absteigend ist; denn bei Betrachtung der Rente wird man immer zuerst aus gehn von dem Boden, der das Maximum von Rente trägt, und erst zuletzt zu dem kommen, der keine Rente trägt.
2. Der Produktionspreis des schlechtesten, keine Rente tragenden Bodens ist stets der regulierende Marktpreis, obgleich letztrer bei Tabelle I, wenn sie sich in aufsteigender Reihe bildete, nur dadurch stationär bliebe, daß immer besserer Boden bebaut würde. In diesem Falle ist der Preis des auf dem besten Boden produzierten Korns insoweit regulierend, als es von dem davon produzierten Quantum abhängt, wieweit der Boden A regulierend bleibt. Würden B, C, D über den Bedarf produzieren, so hörte A auf, regulierend zu sein. Dies schwebt Storch vor, wenn er die beste Bodenart zur regulierenden macht. In dieser Art reguliert der amerikanische Getreidepreis den englischen.
3. Die Differentialrente entspringt aus dem für den jedesmal gegebnen Entwicklungsgrad der Kultur gegebnen Unterschied in der natürlichen Fruchtbarkeit der Bodenart (hier noch abgesehn von der Lage), also aus dem beschränkten Umfang der besten Ländereien, und dem Umstand, daß gleiche Kapitale angelegt werden müssen auf ungleiche Bodenarten, die also für dasselbe Kapital ungleiches Produkt abwerfen.
4. Das Vorhandensein einer Differentialrente und einer graduierten Differentialrente kann hervorgehn ebensogut in absteigender Stufenleiter, durch Fortgang von besserem Boden zu schlechterem, wie umgekehrt von schlechterem zu besserem, oder durch Kreuz- und Querzüge in abwechselnder Richtung. (Reihe I kann sich bilden durch Fortgang sowohl von D zu A wie von A zu D. Reihe II umfaßt Bewegungen beider Art.)
5. Je nach ihrer Bildungsweise kann die Differentialrente bei stationärem, steigendem und fallendem Preis des Bodenprodukts sich ausbilden. Bei fallendem Preis kann die Gesamtproduktion und das Gesamtrental steigen und sich Rente auf bisher rentelosen Ländereien bilden, obgleich der schlechteste Boden A durch bessern verdrängt oder selbst besser geworden ist und obwohl die Rente auf andren beßren und selbst den besten Bodenarten fällt (Tabelle II); dieser Prozeß kann auch mit einem Fallen des Gesamtrentals (in Geld) verbunden sein. Endlich kann bei fallenden Preisen, die einer allgemeinen Verbesserung der Kultur geschuldet sind, so daß das Produkt und der Produktenpreis des schlechtesten Bodens fällt, die Rente auf einem Teil der bessern Bodenarten gleichbleiben oder fallen, aber auf den besten Bodenarten wachsen. Die Differentialrente jedes Bodens, verglichen mit dem schlechtesten Boden, hängt allerdings vom Preis z.B. des qr. Weizen ab, wenn die Differenz der Produktenmasse gegeben ist. Aber wenn der Preis gegeben ist, hängt sie ab von der Größe der Differenz der Produktenmasse, und wenn bei steigender absoluter Fruchtbarkeit alles Bodens diejenige der bessern Bodensorten relativ mehr steigt als die der schlechtern, so wächst damit auch die Größe dieser Differenz. So ist (Tabelle I) bei einem Preise von 60 sh. die Rente auf D bestimmt durch sein differentielles Produkt gegen A, also durch den Überschuß von 3 qrs.; die Rente ist daher = 3 * 60 = 180 sh. Aber in Tabelle III, wo der Preis = 30 sh., ist sie bestimmt durch die Masse des überschüssigen Produkts von D über A = 8 qrs., aber 8 * 30 = 240 sh.
Es fällt hiermit die erste falsche Voraussetzung der Differentialrente fort, wie sie noch bei West, Malthus, Ricardo herrscht, daß sie nämlich notwendig Fortgang zu stets schlechterm Boden voraussetzt oder stets abnehmende Fruchtbarkeit der Agrikultur. Sie kann, wie wir gesehn haben, stattfinden bei Fortgang zu stets besserm Boden; sie kann stattfinden, wenn ein besserer Boden, statt des frühern schlechtern, die unterste Stelle einnimmt; sie kann mit steigendem Fortschritt in der Agrikultur verbunden sein. Ihre Bedingung ist nur Ungleichheit der Bodenarten. Soweit die Entwicklung der Produktivität in Betracht kommt, unterstellt sie, daß die Steigerung der absoluten Fruchtbarkeit des Gesamtareals diese Ungleichheit nicht aufhebt, sondern sie entweder vermehrt oder stationär läßt oder nur vermindert.
Von Anfang bis Mitte des 18. Jahrhunderts herrschte in England, trotz des fallenden Preises von Gold oder Silber, fortwährendes Sinken der Getreidepreise neben gleichzeitigem (die ganze Periode betrachtet) Wachsen der Rente, des Rentals, des Umfangs der bebauten Ländereien, der agrikolen Produktion und der Bevölkerung. Dies entspricht der Tabelle I, kombiniert mit Tabelle II in aufsteigender Linie, aber so, daß der schlechteste Boden A entweder verbessert oder aus der Bebauung mit Getreide hinausgeworfen wird; was jedoch nicht bedeutet, daß er nicht zu andern landwirtschaftlichen oder industriellen Zwecken benutzt wurde.
Von Anfang des 19. Jahrhunderts an (Datum näher anzugeben) bis 1815 fortwährendes Steigen der Getreidepreise, mit beständigem Wachsen der Rente, des Rentals, des Umfangs der bebauten Ländereien, der agrikolen Produktion und der Bevölkerung. Dies entspricht Tabelle I in absteigender Linie. (Es ist hier Zitat anzuführen über die Bebauung schlechterer Ländereien in jener Zeit.)
Zu Pettys und Davenants Zeit, Klagen der Landleute und Grundbesitzer über die Verbesserungen und Urbarmachungen; Fallen der Rente auf den bessern Ländereien, Steigen des Gesamtrentals durch Erweiterung des Rente tragenden Bodens.
(Zu diesen drei Punkten weitere Zitate nachher zu geben; ebenso über die Differenz in der Fruchtbarkeit der verschiednen bebauten Bodenteile in einem Lande.)
Es ist bei der Differentialrente überhaupt zu bemerken, daß der Marktwert immer über dem Gesamtproduktionspreis der Produktenmasse steht. Nehmen wir z.B. Tabelle I. Die 10 qrs. Gesamtprodukt werden verkauft zu 600 sh., weil der Marktpreis durch den Produktionspreis von A bestimmt ist, der 60 sh. per qr. beträgt. Der wirkliche Produktionspreis aber ist:
A1 qr. = 60 sh.;1 qr. = 60 sh.
B2 qrs. = 60 sh.;1 qr. = 30 sh.
C3 qrs. = 60 sh.;1 qr. = 20 sh.
D4 qrs. = 60 sh.;1 qr. = 15 sh.
10 qrs. = 240 sh.;Durchschnitt1 qr. = 24 sh.
Der wirkliche Produktionspreis der 10 qrs. ist 240 sh.; sie werden verkauft zu 600, 250% zu teuer. Der wirkliche Durchschnittspreis für 1 qr. ist 24 sh.; der Marktpreis 60 sh., ebenfalls 250% zu teuer.
Es ist dies die Bestimmung durch den Marktwert, wie er sich auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise vermittelst der Konkurrenz durchsetzt; diese erzeugt einen falschen sozialen Wert. Dies entspringt aus dem Gesetz des Marktwerts, dem die Bodenprodukte unterworfen werden. Die Bestimmung des Marktwerts der Produkte, also auch der Bodenprodukte, ist ein gesellschaftlicher Akt, wenn auch ein gesellschaftlich unbewußt und unabsichtlich vollzogner, der mit Notwendigkeit auf dem Tauschwert des Produkts beruht, nicht auf dem Boden und den Differenzen seiner Fruchtbarkeit. Denkt man sich die kapitalistische Form der Gesellschaft aufgehoben und die Gesellschaft als bewußte und planmäßige Assoziation organisiert, so stellten die 10 qrs. ein Quantum selbständiger Arbeitszeit vor, gleich dem, das in 240 sh. enthalten ist. Die Gesellschaft würde also dies Bodenprodukt nicht erkaufen zu dem 2 1/2fachen der wirklichen Arbeitszeit, die darin steckt; die Basis einer Klasse von Grundeigentümern fiele damit weg. Es würde dies ganz ebenso wirken wie eine Verwohlfeilerung des Produkts zu gleichem Betrag durch fremde Einfuhr. So richtig es daher ist zu sagen, daß – die jetzige Produktionsweise beibehalten, aber vorausgesetzt, daß die Differentialrente dem Staat zufiele – die Preise der Bodenprodukte bei sonst gleichbleibenden Umständen dieselben bleiben würden, so falsch ist es zu sagen, daß der Wert der Produkte derselbe bliebe bei Ersetzung der kapitalistischen Produktion durch Assoziation. Die Dieselbigkeit des Marktpreises für Waren derselben Art ist die Weise, worin sich der gesellschaftliche Charakter des Werts auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise und überhaupt der auf Warenaustausch zwischen einzelnen beruhenden Produktion durchsetzt. Was die Gesellschaft, als Konsument betrachtet, zuviel zahlt für die Bodenprodukte, was ein Minus der Realisierung ihrer Arbeitszeit in Bodenproduktion bildet, bildet jetzt das Plus für einen Teil der Gesellschaft, die Grundeigentümer.
Ein zweiter Umstand, wichtig für das unter II im nächsten Kapitel Darzustellende, ist dieser:
Es handelt sich nicht nur um die Rente per Acre oder per Hektare, überhaupt um den Unterschied zwischen Produktionspreis und Marktpreis, oder zwischen individuellem und allgemeinem Produktionspreis per Acre, sondern es kommt auch darauf an, wieviel Acres von jeder Bodenart in Kultur sind. Die Wichtigkeit betrifft hier unmittelbar nur die Größe des Rentals, d.h. der Totalrente der ganzen bebauten Fläche; es dient uns aber zugleich als Übergang zur Entwicklung des Steigens der Rate der Rente, obgleich die Preise weder steigen, noch die Differenzen in der relativen Fruchtbarkeit der Bodenarten bei fallenden Preisen. Wir hatten oben:
Tabelle I
{TITEL}Tabelle I Bodenart Acres Produktionskosten Produkt Kornrente Geldrente ———————————————————————————————————————————————————————————————————————————— A 1 3 Pfd. St. 1 qr. 0 0 B 1 3 " " 2 qrs. 1 qr. 3 Pfd. St. C 1 3 " " 3 " 2 qrs. 6 " " D 1 3 " " 4 " 3 " 9 " " ———————————————————————————————————————————————————————————————————————————— Summa 4 10 qrs. 6 qrs. 18 Pfd. St.
Nehmen wir nun an, die Zahl der bebauten Acres verdoppeln sich in jeder Klasse, so haben wir:
Tabelle I a
{TITEL}Tabelle I a Bodenart Acres Produktionskosten Produkt Kornrente Geldrente ———————————————————————————————————————————————————————————————————————————— A 2 6 Pfd. St. 2 qrs. 0 0 B 2 6 " " 4 " 2 qrs. 6 Pfd. St. C 2 6 " " 6 " 4 " 12 " " D 2 6 " " 8 " 6 " 18 " " ———————————————————————————————————————————————————————————————————————————— Summa 8 20 qrs. 12 qrs. 36 Pfd. St.
Wir wollen noch zwei Fälle annehmen, den ersten, daß die Produktion sich auf den beiden geringsten Bodenarten ausdehnt, also wie folgt:
Tabelle I b
{TITEL}Tabelle I b Bodenart Acres Produktionskosten Produkt Kornrente Geldrente per Acre insgesamt ———————————————————————————————————————————————————————————————————————————— A 4 3 Pfd. St. 12 Pfd. St. 4 qrs. 0 0 B 4 3 " " 12 " " 8 " 4 qrs. 12 Pfd. St. C 2 3 " " 6 " " 6 " 4 " 12 " " D 2 3 " " 6 " " 8 " 6 " 18 " " ———————————————————————————————————————————————————————————————————————————— Summa 12 36 Pfd. St. 26 qrs. 14 qrs. 42 Pfd. St.
und schließlich ungleiche Ausdehnung der Produktion und des bebauten Gebiets auf den vier Bodenklassen:
Tabelle I c
{TITEL}Tabelle I c Bodenart Kapital Profit Produk— Produkt Verkaufs— Ertrag Rente Rate des tions— preis Surplus— kosten profits Acres Pfd. St. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. ———————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— A 1 2 1/2 1/2 3 1 3 3 0 0 0 B 1 2 1/2 1/2 3 2 3 6 1 3 120% C 1 2 1/2 1/2 3 3 3 9 2 6 240% D 1 2 1/2 1/2 3 4 3 12 3 9 360% ———————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— Total 4 10 12 10 30 6 18
Zunächst bleibt in allen diesen Fällen I, Ia, Ib, Ic die Rente per Acre dieselbe; denn in der Tat ist das Ergebnis derselben Kapitalmasse auf je 1 Acre derselben Bodenart unverändert geblieben; es ist nur unterstellt, was in jedem Lande in jedem gegebnen Augenblick der Fall ist, nämlich daß die verschiednen Bodenarten in bestimmten Verhältnissen an dem gesamten bebauten Boden partizipieren; und was in zwei Ländern, verglichen miteinander, oder in demselben Lande in verschiednen Zeitpunkten, beständig der Fall ist, daß das Verhältnis wechselt, worin der bebaute Gesamtboden sich unter sie verteilt.
Vergleichen wir Ia mit I, so sehn wir, daß, wenn der Anbau der Ländereien der vier Klassen in gleicher Proportion wächst, mit der Verdopplung der bebauten Acres sich die Gesamtproduktion verdoppelt und ebenso Korn- und Geldrente.
Vergleichen wir aber Ib und Ic nacheinander mit I, so findet in beiden Fällen eine Verdreifachung in der der Kultur unterworfnen Bodenfläche statt. Sie steigt in beiden Fällen von 4 Acres auf 12, aber in Ib nehmen Klasse A und B, von denen A keine Rente und B die geringste Differentialrente trägt, den bedeutendsten Anteil am Zuwachs, nämlich von den 8 neubebauten Acres fallen je 3, zusammen 6, auf A und B, während nur je 1, zusammen 2, auf C und D fallen, in andren Worten: 3/4 des Zuwachses fallen auf A und B, und nur 1/4 auf C und D. Dies vorausgesetzt, entspricht in Ib, verglichen mit I, dem verdreifachten Umfang der Kultur kein verdreifachtes Produkt, denn das Produkt steigt von 10 nicht auf 30, sondern nur auf 26. Andrerseits, da ein bedeutender Teil des Zuwachses auf A stattfand, das keine Rente abwirft, und von dem Zuwachs auf die bessern Ländereien der Hauptteil auf Klasse B, so steigt die Kornrente nur von 6 auf 14 qrs. und die Geldrente von 18 auf 42 Pfd. St.
Vergleichen wir dagegen Ic mit I, wo der nicht Rente zahlende Boden gar nicht an Umfang wächst, der der Minimalrente nur schwach, während der Hauptzuwachs auf C und D fällt, so finden wir, daß mit der verdreifachten bebauten Bodenfläche die Produktion von 10 auf 36 qrs. gestiegen ist, also auf mehr als das Dreifache; die Kornrente von 6 auf 24 qrs. oder auf das Vierfache; und ebenso die Geldrente von 18 auf 72 Pfd. St.
In allen diesen Fällen bleibt der Natur der Sache nach der Preis des Bodenprodukts stationär; in allen Fällen wächst das Gesamtrental mit der Ausdehnung der Kultur, soweit diese nicht ausschließlich auf dem schlechtesten, keine Rente zahlenden Boden stattfindet. Aber dies Wachsen ist verschieden. Im Verhältnis, wie die Ausdehnung auf den bessern Bodenarten stattfindet und also die Produktenmasse nicht nur im Verhältnis zur Ausdehnung des Bodens, sondern rascher wächst, wächst Korn- und Geldrente. Im Verhältnis, wie der schlechteste Boden und die ihm nächststehenden Bodenarten vorzugsweise an der Ausdehnung teilnehmen (wobei unterstellt, daß der schlechteste Boden konstante Klasse), steigt das Gesamtrental nicht im Verhältnis zur Ausdehnung der Kultur. Zwei Länder also gegeben, wo der keine Rente abwerfende Boden A von derselben Beschaffenheit ist, steht das Rental im umgekehrten Verhältnis zum aliquoten Teil, den die schlechteste und die minder guten Bodenarten im Gesamtareal des bebauten Bodens ausmachen, und daher auch im umgekehrten Verhältnis zur Masse des Produkts bei gleicher Kapitalanlage auf gleich große Gesamtflächen. Das Verhältnis zwischen der Quantität des schlechtesten bebauten Bodens und der des bessern, innerhalb der Gesamtbodenfläche eines Landes, wirkt also umgekehrt auf das Gesamtrental ein, wie das Verhältnis zwischen der Qualität des bebauten schlechtesten Bodens zu der des bessern und besten auf die Rente per Acre wirkt und daher, bei sonst gleichen Umständen, auch auf das Rental. Die Verwechslung dieser beiden Momente hat zu allerlei verkehrten Einwürfen gegen die Differentialrente Anlaß gegeben.
Das Gesamtrental wächst also durch bloße Ausbreitung der Kultur und durch die damit verbundne ausgedehntere Anwendung von Kapital und Arbeit auf den Boden.
Aber der wichtigste Punkt ist dieser: Obgleich nach der Voraussetzung das Verhältnis der Renten der verschiednen Bodenarten, per Acre gerechnet, dasselbe bleibt und daher auch die Rentrate, betrachtet mit Beziehung auf das für jeden Acre ausgelegte Kapital, so zeigt sich folgendes: Vergleichen wir Ia mit I – den Fall, wo die Zahl der bebauten Acres sich proportionell vermehrt hat und die Kapitalanlage auf denselben –, so finden wir, daß, wie die Gesamtproduktion proportionell zur vergrößerten Anbaufläche gewachsen ist, d.h. beide sich verdoppelt haben, dasselbe mit dem Rental der Fall ist. Es ist gestiegen von 18 auf 36 Pfd. St., ganz wie die Zahl der Acres von 4 auf 8.
Nehmen wir die Gesamtfläche von 4 Acres, so betrug das Gesamtrental darauf 18 Pfd. St., also die Durchschnittsrente, eingerechnet den Boden, der keine Rente trägt, 4 1/2 Pfd. St. So könnte z.B. ein Grundeigentümer rechnen, dem alle 4 Acres gehörten; und so wird die Durchschnittsrente auf ein ganzes Land statistisch berechnet. Das Gesamtrental von 18 Pfd. St. ergibt sich bei Anwendung eines Kapitals von 10 Pfd. St. Das Verhältnis dieser beiden Zahlen nennen wir die Rentrate; hier also 180%.
Dieselbe Rentrate ergibt sich bei Ia, wo 8 statt 4 Acres bebaut sind, aber alle Bodenarten im gleichen Verhältnis am Zuwachs teilgenommen haben. Das Gesamtrental von 36 Pfd. St. ergibt bei 8 Acres und 20 Pfd. St. angewandtem Kapital eine Durchschnittsrente von 4 1/2 Pfd. St. per Acre und eine Rentrate von 180%.
Betrachten wir dagegen Ib, wo der Zuwachs hauptsächlich auf den beiden geringern Bodenarten stattgefunden, so haben wir eine Rente von 42 Pfd. St. auf 12 Acres, also eine Durchschnittsrente von 3 1/2 Pfd. St. per Acre. Das ausgelegte Gesamtkapital ist 30 Pfd. St., also die Rentrate = 140%. Die Durchschnittsrente per Acre hat also abgenommen um 1 Pfd. St., und die Rentrate ist gefallen von 180 auf 140%. Es findet hier also, bei Wachsen des Gesamtrentals von 18 Pfd. St. auf 42 Pfd. St., Sinken der Durchschnittsrente statt, sowohl per Acre wie aufs Kapital berechnet; ebenso wie die Produktion wächst, aber nicht proportional. Es findet dies statt, obgleich die Rente auf allen Bodenarten, sowohl per Acre wie auf das ausgelegte Kapital berechnet, dieselbe bleibt. Es findet dies statt, weil 3/4 des Zuwachses auf Boden A, der keine Rente trägt, und auf Boden B fallen, der nur die Minimalrente trägt.
Hätte im Fall Ib die Gesamtausdehnung nur auf Boden A stattgefunden, so hätten wir 9 Acres auf A, 1 auf B, 1 auf C und 1 auf D. Das Gesamtrental wäre nach wie vor 18 Pfd. St., die Durchschnittsrente per Acre auf die 12 Acres also 1 1/2 Pfd. St.; und 18 Pfd. St. Rente auf 30 Pfd. St. ausgelegtes Kapital, also eine Rentrate von 60%. Die mittlere Rente, sowohl per Acre berechnet, wie auf das angewandte Kapital, hätte sehr abgenommen, während das Gesamtrental nicht gewachsen wäre.
Vergleichen wir endlich Ic mit I und Ib. Verglichen mit I hat sich die Bodenfläche verdreifacht und ebenso das ausgelegte Kapital. Das Gesamtrental ist 72 Pfd. St. auf 12 Acres, also 6 Pfd. St. per Acre gegen 4 1/2 Pfd. St. im Fall I. Die Rentrate auf das ausgelegte Kapital (72 Pfd. St.: 30 Pfd. St.) ist 240% statt 180%. Das Gesamtprodukt ist gestiegen von 10 auf 36 qrs.
Verglichen mit Ib, wo die Gesamtzahl der bebauten Acres, das angewandte Kapital und die Differenzen zwischen den bebauten Bodenarten dieselben, aber die Verteilung anders, ist das Produkt 36 qrs. statt 26 qrs., die Durchschnittsrente per Acre 6 Pfd. St. statt 3 1/2, und die Rentrate mit Bezug auf das vorgeschoßne gleichgroße Gesamtkapital 240% statt 140%.
Einerlei, ob wir die verschiednen Zustände in Tabelle Ia, Ib, Ic als gleichzeitig nebeneinander bestehende Zustände in verschiednen Ländern, oder als sukzessive Zustände in demselben Land betrachten, ergibt sich aus dieser Darstellung: Bei stationärem Preis des Getreides, weil gleichbleibendem Ertrag des schlechtesten, rentelosen Bodens; bei gleichbleibender Differenz in der Fruchtbarkeit der verschiednen bebauten Bodenklassen; bei gleich großem respektivem Produkt daher von gleich großer Kapitalanlage auf gleiche aliquote Teile (Acres) der in jeder Bodenklasse bebauten Flächen; bei konstantem Verhältnis daher zwischen den Renten per Acre jeder Bodenart und bei gleicher Rentrate auf das in jedem Bodenteil derselben Art angelegte Kapital: Erstens wächst das Rental stets mit Erweiterung der bebauten Fläche und daher mit vermehrter Kapitalanlage, mit Ausnahme des Falls, wo der ganze Zuwachs auf den rentelosen Boden käme. Zweitens kann sowohl die Durchschnittsrente per Acre (Gesamtrental dividiert durch Gesamtzahl der bebauten Acres) wie die Durchschnittsrentrate (Gesamtrental dividiert durch das ausgelegte Gesamtkapital) sehr bedeutend variieren; und zwar beide in derselben Richtung, aber unter sich selbst wieder in verschiednen Proportionen. Läßt man den Fall außer acht, wo der Zuwachs nur auf dem rentelosen Boden A stattfindet, so ergibt sich, daß die Durchschnittsrente per Acre und die Durchschnittsrentrate auf das in der Agrikultur angelegte Kapital abhängen von den proportionellen Anteilen, welche die verschiednen Bodenklassen in der bebauten Gesamtfläche ausmachen; oder was auf dasselbe hinauskommt, von der Verteilung des angewandten Gesamtkapitals auf die Bodenarten von verschiedner Fruchtbarkeit. Ob viel oder wenig Land angebaut ist und daher (mit Ausnahme des Falls, wo der Zuwachs nur auf A kommt) das Gesamtrental größer oder kleiner ist, die Durchschnittsrente per Acre oder die Durchschnittsrentrate aufs angewandte Kapital bleibt dieselbe, solange die Proportionen der Beteiligung der verschiednen Bodenarten an der Gesamtfläche konstant bleiben. Trotz des Steigens, und selbst des bedeutenden Steigens, des Gesamtrentals mit Erweiterung der Kultur und wachsender Kapitalanlage, fällt die Durchschnittsrente per Acre und die Durchschnittsrentrate aufs Kapital, wenn die Ausdehnung der rentelosen und der nur geringe Differentialrente tragenden Ländereien mehr wächst als die der bessern, höhere Rente tragenden. Umgekehrt steigt die Durchschnittsrente per Acre und die Durchschnittsrentrate aufs Kapital im Maß wie die bessern Ländereien einen verhältnismäßig größern Anteil der Gesamtfläche ausmachen und daher verhältnismäßig mehr Kapitalanlage auf sie fällt.
Betrachtet man also die Durchschnittsrente per Acre oder Hektare des gesamten bebauten Bodens, wie es meist geschieht in statistischen Werken, indem man entweder verschiedne Länder in derselben Epoche oder verschiedne Epochen in demselben Lande vergleicht, so sieht man, daß die Durchschnittshöhe der Rente per Acre und daher auch das Gesamtrental in gewissen (wenn auch keineswegs gleichen, sondern vielmehr rascheren Schritt gehenden) Proportionen entspricht, nicht der relativen, sondern der absoluten Fruchtbarkeit der Agrikultur in einem Lande, d.h. der Masse der Produkte, die es durchschnittlich auf gleicher Fläche liefert. Denn je größern Anteil der Gesamtfläche die bessern Bodenarten ausmachen, desto größer ist die Produktenmasse bei gleicher Kapitalanlage und auf gleich großer Bodenfläche; und desto größer ist die Durchschnittsrente per Acre. Umgekehrt, umgekehrt. So scheint die Rente nicht durch das Verhältnis der Differentialfruchtbarkeit, sondern durch die absolute Fruchtbarkeit bestimmt, und damit das Gesetz der Differentialrente aufgehoben. Es werden daher gewisse Phänomene geleugnet oder auch wohl durch nicht existierende Unterschiede in den Durchschnitts-Getreidepreisen und der Differentialfruchtbarkeit der bebauten Ländereien zu erklären gesucht, Phänomene, die einfach ihren Grund darin haben, daß das Verhältnis des Gesamtrentals, sei es zur Gesamtfläche des angebauten Bodens, sei es zu dem im Boden angelegten Gesamtkapital bei gleicher Fruchtbarkeit des rentelosen Bodens, daher gleichen Produktionspreisen, und bei gleicher Differenz zwischen den verschiednen Bodenarten, nicht nur bestimmt ist durch die Rente per Acre oder durch die Rentrate aufs Kapital, sondern ebensosehr durch die verhältnismäßige Anzahl der Acres jeder Bodenart in der Gesamtzahl der bebauten Acres; oder was auf dasselbe hinauskommt, durch die Verteilung des angewandten Gesamtkapitals unter die verschiednen Bodenarten. Dieser Umstand ist bisher sonderbarerweise ganz übersehn worden. Jedenfalls zeigt sich, und dies ist für den Fortgang unsrer Untersuchung wichtig, daß die verhältnismäßige Höhe der Durchschnittsrente per Acre und die Durchschnittsrentrate oder das Verhältnis des Gesamtrentals zu dem im Boden angelegten Gesamtkapital steigen oder fallen kann bei gleichbleibenden Preisen, gleichbleibender Differenz in der Fruchtbarkeit der bebauten Ländereien und gleichbleibender Rente per Acre, resp. Rentrate für das per Acre angelegte Kapital in jeder wirklich Rente tragenden Bodenklasse, resp. für alles wirklich Rente tragende Kapital, durch bloße extensive Ausdehnung der Kultur.
Es sind noch folgende Zusätze zu machen, die zum Teil auch auf II passen, mit Bezug auf die unter I betrachtete Form der Differentialrente.
Erstens: Man hat gesehn, wie die Durchschnittsrente per Acre oder die Durchschnittsrentrate aufs Kapital steigen kann bei Ausbreitung der Kultur, stationären Preisen und gleichbleibender Differentialfruchtbarkeit der bebauten Ländereien. Sobald aller Boden in einem Land angeeignet ist, Kapitalanlage auf den Boden, Kultur und Bevölkerung eine bestimmte Höhe erreicht haben – Umstände, die alle vorausgesetzt sind, sobald die kapitalistische Produktionsweise zur herrschenden wird und sich auch der Agrikultur bemächtigt –, ist der Preis des nicht bebauten Bodens der verschiednen Qualitäten (bloß die Differentialrente vorausgesetzt) bestimmt durch den Preis der bebauten Ländereien von gleicher Bonität und äquivalenter Lage. Der Preis ist derselbe – nach Abzug der hinzukommenden Kosten der Urbarmachung –, obgleich dieser Boden keine Rente trägt. Der Preis des Bodens ist zwar nichts als die kapitalisierte Rente. Aber auch bei den bebauten Ländereien werden im Preise nur künftige Renten bezahlt, z.B. zwanzigjährige Renten auf einen Schlag vorausbezahlt, wenn der maßgebende Zinsfuß 5% ist. Sobald Boden verkauft wird, wird er als Rente tragender verkauft, und der prospektive Charakter der Rente (die hier als Bodenfrucht, was sie nur dem Schein nach ist, betrachtet wird) unterscheidet den unbebauten Boden nicht vom bebauten. Der Preis der unbebauten Ländereien, wie ihre Rente, deren zusammengezogne Formel er darstellt, ist rein illusorisch, solange die Ländereien nicht wirklich verwendet werden. Aber er ist so a priori bestimmt und wird realisiert, sobald sich Käufer finden. Wenn daher die wirkliche Durchschnittsrente eines Landes durch sein wirkliches durchschnittliches jährliches Rental und sein Verhältnis zu der gesamten bebauten Fläche bestimmt ist, so ist der Preis des nicht bebauten Bo denteils bestimmt durch den Preis des bebauten und ist daher nur ein Reflex der Kapitalanlage und ihrer Resultate in den bebauten Ländereien. Da mit Ausnahme des schlechtesten Bodens alle Bodenarten Rente tragen (und diese Rente, wie wir unter II sehn werden, mit der Masse des Kapitals und der ihr entsprechenden Intensität der Kultur steigt), bildet sich so der nominelle Preis für die nicht bebauten Bodenteile, und werden sie so zu einer Ware, einer Quelle des Reichtums für ihre Besitzer. Es erklärt dies zugleich, warum der Bodenpreis des gesamten Gebiets, auch des nicht bebauten wächst. (Opdyke.) Die Landspekulation, z.B. in den Vereinigten Staaten, beruht nur auf diesem Reflex, den das Kapital und die Arbeit auf den unbebauten Boden werfen.
Zweitens. Der Fortgang in der Ausdehnung des bebauten Bodens überhaupt findet entweder statt zu schlechterm Boden oder auf den verschiednen gegebnen Bodenarten in verschiednen Verhältnissen, je nachdem sie sich vorfinden. Der Fortgang zu schlechterm Boden geschieht natürlich nie aus freier Wahl, sondern kann – kapitalistische Produktionsweise vorausgesetzt – nur Folge steigender Preise und bei jeder Produktionsweise nur Folge der Notwendigkeit sein. Dies jedoch nicht unbedingt. Schlechter Boden wird relativ besserm vorgezogen wegen der Lage, die bei aller Ausbreitung der Kultur in jungen Ländern entscheidend ist; dann aber auch, weil, obgleich die Bodenformation eines gewissen Strichs im ganzen zu dem fruchtbareren gehört, dennoch im einzelnen besserer und geringerer Boden bunt durcheinandergewürfelt sind, und der geringre Boden, schon seines Zusammenhangs mit dem bessern halber, der Kultur unterworfen werden muß. Bildet der schlechtre Boden Einschlüsse in den bessern, so gibt ihm der beßre den Vorteil der Lage gegen fruchtbareres Land, das nicht im Zusammenhang mit dem bereits der Kultur unterworfnen oder zu unterwerfenden steht.
So war der Staat Michigan einer der ersten der westlichen Staaten, der kornausführend wurde. Sein Boden ist im ganzen arm. Aber seine Nachbarschaft zum Staate New York und seine Wasserverbindungen vermittelst der Seen und des Erie-Kanals gaben ihm zunächst den Vorzug vor den von Natur fruchtbareren, weiter westlich gelegnen Staaten. Das Beispiel dieses Staats, im Vergleich zum Staat New York, zeigt uns auch den Übergang von besserm zu schlechterm Boden. Der Boden des Staates New York, namentlich der westliche Teil, ist ungleich fruchtbarer, besonders für den Weizenbau. Durch Raubbau wurde dieser fruchtbare Boden unfruchtbar gemacht, und nun erschien der Boden von Michigan fruchtbarer.
»1838 wurde Weizenmehl in Buffalo nach dem Westen verschifft, hauptsächlich von der Weizenregion von New York und Ober-Kanada. Gegenwärtig, nach nur 12 Jahren, werden ungeheure Vorräte von Weizen und Mehl vom Westen hergebracht, den Erie-See entlang und auf dem Erie-Kanal, in Buffalo und dem benachbarten Hafen Blackrock nach Osten verschifft. Besonders wurde der Export von Weizen und Mehl stimuliert durch die europäische Hungersnot von 1847. Dadurch wurde der Weizen im westlichen New York wohlfeiler und der Weizenbau weniger einträglich gemacht; dies veranlaßte die New Yorker Farmers, sich mehr auf Viehzucht und Milchwirtschaft, Obstbau usw. zu werfen, auf Zweige, worin nach ihrer Ansicht der Nordwesten außerstande sein wird, direkt mit ihnen zu konkurrieren.« (J. W. Johnston, »Notes on North America«, London 1851, I., p. 222, 223.)
Drittens. Es ist eine falsche Voraussetzung, daß der Boden in Kolonien und überhaupt in jungen Ländern, die Korn zu wohlfeileren Preisen ausführen können, deswegen notwendig von größerer natürlicher Fruchtbarkeit ist. Das Getreide wird hier nicht nur unter seinem Wert, sondern unter seinem Produktionspreis verkauft, nämlich unter dem durch die Durchschnittsprofitrate in den ältern Ländern bestimmten Produktionspreis.
Wenn wir, wie Johnston sagt (p. 223),
»gewohnt sind, mit diesen neuen Staaten, von denen solche große Zufuhren von Weizen jährlich nach Buffalo kommen, die Vorstellung großer natürlicher Fruchtbarkeit und endloser Gebiete reichen Bodens zu verknüpfen«,
so hängt dies ab zunächst von ökonomischen Zuständen. Die ganze Bevölkerung eines solchen Landes, wie z.B. Michigan, ist anfangs fast ausschließlich mit der Landwirtschaft beschäftigt, und namentlich mit deren Massenprodukten, die allein sie gegen Industriewaren und tropische Produkte austauschen kann. Ihr ganzes überschüssiges Produkt erscheint daher in der Gestalt von Korn. Es unterscheidet dies von vornherein die auf Grundlage des modernen Weltmarkts gegründeten Kolonialstaaten von denen früherer und speziell der antiken Zeit. Sie erhalten fertig, durch den Weltmarkt, Produkte, die sie unter andern Umständen selbst schaffen müßten, Kleidung, Werkzeuge etc. Nur auf solcher Grundlage konnten die südlichen Staaten der Union Baumwolle zu ihrem Hauptprodukt machen. Die Teilung der Arbeit auf dem Weltmarkt erlaubt ihnen das. Wenn sie daher, ihre Neuheit und die relativ schwache Zahl ihrer Bevölkerung betrachtet, ein sehr großes überschüssiges Produkt zu produzieren scheinen, so ist dies nicht der Fruchtbarkeit ihres Bodens geschuldet, auch nicht der Fruchtbarkeit ihrer Arbeit, sondern der einseitigen Form ihrer Arbeit und daher des überschüssigen Produkts, worin diese sich darstellt.
Ferner aber hat relativ weniger fruchtbarer Ackerboden, der aber erst neu bebaut wird und noch durch keine Kultur beleckt war, bei nicht durchaus ungünstigen klimatischen Verhältnissen, wenigstens in den obern Schichten so viel leichtlösliche Pflanzennährstoffe aufgehäuft, daß er für längre Zeit Ernten ohne Düngung gibt, und zwar bei schon ganz oberflächlicher Bebauung. Bei den westlichen Prärien kommt hinzu, daß sie kaum irgendwelche Urbarmachungskosten erheischen, sondern die Natur sie urbar gemacht hat.126 In minder fruchtbaren Gebieten dieser Art kommt der Überschuß heraus, nicht durch die hohe Fruchtbarkeit des Bodens, also durch den Ertrag per Acre, sondern durch die Masse der Acres, die in oberflächlicher Weise bebaut werden kann, da dieser Boden dem Bebauer nichts, oder, mit ältern Ländern verglichen, nur verschwindend wenig kostet. Z.B. wo der Metärievertrag existiert, wie in Teilen von New York, Michigan, Kanada etc. Eine Familie bebaut oberflächlich, sage 100 Acres, und obgleich das Produkt per Acre nicht groß, gewährt das von 100 Acres einen bedeutenden Überschuß zum Verkauf. Dazu kommt noch die fast kostenlose Viehhaltung auf natürlichen Weiden ohne künstliche Graswiesen. Was hier entscheidet, ist nicht die Qualität, sondern die Quantität des Bodens. Die Möglichkeit dieser oberflächlichen Bebauung wird natürlich mehr oder minder rasch erschöpft im umgekehrten Verhältnis zur Fruchtbarkeit des neuen Bodens und im direkten Verhältnis zur Ausfuhr seines Produkts.
»Und dennoch wird solch ein Land ausgezeichnete erste Ernten geben, selbst von Weizen; wer den ersten Rahm vom Boden abschöpft, wird einen reichlichen Überschuß von Weizen zu Markte senden können.« (l.c. p. 224.)
In Ländern älterer Kultur machen die Eigentumsverhältnisse, der durch den Preis des bebauten Bodens bestimmte Preis des unbebauten usw., derartige extensive Wirtschaft unmöglich.
Daß deswegen weder, wie Ricardo sich dies vorstellt, dieser Boden sehr fruchtbar sein muß, noch nur Bodenarten gleicher Fruchtbarkeit bebaut werden, ersieht man aus folgendem: Im Staat Michigan wurden 1848 mit Weizen besät 465900 Acres und produzierten 4739300 Bushels oder im Durchschnitt 10 1/5 Bushels per Acre; dies ergibt nach Abzug des Saatkorns weniger als 9 Bushels per Acre. Von den 29 Counties des Staats produzierten 2 durchschnittlich 7 Bush., 3-8, 2-9, 7-10, 6-11, 3-12, 4-13 Bush. und nur eine 16 und eine andre 18 Bush. per Acre. (l.c. p. 225.)
Für die praktische Kultur fällt höhere Fruchtbarkeit des Bodens zusammen mit höherer sofortiger Aus nutzbarkeit dieser Fruchtbarkeit. Die letztre kann bei einem von Natur armen Boden größer sein als bei einem von Natur reichen; es ist aber die Sorte Boden, wozu der Kolonist zunächst greifen wird und bei Ermangelung von Kapital greifen muß.
Endlich: Die Ausdehnung der Kultur auf größre Bodenflächen – abgesehn von dem eben betrachteten Fall, wo zu schlechterem Boden Zuflucht genommen werden muß als dem bisher bebauten – auf den verschiednen Bodenarten von A bis D, also z.B. die Bebauung größerer Flächen von B und C, setzt keineswegs vorheriges Steigen der Getreidepreise voraus, sowenig wie die jährlich vorangehende Erweiterung z.B. der Baumwollspinnerei ein fortwährendes Steigen der Garnpreise erheischt. Obgleich bedeutendes Steigen oder Fallen der Marktpreise auf den Produktionsumfang einwirkt, so findet doch, hiervon abgesehn, auch bei den Durchschnittspreisen, deren Stand auf die Produktion weder hemmend noch ausnahmsweis ermunternd wirkt, in der Agrikultur (wie in allen andren Produktionszweigen, die kapitalistisch betrieben werden) fortwährend jene relative Überproduktion statt, die an sich identisch ist mit der Akkumulation und die bei andrer Produktionsweise direkt durch die Vermehrung der Bevölkerung und in Kolonien durch fortwährende Einwanderung bewirkt wird. Der Bedarf wächst beständig, und in dieser Voraussicht wird fortwährend neues Kapital in neuem Boden angelegt; obgleich je nach Umständen für verschiedne Bodenprodukte. Es ist die Bildung neuer Kapitale, die dies an und für sich mit sich bringt. Was aber den einzelnen Kapitalisten betrifft, so mißt er den Umfang seiner Produktion durch den seines disponiblen Kapitals, soweit er es noch selbst überwachen kann. Was er im Auge hat, ist, soviel Platz wie möglich auf dem Markt einzunehmen. Wird überproduziert, so schiebt er die Schuld nicht sich, sondern seinen Konkurrenten zu. Der einzelne Kapitalist kann seine Produktion ausdehnen, ebensowohl indem er einen größern aliquoten Teil des gegebnen Markts sich aneignet, als indem er den Markt selbst erweitert.
40. Zweite Form der Differentialrente (Differentialrente II)
Wir haben bisher die Differentialrente nur betrachtet als das Resultat der verschiednen Produktivität gleicher Kapitalanlagen auf gleichen Bodenflächen von verschiedner Fruchtbarkeit, so daß die Differentialrente bestimmt war durch die Differenz zwischen dem Ertrag des Kapitals, das im schlechtesten, rentelosen Boden angelegt ist, und dem des Kapitals, das im bessern angelegt ist. Wir hatten hier die Kapitalanlagen nebeneinander auf verschiednen Bodenflächen, so daß jeder Neuanlage von Kapital extensivere Bebauung des Bodens, Erweiterung der bebauten Bodenfläche entsprach. Aber schließlich war die Differentialrente der Sache nach nur das Resultat der verschiednen Produktivität gleicher Kapitale, die auf den Grund und Boden angelegt werden. Kann es nun einen Unterschied machen, wenn Kapitalmassen mit verschiedner Produktivität nacheinander auf demselben Bodenstück und wenn sie nebeneinander auf verschiednen Bodenstücken angelegt werden, vorausgesetzt nur, daß die Resultate dieselben sind?
Zunächst ist nicht zu leugnen, daß, soweit die Bildung von Surplusprofit in Betracht kommt, es einerlei ist, ob 3 Pfd. St. Produktionskosten auf den Acre von A gelegt, 1 qr. ergeben, so daß 3 Pfd. St. der Produktionspreis und der regulierende Marktpreis für 1 qr. sind, während 3 Pfd. St. Produktionskosten auf den Acre von B 2 qrs. und damit einen Surplusprofit von 3 Pfd. St., ebenso Produktionskosten von 3 Pfd. St. auf den Acre von C 3 qrs. und 6 Pfd. St. Surplusprofit, endlich 3 Pfd. St. Produktionskosten auf den Acre von D 4 qrs. und 9 Pfd. St. Surplusprofit ergeben; oder ob dasselbe Resultat dadurch erreicht wird, daß diese 12 Pfd. St. Produktionskosten, resp. 10 Pfd. St. Kapital, mit diesen selben Erfolgen in derselben Reihenfolge auf einen und denselben Acre angewandt sind. Es ist jedesmal ein Kapital von 10 Pfd. St., von dessen sukzessive angelegten Wertteilen von je 2 1/2 Pfd. St., ob sie angelegt werden auf 4 Acres von verschiedner Fruchtbarkeit nebeneinander oder auf einen und denselben Acre nacheinander, infolge ihres verschiednen Produkts ein Teil keinen Surplusprofit abwirft, während die andren Teile einen Surplusprofit im Verhältnis der Differenz ihres Ertrags über den jener rentelosen Anlage geben.
Die Surplusprofite und verschiednen Raten von Surplusprofit für verschiedne Wertteile von Kapital werden in beiden Fällen gleichmäßig gebildet. Und die Rente ist nichts als eine Form dieses Surplusprofits, der ihre Substanz bildet. Aber jedenfalls finden bei der zweiten Methode Schwierigkeiten statt für die Verwandlung des Surplusprofits in Rente, für diese Formveränderung, die die Übertragung der Surplusprofite vom kapitalistischen Pächter auf den Eigentümer des Bodens einschließt. Daher das hartnäckige Sträuben der englischen Pächter gegen eine offizielle Agrikulturstatistik. Daher der Kampf zwischen ihnen und den Grundeigentümern wegen der Feststellung der wirklichen Ergebnisse ihrer Kapitalanlage. (Morton.) Es wird nämlich die Rente bei Pachtung der Ländereien festgesetzt, wonach dann die aus der sukzessiven Anlage von Kapital entspringenden Surplusprofite in die Tasche des Pächters fließen, solange der Pachtkontrakt dauert. Daher der Kampf der Pächter um lange Pachtkontrakte und umgekehrt die Vermehrung der jährlich kündbaren Kontrakte (tenancies at will) durch die Übermacht der Landlords.
Es ist daher von vornherein klar: wenn es auch für das Gesetz der Bildung der Surplusprofite nichts ändert, ob gleiche Kapitale mit ungleichen Resultaten nebeneinander auf gleich großen Bodenstrecken oder ob sie nacheinander auf demselben Bodenteil angelegt werden, so macht es dennoch einen bedeutenden Unterschied für die Verwandlung der Surplusprofite in Grundrente. Die letztere Methode schließt diese Verwandlung in einerseits engere, andrerseits schwankendere Grenzen ein. Daher in Ländern intensiver Kultur (und ökonomisch verstehn wir unter intensiver Kultur nichts als die Konzentration von Kapital auf denselben Bodenteil statt seiner Verteilung auf nebeneinander liegende Bodenstrecken) das Geschäft des Taxators, wie Morton dies in seinen »Resources of Estates« entwickelt, eine sehr wichtige, komplizierte und schwierige Profession wird. Bei mehr permanenten Bodenverbesserungen fällt, bei Ablauf des Pachtkontrakts, die künstlich erhöhte Differentialfruchtbarkeit des Bodens mit seiner natürlichen zusammen und daher die Abschätzung der Rente mit der zwischen Bodenarten verschiedner Fruchtbarkeit überhaupt. Dagegen, soweit die Bildung von Surplusprofit durch die Höhe des Betriebskapitals bestimmt ist, wird die Höhe der Rente bei gewisser Größe des Betriebskapitals auf die Durchschnittsrente des Landes geschlagen und daher darauf gesehn, daß der neue Pächter über hinreichendes Kapital verfügt, um die Kultur in derselben intensiven Weise fortzusetzen.
Bei der Betrachtung der Differentialrente II sind nun folgende Punkte noch hervorzuheben:
Erstens: Ihre Basis und ihr Ausgangspunkt, nicht nur historisch, sondern soweit es ihre Bewegung in jedem gegebnen Zeitpunkt betrifft, ist die Differentialrente I, d.h. die gleichzeitige Bebauung, nebeneinander, von Bodenarten verschiedner Fruchtbarkeit und Lage; also die gleichzeitige Anwendung, nebeneinander, von verschiednen Bestandteilen des agrikolen Gesamtkapitals auf Bodenstrecken verschiedner Qualität.
Historisch versteht sich dies von selbst. In Kolonien haben die Kolonisten nur wenig Kapital anzulegen; die Hauptproduktionsagenten sind Arbeit und Erde. Jedes einzelne Familienhaupt sucht für sich und die Seinigen ein unabhängiges Beschäftigungsfeld, neben denen seiner Mitkolonisten, herauszuarbeiten. Dies muß überhaupt bei der eigentlichen Agrikultur auch schon bei vorkapitalistischen Produktionsweisen der Fall sein. Bei Schafweide und überhaupt Viehzucht als selbständigen Produktionszweigen findet mehr oder minder gemeinschaftliche Exploitation des Bodens statt, und ist sie von vornherein extensiv. Die kapitalistische Produktionsweise geht aus von frühern Produktionsweisen, worin die Produktionsmittel, tatsächlich oder rechtlich, das Eigentum des Bebauers selbst sind, mit einem Wort vom handwerksmäßigen Betrieb der Agrikultur. Der Natur der Sache nach entwickelt sich aus diesem erst allmählich die Konzentration der Produktionsmittel und ihre Verwandlung in Kapital gegenüber den in Lohnarbeiter verwandelten unmittelbaren Produzenten. Soweit die kapitalistische Produktionsweise hier charakteristisch auftritt, geschieht dies anfänglich zuerst besonders in Schafweide und Viehzucht; sodann aber nicht in Konzentration des Kapitals auf relativ kleinem Bodenumfang, sondern in Produktion auf größrem Maßstab, so daß an Pferdehaltung und andren Produktionskosten gespart wird; in der Tat aber nicht durch Anwendung von mehr Kapital auf demselben Boden. Es liegt ferner in den Naturgesetzen des Feldbaus, daß bei einer gewissen Höhe der Kultur und ihr entsprechender Erschöpfung des Bodens das Kapital, hier zugleich in dem Sinn schon produzierter Produktionsmittel, das entscheidende Element der Bodenkultur wird. Solange das bebaute Land eine relativ kleine Strecke bildet im Verhältnis zum unbebauten und die Bodenkraft noch nicht erschöpft ist (und dies ist der Fall bei Vorwalten der Viehzucht und der Fleischnahrung in der Periode vor dem Überwiegen des eigentlichen Ackerbaus und der Pflanzennahrung), tritt die beginnende neue Produktionsweise der Bauernproduktion gegenüber namentlich durch den Umfang der Bodenfläche, die für Rechnung eines Kapitalisten bebaut wird, also selbst wieder durch extensive Anwendung des Kapitals auf räumlich größrer Bodenfläche. Es ist also von vornherein festzuhalten, daß die Differentialrente I die geschichtliche Grundlage ist, von der ausgegangen wird. Andrerseits tritt die Bewegung der Differentialrente II in jedem gegebnen Augenblick nur ein auf einem Gebiet, das selbst wieder die buntscheckige Grundlage der Differentialrente I bildet.
Zweitens: Bei der Differentialrente in der Form II treten, zur Verschiedenheit der Fruchtbarkeit, hinzu die Unterschiede in der Verteilung des Kapitals (und der Kreditfähigkeit) unter den Pächtern. In der eigentlichen Manufaktur bildet sich bald für jeden Geschäftszweig ein eignes Minimum des Geschäftsumfangs und dementsprechend ein Minimum des Kapitals, unter dem ein einzelnes Geschäft nicht mit Erfolg betrieben werden kann. Es bildet sich ebenso in jedem Geschäftszweig ein dies Minimum überschreitendes, normales Durchschnittsmaß von Kapital, worüber die Masse der Produzenten verfügen muß und verfügt. Was darüber ist, kann Extraprofit bilden; was darunter, erhält nicht den Durchschnittsprofit. Die kapitalistische Produktionsweise ergreift nur langsam und ungleichmäßig die Landwirtschaft, wie man in England sehn kann, dem klassischen Lande der kapitalistischen Produktionsweise in der Agrikultur. Soweit keine freie Korneinfuhr existiert oder ihre Wirkung, weil ihr Umfang, nur beschränkt ist, bestimmen die Produzenten, die auf schlechterm Boden, also mit ungünstigeren als den Durchschnitts-Produktionsbedingungen arbeiten, den Marktpreis. Ein großer Teil der in der Landwirtschaft angewandten und überhaupt ihr zur Verfügung stehenden Gesamtmasse von Kapital befindet sich in ihren Händen.
Es ist richtig, daß z.B. der Bauer auf seine kleine Parzelle viel Arbeit verwendet. Aber isolierte und der objektiven, sowohl gesellschaftlichen wie materiellen Bedingungen der Produktivität beraubte, von ihnen entblößte Arbeit.
Dieser Umstand bewirkt, daß die wirklichen kapitalistischen Pächter fähig sind, sich einen Teil des Surplusprofits anzueignen; dies würde wegfallen, wenigstens soweit dieser Punkt in Betracht kommt, wäre die kapitalistische Produktionsweise in der Landwirtschaft ebenso gleichmäßig entwickelt wie in der Manufaktur.
Betrachten wir zunächst bloß die Bildung des Surplusprofits bei Differentialrente II, ohne uns noch um die Bedingungen zu kümmern, unter denen die Verwandlung dieses Surplusprofits in Grundrente vorgehn kann.
Es ist dann klar, daß die Differentialrente II nur ein verschiedner Ausdruck der Differentialrente I ist, aber der Sache nach mit ihr zusammenfällt. Die verschiedne Fruchtbarkeit der verschiednen Bodenarten wirkt bei Differentialrente I nur, soweit sie bewirkt, daß auf den Boden angelegte Kapitale ungleiche Resultate, Produkte, geben, entweder bei gleicher Größe der Kapitale oder ihrer proportionellen Größe nach betrachtet. Ob diese Ungleichheit stattfindet für verschiedne Kapitale, die auf demselben Bodenstück nacheinander angelegt sind, oder für solche, die auf mehrere Stücke von verschiednen Bodenarten verwandt wurden, kann an der Differenz der Fruchtbarkeit oder ihres Produkts und daher an der Bildung der Differentialrente für die fruchtbarer angelegten Kapitalteile keinen Unterschied machen. Es ist nach wie vor der Boden, der bei gleicher Kapitalanlage verschiedne Fruchtbarkeit zeigt, nur daß hier derselbe Boden für ein in verschiednen Portionen sukzessiv angelegtes Kapital tut, was bei I verschiedne Bodenarten für verschiedne gleich große, auf sie angelegte Teile des gesellschaftlichen Kapitals tun.
Wenn dasselbe Kapital von 10 Pfd. St., was in Tabelle I in der Gestalt selbständiger Kapitale von je 2 1/2 Pfd. St. von verschiednen Pächtern auf je einen Acre der vier Bodenarten A, B, C und D angelegt ist, statt dessen auf einen und denselben Acre von D sukzessiv angelegt wäre, so daß die erste Anlage 4 qrs., die zweite 3, die dritte 2, die letzte 1 qr. gäbe (oder auch in umgekehrter Reihenfolge), so würde der Preis des einen qr. = 3 Pfd. St., den der mindestergiebige Kapitalteil liefert, keine Differentialrente abwerfen, sondern den Produktionspreis bestimmen, solange noch Zufuhr von Weizen nötig, dessen Produktionspreis 3 Pfd. St. ist. Und da der Voraussetzung nach kapitalistisch produziert wird, also der Preis von 3 Pfd. St. den Durchschnittsprofit einschließt, den ein Kapital von 2 1/2 Pfd. St. überhaupt abwirft, so wer den die drei andern Portionen von je 2 1/2 Pfd. St. Surplusprofite abwerfen, je nach der Differenz dieses Produkts, da dies Produkt nicht zu seinem Produktionspreis, sondern zum Produktionspreis der unergiebigsten Anlage von 2 1/2 Pfd. St. verkauft wird; einer Anlage, die keine Rente abwirft und bei der der Preis des Produkts nach dem allgemeinen Gesetz der Produktionspreise reguliert ist. Die Bildung der Surplusprofite wäre dieselbe wie in Tabelle I.
Es zeigt sich hier wiederum, daß die Differentialrente II die Differentialrente I voraussetzt. Das Minimum von Produkt, das ein Kapital von 2 1/2 Pfd. St. abwirft, d.h. auf dem schlechtesten Boden abwirft, ist hier angenommen als 1 qr. Gesetzt also, der Pächter der Bodenart D verwendet außer den 2 1/2 Pfd. St., die ihm 4 qrs. abwerfen und wofür er 3 qrs. Differentialrente zahlt, auf denselben Boden 2 1/2 Pfd. St., die ihm nur 1 qr. abwerfen, wie das gleiche Kapital auf dem schlechtesten Boden A. In diesem Fall wäre dies rentelose Kapitalanlage, da ihm nur der Durchschnittsprofit abgeworfen würde. Es wäre kein Surplusprofit da, um sich in Rente zu verwandeln. Andrerseits hätte aber auch dieser abnehmende Ertrag der zweiten Kapitalanlage auf D keine Wirkung auf die Profitrate. Es wäre dasselbe, als ob 2 1/2 Pfd. St. auf einen weitern Acre der Bodenart A neu angelegt worden, ein Umstand, der in keiner Weise den Surplus profit, also auch nicht die Differentialrente der Bodenarten A, B, C, D affiziert. Für den Pächter aber wäre diese zusätzliche Anlage von 2 1/2 Pfd. St. auf D geradeso vorteilhaft gewesen, wie ihm der Voraussetzung nach die Anlage der ursprünglichen 2 1/2 Pfd. St. auf den Acre D ist, obgleich diese 4 qrs. abwirft. Geben ihm ferner zwei weitre Kapitalanlagen von je 2 1/2 Pfd. St. die erste 3, die zweite 2 qrs. zusätzliches Produkt, so hätte wieder Abnahme stattgefunden, verglichen mit dem Ertrag der ersten Anlage von 2 1/2 Pfd. St. auf D, die 4 qrs. gab, daher einen Surplusprofit von 3 qrs. Aber es wäre nur eine Abnahme in der Höhe des Surplusprofits und würde weder den Durchschnittsprofit noch den regulierenden Produktionspreis affizieren. Dies wäre nur der Fall, wenn die zuschüssige Produktion, welche diese fallenden Surplusprofite abwirft, die Produktion von A überflüssig machte und damit den Acre A außer Bebauung würfe. In diesem Fall wäre mit der abnehmenden Fruchtbarkeit der zusätzlichen Kapitalanlage auf dem Acre D ein Fallen des Produktionspreises verbunden, z.B. von 3 Pfd. St. auf 1 1/2 Pfd. St., wenn der Acre B der rentelose, den Marktpreis regulierende Boden würde.
Das Produkt auf D wäre jetzt = 4 + 1 + 3 + 2 = 10 qrs., während es früher = 4 qrs. war. Der durch B regulierte Preis des qr. wäre aber gefallen auf 1 1/2 Pfd. St. Die Differenz zwischen D und B wäre = 10 – 2 = 8 qrs., zu 1 1/2 Pfd. St. per qr. = 12 Pfd. St., während die Geldrente auf D früher = 9 Pfd. St. war. Dies ist zu merken. Auf den Acre gerechnet, wäre die Höhe der Rente gestiegen um 33 1/3%, trotz der abnehmenden Rate der Surplusprofite auf die zwei zusätzlichen Kapitale von je 2 1/2 Pfd. St.
Man sieht hieraus, zu welchen sehr komplizierten Kombinationen die Differentialrente überhaupt, und namentlich in Form II zusammen mit Form I, Anlaß gibt, während z.B. Ricardo sie ganz einseitig und als einfache Sache behandelt. Man hat z.B. wie oben Sinken des regulierenden Marktpreises und zugleich Wachsen der Rente auf den fruchtbaren Ländereien, so daß sowohl absolutes Produkt wie absolutes Surplusprodukt wächst. (Bei der Differentialrente I in absteigender Linie kann das relative Surplusprodukt und daher die Rente per Acre wachsen, obgleich das absolute Surplusprodukt per Acre konstant bleibt oder selbst abnimmt.) Aber zugleich nimmt die Fruchtbarkeit der nacheinander auf denselben Boden gemachten Kapitalanlagen ab, obgleich ein großer Teil davon auf die fruchtbareren Ländereien fällt. Von einem Gesichtspunkt aus betrachtet – sowohl was Produkt wie Produktionspreise angeht –, ist die Produktivität der Arbeit gestiegen. Von einem andern aus betrachtet, hat sie abgenommen, weil die Rate des Surplusprofits und das Surplusprodukt per Acre für die verschiednen Kapitalanlagen auf demselben Boden abnimmt.
Die Differentialrente II, bei abnehmender Fruchtbarkeit der sukzessiven Kapitalanlagen, wäre nur dann notwendig mit Verteuerung des Produktionspreises und absoluter Abnahme der Produktivität verbunden, wenn diese Kapitalanlagen nur auf den schlechtesten Boden A geschehn könnten. Wenn der Acre von A, der mit 2 1/2 Pfd. St. Kapitalanlage 1 qr. zum Produktionspreis von 3 Pfd. St. ergab, bei weitrer Anlage von 21/2 Pfd. St., also Gesamtanlage von 5 Pfd. St., insgesamt nur 1 1/2 qrs. liefert, so ist der Produktionspreis dieser 1 1/2 qrs. = 6 Pfd. St., also der eines qr. = 4 Pfd. St. Jede Abnahme der Produktivität bei wachsender Kapitalanlage wäre hier relative Verminderung des Produkts per Acre, während sie auf den bessern Bodenarten nur Verminderung des überschüssigen Surplusprodukts ist.
Die Natur der Sache aber bringt es mit sich, daß mit Entwicklung der intensiven Kultur, d.h. mit sukzessiven Kapitalanlagen auf demselben Boden, es vorzugsweise die bessern Bodenarten sind, wo dies stattfindet oder in höherm Grade stattfindet. (Wir sprechen nicht von den permanenten Verbesserungen, wodurch bisher unbrauchbarer Boden in brauchbaren verwandelt wird.) Die abnehmende Fruchtbarkeit der sukzessiven Kapitalanlagen muß also hauptsächlich in der beschriebnen Weise wirken. Der bessere Boden wird dazu gewählt, weil er die meiste Aussicht bietet, daß sich das darauf verwandte Kapital rentiert, indem er die meisten natürlichen Elemente der Fruchtbarkeit enthält, die es sich nur handelt nutzbar zu machen.
Als nach Aufhebung der Korngesetze die Kultur in England noch intensiver gemacht wurde, wurde eine Masse früheres Weizenland zu andren Zwecken, namentlich zu Viehweide verwandt, dagegen die für Weizen passendsten fruchtbaren Landstrecken dräniert und sonst verbessert; das Kapital für Weizenkultur wurde so auf ein engeres Gebiet konzentriert.
In diesem Fall – und alle möglichen Surplusraten, die zwischen dem höchsten Surplusprofit des besten Landes und dem Produkt des rentelosen Bodens A liegen, fallen hier zusammen, nicht mit relativer, sondern mit absoluter Vermehrung des Surplusprodukts per Acre – stellt der neugebildete Surplusprofit (eventuell Rente) nicht in Rente verwandelten Teil von früherm Durchschnittsprofit dar (Teil von dem Produkt, worin sich früher der Durchschnittsprofit darstellte), sondern zuschüssigen Surplusprofit, der sich aus dieser Form in Rente verwandelte.
Dagegen nur in dem Fall, wo die Nachfrage nach Getreide so wüchse, daß der Marktpreis über den Produktionspreis von A stiege, und deswegen auf A, B oder irgendeiner andren Klasse das Surplusprodukt nur zu einem höheren Preise als 3 Pfd. St. geliefert werden könnte, nur in diesem Fall wäre mit der Abnahme des Ergebnisses einer zusätzlichen Kapitalanlage auf irgendeine der Klassen A, B, C, D Steigen des Produktionspreises und des regulierenden Marktpreises verbunden. Soweit dies für längre Zeit sich festsetzte und nicht Kultur von zusätzlichem Boden A (von wenigstens der Qualität A) ins Leben riefe oder sonstige Einwirkungen eine wohlfeilere Zufuhr herbeiführten, würde bei sonst gleichbleibenden Umständen der Arbeitslohn infolge der Brotverteurung steigen und die Profitrate dementsprechend fallen. In diesem Falle wäre es gleichgültig, ob die gestiegne Nachfrage befriedigt würde durch Heranziehung von schlechterm Boden als A oder durch zuschüssige Kapitalanlage, einerlei auf welche der vier Bodenarten. Die Differentialrente würde steigen in Verbindung mit fallender Profitrate.
Dieser eine Fall, worin die abnehmende Fruchtbarkeit der auf den bereits in Kultur befindlichen Bodenarten nachträglich zugesetzten Kapitale zu Steigerung des Produktionspreises, Fall der Profitrate und Bildung erhöhter Differentialrente führen kann – denn diese würde unter den gegebnen Umständen auf allen Bodenarten ganz so steigen, als ob schlechterer Boden als A jetzt den Marktpreis regulierte –, ist von Ricardo zum einzigen Fall, zum normalen Fall gestempelt worden, worauf er die ganze Bildung der Differentialrente II reduziert.
Es wäre dies auch der Fall, wenn nur die Bodenart A bebaut wäre und sukzessive Kapitalanlagen auf derselben nicht mit proportionellem Zuwachs des Produkts verbunden wären.
Hier wird also bei Differentialrente II die Differentialrente I ganz aus dem Gedächtnis verloren.
Mit Ausnahme dieses Falls, wo entweder die Zufuhr auf den bebauten Bodenarten nicht genügt und daher der Marktpreis fortwährend über dem Produktionspreis steht, bis neuer zusätzlicher, schlechterer Boden in Anbau genommen ist oder bis das Gesamtprodukt des auf die verschiednen Bodenarten angelegten zusätzlichen Kapitals nur zu höherm Produktionspreis als dem bisher geltenden geliefert werden kann – mit Ausnahme dieses Falls läßt die proportionelle Abnahme in der Produktivität der zusätzlichen Kapitale den regulierenden Produktionspreis und die Profitrate unberührt. Im übrigen sind drei fernere Fälle möglich:
a) Wirft das zusätzliche Kapital auf irgendeiner der Bodenarten A, B, C, D nur die durch den Produktionspreis von A bestimmte Profitrate ab, so wird dadurch kein Surplusprofit, also auch keine mögliche Rente gebildet; sowenig, als wenn zusätzlicher Boden A bebaut worden wäre.
b) Wirft das zusätzliche Kapital höheres Produkt ab, so wird selbstverständlich neuer Surplusprofit (potentielle Rente) gebildet, wenn der regulierende Preis derselbe bleibt. Dies ist nicht notwendig der Fall, nämlich dann nicht, wenn diese zusätzliche Produktion den Boden A außer Bebauung und damit aus der Reihe der konkurrierenden Bodenarten wirft. In diesem Fall fällt der regulierende Produktionspreis. Die Profitrate würde steigen, wenn hiermit Fallen des Arbeitslohns verbunden wäre oder wenn das wohlfeilere Produkt als Element in das konstante Kapital eingeht. Hätte die erhöhte Produktivität des zusätzlichen Kapitals auf den besten Bodenarten C und D stattgefunden, so hinge es ganz ab von der Höhe der gesteigerten Produktivität und der Masse der neu zugesetzten Kapitale, wieweit Bildung von vermehrtem Surplusprofit (also von vermehrter Rente) verbunden wäre mit dem Fall des Preises und dem Steigen der Profitrate. Diese letztre kann steigen auch ohne Fall des Arbeitslohns, durch Verwohlfeilerung der Elemente des konstanten Kapitals.
c) Findet die zusätzliche Kapitalanlage mit abnehmenden Surplusprofiten statt, doch so, daß ihr Produkt einen Überschuß läßt über das Produkt desselben Kapitals auf Boden A, so findet, wenn die vermehrte Zufuhr nicht den Boden A außer Bebauung wirft, unter allen Umständen Neubildung von Surplusprofiten statt, die auf D, C, B, A gleichzeitig stattfinden kann. Wird dagegen der schlechteste Boden A aus der Bebauung verdrängt, so fällt der regulierende Produktionspreis, und es hängt von dem Verhältnis zwischen dem verminderten Preis eines qr. und der vermehrten Zahl der den Surplusprofit bildenden qrs. ab, ob der in Geld ausgedrückte Surplusprofit und daher die Differentialrente steigt oder fällt. Aber jedenfalls zeigt sich hier das Merkwürdige, daß mit abnehmenden Surplusprofiten sukzessiver Kapitalanlagen der Produktionspreis fallen kann, statt steigen zu müssen, wie es auf den ersten Blick scheint.
Diese zusätzlichen Kapitalanlagen mit abnehmenden Mehrerträgen entsprechen ganz dem Fall, in welchem auf Bodenarten, deren Fruchtbarkeit zwischen A und B, B und C, C und D, z.B. vier neue selbständige Kapitale von je 2 1/2 Pfd. St. angelegt würden, die resp. 1 1/2 qrs., 2 1/3, 2 2/3 und 3 qrs. abwürfen. Es würden sich auf allen diesen Bodenarten für alle vier zusätzlichen Kapitale Surplusprofite, potentielle Renten bilden, obgleich die Rate des Surplusprofits, verglichen mit dem der gleichen Kapitalanlage auf den jedesmal bessern Boden, abgenommen hätte. Und es wäre ganz gleich, ob diese vier Kapitale auf D etc. angelegt oder verteilt würden zwischen D und A.
Wir kommen jetzt zu einem wesentlichen Unterschied zwischen den beiden Formen der Differentialrente.
Bei gleichbleibendem Produktionspreis und gleichbleibenden Differenzen kann bei Differentialrente I mit dem Rental die Durchschnittsrente per Acre steigen oder die Durchschnittsrentrate aufs Kapital; aber der Durchschnitt ist nur eine Abstraktion. Die wirkliche Rentenhöhe per Acre oder aufs Kapital gerechnet, bleibt hier dieselbe.
Dagegen kann unter denselben Voraussetzungen die Höhe der Rente, gemessen am Acre, steigen, obgleich die Rentrate, gemessen am ausgelegten Kapital, dieselbe bleibt.
Nimm an, die Produktion verdopple sich dadurch, daß auf A, B, C, D statt je 2 1/2 Pfd. St. je 5 Pfd. St., also statt 10 zusammen 20 Pfd. St. Kapital angelegt würde, mit gleichbleibender relativer Fruchtbarkeit. Es wäre dies ganz dasselbe, als ob von jeder dieser Bodenarten 2 Acres statt 1, und zwar zu gleichbleibenden Kosten, bebaut würden. Die Profitrate bliebe dieselbe und ebenso ihr Verhältnis zum Surplusprofit oder der Rente. Wenn aber A jetzt 2 qrs. trüge, B 4, C 6, D 8, so bliebe, da dieser Zuwachs nicht verdoppelter Fruchtbarkeit bei gleichbleibendem Kapital, sondern gleichbleibender proportioneller Fruchtbarkeit bei verdoppeltem Kapital geschuldet, der Produktionspreis nach wie vor 3 Pfd. St. per qr. Die 2 qrs. von A würden jetzt 6 Pfd. St. kosten, wie früher 1 qr. 3 Pfd. St. Der Profit hätte sich auf allen 4 Bodenarten verdoppelt, aber nur, weil das ausgelegte Kapital. Aber in demselben Verhältnis hätte sich die Rente verdoppelt; sie wäre 2 qrs. für B statt 1, 4 für C statt 2 und 6 für D statt 3; und dementsprechend die Geldrente für B, C, D resp. 6 Pfd. St., 12 Pfd. St., 18 Pfd. St. Wie das Produkt per Acre, hätte sich die Geldrente per Acre verdoppelt, also auch der Bodenpreis, worin diese Geldrente kapitalisiert wird. So berechnet, steigt die Höhe der Korn- und Geldrente und daher der Bodenpreis, weil der Maßstab, worin er berechnet wird, der Acre, ein Bodenstück von konstanter Größe ist. Dagegen als Rentrate mit Beziehung auf das ausgelegte Kapital berechnet, hat kein Wechsel stattgefunden in der proportionellen Höhe der Rente. Das Gesamtrental von 36 verhält sich zum ausgelegten Kapital von 20, wie sich das Rental von 18 zum ausgelegten Kapital von 10 verhielt. Dasselbe gilt für das Verhältnis der Geldrente jeder Bodenart zu dem in ihr ausgelegten Kapital; so z.B. in C verhalten sich 12. Pfd. St. Rente zu 5 Pfd. St. Kapital wie früher 6 Pfd. St. Rente zu 2 1/2 Pfd. St. Kapital. Es entstehn hier keine neuen Differenzen zwischen den ausgelegten Kapitalen, aber es entstehn neue Surplusprofite, bloß weil das zusätzliche Kapital auf irgendeiner der Rente tragenden Bodenarten, oder auf allen, mit demselben proportionellen Produkt angelegt wird. Fände die doppelte Anlage z.B. nur auf C statt, so bliebe die Differentialrente, aufs Kapital berechnet, zwischen C, B und D dieselbe; denn wenn ihre Masse auf C sich verdoppelt, so auch das angelegte Kapital.
Man sieht hieraus, daß bei gleichbleibendem Produktionspreis, gleichbleibender Rate des Profits und gleichbleibenden Differenzen (und daher gleichbleibender Rate des Surplusprofits oder der Rente, gemessen am Kapital) die Höhe der Produkten- und Geldrente per Acre und daher der Bodenpreis steigen kann.
Dasselbe kann stattfinden bei abnehmenden Raten des Surplusprofits und daher der Rente, d.h. bei abnehmender Produktivität der immer noch Rente tragenden zusätzlichen Kapitalanlagen. Wenn die zweiten Kapitalanlagen von 2 1/2 Pfd. St. nicht das Produkt verdoppelt hätten, sondern B nur 3 1/2 qrs., C 5 und D 7A41 trüge, so wäre die Differentialrente auf B für die zweiten 21/2 Pfd. St. Kapital nur 1/2 qrs. statt 1, auf C 1 statt 2, und auf D 2 statt 3. Die Verhältnisse zwischen Rente und Kapital für die beiden sukzessiven Anlagen würden sich stellen wie folgt:
RenteKapital
B:3 Pfd. St.21/2 Pfd. St.
C:6 " "21/2 " "
D:9 " "21/2 " "
RenteKapital
B:11/2 Pfd. St.21/2 Pfd. St.
C:3 " "21/2 " "
D:6 " "21/2 " "
Trotz dieser gefallnen Rate der relativen Produktivität des Kapitals und daher des Surplusprofits, berechnet aufs Kapital, wäre die Korn- und Geldrente gestiegen für B von 1 auf 1 1/2 qrs. (3 auf 4 1/2 Pfd. St.), für C von 2 auf 3 qrs. (von 6 auf 9 Pfd. St.) und für D von 3 auf 5 qrs. (von 9 auf 15 Pfd. St.). In diesem Fall hätten die Differenzen für die zusätzlichen Kapitale, verglichen mit dem auf A angelegten Kapital, abgenommen, der Produktionspreis wäre derselbe geblieben, aber die Rente per Acre und daher der Bodenpreis per Acre wäre gestiegen.
Die Kombinationen der Differentialrente II, welche als ihre Basis die Differentialrente I voraussetzt, sind nun die folgenden.
41. Die Differentialrente II – Erster Fall: Konstanter Produktionspreis
Diese Voraussetzung schließt ein, daß der Marktpreis nach wie vor durch das auf dem schlechtesten Boden A angelegte Kapital reguliert wird.
I. Wenn das auf irgendeiner der Rente tragenden Bodenarten B, C, D angelegte zuschüssige Kapital nur soviel produziert wie dasselbe Kapital auf Boden A, d.h. wenn es zum regulierenden Produktionspreis nur den Durchschnittsprofit abwirft, also keinen Surplusprofit, so ist die Wirkung auf die Rente gleich Null. Es bleibt alles beim alten. Es ist dasselbe, als wenn eine beliebige Zahl Acres von der Qualität A, des schlechtesten Bodens, der bisher bebauten Fläche zugesetzt wäre.
II. Die zusätzlichen Kapitale bringen auf jeder verschiednen Bodenart ihrer Größe proportionelle, zuschüssige Produkte hervor; d.h. die Größe der Produktion wächst, je nach der spezifischen Fruchtbarkeit jeder Bodenart, proportionell zur Größe des zuschüssigen Kapitals. Wir gingen in Kapitel XXXIX aus von der folgenden Tabelle I:
{TITEL}Tabelle I Bodenart Acres Produktionskosten Produkt Kornrente Geldrente per Acre insgesamt ———————————————————————————————————————————————————————————————————————————— A 1 3 Pfd. St. 3 Pfd. St. 1 qr. 0 0 B 2 3 " " 6 " " 4 qrs. 2 qrs. 6 Pfd. St. C 5 3 " " 15 " " 15 " 10 " 30 " " D 4 3 " " 12 " " 16 " 12 " 36 " " ———————————————————————————————————————————————————————————————————————————— Summa 12 36 Pfd. St. 36 qrs. 24 qrs. 72 Pfd. St.
Diese verwandelt sich jetzt in:
Tabelle II
{TITEL}Tabelle II Bodenart Kapital Profit Produk— Produkt Verkaufs— Ertrag Rente Rate des tions— preis Surplus— kosten profits Acres Pfd. St. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. ———————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— A 1 2 1/2 + 2 1/2 = 5 1 6 2 3 6 0 0 B 1 2 1/2 + 2 1/2 = 5 1 6 4 3 12 2 6 120% C 1 2 1/2 + 2 1/2 = 5 1 6 6 3 18 4 12 240% D 1 2 1/2 + 2 1/2 = 5 1 6 8 3 24 6 18 360% ———————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— 4 20 20 60 12 36
Es ist hier nicht nötig, daß, wie in der Tabelle, die Kapitalanlage sich auf allen Bodenarten verdoppelt. Das Gesetz ist dasselbe, sobald nur auf irgendeiner oder mehreren der Rente tragenden Bodenarten zuschüssiges Kapital angewandt wird, gleichviel in welcher Proportion. Was nötig ist, ist nur, daß auf jeder Bodenart die Produktion sich im selben Verhältnis vermehrt wie das Kapital. Die Rente steigt hier bloß infolge vermehrter Kapitalanlage auf den Boden und im Verhältnis zu dieser Kapitalvermehrung. Diese Vermehrung des Produkts und der Rente infolge von und proportionell zu vermehrter Kapitalanlage ist, was Quantum des Produkts und der Rente angeht, ganz dasselbe, als wenn die bebaute Fläche der Rente tragenden Ländereien gleicher Bonität sich vermehrt hätte und mit gleicher Kapitalanlage, wie früher auf denselben Bodenarten, der Kultur unterworfen wäre. Im Fall von Tabelle II z.B. bliebe das Resultat dasselbe, wenn das zuschüssige Kapital von 2 1/2 Pfd. St. per Acre auf je einen zweiten Acre von B, C und D angelegt wäre.
Diese Annahme unterstellt ferner keine fruchtbarere Anwendung des Kapitals, sondern nur Anwendung von mehr Kapital auf derselben Fläche mit demselben Erfolg wie bisher.
Es bleiben hier alle proportionellen Verhältnisse dieselben. Allerdings, wenn man nicht die proportionellen Differenzen, sondern die rein arithmetischen betrachtet, kann sich die Differentialrente auf den verschiednen Bodenarten verändern. Nehmen wir z.B. an, das zuschüssige Kapital sei nur auf B und D angelegt worden. So ist dann der Unterschied von D und A = 7 qrs., früher = 3; der von B und A = 3 qrs., früher = 1; der von C und B = -1, früher = +1 usw. Aber diese arithmetische Differenz, die entscheidend ist bei der Differentialrente I, soweit sich in ihr der Unterschied in der Produktivität bei gleicher Kapitalanlage ausdrückt, ist hier völlig gleichgültig, weil sie nur Folge verschiedner Mehranlage oder Nicht-Mehranlage von Kapital ist, bei gleichbleibender Differenz für jeden gleichen Kapitalteil auf die verschiednen Ländereien.
III. Die zuschüssigen Kapitale bringen überschüssiges Produkt hervor und bilden daher Surplusprofite, aber mit abnehmender Rate, nicht im Verhältnis zu ihrer Vergrößerung.
Tabelle III
{TITEL}Tabelle III Bodenart Kapital Profit Produk— Produkt Verkaufs— Ertrag Rente Rate des tions— preis Surplus— kosten profits Acres Pfd. St. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. —————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— A 1 2 1/2 1/2 3 1 3 3 0 0 0 B 1 2 1/2 + 2 1/2 = 5 1 6 2 + 1 1/2 = 3 1/2 3 10 1/2 1 1/2 4 1/2 90% C 1 2 1/2 + 2 1/2 = 5 1 6 3 + 2 = 5 3 15 3 9 180% D 1 2 1/2 + 2 1/2 = 5 1 6 4 + 3 1/2 = 7 1/2 3 22 1/2 5 1/2 16 1/2 330% —————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— 17 1/2 3 1/2 21 17 51 10 30
Es ist bei dieser dritten Annahme wieder gleichgültig, ob die zuschüssigen zweiten Kapitalanlagen gleichmäßig oder ungleichmäßig auf die verschiednen Bodenarten fallen oder nicht; ob die abnehmende Produktion von Surplusprofit in gleichen oder ungleichen Verhältnissen vor sich geht; ob die zusätzlichen Kapitalanlagen alle auf dieselbe, Rente tragende, Bodenart fallen oder ob sie sich verteilen, gleichmäßig oder ungleichmäßig, auf Rente tragenden Boden verschiedner Bonität. Alle diese Umstände sind für das zu entwickelnde Gesetz gleichgültig. Die einzige Voraussetzung ist, daß zuschüssige Kapitalanlagen auf irgendeiner der Rente tragenden Bodenarten Surplusprofit abwerfen, aber in abnehmender Proportion zum Maß der Kapitalvermehrung. Die Grenzen dieser Abnahme bewegen sich in den Beispielen der vorliegenden Tabelle zwischen 4 qrs. = 12 Pfd. St., dem Produkt der ersten Kapitalanlage auf den besten Boden D, und 1 qr. = 3 Pfd. St., dem Produkt derselben Kapitalanlage auf den schlechtesten Boden A. Das Produkt des besten Bodens bei Anlage von Kapital I bildet die Maximalgrenze und das Produkt des nicht Rente tragenden, keinen Surplusprofit gebenden schlechtesten Bodens A, bei gleicher Kapitalanlage, die Minimalgrenze des Produkts, welches die sukzessiven Kapitalanlagen auf irgendeinem der Surplusprofit abwerfenden Bodenarten bei abnehmender Produktivität sukzessiver Kapitalanlagen abwerfen. Wie die Annahme II dem entspricht, daß von den bessern Bodenarten neue Stücke gleicher Qualität der bebauten Fläche zugefügt werden, daß die Quantität irgendeiner der kultivierten Bodenarten sich vermehrt, so entspricht die Annahme III dem, daß zusätzliche Bodenstücke bebaut werden, deren verschiedne Grade von Fruchtbarkeit sich verteilen zwischen D und A, zwischen denen des besten und denen des schlechtesten Bodens. Finden die sukzessiven Kapitalanlagen ausschließlich auf dem Boden D statt, so können sie die existierenden Differenzen zwischen D und A einbegreifen, ferner Differenzen zwischen D und C, ebenso wie zwischen D und B. Finden sie alle auf Boden C statt, so nur Differenzen zwischen C und A resp. B; wenn auf B, nur Differenzen zwischen B und A.
Das Gesetz aber ist: daß die Rente auf allen diesen Bodenarten absolut wächst, wenn auch nicht im Verhältnis zum zuschüssig angelegten Kapital.
Die Rate des Surplusprofits, sowohl das zuschüssige Kapital wie das gesamte auf den Boden angelegte Kapital betrachtet, nimmt ab; aber die absolute Größe des Surplusprofits nimmt zu; ganz wie die abnehmende Profitrate des Kapitals überhaupt meist mit zunehmender absoluter Masse des Profits verbunden ist. So ist der Durchschnitts-Surplusprofit der Kapitalanlage auf B = 90% aufs Kapital, während er bei der ersten Kapitalanlage = 120% war. Aber der gesamte Surplusprofit nimmt zu, von 1 qr. auf 1 1/2 qr. und von 3 Pfd. St. auf 4 1/2. Die Gesamtrente für sich betrachtet – und nicht mit Bezug auf die verdoppelte Größe des vorgeschoßnen Kapitals – ist absolut gestiegen. Die Differenzen der Renten der verschiednen Bodenarten und ihr Verhältnis zueinander mögen hier wechseln; aber dieser Wechsel in der Differenz ist hier Folge, nicht Ursache der Vermehrung der Renten gegeneinander.
IV. Der Fall, wo die zuschüssigen Kapitalanlagen auf den bessern Bodenarten ein größeres Produkt erzeugen als die ursprünglichen, verlangt keine weitre Analyse. Es versteht sich von selbst, daß unter dieser Voraussetzung die Renten per Acre steigen, und in größerm Verhältnis als das zuschüssige Kapital, auf welcher Bodenart immer seine Anlage stattgefunden hat. In diesem Fall ist die zuschüssige Kapitalanlage mit Verbesserung verbunden. Es ist hierin eingeschlossen, wenn ein Zuschuß von weniger Kapital dieselbe oder größre Wirkung produziert als früher Zuschuß von mehr Kapital. Dieser Fall ist nicht ganz identisch mit dem frühern, und es ist dies ein Unter schied, der bei allen Kapitalanlagen wichtig ist. Wenn z.B. 100 einen Profit von 10 gibt und 200, in einer bestimmten Form angewandt, einen Profit von 40, so ist der Profit von 10% auf 20% gestiegen, und insoweit ist dies dasselbe, als wenn 50, in einer wirksamern Form angewandt, einen Profit von 10 statt 5 gibt. Wir unterstellen hier, daß der Profit mit proportioneller Vermehrung des Produkts verbunden ist. Aber der Unterschied ist, daß ich in dem einen Fall das Kapital verdoppeln muß, dagegen in dem andern mit dem bisherigen Kapital den doppelten Effekt hervorbringe. Es ist durchaus nicht dasselbe, ob ich 1. mit halb soviel lebendiger und vergegenständlichter Arbeit dasselbe Produkt wie früher, oder 2. mit derselben Arbeit das doppelte Produkt gegen früher, oder 3. mit der doppelten Arbeit das vierfache Produkt gegen früher hervorbringe. Im ersten Fall wird Arbeit – in lebendiger oder vergegenständlichter Form – frei, die anderswie verwandt werden kann; das Dispositionsvermögen über Arbeit und Kapital wächst. Die Freisetzung von Kapital (und Arbeit) ist an sich eine Vermehrung des Reichtums; sie hat ganz denselben Effekt, als ob dies zuschüssige Kapital durch Akkumulation erzielt worden sei, spart aber die Arbeit der Akkumulation.
Gesetzt, ein Kapital von 100 habe ein Produkt von 10 Meter produziert. in den 100 sei sowohl konstantes Kapital als lebendige Arbeit und Profit eingeschlossen. So kostet der Meter 10. Kann ich mit demselben Kapital von 100 jetzt 20 Meter produzieren, so kostet der Meter 5. Kann ich dagegen mit 50 Kapital 10 Meter produzieren, so kostet der Meter auch 5, und es wird ein Kapital von 50 freigesetzt, soweit die alte Warenzufuhr genügt. Muß ich 200 Kapital anlegen, um 40 Meter zu produzieren, so kostet der Meter ebenfalls 5. Die Wert- oder auch Preisbestimmung läßt hier keinen Unterschied erkennen, ebensowenig wie die dem Kapitalvorschuß proportionelle Produktenmasse. Aber im ersten Fall wird Kapital freigesetzt; im zweiten Fall wird zuschüssiges Kapital erspart, soweit etwa doppelte Produktion nötig wäre; im dritten Fall kann das vermehrte Produkt nur erhalten werden, indem das vorgeschoßne Kapital wächst, obgleich nicht in demselben Verhältnis, wie wenn das vermehrte Produkt von der alten Produktivkraft hätte geliefert werden sollen. (Gehört in Abschnitt I.)
Vom Standpunkt der kapitalistischen Produktion aus betrachtet, nicht mit Rücksicht auf Steigerung des Mehrwerts, sondern auf Senkung des Kostpreises – und Ersparung der Kosten auch im Mehrwert bildenden Element, der Arbeit, tut dem Kapitalisten diesen Dienst und bildet Profit für ihn, solange der regulierende Produktionspreis derselbe bleibt – ist die Anwendung von konstantem Kapital stets wohlfeiler als die von variablem. Es setzt dies in der Tat die der kapitalistischen Produktionsweise entsprechende Kreditentwicklung und Reichlichkeit von Leihkapital voraus. Auf der einen Seite wende ich 100 Pfd. St. zusätzliches konstantes Kapital an, wenn 100 Pfd. St. das Produkt von 5 Arbeitern während des Jahrs; auf der andern 100 Pfd. St. in variablem Kapital. Ist die Rate des Mehrwerts = 100%, so der Wert, den die 5 Arbeiter geschaffen haben = 200 Pfd. St.; dagegen der Wert von 100 Pfd. St. konstantem Kapital ist = 100 Pfd. St. und als Kapital vielleicht = 105 Pfd. St., wenn der Zinsfuß = 5%. Dieselben Geldsummen, je nachdem sie der Produktion vorgeschossen werden als Wertgrößen von konstantem oder von variablem Kapital, drücken sehr verschiedne Werte aus, in ihrem Produkt betrachtet. Was ferner die Kosten der Waren vom Standpunkt des Kapitalisten angeht, findet noch der Unterschied statt, daß von den 100 Pfd. St. konstantes Kapital, soweit dies in fixem Kapital angelegt, nur der Verschleiß in den Wert der Ware eingeht, während die 100 Pfd. St. für Arbeitslohn ganz darin reproduziert sein müssen.
Bei Kolonisten und überhaupt selbständigen Kleinproduzenten, die über Kapital gar nicht oder nur zu hohen Zinsen verfügen können, ist der Produktenteil, der den Arbeitslohn vertritt, ihre Revenue, während er für den Kapitalisten Kapitalvorschuß ist. Jener betrachtet diese Arbeitsauslage daher als unumgängliche Vorbedingung für den Arbeitsertrag, um den es sich zunächst handelt. Was aber seine überschüssige Arbeit betrifft, nach Abzug jener notwendigen Arbeit, so realisiert sie sich jedenfalls in einem überschüssigen Produkt; und sobald er dies verkaufen oder auch selbst verwenden kann, betrachtet er dies als etwas, was ihm nichts gekostet hat, weil keine vergegenständlichte Arbeit. Es ist diese allein, deren Verausgabung ihm als Veräußerung von Reichtum gilt. Er sucht natürlich so hoch zu verkaufen als möglich; aber selbst der Verkauf unter dem Wert und unter dem kapitalistischen Produktionspreis gilt ihm immer noch als Profit, soweit dieser Profit nicht durch Verschuldung, Hypothek usw. antizipiert ist. Für den Kapitalisten dagegen ist sowohl die Auslage von variablem wie konstantem Kapital Vorschuß von Kapital. Der relativ größre Vorschuß des letztern verringert unter sonst gleichbleibenden Umständen den Kostpreis, wie wirklich auch den Wert der Waren. Obgleich daher der Profit bloß aus der Mehrarbeit, also bloß aus der Anwendung von variablem Kapital entspringt, kann es dem einzelnen Kapitalisten doch so scheinen, daß die lebendige Arbeit das kostspieligste und am meisten aufs Minimum zu reduzierende Element seiner Produktionskosten ist. Es ist dies nur eine kapitalistisch verdrehte Form des Richtigen, daß die verhältnismäßig größre Anwendung vergangner Arbeit, verglichen mit lebendiger, gesteigerte Produktivität der gesellschaftlichen Arbeit und größren gesellschaftlichen Reichtum bedeutet. So falsch ist alles und so, auf den Kopf gestellt, bietet sich alles dar vom Standpunkt der Konkurrenz. –
Bei der Voraussetzung gleichbleibender Produktionspreise können die zuschüssigen Kapitalanlagen mit gleichbleibender, zunehmender oder abnehmender Produktivität auf den bessern Ländereien, d.h. auf allen von B aufwärts gemacht werden. Auf A selbst wäre dies unter unsrer Voraussetzung nur möglich entweder bei gleichbleibender Produktivität, wo das Land dann nach wie vor keine Rente trägt, oder auch wenn die Produktivität zunimmt; ein Teil des auf den Boden A angelegten Kapitals würde dann Rente tragen, der andre nicht. Aber es wäre unmöglich bei Annahme abnehmender Produktivkraft für A, denn sonst würde der Produktionspreis nicht konstant bleiben, sondern steigen. Unter allen diesen Umständen aber, d.h. ob das Surplusprodukt, das sie bringen, ihrer Größe proportionell oder über oder unter dieser Proportion – ob daher die Rate des Surplusprofits des Kapitals, beim Wachstum dieses letzteren, konstant bleibt, steigt oder fällt –, das Surplusprodukt und der ihm entsprechende Surplusprofit per Acre wächst, also auch eventuell die Rente, Korn- und Geldrente. Das Wachsen in der bloßen Masse des Surplusprofits, resp. der Rente, per Acre berechnet, d.h. wachsende Masse auf eine gleichbleibende Einheit berechnet, also hier auf irgendein bestimmtes Bodenquantum, Acre oder Hektare, drückt sich als wachsende Proportion aus. Die Höhe der Rente, per Acre berechnet, wächst daher unter diesen Umständen einfach infolge der Vermehrung des auf den Boden angelegten Kapitals. Und zwar findet dies statt bei gleichbleibenden Produktionspreisen, und gleichgültig dagegen, ob die Produktivität des zuschüssigen Kapitals gleichbleibend, abnehmend oder zunehmend ist. Die letzteren Umstände modifizierenden Umfang, worin die Höhe der Rente per Acre wächst, aber nicht die Tatsache dieses Wachsens selbst. Dies ist ein Phänomen, welches der Differentialrente II eigentümlich ist und sie von Differentialrente I unterscheidet. Wären die zusätzlichen Kapitalanlagen, statt zeitlich nacheinander auf denselben Boden, räumlich nebeneinander auf neuen zusätzlichen Boden der entsprechenden Qualität gemacht worden, so wäre die Masse des Rentals gewachsen und, wie früher gezeigt, auch die Durchschnittsrente der bebauten Gesamtfläche, aber nicht die Höhe der Rente per Acre. Bei gleichbleibendem Resultat, soweit Masse und Wert der Gesamtproduktion und des Surplusprodukts in Betracht kommen, entwickelt die Konzentration des Kapitals auf engerer Bodenfläche die Höhe der Rente per Acre, wo unter denselben Umständen seine Zerstreuung über eine größre Fläche, bei sonst gleichbleibenden Umständen, nicht diese Wirkung hervorbringt. Je mehr sich aber die kapitalistische Produktionsweise entwickelt, desto mehr auch die Konzentration von Kapital auf derselben Bodenfläche, desto höher steigt also die Rente, per Acre berechnet. In zwei Ländern daher, wo die Produktionspreise identisch, die Differenzen der Bodenarten identisch und dieselbe Masse Kapital angelegt wäre, aber in dem einen mehr in der Form sukzessiver Anlagen auf beschränkter Bodenfläche, in der andren mehr in der Form koordinierter Anlagen auf breiterer Fläche, wäre die Rente per Acre und damit der Bodenpreis höher in dem ersten und niedriger im zweiten Land, obgleich die Masse der Rente in beiden Ländern dieselbe wäre. Der Unterschied in der Höhe der Rente wäre hier also weder aus Unterschied in der natürlichen Fruchtbarkeit der Bodenarten, nach der Menge der angewandten Arbeit, sondern ausschließlich aus der verschiednen Art der Kapitalanlagen zu erklären.
Wenn wir hier von Surplusprodukt sprechen, so ist darunter immer zu verstehn der aliquote Teil des Produkts, worin sich der Surplusprofit darstellt. Sonst verstehn wir unter Mehrprodukt oder Surplusprodukt den Produktenteil, worin sich der Gesamtmehrwert, oder auch in einzelnen Fällen denjenigen, worin sich der Durchschnittsprofit darstellt. Die spezifische Bedeutung, die das Wort beim Rente tragenden Kapital erhält, gibt, wie früher gezeigt, zu Mißverständnissen Anlaß.
42. Die Differentialrente II – Zweiter Fall: Fallender Produktionspreis
Der Produktionspreis kann fallen, wenn die zusätzlichen Anlagen von Kapital stattfinden mit gleichbleibender, fallender oder steigender Rate der Produktivität.
I. Bei gleichbleibender Produktivität der zuschüssigen Kapitalanlage
Dies unterstellt also, daß auf den verschiednen Bodenarten, ihrer respektiven Qualität entsprechend, das Produkt in demselben Maß wächst wie das auf ihnen angelegte Kapital. Dies schließt ein, bei gleichbleibenden Differenzen der Bodenarten, ein dem Wachstum der Kapitalanlage proportionelles Wachstum des Surplusprodukts. Dieser Fall schließt also aus jede die Differentialrente affizierende Mehranlage von Kapital auf Boden A. Bei diesem ist die Rate des Surplusprofits = 0; sie bleibt also = 0, da unterstellt ist, daß die Produktivkraft des zuschüssigen Kapitals und daher die Rate des Surplusprofits konstant bleiben.
Der regulierende Produktionspreis kann unter diesen Voraussetzungen aber nur fallen, weil statt des Produktionspreises von A der des nächstbessern Bodens B, oder überhaupt irgendeines bessern Bodens als A, regulierend wird; das Kapital also von A entzogen wird oder auch von A und B, wenn der Produktionspreis des Bodens C der regulierende würde, also aller geringere Boden aus der Konkurrenz der Weizen tragenden Bodenarten wegfiele. Die Bedingung hierfür, unter den gegebnen Voraussetzungen, ist, daß das zuschüssige Produkt der zusätzlichen Kapitalanlagen den Bedarf befriedigt, daher die Produktion des geringern Bodens A etc. überflüssig für die Herstellung der Zufuhr wird.
Nehmen wir also z.B. Tabelle II, jedoch so, daß statt 20 qrs. 18 den Bedarf befriedigen. A würde wegfallen; BA42 und mit ihm der Produktionspreis von 30 sh. per qr. würde regulierend. Die Differentialrente nimmt dann diese Form an:
Tabelle IV
{TITEL}Tabelle IV Bodenart Kapital Profit Produk— Produkt Verkaufs— Ertrag Rente Rate des tions— preis Surplus— kosten in Korn in Geld profits Acres Pfd. St. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. ————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— B 1 5 1 6 4 1 1/2 6 0 0 0 C 1 5 1 6 6 1 1/2 9 2 3 60% D 1 5 1 6 8 1 1/2 12 4 6 120% ————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— Total 3 15 3 18 18 27 6 9
Also die Gesamtrente, verglichen mit Tabelle II, wäre gefallen von 36 Pfd. St. auf 9 und in Korn von 12 qrs. auf 6, die Gesamtproduktion nur um 2 qrs., von 20 auf 18. Die Rate des Surplusprofits, berechnet aufs Kapital, wäre auf ein Drittel gefallen, von 180 auf 60%A43. Dem Fallen des Produktionspreises entspricht hier also Abnahme der Korn- und Geldrente.
Mit Tabelle I verglichen, findet nur Abnahme der Geldrente statt; die Kornrente ist beidemal 6 qrs., nur sind diese in dem einen Fall = 18 Pfd. St., im andern = 9 Pfd. St. Für Boden CA44 ist die Kornrente gegen Tabelle I dieselbe geblieben. In der Tat hat sich dadurch, daß die vermittelst gleichförmig wirkenden Zusatzkapitals erzielte, zusätzliche Produktion das Produkt von A aus dem Markt geworfen und damit den Boden A als konkurrierenden Produktionsagenten beseitigt, eine neue Differentialrente I gebildet, worin der bessere Boden B dieselbe Rolle spielt wie früher die schlechtere Bodenart A. Dadurch fällt einerseits die Rente von B weg; andrerseits ist vorausgesetztermaßen in den Differenzen zwischen B, C und D durch die Anlage von Zusatzkapital nichts geändert worden. Der Teil des Produkts, der sich in Rente verwandelt, fällt daher.
Wäre das obige Resultat – die Befriedigung der Nachfrage mit Ausschluß von A – etwa dadurch hervorgebracht, daß auf C oder D oder beiden mehr als das doppelte Kapital angelegt worden, so gestaltete sich die Sache anders. Z.B. wenn die dritte Kapitalanlage auf C gemacht wird:
Tabelle IV a
{TITEL}Tabelle IV a Bodenart Kapital Profit Produk— Produkt Verkaufs— Ertrag Rente Rate des tions— preis Surplus— kosten in Korn in Geld profits Acres Pfd. St. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. ————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— B 1 5 1 6 4 1 1/2 6 0 0 0 C 1 7 1/2 1 1/2 9 9 1 1/2 13 1/2 3 4 1/2 60% D 1 5 1 6 8 1 1/2 12 4 6 120% ————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— Total 3 17 1/2 3 1/2 21 21 31 1/2 7 10 1/2
Auf C ist hier das Produkt, gegen Tab. IV, gestiegen von 6 qrs. auf 9, das Surplusprodukt von 2 qrs. auf 3, die Geldrente von 3 Pfd. St. auf 4 1/2 Pfd. St. Gegen Tabelle II, wo die Geldrente 12 Pfd. St., und Tab. I, wo sie 6 Pfd. St. war, ist sie dagegen gefallen. Das Gesamtrental in Korn = 7 qrs. ist gefallen gegen Tab. II (12 qrs.), gestiegen gegen Tab. I (6 qrs.); in Geld (10 1/2 Pfd. St.) ist es gefallen gegen beide (18 Pfd. St. und 36 Pfd. St.).
Wäre die dritte Kapitalanlage von 2 1/2 Pfd. St. auf den Boden B verwandt worden, so hätte dies zwar die Masse der Produktion geändert, aber die Rente nicht berührt, da die sukzessiven Kapitalanlagen als keine Differenz auf derselben Bodenart hervorbringend unterstellt sind und Boden B keine Rente abwirft.
Nehmen wir dagegen an, die dritte Kapitalanlage habe auf D stattgefunden statt auf C, so haben wir:
Tabelle IV b
{TITEL}Tabelle IV b Bodenart Kapital Profit Produk— Produkt Verkaufs— Ertrag Rente Rate des tions— preis Surplus— kosten in Korn in Geld profits Acres Pfd. St. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. ————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— B 1 5 1 6 4 1 1/2 6 0 0 0 C 1 5 1 6 6 1 1/2 9 2 3 60% D 1 7 1/2 1 1/2 9 12 1 1/2 18 6 9 120% ————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— Total 3 17 1/2 3 1/2 21 22 33 8 12
Hier ist das Gesamtprodukt 22 qrs., mehr als doppelt das von Tabelle I, obgleich das vorgeschoßne Kapital nur 17 1/2 Pfd. St. gegen 10 Pfd. St., also nicht doppelt so groß ist. Das Gesamtprodukt ist ferner um 2 qrs. größer als das von Tabelle II, obwohl in letztrer das vorgeschoßne Kapital größer ist, nämlich 20 Pfd. St.
Auf Boden D ist gegen Tabelle I die Kornrente gewachsen von 3 qrs.A45 auf 6, während die Geldrente mit 9 Pfd. St. dieselbe geblieben ist. Gegen Tabelle II ist die Kornrente von D dieselbe von 6 qrs. geblieben, aber die Geldrente ist gefallen von 18 Pfd. St. auf 9 Pfd. St.
Die Gesamtrenten betrachtet, ist die Kornrente von IV b = 8 qrs. größer als die von I = 6 qrs. und als die von IV a = 7 qrs.; dagegen kleiner als die von II = 12 qrs. Die Geldrente von IV b = 12 Pfd. St. ist größer als die von IV a = 10 1/2 Pfd. St. und kleiner als die von Tabelle I = 18 Pfd. St. und von II = 36 Pfd. St.
Damit bei dem Wegfallen der Rente auf B unter den Bedingungen der Tabelle IV b das Gesamtrental gleich dem von Tabelle I sei, müssen wir noch für 6 Pfd. St. Surplusprofit haben, also 4 qrs. zu 1 1/2 Pfd. St., welches der neue Produktionspreis ist. Wir haben dann wieder ein Gesamtrental von 18 Pfd. St. wie in Tabelle I. Die Größe des hierzu erforderlichen Zuschußkapitals wird verschieden sein, je nachdem wir es auf C oder D anlegen oder zwischen beiden verteilen.
Bei C ergeben 5 Pfd. St. Kapital 2 qrs. Surplusprodukt, also werden 10 Pfd. St. Zusatzkapital 4 qrs. zusätzliches Surplusprodukt ergeben. Bei D würden 5 Pfd. St. Zusatz genügen, um die 4 qrs. zusätzliche Kornrente zu produzieren, unter der hier zugrunde liegenden Voraussetzung, daß die Produktivität der zusätzlichen Kapitalanlagen dieselbe bleibt. Danach ergäben sich folgende Aufstellungen.
Tabelle IV c
{TITEL}Tabelle IV c Bodenart Kapital Profit Produk— Produkt Verkaufs— Ertrag Rente Rate des tions— preis Surplus— kosten in Korn in Geld profits Acres Pfd. St. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. ————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— B 1 5 1 6 4 1 1/2 6 0 0 0 C 1 15 3 18 18 1 1/2 27 6 9 60% D 1 7 1/2 1 1/2 9 12 1 1/2 18 6 9 120% ————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— Total 3 27 1/2 5 1/2 33 34 51 12 18
Tabelle IV d
{TITEL}Tabelle IV d Bodenart Kapital Profit Produk— Produkt Verkaufs— Ertrag Rente Rate des tions— preis Surplus— kosten in Korn in Geld profits Acres Pfd. St. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. ————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— B 1 5 1 6 4 1 1/2 6 0 0 0 C 1 5 1 6 6 1 1/2 9 2 3 60% D 1 12 1/2 2 1/2 15 20 1 1/2 30 10 15 120% ————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— Total 3 22 1/2 4 1/2 27 30 45 12 18
Das Gesamtgeldrental wäre genau die Hälfte von dem, was es auf Tabelle II war, wo die zuschüssigen Kapitale bei gleichbleibenden Produktionspreisen angelegt wurden.
Das Wichtigste ist, obige Tabellen mit der Tabelle I zu vergleichen.
Wir finden, daß bei einem Fall des Produktionspreises um die Hälfte, von 60 sh. auf 30 sh. per qr., das Gesamt-Geldrental dasselbe geblieben, = 18 Pfd. St., und dementsprechend die Kornrente sich verdoppelt hat, nämlich von 6 qrs. auf 12. Auf B ist die Rente weggefallen; auf C ist die Geldrente um die Hälfte gestiegen in IV c, aber um die Hälfte gefallen in IV d; auf D ist sie dieselbe geblieben = 9 Pfd. St. in IV c und von 9 Pfd. St. auf 15 Pfd. St. gestiegen in IV d. Die Produktion ist von 10 qrs. auf 34 gestiegen in IV c und auf 30 qrs. in IV d; der Profit von 2 Pfd. St. auf 5 1/2 in IV c und 4 1/2 in IV d. Die Gesamtkapitalanlage ist gestiegen in dem einen Fall von 10 Pfd. St. auf 27 1/2 Pfd. St., im andern von 10 auf 22 1/2 Pfd. St., beidemal also um mehr als das Doppelte. Die Rentrate, die Rente auf das vorgeschoßne Kapital berechnet, ist in allen Tabellen IV bis IV d für jede Bodenart überall dieselbe, was schon darin eingeschlossen war, daß die Rate der Produktivität der beiden sukzessiven Kapitalanlagen auf jeder Bodenart als gleichbleibend angenommen wurde. Gegen Tabelle I ist sie jedoch für den Durchschnitt aller Bodenarten wie für jede einzelne derselben gefallen. Sie war in I = 180% im Durchschnitt, sie ist in IV c = 18 / 27 1/2 * 100 = 65 5/11% und in IV d = 18 / 22 1/2 * 100 = 80% Die Durchschnittsgeldrente per Acre ist gestiegen. Ihr Durchschnitt war früher, in I, auf alle 4 Acres 4 1/2 Pfd. St. per Acre und ist jetzt, in IV c und d, auf die 3 Acres 6 Pfd. St. per Acre. Ihr Durchschnitt auf dem Rente tragenden Boden war früher 6 Pfd. St. und ist jetzt 9 Pfd. St. per Acre. Der Geldwert der Rente per Acre ist also gestiegen und stellt jetzt das doppelte Kornprodukt wie früher dar; aber die 12 qrs. Kornrente sind jetzt weniger als einhalb des Gesamtprodukts von 34 resp. 30 qrs.A46, während in Tabelle I die 6 qrs. 3/5 des Gesamtprodukts von 10 qrs. ausmachen. Obgleich also die Rente, als aliquoter Teil des Gesamtprodukts betrachtet, gefallen ist, und ebenso, wenn auf das ausgelegte Kapital berechnet, so ist ihr Geldwert, per Acre berechnet, gestiegen und ihr Produktenwert noch mehr. Nehmen wir den Boden D in Tabelle IV d, so sind hier die ProduktionskostenA47 = 15 Pfd. St., davon das ausgelegte Kapital = 12 1/2 Pfd. St. Die Geldrente ist = 15 Pfd. St. In Tabelle I waren auf demselben Boden D die Produktionskosten = 3 Pfd. St., das ausgelegte Kapital = 2 1/2 Pfd. St., die Geldrente = 9 Pfd. St., diese letztere also das Dreifache der Produktionskosten und beinahe das Vierfache des Kapitals. In Tabelle IV d ist für D die Geldrente von 15 Pfd. St. genau gleich den Produktionskosten und nur um 1/5 größer als das Kapital. Dennoch ist die Geldrente per Acre um 2/3 größer, 15 Pfd. St. statt 9 Pfd. St. In I ist die Kornrente von 3 qrs. = 3/4 des Gesamtprodukts von 4 qrs.; in IV d ist sie, mit 10 qrs., die Hälfte des ganzen Produkts (20 qrs.) des Acre von D. Es zeigt dies, wie Geldwert und Kornwert der Rente per Acre steigen kann, obgleich sie einen geringern aliquoten Teil des Gesamtertrags bildet und im Verhältnis zum vorgeschoßnen Kapital gefallen ist.
Der Wert des Gesamtprodukts in I ist = 30 Pfd. St., die Rente = 18 Pfd. St., mehr als die Hälfte davon. Der Wert des Gesamtprodukts von IV d ist = 45 Pfd. St., wovon 18 Pfd. St. die Rente, weniger als die Hälfte.
Der Grund nun, warum trotz des Preisfalls von 1 1/2 Pfd. St. per qr., also um 50%, und trotz der Verringerung des konkurrierenden Bodens von 4 Acres auf 3, die Gesamtgeldrente dieselbe bleibt und die Kornrente sich verdoppelt, während Kornrente und Geldrente, per Acre gerechnet, steigen, liegt darin, daß mehr qrs. Surplusprodukt produziert werden. Der Getreidepreis fällt um 50%, das Surplusprodukt wächst um 100%. Aber um dies Resultat zustande zu bringen, muß die Gesamtproduktion unter unsern Bedingungen auf das Dreifache wachsen und die Kapitalanlage auf den bessern Bodenlagen sich mehr als verdoppeln. In welchem Verhältnis die letztere wachsen muß, hängt zunächst davon ab, wie die zuschüssigen Kapitalanlagen zwischen den bessern und besten Bodenarten sich verteilen, stets vorausgesetzt, daß die Produktivität des Kapitals auf jeder Bodenart proportionell zu seiner Größe wächst.
Wäre der Fall des Produktionspreises geringer, so wäre weniger zuschüssiges Kapital erfordert, um dieselbe Geldrente zu produzieren. Wäre die Zufuhr, die nötig ist, um A außer Bebauung zu werfen – und es hängt dies ab nicht nur von dem Produkt per Acre von A, sondern auch von dem proportionellen Anteil, den A von der ganzen bebauten Fläche einnimmt –, wäre also die hierfür nötige Zufuhr größer, also auch die erforderliche Masse von Zuschußkapital auf besserm Boden als A, so wären bei sonst gleichbleibenden Verhältnissen Geldrente und Kornrente noch mehr gewachsen, obgleich beide auf dem Boden B wegfielen.
Wäre das wegfallende Kapital von A = 5 Pfd. St. gewesen, so wären für diesen Fall die beiden zu vergleichenden Tabellen: II und IV d. Das Gesamtprodukt wäre gewachsen von 20 auf 30 qrs. Die Geldrente wäre nur halb so groß, 18 Pfd. St. statt 36 Pfd. St.; die Kornrente wäre dieselbe = 12 qrs.
Könnte auf D ein Gesamtprodukt von 44 qrs. = 66 Pfd. St. mit einem Kapital von = 27 1/2 Pfd. St. produziert werden – entsprechend dem alten Satz für D, von 4 qrs. auf 2 1/2 Pfd. St. Kapital –, so käme das Gesamtrental wieder auf die Höhe von II, und die Tabelle stände so:
Bodenart Kapital Produkt Kornrente Geldrente Pfd. St. qrs. qrs. Pfd. St. ———————————————————————————————————————————————————— B 5 4 0 0 C 5 6 2 3 D 27 1/2 44 22 33 ———————————————————————————————————————————————————— Total 37 1/2 54 24 36
Die Gesamtproduktion wäre 54 qrs. gegen 20 qrs. in Tabelle II, und die Geldrente wäre dieselbe, = 36 Pfd. St. Das Gesamtkapital aber wäre 37 1/2 Pfd. St., während es bei Tabelle II = 20 war. Das vorgeschoßne Gesamtkapital hätte sich beinahe verdoppelt, während die Produktion sich fast verdreifachte; die Kornrente hätte sich verdoppelt, die Geldrente wäre dieselbe geblieben. Fällt also der Preis infolge der Anlage von zuschüssigem Geldkapital, bei gleichbleibender Produktivität, auf die bessern Rente tragenden Bodenarten, also auf alle über A, so hat das Gesamtkapital die Tendenz, nicht in demselben Verhältnis zu wachsen, wie Produktion und Kornrente; so daß durch Wachsen der Kornrente der durch den fallenden Preis entstehende Ausfall in der Geldrente wieder ausgeglichen werden kann. Dasselbe Gesetz zeigt sich auch darin, daß das vorgeschoßne Kapital größer sein muß im Verhältnis, wie es mehr auf C als auf D, auf den minder Rente tragenden, als auf den mehr Rente tragenden Boden angewandt wird. Es ist einfach dies: damit die Geldrente dieselbe bleibt oder steigt, muß ein bestimmtes zusätzliches Quantum Surplusprodukt produziert werden, und dies erheischt um so weniger Kapital, je größer die Fruchtbarkeit der Surplusprodukt abwerfenden Ländereien. Wäre die Differenz zwischen B und C, C und D noch größer, so wäre noch weniger Zuschußkapital erheischt. Das bestimmte Verhältnis hängt ab 1. von dem Verhältnis, worin der Preis fällt, also von der Differenz zwischen B, dem jetzt rentelosen, und A, dem früher rentelosen Boden; 2. von dem Verhältnis der Differenzen zwischen den bessern Bodenarten von B aufwärts; 3. von der Masse des neu angelegten zuschüssigen Kapitals und 4. von seiner Verteilung auf die verschiednen Bodenqualitäten.
In der Tat sieht man, daß das Gesetz nichts ausdrückt als das bereits beim ersten Fall Entwickelte: daß, wenn der Produktionspreis gegeben ist, welches auch immer seine Größe, infolge zuschüssiger Kapitalanlage die Rente steigen kann. Denn infolge des Herauswerfens von A ist nun eine neue Differentialrente I mit B als dem jetzt schlechtesten Boden und 1 1/2 Pfd. St. per qr. als dem neuen Produktionspreis gegeben. Es gilt dies für die Tabellen IV so gut wie für Tabelle II. Es ist dasselbe Gesetz, bloß daß Boden B statt A und der Produktionspreis von 1 1/2 Pfd. St. statt dem von 3 Pfd. St. als Ausgangspunkt genommen ist.
Die Sache hat hier nur diese Wichtigkeit: Soweit soundso viel zuschüssiges Kapital nötig war, um das Kapital von A dem Boden zu entziehn und die Zufuhr ohne es zu befriedigen, zeigt sich, daß dies von gleichbleibender, steigender oder fallender Rente per Acre, wenn nicht auf allen Ländereien, so doch auf einigen und für den Durchschnitt der bebauten Ländereien, begleitet sein kann. Man hat gesehn, daß sich Kornrente und Geldrente nicht gleichmäßig verhalten. Indes ist es nur Tradition, daß überhaupt noch die Kornrente in der Ökonomie eine Rolle spielt. Gradesogut könnte man nachweisen, daß z.B. ein Fabrikant mit seinem Profit von 5 Pfd. St. viel mehr von seinem eignen Garn kaufen kann als früher mit einem Profit von 10 Pfd. St. Es zeigt dies aber allerdings, daß die Herren Grundeigentümer, wenn sie gleichzeitig Besitzer oder Teilhaber von Manufakturen, Zuckersieder, Schnapsbrenner usw. sind, bei fallender Geldrente als Produzenten ihrer eignen Rohstoffe immer noch sehr bedeutend gewinnen können.127
II. Bei fallender Rate der Produktivität der zuschüssigen Kapitale
Es bewirkt dies insofern nichts Neues, als der Produktionspreis auch hier nur, wie im eben betrachteten Fall, sinken kann, wenn durch die zuschüssigen Kapitalanlagen auf bessern Bodenarten als A das Produkt von A überflüssig und daher das Kapital von A entzogen, oder A zur Produktion von andrem Produkt verwandt wird. Dieser Fall ist vorhin erschöpfend auseinandergesetzt. Es ist gezeigt worden, daß bei demselben die Korn- und Geldrente per Acre wachsen, abnehmen oder sich gleichbleiben kann.
Zur Bequemlichkeit der Vergleichung reproduzieren wir zunächst:
Tabelle I
{titel}Tabelle I Bodenart Kapital Profit Produk— Produkt Korn- Geld- Rate des tions— Rente Rente Surplus— kosten profits per qr. Acres Pfd. St. Pfd. St. Pfd. St. qrs. qrs. Pfd. St. ———————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— A 1 2 1/2 1/2 3 1 0 0 0 B 1 2 1/2 1/2 1 1/2 2 1 3 120% C 1 2 1/2 1/2 1 3 2 6 240% D 1 2 1/2 1/2 3/4 4 3 9 360% ———————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— Total 4 10 10 6 18 180% Durchschnitt
Nehmen wir nun an, die Ziffer von 16 qrs., geliefert von B, C, D, mit abnehmender Rate der Produktivität, reiche hin, um A außer Kultur zu werfen, so verwandelt sich Tabelle III in folgende
Tabelle V
{TITEL}Tabelle V Bodenart Kapitalanlage Profit Produkt Verkaufs— Ertrag Korn- Geld- Rate des preis rente rente Surplus— profits Acres Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. —————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— B 1 2 1/2 + 2 1/2 1 2 + 1 1/2 = 3 1/2 1 5/7 6 0 0 0 C 1 2 1/2 + 2 1/2 1 3 + 2 = 5 1 5/7 8 4/7 1 1/2 2 4/7 51 3/7%* D 1 2 1/2 + 2 1/2 1 4 + 3 1/2 = 7 1/2 1 5/7 12 6/7 4 6 6/7 137 1/7%** —————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— Total 3 15 16 27 3/7 5 1/2 9 3/7 94 2/7%*** Durchschnitt * 1. Auflage: 51 2/5 % ** 1. Auflage: 137 1/5 % *** 1. Auflage: 94 3/10%. Engels berechnet hier und in den folgenden Tabellen den Durchschnitt nur von den Rente tragenden Bodenarten; Durchschnitt B - D = 62 6/7 %
Hier ist bei abnehmender Rate der Produktivität der Zuschußkapitale und mit verschiedner Abnahme auf verschiednen Bodenarten der regulierende Produktionspreis gefallen von 3 Pfd. St. auf 1 5/7 Pfd. St. Die Kapitalanlage ist um die Hälfte gestiegen von 10 Pfd. St. auf 15 Pfd. St. Die Geldrente ist beinahe um die Hälfte gefallen, von 18 Pfd. St. auf 9 3/7 Pfd. St., aber die Kornrente nur um 1/12, von 6 qrs. auf 5 1/2. Das Gesamtprodukt ist gestiegen von 10 auf 16 oder um 60%A48. Die Kornrente ist etwas mehr als ein Drittel des Gesamtprodukts. Das vorgeschoßne Kapital verhält sich zur Geldrente wie 15 : 9 3/7, während das frühere Verhältnis war 10: 18.
III. Bei steigender Rate der Produktivität der zuschüssigen Kapitale
Dies unterscheidet sich von Variante I im Anfang dieses Kapitels, wo der Produktionspreis fällt bei gleichbleibender Rate der Produktivität, durch nichts als daß, wenn ein gegebnes Zusatzprodukt nötig ist, um den Boden A herauszuwerfen, dies hier rascher geschieht.
Sowohl bei der fallenden wie der steigenden Produktivität der zusätzlichen Kapitalanlagen kann dies ungleich wirken, je nachdem die Anlagen auf die verschiednen Bodenarten verteilt sind. Im Maß wie diese verschiedne Wirkung die Differenzen ausgleicht oder verschärft wird die Differentialrente der bessern Bodenarten und damit auch das Gesamtrental fallen oder steigen, wie dieser Fall schon bei Differentialrente I vorkam. Im übrigen kommt alles an auf die Größe der Bodenfläche und des Kapitals, die mit A hinausgeworfen sind, und auf den relativen Kapitalvorschuß, der bei der steigenden Produktivität nötig ist, um das Zuschußprodukt zu liefern, das die Nachfrage decken soll.
Der einzige Punkt, den hier zu untersuchen der Mühe wert ist und der uns überhaupt zurückführt zur Untersuchung, wie sich dieser differentiale Profit in Differentialrente verwandelt, ist dieser:
Beim ersten Fall, wo der Produktionspreis derselbe bleibt, ist das auf Boden A etwa angelegte Zuschußkapital für die Differentialrente als solche gleichgültig, da Boden A nach wie vor keine Rente trägt, der Preis seines Produkts derselbe bleibt und fortfährt, den Markt zu regulieren.
Im zweiten Fall, Variante I, wo der Produktionspreis fällt, bei gleichbleibender Rate der Produktivität, fällt Boden A notwendig fort, und noch mehr in der Variante II (fallender Produktionspreis bei fallender Rate der Produktivität), da sonst das Zuschußkapital auf Boden A den Produktionspreis erhöhen müßte. Aber hier, in Variante III des zweiten Falls, wo der Produktionspreis fällt, weil die Produktivität des zuschüssigen Kapitals steigt, kann dies Zusatzkapital unter Umständen ebensowohl auf Boden A wie auf die bessern Bodenarten angelegt werden.
Wir wollen annehmen, daß ein zuschüssiges Kapital von 2 1/2 Pfd. St., auf A angelegt, statt 1 qr. 1 1/5 qr. produziert.
Tabelle VI
{TITEL}Tabelle VI Bodenart Kapital Profit Produk— Produkt Verkaufs— Ertrag Rente Rate des tions— preis Surplus— kosten profits Acres Pfd. St. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. —————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— A 1 2 1/2 + 2 1/2 = 5 1 6 1 + 1 1/5 = 2 1/5 2 8/11 6 0 0 0 B 1 2 1/2 + 2 1/2 = 5 1 6 2 + 2 2/5 = 4 2/5 2 8/11 12 2 1/5 6 120% C 1 2 1/2 + 2 1/2 = 5 1 6 3 + 3 3/5 = 6 3/5 2 8/11 18 4 2/5 12 240% D 1 2 1/2 + 2 1/2 = 5 1 6 4 + 4 4/5 = 8 4/5 2 8/11 24 6 3/5 18 360% —————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— 4 20 4 24 22 60 13 1/5 36 240%
Diese Tabelle ist zu vergleichen, außer mit der Grundtabelle I, auch mit Tabelle II, wo die doppelte Kapitalanlage mit konstanter Produktivität, proportionell zur Kapitalanlage, verbunden ist.
Nach der Voraussetzung fällt der regulierende Produktionspreis. Bliebe er konstant, = 3 Pfd. St., so würde der schlechteste, früher bei Kapitalanlage von nur 2 1/2 Pfd. St. rentelose Boden A jetzt Rente abwerfen, ohne daß schlechterer Boden in Bebauung gezogen wäre; und zwar dadurch, daß die Produktivität auf demselben sich vermehrt hätte, aber nur für einen Teil des Kapitals, nicht für das ursprüngliche. Die ersten 3 Pfd. St. Produktionskosten bringen 1 qr.; die zweiten bringen 1 1/5 qr., das ganze Produkt von 2 1/5 qrs. wird aber jetzt zu seinem Durchschnittspreis verkauft. Da die Rate der Produktivität wächst mit der zuschüssigen Kapitalanlage, schließt diese eine Verbesserung ein. Diese mag darin bestehn, daß überhaupt mehr Kapital auf den Acre verwandt wird (mehr Dünger, mehr mechanische Arbeit etc.) oder auch darin, daß es überhaupt nur mit diesem zuschüssigen Kapital möglich wird, eine qualitativ verschiedne, produktivere Anlage des Kapitals zuwege zu bringen. In beiden Fällen ist mit Auslage von 5 Pfd. St. Kapital per Acre ein Produkt von 2 1/5 qrs. erreicht worden, während mit der Kapitalanlage von der Hälfte, 2 1/2 Pfd. St., nur ein Produkt von 1 qr. Das Produkt des Bodens A könnte, von vorübergehenden Marktverhältnissen abgesehn, nur fortfahren, zu einem höhern Produktionspreis statt zum neuen Durchschnittspreis verkauft zu werden, solange eine bedeutende Fläche der Bodenklasse A fortführe, mit einem Kapital von nur 2 1/2 Pfd. St. per Acre bewirtschaftet zu werden. Sobald aber das neue Verhältnis von 5 Pfd. St. Kapital per Acre und damit die verbesserte Wirtschaft, sich verallgemeinerte, müßte der regulierende Produktionspreis auf 2 8/11 Pfd. St. herabsinken. Der Unterschied zwischen den beiden Kapitalportionen würde fortfallen, und dann würde in der Tat ein Acre von A, der nur mit 2 1/2 Pfd. St. bebaut wäre, anormal, nicht den neuen Produktionsbedingungen entsprechend bebaut sein. Es wäre nicht mehr ein Unterschied zwischen dem Ertrag von verschiednen Portionen Kapital auf demselben Acre, sondern zwischen genügender und ungenügender Gesamtkapitalanlage per Acre. Man sieht daraus erstens, daß ungenügendes Kapital in der Hand einer größren Anzahl Pächter (es muß eine größre Anzahl sein, denn eine kleine wäre nur gezwungen, unter ihrem Produktionspreis zu verkaufen) ganz so wirkt, wie Differenzierung der Bodenarten selbst in absteigender Stufenfolge. Die schlechtre Kulturart auf schlechtrem Boden vermehrt die Rente auf dem bessern; sie kann sogar auf besser bebautem Boden von gleich schlechter Beschaffenheit eine Rente schaffen, die dieser sonst nicht abwirft. Man sieht zweitens, wie die Differentialrente, soweit sie aus sukzessiver Kapitalanlage auf derselben Gesamtfläche entspringt, in der Wirklichkeit sich in einen Durchschnitt auflöst, worin die Wirkungen der verschiednen Kapitalanlagen nicht mehr erkennbar und unterscheidbar sind und daher auf dem schlechtesten Boden nicht Rente erzeugen, sondern 1. den Durchschnittspreis des Gesamtertrags, sage für einen Acre von A, zum neuen regulierenden Preis machen, und 2. sich darstellen als Wechsel in dem Gesamtquantum von Kapital per Acre, welches unter den neuen Bedingungen zur genügenden Bebauung des Bodens erheischt ist und worin sowohl die einzelnen sukzessiven Kapitalanlagen wie ihre respektiven Wirkungen ununterscheidbar verschmolzen sind. Ebenso verhält es sich dann mit den einzelnen Differentialrenten der bessern Bodenarten. Sie werden in jedem Fall bestimmt durch die Differenz des Durchschnittsprodukts der betreffenden Bodenart, verglichen mit dem Produkt des schlechtesten Bodens, bei der erhöhten, jetzt normal gewordnen Kapitalanlage.
Kein Boden gibt irgendein Produkt ohne Kapitalanlage. Also selbst bei der einfachen Differentialrente, der Differentialrente I; wenn es da heißt, daß 1 Acre von A, von dem den Produktionspreis regulierenden Boden, soundso viel Produkt zu dem und dem Preis gibt und daß die bessern Bodenarten B, C, D so viel Differentialprodukt und daher bei dem regulierenden Preis soundso viel Geldrente geben, so ist immer unterstellt, daß ein bestimmtes, unter den gegebnen Produktionsbedingungen als normal betrachtetes Kapital angewandt wird. Ganz wie in der Industrie für jeden Geschäftszweig ein bestimmtes Minimum von Kapital erheischt ist, um die Waren zu ihrem Produktionspreis herstellen zu können.
Ändert sich infolge der mit Verbesserungen verknüpften, sukzessiven Anlage von Kapital auf demselben Boden dies Minimum, so geschieht dies allmählich. Solange nicht eine gewisse Anzahl Acres z.B. von A dies zuschüssige Betriebskapital erhalten, wird Rente auf den besser bebauten Acres von A durch den konstant gebliebnen Produktionspreis erzeugt und die Rente von allen bessern Bodenarten B, C, D erhöht. Sobald in des die neue Betriebsart sich soweit durchgesetzt hat, daß sie die normale geworden ist, fällt der Produktionspreis; die Rente der bessern Ländereien fällt wieder, und der Teil des Bodens A, der nicht das jetzt durchschnittliche Betriebskapital besitzt, muß unter seinem individuellen Produktionspreis, also unter dem Durchschnittsprofit verkaufen.
Bei fallendem Produktionspreis tritt dies auch ein, selbst bei abnehmender Produktivität des Zuschußkapitals, sobald infolge der vermehrten Kapitalanlage das nötige Gesamtprodukt von den bessern Bodenarten geliefert und also z.B. das Betriebskapital von A entzogen wird, A also nicht mehr bei der Produktion dieses bestimmten Produkts, z.B. von Weizen, konkurriert. Das Kapitalquantum, das nun durchschnittlich auf der neuen regulierenden, bessern Boden B angewandt wird, gilt jetzt als normal; und wenn von der verschiednen Fruchtbarkeit der Ländereien gesprochen wird, ist unterstellt, daß dies neue Normalquantum Kapital per Acre verwandt wird.
Andrerseits ist klar, daß diese durchschnittliche Kapitalanlage, z.B. 8 Pfd. St. per Acre in England vor, 12 Pfd. St. nach 1848, beim Abschluß der Pachtkontrakte den Maßstab bildet. Für den Pächter, der mehr verausgabt, verwandelt sich der Surplusprofit während der Dauer des Kontrakts nicht in Rente. Ob dies geschieht nach Ablauf des Kontrakts, wird abhängen von der Konkurrenz der Pächter, die imstande sind, denselben Extravorschuß zu machen. Es ist hierbei nicht die Rede von permanenten Bodenverbesserungen, die bei gleicher oder selbst abnehmender Kapitalauslage fortfahren, das gesteigerte Produkt zu sichern. Diese, obgleich Produkt des Kapitals, wirken ganz wie natürliche Differentialbonität des Bodens.
Man sieht also, wie bei Differentialrente II ein Moment in Betracht kommt, das bei Differentialrente I als solcher sich nicht entwickelt, da diese fortbestehn kann unabhängig von jedem Wechsel der normalen Kapitalanlage per Acre. Es ist einerseits die Verwischung der Resultate verschiedner Kapitalanlagen auf dem regulierenden Boden A, deren Produkt nun einfach als normales Durchschnittsprodukt per Acre erscheint. Es ist anderseits der Wechsel im Normalminimum oder in der Durchschnittsgröße der Kapitalauslage per Acre, so daß dieser Wechsel als Bodeneigenschaft sich darstellt. Es ist endlich der Unterschied in der Art der Verwandlung des Surplusprofits in die Form der Rente.
Die Tabelle VI zeigt nun ferner, verglichen mit Tabelle I und II, daß die Kornrente gegen I um mehr als das Doppelte, gegen II um 1 1/5 qr. gestiegen ist; während die Geldrente gegen I sich verdoppelt, gegen II sich nicht verändert hat. Sie wäre bedeutend gewachsen, wenn entweder (bei sonst gleichen Voraussetzungen) der Kapitalzuschuß mehr auf die bessern Bodenarten gefallen oder andrerseits die Wirkung des Kapitalzuschusses auf A geringer gewesen wäre, der regulierende Durchschnittspreis des qr. von A also höher stände.
Wirkte die Erhöhung der Fruchtbarkeit durch Kapitalzuschuß verschieden auf die verschiednen Bodenarten, so würde dies Änderung ihrer Differentialrenten hervorbringen.
Jedenfalls ist bewiesen, daß bei fallendem Produktionspreis infolge steigender Rate der Produktivität zuschüssiger Kapitalanlage – sobald also diese Produktivität in größerm Verhältnis wächst als der Kapitalvorschuß – die Rente per Acre z.B. bei doppelter Kapitalanlage nicht nur sich verdoppeln, sondern sich mehr als verdoppeln kann. Sie kann aber auch fallen, wenn infolge rascher wachsender Produktivität auf Boden A der Produktionspreis viel niedriger fiele.
Nehmen wir an, daß die zusätzlichen Kapitalanlagen z.B. auf B und C die Produktivität nicht in demselben Verhältnis vermehrten wie auf A, so daß für B und C die proportionellen Differenzen abnähmen, und das Wachstum des Produkts nicht den sinkenden Preis ausgliche, so würde, gegen den Fall von Tabelle II, die Rente auf D steigen, auf B und C fallen.
Tabelle VI a
{TITEL}Tabelle VI a Bodenart Kapital Profit Produkt Verkaufs— Ertrag Korn- Geld- per Acre preis Rente rente Acres Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. ————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— A 1 2 1/2 + 2 1/2 = 5 1 1 + 3 = 4 1 1/2 6 0 0 B 1 2 1/2 + 2 1/2 = 5 1 2 + 2 1/2 = 4 1/2 1 1/2 6 3/4 1/2 3/4 C 1 2 1/2 + 2 1/2 = 5 1 3 + 5 = 8 1 1/2 12 4 6 D 1 2 1/2 + 2 1/2 = 5 1 4 + 12 = 16 1 1/2 24 12 18 ————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— Total 4 20 32 1/2 16 1/2 24 3/4
Endlich stiege die Geldrente, wenn auf den bessern Ländereien bei derselben proportionellen Steigerung der Fruchtbarkeit mehr Zusatzkapital angelegt würde als auf A oder wenn die zusätzlichen Kapitalanlagen auf den bessern Ländereien mit steigender Rate der Produktivität wirkten. In beiden Fällen würden die Differenzen wachsen.
Die Geldrente fällt, wenn die Verbesserung infolge zuschüssiger Kapitalanlage die Differenzen insgesamt oder zum Teil vermindert, mehr auf A wirkt als auf B und C. Sie fällt um so mehr, je geringer die Erhöhung der Produktivität der besten Ländereien. Es hängt von der Proportion der Ungleichheit in der Wirkung ab, ob die Kornrente steigt, fällt oder stationär bleibt.
Die Geldrente steigt und die Kornrente ebenfalls, wenn entweder bei gleichbleibender proportioneller Differenz in der zuschüssigen Fruchtbarkeit der verschiednen Bodenarten mehr Kapital auf den Rente tragenden Boden zugesetzt wird als auf den rentelosen A und mehr auf den Boden hoher als auf den niedriger Rente oder wenn die Fruchtbarkeit, bei gleichem Zuschußkapital, auf dem bessern und besten Boden mehr wächst als auf A, und zwar im Verhältnis, wie diese Zunahme der Fruchtbarkeit in den höhern Bodenklassen höher ist als in den niedern.
Unter allen Umständen aber steigt die Rente relativ, wenn die erhöhte Produktivkraft Folge eines Kapitalzuschusses ist und nicht Folge einfach erhöhter Fruchtbarkeit bei konstanter Kapitalanlage. Dies ist der absolute Gesichtspunkt, der zeigt, daß hier, wie bei allen frühern Fällen, die Rente und die erhöhte Rente per Acre (wie bei Differentialrente I auf die ganze bebaute Fläche – die Höhe des Durchschnittsrentals) Folge vermehrter Kapitalanlage auf den Boden ist, ob diese nun mit konstanter Rate der Produktivität bei konstanten oder fallenden Preisen oder mit abnehmender Rate der Produktivität bei konstanten oder fallenden Preisen oder mit steigender Rate der Produktivität bei fallenden Preisen fungiert. Denn unsre Annahme: konstanter Preis mit konstanter, fallender oder steigender Rate der Produktivität des zuschüssigen Kapitals und fallender Preis mit konstanter, fallender und steigender Rate der Produktivität löst sich auf in: konstante Rate der Produktivität des Zuschußkapitals bei konstantem oder fallendem Preis, fallende Rate der Produktivität bei konstantem oder fallendem Preis, steigende Rate der Produktivität mit konstantem und fallendem Preis. Obgleich in allen diesen Fällen die Rente stationär bleiben und fallen kann, würde sie tiefer fallen, wenn die zuschüssige Anwendung des Kapitals, bei sonst gleichbleibenden Umständen, nicht Bedingung der erhöhten Fruchtbarkeit wäre. Der Kapitalzuschuß ist dann immer die Ursache der relativen Höhe der Rente, obgleich sie absolut gefallen.
43. Die Differentialrente II – Dritter Fall: Steigender Produktionspreis. Resultate
〈Steigender Produktionspreis setzt voraus, daß die Produktivität der geringsten, keine Rente zahlenden Bodenqualität abnimmt. Nur wenn die auf A gelegten 2 1/2 Pfd. St. weniger als 1 qr. oder die 5 Pfd. St. weniger als 2 qrs. produzieren oder wenn ein noch schlechterer Boden als A in Bebauung genommen werden muß, kann der als regulierend angenommene Produktionspreis über 3 Pfd. St. per qr. steigen.
Bei gleichbleibender oder gar steigender Produktivität der zweiten Kapitalanlage wäre dies nur möglich, wenn die Produktivität der ersten Kapitalanlage von 2 1/2 Pfd. St. abgenommen hätte. Dieser Fall kommt oft genug vor. Z.B. wenn bei oberflächlichem Pflügen die erschöpfte obere Ackerkrume bei der alten Bewirtschaftung abnehmende Erträge gibt und dann der durch tieferes Pflügen emporgeworfne Untergrund unter rationeller Behandlung wieder höhere Erträge als früher liefert. Aber dieser Spezialfall gehört, genaugenommen, nicht hierher. Das Fallen der Produktivität der ersten Kapitalanlage von 2 1/2 Pfd. St. bedingt für die bessern Bodenarten, selbst wenn dort die Verhältnisse analog angenommen werden, ein Fallen der Differentialrente I; hier aber betrachten wir nur die Differentialrente II. Da aber der vorliegende Spezialfall nicht vorkommen kann, ohne daß die Differentialrente II bereits als bestehend vorausgesetzt wird, und in der Tat die Rückwirkung einer Modifikation von Differentialrente I auf II darstellt, geben wir ein Beispiel davon.
Die Geldrente wie der Geldertrag sind dieselben wie in Tabelle II. Der gestiegne regulierende Produktionspreis ersetzt genau, was an der Quantität des Produkts ausgefallen ist; da beide in umgekehrtem Verhältnis variieren, ist selbstverständlich, daß das Produkt beider dasselbe bleibt.
Tabelle VII
{TITEL}Tabelle VII Bodenart Kapital- Profit Produk— Produkt Verkaufs— Ertrag Rente Rent- anlage tions— preis rate kosten in Korn in Geld Acres Pfd. St. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. ——————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— A 1 2 1/2 + 2 1/2 1 6 1/2 + 1 1/4 = 1 3/4 3 3/7 6 0 0 0 B 1 2 1/2 + 2 1/2 1 6 1 + 2 1/2 = 3 1/2 3 3/7 12 1 3/4 6 120% C 1 2 1/2 + 2 1/2 1 6 1 1/2 + 3 3/4 = 5 1/4 3 3/7 18 3 1/2 12 240% D 1 2 1/2 + 2 1/2 1 6 2 + 5 = 7 ´ 3 3/7 24 5 1/4 18 360% ——————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— 20 17 1/2 60 10 1/2 36 240%
Im obigen Fall war angenommen, daß die Produktivkraft der zweiten Kapitalanlage höher sei als die ursprüngliche Produktivität der ersten Anlage. Die Sache bleibt sich gleich, wenn wir für die zweite Anlage nur dieselbe Produktivität ansetzen, die der ersten ursprünglich zukam, wie in folgender
Tabelle VIII
{TITEL}Tabelle VIII Bodenart Kapital- Profit Produk— Produkt Verkaufs— Ertrag Rente Rate des anlage tions— preis surplus- kosten Korn Geld profits Acres Pfd. St. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. —————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— A 1 2 1/2 + 2 1/2 = 5 1 6 1/2 + 1 = 1 1/2 4 6 0 0 0 B 1 2 1/2 + 2 1/2 = 5 1 6 1 + 2 = 3 4 12 1 1/2 6 120% C 1 2 1/2 + 2 1/2 = 5 1 6 1 1/2 + 3 = 4 1/2 4 18 3 12 240% D 1 2 1/2 + 2 1/2 = 5 1 6 2 + 4 = 6 4 24 4 1/2 18 360% —————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— 20 15 60 9 36 240%
Auch hier bedingt der in demselben Verhältnis steigende Produktionspreis, daß die Abnahme in der Produktivität für Ertrag wie Geldrente voll aufgewogen wird.
Rein tritt der dritte Fall nur hervor bei fallender Produktivität der zweiten Kapitalanlage, während die der ersten, wie dies für den ersten und zweiten Fall überall angenommen, konstant bleibt. Hier wird Differentialrente I nicht berührt, die Veränderung findet nur statt mit dem aus der Differentialrente II entspringenden Anteil. Wir geben zwei Beispiele; im ersten sei die Produktivität der zweiten Kapitalanlage auf 1/2, in der zweiten auf 1/4 reduziert.
Tabelle IX
{TITEL}Tabelle IX Bodenart Kapital- Profit Produk— Produkt Verkaufs— Ertrag Rente Rent- anlage tions— preis rate kosten Korn Geld Acres Pfd. St. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. ——————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— A 1 2 1/2 + 2 1/2 = 5 1 6 1 + 1/2 = 1 1/2 4 6 0 0 0 B 1 2 1/2 + 2 1/2 = 5 1 6 2 + 1 = 3 4 12 1 1/2 6 120% C 1 2 1/2 + 2 1/2 = 5 1 6 3 + 1 1/2 = 4 1/2 4 18 3 12 240% D 1 2 1/2 + 2 1/2 = 5 1 6 4 + 2 = 6 4 24 4 1/2 18 360% ——————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— 20 15 60 9 36 240%
Tabelle IX ist dieselbe wie Tabelle VIII, nur daß die Abnahme der Produktivität in VIII auf die erste, in IX auf die zweite Kapitalanlage fällt.
Tabelle X
{TITEL}Tabelle X Bodenart Kapital- Profit Produk— Produkt Verkaufs— Ertrag Rente Rent- anlage tions— preis rate kosten Korn Geld Acres Pfd. St. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. ——————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— A 1 2 1/2 + 2 1/2 = 5 1 6 1 + 1/4 = 1 1/4 4 4/5 6 0 0 0 B 1 2 1/2 + 2 1/2 = 5 1 6 2 + 1/2 = 2 1/2 4 4/5 12 1 1/4 6 120% C 1 2 1/2 + 2 1/2 = 5 1 6 3 + 3/4 = 3 3/4 4 4/5 18 2 1/2 12 240% D 1 2 1/2 + 2 1/2 = 5 1 6 4 + 1 = 5 4 4/5 24 3 3/4 18 360% ——————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— 20 24 12 1/2 60 7 1/2 36 240%
Auch in dieser Tabelle bleiben Gesamtertrag, Geldrental und Rentrate dieselben wie in Tabelle II, VII und VIII, weil abermals Produkt und Verkaufspreis im umgekehrten Verhältnis variiert haben, die Kapitalanlage aber dieselbe geblieben ist.
Wie steht es aber in dem andern, bei steigendem Produktionspreis möglichen Fall, nämlich, wenn ein bisher die Bebauung nicht lohnender, geringrer Boden nun in Bebauung genommen wird?
Nehmen wir an, ein solcher Boden, den wir mit a bezeichnen wollen, käme in Konkurrenz. Dann würde der bisher rentelose Boden A eine Rente abwerfen, und die obigen Tabellen VII, VIII und X würden dann folgende Gestalt annehmen:
Tabelle VIIa
{TITEL}Tabelle VII a Bodenart Kapital Profit Produk— Produkt Verkaufs— Ertrag Rente Steigerung tions— preis kosten Acres Pfd. St. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. ——————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— a 1 5 1 6 1 1/2 4 6 0 0 0 A 1 2 1/2 + 2 1/2 1 6 1/2 + 1 1/4 = 1 3/4 4 7 1/4 1 1 B 1 2 1/2 + 2 1/2 1 6 1 + 2 1/2 = 3 1/2 4 14 2 8 1 + 7 C 1 2 1/2 + 2 1/2 1 6 1 1/2 + 3 3/4 = 5 1/4 4 21 3 3/4 15 1 + 2 * 7 D 1 2 1/2 + 2 1/2 1 6 2 + 5 = 7 4 28 5 1/2 22 1 + 3 * 7 30 19 76 11 1/2 46
Tabelle VIII a
{TITEL}Tabelle VIII a Bodenart Kapital Profit Produk— Produkt Verkaufs— Ertrag Rente Steigerung tions— preis kosten Acres Pfd. St. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. ——————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— a 1 5 1 6 1 1/4 4 4/5 6 0 0 0 A 1 2 1/2 + 2 1/2 1 6 1/2 + 1 = 1 1/2 4 4/5 7 1/5 1/4 1 1/5 1 1/5 B 1 2 1/2 + 2 1/2 1 6 1 + 2 = 3 4 4/5 14 2/5 1 3/4 8 2/5 1 1/5 + 7 1/5 C 1 2 1/2 + 2 1/2 1 6 1 1/2 + 3 = 4 1/2 4 4/5 21 3/5 3 1/4 15 3/5 1 1/5 + 2 * 7 1/5 D 1 2 1/2 + 2 1/2 1 6 2 + 4 = 6 4 4/5 28 4/5 4 3/4 22 4/5 1 1/5 + 3 * 7 1/5 5 30 16 1/4 78 10 48
Tabelle X a
{TITEL}Tabelle X a Bodenart Kapital Profit Produk— Produkt Verkaufs— Ertrag Rente Steigerung tions— preis kosten Acres Pfd. St. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. ———————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— a 1 5 1 6 1 1/8 5 1/3 6 0 0 0 A 1 2 1/2 + 2 1/2 1 6 1 + 1/4 = 1 1/4 5 1/3 6 2/3 1/8 2/3 2/3 B 1 2 1/2 + 2 1/2 1 6 2 + 1/2 = 2 1/2 5 1/3 13 1/3 1 3/8 7 1/3 2/3 + 6 2/3 C 1 2 1/2 + 2 1/2 1 6 3 + 3/4 = 3 3/4 5 1/3 20 2 5/8 14 2/3 + 2 * 6 2/3 D 1 2 1/2 + 2 1/2 1 6 4 + 1 = 5 5 1/3 26 2/3 3 7/8 20 2/3 2/3 + 3 * 6 2/3 ———————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— 30 13 5/8 72 2/3 8 42 2/3
Durch die Einschiebung von Boden a entsteht eine neue Differentialrente I; auf dieser neuen Grundlage entwickelt sich dann die Differentialrente II ebenfalls in veränderter Gestalt. Der Boden a hat in jeder der drei obigen Tabellen eine verschiedne Fruchtbarkeit; die Reihe der proportionell steigenden Fruchtbarkeiten beginnt erst mit A. Demgemäß verhält sich auch die Reihe der steigenden Renten. Die Rente des schlechtesten Rente tragenden, früher rentelosen Bodens bildet eine Konstante, die allen höheren Renten einfach zuaddiert wird; erst nach Abzug dieser Konstanten tritt bei den höheren Renten die Reihe der Differenzen klar hervor und ihr Parallelismus mit der Fruchtbarkeitsreihe der Bodenarten. In allen Tabellen verhalten sich die Fruchtbarkeiten, von A bis D, wie 1:2:3:4 und dementsprechend die Renten:
in VII a wie 1 : 1 + 7 : 1 + 2 * 7 : 1 + 3 * 7,
in VIII a wie 11/5 : 11/5 + 71/5 : 11/5 + 2 * 71/5 : 11/5 + 3 * 71/5,
in X a wie 2/3 : 2/3 + 62/3 : 2/3 + 2 * 62/3 : 2/3 + 3 * 62/3.
Kurz: Ist die Rente von A = n und die Rente des Bodens von nächst höherer Fruchtbarkeit = n + m, so ist die Reihe wie n : n + m : n + 2 m : n + 3 m usw. – F. E.}
〈Da der obige dritte Fall im Manuskript nicht ausgearbeitet war – es steht nur der Titel da –, so blieb es Aufgabe des Herausgebers, dies wie vorstehend so gut es ging zu ergänzen. Es bleibt ihm aber auch noch übrig, aus der ganzen bisherigen Untersuchung der Differentialrente II in ihren drei Hauptfällen und neun Unterfällen die sich ergebenden allgemeinen Schlüsse zu ziehn. Für diesen Zweck aber passen die im Manuskript gegebnen Beispiele nur wenig. Sie nehmen erstens Bodenstücke in Vergleich, deren Erträge, für gleichgroße Flächen, sich verhalten wie 1 : 2 : 3 : 4; also Unterschiede, die schon von vornherein stark übertreiben und die im Verlauf der sich auf dieser Grundlage entwickelnden Annahmen und Berechnungen zu vollständig gewaltsamen Zahlenverhältnissen führen. Zweitens aber erwecken sie einen durchaus falschen Schein. Wenn für Fruchtbarkeitsgrade, die sich verhalten wie 1 : 2 : 3 : 4 etc., sich Renten ergeben von der Reihe 0 : 1 : 2 : 3 etc., so fühlt man sich sofort versucht, die zweite Reihe aus der ersten abzuleiten und die Verdopplung, Verdreifachung etc. der Renten aus der Verdopplung, Verdreifachung usw. der Gesamterträge zu erklären. Dies wäre aber durchaus unrichtig. Die Renten verhalten sich wie 0 : 1 : 2 : 3 : 4 auch dann, wenn sich die Fruchtbarkeitsgrade verhalten wie n : n + 1 : n + 2:n + 3:n + 4; die Renten verhalten sich nicht wie die Fruchtbarkeitsgrade, sondern wie die Fruchtbarkeitsunterschiede, von dem rentelosen Boden als dem Nullpunkt an gerechnet.
Die Tabellen des Originals mußten zur Erklärung des Textes gegeben werden. Um aber für die unten folgenden Resultate der Untersuchung eine anschauliche Grundlage zu erhalten, gebe ich in folgendem eine neue Reihe von Tabellen, worin die Erträge in Bushels (1/8 Quarter oder 36,35 Liter) und Schillingen (= Mark) angegeben sind.
Die erste Tabelle (XI) entspricht der früheren Tabelle I. Sie gibt die Erträge und Renten für fünf Bodenqualitäten A-E, bei einer ersten Kapitalanlage von 50 sh., was mit 10 sh. Profit = 60 sh. Gesamtproduktionskosten per Acre ausmacht. Die Kornerträge sind niedrig angesetzt: 10, 12, 14, 16, 18 Bushels per Acre. Der sich ergebende regulierende Produktionspreis ist 6 sh. per Bushel.
Die folgenden 13 Tabellen entsprechen den in diesem und den beiden vorigen Kapiteln behandelten drei Fällen der Differentialrente II, bei einer zusätzlichen Kapitalanlage auf demselben Boden von 50 sh. per Acre, bei konstantem, fallendem und steigendem Produktionspreis. Jeder dieser Fälle wird wieder dargestellt, wie er sich gestaltet 1. bei gleichbleibender, 2. bei fallender, 3. bei steigender Produktivität der zweiten Kapitalanlage gegenüber der ersten. Dabei ergeben sich einige noch besonders zu veranschaulichende Varianten.
Bei Fall I: konstanter Produktionspreis, haben wir:
Variante 1: Gleichbleibende Produktivität der zweiten Kapitalanlage (Tabelle XII).
Variante 2: Fallende Produktivität. Diese kann stattfinden, nur wenn auf Boden A keine zweite Anlage gemacht wird. Und zwar entweder
a) so, daß Boden B ebenfalls keine Rente aufbringt (Tabelle XIII)
oder
b) so, daß Boden B nicht ganz rentelos wird (Tab. XIV).
Variante 3: Steigende Produktivität (Tabelle XV). Auch dieser Fall schließt zweite Kapitalanlage auf Boden A aus.
Bei Fall II: Fallender Produktionspreis, haben wir:
Variante 1: Gleichbleibende Produktivität der zweiten Anlage (Tabelle XVI).
Variante 2: Fallende Produktivität (Tabelle XVII). Diese beiden Varianten bedingen, daß Boden A außer Konkurrenz tritt, Boden B rentelos wird und den Produktionspreis reguliert.
Variante 3: Steigende Produktivität (Tabelle XVIII). Hier bleibt Boden A regulierend.
Bei Fall III: Steigender Produktionspreis, sind zwei Modalitäten möglich; Boden A kann rentelos und preisregulierend bleiben, oder aber, es tritt eine geringere Bodenqualität als A in Konkurrenz und reguliert den Preis, wobei A dann Rente abwirft.
Erste Modalität: Boden A bleibt regulierend.
Variante 1: Gleichbleibende Produktivität der zweiten Anlage (Tabelle XIX). Dies ist unter den Voraussetzungen nur zulässig, wenn die Produktivität der ersten Anlage abnimmt.
Variante 2: Fallende Produktivität der zweiten Anlage (Tabelle XX); dies schließt gleichbleibende Produktivität der ersten Anlage nicht aus.
Variante 3: Steigende Produktivität der zweiten Anlage (Tabelle XXI); dies bedingt wieder fallende der ersten Anlage.
Zweite Modalität: Eine geringere (mit a bezeichnete) Bodenqualität tritt in Konkurrenz; Boden A wirft Rente ab.
Variante 1: Gleichbleibende Produktivität der zweiten Anlage (Tabelle XXII).
Variante 2: Fallende Produktivität (Tabelle XXIII).
Variante 3: Steigende Produktivität (Tabelle XXIV).
Diese drei Varianten gehn unter den allgemeinen Bedingungen des Problems vor sich und geben zu keinen Bemerkungen Anlaß.
Wir lassen jetzt die Tabellen folgen.
Tabelle XI
{TITEL}Tabelle XI Bodenart Produktions— Produkt Verkaufs— Ertrag Rente Rentsteigerung kosten preis sh. Bushels sh. sh. sh. —————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— A 60 10 6 60 0 0 B 60 12 6 72 12 12 C 60 14 6 84 24 2 * 12 D 60 16 6 96 36 3 * 12 E 60 18 6 108 48 4 * 12 ——————————————————————— 120 10 * 12
Bei zweiter Kapitalanlage auf denselben Boden.
Erster Fall: Bei konstant bleibendem Produktionspreis.
Variante 1: Bei konstant bleibender Produktivität der zweiten Kapitalanlage.
Tabelle XII
{TITEL}Tabelle XII Bodenart Produktions— Produkt Verkaufs— Ertrag Rente Rentsteigerung kosten preis sh. Bushels sh. sh. sh. —————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— A 60 + 60 = 120 10 + 10 = 20 6 120 0 0 B 60 + 60 = 120 12 + 12 = 24 6 144 24 24 C 60 + 60 = 120 14 + 14 = 28 6 168 48 2 * 24 D 60 + 60 = 120 16 + 16 = 32 6 192 72 3 * 24 E 60 + 60 = 120 18 + 18 = 36 6 216 96 4 * 24 ——————————————————————— 240 10 * 24
Variante 2: Bei fallender Produktivität der zweiten Kapitalanlage; auf Boden A keine zweite Anlage.
1. Wenn Boden B rentelos wird.
Tabelle XIII
{TITEL}Tabelle XIII Bodenart Produktions— Produkt Verkaufs— Ertrag Rente Rentsteigerung kosten preis sh. Bushels sh. sh. sh. —————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— A 60 10 6 60 0 0 B 60 + 60 = 120 12 + 8 = 20 6 120 0 0 C 60 + 60 = 120 14 + 9 1/3 = 23 1/3 6 140 20 20 D 60 + 60 = 120 16 + 10 2/3 = 26 2/3 6 160 40 2 * 20 E 60 + 60 = 120 18 + 12 = 30 6 180 60 3 * 20 ——————————————————————— 120 6 * 20
2. Wenn Boden B nicht ganz rentelos wird.
Tabelle XIV
{TITEL}Tabelle XIV Bodenart Produktions— Produkt Verkaufs— Ertrag Rente Rentsteigerung kosten preis sh. Bushels sh. sh. sh. —————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— A 60 10 6 60 0 0 B 60 + 60 = 120 12 + 9 = 21 6 126 6 6 C 60 + 60 = 120 14 + 10 1/2 = 24 1/2 6 147 27 6 + 21 D 60 + 60 = 120 16 + 12 = 28 6 168 48 6 + 2 * 21 E 60 + 60 = 120 18 + 13 1/2 = 31 1/2 6 189 69 6 + 3 * 21 ——————————————————————— 150 4 * 6 + 6 * 21
Variante 3: Bei steigender Produktivität der 2. Kapitalanlage; auf Boden A auch hier keine zweite Anlage.
Tabelle XV
{TITEL}Tabelle XV Bodenart Produktions— Produkt Verkaufs— Ertrag Rente Rentsteigerung kosten preis sh. Bushels sh. sh. sh. —————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— A 60 10 6 60 0 0 B 60 + 60 = 120 12 + 15 = 27 6 162 42 42 C 60 + 60 = 120 14 + 17 1/2 = 31 1/2 6 189 69 42 + 27 D 60 + 60 = 120 16 + 20 = 36 6 216 96 42 + 2 * 27 E 60 + 60 = 120 18 + 22 1/2 = 40 1/2 6 243 123 42 + 3 * 27 ——————————————————————— 330 4 * 42 + 6 * 27
Zweiter Fall: Bei fallendem Produktionspreis.
Variante 1: Bei gleichbleibender Produktivität der zweiten Kapitalanlage. Boden A tritt außer Konkurrenz, Boden B wird rentelos.
Tabelle XVI
{TITEL}Tabelle XVI Bodenart Produktions— Produkt Verkaufs— Ertrag Rente Rentsteigerung kosten preis sh. Bushels sh. sh. sh. —————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— B 60 + 60 = 120 12 + 12 = 24 5 120 0 0 C 60 + 60 = 120 14 + 14 = 28 5 140 20 20 D 60 + 60 = 120 16 + 16 = 32 5 160 40 2 * 20 E 60 + 60 = 120 18 + 18 = 36 5 180 60 3 * 20 ——————————————————————— 120 6 * 20
Variante 2: Bei fallender Produktivität der zweiten Kapitalanlage; Boden A tritt außer Konkurrenz, Boden B wird rentelos.
Tabelle XVII
{TITEL}Tabelle XVII Bodenart Produktions— Produkt Verkaufs— Ertrag Rente Rentsteigerung kosten preis sh. Bushels sh. sh. sh. —————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— B 60 + 60 = 120 12 + 9 = 21 5 5/7 120 0 0 C 60 + 60 = 120 14 + 10 1/2 = 24 1/2 5 5/7 140 20 20 D 60 + 60 = 120 16 + 12 = 28 5 5/7 160 40 2 * 20 E 60 + 60 = 120 18 + 13 1/2 = 31 1/2 5 5/7 180 60 3 * 20 ——————————————————————— 120 6 * 20
Variante 3: Bei steigender Produktivität der zweiten Kapitalanlage; Boden A bleibt in Konkurrenz. Boden B trägt Rente.
Tabelle XVIII
{TITEL}Tabelle XVIII Bodenart Produktions— Produkt Verkaufs— Ertrag Rente Rentsteigerung kosten preis sh. Bushels sh. sh. sh. —————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— A 60 + 60 = 120 10 + 15 = 25 4 4/5 120 0 0 B 60 + 60 = 120 12 + 18 = 30 4 4/5 144 24 24 C 60 + 60 = 120 14 + 21 = 35 4 4/5 168 48 2 * 24 D 60 + 60 = 120 16 + 24 = 40 4 4/5 192 72 3 * 24 E 60 + 60 = 120 18 + 27 = 45 4 4/5 216 96 4 * 24 ——————————————————————— 240 10 * 24
Dritter Fall: Bei steigendem Produktionspreis.
A. Wenn Boden A rentelos und preisregulierend bleibt.
Variante 1: Bei gleichbleibender Produktivität der zweiten Kapitalanlage; was abnehmende Produktivität der ersten Anlage bedingt.
Tabelle XIX
{titel}Tabelle XIX Bodenart Produktions— Produkt* Verkaufs— Ertrag Rente Rentsteigerung kosten preis sh. Bushels sh. sh. sh. —————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— A 60 + 60 = 120 7 1/2 + 10 = 17 1/2 6 6/7 120 0 0 B 60 + 60 = 120 9 + 12 = 21 6 6/7 144 24 24 C 60 + 60 = 120 10 1/2 + 14 = 24 1/2 6 6/7 168 48 2 * 24 D 60 + 60 = 120 12 + 16 = 28 6 6/7 192 72 3 * 24 E 60 + 60 = 120 13 1/2 + 18 = 31 1/2 6 6/7 216 96 4 * 24 ——————————————————————— 240 10 * 24 * In der 1. Auflage werden hier versehentlich die Ziffern der Tabelle XXI gegeben.
Variante 2: Bei fallender Produktivität der zweiten Kapitalanlage; was gleichbleibende Produktivität der ersten nicht ausschließt.
Tabelle XX
{TITEL}Tabelle XX Bodenart Produktions— Produkt Verkaufs— Ertrag Rente Rentsteigerung kosten preis sh. Bushels sh. sh. sh. —————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— A 60 + 60 = 120 10 + 5 = 15 8 120 0 0 B 60 + 60 = 120 12 + 6 = 18 8 144 24 24 C 60 + 60 = 120 14 + 7 = 21 8 168 48 2 * 24 D 60 + 60 = 120 16 + 8 = 24 8 192 72 3 * 24 E 60 + 60 = 120 18 + 9 = 27 8 216 96 4 * 24 ——————————————————————— 240 10 * 24
Variante 3: Bei steigender Produktivität der zweiten Kapitalanlage, was, unter den Voraussetzungen, fallende der ersten Anlage bedingt.
Tabelle XXI
{TITEL}Tabelle XXI Bodenart Produktions— Produkt Verkaufs— Ertrag Rente Rentsteigerung kosten preis sh. Bushels sh. sh. sh. —————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— A 60 + 60 = 120 5 + 12 1/2 = 17 1/2 6 6/7 120 0 0 B 60 + 60 = 120 6 + 15 = 21 6 6/7 144 24 24 C 60 + 60 = 120 7 + 17 1/2 = 24 1/2 6 6/7 168 48 2 * 24 D 60 + 60 = 120 8 + 20 = 28 6 6/7 192 72 3 * 24 E 60 + 60 = 120 9 + 22 1/2 = 31 1/2 6 6/7 216 96 4 * 24 ——————————————————————— 240 10 * 24
B. Wenn ein geringerer (mit a bezeichneter) Boden preisregulierend wird und Boden A demnach Rente abwirft. Dies läßt für alle Varianten gleichbleibende Produktivität der zweiten Anlage zu.
Variante 1: Gleichbleibende Produktivität der zweiten Kapitalanlage.
Tabelle XXII
{TITEL}Tabelle XXII Bodenart Produktions— Produkt Verkaufs— Ertrag Rente Rentsteigerung kosten preis sh. Bushels sh. sh. sh. —————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— a 1 16 7 1/2 120 0 0 A 60 + 60 = 120 10 + 10 = 20 7 1/2 150 30 30 B 60 + 60 = 120 12 + 12 = 24 7 1/2 180 60 2 * 30 C 60 + 60 = 120 14 + 14 = 28 7 1/2 210 90 3 * 30 D 60 + 60 = 120 16 + 16 = 32 7 1/2 240 120 4 * 30 E 60 + 60 = 120 18 + 18 = 36 7 1/2 270 150 5 * 30 ——————————————————————— 450 15 * 30
Variante 2: Fallende Produktivität der zweiten Kapitalanlage.
Tabelle XXIII
{TITEL}Tabelle XXIII Bodenart Produktions— Produkt Verkaufs— Ertrag Rente Rentsteigerung kosten preis sh. Bushels sh. sh. sh. —————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— a 120 15 8 120 0 0 A 60 + 60 = 120 10 + 7 1/2 = 17 1/2 8 140 20 20 B 60 + 60 = 120 12 + 9 = 21 8 168 48 20 + 28 C 60 + 60 = 120 14 + 10 1/2 = 24 1/2 8 196 76 20 + 2 * 28 D 60 + 60 = 120 16 + 12 = 28 8 224 104 20 + 3 * 28 E 60 + 60 = 120 18 + 13 1/2 = 31 1/2 8 252 132 20 + 4 * 28 ——————————————————————— 380 5 * 20 + 10 * 28
Variante 3: Steigende Produktivität der zweiten Kapitalanlage.
Tabelle XXIV
{TITEL}Tabelle XXIV Bodenart Produktions— Produkt Verkaufs— Ertrag Rente Rentsteigerung kosten preis sh. Bushels sh. sh. sh. ——————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— a 120 16 7 1/2 120 0 0 A 60 + 60 = 120 10 + 12 1/2 = 22 1/2 7 1/2 168 3/4 48 3/4 15 + 33 3/4 B 60 + 60 = 120 12 + 15 = 27 7 1/2 202 1/2 82 1/2 15 + 2 * 33 3/4 C 60 + 60 = 120 14 + 17 1/2 = 31 1/2 7 1/2 236 1/4 116 1/4 15 + 3 * 33 3/4 D 60 + 60 = 120 16 + 20 = 36 7 1/2 270 150 15 + 4 * 33 3/4 E 60 + 60 = 120 18 + 22 1/2 = 40 1/2 7 1/2 303 3/4 183 3/4 15 + 5 * 33 3/4 ——————————————————————————————— 581 1/4 5 * 15 + 15 * 33 3/4
Diese Tabellen ergeben nun folgendes.
Zunächst, daß die Reihe der Renten sich genau verhält wie die Reihe der Fruchtbarkeitsunterschiede, den rentelosen, regulierenden Boden als Nullpunkt genommen. Nicht die absoluten Erträge, sondern nur die Ertragsdifferenzen sind für die Rente bestimmend. Ob die verschiednen Bodenarten 1, 2, 3, 4, 5 Bushel, ob sie 11, 12, 13, 14, 15 Bushel per Acre Ertrag liefern, die Renten sind in beiden Fällen, der Reihe nach, 0, 1, 2, 3, 4 Bushel, resp. deren Geldertrag.
Weit wichtiger aber ist das Resultat in Beziehung auf die Gesamtrentenerträge bei wiederholter Kapitalanlage auf demselben Boden.
In fünf Fällen aus den untersuchten dreizehn verdoppelt sich mit der Kapitalanlage auch die Gesamtsumme der Renten; statt 10 * 12 sh. wird sie 10 * 24 sh. = 240 sh. Diese Fälle sind:
Fall I, konstanter Preis, Variante 1 : gleichbleibende Produktionssteigerung (Tabelle XII).
Fall II, fallender Preis, Variante 3: wachsende Produktionssteigerung (Tabelle XVIII).
Fall III, steigender Preis, erste Modalität, wo Boden A regulierend bleibt, in allen drei Varianten (Tabelle XIX, XX, XXI).
In vier Fällen steigt die Rente um mehr als das Doppelte, nämlich:
Fall I, Variante 3, konstanter Preis, aber wachsende Produktionssteigerung (Tabelle XV). Die Rentensumme steigt auf 330 sh.
Fall III, zweite Modalität, wo Boden A Rente abwirft, in allen drei Varianten (Tabelle XXII, Rente = 15 * 30 = 450 sh.; Tab. XXIII, Rente = 5 * 20 + 10 * 28 = 380 sh.; Tabelle XXIV, Rente = 5 * 15 + 15 * 33 3/4 = 581 1/4 sh.).
In einem Fall steigt sie, aber nicht auf den doppelten Betrag der bei der ersten Kapitalanlage abfallenden Rente:
Fall I, konstanter Preis, Variante 2: fallende Produktivität der zweiten Anlage unter Bedingungen, wo B nicht ganz rentelos wird (Tabelle XIV, Rente = 4 * 6 + 6 * 21 = 150 sh.).
Endlich, nur in drei Fällen bleibt die Gesamtrente bei zweiter Kapitalanlage für alle Bodenarten zusammen, auf demselben Stand wie bei der ersten Anlage (Tabelle XI); es sind dies die Fälle, wo Boden A außer Konkurrenz gesetzt und Boden B regulierend und damit rentelos wird. Die Rente für B fällt also nicht nur weg, sie wird auch von jedem folgenden Glied der Rentenreihe abgezogen; dadurch ist das Ergebnis bedingt. Diese Fälle sind:
Fall I, Variante 2, wenn die Bedingungen derart sind, daß Boden A ausfällt (Tabelle XIII). Die Rentensumme ist 6 * 20, also = 10 * 12 = 120 wie in Tabelle XI.
Fall II, Variante 1 und 2. Hier fällt Boden A nach den Voraussetzungen notwendig aus (Tabelle XVI und XVII), und die Rentensumme ist wieder 6 * 20 = 10 * 12 = 120 sh.
Dies heißt also: in der großen Mehrzahl aller möglichen Fälle steigt die Rente, sowohl per Acre des Rente tragenden Bodens, wie namentlich in ihrer Gesamtsumme, infolge vermehrter Kapitalanlage auf den Boden. Nur in 3 Fällen aus dreizehn untersuchten bleibt ihre Gesamtsumme unverändert. Es sind dies die Fälle, wo die niedrigste, bisher rentelose und regulierende Bodenqualität außer Konkurrenz und die nächsthöhere an ihre Stelle tritt, also rentelos wird. Aber auch in diesen Fällen steigen die Renten auf den besten Bodenarten gegen die der ersten Kapitalanlage geschuldeten; wenn die Rente für C von 24 auf 20 fällt, so steigt die für D und E von 36 und 48 auf 40 und 60 sh.
Ein Fall der Gesamtrenten unter den Stand bei erster Kapitalanlage (Tab. XI) wäre nur möglich, wenn außer Boden A auch Boden B aus der Konkurrenz schiede und Boden C regulierend und rentelos würde.
Je mehr Kapital also auf den Boden verwandt wird, je höher die Entwicklung des Ackerbaus und der Zivilisation überhaupt in einem Lande steht, desto höher steigen die Renten per Acre sowohl wie die Gesamtsumme der Renten, desto riesiger wird der Tribut, den die Gesellschaft den Großgrundbesitzern in der Gestalt von Surplusprofiten zahlt – solange die einmal in Bebauung genommenen Bodenarten alle konkurrenzfähig bleiben.
Dies Gesetz erklärt die wunderbare Lebenszähigkeit der Klasse der großen Grundbesitzer. Keine Gesellschaftsklasse lebt so verschwenderisch, keine nimmt so, wie diese, ein Recht auf einen hergebrachten »standesgemäßen« Luxus in Anspruch, einerlei woher das Geld dazu kommt, keine häuft so leichten Herzens Schulden über Schulden auf. Und doch fällt sie immer wieder auf die Füße – dank dem in den Boden gesteckten Kapital andrer Leute, das ihr Renten einträgt, ganz außer allem Verhältnis zu den Profiten, die der Kapitalist daraus zieht.
Dasselbe Gesetz erklärt aber auch, warum diese Lebenszähigkeit des großen Grundbesitzers allmählich sich erschöpft.
Als die englischen Kornzölle 1846 abgeschafft wurden, glaubten die englischen Fabrikanten, sie hätten dadurch die grundbesitzende Aristokratie in Paupers verwandelt. Statt dessen wurde sie reicher als je vorher. Wie ging das zu? Sehr einfach. Erstens wurde von nun an von den Pächtern kontraktlich verlangt, daß sie 12 Pfd. St. statt 8 Pfd. St. jährlich auf den Acre auslegen sollten, und zweitens bewilligten sich die auch im Unterhaus sehr zahlreich vertretnen Grundherrn eine starke Staatssubvention zur Dränierung und sonstigen permanenten Verbesserung ihrer Ländereien. Da keine totale Verdrängung des schlechtesten Bodens stattfand, sondern höchstens eine, auch meist nur zeitweilige, Verwendung zu andern Zwecken, stiegen die Renten im Verhältnis der gesteigerten Kapitalanlage, und die Grundaristokratie war besser daran als je vorher.
Aber alles ist vergänglich. Die transozeanischen Dampfschiffe und die nord- und südamerikanischen und indischen Eisenbahnen brachten ganz eigentümliche Landstrecken in die Lage, auf den europäischen Kornmärkten zu konkurrieren. Da waren einerseits die nordamerikanischen Prärien, die argentinischen Pampas, Steppen, von der Natur selbst urbar gemacht für den Pflug, jungfräulicher Boden, der auf Jahre hinaus selbst bei primitiver Kultur und ohne Dünger reichliche Erträge bot. Und da waren die Ländereien der russischen und indischen kommunistischen Gemeinwesen, die einen Teil ihres Produkts, und zwar einen stets wachsenden, verkaufen mußten, um Geld zu erhalten für die Steuern, die der erbarmungslose Despotismus des Staats ihnen abzwang – oft genug durch Tortur. Diese Produkte wurden verkauft ohne Rücksicht auf die Produktionskosten, verkauft für den Preis, den der Händler bot, weil der Bauer absolut Geld haben mußte zum Zahlungstermin. Und gegen diese Konkurrenz – des jungfräulichen Steppenbodens wie des unter der Steuerschraube erliegenden russischen und indischen Bauern – konnte der europäische Pächter und Bauer bei den alten Renten nicht aufkommen. Ein Teil des Bodens in Europa kam definitiv für den Kornbau außer Konkurrenz, die Renten fielen überall, unser zweiter Fall, Variante 2: fallender Preis und fallende Produktivität der zusätzlichen Kapitalanlagen wurde die Regel für Europa, und daher der Agrarierjammer von Schottland bis Italien und von Südfrankreich bis nach Ostpreußen. Glücklicherweise ist noch lange nicht alles Steppenland in Bebauung genommen; es ist noch übrig genug vorhanden, um den ganzen europäischen großen Grundbesitz zu ruinieren und den kleinen obendrein. – F. E.}
Die Rubriken, worunter die Rente zu behandeln, sind diese:
A. Differentialrente.
1. Begriff der Differentialrente. Illustration an Wasserkraft. Übergang zur eigentlichen Ackerbaurente.
2. Differentialrente I, entspringend aus verschiedner Fruchtbarkeit verschiedner Bodenstücke.
3. Differentialrente II, entspringend aus sukzessiver Kapitalanlage auf demselben Boden. Zu untersuchen ist Differentialrente II
a) bei stationärem,
b) bei fallendem,
c) bei steigendem Produktionspreis.
Und ferner
d) Verwandlung von Surplusprofit in Rente.
4. Einfluß dieser Rente auf die Profitrate.
B. Absolute Rente.
C. Der Bodenpreis.
D. Schlußbetrachtungen über die Grundrente.
Als allgemeines Resultat bei der Betrachtung der Differentialrente überhaupt ergibt sich:
Erstens: Die Bildung von Surplusprofiten kann auf verschiednen Wegen erfolgen. Einerseits auf Basis der Differentialrente I, d.h. auf Basis der Anlage des gesamten Agrikulturkapitals auf einer Bodenfläche, welche aus Bodenarten verschiedner Fruchtbarkeit besteht. Ferner als Differentialrente II, auf Basis der verschiednen Differentialproduktivität sukzessiver Kapitalanlagen auf demselben Boden, d.h. hier größrer Produktivität, z.B. in qrs. Weizen, als mit derselben Kapitalanlage auf dem geringsten, rentelosen, aber den Produktionspreis regulierenden Boden bewirkt wird. Wie diese Surplusprofite aber auch entstehn mögen, ihre Verwandlung in Rente, also ihre Übertragung vom Pächter auf den Grundeigentümer, setzt als vorausgehende Bedingung stets voraus, daß die verschiednen wirklichen individuellen Produktionspreise (d.h. unabhängig von dem allgemeinen, den Markt regulierenden Produktionspreis), welche die Teilprodukte der einzelnen sukzessiven Kapitalanlagen besitzen, vorher zu einem individuellen Durchschnittsproduktionspreis ausgeglichen werden. Der Überschuß des allgemeinen, regulierenden Produktionspreises des Produkts eines Acre über diesen seinen individuellen Durchschnittsproduktionspreis bildet und mißt die Rente per Acre. Bei Differentialrente I sind die Differentialresultate an und für sich unterscheidbar, weil sie auf unterschiednen, außer- und nebeneinander liegenden Bodenteilen, bei einer als normal angenommenen Kapitalauslage per Acre und ihr entsprechender Normalbebauung stattfinden. Bei der Differential rente II müssen sie erst unterscheidbar gemacht werden; sie müssen in der Tat in die Differentialrente I rückverwandelt werden, und dies kann nur in der angegebnen Weise geschehn. Nehmen wir z.B. die Tabelle III, S. 226.
Boden B gibt für die erste Kapitalanlage von 2 1/2 Pfd. St. 2 qrs. per Acre und für die zweite, gleich große 1 1/2 qr.; zusammen 3 1/2 qrs. auf demselben Acre. Es ist diesen 3 1/2 qrs., die auf demselben Boden gewachsen, nicht anzusehn, was davon Produkt der Kapitalanlage I und was der Kapitalanlage II ist. Sie sind in der Tat das Produkt des Gesamtkapitals von 5 Pfd. St.; und die wirkliche Tatsache ist nur die, daß ein Kapital von 2 1/2 Pfd. St. 2 qrs. ergab und eins von 5 Pfd. St. nicht 4, sondern 3 1/2. Der Fall wäre ganz derselbe, wenn die 5 Pfd. St. 4 qrs. ergäben, so daß die Erträge beider Kapitalanlagen gleich wären, oder auch 5 qrs., so daß die zweite Kapitalanlage einen Überschuß von 1 qr. ergeben würde. Der Produktionspreis der ersten 2 qrs. ist 1 1/2 Pfd. St. per qr. und der der zweiten 1 1/2 qr. ist 2 Pfd. St. per qr. Die 3 1/2 qrs. zusammen kosten daher 6 Pfd. St. Dies ist der individuelle Produktionspreis des Gesamtprodukts und macht im Durchschnitt 1 Pfd. St. 14 2/7 sh. per qr., sage rund 1 3/4 Pfd. St. Bei dem durch den Boden A bestimmten allgemeinen Produktionspreis von 3 Pfd. St. gibt dies einen Surplusprofit von 1 1/4 Pfd. St. per qr. und also für 3 1/2 qrs. zusammen 4 3/8 Pfd. St. Bei dem Durchschnittsproduktionspreis von B stellt sich dies dar in rund 1 1/2 qr. Der Surplusprofit von B stellt sich also dar in einem aliquoten Teil des Produkts von B, den 1 1/2 qr., die die Rente in Korn ausgedrückt bilden und die sich nach dem allgemeinen Produktionspreis zu 4 1/2 Pfd. St. verkaufen. Aber umgekehrt ist das überschüssige Produkt eines Acre von B über das eines Acre von A nicht ohne weitres Darstellung von Surplusprofit und daher Surplusprodukt. Nach der Voraussetzung produziert der Acre B 3 1/2 qrs., der Acre A nur 1 qr. Das überschüssige Produkt auf B ist also 2 1/2 qrs., aber das Surplusprodukt ist nur 1 1/2 qr.; denn auf B ist das doppelte Kapital angelegt wie auf A, und daher sind die Produktionskosten hier doppelt. Fände auf A ebenfalls Anlage von 5 Pfd. St. statt und die Rate der Produktivität bliebe gleich, so wäre das Produkt 2 qrs. statt 1, und es würde sich so zeigen, daß das wirkliche Surplusprodukt gefunden wird durch Vergleichung, nicht von 3 1/2 und 1, sondern von 3 1/2 und 2; daß es also nicht 2 1/2, sondern nur 1 1/2 qr. ist. Ferner aber, wenn B eine dritte Portion Kapital von 2 1/2 Pfd. St. anlegte, die nur 1 qr. ergäbe, also dieses qr. 3 Pfd. St. kostete, wie auf A, so würde dessen Verkaufspreis von 3 Pfd. St. nur die Produktionskosten decken, nur den Durchschnittsprofit abwerfen, aber keinen Surplusprofit, also auch nichts, was sich in Rente verwandeln könnte. Das Produkt per Acre einer beliebigen Bodenart, mit dem Produkt per Acre des Bodens A verglichen, zeigt weder an, ob es das Produkt gleicher Kapitalanlage oder größrer ist noch ob das zuschüssige Produkt nur den Produktionspreis deckt oder ob es höherer Produktivität des zuschüssigen Kapitals geschuldet ist.
Zweitens: Bei abnehmender Rate der Produktivität der zuschüssigen Kapitalanlagen – deren Grenze, soweit die Neubildung von Surplusprofit in Betracht kommt, diejenige Kapitalanlage ist, die nur die Produktionskosten deckt, d.h. die das qr. so teuer produziert wie dieselbe Kapitalanlage auf einem Acre des Bodens A, also nach der Voraussetzung zu 3 Pfd. St. – folgt aus dem eben Entwickelten: daß die Grenze, wo die Gesamtkapitalanlage auf den Acre von B keine Rente mehr bilden würde, die ist, wo der individuelle Durchschnittsproduktionspreis des Produkts per Acre von B auf den Produktionspreis per Acre von A steigen würde.
Wenn B nur Kapitalanlagen zusetzt, die den Produktionspreis zahlen, also keinen Surplusprofit, also keine neue Rente bilden, so erhöht dies zwar den individuellen Durchschnittsproduktionspreis per qr., affiziert aber nicht den von den frühern Kapitalanlagen gebildeten Surplusprofit, eventuell die Rente. Denn der Durchschnittsproduktionspreis bleibt immer unter dem von A, und wenn der Preisüberschuß per qr. abnimmt, so nimmt die Zahl der qrs. im selben Verhältnis zu, so daß der Gesamtüberschuß des Preises konstant bleibt.
Im angenommenen Fall produzieren die zwei ersten Kapitalanlagen von 5 Pfd. St. auf B 3 1/2 qrs., also nach der Voraussetzung 1 1/2 qr. Rente = 4 1/2 Pfd. St. Kommt eine dritte Kapitalanlage von 21/2 Pfd. St. hinzu, die aber nur ein zuschüssiges qr. produziert, so ist der Gesamtproduktionspreis (inkl. 20% Profit) der 4 1/2 qrs. = 9 Pfd. St., also der Durchschnittspreis per qr. = 2 Pfd. St. Der Durchschnittsproduktionspreis per qr. auf B ist also gestiegen von 1 5/7 Pfd. St. auf 2 Pfd. St., der Surplusprofit per qr., verglichen mit dem regulierenden Preis von A, also gefallen von 1 2/7 Pfd. St. auf 1 Pfd. St. Aber 1 * 4 1/2 = 4 1/2 Pfd. St. ganz wie früher 1 2/7 * 3 1/2 = 4 1/2 Pfd. St.
Nehmen wir an, daß noch eine vierte und fünfte zuschüssige Kapitalanlage von je 2 1/2 Pfd. St. auf B gemacht würde, die das qr. nur zu seinem allgemeinen Produktionspreis produzierte, so wäre das Gesamtprodukt per Acre jetzt 6 1/2 qrs. und deren Produktionskosten 15 Pfd. St. Der durchschnittliche Produktionspreis per qr. für B wäre wieder gestiegen von 2A49 Pfd. St. auf 2 4/13 Pfd. St., und der Surplusprofit per qr., verglichen mit dem regulierenden Produk tionspreis von A, wäre wieder gefallen von 1 Pfd. St. auf 9/13 Pfd. St. Aber diese 9/13 Pfd. St. wären nun zu berechnen auf 6 1/2 qrs. statt auf 4 1/2. Und 9/13 * 6 1/2 = 1 * 4 1/2 = 4 1/2 Pfd. St.
Es folgt daraus zunächst, daß unter diesen Umständen keine Erhöhung des regulierenden Produktionspreises nötig ist, um zuschüssige Kapitalanlagen auf den Rente tragenden Bodenarten zu ermöglichen selbst bis zu dem Grad, wo das Zusatzkapital ganz aufhört, Surplusprofit zu liefern, und nur noch den Durchschnittsprofit abwirft. Es folgt ferner, daß hier die Summe des Surplusprofits per Acre dieselbe bleibt, wie sehr immer der Surplusprofit per qr. abnehme; diese Abnahme wird stets ausgeglichen durch entsprechende Zunahme der per Acre produzierten qrs. Damit der durchschnittliche Produktionspreis auf den allgemeinen Produktionspreis sich erhebe (also hier auf 3 Pfd. St. steige für Boden B), müßten Kapitalzusätze gemacht werden, deren Produkt einen höhern Produktionspreis hat als den regulierenden von 3 Pfd. St. Aber man wird sehn, daß selbst dies nicht ohne weiteres hinreicht, um den Durchschnittsproduktionspreis per qr. für B auf den allgemeinen Produktionspreis von 3 Pfd. St. hinaufzutreiben.
Nehmen wir an, es wären auf Boden B produziert worden:
1. 3 1/2 qrs. wie vorhin zu 6 Pfd. St. Produktions preis; also zwei Kapitalanlagen von je 2 1/2 Pfd. St., die beide Surplusprofite bilden, aber von abnehmender Höhe.
2. 1 qr. zu 3 Pfd. St.; eine Kapitalanlage, wo der individuelle Produktionspreis gleich wäre dem regulierenden Produktionspreis.
3. 1 qr. zu 4 Pfd. St.; eine Kapitalanlage, wo der individuelle Produktionspreis 33 1/3%A50 höher ist als der regulierende Preis.
Wir hätten dann 5 1/2 qrs. per Acre zu 13 Pfd. St., bei einer Kapitalanlage von 10 7/10 Pfd. St.A51, viermal die ursprüngliche Kapitalanlage, aber noch nicht dreimal das Produkt der ersten Kapitalanlage.
5 1/2 qrs. zu 13 Pfd. St. gibt 2 4/11 Pfd. St. Durchschnittsproduktionspreis per qr., also beim regulierenden Produktionspreis von 3 Pfd. St. einen Überschuß von 7/11 Pfd. St. per qr., der sich in Rente verwandeln kann. 5 1/2 qrs. zum Verkauf zum regulierenden Preis von 3 Pfd. St. geben 16 1/2 Pfd. St. Nach Abzug der Produktionskosten von 13 Pfd. St. bleiben 3 1/2 Pfd. St. Surplusprofit oder Rente, die zum jetzigen Durchschnittsproduktionspreis des qr. für B, also zu 24/11 Pfd. St. per qr. berechnet, 1 25/52 qr.A52 repräsentieren. Die Geldrente wäre um 1 Pfd. St. gefallen, die Kornrente um ungefähr 1/2 qr., aber trotzdem, daß die vierte zuschüssige Kapitalanlage auf B nicht nur keinen Surplusprofit, sondern weniger als den Durchschnittsprofit produziert, existiert nach wie vor Surplusprofit und Rente. Nehmen wir an, daß außer der Kapitalanlage 3 auch die unter 2 über dem regulierenden Produktionspreis produziert, so ist die Gesamtproduktion: 3 1/2 qrs. zu 6 Pfd. St. + 2 qrs. zu 8 Pfd. St., zusammen 5 1/2 qrs. zu 14 Pfd. St. Produktionskosten. Der Durchschnittsproduktionspreis per qr. wäre 2 6/11 Pfd. St. und ließe einen Überschuß von 5/11 Pfd. St. Die 5 1/2 qrs., verkauft zu 3 Pfd. St., ergeben 16 1/2 Pfd. St.; davon ab die 14 Pfd. St. Produktionskosten, läßt 2 1/2 Pfd. St. für Rente. Dies gäbe beim jetzigen durchschnittlichen Produktionspreis auf B 55/56 qr. Es fällt also noch immer Rente ab, obwohl weniger als vorher.
Es zeigt uns dies jedenfalls, daß auf den bessern Ländereien mit zusätzlichen Kapitalanlagen, deren Produkt mehr kostet als der regulierende Produktionspreis, die Rente, wenigstens innerhalb der Grenzen der zulässigen Praxis, nicht verschwinden, sondern nur abnehmen muß, und zwar im Verhältnis einerseits des aliquoten Teils, den dieses unfruchtbarere Kapital von der gesamten Kapitalauslage bildet, andrerseits der Abnahme seiner Fruchtbarkeit. Der Durchschnittspreis seines Produkts stände immer noch unter dem regulierenden Preis und ließe daher immer noch einen in Rente verwandelbaren Surplusprofit.
Nehmen wir nun an, daß der Durchschnittspreis des qr. von B zusammenfällt mit dem allgemeinen Produktionspreis, infolge von vier sukzessiven Kapitalanlagen (2 1/2, 2 1/2, 5 und 5 Pfd. St.) mit abnehmender Produktivität.
Kapital Profit Ertrag Produktionskosten Verkaufs— Ertrag Surplus für Rente per qr. zusammen preis ———————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. Pfd. St. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. 1. 2 1/2 1/2 2 1 1/2 3 3 6 1 3 2. 2 1/2 1/2 1 1/2 2 3 3 4 1/2 1/2 1 1/2 3. 5 1 1 1/2 4 6 3 4 1/2 - 1/2 -1 1/2 4. 5 1 1 6 6 3 3 -1 -3 ———————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— 15 3 6 18 18 0 0
Der Pächter verkauft hier jedes qr. zu seinem individuellen Produktionspreis und daher die Gesamtzahl der qrs. zu ihrem Durchschnittsproduktionspreis per qr., der mit dem regulierenden Preis von 3 Pfd. St. zusammenfällt. Er macht daher auf sein Kapital von 15 Pfd. St. nach wie vor einen Profit von 20% = 3 Pfd. St. Aber die Rente ist verschwunden. Wo ist der Überschuß hingekommen bei dieser Ausgleichung der individuellen Produktionspreise jedes qr. mit dem allgemeinen Produktionspreis?
Der Surplusprofit auf die ersten 2 1/2 Pfd. St. war 3 Pfd. St.; auf die zweiten 2 1/2 Pfd. St. war er 1 1/2 Pfd. St.; zusammen Surplusprofit auf 1/3 des vorgeschoßnen Kapitals, also auf 5 Pfd. St. = 4 1/2 Pfd. St. = 90%.
Bei Kapitalanlage 3 geben 5 Pfd. St. nicht nur keinen Surplusprofit, sondern ihr Produkt von 1 1/2 qr., zum allgemeinen Produktionspreis verkauft, gibt ein Minus von 1 1/2 Pfd. St. Endlich bei Kapitalanlage 4 von ebenfalls 5 Pfd. St. gibt ihr Produkt von 1 qr., zum allgemeinen Produktionspreis verkauft, ein Minus von 3 Pfd. St. Beide Kapitalanlagen zusammen ergeben also ein Minus von 4 1/2 Pfd. St., gleich dem Surplusprofit von 4 1/2 Pfd. St., der sich auf Kapitalanlagen 1 und 2 ergab.
Die Surplus- und Minusprofite gleichen sich aus. Daher verschwindet die Rente. In der Tat ist dies aber nur möglich, weil die Elemente des Mehrwerts, die Surplusprofit oder Rente bildeten, jetzt in die Bildung des Durchschnittsprofits eingehn. Der Pächter macht diesen Durchschnittsprofit von 3 Pfd. St. auf 15 Pfd. St. oder von 20% auf Kosten der Rente.
Die Ausgleichung des individuellen Durchschnittsproduktionspreises von B zum allgemeinen, den Marktpreis regulierenden Produktionspreis von A setzt voraus, daß die Differenz, um welche der individuelle Preis des Produkts der ersten Kapitalanlagen unter dem regulierenden Preis steht, mehr und mehr aufgewogen und zuletzt ausgeglichen wird durch die Differenz, um welche das Produkt der spätern Kapitalanlagen über den regulierenden Preis zu stehn kommt. Was als Surplusprofit erscheint, solange das Produkt der ersten Kapitalanlagen für sich verkauft wird, wird so nach und nach Teil ihres durchschnittlichen Produktionspreises und geht damit in die Bildung des Durchschnittsprofits ein, bis es schließlich ganz von ihm absorbiert wird.
Werden, statt 15 Pfd. St. Kapital auf B anzulegen, nur 5 Pfd. St. auf B angelegt und die zuschüssigen 2 1/2 qrs. der letzten Tabelle dadurch produziert, daß 2 1/2 Acres von A mit Kapitalanlage von 2 1/2 Pfd. St. per Acre neu bebaut würden, so betrüge das ausgelegte Zuschußkapital nur 6 1/4 Pfd. St., also die Gesamtauslage auf A und B zur Produktion dieser 6 qrs. nur 11 1/4 Pfd. St. statt 15 Pfd. St. und die Gesamtproduktionskosten derselben inkl. Profit 13 1/2 Pfd. St. Die 6 qrs. würden nach wie vor zusammen zu 18 Pfd. St. verkauft, aber die Kapitalauslage hätte um 3 3/4 Pfd. St. abgenommen, und die Rente auf B betrüge wie früher 4 1/2 Pfd. St. per Acre. Anders verhielte sich die Sache, wenn zur Produktion der zuschüssigen 2 1/2 qrs. zu schlechterm Boden als A, zu A-1, A-2 Zuflucht genommen werden müßte; so daß der Produktionspreis per qr. für 1 1/2 qr. auf Boden A-1 = 4 Pfd. St. und für das letzte qr. auf A-2 = 6 Pfd. St. In diesem Fall würde 6 Pfd. St. der regulierende Produktionspreis per qr. Die 3 1/2 qrs. von B würden verkauft zu 21 Pfd. St. statt zu 10 1/2 Pfd. St., was eine Rente gäbe von 15 Pfd. St. statt 4 1/2 Pfd. St., und in Korn von 2 1/2 qrs. statt 1 1/2 qr. Ebenso würde auf A das eine qr. jetzt eine Rente von 3 Pfd. St. tragen = 1/2 qr.
Bevor wir auf diesen Punkt weiter eingehn, noch eine Bemerkung.
Der Durchschnittspreis des qr. von B gleicht sich aus, fällt zusammen mit dem durch A regulierten allgemeinen Produktionspreis von 3 Pfd. St. per qr., sobald der Teil des Gesamtkapitals, der die überschüssigen 1 1/2 qrs. produziert, aufgewogen wird durch den Teil des Gesamtkapitals, der die unterschüssigen 1 1/2 qrs. produziert. Wie bald diese Ausgleichung erreicht wird oder wieviel Kapital mit unterschüssiger Produktivkraft auf B dazu angelegt werden muß, hängt, die Surplusproduktivität der ersten Kapitalanlagen als gegeben vorausgesetzt, ab von der relativen Unterproduktivität der später angelegten Kapitale, verglichen mit gleich großer Kapitalanlage auf dem schlechtesten regulierenden Boden A, oder von dem individuellen Produktionspreis ihres Produkts, verglichen mit dem regulierenden Preis.
Es ergibt sich zunächst aus dem Bisherigen:
Erstens. Solange die zuschüssigen Kapitale auf demselben Boden mit Surplusproduktivität, wenn auch abnehmender, angelegt werden, wächst die absolute Korn- und Geldrente per Acre, obgleich sie relativ, im Verhältnis zum vorgeschoßnen Kapital (also die Rate des Surplusprofits oder der Rente) abnimmt. Die Grenze wird hier gebildet durch dasjenige zuschüssige Kapital, welches nur den Durchschnittsprofit abwirft oder für dessen Produkt der individuelle Produktionspreis mit dem allgemeinen zusammenfällt. Der Produktionspreis bleibt unter diesen Umständen derselbe, falls nicht durch die vermehrte Zufuhr die Produktion von den schlechtern Bodenarten überflüssig wird. Selbst bei fallendem Preise können diese zuschüssigen Kapitale, innerhalb gewisser Grenzen, noch einen Surplusprofit, wenn auch geringeren, produzieren.
Zweitens. Die Anlage von Zuschußkapital, das nur den Durchschnittsprofit produziert, dessen Surplusproduktivität also = 0, ändert nichts an der Höhe des gebildeten Surplusprofits und daher der Rente. Der individuelle Durchschnittspreis des qr. wächst dadurch auf den bessern Bodenarten; der Überschuß per qr. nimmt ab, aber die Anzahl der qrs., die diesen verminderten Überschuß tragen, nimmt zu, so daß das Produkt dasselbe bleibt.
Drittens. Zuschüssige Kapitalanlagen, bei deren Produkt der individuelle Produktionspreis über dem regulierenden Preis steht, bei denen also die Surplusproduktivität nicht nur = 0 ist, sondern weniger als Null, ein Minus, d.h. geringer als die Produktivität gleicher Kapitalanlage auf den regulierenden Boden A, bringen den individuellen Durchschnittspreis des Gesamtprodukts des bessern Bodens immer näher dem allgemeinen Produktionspreis, vermindern also immer mehr die Differenz zwischen beiden, die den Surplusprofit resp. die Rente bildet. Es geht mehr und mehr von dem, was Surplusprofit oder Rente bildete, in die Bildung des Durchschnittsprofits ein. Aber dennoch fährt das auf den Acre von B angelegte Gesamtkapital fort, Surplusprofit abzuwerfen, obgleich abnehmend mit der zunehmenden Masse des Kapitals von unterschüssiger Produktivität und mit dem Grad dieser Unterproduktivität. Die Rente, bei wachsendem Kapital und zunehmender Produktion, fällt hier absolut per Acre, nicht wie im zweiten Fall nur relativ in bezug auf die wachsende Größe des angelegten Kapitals.
Erlöschen kann die Rente nur, sobald der individuelle Durchschnittsproduktionspreis des Gesamtprodukts auf dem bessern Boden B zusammenfällt mit dem regulierenden Preis, der ganze Surplusprofit der ersten produktiveren Kapitalanlagen also verbraucht worden ist zur Bildung des Durchschnittsprofits.
Die Minimalgrenze des Falls der Rente per Acre ist der Punkt, wo sie verschwindet. Aber dieser Punkt tritt ein, nicht, sobald die zuschüssigen Kapitalanlagen mit Unterproduktivität produzieren, sondern sobald die zuschüssige Anlage der unterproduktiven Kapitalteile so groß wird, daß ihre Wirkung die überschüssige Produktivität der ersten Kapitalanlagen aufhebt und die Produktivität des angelegten Gesamtkapitals gleich wird der des Kapitals auf A und daher der individuelle Durchschnittspreis des qr. auf B gleich dem des qr. auf A.
Auch in diesem Fall bliebe der regulierende Produktionspreis, 3 Pfd. St. per qr., derselbe, obgleich die Rente verschwunden wäre. Erst über diesen Punkt hinaus müßte der Produktionspreis steigen infolge von Zunahme, sei es des Grads der Unterproduktivität des zuschüssigen Kapitals, sei es der Größe des zuschüssigen Kapitals von derselben Unterproduktivität. Würden z.B. oben in der Tabelle S. 265 statt 1 1/2 qr. 2 1/2 qrs. zu 4 Pfd. St. per qr. auf demselben Boden produziert, so hätten wir im ganzen 7 qrs. zu 22 Pfd. St. Produktionskosten; das qr. würde kosten 3 1/7 Pfd. St.; also um 1/7 über dem allgemeinen Produktionspreis stehn, der steigen müßte.
Es könnte also noch lange zuschüssiges Kapital mit Unterproduktivität und selbst zunehmender Unterproduktivität angewandt werden, bis der individuelle Durchschnittspreis des qr. auf den besten Ländereien dem allgemeinen Produktionspreis gleich würde, bis der Überschuß des letztern über den erstern und damit der Surplusprofit und die Rente ganz verschwunden wäre.
Und selbst in diesem Fall würde mit Auslöschung der Rente auf den bessern Bodenarten der individuelle Durchschnittspreis ihres Produkts erst zusammenfallen mit dem allgemeinen Produktionspreis, wäre also noch kein Steigen des letztern erheischt.
Im obigen Beispiel wurden auf dem bessern Boden B, der aber der unterste in der Reihe der bessern oder Rente tragenden Bodenarten ist, 3 1/2 qrs. durch ein Kapital von 5 Pfd. St. mit Surplusproduktivität und 2 1/2 qrs. durch ein Kapital von 10 Pfd. St. mit Unterproduktivität erzeugt, zusammen 6 qrs., also 5/12 durch die letztern, mit Unterproduktivität angelegten Kapitalteile. Und erst auf diesem Punkt steigt der individuelle Durchschnittsproduktionspreis der 6 qrs. auf 3 Pfd. St. per qr., fällt also zusammen mit dem allgemeinen Produktionspreis.
Unter dem Gesetz des Grundeigentums hätten jedoch nicht die letzten 2 1/2 qrs. in dieser Weise zu 3 Pfd. St. per qr. produziert werden können, mit Ausnahme des Falls, wo sie auf 2 1/2 neuen Acres der Bodenart A produziert werden könnten. Der Fall, wo das zuschüssige Kapital nur noch zum allgemeinen Produktionspreis produziert, hätte die Grenze gebildet. Über sie hinaus müßte die zuschüssige Kapitalanlage auf demselben Boden aufhören.
Hat der Pächter nämlich für die zwei ersten Kapitalanlagen einmal 4 1/2 Pfd. St. Rente zu zahlen, so muß er sie fortzahlen, und jede Kapitalanlage, die das qr. unter 3 Pfd. St. produziert, würde ihm einen Abzug von seinem Profit verursachen. Die Ausgleichung des individuellen Durchschnittspreises, bei Un terproduktivität, ist dadurch verhindert.
Nehmen wir diesen Fall bei dem vorigen Beispiel, wo der Produktionspreis des Bodens A von 3 Pfd. St. per qr. den Preis für B reguliert.
Kapital Profit Produk— Ertrag Produk— Verkaufspreis Surplus— Verlust tions— tions— profit kosten kosten per. qr. zus. per qr. Pfd. St. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. Pfd. St. Pfd. St. Pfd. St. Pfd. St. ———————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— 2 1/2 1/2 3 2 1 1/2 3 6 3 — 2 1/2 1/2 3 1 1/2 2 3 4 1/2 1 1/2 — 5 1 6 1 1/2 4 3 4 1/2 — 1 1/2 5 1 6 1 6 3 3 — 3 ———————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— 15 3 18 18 4 1/2 4 1/2
Die Produktionskosten der 3 1/2 qrs. auf die zwei ersten Kapitalanlagen sind ebenfalls 3 Pfd. St. per qr. für den Pächter, da er eine Rente von 4 1/2 Pfd. St. zu zahlen hat, bei dem also die Differenz zwischen seinem individuellen Produktionspreis und dem allgemeinen Produktionspreis nicht in seine Tasche fließt. Für ihn also kann der Überschuß des Preises des Produkts der zwei ersten Kapitalanlagen nicht zur Ausgleichung des Defizits bei den Produkten der dritten und vierten Kapitalanlage dienen.
Die 1 1/2 qrs. auf Kapitalanlage 3 kosten dem Pächter, Profit eingerechnet, 6 Pfd. St.; er kann sie aber, beim regulierenden Preis von 3 Pfd. St. per qr., nur für 4 1/2 Pfd. St. verkaufen. Er würde also nicht nur den ganzen Profit verlieren, sondern obendrein 1/2 Pfd. St. oder 10% vom angelegten Kapital von 5 Pfd. St. Der Verlust an Profit und Kapital bei Anlage 3 betrüge für ihn 1 1/2 Pfd. St. und bei Kapitalanlage 4 3 Pfd. St., zusammen 4 1/2 Pfd. St., gerade soviel, wie die Rente für die bessern Kapitalanlagen beträgt, deren individueller Produktionspreis aber ebendeshalb nicht ausgleichend eingehn kann in den individuellen Durchschnittsproduktionspreis des Gesamtprodukts von B, weil sein Überschuß als Rente an einen Dritten fortgezahlt ist.
Wäre es für den Bedarf nötig, die zuschüssigen 1 1/2 qrs. durch die dritte Kapitalanlage zu produzieren, so müßte der regulierende Marktpreis auf 4 Pfd. St. per qr. steigen. Infolge dieser Verteurung des regulierenden Marktpreises würde die Rente auf B für die erste und zweite Kapitalanlage steigen und auf A eine Rente gebildet werden.
Obgleich also die Differentialrente nur formelle Verwandlung von Surplusprofit in Rente ist, das Grundeigentum hier den Eigentümer nur befähigt, den Surplusprofit vom Pächter auf sich zu übertragen, zeigt sich doch, daß die sukzessive Anlage von Kapital auf dieselbe Bodenstrecke, oder was dasselbe, die Vermehrung des auf derselben Bodenstrecke angelegten Kapitals, bei abnehmender Rate der Produktivität des Kapitals und gleichbleibendem regulierenden Preis, viel eher seine Grenze findet, in der Tat also mehr oder weniger eine künstliche Schranke findet infolge der bloß formellen Verwandlung von Surplusprofit in Grundrente, welche Folge des Grundeigentums ist. Das Steigen des allgemeinen Produktionspreises, das hier bei engerer Grenze als sonst nötig wird, ist hier also nicht nur Grund des Steigens der Differentialrente, sondern die Existenz der Differentialrente als Rente ist zugleich Grund des frühern und raschern Steigens des allgemeinen Produktionspreises, um dadurch die Zufuhr des nötig gewordnen vermehrten Produkts zu sichern.
Es ist ferner zu bemerken:
Durch Zuschuß von Kapital auf Boden B könnte der regulierende Preis nicht, wie oben, auf 4 Pfd. St. steigen, wenn Boden A durch zweite Kapitalanlage das zuschüssige Produkt unter 4 Pfd. St. lieferte oder wenn neuerer schlechterer Boden als A in Konkurrenz käme, dessen Produktionspreis zwar über 3, aber unter 4 Pfd. St. wäre. Man sieht so, wie Differentialrente I und Differentialrente II, während die erste Basis der zweiten ist, zugleich Grenzen füreinander bilden, wodurch bald sukzessive Anlage von Kapital auf derselben Bodenstrecke, bald Nebeneinanderanlage von Kapital auf neuem zusätzlichem Boden bedingt wird. Ebenso wirken sie als Grenzen füreinander in andern Fällen, wo z.B. besserer Boden an die Reihe kommt.
44. Differentialrente auch auf dem schlechtesten bebauten Boden
Gesetzt, die Nachfrage nach Korn sei steigend und die Zufuhr könne nur befriedigt werden durch sukzessive Kapitalanlagen mit Unterproduktivität auf den Rente tragenden Ländereien oder durch zusätzliche Kapitalanlage, ebenfalls mit abnehmender Produktivität, auf Boden A oder durch Kapitalanlage auf neuen Ländereien von geringrer Qualität als A.
Nehmen wir als Repräsentanten der Rente tragenden Ländereien den Boden B.
Die zuschüssige Kapitalanlage verlangt ein Steigen des Marktpreises über den bisherigen regulierenden Produktionspreis von 3 Pfd. St. per qr., um die Mehrproduktion von 1 qr. (das hier eine Million qrs. darstellen mag, wie jeder Acre eine Million Acres) auf B zu ermöglichen. Auf C und D etc., den Bodenarten höchster Rente, mag dann auch Mehrprodukt stattfinden, aber nur mit abnehmender Surplusproduktivkraft; das eine qr. von B ist jedoch als notwendig vorausgesetzt, um die Nachfrage zu decken. Kann dies eine qr. wohlfeiler durch Kapitalzuschuß auf B produziert werden, als bei gleichem Kapitalzuschuß auf A oder durch Herabsteigen zum Boden A-1, der z.B. das qr. nur zu 4 Pfd. St. produzieren kann, während das Zuschußkapital auf A schon zu 3 3/4 Pfd. St. per qr. produzieren könnte, so würde das Zuschußkapital auf B den Marktpreis regulieren.
A habe wie bisher 1 qr. zu 3 Pfd. St. produziert. B ebenfalls wie bisher zusammen 3 1/2 qrs. zum individuellen Produktionspreis von zusammen 6 Pfd. St. Ist nun auf B ein Zuschuß von 4 Pfd. St. Produktionskosten (inkl. Profit) nötig, um ein ferneres qr. zu produzieren, während es auf A zu 3 3/4 Pfd. St. produziert werden könnte, so würde es selbstverständlich auf A, nicht auf B produziert werden. Nehmen wir also an, es könne auf B mit 3 1/2 Pfd. St. zuschüssigen Produktionskosten hergestellt werden. In diesem Fall würde 3 1/2 Pfd. St. der regulierende Preis für die gesamte Produktion. B würde nun sein Produkt, von jetzt 4 1/2 qrs., verkaufen zu 15 3/4 Pfd. St. Davon gingen ab die Produktionskosten der ersten 3 1/2 qrs. mit 6 Pfd. St. und die des letzten qr. mit 3 1/2 Pfd. St., zusammen 9 1/2. Bleibt Surplusprofit für Rente = 6 1/4 Pfd. St. gegen früher nur 4 1/2 Pfd. St. In diesem Fall würde der Acre A ebenfalls eine Rente von 1/2 Pfd. St. abwerfen; aber nicht der schlechteste Boden A, sondern der beßre Boden B würde den Produktionspreis von 3 1/2 Pfd. St. regulieren. Es ist dabei natürlich unterstellt, daß neuer Boden der Bonität A von derselben günstigen Lage, wie der bisher bebaute, nicht zugänglich ist, sondern eine zweite Kapitalanlage auf die schon bebaute Strecke A, aber zu größern Produktionskosten, oder Heranziehung noch geringern Bodens A-1 nötig wäre. Sobald durch sukzessive Kapitalanlagen die Differentialrente II in Wirksamkeit tritt, können die Grenzen des steigenden Produktionspreises durch bessern Boden reguliert sein, und der schlechteste Boden, die Basis der Differentialrente I, kann dann ebenfalls Rente tragen. So würden dann bei bloßer Differentialrente alle bebauten Ländereien Rente tragen. Wir hätten dann folgende zwei Aufstellungen, wo unter Produktionskosten die Summe des vorgeschoßnen Kapitals plus 20% Profit verstanden ist, also auf je 2 1/2 Pfd. St. Kapital 1/2 Pfd. St. Profit, zusammen 3 Pfd. St.
Bodenart Acres Produk— Produkt Verkaufs Geld— Korn— Geld— tions— preis ertrag rente rente kosten Pfd. St. qrs. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. ———————————————————————————————————————————————————————————————————————————— A 1 3 1 3 3 0 0 B 1 6 3 1/2 3 10 1/2 1 1/2 4 1/2 C 1 6 5 1/2 3 16 1/2 3 1/2 10 1/2 D 1 6 7 1/2 3 22 1/2 5 1/2 16 1/2 ———————————————————————————————————————————————————————————————————————————— Total 4 21 17 1/2 52 1/2 10 1/2 31 1/2
Dies ist der Stand der Dinge vor der neuen Kapitalanlage von 31/2 Pfd. St. auf B, die nur 1 qr. liefert. Nach dieser Kapitalanlage stellt sich die Sache wie folgt:
Bodenart Acres Produk— Produkt Verkaufs Geld— Korn— Geld— tions— preis ertrag rente rente kosten Pfd. St. qrs. Pfd. St. Pfd. St. qrs. Pfd. St. —————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— A 1 3 1 3 1/2 3 1/2 1/7 1/2 B 1 9 1/2 4 1/2 3 1/2 15 3/4 1 11/14 6 1/4 C 1 6 5 1/2 3 1/2 19 1/4 3 11/14 13 1/4 D 1 6 7 1/2 3 1/2 26 1/4 5 11/14 20 1/4 —————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— Total 4 24 1/2 18 1/2 64 3/4 11 1/2 40 1/4
〈Dies ist wieder nicht ganz richtig gerechnet. Dem Pächter von B kosten die 4 1/2 qrs. erstens an Produktionskosten 9 1/2 Pfd. St. und zweitens an Rente 4 1/2 Pfd. St., zusammen 14 Pfd. St.; Durchschnitt per qr. = 3 1/9 Pfd. St. Dieser Durchschnittspreis seiner Gesamtproduktion wird hiermit der regulierende Marktpreis. Danach würde die Rente auf A 1/9 Pfd. St. statt 1/2 Pfd. St. betragen, und die auf B würde bleiben 4 1/2 Pfd. St. wie bisher: 4 1/2 qrs. à 3 1/9 Pfd. St. = 14 Pfd. St., davon ab 9 1/2 Pfd. St. Produktionskosten, bleiben 4 1/2 Pfd. St. für Surplusprofit. Man sieht: trotz der zu ändernden Zahlen zeigt das Beispiel, wie vermittelst Differentialrente II der bessere, schon Rente tragende Boden den Preis regulieren und dadurch aller Boden, auch der bisher rentelose, in rentetragenden verwandelt werden kann. – F.E.}
Die Kornrente muß steigen, sobald der regulierende Produktionspreis des Korns steigt, sobald also das qr. Korn auf dem regulierenden Boden oder die regulierende Kapitalanlage auf einer der Bodenarten steigt. Es ist dasselbe, als wären alle Bodenarten unfruchtbarer geworden und produzierten z.B. mit 2 1/2 Pfd. St. neuer Kapitalanlage alle nur 5/7 qr. statt 1 qr. Was sie mit derselben Kapitalanlage an Korn mehr produzieren, verwandelt sich in Surplusprodukt, worin sich der Surplusprofit und daher die Rente darstellt. Gesetzt, die Profitrate bliebe dieselbe, so kann der Pächter mit seinem Profit weniger Korn kaufen. Die Profitrate kann dieselbe bleiben, wenn der Arbeitslohn nicht steigt, entweder weil er auf das physische Minimum, also unter den normalen Wert der Arbeitskraft heruntergedrückt wird; oder weil die andern, von der Manufaktur gelieferten Gegenstände des Arbeiterkonsums verhältnismäßig wohlfeiler geworden sind; oder weil der Arbeitstag verlängert oder intensiver geworden ist und daher die Profitrate in den nicht agrikolen Produktionszweigen, die aber den agrikolen Profit reguliert, gleichgeblieben, wenn nicht gestiegen ist; oder aber, weil bei der Agrikultur zwar dasselbe Kapital ausgelegt ist, aber mehr konstantes und weniger variables.
Wir haben nun die erste Weise betrachtet, worin auf dem bisher schlechtesten Boden A Rente entstehn kann, ohne daß noch schlechtrer Boden in Bebauung gezogen wird; nämlich durch die Differenz seines individuellen, bisher regulierenden Produktionspreises gegen den neuen, höhern Produktionspreis, wozu das letzte zuschüssige Kapital mit Unterproduktivkraft auf besserm Boden das nötige Zuschußprodukt liefert.
Hätte das zuschüssige Produkt von Boden A-1 geliefert werden müssen, der das qr. nur zu 4 Pfd. St. liefern kann, so wäre die Rente per Acre auf A auf 1 Pfd. St. gestiegen. Aber in diesem Fall wäre A-1 als der schlechteste kultivierte Boden an die Stelle von A und dieser als unterstes Glied in die Reihe der Rente tragenden Bodenarten gerückt. Die Differentialrente I hätte sich geändert. Dieser Fall liegt also außerhalb der Betrachtung der Differentialrente II, die aus verschiedner Produktivität sukzessiver Kapitalanlagen auf derselben Bodenstrecke entspringt.
Es kann aber außerdem noch in doppelter Weise Differentialrente auf Boden A entstehn.
Bei gleichbleibendem Preis – irgendeinem gegebnen Preis, der selbst ein gefallner sein kann, verglichen mit frühern –, wenn die zusätzliche Kapitalanlage Surplusproduktivität erzeugt, was prima facie bis zu einem gewissen Punkt gerade beim schlechtesten Boden immer der Fall sein muß.
Zweitens aber, wenn umgekehrt die Produktivität der sukzessiven Kapitalanlagen auf Boden A abnimmt.
Beidemal ist vorausgesetzt, daß die vermehrte Produktion durch den Stand der Nachfrage erheischt ist.
Aber es bietet sich hier, vom Standpunkt der Differentialrente aus, eine eigentümliche Schwierigkeit dar wegen des früher entwickelten Gesetzes, daß es immer der individuelle Durchschnittsproduktionspreis des qr. auf die Gesamtproduktion (oder die Gesamtauslage von Kapital) ist, der bestimmt. Bei dem Boden A aber ist nicht, wie bei den bessern Bodenarten, ein Produktionspreis außer ihm gegeben, der für neue Kapitalanlagen die Ausgleichung des individuellen mit dem allgemeinen Produktionspreis beschränkt. Denn der individuelle Produktionspreis von A ist ja grade der allgemeine Produktionspreis, der den Marktpreis reguliert.
Nimm an:
1. Bei steigender Produktivkraft der sukzessiven Kapitalanlagen können auf 1 Acre von A mit 5 Pfd. St. Kapitalvorschuß, entsprechend 6 Pfd. St. Produktionskosten, statt 2 qrs. 3 produziert werden. Die erste Kapitalanlage von 2 1/2 Pfd. St. liefert 1 qr., die zweite 2 qrs. In diesem Fall geben 6 Pfd. St. Produktionskosten 3 qrs., der qr. wird also durchschnittlich 2 Pfd. St. kosten; werden also die 3 qrs. zu 2 Pfd. St. verkauft, so trägt A nach wie vor keine Rente, sondern es hat sich nur die Basis der Differentialrente II verändert. 2 Pfd. St. ist der regulierende Produktionspreis geworden statt 3 Pfd. St.; ein Kapital von 2 1/2 Pfd. St. produziert jetzt durchschnittlich auf dem schlechtesten Boden 1 1/2 statt 1 qr., und dies ist nun die offizielle Fruchtbarkeit für alle höhern Bodenarten bei Anlage von 2 1/2 Pfd. St. Ein Teil ihres bisherigen Surplusprodukts geht von nun an ein in die Bildung ihres notwendigen Produkts wie ein Teil ihres Surplusprofits in die Bildung des Durchschnittsprofits.
Wird dagegen gerechnet wie auf den bessern Bodenarten, wo die Durchschnittsrechnung nichts ändert am absoluten Surplus, weil für sie der allgemeine Produktionspreis als Schranke der Kapitalanlage gegeben ist, so kostet das qr. der ersten Kapitalanlage 3 Pfd. St. und die 2 qrs. der zweiten jedes nur 1 1/2 Pfd. St. Es würde also eine Kornrente von 1 qr. und eine Geldrente von 3 Pfd. St. auf A entstehn, die 3 qrs. aber zum alten Preise zu zusammen 9 Pfd. St. verkauft werden. Erfolgte eine dritte Kapitalanlage von 2 1/2 Pfd. St. mit gleichbleibender Fruchtbarkeit wie die zweite, so würden nun zusammen 5 qrs. mit 9 Pfd. St. Produktionskosten produziert. Bliebe der individuelle Durchschnittsproduktionspreis von A regulierend, so müßte das qr. nun zu 1 4/5 Pfd. St. verkauft werden. Der Durchschnittspreis wäre wieder gefallen, nicht durch neues Steigen der Fruchtbarkeit der dritten Kapitalanlage, sondern nur durch Zusätze einer neuen Kapitalanlage mit derselben zuschüssigen Fruchtbarkeit wie die zweite. Statt wie auf den Rente tragenden Bodenarten die Rente zu erhöhen, würden die sukzessiven Kapitalanlagen von höherer aber gleichbleibender Fruchtbarkeit auf Boden A den Produktionspreis, und damit bei sonst gleichbleibenden Umständen die Differentialrente auf allen andern Bodenarten proportionell senken. Bliebe dagegen die erste Kapitalanlage, die 1 qr. zu 3 Pfd. St. Produktionskosten produziert, für sich maßgebend, so würden die 5 qrs. zu 15 Pfd. St. verkauft, und die Differentialrente der spätern Kapitalanlagen auf Boden A betrüge 6 Pfd. St. Der Zusatz von Mehrkapital auf den Acre von A, in welcher Form immer appliziert, wäre hier eine Verbesserung, und das zusätzliche Kapital hätte auch den ursprünglichen Kapitalteil produktiver gemacht. Es wäre Unsinn zu sagen, 1/3 des Kapitals hätte 1 qr. und die übrigen 2/3 hätten 4 qrs. produziert. 9 Pfd. St. per Acre würden immer 5 qrs. produzieren, während 3 Pfd. St. nur 1 qr. produzieren würden. Ob oder ob nicht hier eine Rente entstände, ein Surplusprofit, wäre ganz von Umständen abhängig. Normal müßte der regulierende Produktionspreis fallen. Dies wird der Fall sein, wenn diese verbesserte, aber mit mehr Kosten verknüpfte Bebauung auf Boden A nur stattfindet, weil auch auf den bessern Bodenarten – also allgemeine Revolution in der Agrikultur; so daß jetzt, wenn von der natürlichen Fruchtbarkeit des Bodens A die Rede ist, unterstellt wird, daß er mit 6 resp. 9 Pfd. St. statt mit 3 Pfd. St. bestellt wird. Namentlich gälte dies, wenn die Mehrzahl der bebauten Acres des Bodens A, welche die Masse der Zufuhr dieses Landes liefern, dieser neuen Methode unterworfen würden. Wenn aber die Verbesserung zunächst nur einen geringen Teil der Fläche von A ergriffe, so würde dieser besser bebaute Teil einen Surplusprofit liefern, den der Grundbesitzer rasch bei der Hand wäre, ganz oder zum Teil in Rente zu verwandeln und als Rente zu fixieren. So könnte, wenn die Nachfrage Schritt hielte mit der wachsenden Zufuhr, im Maß wie der Boden A seiner ganzen Fläche nach allmählich der neuen Methode unterworfen würde, sich nach und nach Rente bilden auf allem Boden der Qualität A und die Surplusproduktivität ganz oder teilweise, je nach den Marktverhältnissen, konfisziert werden. Die Ausgleichung des Produktionspreises von A zum Durchschnittspreis seines Produkts bei vermehrter Kapitalauslage könnte so verhindert werden durch die Fixierung des Surplusprofits dieser vermehrten Kapitalauslage in Form von Rente. In diesem Fall wäre es wieder, wie wir das früher auf den bessern Ländereien bei abnehmender Produktivkraft der Zusatzkapitale gesehn, die Verwandlung des Surplusprofits in Grundrente, d.h. das Dazwischentreten des Grundeigentums, welches den Produktionspreis erhöhen würde, statt daß die Differentialrente bloß Folge der Differenzen zwischen individuellem und allgemeinem Produktionspreis wäre. Es würde für Boden A das Zusammenfallen beider Preise, weil die Regelung des Produktionspreises durch den durchschnittlichen Produktionspreis von A, verhindern; es würde also einen höhern Produktionspreis als den nötigen aufrechthalten und dadurch Rente schaffen. Selbst bei freier Korneinfuhr vom Ausland könnte dasselbe Resultat hervorgebracht werden oder fortbestehn, indem die Pächter gezwungen würden, den Boden, der bei dem von außen bestimmten Produktionspreis im Kornbau konkurrieren könnte, ohne Rente zu tragen, einer andren Bestimmung zuzuwenden, z.B. der Viehweide, und daher nur Rente tragende Ländereien dem Kornbau unterworfen würden, d.h. nur Ländereien, deren individueller durchschnittlicher Produktionspreis per qr. niedriger wäre als der von außen bestimmte Produktionspreis. Es ist im ganzen anzunehmen, daß im gegebnen Fall der Produktionspreis sinken wird, aber nicht bis auf seinen Durchschnittspreis, sondern höher stehn wird, aber unter dem Produktionspreis des schlechtest bebauten Bodens A, so daß die Konkurrenz von neuem Boden von A beschränkt wird.
2. Bei abnehmender Produktivkraft der Zusatzkapitale. Gesetzt, Boden A-1 könne das zusätzliche qr. nur zu 4 Pfd. St. produzieren, Boden A aber zu 3 3/4, also wohlfeiler, aber um 3/4 Pfd. St. teurer als das durch seine erste Kapitalanlage produzierte qr. In diesem Fall wäre der Gesamtpreis der beiden auf A produzierten qrs. = 6 3/4 Pfd. St.; also der Durchschnittspreis per qr. = 3 3/8 Pfd. St. Der Produktionspreis würde steigen, aber nur um 3/8 Pfd. St., während, wenn das Zusatzkapital auf neuem Boden angelegt würde, der zu 3 3/4 Pfd. St. produzierte, er um weitere 3/8 Pfd. St. bis 3 3/4 Pfd. St. steigen und damit proportionelle Erhöhung aller andern Differentialren ten bewirken würde.
Der Produktionspreis von 3 3/8 Pfd. St. per qr. von A wäre so ausgeglichen zu seinem Durchschnittsproduktionspreis bei vermehrter Kapitalanlage und wäre regulierend; er würde also keine Rente abwerfen, weil keinen Surplusprofit.
Würde aber dies von der zweiten Kapitalanlage produzierte qr. zu 3 3/4 Pfd. St. verkauft, so würfe jetzt der Boden A eine Rente von 3/4 Pfd. St. ab, und zwar auch auf alle Acres von A, worauf keine zuschüssige Kapitalanlage stattgefunden, die also nach wie vor das qr. zu 3 Pfd. St. produzierten. Solange noch unbebaute Strecken von A existieren, könnte der Preis nur temporär auf 3 3/4 Pfd. St. steigen. Die Mitbewerbung neuer Strecken von A würde den Produktionspreis auf 3 Pfd. St. halten, bis aller Boden von A erschöpft wäre, dessen günstige Lage ihm erlaubt, das qr. wohlfeiler als 3 3/4 Pfd. St. zu produzieren. Dies wäre also anzunehmen, obgleich der Grundeigentümer, wenn ein Acre des Bodens Rente trägt, keinen andern rentefrei einem Pächter überlassen wird.
Es hinge wieder von der größern oder geringern Verallgemeinerung der zweiten Kapitalanlage auf dem vorhandnen Boden A ab, ob der Produktionspreis zum Durchschnittspreis ausgeglichen oder der individuelle Produktionspreis der zweiten Kapitalanlage mit 3 3/4 Pfd. St. regulierend wird. Das letztre ist nur der Fall, sobald der Grundbesitzer Zeit gewinnt, den Surplusprofit, der bis zur Befriedigung der Nachfrage beim Preis von 3 3/4 Pfd. St. per qr. gemacht würde, als Rente zu fixieren.
Über die abnehmende Produktivität des Bodens bei sukzessiven Kapitalanlagen ist Liebig nachzusehn. Man hat gesehn, daß die sukzessive Abnahme der Surplusproduktivkraft der Kapitalanlagen die Rente per Acre bei gleichbleibendem Produktionspreis stets vermehrt und daß sie dies selbst bei fallendem tun kann.
Allgemein aber ist dies zu bemerken:
Vom Standpunkt der kapitalistischen Produktionsweise findet stets relative Verteuerung der Produkte statt, wenn, um dasselbe Produkt zu erhalten, eine Auslage gemacht, etwas bezahlt werden muß, was früher nicht bezahlt wurde. Denn unter Ersatz des in der Produktion aufgezehrten Kapitals ist nur der Ersatz von Werten zu verstehn, die sich in bestimmten Produktionsmitteln darstellten. Naturelemente, die in die Produktion als Agentien eingehn, ohne zu kosten, welche Rolle sie immer in der Produktion spielen mögen, gehn nicht als Bestandteile des Kapitals in sie ein, sondern als Gratisnaturkraft des Kapitals, d.h. als eine Gratisnaturproduktivkraft der Arbeit, die sich aber auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise, wie alle Produktivkraft, als Produktivkraft des Kapitals darstellt. Wenn also eine solche Naturkraft, die ursprünglich nichts kostet, in die Produktion eingeht, so zählt sie nicht mit bei der Preisbestimmung, solange das mit ihrer Hilfe gelieferte Produkt für den Bedarf ausreicht. Muß aber im Fortgang der Entwicklung ein größeres Produkt geliefert werden, als mit Hilfe dieser Naturkraft hergestellt werden kann, muß also dies zusätzliche Produkt ohne Hilfe dieser Naturkraft oder unter Beihilfe von menschlichem Zutun, menschlicher Arbeit erzeugt werden, so geht ein neues zusätzliches Element in das Kapital ein. Es findet also relativ mehr Kapitalauslage statt, um dasselbe Produkt zu erhalten. Alle andren Umstände gleichbleibend, findet Verteurung der Produktion statt.
〈Aus einem Heft, »Begonnen Mitte Februar 1876«.}
Differentialrente und Rente als bloßer Zins des dem Boden einverleibten Kapitals.
Die sog. ständigen Meliorationen – welche die physikalische, zum Teil auch chemische Beschaffenheit des Bodens verändern durch Operationen, die Kapitalauslage kosten und als Einverleibung des Kapitals in den Boden betrachtet werden können – kommen fast alle darauf hinaus, einem bestimmten Bodenstück, dem Boden an einem bestimmten, beschränkten Platz, Eigenschaften zu geben, die andrer Boden, an andrem Platz und oft ganz in der Nähe, von Natur besitzt. Ein Boden ist von Natur nivelliert, der andre muß nivelliert werden; der eine besitzt natürlichen Wasserabfluß, der andre bedarf künstlicher Dränierung; der eine besitzt von Natur eine tiefe Ackerkrume, bei dem andren muß sie künstlich vertieft werden; ein Tonboden ist von Natur mit dem zusagenden Quantum Sand gemischt, bei einem andern muß dies Verhältnis erst geschaffen werden; die eine Wiese wird von Natur berieselt oder überschlammt, die andre muß es werden durch Arbeit, oder in der Sprache der bürgerlichen Ökonomie, durch Kapital.
Es ist nun eine wahrhaft erheiternde Theorie, daß hier bei dem einen Boden, dessen komparative Vorteile erworben sind, die Rente Zins ist, bei dem andren aber, der von Natur diese Vorteile besitzt, nicht. (In der Tat wird die Sache aber in der Ausführung dahin verdreht, daß, weil in dem einen Fall die Rente wirklich mit Zins zusammenfällt, sie auch in den andren Fällen, wo dies positiv nicht der Fall ist, Zins genannt, in Zins umgelogen werden muß.) Der Boden trägt aber nach der gemachten Kapitalanlage die Rente, nicht weil Kapital auf ihm angelegt worden ist, sondern weil die Kapitalanlage den Boden zu einem gegen früher produktiveren Anlagefeld gemacht hat. Gesetzt, aller Boden eines Landes bedürfe dieser Kapitalanlage; so muß jedes Bodenstück, dem sie noch nicht zuteil geworden, durch dies Stadium erst durchpassieren, und die Rente (der Zins, den er abwirft im gegebnen Fall), die der schon mit Kapitalanlage versehene Boden trägt, ist ebensogut eine Differentialrente, als ob er von Natur diesen Vorzug besäße und der andre Boden ihn erst künstlich erwerben müßte.
Auch diese in Zins auflösliche Rente wird zur reinen Differentialrente, sobald das ausgelegte Kapital amortisiert ist. Dasselbe Kapital müßte sonst als Kapital doppelt existieren.
Es ist eine der heitersten Erscheinungen, daß alle die Gegner Ricardos, die die Bestimmung des Werts ausschließlich durch die Arbeit bekämpfen, gegenüber der aus Bodenunterschieden hervorgehenden Differentialrente geltend machen, daß hier die Natur statt der Arbeit wertbestimmend gemacht werde; zugleich aber diese Bestimmung der Lage vindizieren oder auch, und noch mehr, dem Zins des bei der Bearbeitung in den Boden gesteckten Kapitals. Dieselbe Arbeit bringt denselben Wert hervor für das in einer gegebnen Zeit geschaffne Produkt; die Größe aber oder das Quantum dieses Produkts, also auch der Wertteil, der auf einen aliquoten Teil dieses Produkts fällt, hängt bei gegebner Quantität der Arbeit einzig vom Quantum des Produkts ab und dies wieder von der Produktivität des gegebnen Quantums Arbeit, nicht von der Größe dieses Quantums. Ob diese Produktivität der Natur oder Gesellschaft geschuldet ist, ist ganz gleichgültig. Nur in dem Fall, wo sie selbst Arbeit, also Kapital kostet, vermehrt sie die Produktionskosten um einen neuen Bestandteil, was bei der bloßen Natur nicht der Fall ist.
45. Die absolute Grundrente
Bei Analyse der Differentialrente wurde ausgegangen von der Voraussetzung, daß der schlechteste Boden keine Grundrente zahlt oder, um es allgemeiner auszudrücken, daß nur der Boden Grundrente zahlt, für dessen Produkt der individuelle Produktionspreis unter dem den Markt regulierenden Produktionspreis steht, so daß in dieser Weise ein Surplusprofit entspringt, der sich in Rente verwandelt. Zunächst ist zu bemerken, daß das Gesetz der Differentialrente, als Differentialrente, von der Richtigkeit oder Unrichtigkeit jener Voraussetzung durchaus unabhängig ist.
Nennen wir den allgemeinen, den Markt regulierenden Produktionspreis P, so fällt P für das Produkt der schlechtesten Bodenart A mit ihrem individuellen Produktionspreis zusammen; d.h. es zahlt der Preis das in der Produktion verzehrte konstante und variable Kapital plus dem Durchschnittsprofit (= Unternehmergewinn plus Zins).
Die Rente ist hier gleich Null. Der individuelle Produktionspreis der nächstbessern Bodenart B ist = P', und P › P'; d.h. P zahlt mehr als den wirklichen Produktionspreis des Produkts der Bodenklasse B. Es sei nun P – P' = d; d, der Überschuß von P über P', ist daher der Surplusprofit, den der Pächter dieser Klasse B macht. Dies d verwandelt sich in Rente, die dem Grundeigentümer zu zahlen ist. Für die dritte Bodenklasse C sei P'' der wirkliche Produktionspreis, und P – P'' = 2d; so verwandelt sich dies 2d in Rente; ebenso für die vierte Klasse D der individuelle Produktionspreis P''', und P – P''' = 3d, das sich in Grundrente verwandelt usw. Gesetzt nun, für die Bodenklasse A sei die Voraussetzung falsch, daß die Rente = 0 und daher der Preis ihres Produkts = P + 0. Sie zahle vielmehr auch eine Rente = r. In diesem Falle folgt zweierlei.
Erstens: der Preis des Bodenprodukts der Klasse A wäre nicht reguliert durch seinen Produktionspreis, sondern enthielte einen Überschuß über diesen, wäre = P + r. Denn die kapitalistische Produktionsweise in ihrer Normalität vorausgesetzt, also vorausgesetzt, daß der Überschuß r, den der Pächter an den Grundeigentümer zahlt, weder einen Abzug vom Arbeitslohn, noch vom Durchschnittsprofit des Kapitals darstellt, kann er ihn nur dadurch zahlen, daß sein Produkt sich über dem Produktionspreis verkauft, ihm also einen Surplusprofit abwerfen würde, hätte er nicht diesen Überschuß in der Form der Rente an den Grundeigentümer abzutreten. Der regulierende Marktpreis des gesamten, auf dem Markt befindlichen Produkts aller Bodenarten wäre dann nicht der Produktionspreis, den das Kapital überhaupt in allen Produktionssphären abwirft, d.h. ein Preis gleich den Auslagen plus dem Durchschnittsprofit, sondern er wäre der Produktionspreis plus der Rente, P + r, nicht P. Denn der Preis des Bodenprodukts der Klasse A drückt überhaupt die Grenze des regulierenden allgemeinen Marktpreises aus, des Preises, zu dem das Gesamtprodukt geliefert werden kann, und reguliert sofern den Preis dieses Gesamtprodukts.
Dennoch wäre aber zweitens in diesem Fall, obgleich der allgemeine Preis des Bodenprodukts wesentlich modifiziert würde, das Gesetz der Differentialrente in keiner Weise hierdurch aufgehoben. Denn wenn der Preis des Produkts der Klasse A, und damit der allgemeine Marktpreis, = P + r, so wäre der Preis der Klassen B, C, D etc. ebenfalls = P + r. Aber da für Klasse B P – P' = d, so wäre (P + r) – (P' + r) ebenfalls = d, und für C P – P'' = (P + r) – (P'' + r) = 2d, wie endlich für D P – P''' = (P + r) – (P''' + r) = 3d usw. Die Differentialrente wäre also nach wie vor dieselbe und wäre durch dasselbe Gesetz geregelt, obgleich die Rente ein von diesem Gesetz unabhängiges Element enthielte und gleichzeitig mit dem Preis des Bodenprodukts einen allgemeinen Zuwachs erführe. Es folgt daher, daß, wie es sich immer mit der Rente der unfruchtbarsten Bodenarten verhalten mag, das Gesetz der Differentialrente nicht nur davon unabhängig ist, sondern auch die einzige Weise, die Differentialrente selbst ihrem Charakter gemäß aufzufassen, darin besteht, die Rente der Bodenklasse A = 0 zu setzen. Ob diese nämlich = 0 oder ›03.09.2004 0, ist gleichgültig, soweit die Differentialrente in Betracht kommt, und kommt in der Tat nicht in Rechnung.
Das Gesetz der Differentialrente ist also von dem Ergebnis der folgenden Untersuchung unabhängig.
Fragt man nun weiter nach der Grundlage der Voraussetzung, daß das Produkt der schlechtesten Bodenart A keine Rente zahlt, so lautet die Antwort notwendig so: Wenn der Marktpreis des Bodenprodukts, sage des Getreides, eine solche Höhe erreicht hat, daß ein zusätzlicher Vorschuß von Kapital, in der Bodenklasse A angelegt, den gewöhnlichen Produktionspreis zahlt, also dem Kapital den gewöhnlichen Durchschnittsprofit abwirft, so genügt diese Bedingung für Anlage des Zusatzkapitals auf der Bodenklasse A. D.h. diese Bedingung genügt dem Kapitalisten, um neues Kapital mit dem gewöhnlichen Profit anzulegen und in der normalen Weise zu verwerten.
Es ist hier zu bemerken, daß auch in diesem Fall der Marktpreis höher stehn muß als der Produktionspreis von A. Denn sobald die zusätzliche Zufuhr geschaffen, ist offenbar das Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr verändert. Früher war die Zufuhr ungenügend, jetzt ist sie genügend. Der Preis muß also fallen. Umfallen zu können, muß er höher gestanden haben als der Produktionspreis von A. Aber der unfruchtbarere Charakter der neu in Bebauung getretnen Klasse A bewirkt, daß er nicht wieder so niedrig fällt, als zur Zeit, wo der Produktionspreis von Klasse B den Markt regulierte. Der Produktionspreis von A bildet die Grenze, nicht für das temporäre, sondern für das relativ permanente Steigen des Marktpreises. – Ist dagegen der neu in Bebauung gesetzte Boden fruchtbarer als die bisher regulierende Klasse A und dennoch nur hinreichend zur Deckung der zusätzlichen Nachfrage, so bleibt der Marktpreis unverändert. Die Untersuchung, ob die unterste Bodenklasse eine Rente zahlt, fällt aber auch in diesem Fall mit der hier zu führenden zusammen, denn auch hier würde die Voraussetzung, daß die Bodenklasse A keine Rente zahlt, daraus erklärt werden, daß der Marktpreis dem kapitalistischen Pächter genügt, um mit diesem Preise exakt das aufgewandte Kapital plus dem Durchschnittsprofit zu decken; kurz, daß der Marktpreis ihm den Produktionspreis seiner Ware liefert.
Jedenfalls kann der kapitalistische Pächter die Bodenklasse A unter diesen Verhältnissen bebauen, soweit er als Kapitalist zu entscheiden hat. Die Bedingung für die normale Verwertung von Kapital auf der Bodenart A ist nun vorhanden. Aus der Prämisse aber, daß das Kapital jetzt vom Pächter, den durchschnittlichen Verwertungsverhältnissen des Kapitals gemäß, auf Bodenart A angelegt werden könnte, wenn er auch keine Rente zu zahlen hätte, folgt keineswegs der Schluß, daß dieser zur Klasse A gehörige Boden nun dem Pächter ohne weiteres zur Verfügung steht. Der Umstand, daß der Pächter sein Kapital zum gewöhnlichen Profit verwerten könnte, wenn er keine Rente zahlt, ist durchaus kein Grund für den Grundeigentümer, daß er seinen Boden dem Pächter umsonst leiht und diesem Geschäftsfreund gegenüber so philanthropisch ist, den crédit gratuit einzuführen. Was eine solche Voraussetzung einschließt, ist die Abstraktion von Grundeigentum, die Aufhebung des Grundeigentums, dessen Existenz gerade eine Schranke für die Anlage von Kapital und für die beliebige Verwertung desselben in Grund und Boden bildet – eine Schranke, die keineswegs fällt vor der bloßen Reflexion des Pächters, daß der Stand der Getreidepreise ihm erlaube, wenn er keine Rente zahlte, d.h. wenn er praktisch das Grundeigentum als nicht existierend behandeln könnte, aus seinem Kapital den gewöhnlichen Profit durch Exploitation der Bodenart A herauszuschlagen. Das Monopol des Grundeigentums, das Grundeigentum als Schranke des Kapitals, ist aber vorausgesetzt in der Differentialrente, denn ohne dasselbe würde der Surplusprofit sich nicht in Grundrente verwandeln und nicht dem Grundeigentümer statt dem Pächter zufallen. Und das Grundeigentum als Schranke bleibt fortbestehn, auch da, wo die Rente als Differentialrente fortfällt, d.h. auf der Bodenart A. Betrachten wir die Fälle, wo in einem Lande kapitalistischer Produktion Kapitalanlage auf Grund und Boden ohne Zahlung von Rente stattfinden kann, so werden wir finden, daß sie alle eine faktische, wenn auch nicht juristische Aufhebung des Grundeigentums einschließen, eine Aufhebung, die aber nur unter ganz bestimmten und ihrer Natur nach zufälligen Umständen stattfinden kann.
Erstens, wenn der Grundeigentümer selbst Kapitalist oder der Kapitalist selbst Grundeigentümer ist. In diesem Fall kann er, sobald der Marktpreis hinreichend gestiegen, um aus dem, was nun Bodenart A ist, den Produktionspreis herauszuschlagen, d.h. Kapitalersatz plus Durchschnittsprofit, sein Grundstück selbst bewirtschaften. Aber warum? Weil ihm gegenüber das Grundeigentum keine Schranke für die Anlegung seines Kapitals bildet. Er kann den Boden als einfaches Naturelement behandeln und sich daher ausschließlich durch die Rücksichten der Verwertung seines Kapitals, durch kapitalistische Rücksichten bestimmen lassen. Solche Fälle kommen in der Praxis vor, aber nur als Ausnahme. Ganz wie die kapitalistische Bebauung des Bodens Trennung des fungierenden Kapitals und des Grundeigentums voraussetzt, schließt sie als Regel Selbstbewirtschaftung des Grundeigentums aus. Man sieht sofort, daß dies rein zufällig ist. Wenn die vermehrte Nachfrage nach Getreide die Bebauung eines größern Umfangs von Bodenart A erheischt, als in den Händen selbstwirtschaftender Eigentümer sich befindet, wenn also ein Teil davon verpachtet werden muß, um überhaupt bebaut zu werden, fällt diese hypothetische AufhebungA53 der Schranke, die das Grundeigentum für die Anlegung des Kapitals bildet, sofort weg. Es ist ein abgeschmackter Widerspruch, von der der kapitalistischen Produktionsweise entsprechenden Scheidung zwischen Kapital und Boden, Pächter und Grundeigentümer auszugehn und dann umgekehrt die Selbstbewirtschaftung der Grundeigentümer bis zu dem Umfang und überall da als Regel vorauszusetzen, wo das Kapital, wenn kein Grundeigentum ihm unabhängig gegenüber existierte, keine Rente aus der Bebauung des Bodens ziehen würde. (Siehe die Stelle bei A. Smith über Bergwerksrente, zitiert weiter unten.) Diese Aufhebung des Grundeigentums ist zufällig. Sie kann eintreten oder nicht.
Zweitens: In dem Komplex einer Pachtung mögen sich einzelne Bodenstrecken befinden, die bei der gegebnen Höhe der Marktpreise keine Rente zahlen, also in der Tat umsonst verliehen sind, aber vom Grundeigentümer nicht so betrachtet werden, weil er das Gesamtrental des verpachteten Bodens, nicht die spezielle Rente seiner einzelnen Bestandstücke ins Auge faßt. In diesem Fall fällt für den Pächter, soweit die rentelosen Bestandstücke der Pachtung in Betracht kommen, das Grundeigentum als Schranke für die Anlegung des Kapitals weg, und zwar durch Vertrag mit dem Grundeigentümer selbst. Aber er zahlt für diese Stücke keine Rente, nur weil er für den Boden, dessen Accessorium sie bilden, Rente zahlt. Es ist hier grade eine Kombination vorausgesetzt, wo zur schlechtern Bodenart A nicht als einem selbständigen, neuen Produktionsfeld Zuflucht genommen werden muß, um die mangelnde Zufuhr zu liefern, sondern wo sie nur ein untrennbares Zwischenstück des bessern Bodens bildet. Der Fall aber, der zu untersuchen ist, ist gerade der, wo Strecken der Bodenart A selbständig bewirtschaftet, also unter den allgemeinen Voraussetzungen der kapitalistischen Produktionsweise selbständig verpachtet werden müssen.
Drittens: Ein Pächter kann zusätzliches Kapital auf derselben Pachtung anlegen, obgleich bei den bestehenden Marktpreisen das so erzielte zusätzliche Produkt ihm nur den Produktionspreis liefert, ihm den gewöhnlichen Profit abwirft, ihn aber nicht zur Zahlung einer zusätzlichen Rente befähigt. Mit einem Teil des im Boden angelegten Kapitals zahlt er so Grundrente, mit dem andern nicht. Wie wenig diese Unterstellung aber das Problem löst, sieht man daraus: wenn der Marktpreis (und zugleich die Fruchtbarkeit des Bodens) ihn befähigt, mit dem zusätzlichen Kapital einen Mehrertrag zu erzielen, der ihm, wie das alte Kapital, außer dem Produktionspreis einen Surplusprofit abwirft, so steckt er diesen während der Dauer des Pachtvertrages selbst ein. Aber warum? Weil, solange der Pachtvertrag dauert, die Schranke des Grundeigentums für die Anlage seines Kapitals im Boden weggefallen ist. Der bloße Umstand jedoch, daß, um ihm diesen Surplusprofit zu sichern, zusätzlicher schlechterer Boden selbständig in Anbruch genommen und selbständig verpachtet werden muß, beweist unwiderleglich, daß die Anlage von Zusatzkapital auf dem alten Boden zur Herstellung der erforderlichen vermehrten Zufuhr nicht ausreicht. Die eine Annahme schließt die andre aus. Man könnte nun zwar sagen: die Rente der schlechtesten Bodenart A ist selbst Differentialrente, verglichen entweder mit dem Boden, der vom Eigentümer selbst bebaut wird (dies kommt jedoch rein als zufällige Ausnahme vor), oder mit der zusätzlichen Kapitalanlage auf den alten Pachtungen, die keine Rente abwerfen. Es wäre dies aber 1. eine Differentialrente, die nicht aus der Verschiedenheit der Fruchtbarkeit der Bodenarten entspränge und daher nicht voraussetzte, daß die Bodenart A keine Rente zahlt und ihr Produkt zum Produk tionspreis verkauft. Und 2. der Umstand, ob zusätzliche Kapitalanlagen auf derselben Pachtung Rente abwerfen oder nicht, ist ganz so gleichgültig für den Umstand, ob der neu zu bestellende Boden der Klasse A Rente zahlt oder nicht, wie es z.B. für die Anlage eines neuen selbständigen Fabrikgeschäfts gleichgültig ist, ob ein andrer Fabrikant desselben Geschäftszweigs einen Teil seines Kapitals in zinstragenden Papieren anlegt, weil er ihn nicht in seinem Geschäft ganz verwerten kann; oder ob er einzelne Erweiterungen macht, die ihm nicht den vollen Profit abwerfen, aber doch mehr als den Zins. Für ihn ist das Nebensache. Die zusätzlichen neuen Etablissements müssen dagegen den Durchschnittsprofit abwerfen und werden unter dieser Erwartung errichtet. Allerdings bilden die zusätzlichen Kapitalanlagen auf den alten Pachtungen und die zusätzliche Bebauung von Neuland der Bodenart A Schranken füreinander. Die Grenze, bis zu der zusätzliches Kapital unter ungünstigeren Produktionsbedingungen auf derselben Pachtung angelegt werden kann, wird gegeben durch die konkurrierenden Neuanlagen auf Bodenklasse A; andrerseits wird die Rente, die diese Bodenklasse abwerfen kann, begrenzt durch die konkurrierenden zusätzlichen Kapitalanlagen auf den alten Pachtungen.
Alle diese falschen Ausflüchte lösen jedoch nicht das Problem, welches einfach hingestellt dieses ist: Gesetzt, der Marktpreis des Getreides (das uns in dieser Untersuchung alles Bodenprodukt vertritt) reiche hin, daß Teile der Bodenklasse A in Anbau genommen werden könnten und daß das auf diesen neuen Feldern angelegte Kapital den Produktionspreis des Produkts herausschlüge, d.h. Kapitalersatz plus Durchschnittsprofit. Gesetzt also, die Bedingungen für die normale Verwertung von Kapital auf Bodenklasse A seien vorhanden. Genügt dies? Kann dies Kapital dann wirklich angelegt werden? Oder muß der Marktpreis so weit steigen, daß auch der schlechteste Boden A eine Rente abwirft? Schreibt also das Monopol des Grundeigentümers der Anlage des Kapitals eine Schranke vor, die vom rein kapitalistischen Standpunkt aus nicht vorhanden wäre ohne die Existenz dieses Monopols? Aus den Bedingungen der Fragestellung selbst geht hervor, daß, wenn z.B. auf den alten Pachtungen zusätzliche Kapitalanlagen existieren, die bei dem gegebnen Marktpreis keine Rente, sondern nur den Durchschnittsprofit abwerfen, dieser Umstand keineswegs die Frage löst, ob nun Kapital auf Bodenklasse A, die ebenfalls den Durchschnittsprofit abwerfen würde, aber keine Rente, nun wirklich angelegt werden kann. Dies ist ja gerade die Frage. Daß die zusätzlichen Kapitalanlagen, die keine Rente abwerfen, nicht den Bedarf befriedigen, ist bewiesen durch die Notwendigkeit der Herbeiziehung des neuen Bodens der Klasse A. Wenn die zusätzliche Bebauung des Bodens A nur stattfindet, soweit dieser Rente abwirft, also mehr als den Produktionspreis, so sind nur zwei Fälle möglich. Entweder der Marktpreis muß so stehn, daß selbst die letzten zusätzlichen Kapitalanlagen auf den alten Pachtungen Surplusprofit abwerfen, werde dieser nun vom Pächter oder vom Grundbesitzer eingesteckt. Diese Steigerung des Preises und dieser Surplusprofit der letzten zusätzlichen Kapitalanlagen wäre dann Folge davon, daß der Boden A nicht bebaut werden kann, ohne Rente abzuwerfen. Denn genügte für eine Bebauung der Produktionspreis, das Abwerfen des bloßen Durchschnittsprofits, so wäre der Preis nicht so weit gestiegen, und die Konkurrenz der neuen Ländereien wäre schon eingetreten, sobald sie bloß diese Produktionspreise abwürfen. Mit den zusätzlichen Kapitalanlagen auf den alten Pachtungen, die keine Rente abwürfen, würden dann Kapitalanlagen auf Boden A konkurrieren, die ebenfalls keine Rente abwürfen. – Oder aber, die letzten Kapitalanlagen auf den alten Pachtungen werfen keine Rente ab, aber dennoch ist der Marktpreis hoch genug gestiegen, daß Boden A in Anbruch genommen werden kann und Rente abwirft. In diesem Fall war die zusätzliche Kapitalanlage, die keine Rente abwirft, nur möglich, weil der Boden A nicht bebaut werden kann, bis der Marktpreis ihm erlaubt, Rente zu zahlen. Ohne diese Bedingung wäre seine Kultur schon bei einem niedrigern Preisstand eingetreten; und jene spätern Kapitalanlagen auf den alten Pachtungen, die den hohen Marktpreis brauchen, um den gewöhnlichen Profit ohne Rente abzuwerfen, hätten nicht stattfinden können. Bei dem hohen Marktpreis werfen sie ja nur den Durchschnittsprofit ab. Bei einem niedrigeren, der mit der Kultur des Bodens A als dessen Produktionspreis regulierend geworden wäre, hätten sie diesen Profit also nicht abgeworfen, hätten also unter der Voraussetzung überhaupt nicht stattgefunden. Die Rente des Bodens A würde so zwar eine Differentialrente bilden, verglichen mit diesen Kapitalanlagen auf den alten Pachtungen, die keine Rente abwerfen. Aber daß die Bodenflächen von A eine solche Differentialrente bilden, ist nur die Folge davon, daß sie überhaupt nicht der Bebauung zugänglich werden, es sei denn, daß sie eine Rente abwerfen; daß also die Notwendigkeit dieser an und für sich durch keine Differenz der Bodenarten bedingten Rente stattfindet und die Schranke bildet für die mögliche Anlage zusätzlicher Kapitale auf den alten Pachtungen. In beiden Fällen wäre die Rente des Bodens A nicht einfache Folge des Steigens der Getreidepreise, sondern umgekehrt: der Umstand, daß der schlechteste Boden Rente abwerfen muß, damit seine Bebauung überhaupt erlaubt wird, wäre die Ursache des Steigens der Getreidepreise bis zu dem Punkt, wo diese Bedingung erfüllt werden kann.
Die Differentialrente hat das Eigentümliche, daß das Grundeigentum hier nur den Surplusprofit abfängt, den sonst der Pächter einstecken würde und unter gewissen Umständen während der Dauer seines Pachtkontrakts wirklich einsteckt. Das Grundeigentum ist hier nur die Ursache der Übertragung eines ohne sein Zutun (vielmehr infolge der Bestimmung des den Marktpreis regulierenden Produktionspreises durch die Konkurrenz) erwachsenden Teils des Warenpreises, der sich in Surplusprofit auflöst – der Übertragung dieses Preisteils von einer Person auf die andre, vom Kapitalisten auf den Grundeigentümer. Aber das Grundeigentum ist hier nicht die Ursache, welche diesen Bestandteil des Preises schafft oder die Preissteigerung, die er voraussetzt. Dagegen, wenn die schlechteste Bodenart A nicht bebaut werden kann – obgleich ihre Bebauung den Produktionspreis abwerfen würde –, bis sie einen Überschuß über diesen Produktionspreis, eine Rente abwirft, so ist das Grundeigentum der schöpferische Grund dieser Preissteigerung. Das Grundeigentum selbst hat Rente erzeugt. Es ändert nichts daran, wenn, wie im zweiten behandelten Fall, die jetzt vom Boden A gezahlte Rente eine Differentialrente bildet, verglichen mit der letzten zusätzlichen Kapitalanlage auf alten Pachtungen, die nur den Produktionspreis zahlt. Denn der Umstand, daß Boden A nicht bebaut werden kann, bis der regulierende Marktpreis hoch genug gestiegen ist, um Abwerfung einer Rente für Boden A zuzulassen – nur dieser Umstand ist hier der Grund, daß der Marktpreis bis zu einem Punkt steigt, der zwar den letzten Kapitalanlagen auf den alten Pachtungen nur ihren Produktionspreis zahlt, aber einen solchen Produktionspreis, der zugleich eine Rente für Boden A abwirft. Daß dieser überhaupt Rente zahlen muß, ist hier die Ursache der Schöpfung der Differentialrente zwischen Boden A und den letzten Kapitalanlagen auf den alten Pachtungen.
Wenn wir überhaupt davon sprechen, daß – unter der Voraussetzung der Regelung des Getreidepreises durch den Produktionspreis – Bodenklasse A keine Rente zahlt, so verstehn wir Rente im kategorischen Sinn des Worts. Zahlt der Pächter ein Pachtgeld, das einen Abzug bildet, sei es vom normalen Lohn seiner Arbeiter, sei es von seinem eignen normalen Durchschnittsprofit, so zahlt er keine Rente, keinen von Arbeitslohn und Profit unterschiednen, selbständigen Bestandteil des Preises seiner Ware. Es ist schon früher bemerkt worden, daß dies in der Praxis beständig vorkommt. Soweit der Lohn der Landarbeiter in einem Land allgemein unter das normale Durchschnittsniveau des Arbeitslohns herabgedrückt wird und daher ein Abzug vom Arbeitslohn, ein Teil des Arbeitslohns allgemein in die Rente eingeht, bildet dies keinen Ausnahmsfall für den Pächter des schlechtesten Bodens. In demselben Produktionspreis, der die Bebauung des schlechtesten Bodens zulässig macht, bildet bereits dieser niedrige Arbeitslohn einen konstituierenden Posten, und der Verkauf des Produkts zum Produktionspreis befähigt den Pächter dieses Bodens daher nicht, eine Rente zu zahlen. Der Grundeigentümer kann seinen Boden auch an einen Arbeiter verpachten, der zufrieden ist, alles oder den größten Teil dessen, was ihm der Verkaufspreis über dem Arbeitslohn gewährt, dem andren in der Form der Rente zu zahlen. In allen diesen Fällen wird jedoch keine wirkliche Rente gezahlt, obgleich Pachtgeld gezahlt wird. Wo aber der kapitalistischen Produktionsweise entsprechende Verhältnisse existieren, müssen Rente und Pachtgeld zusammenfallen. Es ist aber gerade dies normale Verhältnis, das hier zu untersuchen ist.
Wenn schon die oben betrachteten Fälle, worin wirklich, innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise, Kapitalanlagen auf dem Boden stattfinden können, ohne Rente abzuwerfen, nichts entscheiden für unser Problem, so noch viel weniger die Verweisung auf Kolonialverhältnisse. Was die Kolonie zur Kolonie macht – wir sprechen hier nur von eigentlichen ackerbauenden Kolonien –, ist nicht nur die Masse der im Naturzustand befindlichen fruchtbaren Ländereien. Es ist vielmehr der Umstand, daß diese Ländereien nicht angeeignet, nicht unter das Grundeigentum subsumiert sind. Es ist dies, was den ungeheuren Unterschied macht zwischen den alten Ländern und den Kolonien, soweit der Boden in Betracht kommt: Die legale oder faktische Nichtexistenz des Grundeigentums, wie Wakefield128 richtig bemerkt, und schon lange vor ihm Mirabeau père, der Physiokrat, und andre ältre Ökonomen entdeckt hatten. Es ist hier ganz gleichgültig, ob die Kolonisten ohne weiteres den Boden sich aneignen oder ob sie dem Staat unter dem Titel eines nominellen Bodenpreises in der Tat nur eine Gebühr für einen gültigen Rechtstitel auf den Boden zahlen. Es ist auch gleichgültig, daß schon angesiedelte Kolonisten juristische Eigentümer von Grund und Boden sind. Tatsächlich bildet hier das Grundeigentum keine Schranke für die Anlage von Kapital oder auch von Arbeit ohne Kapital; die Beschlagnahme des einen Bodenteils durch die bereits ansässigen Kolonisten schließt die neuen Ankömmlinge nicht von der Möglichkeit aus, neuen Boden zum Anwendungsfeld ihres Kapitals oder ihrer Arbeit zu machen. Wenn es also gilt zu untersuchen, wie das Grundeigentum auf die Preise der Bodenprodukte und auf die Rente wirkt, da wo es den Boden als Anlagefeld des Kapitals beschränkt, so ist es höchst abgeschmackt, von freien bürgerlichen Kolonien zu sprechen, wo weder die kapitalistische Produktionsweise in der Agrikultur, noch die ihr entsprechende Form des Grundeigentums existiert, das letztre überhaupt faktisch nicht existiert. So z.B. Ricardo in dem Kapitel über die Grundrente. Im Eingang sagt er, er wolle die Wirkung der Aneignung des Bodens auf den Wert der Bodenprodukte untersuchen, und gleich darauf nimmt er als Illustration die Kolonien, wo er unterstellt, daß der Grund und Boden relativ elementarisch vorhanden und seine Exploitation nicht durch das Monopol des Grundeigentums beschränkt ist.
Das bloße juristische Eigentum am Boden schafft dem Eigentümer keine Grundrente. Wohl aber gibt es ihm die Macht, seinen Boden solange der Exploitation zu entziehn, bis die ökonomischen Verhältnisse eine Verwertung desselben erlauben, die ihm einen Überschuß abwirft, sei es, daß der Boden zur eigentlichen Agrikultur verwandt werde, sei es zu andren Produktionszwecken, wie Bauten etc. Er kann die absolute Quantität dieses Beschäftigungsfeldes nicht vermehren oder vermindern, wohl aber seine auf dem Markt befindliche Quantität. Es ist daher, wie schon Fourier bemerkt hat, eine charakteristische Tatsache, daß in allen zivilisierten Ländern ein verhältnismäßig bedeutender Teil des Bodens stets der Kultur entzogen bleibt.
Den Fall also gesetzt, daß die Nachfrage Aufbrechen neuer Ländereien erheischt, sage unfruchtbarerer Ländereien als die bisher bebauten, wird der Grundeigentümer diese Ländereien umsonst verpachten, weil der Marktpreis des Bodenprodukts hoch genug gestiegen ist, damit die Kapitalanlage in diesem Boden dem Pächter den Produktionspreis zahlt und daher den gewöhnlichen Profit abwirft? Keineswegs. Die Kapitalanlage muß ihm eine Rente abwerfen. Er verpachtet erst, sobald ihm ein Pachtgeld gezahlt werden kann. Der Marktpreis muß also über den Produktionspreis gestiegen sein zu P + r, so daß dem Grundeigentümer eine Rente gezahlt werden kann. Da das Grundeigentum der Voraussetzung nach ohne die Verpachtung nichts einträgt, ökonomisch wertlos ist, so ist ein geringes Steigen des Marktpreises über den Produktionspreis hinreichend, um den neuen Grund und Boden schlechtester Sorte in den Markt zu bringen.
Es fragt sich nun: Folgt aus der Grundrente des schlechtesten Bodens, die aus keiner Differenz der Fruchtbarkeit hergeleitet werden kann, daß der Preis des Bodenprodukts notwendig ein Monopolpreis im gewöhnlichen Sinn ist oder ein Preis, worin die Rente in der Form eingeht wie eine Steuer, nur daß der Grundeigentümer die Steuer erhebt statt des Staats? Daß diese Steuer ihre gegebnen ökonomischen Schranken hat, ist selbstverständlich. Sie ist beschränkt durch zusätzliche Kapitalanlagen auf den alten Pachtungen, durch die Konkurrenz der fremden Bodenprodukte – deren freie Einfuhr vorausgesetzt –, durch die Konkurrenz der Grundeigentümer untereinander, endlich durch Bedürfnis und Zahlungsfähigkeit der Konsumenten. Aber darum handelt es sich hier nicht. Es handelt sich darum, ob die Rente, die der schlechteste Boden zahlt, in den Preis seines Produkts, der der Voraussetzung nach den allgemeinen Marktpreis reguliert, in derselben Weise eingeht, wie eine Steuer in den Preis der Ware, auf die sie gelegt ist, d.h. als ein von ihrem Werte unabhängiges Element.
Es folgt dies keineswegs notwendig und ist nur behauptet worden, weil der Unterschied zwischen dem Wert der Waren und ihrem Produktionspreis bisher nicht begriffen war. Wir haben gesehn, daß der Produktionspreis einer Ware keineswegs mit ihrem Wert identisch ist, obgleich die Produktionspreise der Waren, in ihrer Totalität betrachtet, nur durch ihren Gesamtwert reguliert sind und obgleich die Bewegung der Produktionspreise der verschiednen Warensorten, alle andren Umstände gleichbleibend gesetzt, ausschließlich durch die Bewegung ihrer Werte bestimmt ist. Es ist gezeigt worden, daß der Produktionspreis einer Ware über oder unter ihrem Wert stehn kann und nur ausnahmsweis mit ihrem Wert zusammen fällt. Die Tatsache daher, daß die Bodenprodukte über ihren Produktionspreis verkauft werden, beweist noch keineswegs, daß sie auch über ihren Wert verkauft werden; wie die Tatsache, daß im Durchschnitt die Industrieprodukte zu ihrem Produktionspreis verkauft werden, keineswegs beweist, daß sie zu ihrem Wert verkauft werden. Es ist möglich, daß Agrikulturprodukte über ihrem Produktionspreis und unter ihrem Wert verkauft werden, wie andrerseits viele Industrieprodukte nur den Produktionspreis abwerfen, weil sie über ihrem Wert verkauft werden.
Das Verhältnis des Produktionspreises einer Ware zu ihrem Wert ist ausschließlich bestimmt durch das Verhältnis, worin der variable Teil des Kapitals, womit sie produziert wird, zu seinem konstanten Teil steht, oder durch die organische Zusammensetzung des sie produzierenden Kapitals. Ist die Zusammensetzung des Kapitals in einer Produktionssphäre niedriger als die des gesellschaftlichen Durchschnittskapitals, d.h. ist sein variabler, in Arbeitslohn ausgelegter Bestandteil, im Verhältnis zu seinem konstanten, in den sachlichen Arbeitsbedingungen ausgelegten Bestandteil, größer als dies beim gesellschaftlichen Durchschnittskapital der Fall ist, so muß der Wert seines Produkts über seinem Produktionspreis stehn. D.h. ein solches Kapital produziert, weil es mehr lebendige Arbeit anwendet, bei gleicher Exploitation der Arbeit mehr Mehrwert, also mehr Profit, als ein gleich großer aliquoter Teil des gesellschaftlichen Durchschnittskapitals. Der Wert seines Produkts steht daher über seinem Produktionspreis, da dieser Produktionspreis gleich ist dem Kapitalersatz plus dem Durchschnittsprofit und der Durchschnittsprofit niedriger ist als der in dieser Ware produzierte Profit. Der vom gesellschaftlichen Durchschnittskapital produzierte Mehrwert ist geringer als der von einem Kapital dieser niedrigen Zusammensetzung produzierte Mehrwert. Umgekehrt verhält es sich, wenn das in einer bestimmten Produktionssphäre angelegte Kapital von höherer Zusammensetzung ist als das gesellschaftliche Durchschnittskapital. Der Wert der von ihm produzierten Waren steht unter ihrem Produktionspreis, was allgemein bei den Produkten der meistentwickelten Industrien der Fall ist.
Ist das Kapital in einer bestimmten Produktionssphäre niedriger zusammengesetzt als das gesellschaftliche Durchschnittskapital, so ist dies zunächst nur ein andrer Ausdruck dafür, daß die Produktivkraft der gesellschaftlichen Arbeit in dieser besondern Produktionssphäre unter dem Durchschnittsniveau steht; denn die erreichte Stufe der Produktivkraft stellt sich dar in dem relativen Übergewicht des konstanten Kapitalteils über den variablen oder in der beständigen Abnahme des von einem gegebnen Kapital in Arbeitslohn ausgelegten Bestandteils. Ist umgekehrt das Kapital in einer bestimmten Produktionssphäre höher zusammengesetzt, so drückt dies eine über dem Durchschnittsniveau stehende Entwicklung der Produktivkraft aus.
Von eigentlich künstlerischen Arbeiten nicht zu reden, deren Betrachtung der Natur der Sache nach von unserm Thema ausgeschlossen ist, versteht es sich übrigens von selbst, daß verschiedne Produktionssphären nach ihrer technischen Besonderheit verschiedne Verhältnisse von konstantem und variablem Kapital erheischen und daß die lebendige Arbeit in einigen mehr, in andren weniger Raum einnehmen muß. Z.B. in der extraktiven Industrie, die genau zu unterscheiden von der Agrikultur, fällt das Rohmaterial als ein Element des konstanten Kapitals ganz weg und spielt auch das Hilfsmaterial nur hie und da eine bedeutende Rolle. In der Bergwerksindustrie jedoch spielt der andre Teil des konstanten Kapitals, das fixe Kapital, eine bedeutende Rolle. Dennoch wird man auch hier den Fortschritt der Entwicklung messen können am relativen Wachsen des konstanten Kapitals, verglichen mit dem variablen.
Ist die Zusammensetzung des Kapitals in der eigentlichen Agrikultur niedriger als die des gesellschaftlichen Durchschnittskapitals, so würde dies prima facie ausdrücken, daß in Ländern entwickelter Produktion die Agrikultur nicht in demselben Grade fortgeschritten ist wie die verarbeitende Industrie. Solche Tatsache würde, von allen andren und z. T. entscheidenden ökonomischen Umständen abgesehn, sich schon aus der frühern und raschern Entwicklung der mechanischen Wissenschaften, und namentlich ihrer Anwendung, verglichen mit der spätern und z. T. ganz jungen Entwicklung der Chemie, Geologie und Physiologie, und namentlich wieder ihrer Anwendung auf die Agrikultur erklären. Übrigens ist es eine unzweifelhafte und längst bekannte129 Tatsache, daß die Fortschritte der Agrikultur selbst sich stetig im relativen Wachsen des konstanten Kapitalteils gegen den variablen ausdrücken. Ob in einem bestimmten Lande kapitalistischer Produktion, in England z.B., die Zusammensetzung des agrikolen Kapitals niedriger ist als die des gesellschaftlichen Durchschnittskapitals, ist eine Frage, die nur statistisch zu entscheiden ist und worauf es für unsern Zweck überflüssig, im Detail einzugehn. Jedenfalls steht theoretisch das fest, daß nur unter dieser Voraussetzung der Wert der Agrikulturprodukte über ihrem Produktionspreis stehn kann; d.h. daß der von einem Kapital von gegebner Größe in der Agrikultur erzeugte Mehrwert oder, was dasselbe ist, die von ihm in Bewegung gesetzte und kommandierte Mehrarbeit (also auch angewandte lebendige Arbeit überhaupt) größer ist als bei einem gleich großen Kapital von gesellschaftlicher Durchschnittszusammensetzung.
Es genügt also für die Form der Rente, die wir hier untersuchen und die nur unter dieser Annahme stattfinden kann, die Annahme zu machen. Wo die Hypothese wegfällt, fällt auch die ihr entsprechende Form der Rente weg.
Die bloße Tatsache eines Überschusses des Werts der Agrikulturprodukte über ihren Produktionspreis würde jedoch für sich allein in keiner Weise hinreichen, das Dasein einer, von der Differenz in der Fruchtbarkeit der Bodenarten oder sukzessiver Kapitalanlagen auf demselben Boden unabhängigen Grundrente zu erklären, kurz, einer von der Differentialrente begrifflich unterschiednen Rente, die wir daher als absolute Rente bezeichnen können. Eine ganze Anzahl Manufakturprodukte besitzen die Eigenschaft, daß ihr Wert über ihrem Produktionspreis steht, ohne daß sie deshalb einen Überschuß über den Durchschnittsprofit oder einen Surplusprofit abwürfen, der sich in Rente verwandeln könnte. Umgekehrt. Dasein und Begriff des Produktionspreises und der allgemeinen Profitrate, die er einschließt, beruhen darauf, daß die einzelnen Waren nicht zu ihrem Wert verkauft werden. Die Produktionspreise entspringen aus einer Ausgleichung der Warenwerte, die, nach Rückerstattung der respektiven, in den verschiednen Produktionssphären aufgezehrten Kapitalwerte, den gesamten Mehrwert verteilt, nicht im Verhältnis, worin er in den einzelnen Produktionssphären erzeugt ist und daher in ihren Produkten steckt, sondern im Verhältnis zur Größe der vorgeschoßnen Kapitale. Nur so entspringt ein Durchschnittsprofit und der Produktionspreis der Waren, dessen charakteristisches Element er ist. Es ist die stete Tendenz der Kapitale, durch die Konkurrenz diese Ausgleichung in der Verteilung des vom Gesamtkapital erzeugten Mehrwerts zu bewirken und alle Hindernisse dieser Ausgleichung zu überwältigen. Es ist daher ihre Tendenz, nur solche Surplusprofite zu dulden, wie sie unter allen Umständen, nicht aus dem Unterschied zwischen den Werten und den Produktionspreisen der Waren, sondern vielmehr aus dem allgemeinen, den Markt regelnden Produktionspreis und den von ihm unterschiednen individuellen Produktionspreisen entspringen; Surplusprofite, die daher auch nicht zwischen zwei verschiednen Produktionssphären, sondern innerhalb jeder Produktionssphäre stattfinden, also die allgemeinen Produktionspreise der verschiednen Sphären, d.h. die allgemeine Profitrate, nicht berühren und vielmehr die Verwandlung der Werte in Produktionspreise und die allgemeine Profitrate voraussetzen. Diese Voraussetzung beruht jedoch, wie früher erörtert, auf der fortwährend wechselnden proportio nellen Verteilung des gesellschaftlichen Gesamtkapitals unter die verschiednen Produktionssphären, auf fortwährender Ein- und Auswanderung der Kapitale, auf ihrer Übertragbarkeit von einer Sphäre zur andern, kurz, auf ihrer freien Bewegung zwischen diesen verschiednen Produktionssphären als ebensoviel disponiblen Anlagefeldern für die selbständigen Teile des gesellschaftlichen Gesamtkapitals. Es ist dabei vorausgesetzt, daß keine oder doch nur eine zufällige und temporäre Schranke die Konkurrenz der Kapitale verhindert – z.B. in einer Produktionssphäre, wo der Wert der Waren über ihrem Produktionspreis steht oder wo der erzeugte Mehrwert über dem Durchschnittsprofit steht –, den Wert auf den Produktionspreis zu reduzieren und damit den überschüssigen Mehrwert dieser Produktionssphäre unter alle vom Kapital exploitierten Sphären proportionell zu verteilen. Tritt aber das Gegenteil ein, stößt das Kapital auf eine fremde Macht, die es nur teilweise oder gar nicht überwinden kann und die seine Anlage in besondren Produktionssphären beschränkt, sie nur unter Bedingungen zuläßt, welche jene allgemeine Ausgleichung des Mehrwerts zum Durchschnittsprofit ganz oder teilweise ausschließen, so würde offenbar in solchen Produktionssphären durch den Überschuß des Warenwerts über ihren Produktionspreis ein Surplusprofit entspringen, der in Rente verwandelt und als solche dem Profit gegenüber verselbständigt werden könnte. Als eine solche fremde Macht und Schranke tritt aber das Grundeigentum dem Kapital bei seinen Anlagen in Grund und Boden oder der Grundeigentümer dem Kapitalisten gegenüber.
Das Grundeigentum ist hier die Barriere, die keine neue Kapitalanlage auf bisher unbebautem oder unverpachtetem Boden erlaubt, ohne Zoll zu erheben, d.h. ohne eine Rente zu verlangen, obgleich der in Neubau gezogne Boden einer Art angehört, die keine Differentialrente abwirft, und die, ohne das Grundeigentum, schon bei einer geringern Steigerung des Marktpreises hätte bebaut werden können, so daß der regulierende Marktpreis dem Bebauer dieses schlechtesten Bodens nur seinen Produktionspreis bezahlt hätte. Infolge der Schranke jedoch, die das Grundeigentum setzt, muß der Marktpreis bis zu einem Punkt steigen, wo der Boden einen Überschuß über den Produktionspreis, d.h. eine Rente zahlen kann. Da aber der Wert der vom agrikolen Kapital produzierten Waren der Voraussetzung nach über ihrem Produktionspreis steht, bildet diese Rente (einen gleich zu untersuchenden Fall ausgenommen) den Überschuß des Werts über den Produktionspreis oder einen Teil davon. Ob die Rente gleich der ganzen Differenz zwischen dem Wert und dem Produktionspreis oder nur gleich einem größern oder geringern Teil dieser Differenz, hinge ganz und gar ab vom Stand der Zufuhr zur Nachfrage und vom Umfang des in neue Bebauung gezognen Gebiets. Solange die Rente nicht gleich dem Überschuß des Werts der Ackerbauprodukte über ihren Produktionspreis, ginge immer ein Teil dieses Überschusses ein in die allgemeine Ausgleichung und proportionelle Verteilung alles Mehrwerts unter die verschiednen Einzelkapitale. Sobald die Rente gleich dem Überschuß des Werts über den Produktionspreis, wäre dieser ganze Teil des über den Durchschnittsprofit überschüssigen Mehrwerts dieser Ausgleichung entzogen. Ob diese absolute Rente aber gleich dem ganzen Überschuß des Werts über den Produktionspreis oder nur gleich einem Teil desselben, die Agrikulturprodukte würden immer zu einem Monopolpreis verkauft, nicht weil ihr Preis über ihrem Wert, sondern weil er gleich ihrem Wert oder weil er unter ihrem Wert, aber über ihrem Produktionspreis stände. Ihr Monopol bestände darin, nicht wie andre Industrieprodukte, deren Wert über dem allgemeinen Produktionspreis steht, zum Produktionspreis nivelliert zu werden. Da ein Teil des Werts wie des Produktionspreises eine tatsächlich gegebne Konstante ist, nämlich der Kostpreis, das in der Produktion aufgezehrte Kapital = k, so besteht ihr Unterschied in dem andren, variablen Teil, dem Mehrwert, der im Produktionspreis p, dem Profit ist, d. h. gleich dem Gesamt mehrwert, berechnet auf das gesellschaftliche Kapital und auf jedes einzelne Kapital als aliquoten Teil desselben, der aber im Wert der Ware gleich dem wirklichen Mehrwert ist, den dies besondre Kapital erzeugt hat, und der einen integrierenden Teil der von ihm erzeugten Warenwerte bildet. Steht der Wert der Ware über ihrem Produktionspreis, so ist der Produktionspreis = k + p, der Wert = k + p + d, so daß p + d = dem in ihr steckenden Mehrwert. Die Differenz zwischen dem Wert und dem Produktionspreis ist also = d, dem Überschuß des von diesem Kapital erzeugten Mehrwerts über den durch die allgemeine Profitrate ihm zugewiesenen. Es folgt hieraus, daß der Preis der Agrikulturprodukte über ihrem Produktionspreis stehn kann, ohne daß er ihren Wert erreicht. Es folgt ferner, daß bis zu einem gewissen Punkt eine dauernde Preissteigerung der Agrikulturprodukte stattfinden kann, bevor ihr Preis ihren Wert erreicht hat. Es folgt ebenso, daß nur infolge des Monopols des Grundeigentums der Wertüberschuß der Agrikulturprodukte über ihren Produktionspreis zu einem bestimmenden Moment ihres allgemeinen Marktpreises werden kann. Es folgt endlich, daß in diesem Fall nicht die Verteuerung des Produkts Ursache der Rente, sondern die Rente Ursache der Verteuerung des Produkts ist. Wenn der Preis des Produkts der Flächeneinheit des schlechtesten Bodens = P + r, so steigen alle Differentialrenten um die entsprechenden Multipeln von r, da nach der Voraussetzung P + r der regulierende Marktpreis wird.
Wäre die Durchschnittszusammensetzung des nicht agrikolen gesellschaftlichen Kapitals = 85c + 15v und die Rate des Mehrwerts 100%, so wäre der Produktionspreis = 115. Wäre die Zusammensetzung des agrikolen Kapitals = 75c + 25v, so wäre der Wert des Produkts, bei derselben Rate des Mehrwerts, und der regulierende Marktwert = 125. Gliche sich das agrikole mit dem nicht agrikolen Produkt zum Durchschnittspreis aus (wir setzen der Kürze halber das Gesamtkapital in beiden Produktionszweigen gleich), so wäre der Gesamtmehrwert = 40, also 20% auf die 200 Kapital. Das Produkt des einen wie des andern würde zu 120 verkauft. Bei einer Ausgleichung zu den Produktionspreisen würden also die durchschnittlichen Marktpreise des nicht agrikolen Produkts über und die des agrikolen Produkts unter ihren Wert zu stehn kommen. Würden die Agrikulturprodukte zu ihrem vollen Wert verkauft, so ständen sie um 5 höher und die Industrieprodukte um 5 niedriger als bei der Ausgleichung. Erlauben die Marktverhältnisse nicht, die Agrikulturprodukte zu ihrem vollen Wert, zum ganzen Überschuß über den Produktionspreis zu verkaufen, so steht die Wirkung zwischen beiden Extremen; die Industrieprodukte würden etwas über ihrem Wert und die Ackerbauprodukte etwas über ihrem Produktionspreis verkauft.
Obgleich das Grundeigentum den Preis der Bodenprodukte über ihren Produktionspreis hinaustreiben kann, hängt es nicht von ihm, sondern von der allgemeinen Marktlage ab, wie weit der Marktpreis über den Produktionspreis hinaus sich dem Wert annähert und in welchem Maß also der über den gegebnen Durchschnittsprofit hinaus in der Agrikultur erzeugte Mehrwert sich entweder in Rente verwandelt oder aber in die allgemeine Ausgleichung des Mehrwerts zum Durchschnittsprofit eingeht. Auf jeden Fall ist diese absolute, aus dem Überschuß des Werts über den Produktionspreis entspringende Rente bloß ein Teil des agrikolen Mehrwerts, Verwandlung dieses Mehrwerts in Rente, Abfangung desselben durch den Grundeigentümer; ganz wie die Differentialrente entspringt aus Verwandlung von Surplusprofit in Rente, Abfangung desselben durch das Grundeigentum, bei allgemein regulierendem Produktionspreis. Diese beiden Formen der Rente sind die einzig normalen. Außerhalb derselben kann die Rente nur auf eigentlichem Monopolpreis beruhen, der weder vom Produktionspreis noch vom Wert der Waren, sondern vom Bedürfnis und der Zahlungsfähigkeit der Käufer bestimmt ist und dessen Betrachtung in die Lehre von der Konkurrenz gehört, wo die wirkliche Bewegung der Marktpreise untersucht wird.
Wäre aller zum Ackerbau brauchbare Boden eines Landes verpachtet – die kapitalistische Produktionsweise und normale Verhältnisse allgemein vorausgesetzt –, so gäbe es keinen Boden, der nicht Rente abwürfe, aber es könnte Kapitalanlagen, einzelne Teile des auf den Boden angelegten Kapitals geben, die keine Rente abwürfen; denn sobald der Boden verpachtet ist, hört das Grundeigentum auf, als absolute Schranke für die nötige Kapitalanlage zu wirken. Als relative Schranke wirkt es auch dann noch insofern fort, als der Heimfall des dem Boden einverleibten Kapitals an den Grundeigentümer dem Pächter hier sehr bestimmte Schranken zieht. Nur in diesem Fall würde sich alle Rente in Differentialrente verwandeln, nicht in Differentialrente, bestimmt durch die Differenz in der Bonität des Bodens, sondern durch die Differenz zwischen den, nach den letzten Kapitalanlagen auf einen bestimmten Boden sich ergebenden Surplusprofiten und der Rente, die für Pachtung des Bodens schlechtester Klasse gezahlt würde. Als Schranke wirkt das Grundeigentum nur absolut, soweit die Zulassung zum Boden überhaupt, als zu einem Anlagefeld des Kapitals, den Tribut an den Grundeigentümer bedingt. Hat diese Zulassung stattgefunden, so kann dieser dem quantitativen Umfang der Kapitalanlage auf gegebnem Bodenstück keine absoluten Schranken mehr entgegensetzen. Dem Häuserbau überhaupt ist eine Schranke gelegt durch das Grundeigentum eines Dritten an dem Boden, worauf das Haus gebaut werden soll. Ist dieser Boden aber einmal zum Häuserbau gepachtet, so hängt es vom Pächter ab, ob er ein hohes oder niedriges Haus darauf errichten will.
Wäre die Durchschnittszusammensetzung des agrikolen Kapitals dieselbe oder höher als die des gesellschaftlichen Durchschnittskapitals, so fiele die absolute Rente, immer in dem entwickelten Sinn, fort; d.h. die Rente, die ebenso von der Differentialrente wie von der auf eigentlichem Monopolpreis beruhenden Rente verschieden ist. Der Wert des Ackerbauprodukts stände dann nicht über seinem Produktionspreis, und das agrikole Kapital setzte nicht mehr Arbeit in Bewegung, realisierte also auch nicht mehr Mehrarbeit als das nicht agrikole Kapital. Dasselbe fände statt, wenn die Zusammensetzung des agrikolen Kapitals sich im Fortschritt der Kultur mit der des gesellschaftlichen Durchschnittskapitals ausgliche.
Auf den ersten Blick scheint es ein Widerspruch, anzunehmen, daß einerseits die Zusammensetzung des agrikolen Kapitals sich erhöht, also sein konstanter Teil gegen seinen variablen wächst, und andrerseits der Preis des Bodenprodukts hoch genug stiege, damit neuer und schlechterer Boden als der bisherige eine Rente zahle, die in diesem Fall nur aus einem Überschuß des Marktpreises über den Wert und den Produktionspreis, kurz, nur aus einem Monopolpreis des Produkts herstammen könnte.
Es ist hier zu unterscheiden.
Zunächst haben wir bei Betrachtung der Bildung der Profitrate gesehn, daß Kapitale, die, technologisch betrachtet, gleichmäßig zusammengesetzt sind, d.h. gleich viel Arbeit in Bewegung setzen im Verhältnis zu Maschinerie und Rohstoff, dennoch durch die verschiednen Werte der konstanten Kapitalteile verschieden zusammengesetzt sein können. Der Rohstoff oder die Maschinerie können in dem einen Fall teurer sein als in dem andern. Um dieselbe Masse Arbeit in Bewegung zu setzen (und dies wäre der Voraussetzung nach nötig, um dieselbe Masse Rohmaterial zu verarbeiten), müßte in dem einen Fall ein größres Kapital vorgeschossen werden als in dem andern, da ich z.B. mit einem Kapital von 100 nicht gleich viel Arbeit in Bewegung setzen kann, wenn das Rohmaterial, das ebenfalls aus den 100 bestritten werden muß, in dem einen Fall 40 kostet, in dem andern 20. Daß diese Kapitale aber dennoch technologisch gleichmäßig zusammengesetzt sind, würde sich sofort zeigen, wenn der Preis des teureren Rohmaterials auf den des niedrigern fiele. Die Wertverhältnisse zwischen variablem und konstantem Kapital wären dann dieselben geworden, obwohl in dem technischen Verhältnis zwischen der angewandten lebendigen Arbeit und der Masse und Natur der angewandten Arbeitsbedingungen keine Veränderung vorgegangen. Andrerseits könnte ein Kapital von niedrigerer organischer Zusammensetzung durch bloßes Steigen der Werte seiner konstanten Teile, vom Standpunkt der bloßen Wertzusammensetzung aus betrachtet, dem Schein nach auf gleiche Stufe mit einem Kapital höherer organischer Zusammensetzung treten. Es sei gegeben ein Kapital = 60c + 40v, weil es viel Maschinerie und Rohmaterial im Verhältnis zur lebendigen Arbeitskraft anwendet, und ein andres = 40c + 60v, weil es viel lebendige Arbeit (60%), wenig Maschinerie (sage 10%) und im Verhältnis zur Arbeitskraft wenig und wohlfeiles Rohmaterial (sage 30%) anwendet; so könnte durch bloßes Steigen im Wert der Roh- und Hilfsstoffe von 30 auf 80 die Zusammensetzung ausgeglichen werden, so daß nun beim zweiten Kapital auf 10 Maschinen 80 Rohstoff und 60 Arbeitskraft kämen, also 90c + 60v, was, prozentig verteilt, ebenfalls = 60c + 40v wäre, ohne daß irgendwelcher technische Zusammensetzungswechsel stattgefunden hätte. Kapitale gleicher organischer Zusammensetzung können also eine verschiedne Wertzusammensetzung haben, und Kapitale gleicher prozentiger Wertzusammensetzung können auf verschiednen Stufen organischer Zusammensetzung stehn, also verschiedne Entwicklungsstufen der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit ausdrücken. Der bloße Umstand also, daß der Wertzusammensetzung nach das agrikole Kapital auf dem allgemeinen Niveau stände, würde nicht beweisen, daß die gesellschaftliche Produktivkraft der Arbeit gleich hoch bei ihm entwickelt ist. Sie könnte nur zeigen, daß sein eignes Produkt, welches wieder einen Teil seiner Produktionsbedingungen bildet, teurer ist, oder daß Hilfsstoffe, wie Dünger, früher nahe zur Hand, jetzt weit hergeschleppt werden müßten u. dergl.
Aber hiervon abgesehn, ist der eigentümliche Charakter der Agrikultur zu erwägen.
Gesetzt, daß Arbeit sparende Maschinerie, chemische Hilfsmittel etc. hier einen größern Raum einnehmen, also das konstante Kapital technisch, nicht nur dem Wert, sondern auch der Masse nach, gegen die Masse der angewandten Arbeitskraft wächst, so handelt es sich bei der Agrikultur (wie bei der Bergwerksindustrie) nicht nur um die gesellschaftliche, sondern auch um die naturwüchsige Produktivität der Arbeit, die von den Naturbedingungen der Arbeit abhängt. Es ist möglich, daß die Zunahme der gesellschaftlichen Produktivkraft in der Agrikultur die Abnahme der Naturkraft nur kompensiert oder nicht einmal kompensiert – diese Kompensation kann immer nur für eine Zeit wirken –, so daß dort trotz der technischen Entwicklung das Produkt nicht verwohlfeilert, sondern nur eine noch größre Verteurung desselben verhindert wird. Es ist auch möglich, daß bei steigendem Getreidepreis die absolute Produktmasse abnimmt, während das verhältnismäßige Surplusprodukt wächst; nämlich bei verhältnismäßiger Zunahme des konstanten Kapitals, das großenteils aus Maschinen oder Vieh besteht, wovon nur der Verschleiß zu ersetzen, und bei entsprechender Abnahme des variablen, in Arbeitslohn ausgelegten Kapitalteils, der stets ganz aus dem Produkt ersetzt werden muß.
Es ist aber auch möglich, daß bei dem Fortschritt der Agrikultur nur ein mäßiges Steigen des Marktpreises über den Durchschnitt nötig ist, damit schlechterer Boden, der bei niedrigerm Stand der technischen Hilfsmittel höheres Steigen des Marktpreises erheischt hätte, bebaut werden und zugleich eine Rente abwerfen kann.
Der Umstand, daß z.B. bei der Viehzucht im großen die Masse der angewandten Arbeitskraft sehr gering ist, verglichen mit dem im Vieh selbst existierenden konstanten Kapital, könnte als entscheidend dagegen betrachtet werden, daß agrikoles Kapital, prozentig berechnet, mehr Arbeitskraft in Bewegung setze als das nicht agrikole gesellschaftliche Durchschnittskapital. Hier ist aber zu bemerken, daß wir bei Entwicklung der Rente von dem Teil des agrikolen Kapitals, der das entscheidende pflanzliche Nahrungsmittel, also überhaupt das Hauptlebensmittel bei zivilisierten Völkern produziert, als bestimmend ausgehn. A. Smith – und das ist eins seiner Verdienste – hat schon nachgewiesen, daß in der Viehzucht und überhaupt im Durchschnitt aller nicht in der Produktion der Hauptlebensmittel, also z.B. des Korns, auf dem Boden angelegten Kapitale eine ganz andre Bestimmung des Preises stattfindet. Dieser ist nämlich hier dadurch bestimmt, daß der Preis des Produkts von Boden, der, sage als künstliche Wiese zur Viehzucht benutzt wird, der aber ebensogut in Ackerbauland von gewisser Güte verwandelt werden könnte, hoch genug steigen muß, um dieselbe Rente abzuwerfen wie gleich guter Ackerboden; die Rente des Kornlands geht hier also bestimmend in den Viehpreis ein, weswegen Ramsay mit Recht bemerkt hat, daß in dieser Weise durch die Rente, durch den ökonomischen Ausdruck des Grundeigentums, also durch das Grundeigentum, der Viehpreis künstlich gesteigert wird.
»Infolge der Ausdehnung der Kultur reicht das unbebaute Ödland nicht mehr hin für die Zufuhr von Schlachtvieh. Ein großer Teil der bebauten Ländereien muß verwandt werden auf Züchtung und Mästung von Vieh, dessen Preis daher hoch genug sein muß, um nicht nur die darauf verwandte Arbeit zu zahlen, sondern auch die Rente, die der Grundbesitzer, und den Profit, den der Pächter von diesem Boden hätten ziehn können, wäre er als Ackerland bebaut worden. Das auf den unbebautesten Torfmooren gezüchtete Vieh wird, je nach Gewicht und Qualität, im selben Markt zum selben Preis verkauft wie das auf dem bestkultivierten Land gezüchtete. Die Besitzer dieser Torfmoore profitieren davon und steigern die Rente ihrer Ländereien im Verhältnis zu den Viehpreisen.« (A. Smith, Book I, Chap. XI, part I.)
Hier also auch im Unterschied von der Kornrente die Differentialrente zugunsten des schlechtern Bodens.
Die absolute Rente erklärt einige Erscheinungen, die auf den ersten Blick die Rente einem bloßen Monopolpreis geschuldet sein lassen. Nehmen wir z.B. den Besitzer eines ohne alles menschliche Zutun, also nicht als Produkt der Forstung existierenden Waldes, etwa in Norwegen, um an A. Smiths Beispiel anzuknüpfen. Wird ihm eine Rente gezahlt von einem Kapitalisten, der Holz fällen läßt, etwa infolge englischer Nachfrage, oder läßt er es auch selbst als Kapitalist fällen, so wird ihm im Holz, außer dem Profit auf das vorgeschoßne Kapital, eine größre oder geringre Rente gezahlt werden. Dies scheint bei diesem reinen Naturprodukt reiner Monopolzuschlag. In der Tat aber besteht das Kapital hier fast nur aus variablem, in Arbeit ausgelegtem Kapital, setzt also auch mehr Mehrarbeit in Bewegung als andres Kapital gleicher Größe. Es steckt also in dem Holzwert ein größrer Überschuß von unbezahlter Arbeit, oder von Mehrwert, als im Produkt von Kapitalen höherer Zusammensetzung. Es kann daher der Durchschnittsprofit aus dem Holz bezahlt werden und ein bedeutender Überschuß in Form von Rente dem Waldeigentümer zufallen. Umgekehrt ist anzunehmen, daß bei der Leichtigkeit, womit das Holzfällen ausgedehnt werden, also diese Produktion sich rasch vermehren kann, die Nachfrage sehr bedeutend steigen muß, damit der Preis des Holzes seinem Wert gleichkommt und daher der ganze Überschuß unbezahlter Arbeit (über den dem Kapitalisten als Durchschnittsprofit zufallenden Teil derselben) in Form der Rente dem Eigentümer zufällt.
Wir haben angenommen, daß der neu in Bebauung gezogne Boden von noch geringrer Qualität ist als der schlechteste letztbebaute. Ist er besser, so trägt er eine Differentialrente. Wir untersuchen hier aber gerade den Fall, wo die Rente nicht als Differentialrente erscheint. Da sind nur zwei Fälle möglich. Der neu in Angriff genommene Boden ist schlechter, oder er ist ebenso gut wie der letztbebaute. Ist er schlechter, so ist dies bereits untersucht. Zu untersuchen ist also nur noch der Fall, wo er ebenso gut ist.
Gleich guter und selbst besserer Boden kann, wie dies schon bei der Differentialrente entwickelt ist, ebensowohl im Fortgang der Kultur in den Neubau eintreten wie schlechterer.
Erstens, weil bei der Differentialrente (und der Rente überhaupt, da auch bei der Nicht-Differentialrente immer die Frage eintritt, ob einerseits die Fruchtbarkeit des Bodens überhaupt und andrerseits seine Lage erlaubt, ihn bei dem regulierenden Marktpreis mit Profit und Rente zu bebauen) zwei Bedingungen in umgekehrter Richtung wirken, die sich bald wechselseitig paralysieren, bald eine um die andre den Ausschlag geben können. Das Steigen des Marktpreises – vorausgesetzt, daß der Kostpreis der Bebauung nicht gefallen ist, in andren Worten, daß nicht Fortschritte technischer Art ein neuhinzutretendes Moment für den Neuanbau bilden – kann fruchtbareren Boden in Bebauung bringen, der früher durch seine Lage von der Konkurrenz ausgeschlossen war. Oder es kann bei unfruchtbarerem Boden den Vorteil der Lage so weit steigern, daß die geringre Ertragsfähigkeit dadurch ausgeglichen wird. Oder ohne Steigen des Marktpreises kann die Lage durch verbesserte Kommunikationsmittel die bessern Ländereien in Mitbewerbung bringen, wie wir dies in großem Maßstab bei den Präriestaaten in Nordamerika sehn. Auch in altzivilisierten Ländern findet dies beständig statt, obgleich nicht in demselben Maß wie in Kolonien, wo, wie Wakefield richtig bemerkt, die Lage entscheidend ist. Also erstens die kontradiktorischen Wirkungen von Lage und Fruchtbarkeit und die Variabilität des Faktors der Lage, der beständig ausgeglichen wird, beständige progressive, zur Ausgleichung strebende Veränderungen durchmacht, bringen abwechselnd gleich gute, bessere oder schlechtere Bodenstrecken in neue Konkurrenz mit den altbebauten.
Zweitens. Mit der Entwicklung der Naturwissenschaft und der Agronomie ändert sich auch die Fruchtbarkeit des Bodens, indem sich die Mittel ändern, wodurch die Elemente des Bodens sofort verwertbar gemacht werden können. So haben in jüngst verfloßner Zeit leichte Bodenarten in Frankreich und in den östlichen Grafschaften Englands, die früher für schlecht galten, sich auf den ersten Rang erhoben. (Siehe Passy.) Andrerseits wird Boden, der nicht seiner chemischen Zusammensetzung wegen für schlecht galt, sondern nur der Bebauung gewisse mechanisch-physikalische Hindernisse entgegensetzte, in gutes Land verwandelt, sobald die Mittel zur Bewältigung dieser Hindernisse entdeckt sind.
Drittens. In allen altzivilisierten Ländern haben alte historische und traditionelle Verhältnisse, z.B. in der Form von Staatsländereien, Gemeindeländereien etc., rein zufällig große Bodenstrecken der Kultur entzogen, in die sie nur nach und nach eintreten. Die Reihenfolge, in der sie der Bebauung unterworfen werden, hängt weder von ihrer Bonität noch von ihrer Lage ab, sondern von ganz äußerlichen Umständen. Wenn man die Geschichte der englischen Gemeindeländereien verfolgte, wie sie nacheinander durch die Enclosure Bills in Privateigentum verwandelt und urbar gemacht wurden, so wäre nichts lächerlicher als die phantastische Voraussetzung, ein moderner Agrikulturchemiker, Liebig z.B., habe die Wahl dieser Reihenfolge geleitet, habe gewisse Felder ihrer chemischen Eigenschaften wegen für die Kultur bezeichnet, andre ausgeschlossen. Was hier entschied, war vielmehr die Gelegenheit, die Diebe macht; die mehr oder minder plausiblen juristischen Vorwände der Aneignung, die sich den großen Grundherrn darboten.
Viertens. Abgesehn davon, daß die jedesmal erreichte Entwicklungsstufe des Bevölkerungs- und Kapitalzuwachses der Ausdehnung der Bodenkultur eine wenn auch elastische Schranke zieht; abgesehn von der Wirkung von Zufällen, die den Marktpreis temporär beeinflussen, wie eine Reihe günstiger und ungünstiger Jahreszeiten, hängt die räumliche Ausdehnung der Bodenkultur ab vom gesamten Stand des Kapitalmarkts und der Geschäftslage eines Landes. In Perioden der Knappheit wird es nicht genügen, daß unbebauter Boden dem Pächter den Durchschnittsprofit abwerfen kann – ob er Rente zahle oder nicht –, um zusätzliches Kapital dem Ackerbau zuzuwenden. In andren Perioden der Plethora des Kapitals strömt es dem Landbau zu, selbst ohne Steigerung des Marktpreises, wenn nur sonst die normalen Bedingungen erfüllt sind. Besserer Boden als der bisher angebaute würde in der Tat nur durch das Moment der Lage oder durch bisher nicht durchbrechbare Schranken seiner Ausschließbarkeit oder durch den Zufall von der Konkurrenz ausgeschlossen. Wir haben uns daher nur mit Bodenarten zu beschäftigen, die ebenso gut sind wie die letztbebauten. Zwischen dem neuen Boden und dem letztbebauten besteht aber immer der Unterschied der Kosten der Urbarmachung, und es hängt vom Stand der Marktpreise und der Kreditverhältnisse ab, ob diese unternommen wird – oder nicht. Sobald dieser Boden dann wirklich in Konkurrenz tritt, fällt bei sonst gleichbleibenden Verhältnissen der Marktpreis wieder auf seinen frühern Stand, wobei der neu zugetretne Boden dann dieselbe Rente tragen wird wie der ihm entsprechende alte. Die Voraussetzung, daß er keine Rente tragen wird, wird von ihren Anhängern bewiesen durch die Annahme dessen, was bewiesen werden soll, nämlich: daß der letzte Boden keine Rente getragen hat. Man könnte in derselben Art beweisen, daß die zuletzt gebauten Häuser außer dem eigentlichen Mietzins für das Gebäude keine Rente abwerfen, obgleich sie vermietet werden. Die Tatsache ist, daß sie Rente abwerfen, schon bevor sie Mietzins bringen, indem sie oft lange leer stehn. Ganz wie sukzessive Kapitalanlagen auf ein Bodenstück einen proportionellen Mehrertrag abwerfen können und daher dieselbe Rente wie die ersten, so können Felder von gleicher Güte wie die letztbebauten denselben Ertrag zu denselben Kosten abwerfen. Es wäre sonst überhaupt unbegreiflich, wie Felder derselben Bonität jemals sukzessive in Anbau genommen werden und nicht alle auf einmal oder vielmehr kein einziges, um nicht die Konkurrenz aller nach sich zu ziehn. Der Grundeigentümer ist stets bereit, eine Rente zu ziehn, d.h. etwas umsonst zu erhalten; aber das Kapital braucht gewisse Umstände, um seinen Wunsch zu erfüllen. Die Konkurrenz der Ländereien untereinander hängt daher nicht davon ab, daß der Grundeigentümer sie konkurrieren lassen will, sondern davon, daß sich Kapital findet, um auf den neuen Feldern mit den andern zu konkurrieren.
Soweit die eigentliche Ackerbaurente bloßer Monopolpreis, kann dieser nur klein sein, wie hier auch die absolute Rente unter normalen Verhältnissen nur klein sein kann, welches immer der Überschuß des Werts des Produkts über seinen Produktionspreis sei. Das Wesen der absoluten Rente besteht also darin: gleich große Kapitale in verschiednen Produktionssphären produzieren, je nach ihrer verschiednen Durchschnittszusammensetzung, bei gleicher Rate des Mehrwerts oder gleicher Exploitation der Arbeit, verschiedne Massen von Mehrwert. In der Industrie gleichen sich diese verschiednen Massen von Mehrwert zum Durchschnittsprofit aus und verteilen sich auf die einzelnen Kapitale gleichmäßig als auf aliquote Teile des Gesellschaftskapitals. Das Grundeigentum, sobald die Produktion Grund und Boden braucht, sei es zur Agrikultur, sei es zur Extraktion von Rohstoffen, hindert diese Ausgleichung für die im Boden angelegten Kapitale und fängt einen Teil des Mehrwerts ab, der sonst in die Ausgleichung zur allgemeinen Profitrate eingehn würde. Die Rente bildet dann einen Teil des Werts, spezieller des Mehrwerts der Waren, der nur statt der Kapitalistenklasse, die ihn aus den Arbeitern extrahiert hat, den Grundeigentümern zufällt, die ihn aus den Kapitalisten extrahieren. Es ist hierbei vorausgesetzt, daß das agrikole Kapital mehr Arbeit in Bewegung setzt, als ein gleich großer Teil des nicht agrikolen Kapitals. Wie weit die Abweichung geht oder ob sie überhaupt existiert, hängt ab von der relativen Entwicklung der Agrikultur gegenüber der Industrie. Der Natur der Sache nach muß mit dem Fortschritt der Agrikultur diese Differenz abnehmen, wenn nicht das Verhältnis, worin der variable gegenüber dem konstanten Teil des Kapitals abnimmt, beim industriellen Kapital noch größer ist als beim agriko len.
Diese absolute Rente spielt eine noch bedeutendere Rolle in der eigentlichen extraktiven Industrie, wo ein Element des konstanten Kapitals, das Rohmaterial, ganz wegfällt und wo mit Ausnahme der Zweige, bei denen der aus Maschinerie und sonstigem fixen Kapital bestehende Teil sehr bedeutend ist, unbedingt die niedrigste Zusammensetzung des Kapitals vorherrscht. Grade hier, wo die Rente allein einem Monopolpreis geschuldet scheint, sind außerordentlich günstige Marktverhältnisse erheischt, damit die Waren zu ihrem Wert verkauft werden oder die Rente gleich dem ganzen Überschuß des Mehrwerts der Ware über ihren Produktionspreis wird. So z.B. bei der Rente von fischbaren Wassern, Steinbrüchen, wildgewachsnen Wäldern etc.130
46. Baustellenrente. Bergwerksrente. Bodenpreis
Die Differentialrente tritt überall ein und folgt überall denselben Gesetzen wie die agrikole Differentialrente, wo überhaupt Rente existiert. Überall, wo Naturkräfte monopolisierbar sind und dem Industriellen, der sie anwendet, einen Surplusprofit sichern, sei es ein Wassergefälle oder ein reichhaltiges Bergwerk oder ein fischreiches Wasser oder ein gutgelegner Bauplatz, fängt der durch seinen Titel auf einen Teil des Erdballs zum Eigentümer dieser Naturgegenstände Gestempelte diesen Surplusprofit dem fungierenden Kapital in der Form der Rente ab. Was Land zu Bauzwecken betrifft, so hat A. Smith auseinandergesetzt, wie die Grundlage seiner Rente, wie die aller nicht agrikolen Ländereien, durch die eigentliche Ackerbaurente geregelt ist. (Book I, chap. XI, 2 und 3.) Es zeichnet sich diese Rente aus erstens durch den überwiegenden Einfluß, den hier die Lage auf die Differentialrente ausübt (sehr bedeutend z.B. beim Weinbau und bei Bauplätzen in großen Städten); zweitens durch die Handgreiflichkeit der gänzlichen Passivität des Eigentümers, dessen Aktivität bloß darin besteht (namentlich bei Bergwerken), den Fortschritt der gesellschaftlichen Entwicklung auszubeuten, zu dem er nichts beiträgt und bei dem er nichts riskiert, wie doch der industrielle Kapitalist tut, und endlich durch das Vorwiegen des Monopolpreises in vielen Fällen, speziell der schamlosesten Ausbeutung des Elends (denn das Elend ist für die Hausrente eine ergiebigere Quelle, als die Minen von Potosi je für Spanien waren131), und die ungeheure Macht, die dies Grundeigentum gibt, wenn es mit dem industriellen Kapital in derselben Hand vereinigt, dieses befähigt, die Arbeiter im Kampf um den Arbeitslohn praktisch von der Erde als ihrem Wohnsitz auszuschließen.132 Ein Teil der Gesellschaft verlangt hier von den andern einen Tribut für das Recht, die Erde bewohnen zu dürfen, wie überhaupt im Grundeigentum das Recht der Eigentümer eingeschlossen ist, den Erdkörper, die Eingeweide der Erde, die Luft und damit die Erhaltung und Entwicklung des Lebens zu exploitieren. Nicht nur das Steigen der Bevölkerung, und damit das wachsende Bedürfnis der Behausung, sondern auch die Entwicklung des fixen Kapitals, das sich entweder der Erde einverleibt oder Wurzeln in ihr schlägt, auf ihr ruht, wie alle industriellen Gebäude, Eisenbahnen, Warenhäuser, Fabrikgebäude, Docks usw., steigert die Baurente notwendig. Eine Verwechslung zwischen der Hausmiete, soweit sie Zins und Amortisation des im Haus angelegten Kapitals, und der Rente für den bloßen Boden, ist hier selbst bei Careyschem gutem Willen nicht möglich, namentlich wenn, wie in England, der Grundeigentümer und der Bauspekulant ganz verschiedne Personen sind. Es kommen hier zwei Elemente in Betracht: auf der einen Seite die Exploitation der Erde zum Zweck der Reproduktion oder Extraktion, auf der andern der Raum, der als ein Element aller Produktion und alles menschlichen Wirkens erheischt ist. Und nach beiden Seiten hin verlangt das Grundeigentum seinen Tribut. Die Nachfrage für Bauterrain hebt den Wert des Bodens als Raum und Grundlage, während dadurch zugleich die Nachfrage nach Elementen des Erdkörpers wächst, die als Baumaterial dienen.133
Wie in rasch fortschreitenden Städten, besonders wo das Bauen wie in London fabrikmäßig betrieben wird, die Bodenrente, nicht das Haus den eigentlichen Grundgegenstand der Bauspekulation bildet, davon haben wir ein Beispiel gegeben Buch II, Kap. XII, S. 215, 216, in den Aussagen eines großen Londoner Bauspekulanten, Edward Capps, vor dem Bankausschuß von 1857. Er sagt dort Nr. 5435:
»Ich glaube, ein Mann, der in der Welt vorankommen will, kann kaum erwarten voranzukommen durch Einhaltung eines soliden Geschäfts (fair trade)... er muß notwendig außerdem auf Spekulation bauen, und das auf großem Maßstab; denn der Unternehmer macht sehr wenig Profit aus den Gebäuden selbst, er macht seinen Hauptprofit aus den gesteigerten Grundrenten. Er übernimmt meinetwegen ein Stück Land und gibt jährlich 300 Pfd. St. dafür; wenn er nach einem sorgfältigen Bauplan die richtige Klasse von Häusern darauf errichtet, kann es ihm gelingen, 400 oder 450 Pfd. St. jährlich daraus zu machen, und sein Profit würde viel mehr in der vermehrten Grundrente von 100 oder 150 Pfd. St. jährlich bestehn als in dem Profit aus den Gebäuden, den er in vielen Fällen überhaupt kaum in Betracht zieht.«
Wobei nicht zu vergessen ist, daß nach Ablauf des Mietkontrakts von meistens 99 Jahren der Boden mit allen darauf befindlichen Gebäuden und mit der inzwischen meist auf mehr als das Doppelte und Dreifache gesteigerten Grundrente von dem Bauspekulanten oder seinem Rechtsnachfolger wieder an den ursprünglichen letzten Grundeigentümer zurückfällt.
Die eigentliche Bergwerksrente ist bestimmt ganz wie die Ackerbaurente.
»Es gibt einige Bergwerke, deren Produkt kaum hinreicht, die Arbeit zu bezahlen und das darin angelegte Kapital samt dem gewöhnlichen Profit zu ersetzen. Sie werfen dem Unternehmer einigen Profit ab, aber keine Rente für den Grundeigentümer. Sie können mit Vorteil nur vom Grundeigentümer bearbeitet werden, der als sein eigner Unternehmer den gewöhnlichen Profit aus seinem angelegten Kapital macht. Viele Kohlengruben in Schottland werden in dieser Art betrieben und können in keiner andern Art betrieben werden. Der Grundeigentümer erlaubt niemand anders, sie ohne Rentezahlung zu betreiben, aber niemand kann Rente dafür zahlen.« (A. Smith, Book I, chap. XI, 2.)
Man muß unterscheiden, ob die Rente aus einem Monopolpreis fließt, weil ein von ihr unabhängiger Monopolpreis der Produkte oder des Bodens selbst existiert, oder ob die Produkte zu einem Monopolpreis verkauft werden, weil eine Rente existiert. Wenn wir von Monopolpreis sprechen, so meinen wir überhaupt einen Preis, der nur durch die Kauflust und Zahlungsfähigkeit der Käufer bestimmt ist, unabhängig von dem durch den allgemeinen Produktionspreis wie von dem durch den Wert der Produkte bestimmten Preis. Ein Weinberg, der Wein von ganz außerordentlicher Güte erzeugt, Wein, der überhaupt nur in relativ geringer Quantität erzeugt werden kann, trägt einen Monopolpreis. Der Weinzüchter würde infolge dieses Monopolpreises, dessen Überschuß über den Wert des Produkts allein durch den Reichtum und die Liebhaberei der vornehmen Weintrinker bestimmt ist, einen bedeutenden Surplusprofit realisieren. Dieser Surplusprofit, der hier aus einem Monopolpreis fließt, verwandelt sich in Rente und fällt in dieser Form dem Grundeigentümer anheim, infolge seines Titels auf dies mit besondern Eigenschaften begabte Stück des Erdkörpers. Hier schafft also der Monopolpreis die Rente. Umgekehrt würde die Rente den Monopolpreis schaffen, wenn Getreide nicht nur über seinen Produktionspreis, sondern auch über seinen Wert verkauft würde infolge der Schranke, die das Grundeigentum der rentelosen Anlage von Kapital auf unbebautem Boden zieht. Daß es nur der Titel einer Anzahl von Personen auf das Eigentum am Erdball ist, der sie befähigt, einen Teil der Mehrarbeit der Gesellschaft sich als Tribut anzueignen und mit der Entwicklung der Produktion sich in stets steigendem Maß anzueignen, wird durch den Umstand verdeckt, daß die kapitalisierte Rente, also eben dieser kapitalisierte Tribut als Preis des Bodens erscheint und dieser daher wie jeder andre Handelsartikel verkauft werden kann. Für den Käufer erscheint daher sein Anspruch auf die Rente nicht als umsonst erhalten, und ohne die Arbeit, das Risiko und den Unternehmungsgeist des Kapitals umsonst erhalten, sondern als zu seinem Äquivalent bezahlt. Ihm erscheint, wie schon früher bemerkt, die Rente nur als Zins des Kapitals, womit er den Boden und damit den Anspruch auf die Rente erkauft hat. Ganz so erscheint einem Sklavenhalter, der einen Neger gekauft hat, sein Eigentum an dem Neger nicht durch die Institution der Sklaverei als solche, sondern durch Kauf und Verkauf von Ware erworben. Aber der Titel selbst wird durch den Verkauf nicht erzeugt, sondern nur übertragen. Der Titel muß da sein, bevor er verkauft werden kann, und sowenig wie ein Verkauf, kann eine Reihe von solchen Verkäufen, ihre beständige Wiederholung, diesen Titel schaffen. Was ihn überhaupt geschaffen hat, waren die Produktionsverhältnisse. Sobald diese auf einem Punkt angelangt sind, wo sie sich umhäuten müssen, fällt die materielle, die ökonomisch und historisch berechtigte, die aus dem Prozeß der gesellschaftlichen Lebenserzeugung entspringende Quelle des Titels und aller auf ihm begründeten Transaktionen fort. Vom Standpunkt einer höhern ökonomischen Gesellschaftsformation wird das Privateigentum einzelner Individuen am Erdball ganz so abgeschmackt erscheinen wie das Privateigentum eines Menschen an einem andern Menschen. Selbst eine ganze Gesellschaft, eine Nation, ja alle gleichzeitigen Gesellschaften zusammengenommen, sind nicht Eigentümer der Erde. Sie sind nur ihre Besitzer, ihre Nutznießer, und haben sie als boni patres familias den nachfolgenden Generationen verbessert zu hinterlassen.
Bei der folgenden Untersuchung des Bodenpreises sehn wir ab von allen Konkurrenzschwankungen, von allen Bodenspekulationen oder auch vom kleinen Grundeigentum, wo die Erde das Hauptinstrument der Produzenten bildet und daher zu jedem Preis von ihnen gekauft werden muß.
I. Der Preis des Bodens kann steigen, ohne daß die Rente steigt; nämlich
1. durch das bloße Fallen des Zinsfußes, welches bewirkt, daß die Rente teurer verkauft wird und daher die kapitalisierte Rente, der Bodenpreis, wächst;
2. weil der Zins des dem Boden einverleibten Kapitals wächst.
II. Der Bodenpreis kann steigen, weil die Rente wächst.
Die Rente kann wachsen, weil der Preis des Bodenprodukts steigt, in welchem Fall immer die Rate der Differentialrente steigt, ob die Rente auf dem schlechtesten bebauten Boden groß, klein oder gar nicht vorhanden sei. Unter der Rate verstehn wir das Verhältnis des Teils des Mehrwerts, der sich in Rente verwandelt, zum vorgeschoßnen Kapital, welches das Bodenprodukt produziert. Es ist dies verschieden von dem Verhältnis des Surplusprodukts zum Gesamtprodukt, denn das Gesamtprodukt schließt nicht das ganze vorgeschoßne Kapital ein, nämlich nicht das fixe Kapital, das neben dem Produkt fortexistiert. Dagegen ist dies darin eingeschlossen, daß auf den Bodenarten, die eine Differentialrente tragen, ein wachsender Teil des Produkts sich in überschüssiges Surplusprodukt verwandelt. Auf dem schlechtesten Boden schafft die Preissteigerung des Bodenprodukts erst Rente und daher Preis des Bodens.
Die Rente kann aber auch wachsen, ohne daß der Preis des Bodenprodukts steigt. Er kann konstant bleiben oder selbst abnehmen.
Wenn er konstant bleibt, so kann die Rente nur wachsen (von Monopolpreisen abgesehn), entweder weil bei gleich großer Kapitalanlage auf den alten Ländereien neue Ländereien besserer Qualität bebaut werden, die aber nur hinreichen, die gewachsene Nachfrage zu decken, so daß der regulierende Marktpreis unverändert bleibt. In diesem Fall steigt nicht der Preis der alten Ländereien, aber für den neu in Angriff genommenen Boden steigt der Preis über den des alten.
Oder aber die Rente steigt, weil bei gleichbleibender relativer Ergiebigkeit und gleichbleibendem Marktpreis die Masse des den Boden exploitierenden Kapitals wächst. Obgleich daher die Rente im Verhältnis zum vorgeschoßnen Kapital dieselbe bleibt, verdoppelt sich z.B. ihre Masse, weil sich das Kapital selbst verdoppelt hat. Da kein Fallen des Preises eingetreten ist, wirft die zweite Kapitalanlage ebensogut wie die erste einen Surplusprofit ab, der sich nach Ablauf der Pachtzeit ebenfalls in Rente verwandelt. Die Masse der Rente steigt hier, weil die Masse des Rente erzeugenden Kapitals steigt. Die Behauptung, daß verschiedne sukzessive Kapitalanlagen auf derselben Bodenstrecke eine Rente nur erzeugen können, soweit ihr Ertrag ungleich ist und daher eine Differentialrente entsteht, kommt auf die Behauptung hinaus, daß, wenn zwei Kapitale von je 1000 Pfd. St. auf zwei Feldern von gleicher Ergiebigkeit angelegt sind, nur eins derselben Rente abwerfen könne, obgleich diese beiden Felder zur bessern Bodenklasse gehören, die eine Differentialrente abwirft. (Die Masse des Rentals, die Gesamtrente eines Landes, wächst daher mit der Masse der Kapitalanlage, ohne daß der Preis des einzelnen Bodenstücks oder die Rentrate oder auch die Rentmasse auf dem einzelnen Bodenstücke notwendig wächst; die Masse des Rentals wächst in diesem Fall mit der räumlichen Ausbreitung der Kultur. Dies kann sogar mit dem Fallen der Rente auf den einzelnen Besitzungen verbunden sein.) Sonst käme diese Behauptung auf die andre hinaus, daß die Kapitalanlage auf zwei verschiednen Bodenstücken nebeneinander andern Gesetzen folge als die sukzessive Kapitalanlage auf demselben Bodenstück, während man doch gerade die Differentialrente ableitet aus der Identität des Gesetzes in beiden Fällen, aus dem Zuwachs der Ergiebigkeit der Kapitalanlage sowohl auf demselben Felde wie auf verschiednen Feldern. Die einzige Modifikation, die hier existiert und die übersehn wird, ist die, daß sukzessive Kapitalanlage bei ihrer Anwendung auf räumlich verschiednen Boden auf die Schranke des Grundeigentums stößt, was bei sukzessiven Kapitalanlagen auf demselben Boden nicht der Fall ist. Daher auch die entgegengesetzte Wirkung, wodurch diese verschiednen Formen der Anlage sich in der Praxis wechselseitig in Schranken halten. Es tritt hier nie ein Unterschied vom Kapital ein. Bleibt die Zusammensetzung des Kapitals dieselbe und ebenso die Rate des Mehrwerts, so bleibt die Profitrate unverändert, so daß bei verdoppeltem Kapital die Profitmasse sich verdoppelt. Ebenso bleibt unter den angenommenen Verhältnissen die Rentrate dieselbe. Wenn ein Kapital von 1000 Pfd. St. eine Rente von x, wirft unter den vorausgesetzten Umständen eines von 2000 Pfd. St. eine Rente von 2x ab. Aber mit Bezug auf die Bodenfläche berechnet, die unverändert geblieben ist, da der Annahme nach das doppelte Kapital in demselben Feld arbeitet, ist infolge des Steigens der Masse der Rente auch ihre Höhe gestiegen. Derselbe Acre, der 2 Pfd. St. Rente einbrachte, bringt jetzt 4 Pfd. St.134
Das Verhältnis eines Teils des Mehrwerts, der Geldrente – denn das Geld ist der selbständige Ausdruck des Werts – zum Boden ist an sich abgeschmackt und irrationell; denn es sind inkommensurable Größen, die hier aneinander gemessen werden, ein bestimmter Gebrauchswert, Bodenstück von soundso viel Quadratfuß auf der einen Seite, und Wert, speziell Mehrwert auf der andern. Es drückt dies in der Tat nichts aus, als daß unter den gegebnen Verhältnissen das Eigentum an den Quadratfüßen Boden den Grundeigentümer befähigt, ein bestimmtes Quantum unbezahlter Arbeit abzufangen, die das in den Quadratfüßen wie ein Schwein in den Kartoffeln wühlende Kapital 〈hier steht im Ms. in Klammern, aber durchstrichen: Liebig} realisiert hat. Prima facie ist der Ausdruck aber derselbe, als wollte man vom Verhältnis einer Fünfpfundnote zum Durchmesser der Erde sprechen. Die Vermittlungen der irrationellen Formen, worin bestimmte ökonomische Verhältnisse erscheinen und sich praktisch zusammenfassen, gehn die praktischen Träger dieser Verhältnisse in ihrem Handel und Wandel jedoch nichts an; und da sie gewohnt sind, sich darin zu bewegen, findet ihr Verstand nicht im geringsten Anstoß daran. Ein vollkommner Widerspruch hat durchaus nichts Geheimnisvolles für sie. In den dem innern Zusammenhang entfremdeten und, für sich isoliert genommen, abgeschmackten Erscheinungsformen fühlen sie sich ebenfalls so zu Haus wie ein Fisch im Wasser. Es gilt hier, was Hegel mit Bezug auf gewisse mathematische Formeln sagt, daß, was der gemeine Menschenverstand irrationell findet, das Rationelle, und sein Rationelles die Irrationalität selbst ist.
Mit Bezug auf die Bodenfläche selbst betrachtet, drückt sich also das Steigen in der Masse der Rente aus, ganz wie ein Steigen in der Rate der Rente, und daher die Verlegenheit, wenn die Bedingungen, die den einen Fall erklären würden, bei dem andern fehlen.
Der Bodenpreis kann aber auch steigen, selbst wenn der Preis des Bodenprodukts abnimmt.
In diesem Fall kann sich durch weitre Differenzierung die Differentialrente, und daher der Bodenpreis, der bessern Ländereien vermehrt haben. Oder wenn dies nicht der Fall ist, kann bei vermehrter Produktivkraft der Arbeit der Preis des Bodenprodukts gefallen sein, so daß aber die vermehrte Produktion dies mehr als aufwiegt. Nimm an, das Quarter habe 60 sh. gekostet. Werden von demselben Acre mit demselben Kapital 2 qrs. statt einem produziert, und das qr. falle auf 40 sh., so bringen 2 qrs. 80 sh., so daß der Wert des Produkts desselben Kapitals auf demselben Acre um ein Drittel gestiegen, obgleich der Preis per qr. um ein Drittel gefallen ist. Wie dies möglich, ohne daß das Produkt über seinem Produktionspreis oder Wert verkauft wird, wurde bei der Differentialrente entwickelt. Es ist in der Tat nur in zwei Arten möglich. Entweder schlechter Boden wird außer Konkurrenz gesetzt, aber der Preis des bessern Bodens wächst, wenn die Differentialrente wächst, die allgemeine Verbesserung also ungleichmäßig auf die verschiednen Bodenarten wirkt. Oder auf dem schlechtesten Boden drückt sich derselbe Produktionspreis (und derselbe Wert, falls absolute Rente gezahlt wird) wegen gesteigerter Produktivität der Arbeit in größrer Masse Produkt aus. Das Produkt stellt nach wie vor denselben Wert dar, aber der Preis seiner aliquoten Teile ist gefallen, während ihre Anzahl sich vermehrt hat. Wenn dasselbe Kapital angewandt, ist dies unmöglich; denn in diesem Fall drückt sich stets derselbe Wert in jeder beliebigen Menge Produkt aus. Es ist aber möglich, wenn ein Kapitalzuschuß gemacht worden ist für Gips, Guano etc., kurz, für Verbesserungen, deren Wirkung sich über mehrere Jahre erstreckt. Die Bedingung ist, daß der Preis des einzelnen qr. zwar fällt, aber nicht in demselben Verhältnis, wie die Zahl der qrs. wächst.
III. Diese verschiednen Bedingungen des Steigens der Rente und daher des Bodenpreises überhaupt oder für einzelne Bodenarten können z.T. konkurrieren, z. T. schließen sie einander aus und können nur abwechselnd wirken. Es folgt aber aus dem Entwickelten, daß aus einem Steigen des Bodenpreises nicht ohne weiteres auf ein Steigen der Rente und daß aus einem Steigen der Rente, welches immer ein Steigen des Bodenpreises nach sich zieht, nicht ohne weiteres auf ein Steigen der Bodenprodukte geschlossen werden kann.135
Statt auf die wirklichen naturgemäßen Ursachen der Erschöpfung des Bodens zurückzugehn, welche übrigens sämtlichen Ökonomen, die über Differentialrente geschrieben haben, unbekannt waren wegen des Zustands der Agrikulturchemie zu ihrer Zeit, ist die flache Auffassung zu Hilfe genommen worden, daß man nicht jede beliebige Masse Kapital in einem räumlich begrenzten Feld anlegen kann; wie z.B. die »Edinburgh Review«A54 dem Richard Jones entgegenhielt, daß man nicht ganz England durch Bebauung von Soho Square füttern kann. Wenn dies als ein besondrer Nachteil der Agrikultur angesehn wird, so ist gerade das Umgekehrte wahr. Es können hier sukzessive Kapitalanlagen fruchtbringend angelegt werden, weil die Erde selbst als Produktionsinstrument wirkt, was bei einer Fabrik, wo sie nur als Unterlage, als Platz, als räumliche Operationsbasis fungiert, nicht oder nur innerhalb sehr enger Grenzen der Fall ist. Man kann zwar – und dies tut die große Industrie – in einem, verglichen mit dem parzellierten Handwerk, kleinen Raum eine große Produktionsanlage konzentrieren. Aber, die Entwicklungsstufe der Produktivkraft gegeben, ist immer ein bestimmter Raum erforderlich, und das Bauen in die Höhe hat auch seine bestimmten praktischen Grenzen. Über diese hinaus erfordert Ausdehnung der Produktion auch Erweiterung des Bodenraums. Das in Maschinen usw. angelegte fixe Kapital verbessert sich nicht durch den Gebrauch, sondern verschleißt im Gegenteil. Infolge neuer Erfindungen können auch hier einzelne Verbesserungen angebracht werden, aber die Entwicklung der Produktivkraft als gegeben vorausgesetzt, kann sich die Maschine nur verschlechtern. Bei rascher Entwicklung der Produktivkraft muß die ganze alte Maschinerie durch vorteilhaftere ersetzt werden, also verlorengehn. Die Erde dagegen, richtig behandelt, verbessert sich fortwährend. Der Vorzug der Erde, daß sukzessive Kapitalanlagen Vorteil bringen können, ohne daß die frühern verlorengehn, schließt zugleich die Möglichkeit der Ertragsdifferenz dieser sukzessiven Kapitalanlagen ein.
47. Genesis der kapitalistischen Grundrente
I. Einleitendes
Man muß sich klarmachen, worin eigentlich die Schwierigkeit der Behandlung der Grundrente, vom Standpunkt der modernen Ökonomie, als des theoretischen Ausdrucks der kapitalistischen Produktionsweise besteht. Dies ist selbst von einer großen Anzahl neuerer Schriftsteller immer noch nicht begriffen worden, wie jeder erneuerte Versuch, die Grundrente »neu« zu erklären, beweist. Die Neuheit besteht hier fast immer in dem Rückfall in längst überwundne Standpunkte. Die Schwierigkeit besteht nicht darin, das vom agrikolen Kapital erzeugte Mehrprodukt und den ihm entsprechenden Mehrwert überhaupt zu erklären. Diese Frage ist vielmehr gelöst in der Analyse des Mehrwerts, den alles produktive Kapital erzeugt, in welcher Sphäre immer es angelegt sei. Die Schwierigkeit besteht darin, nachzuweisen, woher nach Ausgleichung des Mehrwerts unter den verschiednen Kapitalen zum Durchschnittsprofit, zu einem ihren verhältnismäßigen Größen entsprechenden proportionellen Anteil an dem Gesamtmehrwert, den das gesellschaftliche Kapital in allen Produktionssphären zusammen erzeugt hat, woher nach dieser Ausgleichung, nach der scheinbar bereits stattgehabten Verteilung alles Mehrwerts, der überhaupt zu verteilen ist, woher da noch der überschüssige Teil dieses Mehrwerts stammt, den das im Boden angelegte Kapital unter der Form der Grundrente an den Grundeigentümer zahlt. Ganz abgesehn von den praktischen Motiven, welche den modernen Ökonomen als Wortführer des industriellen Kapitals gegen das Grundeigentum zur Untersuchung dieser Frage stachelten – Motive, die wir in dem Kapitel über die Geschichte der Grundrente näher andeuten werden –, war die Frage für sie als Theoretiker von entscheidendem Interesse. Zugeben, daß die Erscheinung der Rente für das im Ackerbau angelegte Kapital aus einer besondren Wirkung der Anlagesphäre selbst, aus der Erdkruste als solcher angehörigen Eigenschaften stamme – das hieß verzichten auf den Wertbegriff selbst, also verzichten auf jede Möglichkeit wissenschaftlicher Erkenntnis auf diesem Gebiet. Selbst die einfache Wahrnehmung, daß die Rente aus dem Preise des Bodenprodukts bezahlt wird – was selbst da stattfindet, wo sie in Naturalform gezahlt wird, wenn der Pächter seinen Produktionspreis herausschlagen soll –, zeigte die Abgeschmacktheit, den Überschuß dieses Preises über den gewöhnlichen Produktionspreis, also die relative Teuerkeit des Ackerbauprodukts aus dem Überschuß der naturwüchsigen Produktivität der agrikolen Industrie über die Produktivität der andern Industriezweige zu erklären; da umgekehrt, je produktiver die Arbeit, desto wohlfeiler jeder aliquote Teil ihres Produkts, weil desto größer die Masse der Gebrauchswerte, worin dasselbe Quantum Arbeit, also derselbe Wert sich darstellt.
Die ganze Schwierigkeit in der Analyse der Rente bestand also darin, den Überschuß des agrikolen Profits über den Durchschnittsprofit zu erklären, nicht den Mehrwert, sondern den dieser Produktionssphäre eigentümlichen überschüssigen Mehrwert, also auch nicht das »Nettoprodukt«, sondern den Überschuß dieses Nettoprodukts über das Nettoprodukt der andren Industriezweige. Der Durchschnittsprofit selbst ist ein Produkt, eine Bildung des unter ganz bestimmten historischen Produktionsverhältnissen vor sich gehenden sozialen Lebensprozesses, ein Produkt, das, wie wir gesehn haben, sehr weitläuftige Vermittlung voraussetzt. Um überhaupt von einem Überschuß über den Durchschnittsprofit sprechen zu können, muß dieser Durchschnittsprofit selbst als Maßstab und, wie es in der kapitalistischen Produktionsweise der Fall ist, als Regulator der Produktion überhaupt hergestellt sein. In Gesellschaftsformen also, wo es noch nicht das Kapital ist, das die Funktion vollzieht, alle Mehrarbeit zu erzwingen und allen Mehrwert in erster Hand sich selbst anzueignen, wo also das Kapital sich die gesellschaftliche Arbeit noch nicht oder nur sporadisch subsumiert hat, kann von der Rente im modernen Sinn, von der Rente als einem Überschuß über den Durchschnittsprofit, d.h. über den proportionellen Anteil jedes Einzelkapitals an dem vom gesellschaftlichen Gesamtkapital produzierten Mehrwert, überhaupt nicht die Rede sein. Es zeigt die Naivetät z.B. des Herrn Passy (siehe weiter unten), wenn er schon im Urzustand von Rente spricht als von Überschuß über den Profit – über eine historisch bestimmte gesellschaftliche Form des Mehrwerts, die also nach Herrn Passy so ziemlich auch ohne Gesellschaft existieren kann.
Für die ältern Ökonomen, die überhaupt mit der Analyse der, zu ihrer Zeit noch unentwickelten, kapitalistischen Produktionsweise erst beginnen, bot die Analyse der Rente entweder überhaupt keine Schwierigkeit oder doch Schwierigkeit ganz andrer Art. Petty, Cantillon, überhaupt die der Feudalzeit näher stehenden Schriftsteller nehmen die Grundrente als die normale Form des Mehrwerts überhaupt an, während der Profit ihnen noch unbestimmt mit dem Arbeitslohn zerfließt oder höchstens als ein vom Kapitalisten dem Grundeigentümer abgepreßter Teil dieses Mehrwerts erscheint. Sie gehn also von einem Zustand aus, wo erstens die agrikole Bevölkerung noch den weit überwiegenden Teil der Nation ausmacht und wo zweitens der Grundeigentümer noch als die Person erscheint, die in erster Hand die überschüssige Arbeit der unmittelbaren Produzenten vermittelst des Monopols des Grundeigentums sich aneignet, wo also das Grundeigentum auch noch als die Hauptbedingung der Produktion erscheint. Für sie konnte eine Fragestellung noch nicht existieren, die umgekehrt, vom Standpunkt der kapitalistischen Produktionsweise aus, zu erforschen sucht, wie das Grundeigentum es fertigbringt, dem Kapital einen Teil des von diesem produzierten (d.h. den unmittelbaren Produzenten ausgepreßten) und in erster Hand bereits angeeigneten Mehrwerts wieder zu entziehn.
Bei den Physiokraten ist die Schwierigkeit schon andrer Natur. Als in der Tat die ersten systematischen Dolmetscher des Kapitals, suchen sie die Natur des Mehrwerts überhaupt zu analysieren. Die Analyse fällt für sie zusammen mit der Analyse der Rente, der einzigen Form, worin der Mehrwert für sie existiert. Das Rente tragende oder agrikole Kapital ist für sie daher das einzige Mehrwert erzeugende Kapital und die von ihm in Bewegung gesetzte agrikole Arbeit die allein Mehrwert setzende, also vom kapitalistischen Standpunkt aus ganz richtig die einzige produktive Arbeit. Die Erzeugung von Mehrwert gilt ihnen ganz richtig als das Bestimmende. Sie haben, von andren in Buch IV auseinanderzusetzenden Verdiensten abgesehn, zunächst das große Verdienst, von dem allein in der Zirkulationssphäre fungierenden Handelskapital zurückzugehn zum produktiven Kapital, im Gegensatz zum Merkantilsystem, das in seinem groben Realismus die eigentliche Vulgärökonomie jener Zeit bildet, vor deren praktischen Interessen die Anfänge wissenschaftlicher Analyse durch Petty und seine Nachfolger ganz in den Hintergrund gedrängt waren. Beiläufig handelt es sich hier, bei der Kritik des Merkantilsystems, nur um seine Anschauungen von Kapital und Mehrwert. Es ist schon früher bemerkt worden, daß das Monetarsystem die Produktion für den Weltmarkt und die Verwandlung des Produkts in Ware, daher in Geld, richtig als Voraussetzung und Bedingung der kapitalistischen Produktion verkündet. In seiner Fortsetzung im Merkantilsystem entscheidet nicht mehr die Verwandlung des Warenwerts in Geld, sondern die Erzeugung von Mehrwert, aber vom begriffslosen Standpunkt der Zirkulationssphäre aus und zugleich so, daß dieser Mehrwert sich darstellt in Surplusgeld, im Überschuß der Handelsbilanz. Es ist aber zugleich das die interessierten Kaufleute und Fabrikanten von damals richtig Charakterisierende und das der Periode der kapitalistischen Entwicklung, die sie darstellen, Adäquate darin, daß es bei der Verwandlung der feudalen Ackerbaugesellschaften in industrielle und bei dem entsprechenden industriellen Kampf der Nationen auf dem Weltmarkt auf eine beschleunigte Entwicklung des Kapitals ankommt, die nicht auf dem sog. naturgemäßen Weg, sondern durch Zwangsmittel zu erreichen ist. Es macht einen gewaltigen Unterschied, ob das nationale Kapital allmählich und langsam sich in industrielles verwandelt oder ob diese Verwandlung zeitlich beschleunigt wird durch die Steuer, die sie vermittelst der Schutzzölle hauptsächlich auf Grundeigentümer, Mittel- und Kleinbauern und Handwerk legen, durch die beschleunigte Expropriation der selbständigen unmittelbaren Produzenten, durch gewaltsam beschleunigte Akkumulation und Konzentration der Kapitale, kurz, durch beschleunigte Herstellung der Bedingungen der kapitalistischen Produktionsweise. Es macht zugleich enormen Unterschied in der kapitalistischen und industriellen Exploitation der natürlichen nationalen Produktivkraft. Der nationale Charakter des Merkantilsystems ist daher nicht bloße Phrase im Munde seiner Wortführer. Unter dem Vorwand, sich nur mit dem Reichtum der Nation und den Hilfsquellen des Staats zu beschäftigen, erklären sie in der Tat die Interessen der Kapitalistenklasse und die Bereicherung überhaupt für den letzten Staatszweck und proklamieren sie die bürgerliche Gesellschaft gegen den alten überirdischen Staat. Aber zugleich ist das Bewußtsein vorhanden, daß die Entwicklung der Interessen des Kapitals und der Kapitalistenklasse, der kapitalistischen Produktion, die Basis der nationalen Macht und des nationalen Übergewichts in der modernen Gesellschaft geworden ist.
Es ist ferner das Richtige bei den Physiokraten, daß in der Tat alle Produktion von Mehrwert, also auch alle Entwicklung des Kapitals, der natürlichen Grundlage nach, auf der Produktivität der agrikolen Arbeit beruht. Wenn die Menschen überhaupt nicht fähig, in einem Arbeitstag mehr Lebensmittel, also im engsten Sinn mehr Ackerbauprodukte zu erzeugen, als jeder Arbeiter zu seiner eignen Reproduktion bedarf, wenn die tägliche Verausgabung seiner ganzen Arbeitskraft nur dazu hinreicht, die zu seinem individuellen Bedarf unentbehrlichen Lebensmittel herzustellen, so könnte überhaupt weder von Mehrprodukt noch von Mehrwert die Rede sein. Eine über das individuelle Bedürfnis des Arbeiters hinausgehende Produktivität der agrikolen Arbeit ist die Basis aller Gesellschaft und ist vor allem die Basis der kapitalistischen Produktion, die einen immer wachsenden Teil der Gesellschaft von der Produktion der unmittelbaren Lebensmittel loslöst und sie, wie Steuart sagt, in free handsA55 verwandelt, sie zur Exploitation in andren Sphären disponibel macht.
Was soll man aber zu neuern ökonomischen Schriftstellern wie Daire, Passy etc. sagen, welche am Lebensabend der ganzen klassischen Ökonomie, ja am Sterbebett derselben, die ursprünglichsten Vorstellungen über die Naturbedingungen der Mehrarbeit und daher des Mehrwerts überhaupt wiederholen und damit etwas Neues und Schlagendes über die Grundrente vorzubringen glauben, nachdem diese Grundrente längst als eine besondre Form und ein spezifischer Teil des Mehrwerts entwickelt ist? Es charakterisiert eben die Vulgärökonomie, daß sie das, was in einer bestimmten überlebten Entwicklungsstufe neu, originell, tief und berechtigt war, zu einer Zeit wiederholt, wo es platt, abgestanden und falsch ist. Sie bekennt damit, daß sie auch nicht einmal eine Ahnung über die Probleme besitzt, die die klassische Ökonomie beschäftigt haben. Sie verwechselt sie mit Fragen, wie sie nur auf einem niedrigern Standpunkt der Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft gestellt werden konnten. Ebenso verhält es sich mit ihrem rastlosen und selbstgefälligen Wiederkäuen der physiokratischen Sätze über den Freihandel. Diese Sätze haben längst alles und jedes theoretische Interesse verloren, sosehr sie diesen oder jenen Staat praktisch interessieren mögen.
Bei der eigentlichen Naturalwirtschaft, wo gar kein oder nur ein sehr unbedeutender Teil des agrikolen Produkts in den Zirkulationsprozeß eintritt und selbst nur ein relativ unbedeutender Teil des Teils des Produkts, der die Revenue des Grundeigentümers darstellt, wie z.B. auf vielen altrömischen Latifundien, wie auf den Villen Karls des Großen, und wie (sieh Vinçard, »Histoire du travail«) mehr oder weniger während des ganzen Mittelalters, besteht das Produkt und das Mehrprodukt der großen Güter keineswegs bloß aus den Produkten der agrikolen Arbeit. Es umfaßt ebensowohl die Produkte der industriellen Arbeit. Häusliche Handwerks- und Manufakturarbeit, als Nebenbetrieb des Ackerbaus, der die Basis bildet, ist die Bedingung der Produktionsweise, worauf diese Naturalwirtschaft beruht, im europäischen Altertum und Mittelalter sowohl wie noch heutzutage in der indischen Gemeinde, wo deren traditionelle Organisation noch nicht zerstört ist. Die kapitalistische Produktionsweise hebt diesen Zusammenhang völlig auf; ein Prozeß, den man im großen namentlich während des letzten Drittels des 18. Jahrhunderts in England studieren kann. Köpfe, die in mehr oder minder halb feudalen Gesellschaften aufgewachsen waren, Herrenschwand z.B., betrachten noch Ende des 18. Jahrhunderts diese Trennung von Ackerbau und Manufaktur als tollkühnes gesellschaftliches Wagstück, als eine unbegreiflich riskierte Existenzweise. Und selbst in den Ackerbauwirtschaften des Altertums, die die meiste Analogie mit der kapitalistischen Landwirtschaft zeigen, in Karthago und Rom, ist die Ähnlichkeit größer mit der Plantagenwirtschaft als mit der der wirklich kapitalistischen Exploitationsweise entsprechenden Form.136 Eine formelle Analogie, die aber auch in allen wesentlichen Punkten durchaus als Täuschung erscheint für den, der die kapitalistische Produktionsweise begriffen hat und der nicht etwa wie Herr Mommsen137 in jeder Geldwirtschaft auch schon kapitalistische Produktionsweise entdeckt – eine formelle Analogie findet sich im Altertum im kontinentalen Italien überhaupt nicht, sondern nur etwa in Sizilien, weil dies als agrikoles Tributland für Rom existierte, der Ackerbau daher wesentlich auf den Export gerichtet war. Hier finden sich Pächter im modernen Sinn.
Eine unrichtige Auffassung der Natur der Rente basiert auf dem Umstand, daß aus der Naturalwirtschaft des Mittelalters her, und ganz den Bedingungen der kapitalistischen Produktionsweise widersprechend, die Rente in Naturalform zum Teil in den Zehnten der Kirche, zum Teil als Kuriosität, durch alte Kontrakte verewigt, sich in die moderne Zeit herübergeschleppt hat. Es gewinnt dadurch den Anschein, daß die Rente nicht aus dem Preis des Agrikulturprodukts, sondern aus seiner Masse entspringt, also nicht aus gesellschaftlichen Verhältnissen, sondern aus der Erde. Wir haben schon früher gezeigt, daß, obgleich der Mehrwert sich in einem Surplusprodukt darstellt, nicht um gekehrt ein Surplusprodukt im Sinn einer bloßen Zunahme der Masse des Produkts, einen Mehrwert darstellt. Es kann ein Minus von Wert darstellen. Die Baumwollindustrie müßte sonst 1860, verglichen mit 1840, einen enormen Mehrwert darstellen, während im Gegenteil der Preis des Garns gefallen ist. Die Rente kann infolge einer Reihe von Mißjahren enorm wachsen, weil der Preis des Getreides steigt, obgleich dieser Surpluswert sich in einer absolut abnehmenden Masse von teurerem Weizen darstellt. Umgekehrt, infolge einer Reihe fruchtbarer Jahre kann die Rente sinken, weil der Preis sinkt, obgleich die gesunkene Rente sich in einer größern Masse wohlfeilern Weizens darstellt. Zunächst ist nun zu bemerken über die Produktenrente, daß sie bloße, aus einer verlebten Produktionsweise herübergeschleppte und als Ruine ihr Dasein fristende Tradition ist, deren Widerspruch mit der kapitalistischen Produktionsweise sich darin zeigt, daß sie aus den Privatkontrakten von selbst verschwand und daß sie da, wo die Gesetzgebung eingreifen konnte, wie bei den Kirchenzehnten in England, gewaltsam als Inkongruität abgeschüttelt wurde. Zweitens aber, wo sie auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise fortexistierte, war sie nichts und konnte nichts andres sein als ein mittelalterlich verkleideter Ausdruck der Geldrente. Das qr. Weizen steht z.B. auf 40 sh. Von diesem qr. muß ein Teil den in ihm enthaltnen Arbeitslohn ersetzen und verkauft werden, um ihn von neuem auslegen zu können; ein andrer Teil muß verkauft werden, um den auf ihn fallenden Teil der Steuern zu zahlen. Aussaat und ein Teil des Düngers selbst gehn da, wo die kapitalistische Produktionsweise und mit ihr die Teilung der gesellschaftlichen Arbeit entwickelt ist, als Waren in die Reproduktion ein, müssen also zum Ersatz gekauft werden; und es muß wieder ein Teil des qr. verkauft werden, um das Geld hierfür zu liefern. Soweit sie nicht wirklich als Ware gekauft werden müssen, sondern aus dem Produkt selbst in natura entnommen werden, um von neuem als Produktionsbedingungen in seine Reproduktion einzugehn – wie dies nicht nur im Ackerbau, sondern in vielen Produktionszweigen geschieht, die konstantes Kapital produzieren –, gehn sie in die Rechnung, in Rechengeld ausgedrückt, ein und kommen als Bestandteile des Kostpreises in Abzug. Der Verschleiß der Maschinerie und des fixen Kapitals überhaupt muß in Geld ersetzt werden. Endlich kommt der Profit, der auf die Summe dieser, in wirklichem Geld oder in Rechengeld ausgedrückten Kosten berechnet ist. Dieser Profit stellt sich in einem bestimmten Teil des Bruttoprodukts dar, der durch seinen Preis bestimmt ist. Und der Teil, der dann übrigbleibt, bildet die Rente. Ist die kontraktliche Produktenrente größer als dieser durch den Preis bestimmte Rest, so bildet sie keine Rente, sondern ist Abzug vom Profit. Wegen dieser Möglichkeit schon ist die Produktenrente, die dem Preis des Produkts nicht folgt, die also mehr oder weniger betragen kann als die wirkliche Rente und die daher nicht nur einen Abzug vom Profit, sondern auch von Bestandteilen des Kapitalersatzes bilden kann, eine veraltete Form. In der Tat ist diese Produktenrente, soweit sie nicht dem Namen, sondern der Sache nach Rente ist, ausschließlich bestimmt durch den Überschuß des Preises des Produkts über seine Produktionskosten. Nur unterstellt sie diese variable Größe als eine konstante. Aber es ist eine so anheimelnde Vorstellung, daß das Produkt in natura erstens hinreicht, die Arbeiter zu ernähren, dann dem kapitalistischen Pächter mehr Nahrung zu lassen als er braucht, und daß der Überschuß darüber die natürliche Rente bildet. Ganz wie wenn ein Kattunfabrikant 200000 Ellen fabriziert. Diese Ellen reichen nicht nur hin, seine Arbeiter zu kleiden, seine Frau und alle seine Nachkommenschaft und ihn selbst mehr als zu kleiden, ihm außerdem noch Kattun zum Verkauf zu lassen und endlich eine gewaltige Rente in Kattun zu zahlen. Die Sache ist so einfach! Man ziehe von 200000 Ellen Kattun die Produktionskosten ab, und es muß ein Überschuß von Kattun als Rente bleiben. Von 200000 Ellen Kattun z.B. die Produktionskosten von 10000 Pfd. St. abziehn, ohne den Verkaufspreis des Kattuns zu kennen, von Kattun Geld abziehn, von einem Gebrauchswert als solchem einen Tauschwert, und dann den Überschuß der Ellen Kattun über die Pfunde Sterling bestimmen, ist in der Tat eine naive Vorstellung. Es ist schlimmer als die Quadratur des Zirkels, der wenigstens der Begriff der Grenzen, in denen gerade Linie und Kurve verschwimmen, zugrunde liegt. Aber es ist das Rezept des Herrn Passy. Man ziehe Geld von Kattun ab, bevor der Kattun im Kopf oder in der Wirklichkeit in Geld verwandelt ist! Der Überschuß ist die Rente, die aber naturaliter (siehe z.B. Karl Arndt) und nicht durch »sophistische« Teufeleien handgegriffen werden soll! Auf diese Narrheit, den Abzug des Produktionspreises von soundso viel Scheffeln Weizen, die Subtraktion einer Geldsumme von einem Kubikmaß, kommt diese ganze Restauration der Naturalrente hinaus.
II. Die Arbeitsrente
Betrachtet man die Grundrente in ihrer einfachsten Form, der Arbeitsrente, wo der unmittelbare Produzent einen Teil der Woche mit faktisch oder juristisch ihm gehörigen Arbeitswerkzeugen (Pflug, Vieh etc.) den ihm faktisch gehörigen Boden bestellt und die andern Tage der Woche auf dem Gute des Grundherrn arbeitet, für den Grundherrn, unentgeltlich, so ist hier die Sache noch ganz klar, Rente und Mehrwert sind hier identisch. Die Rente, nicht der Profit, ist die Form, worin sich hier die unbezahlte Mehrarbeit ausdrückt. Wieweit der Arbeiter (self-sustaining serf) hier einen Überschuß über seine unentbehrlichen Subsistenzmittel gewinnen kann, also einen Überschuß über das, was wir in der kapitalistischen Produktionsweise den Arbeitslohn nennen würden, dies hängt bei sonst gleichbleibenden Umständen ab von dem Verhältnis, worin seine Arbeitszeit sich teilt in Arbeitszeit für ihn selbst und Fronarbeitszeit für den Grundherrn. Dieser Überschuß über die notwendigsten Subsistenzmittel, der Keim dessen, was in der kapitalistischen Produktionsweise als Profit erscheint, ist also ganz und gar bestimmt durch die Höhe der Grundrente, welche hier nicht nur unmittelbar unbezahlte Mehrarbeit ist, sondern auch als solche erscheint; unbezahlte Mehrarbeit für den »Eigentümer« der Produktionsbedingungen, die hier mit dem Grund und Boden zusammenfallen und, soweit sie sich von ihm unterscheiden, nur als sein Zubehör gelten. Daß das Produkt des Fröners hier hinreichen muß, außer seiner Subsistenz seine Arbeitsbedingungen zu ersetzen, ist ein Umstand, der in allen Produktionsweisen derselbe bleibt, da es kein Resultat ihrer spezifischen Form, sondern eine Naturbedingung aller kontinuierlichen und reproduktiven Arbeit überhaupt, jeder fortgesetzten Produktion ist, die immer zugleich Reproduktion, also auch Reproduktion ihrer eignen Wirkungsbedingungen ist. Es ist ferner klar, daß in allen Formen, worin der unmittelbare Arbeiter »Besitzer« der zur Produktion seiner eignen Subsistenzmittel notwendigen Produktionsmittel und Arbeitsbedingungen bleibt, das Eigentumsverhältnis zugleich als unmittelbares Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnis auftreten muß, der unmittelbare Produzent also als Unfreier; eine Unfreiheit, die sich von der Leibeigenschaft mit Fronarbeit bis zur bloßen Tributpflichtigkeit abschwächen kann. Der unmittelbare Produzent befindet sich hier der Voraussetzung nach im Besitz seiner eignen Produktionsmittel, der zur Verwirklichung seiner Arbeit und zur Erzeugung seiner Subsistenzmittel notwendigen gegenständlichen Arbeitsbedingungen; er betreibt seinen Ackerbau wie die damit verknüpfte ländlich-häusliche Industrie selbständig. Diese Selbständigkeit ist nicht dadurch aufgehoben, daß, etwa wie in Indien, diese Kleinbauern unter sich ein mehr oder minder naturwüchsiges Produktionsgemeinwesen bilden, da es sich hier nur von der Selbständigkeit gegenüber dem nominellen Grundherrn handelt. Unter diesen Bedingungen kann ihnen die Mehrarbeit für den nominellen Grundeigentümer nur durch außerökonomischen Zwang abgepreßt werden, welche Form dieser auch immer annehme.138 Es unterscheidet sie dies von der Sklaven- oder Plantagenwirtschaft, daß der Sklave hier mit fremden Produktionsbedingungen arbeitet und nicht selbständig. Es sind also persönliche Abhängigkeitsverhältnisse nötig, persönliche Unfreiheit, in welchem Grad immer, und Gefesseltsein an den Boden als Zubehör desselben, Hörigkeit im eigentlichen Sinn. Sind es nicht Privatgrundeigentümer, sondern ist es wie in Asien der Staat, der ihnen direkt als Grundeigentümer und gleichzeitig Souverän gegenübertritt, so fallen Rente und Steuer zusammen, oder es existiert vielmehr dann keine von dieser Form der Grundrente verschiedne Steuer. Unter diesen Umständen braucht das Abhängigkeitsverhältnis politisch wie ökonomisch keine härtere Form zu besitzen als die ist, welche aller Untertanenschaft gegenüber diesem Staat gemeinsam ist. Der Staat ist hier der oberste Grundherr. Die Souveränität ist hier das auf nationaler Stufe konzentrierte Grundeigentum. Dafür existiert dann aber auch kein Privatgrundeigentum, obgleich sowohl Privat- wie gemeinschaftlicher Besitz und Nutznießung des Bodens.
Die spezifische ökonomische Form, in der unbezahlte Mehrarbeit aus den unmittelbaren Produzenten ausgepumpt wird, bestimmt das Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnis, wie es unmittelbar aus der Produktion selbst hervorwächst und seinerseits bestimmend auf sie zurückwirkt. Hierauf aber gründet sich die ganze Gestaltung des ökonomischen, aus den Produktionsverhältnissen selbst hervorwachsenden Gemeinwesens und damit zugleich seine spezifische politische Gestalt. Es ist jedesmal das unmittelbare Verhältnis der Eigentümer der Produktionsbedingungen zu den unmittelbaren Produzenten – ein Verhältnis, dessen jedesmalige Form stets naturgemäß einer bestimmten Entwicklungsstufe der Art und Weise der Arbeit und daher ihrer gesellschaftlichen Produktivkraft entspricht –, worin wir das innerste Geheimnis, die verborgne Grundlage der ganzen gesellschaftlichen Konstruktion und daher auch der politischen Form des Souveränitäts- und Abhängigkeitsverhältnisses, kurz, der jedesmaligen spezifischen Staatsform finden. Dies hindert nicht, daß dieselbe ökonomische Basis – dieselbe den Hauptbedingungen nach – durch zahllos verschiedne empirische Umstände, Naturbedingungen, Racenverhältnisse, von außen wirkende geschichtliche Einflüsse usw., unendliche Variationen und Abstufungen in der Erscheinung zeigen kann, die nur durch Analyse dieser empirisch gegebnen Umstände zu begreifen sind.
Mit Bezug auf die Arbeitsrente, die einfachste und ursprünglichste Form der Rente, ist soviel einleuchtend: Die Rente ist hier die ursprüngliche Form des Mehrwerts und fällt mit ihm zusammen. Ferner aber bedarf das Zusammenfallen des Mehrwerts mit unbezahlter fremder Arbeit hier keiner Analyse, da es noch in seiner sichtbaren, handgreiflichen Form existiert, denn die Arbeit des unmittelbaren Produzenten für sich selbst ist hier noch räumlich und zeitlich geschieden von seiner Arbeit für den Grundherrn, und die letztre erscheint unmittelbar in der brutalen Form der Zwangsarbeit für einen Dritten. Ebenso ist die »Eigenschaft«, die der Boden hat, eine Rente abzuwerfen, hier auf ein handgreiflich offenkundiges Geheimnis reduziert, denn zu der Natur, die die Rente liefert, gehört auch die an den Boden gekettete menschliche Arbeitskraft und das Eigentumsverhältnis, das ihren Besitzer zwingt, diese Arbeitskraft anzustrengen und zu betätigen über das Maß hinaus, welches zur Befriedigung seiner eignen unentbehrlichen Bedürfnisse erheischt wäre. Die Rente besteht direkt in der Aneignung dieser überschüssigen Verausgabung der Arbeitskraft durch den Grundeigentümer; denn weiter zahlt der unmittelbare Produzent diesem keine Rente. Hier, wo nicht nur Mehrwert und Rente identisch sind, sondern der Mehrwert handgreiflich noch die Form von Mehrarbeit besitzt, liegen denn auch die natürlichen Bedingungen oder Schranken der Rente, weil der Mehrarbeit überhaupt, auf flacher Hand. Der unmittelbare Produzent muß 1. genug Arbeitskraft besitzen und 2. die Naturbedingungen seiner Arbeit, in erster Instanz also des bearbeiteten Bodens, müssen fruchtbar genug sein, mit einem Wort, die naturwüchsige Produktivität seiner Arbeit muß groß genug sein, damit ihm die Möglichkeit überschüssiger Arbeit bleibe, über die zur Befriedigung seiner eignen unentbehrlichen Bedürfnisse nötige Arbeit hinaus. Diese Möglichkeit schafft nicht die Rente, dies tut erst der Zwang, der aus der Möglichkeit eine Wirklichkeit macht. Aber die Möglichkeit selbst ist an subjektive und objektive Naturbedingungen gebunden. Auch hierin liegt durchaus nichts Mysteriöses. Ist die Arbeitskraft klein und sind die Naturbedingungen der Arbeit dürftig, so ist die Mehrarbeit klein, aber so sind dann auch einerseits die Bedürfnisse der Produzenten, andrerseits die relative Zahl der Ausbeuter der Mehrarbeit, endlich das Mehrprodukt, worin sich diese wenig erträgliche Mehrarbeit für diese geringre Zahl von ausbeutenden Eigentümern verwirklicht.
Endlich ergibt sich bei der Arbeitsrente von selbst, daß, alle andren Umstände als gleichbleibend vorausgesetzt, es ganz und gar abhängt von dem relativen Umfang der Mehr- oder Fronarbeit, wieweit der unmittelbare Produzent fähig sein wird, seine eigne Lage zu verbessern, sich zu bereichern, einen Überschuß über die unentbehrlichen Subsistenzmittel zu erzeugen, oder wenn wir die kapitalistische Ausdrucksweise antizipieren wollen, ob oder wieweit er irgendeinen Profit für sich selbst, d.h. einen Überschuß über seinen von ihm selbst produzierten Arbeitslohn produzieren kann. Die Rente ist hier die normale, alles absorbierende, sozusagen legitime Form der Mehrarbeit, und weit entfernt davon, ein Überschuß über den Profit, d.h. hier über irgendeinen andern Überschuß über den Arbeitslohn zu sein, hängt nicht nur der Umfang eines solchen Profits, sondern selbst sein Dasein, bei sonst gleichen Umständen, ab von dem Umfang der Rente, d.h. der dem Eigentümer zwangsweise zu leistenden Mehrarbeit.
Einige Historiker haben ihre Verwunderung darüber ausgesprochen, daß, da der unmittelbare Produzent nicht Eigentümer, sondern nur Besitzer ist und in der Tat de jure alle seine Mehrarbeit dem Grundeigentümer gehört, unter diesen Verhältnissen überhaupt eine selbständige Entwicklung von Vermögen und, relativ gesprochen, Reichtum auf seiten der Fronpflichtigen oder Leibeignen vor sich gehn kann. Es ist indes klar, daß in den naturwüchsigen und unentwickelten Zuständen, worauf dies gesellschaftliche Produktionsverhältnis und die ihm entsprechende Produktionsweise beruht, die Tradition eine übermächtige Rolle spielen muß. Es ist ferner klar, daß es hier wie immer im Interesse des herrschenden Teils der Gesellschaft ist, das Bestehende als Gesetz zu heiligen und seine durch Gebrauch und Tradition gegebnen Schranken als gesetzliche zu fixieren. Von allem andern abgesehn, macht sich dies übrigens von selbst, sobald die beständige Reproduktion der Basis des bestehenden Zustandes, des ihm zugrunde liegenden Verhältnisses, im Lauf der Zeit geregelte und geordnete Form annimmt; und diese Regel und Ordnung ist selbst ein unentbehrliches Moment jeder Produktionsweise, die gesellschaftliche Festigkeit und Unabhängigkeit von bloßem Zufall oder Willkür annehmen soll. Sie ist eben die Form ihrer gesellschaftlichen Befestigung und daher ihrer relativen Emanzipation von bloßer Willkür und bloßem Zufall. Sie erreicht diese Form bei stagnanten Zuständen sowohl des Produktionsprozesses wie der ihm entsprechenden gesellschaftlichen Verhältnisse durch die bloße wiederholte Reproduktion ihrer selbst. Hat diese eine Zeitlang gedauert, so befestigt sie sich als Brauch und Tradition und wird endlich geheiligt als ausdrückliches Gesetz. Da nun die Form dieser Mehrarbeit, die Fronarbeit, auf der Unentwickeltheit aller gesellschaftlichen Produktivkräfte der Arbeit, auf der Roheit der Arbeitsweise selbst beruht, muß sie naturgemäß einen viel kleinern aliquoten Teil der Gesamtarbeit der unmittelbaren Produzenten wegnehmen als in entwickelten Produktionsweisen, und namentlich als in der kapitalistischen Produktion. Nehmen wir z.B. an, die Fronarbeit für den Grundherrn sei ursprünglich zwei Tage der Woche gewesen. Diese zwei Tage wöchentlicher Fronarbeit stehn damit fest, sind eine konstante Größe, gesetzlich reguliert durch Gewohnheitsrecht oder geschriebnes. Aber die Produktivität der übrigen Wochentage, worüber der unmittelbare Produzent selbst verfügt, ist eine variable Größe, die sich im Fortgang seiner Erfahrung entwickeln muß, ganz wie die neuen Bedürfnisse, mit denen er bekannt wird, ganz wie die Ausdehnung des Markts für sein Produkt, die wachsende Sicherheit, mit der er über diesen Teil seiner Arbeitskraft verfügt, ihn zu erhöhter Anspannung seiner Arbeitskraft spornen wird, wobei nicht zu vergessen, daß die Verwendung dieser Arbeitskraft keineswegs auf Ackerbau beschränkt ist, sondern ländliche Hausindustrie einschließt. Die Möglichkeit einer gewissen ökonomischen Entwicklung, natürlich abhängig von der Gunst der Umstände, vom angebornen Racencharakter usw., ist hier gegeben.
III. Die Produktenrente
Die Verwandlung der Arbeitsrente in Produktenrente ändert, ökonomisch gesprochen, nichts am Wesen der Grundrente. Dies besteht in den Formen, die wir hier betrachten, darin, daß sie die einzige herrschende und normale Form des Mehrwerts oder der Mehrarbeit ist; was sich wieder so ausdrückt, daß sie die einzige Mehrarbeit oder das einzige Mehrprodukt ist, welches der unmittelbare Produzent, der sich im Besitz der zu seiner eignen Reproduktion nötigen Arbeitsbedingungen befindet, dem Eigentümer der in diesem Zustand alles einbegreifenden Arbeitsbedingung, des Bodens, zu leisten hat; und daß es andrerseits nur der Boden ist, der ihm als in fremdem Eigentum befindliche, ihm gegenüber verselbständigte und im Grundeigentümer personifizierte Arbeitsbedingung gegenübertritt. Soweit die Produktenrente herrschende und weitest entwickelte Form der Grundrente ist, wird sie übrigens stets noch mehr oder minder begleitet von Überbleibseln der frühern Form, d.h. von Rente, die direkt in Arbeit abzutragen ist, also mit Fronarbeit, und dies gleichmäßig, ob der Grundherr eine Privatperson oder der Staat sei. Die Produktenrente unterstellt einen höhern Kulturzustand des unmittelbaren Produzenten, also eine höhere Entwicklungsstufe seiner Arbeit und der Gesellschaft überhaupt; und sie unterscheidet sich dadurch von der vorhergehenden Form, daß die Mehrarbeit nicht mehr in ihrer Naturalgestalt, also auch nicht mehr unter direkter Aufsicht und Zwang des Grundherrn oder seiner Vertreter zu verrichten ist; vielmehr der unmittelbare Produzent, durch die Macht der Verhältnisse statt durch direkten Zwang und durch die gesetzliche Bestimmung statt durch die Peitsche angetrieben, unter seiner eignen Verantwortlichkeit sie zu leisten hat. Die Mehrproduktion, in dem Sinn der Produktion über die unentbehrlichen Bedürfnisse des unmittelbaren Produzenten hinaus und innerhalb des ihm selbst faktisch zugehörigen Produktionsfeldes, des von ihm selbst exploitierten Bodens, statt wie früher auf dem herrschaftlichen Gut neben und außer dem seinigen, ist hier schon sich von selbst verstehende Regel geworden. In diesem Verhältnis verfügt der unmittelbare Produzent mehr oder minder über die Verwendung seiner ganzen Arbeitszeit, obgleich nach wie vor ein Teil dieser Arbeitszeit, ursprünglich so ziemlich der ganze überschüssige Teil derselben, dem Grundeigentümer unentgeltlich gehört; nur daß dieser sie nicht mehr unmittelbar in ihrer eignen Naturalform empfängt, sondern in der Naturalform des Produkts, worin sie sich realisiert. Die lästige und je nach der Regelung der Fronarbeit mehr oder minder störend eingreifende Unterbrechung durch die Arbeit für den Grundeigentümer (vergleiche Buch I, Kap. VIII, 2: Fabrikant und Bojar) fällt weg, wo die Produktenrente rein ist, oder ist wenigstens auf wenige kurze Intervalle im Jahr reduziert, wo gewisse Fronden neben der Produktenrente fortdauern. Die Arbeit des Produzenten für sich selbst und seine Arbeit für den Grundeigentümer sind nicht mehr handgreiflich der Zeit und dem Raum nach geschieden. Diese Produktenrente in ihrer Reinheit, obgleich sie trümmerweise sich in weiter entwickelte Produktionsweisen und Produktionsverhältnisse fortschleppen kann, setzt nach wie vor Naturalwirtschaft voraus, d.h. daß die Wirtschaftsbedingungen ganz oder doch zum allergrößten Teil auf der Wirtschaft selbst erzeugt, aus dem Bruttoprodukt derselben unmittelbar ersetzt und reproduziert werden. Sie setzt ferner voraus die Vereinigung ländlicher Hausindustrie mit dem Ackerbau; das Mehrprodukt, welches die Rente bildet, ist das Produkt dieser vereinigten agrikolindustriellen Familienarbeit, ob nun, wie dies häufig im Mittelalter der Fall, die Produktenrente mehr oder minder industrielle Produkte einschließt oder nur in der Form von eigentlichem Bodenprodukt geleistet wird. Bei dieser Form der Rente braucht die Produktenrente, worin sich die Mehrarbeit darstellt, keineswegs die ganze überschüssige Arbeit der ländlichen Familie zu erschöpfen. Dem Produzenten ist vielmehr, verglichen mit der Arbeitsrente, ein größrer Spielraum gegeben, um Zeit für überschüssige Arbeit zu gewinnen, deren Produkt ihm selbst gehört, so gut wie das Produkt seiner Arbeit, das seine unentbehrlichsten Bedürfnisse befriedigt. Ebenso werden mit dieser Form größere Unterschiede in der ökonomischen Lage der einzelnen unmittelbaren Produzenten eintreten. Wenigstens ist die Möglichkeit dazu da, und die Möglichkeit, daß dieser unmittelbare Produzent die Mittel erworben hat, selbst wieder fremde Arbeit unmittelbar auszubeuten. Doch geht uns dies hier nichts an, wo wir es mit der reinen Form der Produktenrente zu tun haben; wie wir überhaupt nicht eingehn können auf die endlos verschiednen Kombinationen, worin sich die verschiednen Formen der Rente verbinden, verfälschen und verquicken können. Durch die an bestimmte Art des Produkts und der Produktion selbst gebundne Form der Produktenrente, durch die ihr unentbehrliche Verbindung von Landwirtschaft und Hausindustrie, durch die fast völlige Selbstgenügsamkeit, die die Bauernfamilie hierdurch erhält, durch ihre Unabhängigkeit vom Markt und von der Produktions- und Geschichtsbewegung des außerhalb ihrer stehenden Teils der Gesellschaft, kurz, durch den Charakter der Naturalwirtschaft überhaupt ist diese Form ganz geeignet, die Basis stationärer Gesellschaftszustände abzugeben, wie wir dies z.B. in Asien sehn. Hier, wie in der frühern Form der Arbeitsrente, ist die Grundrente die normale Form des Mehrwerts und daher der Mehrarbeit, d.h. der ganzen überschüssigen Arbeit, die der unmittelbare Produzent umsonst, in der Tat also zwangsweise – obgleich dieser Zwang ihm nicht mehr in der alten brutalen Form gegenübertritt – dem Eigentümer seiner wesentlichsten Arbeitsbedingung, des Bodens, leisten muß. Der Profit, wenn wir so, falsch antizipierend, den Bruchteil des Überschusses seiner Arbeit über die notwendige Arbeit hinaus nennen, den er sich selbst aneignet, bestimmt so wenig die Produktenrente, daß er vielmehr hinter ihrem Rücken aufwächst und seine natürliche Grenze an dem Umfang der Produktenrente hat. Diese letztere kann einen Umfang besitzen, der die Reproduktion der Arbeitsbedingungen, der Produktionsmittel selbst, ernsthaft gefährdet, Erweiterung der Produktion mehr oder minder unmöglich macht und die unmittelbaren Produzenten auf das physische Minimum von Lebensmitteln herabsetzt. Es ist dies namentlich der Fall, wo diese Form von einer erobernden Handelsnation, wie z.B. von den Engländern in Indien, vorgefunden und exploitiert wird.
IV. Die Geldrente
Unter der Geldrente verstehn wir hier – im Unterschied von der auf der kapitalistischen Produktionsweise beruhenden industriellen oder kommerziellen Grundrente, die nur ein Überschuß über den Durchschnittsprofit ist – die Grundrente, die aus einer bloßen Formverwandlung der Produktenrente entspringt, wie diese selbst nur die verwandelte Arbeitsrente war. Statt des Produkts hat der unmittelbare Produzent hier seinem Grundeigentümer (ob dieser nun der Staat oder ein Privatmann) den Preis desselben zu zahlen. Ein Überschuß an Produkt in seiner Naturalform genügt also nicht mehr; er muß aus dieser Naturalform in die Geldform verwandelt werden. Obgleich der unmittelbare Produzent nach wie vor fortfährt, mindestens den größten Teil seiner Subsistenzmittel selbst zu produzieren, muß jetzt ein Teil seines Produkts in Ware verwandelt, als Ware produziert werden. Der Charakter der ganzen Produktionsweise wird also mehr oder weniger verändert. Sie verliert ihre Unabhängigkeit, ihr Losgelöstsein vom gesellschaftlichen Zusammenhang. Das Verhältnis der Produktionskosten, in welche nun mehr oder minder Geldausgaben eingehn, wird entscheidend; jedenfalls wird entscheidend der Überschuß des in Geld zu verwandelnden Teils des Bruttoprodukts über den Teil, der einerseits wieder als Reproduktionsmittel, andrerseits als unmittelbares Subsistenzmittel dienen muß. Indes, die Basis dieser Art Rente, obgleich sie ihrer Auflösung entgegengeht, bleibt dieselbe wie in der Produktenrente, die den Ausgangspunkt bildet. Der unmittelbare Produzent ist nach wie vor erblicher oder sonst traditioneller Besitzer des Bodens, der dem Grundherrn als dem Eigentümer dieser seiner wesentlichsten Produktionsbedingung, überschüssige Zwangsarbeit, d.h. unbezahlte, ohne Äquivalent geleistete Arbeit in der Form des in Geld verwandelten Mehrprodukts zu entrichten hat. Das Eigentum an den vom Boden verschiednen Arbeitsbedingungen, Ackergerätschaft und sonstigem Mobiliar, verwandelt sich schon in den frühern Formen erst faktisch, dann auch rechtlich in das Eigentum der unmittelbaren Produzenten, und noch mehr ist dies für die Form der Geldrente vorausgesetzt. Die erst sporadisch, sodann auf mehr oder minder nationalem Maßstab vor sich gehende Verwandlung der Produktenrente in Geldrente setzt eine schon bedeutendere Entwicklung des Handels, der städtischen Industrie, der Warenproduktion überhaupt und damit der Geldzirkulation voraus. Sie setzt ferner voraus einen Marktpreis der Produkte, und daß selbe mehr oder minder ihrem Wert annähernd verkauft werden, was unter den frühern Formen keineswegs der Fall zu sein braucht. Im Osten von Europa können wir zum Teil noch unter unsern Augen diese Verwandlung vorgehn sehn. Wie wenig sie ohne eine bestimmte Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit durchführbar ist, bezeugen verschiedne unter dem römischen Kaisertum gescheiterte Versuche dieser Verwandlung und Rückfälle in die Naturalrente, nachdem man wenigstens den als Staatssteuer existierenden Teil dieser Rente allgemein in Geldrente hatte verwandeln wollen. Dieselbe Schwierigkeit des Übergangs zeigt z.B. vor der Revolution in Frankreich die Verquickung und Verfälschung der Geldrente durch Reste ihrer frühern Formen.
Die Geldrente als verwandelte Form der Produktenrente, und im Gegensatz zu ihr, ist aber die letzte Form und zugleich die Form der Auflösung der Art von Grundrente, die wir bisher betrachtet haben, nämlich der Grundrente als der normalen Form des Mehrwerts und der dem Eigentümer der Produktionsbedingungen zu entrichtenden unbezahlten Mehrarbeit. In ihrer reinen Form stellt diese Rente, wie die Arbeits-und Produktenrente, keinen Überschuß über den Profit dar. Sie absorbiert ihn dem Begriff nach. Soweit er faktisch als ein besondrer Teil der überschüssigen Arbeit neben ihr entspringt, ist die Geldrente, wie die Rente in ihren frühern Formen, immer noch die normale Schranke dieses embryonischen Profits, der sich erst entwickeln kann im Verhältnis zu der Möglichkeit der Ausbeutung, sei es eigner überschüssiger, sei es fremder Arbeit, welche übrigbleibt nach Leistung der in der Geldrente dargestellten Mehrarbeit. Entspringt wirklich ein Profit neben dieser Rente, so ist also nicht der Profit die Schranke der Rente, sondern umgekehrt die Rente die Schranke für den Profit. Aber wie bereits gesagt, die Geldrente ist zugleich die Auflösungsform der bisher betrachteten, mit dem Mehrwert und der Mehrarbeit prima facie zusammenfallenden Grundrente, der Grundrente als der normalen und herrschenden Form des Mehrwerts.
In ihrer weitern Entwicklung muß die Geldrente führen – von allen Zwischenformen abgesehn, wie z.B. von der des kleinbäuerlichen Pächters – entweder zur Verwandlung des Bodens in freies Bauerneigentum oder zur Form der kapitalistischen Produktionsweise, zur Rente, die der kapitalistische Pächter zahlt.
Mit Geldrente verwandelt sich notwendig das traditionelle gewohnheits-rechtliche Verhältnis zwischen den, einen Teil des Bodens besitzenden und bearbeitenden, Untersassen und dem Grundeigentümer in ein kontraktliches, nach festen Regeln des positiven Gesetzes bestimmtes, reines Geldverhältnis. Der bebauende Besitzer wird daher der Sache nach zum bloßen Pächter. Diese Verwandlung wird einerseits, unter sonst geeigneten allgemeinen Produktionsverhältnissen, dazu benutzt, die alten bäuerlichen Besitzer nach und nach zu expropriieren und an ihre Stelle einen kapitalistischen Pächter zu setzen; andrerseits führt sie zum Loskauf des bisherigen Besitzers von seiner Rentpflichtigkeit und zu seiner Verwandlung in einen unabhängigen Bauer, mit vollem Eigentum an dem von ihm bestellten Boden. Die Verwandlung der Naturalrente in Geldrente wird ferner nicht nur notwendig begleitet, sondern selbst antizipiert durch Bildung einer Klasse besitzloser und für Geld sich verdingender Taglöhner. Während ihrer Entstehungsperiode, wo diese neue Klasse nur noch sporadisch auftritt, hat sich daher notwendig bei den bessergestellten rentepflichtigen Bauern die Gewohnheit entwickelt, auf eigne Rechnung ländliche Lohnarbeiter zu exploitieren, ganz wie schon in der Feudalzeit die vermögenderen hörigen Bauern selbst wieder Hörige hielten. So entwickelt sich nach und nach bei ihnen die Möglichkeit, ein gewisses Vermögen anzusammeln und sich selbst in zukünftige Kapitalisten zu verwandeln. Unter den alten, selbstarbeitenden Besitzern des Bodens selbst entsteht so eine Pflanzschule von kapitalistischen Pächtern, deren Entwicklung durch die allgemeine Entwicklung der kapitalistischen Produktion außerhalb des flachen Landes bedingt ist und die besonders rasch aufschießt, wenn ihr, wie im 16. Jahr hundert in England, so besonders günstige Umstände zu Hilfe kommen wie die damalige progressive Entwertung des Geldes, die bei den herkömmlichen langen Pachtkontrakten sie auf Kosten der Grundeigentümer bereicherte.
Ferner: Sobald die Rente die Form der Geldrente und damit das Verhältnis zwischen Rente zahlendem Bauer und Grundeigentümer die eines kontraktlichen Verhältnisses annimmt – eine Verwandlung, die überhaupt nur bei schon gegebner relativer Entwicklungshöhe des Weltmarkts, des Handels und der Manufaktur möglich ist –, tritt notwendig auch Verpachtung des Bodens an Kapitalisten ein, welche bisher außerhalb der ländlichen Schranken standen und welche nun städtisch erworbnes Kapital und die in den Städten bereits entwickelte kapitalistische Betriebsweise, die Herstellung des Produkts als bloßer Ware und als bloßes Mittels zur Aneignung von Mehrwert, auf das Land und die Landwirtschaft übertragen. Allgemeine Regel kann diese Form nur in den Ländern werden, die beim Übergang aus der feudalen in die kapitalistische Produktionsweise den Weltmarkt beherrschen. Mit dem Dazwischentreten des kapitalistischen Pächters zwischen den Grundeigentümer und den wirklich arbeitenden Ackerbauer sind alle Verhältnisse zerrissen, die aus der alten ländlichen Produktionsweise entsprangen. Der Pächter wird der wirkliche Kommandant dieser Ackerarbeiter und der wirkliche Exploiteur ihrer Mehrarbeit, während der Grundeigentümer in einem direkten Verhältnis, und zwar einem bloßen Geld- und Kontraktsverhältnis, nur noch zu diesem kapitalistischen Pächter steht. Damit verwandelt sich auch die Natur der Rente, nicht nur tatsächlich und zufällig, was sie zum Teil schon unter den frühern Formen getan, sondern normal, in ihrer anerkannten und herrschenden Form. Von der normalen Form des Mehrwerts und der Mehrarbeit sinkt sie herab zum Überschuß dieser Mehrarbeit über den Teil derselben, der vom exploitierenden Kapitalisten unter der Form des Profits angeeignet wird; wie die ganze Mehrarbeit, Profit und Überschuß über den Profit, jetzt unmittelbar von ihm extrahiert, in der Form des totalen Mehrprodukts eingenommen und versilbert wird. Es ist nur noch ein überschüssiger Teil dieses von ihm, vermöge seines Kapitals, durch direkte Exploitation der Landarbeiter extrahierten Mehrwerts, den er als Rente an den Grundeigentümer weggibt. Wieviel oder wie wenig er an ihn weggibt, ist bestimmt, im Durchschnitt, als Grenze, durch den Durchschnittsprofit, den das Kapital in den nicht agrikolen Produktionssphären abwirft, und durch die, durch ihn geregelten, nicht agrikolen Produktionspreise. Aus der normalen Form des Mehrwerts und der Mehrarbeit hat sich die Rente jetzt also verwandelt in einen dieser besondern Produktionssphäre, der agrikolen, eigentümlichen Überschuß über den Teil der Mehrarbeit, der von dem Kapital als ihm vorweg und normaliter zukommend in Anspruch genommen wird. Statt der Rente ist jetzt der Profit die normale Form des Mehrwerts geworden, und die Rente gilt nur noch als eine unter besondern Umständen verselbständigte Form, nicht des Mehrwerts überhaupt, sondern eines bestimmten Ablegers desselben, des Surplusprofits. Es ist nicht nötig, weiter darauf einzugehn, wie dieser Verwandlung eine allmähliche Verwandlung in der Produktionsweise selbst entspricht. Dies geht schon daraus hervor, daß das Normale für diesen kapitalistischen Pächter ist, das Bodenprodukt als Ware zu produzieren, und daß, während sonst nur der Überschuß über seine Subsistenzmittel sich in Ware verwandelt, jetzt nur ein relativ verschwindender Teil dieser Waren sich unmittelbar in Subsistenzmittel für ihn verwandelt. Es ist nicht mehr das Land, sondern es ist das Kapital, welches sich und seiner Produktivität jetzt selbst die Landarbeit unmittelbar subsumiert hat.
Der Durchschnittsprofit und der durch ihn geregelte Produktionspreis bildet sich außerhalb der Verhältnisse des flachen Landes im Kreise des städtischen Handels und der Manufaktur. Der Profit des rentpflichtigen Bauern geht nicht ausgleichend in ihn ein, denn sein Verhältnis zum Grundeigentümer ist kein kapitalistisches. Soweit er Profit macht, d.h. einen Überschuß über seine notwendigen Subsistenzmittel realisiert, sei es durch eigne Arbeit, sei es durch Ausbeutung fremder Arbeit, geschieht es hinter dem Rücken des normalen Verhältnisses und ist, bei sonst gleichen Umständen, die Höhe dieses Profits nicht die Rente bestimmend, sondern umgekehrt durch sie als seine Grenze bestimmt. Die hohe Profitrate im Mittelalter ist nicht nur geschuldet der niedrigen Zusammensetzung des Kapitals, worin das variable, in Arbeitslohn ausgelegte Element vorherrscht. Sie ist geschuldet der am flachen Land verübten Prellerei, der Aneignung eines Teils der Rente des Grundeigentümers und des Einkommens seiner Untersassen. Wenn das Land im Mittelalter die Stadt politisch ausbeutet, überall da, wo der Feudalismus nicht durch ausnahmsweise städtische Entwicklung gebrochen ist, wie in Italien, so exploitiert die Stadt überall und ohne Ausnahme das Land ökonomisch durch ihre Monopolpreise, ihr Steuersystem, ihr Zunftwesen, ihren direkten kaufmännischen Betrug und ihren Wucher.
Man könnte sich einbilden, daß das bloße Eintreten des kapitalistischen Pächters in die landwirtschaftliche Produktion den Beweis liefre, daß der Preis der Bodenprodukte, die von jeher in der einen oder andern Form eine Rente zahlten, wenigstens zur Zeit dieses Eintritts über den Produktionspreisen der Manufaktur stehn muß; sei es, weil er die Höhe eines Monopolpreises erreicht, sei es, weil er bis auf den Wert der Bodenprodukte gestiegen und ihr Wert in der Tat über dem durch den Durchschnittsprofit regulierten Produktionspreis steht. Denn wenn nicht, so könnte der kapitalistische Pächter, bei den vorgefundnen Preisen der Bodenprodukte, unmöglich erst den Durchschnittsprofit aus dem Preis dieser Produkte realisieren und dann aus demselben Preis noch einen Überschuß über diesen Profit unter der Form der Rente zahlen. Man könnte danach schließen, daß die allgemeine Profitrate, die den kapitalistischen Pächter in seinem Kontrakt mit dem Grundeigentümer bestimmt, gebildet war ohne Einbegriff der Rente und daher, sobald sie regulierend in die ländliche Produktion eintritt, diesen Überschuß vorfindet und an den Grundeigentümer zahlt. Es ist in dieser traditionellen Weise, daß sich z.B. Herr Rodbertus die Sache erklärt. Aber:
Erstens. Dieser Eintritt des Kapitals als selbständiger und leitender Macht in den Ackerbau findet nicht auf einmal und allgemein, sondern allmählich und in besondren Produktionszweigen statt. Er ergreift zuerst nicht den eigentlichen Ackerbau, sondern Produktionszweige wie die Viehzucht, namentlich Schafzucht, deren Hauptprodukt, die Wolle, bei Emporkommen der Industrie zunächst beständigen Überschuß des Marktpreises über den Produktionspreis bietet, was sich erst später ausgleicht. So in England während des 16. Jahrhunderts.
Zweitens. Da diese kapitalistische Produktion zunächst nur sporadisch eintritt, so ist keineswegs etwas gegen die Annahme aufzubringen, daß sie zunächst nur solcher Komplexe von Ländereien sich bemächtigt, die, infolge ihrer spezifischen Fruchtbarkeit oder besonders günstigen Lage, im ganzen eine Differentialrente zahlen können.
Drittens. Gesetzt selbst, die Preise des Bodenprodukts ständen beim Eintritt dieser Produktionsweise, die in der Tat ein zunehmendes Gewicht der städtischen Nachfrage voraussetzt, über dem Produktionspreis, wie dies z.B. im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts in England zweifelsohne der Fall war; so wird, sobald diese Produktionsweise sich einigermaßen aus der bloßen Subsumtion der Agrikultur unter das Kapital herausgearbeitet und sobald die mit ihrer Entwicklung notwendig verbundne Verbesserung in der Agrikultur und Herabdrückung der Produktionskosten eingetreten, sich dies durch eine Reaktion, einen Fall im Preis der Bodenprodukte ausgleichen, wie dies in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in England der Fall war.
Auf diesem traditionellen Weg kann also die Rente als Überschuß über den Durchschnittsprofit nicht erklärt werden. Unter welchen geschichtlich vorgefundnen Umständen immer sie zuerst eintreten mag – sobald sie einmal Wurzel geschlagen, kann die Rente nur noch unter den früher entwickelten modernen Bedingungen stattfinden.
Schließlich ist noch bei der Verwandlung der Produktenrente in Geldrente zu bemerken, daß mit ihr die kapitalisierte Rente, der Preis des Bodens und damit seine Veräußerlichkeit und Veräußerung ein wesentliches Moment wird und daß damit nicht nur der früher Rentpflichtige sich in den unabhängigen bäuerlichen Eigentümer verwandeln kann, sondern auch städtische und andre Geldbesitzer Grundstücke kaufen, um sie, sei es an Bauern, sei es an Kapitalisten zu verpachten und die Rente als Form des Zinses ihres so angelegten Kapitals zu genießen; daß also auch dieser Umstand die Umwandlung der frühern Exploitationsweise, des Verhältnisses zwischen Eigentümer und wirklichem Bebauer, und der Rente selbst fördern hilft.
V. Die Metäriewirtschaft und das bäuerliche Parzelleneigentum
Wir sind hier am Schluß unsrer Entwicklungsreihe der Grundrente angelangt.
In allen diesen Formen der Grundrente: Arbeitsrente, Produktenrente, Geldrente (als bloß verwandelte Form der Produktenrente) ist der Rentzahler stets als der wirkliche Bearbeiter und Besitzer des Bodens vorausgesetzt, dessen unbezahlte Mehrarbeit direkt an den Grundeigentümer geht. Selbst in der letzten Form, der Geldrente – soweit sie rein ist, d.h. bloß verwandelte Form der Produktenrente – ist dies nicht nur möglich, sondern tatsächlich der Fall.
Als eine Übergangsform von der ursprünglichen Form der Rente zur kapitalistischen Rente kann betrachtet werden das Metäriesystem oder Teilwirtschaft-System, wo der Bewirtschafter (Pächter) außer seiner Arbeit (eigner oder fremder) einen Teil des Betriebskapitals und der Grundeigentümer außer dem Boden einen andern Teil des Betriebskapitals (z.B. das Vieh) stellt und das Produkt in bestimmten, in verschiednen Ländern wechselnden Proportionen zwischen dem Maier und dem Grundeigentümer geteilt wird. Zur vollen kapitalistischen Bewirtschaftung fehlt hier einerseits dem Pächter das hinreichende Kapital. Der Anteil, den der Grundeigentümer hier bezieht, hat andrerseits nicht die reine Form der Rente. Er mag tatsächlich Zins auf das von ihm vorgeschoßne Kapital und eine überschüssige Rente einschließen. Er mag auch tatsächlich die ganze Mehrarbeit des Pächters absorbieren oder ihm auch größern oder kleinern Anteil an dieser Mehrarbeit lassen. Das Wesentliche aber ist, daß die Rente hier nicht mehr als die normale Form des Mehrwerts überhaupt erscheint. Auf der einen Seite soll der Maier, ob er nur eigne oder auch fremde Arbeit anwende, Anspruch haben auf einen Teil des Produkts, nicht in seiner Qualität als Arbeiter, sondern als Besitzer eines Teils der Arbeitswerkzeuge, als sein eigner Kapitalist. Auf der andren Seite beansprucht der Grundeigentümer seinen Anteil nicht ausschließlich auf Grund seines Eigentums am Boden, sondern auch als Verleiher von Kapital.139
Ein Rest des alten Gemeineigentums am Boden, der sich nach dem Übergang zur selbständigen Bauernwirtschaft z.B. in Polen und Rumänien erhalten hatte, hat dort zum Vorwand gedient, um den Übergang zu den niedrigern Formen der Grundrente zu bewerkstelligen. Ein Teil des Bodens gehört den einzelnen Bauern und wird von ihnen selbständig bebaut. Ein andrer wird gemeinschaftlich bebaut und bildet ein Mehrprodukt, das teils zur Bestreitung von Gemeindeausgaben, teils als Reserve für Mißernten usw. dient. Diese beiden letztern Teile des Mehrprodukts, und schließlich das ganze Mehrprodukt samt dem Boden, worauf es gewachsen, werden nach und nach von Staatsbeamten und Privatpersonen usurpiert und die ursprünglich freien bäuerlichen Grundeigentümer, deren Verpflichtung zur gemeinsamen Bebauung dieses Bodens aufrechterhalten wird, so in Fronpflichtige resp. Produktenrentpflichtige verwandelt, während die Usurpatoren des Gemeinlandes sich in die Grundeigentümer, nicht nur des usurpierten Gemeinlandes, sondern auch der Bauerngüter selbst verwandeln.
Auf die eigentliche Sklavenwirtschaft (die auch eine Stufenleiter durchläuft vom patriarchalischen, vorwiegend für Selbstgebrauch, bis zu dem, für den Weltmarkt arbeitenden, eigentlichen Plantagensystem) und die Gutswirtschaft, worin der Grundeigentümer die Bebauung für eigne Rechnung betreibt, die sämtlichen Produktionsinstrumente besitzt und die Arbeit, sei es unfreier, sei es freier, mit Naturallieferung oder mit Geld bezahlter Knechte ausbeutet, brauchen wir hier nicht näher einzugehn. Grundeigentümer und Eigentümer der Produktionsinstrumente, daher auch direkter Exploiteur der unter diese Produktionselemente zählenden Arbeiter, fallen hier zusammen. Ebenso fallen Rente und Profit zusammen, es findet keine Trennung der verschiednen Formen des Mehrwerts statt. Die ganze Mehrarbeit der Arbeiter, die sich hier im Mehrprodukt darstellt, wird ihnen direkt vom Eigentümer sämtlicher Produktionsinstrumente, zu denen der Boden und in der ursprünglichen Form der Sklaverei die unmittelbaren Produzenten selbst zählen, extrahiert. Wo kapitalistische Anschauung vorherrscht, wie in den amerikanischen Plantagen, wird dieser ganze Mehrwert als Profit aufgefaßt; wo weder die kapitalistische Produktionsweise selbst existiert, noch die ihr entsprechende Anschauungsweise aus kapitalistischen Ländern übertragen ist, erscheint er als Rente. Jedenfalls bietet diese Form keine Schwierigkeit. Das Einkommen des Grundeigentümers, welchen Namen man ihm immer geben mag, das von ihm angeeignete disponible Mehrprodukt ist hier die normale und herrschende Form, worin unmittelbar die ganze unbezahlte Mehrarbeit angeeignet wird, und das Grundeigentum bildet die Basis dieser Aneignung.
Ferner das Parzelleneigentum. Der Bauer ist hier zugleich freier Eigentümer seines Bodens, der als sein Hauptproduktionsinstrument erscheint, als das unentbehrliche Beschäftigungsfeld für seine Arbeit und sein Kapital. Es wird in dieser Form kein Pachtgeld gezahlt; die Rente erscheint also nicht als eine gesonderte Form des Mehrwerts, obgleich sie sich in Ländern, wo sonst die kapitalistische Produktionsweise entwickelt ist, als Surplusprofit durch den Vergleich mit andern Produktionszweigen darstellt, aber als Surplusprofit, der dem Bauer, wie überhaupt der ganze Ertrag seiner Arbeit, zufällt.
Diese Form des Grundeigentums setzt voraus, daß, wie in den frühern ältern Formen desselben, die ländliche Bevölkerung ein großes numerisches Übergewicht über die städtische besitzt, daß also, wenn auch sonst kapitalistische Produktionsweise herrscht, sie relativ nur wenig entwickelt ist und daher auch in den andern Produktionszweigen die Konzentration der Kapitale sich in engen Schranken bewegt, Kapitalzersplitterung vorwiegt. Der Natur der Sache nach muß hier ein überwiegender Teil des ländlichen Produkts als unmittelbares Subsistenzmittel von seinen Produzenten, den Bauern, selbst verzehrt werden und nur der Überschuß darüber als Ware in den Handel mit den Städten eingehn. Wie immer der durchschnittliche Marktpreis des Bodenprodukts hier geregelt sei, die Differentialrente, ein überschüssiger Teil des Preises der Waren für die bessern oder besser gelegnen Ländereien, muß hier offenbar ebenso existieren wie bei kapitalistischer Produktionsweise. Selbst wenn diese Form in Gesellschaftszuständen vorkommt, wo überhaupt noch kein allgemeiner Marktpreis entwickelt ist, existiert diese Differentialrente; sie erscheint dann im überschüssigen Mehrprodukt. Nur fließt sie in die Tasche des Bauern, dessen Arbeit unter günstigern Naturbedingungen sich realisiert. Gerade in dieser Form, wo der Bodenpreis als ein Element in die faktischen Produktionskosten für den Bauer eingeht, indem bei weiterer Entwicklung dieser Form entweder bei Erbteilungen der Boden für einen gewissen Geldwert übernommen ist oder bei dem beständigen Wechsel, sei es des ganzen Eigentums, sei es seiner Bestandstücke, der Boden vom Bebauer selbst gekauft ist, zum großen Teil durch Aufnahme von Geld auf Hypothek; wo also der Bodenpreis, der nichts ist als die kapitalisierte Rente, ein vorausgesetztes Element ist und daher die Rente zu existieren scheint unabhängig von jeder Differenzierung in der Fruchtbarkeit und Lage des Bodens – gerade hier ist im Durchschnitt anzunehmen, daß keine absolute Rente existiert, daß also der schlechteste Boden keine Rente zahlt; denn die absolute Rente unterstellt entweder realisierten Überschuß des Werts des Produkts über seinen Produktionspreis oder einen über den Wert des Produkts überschüssigen Monopolpreis. Da aber die Landwirtschaft hier großenteils als Ackerbau für die unmittelbare Subsistenz und der Boden als ein für die Mehrzahl der Bevölkerung unentbehrliches Beschäftigungsfeld ihrer Arbeit und ihres Kapitals besteht, so wird der regulierende Marktpreis des Produkts nur unter außerordentlichen Umständen seinen Wert erreichen; dieser Wert aber wird in der Regel über dem Produktionspreis stehn wegen des Vorwiegens des Elements der lebendigen Arbeit, obgleich dieser Überschuß des Werts über den Produktionspreis wieder beschränkt sein wird durch die niedrige Zusammensetzung auch des nicht agrikolen Kapitals in Ländern vorherrschender Parzellenwirtschaft. Als Schranke der Exploitation für den Parzellenbauer erscheint einerseits nicht der Durchschnittsprofit des Kapitals, soweit er kleiner Kapitalist ist; noch andrerseits die Notwendigkeit einer Rente, soweit er Grundeigentümer ist. Als absolute Schranke für ihn als kleinen Kapitalisten erscheint nichts als der Arbeitslohn, den er sich selbst zahlt, nach Abzug der eigentlichen Kosten. Solange der Preis des Produkts ihm diesen deckt, wird er sein Land bebauen, und dies oft bis herab zu einem physischen Minimum des Arbeitslohns. Was seine Qualität als Grundeigentümer angeht, so fällt für ihn die Eigentumsschranke fort, die sich nur geltend machen kann im Gegensatz zu dem von ihr getrennten Kapital (inkl. Arbeit), indem sie ein Hindernis gegen dessen Anlegung aufwirft. Allerdings ist der Zins des Bodenpreises, der meist auch noch an eine dritte Person zu entrichten ist, an den Hypothekargläubiger, eine Schranke. Aber dieser Zins kann eben gezahlt werden aus dem Teil der Mehrarbeit, der unter kapitalistischen Verhältnissen den Profit bilden würde. Die im Bodenpreis und in dem für ihn gezahlten Zins antizipierte Rente kann also nichts sein als ein Teil der kapitalisierten Mehrarbeit des Bauern über die zu seiner Subsistenz unentbehrliche Arbeit hinaus, ohne daß diese Mehrarbeit sich in einem Wertteil der Ware, gleich dem ganzen Durchschnittsprofit, realisiert und noch weniger in einem Überschuß über die im Durchschnittsprofit realisierte Mehrarbeit, in einem Surplusprofit. Die Rente kann ein Abzug vom Durchschnittsprofit sein oder selbst der einzige Teil desselben, der realisiert wird. Damit der Parzellenbauer sein Land bebaue oder Land zum Bebauen kaufe, ist es also nicht, wie in der normalen kapitalistischen Produktionsweise, nötig, daß der Marktpreis des Bodenprodukts hoch genug steige, um ihm den Durchschnittsprofit abzuwerfen und noch weniger einen in der Form der Rente fixierten Überschuß über diesen Durchschnittsprofit. Es ist also nicht nötig, daß der Marktpreis steige, sei es zum Wert, sei es zum Produktionspreis seines Produkts. Es ist dies eine der Ursachen, warum der Getreidepreis in Ländern vorherrschenden Parzelleneigentums niedriger steht als in den Ländern kapitalistischer Produktionsweise. Ein Teil der Mehrarbeit der Bauern, die unter den ungünstigsten Bedingungen arbeiten, wird der Gesellschaft umsonst geschenkt und geht nicht in die Regelung der Produktionspreise oder in die Wertbildung überhaupt ein. Dieser niedrigere Preis ist also ein Resultat der Armut der Produzenten und keineswegs der Produktivität ihrer Arbeit.
Diese Form des freien Parzelleneigentums selbstwirtschaftender Bauern als herrschende, normale Form bildet einerseits die ökonomische Grundlage der Gesellschaft in den besten Zeiten des klassischen Altertums, andrerseits finden wir sie bei den modernen Völkern als eine der Formen vor, die aus der Auflösung des feudalen Grundeigentums hervorgehn. So die yeomanry in England, der Bauernstand in Schweden, die französischen und westdeutschen Bauern. Von den Kolonien sprechen wir hier nicht, da der unabhängige Bauer sich hier unter andern Bedingungen entwickelt.
Das freie Eigentum des selbstwirtschaftenden Bauern ist offenbar die normalste Form des Grundeigentums für den kleinen Betrieb; d.h. für eine Produktionsweise, worin der Besitz des Bodens eine Bedingung für das Eigentum des Arbeiters an dem Produkt seiner eignen Arbeit ist und worin, er mag freier Eigentümer oder Untersasse sein, der Ackerbauer stets seine Subsistenzmittel sich selbst, unabhängig, als vereinzelter Arbeiter mit seiner Familie zu produzieren hat. Das Eigentum am Boden ist zur vollständigen Entwicklung dieser Betriebsweise ebenso nötig wie das Eigentum am Instrument zur freien Entwicklung des handwerksmäßigen Betriebs. Es bildet hier die Basis für die Entwicklung der persönlichen Selbständigkeit. Es ist für die Entwicklung der Agrikultur selbst ein notwendiger Durchgangspunkt. Die Ursachen, an denen es untergeht, zeigen seine Schranke. Sie sind: Vernichtung der ländlichen Hausindustrie, die seine normale Ergänzung bildet, infolge der Entwicklung der großen Industrie; allmähliche Verarmung und Aussaugung des dieser Kultur unterworfnen Bodens; Usurpation, durch große Grundeigentümer, des Gemeineigentums, das überall die zweite Ergänzung der Parzellenwirtschaft bildet und ihr allein die Haltung von Vieh ermöglicht; Konkurrenz der, sei es als Plantagenwirtschaft, sei es kapitalistisch betriebnen Großkultur. Verbesserungen in der Agrikultur, die einerseits Sinken der Preise der Bodenprodukte herbeiführen, andrerseits größre Auslagen und reichere gegenständliche Produktionsbedingungen erheischen, tragen auch dazu bei, wie in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in England.
Das Parzelleneigentum schließt seiner Natur nach aus: Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte der Arbeit, gesellschaftliche Formen der Arbeit, gesellschaftliche Konzentration der Kapitale, Viehzucht auf großem Maßstab, progressive Anwendung der Wissenschaft.
Wucher und Steuersystem müssen es überall verelenden. Die Auslage des Kapitals im Bodenpreis entzieht dies Kapital der Kultur. Unendliche Zersplitterung der Produktionsmittel und Vereinzelung der Produzenten selbst. Ungeheure Verschwendung von Menschenkraft. Progressive Verschlechterung der Produktionsbedingungen und Verteuerung der Produktionsmittel ein notwendiges Gesetz des Parzelleneigentums. Unglück fruchtbarer Jahreszeiten für diese Produktionsweise.140
Eines der spezifischen Übel der kleinen Agrikultur, wo sie mit freiem Eigentum am Boden verknüpft ist, entspringt daraus, daß der Bebauer ein Kapital im Ankauf des Bodens auslegt. (Dasselbe gilt für die Übergangsform, wo der große Gutsbesitzer erstens ein Kapital auslegt, um Land zu kaufen, zweitens, um es selbst als sein eigner Pächter zu bewirtschaften.) Bei der beweglichen Natur, die hier der Boden als bloße Ware annimmt, wachsen die Besitzveränderungen141, so daß bei jeder neuen Generation, mit jeder Erbteilung, der Boden, vom Standpunkt des Bauern aus, von neuem als Kapitalanlage eingeht, d.h., daß es von ihm gekaufter Boden wird. Der Bodenpreis bildet hier ein überwiegendes Element der individuellen falschen Produktionskosten oder des Kostpreises des Produkts für den Einzelproduzenten.
Der Bodenpreis ist nichts als die kapitalisierte und daher antizipierte Rente. Wird die Agrikultur kapitalistisch betrieben, so daß der Grundeigentümer nur die Rente empfängt und der Pächter für den Boden nichts zahlt außer dieser jährlichen Rente, so ist es handgreiflich, daß das vom Grundeigentümer selbst im Ankauf des Bodens angelegte Kapital zwar für ihn zinstragende Kapitalanlage ist, aber mit dem in der Agrikultur selbst angelegten Kapital durchaus nichts zu tun hat. Es bildet weder einen Teil des hier fungierenden fixen noch des zirkulierenden Kapitals142; es verschafft vielmehr nur dem Käufer einen Titel auf Empfang der jährlichen Rente, hat aber mit der Produktion dieser Rente absolut nichts zu tun. Der Käufer des Bodens zahlt das Kapital ja gerade weg an den, der den Boden verkauft, und der Verkäufer verzichtet dafür auf sein Eigentum am Boden. Dies Kapital existiert also nicht mehr als Kapital des Käufers; er hat es nicht mehr; es gehört also nicht zu dem Kapital, das er in Boden selbst in irgendeiner Weise anlegen kann. Ob er den Boden teuer oder wohlfeil gekauft oder ob er ihn umsonst erhalten hat, ändert nichts an dem vom Pächter in der Bewirtschaftung angelegten Kapital und ändert nichts an der Rente, sondern ändert nur dies, ob sie ihm als Zins oder Nichtzins erscheint, resp. als hoher oder niedriger Zins.
Man nehme z.B. die Sklavenwirtschaft. Der Preis, der hier für den Sklaven gezahlt wird, ist nichts als der antizipierte und kapitalisierte Mehrwert oder Profit, der aus ihm herausgeschlagen werden soll. Aber das im Ankauf des Sklaven gezahlte Kapital gehört nicht zu dem Kapital, wodurch Profit, Mehrarbeit, aus dem Sklaven extrahiert wird. Umgekehrt. Es ist Kapital, dessen sich der Sklavenbesitzer entäußert hat, Abzug von dem Kapital, worüber er in der wirklichen Produktion verfügt. Es hat aufgehört, für ihn zu existieren, ganz wie das im Ankauf des Bodens ausgelegte Kapital aufgehört hat, für die Agrikultur zu existieren. Der beste Beweis ist, daß es für den Sklavenbesitzer oder den Bodeneigner nur wieder in Existenz tritt, sobald er den Sklaven oder den Boden wieder verkauft. Dann tritt aber dasselbe Verhältnis für den Käufer ein. Der Umstand, daß er den Sklaven gekauft hat, befähigt ihn noch nicht ohne weiteres, den Sklaven zu exploitieren. Dazu ist er erst befähigt durch ferneres Kapital, das er in die Sklavenwirtschaft selbst steckt.
Dasselbe Kapital existiert nicht zweimal, das eine Mal in der Hand des Verkäufers, das andre Mal in der Hand des Käufers des Bodens. Es geht aus der Hand des Käufers in die des Verkäufers über, und damit ist die Sache zu Ende. Der Käufer hat jetzt kein Kapital, sondern an seiner Stelle ein Grundstück. Der Umstand, daß nun die aus der wirklichen Anlage von Kapital in diesem Grundstück erzielte Rente von dem neuen Grundeigentümer berechnet wird als Zins des Kapitals, das er nicht im Boden angelegt, sondern zum Erwerb des Bodens weggegeben hat, ändert an der ökonomischen Natur des Faktors Boden nicht das geringste, sowenig wie der Umstand, daß jemand 1000 Pfd. St. für dreiprozentige Konsols gezahlt hat, irgend etwas zu tun hat mit dem Kapital, aus dessen Revenue die Zinsen der Staatsschuld gezahlt werden.
In der Tat ist das für den Ankauf des Bodens, ganz wie das im Ankauf von Staatspapieren verausgabte Geld nur an sich Kapital, wie jede Wertsumme auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise an sich Kapital, potentielles Kapital ist. Was für den Boden gezahlt worden ist, wie für die Staatsfonds, wie für andre gekaufte Waren, ist eine Geldsumme. Diese ist an sich Kapital, weil sie in Kapital verwandelt werden kann. Es hängt ab von dem Gebrauch, den der Verkäufer davon macht, ob das von ihm erhaltne Geld sich wirklich in Kapital verwandelt oder nicht. Für den Käufer kann es nie mehr als solches fungieren, sowenig wie jedes andre Geld, das er definitiv verausgabt hat. In seiner Berechnung figuriert es für ihn als zinstragendes Kapital, weil er die Einnahme, die er als Rente vom Boden oder als Schuldzins vom Staat erhält, als Zins des Geldes berechnet, das ihm der Ankauf des Titels auf diese Revenue gekostet hat. Als Kapital kann er es nur realisieren durch den Wiederverkauf. Dann tritt aber ein andrer, der neue Käufer, in dasselbe Verhältnis, worin jener war, und durch keinen Wechsel der Hände kann das so verausgabte Geld sich für den Verausgaber in wirkliches Kapital verwandeln.
Beim kleinen Grundeigentum befestigt sich noch viel mehr die Illusion, daß der Boden selbst Wert hat und daher als Kapital in den Produktionspreis des Produkts eingeht, ganz wie eine Maschine oder ein Rohstoff. Man hat aber gesehn, daß nur in zwei Fällen die Rente und daher die kapitalisierte Rente, der Bodenpreis, bestimmend in den Preis des Bodenprodukts eingehn kann. Erstens, wenn der Wert des Bodenprodukts infolge der Zusammensetzung des agrikolen Kapitals – eines Kapitals, welches nichts gemein hat mit dem für den Ankauf des Bodens ausgelegten Kapital – über seinem Produktionspreis steht und die Marktverhältnisse den Grundeigentümer befähigen, diese Differenz zu verwerten. Zweitens, wenn Monopolpreis stattfindet. Und beides ist am wenigsten der Fall bei der Parzellenwirtschaft und dem kleinen Grundeigentum, weil gerade hier die Produktion zum sehr großen Teil den Selbstbedarf befriedigt und unabhängig von der Regulierung durch die allgemeine Profitrate erfolgt. Selbst wo die Parzellenwirtschaft auf gepachtetem Boden betrieben wird, umfaßt das Pachtgeld weit mehr als unter irgendwelchen andern Verhältnissen einen Teil des Profits und selbst einen Abzug vom Arbeitslohn; es ist dann nur nominell Rente, nicht Rente als eine selbständige Kategorie gegenüber Arbeitslohn und Profit.
Die Ausgabe von Geldkapital für Ankauf des Bodens ist also keine Anlage von agrikolem Kapital. Sie ist pro tanto eine Verminderung des Kapitals, über das die Kleinbauern in ihrer Produktionssphäre selbst verfügen können. Sie vermindert pro tanto den Umfang ihrer Produktionsmittel und verengert daher die ökonomische Basis der Reproduktion. Sie unterwirft den Kleinbauer dem Wucher, da in dieser Sphäre überhaupt weniger eigentlicher Kredit vorkommt. Sie ist ein Hemmnis der Agrikultur, auch wo dieser Kauf bei großen Gutswirtschaften stattfindet. Sie widerspricht in der Tat der kapitalistischen Produktionsweise, der die Verschuldung des Grundeigentümers, ob er sein Gut geerbt oder gekauft hat, im ganzen gleichgültig ist. Ob er die Rente selbst einsteckt oder sie wieder an Hypothekargläubiger wegzahlen muß, ändert an der Bewirtschaftung des verpachteten Landguts selbst an sich nichts.
Man hat gesehn, daß bei gegebner Grundrente der Bodenpreis reguliert ist durch den Zinsfuß. Ist dieser niedrig, so ist der Bodenpreis hoch, und umgekehrt. Normal also müßten hoher Bodenpreis und niedriger Zinsfuß zusammengehn, so daß, wenn der Bauer infolge des niedrigen Zinsfußes den Boden hoch zahlte, derselbe niedrige Zinsfuß ihm auch zu günstigen Bedingungen Betriebskapital auf Kredit verschaffen müßte. In der Wirklichkeit verhält sich die Sache anders bei vorherrschendem Parzelleneigentum. Zunächst passen auf den Bauern die allgemeinen Gesetze des Kredits nicht, da diese den Produzenten als Kapitalisten voraussetzen. Zweitens, wo das Parzelleneigentum vorherrscht – von Kolonien ist hier nicht die Rede – und der Parzellenbauer den Grundstock der Nation bildet, ist die Kapitalbildung, d.h. die gesellschaftliche Reproduktion, relativ schwach und noch schwächer die Bildung von leihbarem Geldkapital in dem früher entwickelten Sinn. Diese setzt voraus Konzentration und die Existenz einer Klasse reicher müßiger Kapitalisten (Massie). Drittens, hier wo das Eigentum am Boden eine Lebensbedingung für den größten Teil der Produzenten bildet und ein unentbehrliches Anlagefeld für ihr Kapital, wird der Bodenpreis gesteigert, unabhängig vom Zinsfuß und oft im umgekehrten Verhältnis zu ihm, durch das Übergewicht der Nachfrage nach Grundeigentum über das Angebot. In Parzellen verkauft, bringt der Boden hier einen weit höhern Preis als beim Verkauf großer Massen, weil hier die Zahl der kleinen Käufer groß und die der großen Käufer klein ist (Bandes Noires, Rubichon; Newman). Aus allen diesen Gründen steigt hier der Bodenpreis bei relativ hohem Zinsfuß. Dem relativ niedrigen Zins, den der Bauer hier aus dem im Ankauf des Bodens ausgelegten Kapital zieht (Mounier), entspricht hier auf der entgegengesetzten Seite der hohe Wucherzinsfuß, den er selbst seinen Hypothekargläubigern zu zahlen hat. Das irische System zeigt dieselbe Sache, nur in einer anderen Form.
Dies der Produktion an sich fremde Element, der Bodenpreis, kann hier daher zu einer Höhe steigen, worin er die Produktion unmöglich macht. (Dombas le.)
Daß der Bodenpreis eine solche Rolle spielt, daß Kauf und Verkauf von Land, Zirkulieren von Land als Ware, sich zu diesem Umfang entwickelt, ist praktisch Folge der Entwickelung der kapitalistischen Produktionsweise, soweit die Ware hier die allgemeine Form alles Produkts und aller Produktionsinstrumente wird. Andrerseits findet diese Entwicklung nur statt, wo sich die kapitalistische Produktionsweise nur beschränkt entwickelt und nicht alle ihre Eigentümlichkeiten entfaltet; weil sie gerade darauf beruht, daß der Ackerbau nicht mehr, oder noch nicht, der kapitalistischen Produktionsweise, sondern einer, aus untergegangnen Gesellschaftsformen überkommenen Produktionsweise unterworfen ist. Die Nachteile der kapitalistischen Produktionsweise, mit ihrer Abhängigkeit des Produzenten vom Geldpreis seines Produkts, fallen hier also zusammen mit den Nachteilen, die aus der unvollkommenen Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise hervorgehn. Der Bauer wird Kaufmann und Industrieller ohne die Bedingungen, unter denen er sein Produkt als Ware produzieren kann.
Der Konflikt zwischen dem Bodenpreis als Element des Kostpreises für den Produzenten und Nichtelement des Produktionspreises für das Produkt (selbst wenn die Rente bestimmend in den Preis des Bodenprodukts eingeht, geht die kapitalisierte Rente, die für 20 oder mehr Jahre vorgeschossen wird, auf keinen Fall bestimmend darin ein) ist nur eine der Formen, worin sich überhaupt der Widerspruch des Privateigentums am Boden mit einer rationellen Agrikultur, mit normaler gesellschaftlicher Benutzung des Bodens darstellt. Andrerseits ist aber Privateigentum am Boden, daher Expropriation der unmittelbaren Produzenten vom Boden – Privateigentum der einen, das das Nichteigentum der andern am Boden einbegreift – Grundlage der kapitalistischen Produktionsweise.
Hier, bei der kleinen Kultur, tritt der Bodenpreis, Form und Resultat des Privateigentums am Boden, als Schranke der Produktion selbst auf. Bei der großen Agrikultur und dem auf kapitalistischer Betriebsweise beruhenden großen Grundeigentum tritt das Eigentum ebenso als Schranke auf, weil es den Pächter in der produktiven Kapitalanlage beschränkt, die in letzter Instanz nicht ihm, sondern dem Grundeigentümer zugut kommt. Bei beiden Formen tritt an die Stelle selbstbewußter rationeller Behandlung des Bodens als des gemeinschaftlichen ewigen Eigentums, der unveräußerlichen Existenz- und Reproduktionsbedingung der Kette sich ablösender Menschengeschlechter, die Exploitation und Vergeudung der Bodenkräfte (abgesehn von der Abhängigmachung der Exploitation, nicht von der erreichten Höhe der gesellschaftlichen Entwicklung, sondern von den zufälligen, ungleichen Umständen der einzelnen Produzenten). Bei dem kleinen Eigentum geschieht dies aus Mangel an Mitteln und Wissenschaft zur Anwendung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit. Bei dem großen durch Exploitation dieser Mittel zur möglichst raschen Bereicherung von Pächter und Eigentümer. Bei beiden durch die Abhängigkeit vom Marktpreis.
Alle Kritik des kleinen Grundeigentums löst sich in letzter Instanz auf in Kritik des Privateigentums als Schranke und Hindernis der Agrikultur. So auch alle Gegenkritik des großen Grundeigentums. Von politischen Nebenrücksichten wird hier natürlich in beiden Fällen abgesehn. Diese Schranke und dies Hindernis, welche alles Privateigentum am Boden der agrikolen Produktion und der rationellen Behandlung, Erhaltung und Verbesserung des Bodens selbst entgegensetzt, entwickelt sich hüben und drüben nur in verschiednen Formen, und im Zank über diese spezifischen Formen des Übels wird sein letzter Grund vergessen.
Das kleine Grundeigentum setzt voraus, daß die bei weitem überwiegende Majorität der Bevölkerung ländlich ist und nicht die gesellschaftliche, sondern die isolierte Arbeit vorherrscht; daß daher der Reichtum und die Entwicklung der Reproduktion, sowohl ihrer materiellen wie geistigen Bedingungen, unter solchen Umständen ausgeschlossen ist, daher auch die Bedingungen einer rationellen Kultur. Auf der anderen Seite reduziert das große Grundeigentum die agrikole Bevölkerung auf ein beständig sinkendes Minimum und setzt ihr eine beständig wachsende, in großen Städten zusammengedrängte Industriebevölkerung entgegen; es erzeugt dadurch Bedingungen, die einen unheilbaren RIß hervorrufen in dem Zusammenhang des gesellschaftlichen und durch die Naturgesetze des Lebens vorgeschriebnen Stoffwechsels, infolge wovon die Bodenkraft verschleudert und diese Verschleuderung durch den Handel weit über die Grenzen des eignen Landes hinausgetragen wird. (Liebig.)
Wenn das kleine Grundeigentum eine halb außerhalb der Gesellschaft stehende Klasse von Barbaren schafft, die alle Roheit primitiver Gesellschaftsformen mit allen Qualen und aller Misere zivilisierter Länder verbindet, so untergräbt das große Grundeigentum die Arbeitskraft in der letzten Region, wohin sich ihre naturwüchsige Energie flüchtet, und wo sie als Reservefonds für die Erneuerung der Lebenskraft der Nationen sich aufspeichert, auf dem Lande selbst. Große Industrie und industriell betriebene große Agrikultur wirken zusammen. Wenn sie sich ursprünglich dadurch scheiden, daß die erste mehr die Arbeitskraft und daher die Naturkraft des Menschen, die letztere mehr direkt die Naturkraft des Bodens verwüstet und ruiniert, so reichen sich später im Fortgang beide die Hand, indem das industrielle System auf dem Land auch die Arbeiter entkräftet und Industrie und Handel ihrerseits der Agrikultur die Mittel zur Erschöpfung des Bodens verschaffen.
VII. Die Revenuen und ihre Quellen
48. Die trinitarische Formel
I
Kapital – Profit (Unternehmergewinn plus Zins), Boden – Grundrente, Arbeit – Arbeitslohn, dies ist die trinitarische Form, die alle Geheimnisse des gesellschaftlichen Produktionsprozesses einbegreift.
Da ferner, wie früher gezeigt, der Zins als das eigentliche, charakteristische Produkt des Kapitals und der Unternehmergewinn im Gegensatz dazu als vom Kapital unabhängiger Arbeitslohn erscheint, reduziert sich jene trinitarische Form näher auf diese:
Kapital – Zins, Boden – Grundrente, Arbeit – Arbeitslohn, wo der Profit, die die kapitalistische Produktionsweise spezifisch charakterisierende Form des Mehrwerts, glücklich beseitigt ist.
Sieht man sich nun diese ökonomische Dreieinigkeit näher an, so findet man:
Erstens, die angeblichen Quellen des jährlich disponiblen Reichtums gehören ganz disparaten Sphären an und haben nicht die geringste Analogie untereinander. Sie verhalten sich gegenseitig etwa wie Notariatsgebühren, rote Rüben und Musik.
Kapital, Boden, Arbeit! Aber das Kapital ist kein Ding, sondern ein bestimmtes, gesellschaftliches, einer bestimmten historischen Gesellschaftsformation angehöriges Produktionsverhältnis, das sich an einem Ding darstellt und diesem Ding einen spezifischen gesellschaftlichen Charakter gibt. Das Kapital ist nicht die Summe der materiellen und produzierten Produktionsmittel. Das Kapital, das sind die in Kapital verwandelten Produktionsmittel, die an sich so wenig Kapital sind, wie Gold oder Silber an sich Geld ist. Es sind die von einem bestimmten Teil der Gesellschaft monopolisierten Produktionsmittel, die der lebendigen Arbeitskraft gegenüber verselbständigten Produkte und Betätigungsbedingungen eben dieser Arbeitskraft, die durch diesen Gegensatz im Kapital personifiziert werden. Es sind nicht nur die, in selbständige Mächte verwandelten Produkte der Arbeiter, die Produkte als Beherrscher und Käufer ihrer Produzenten, sondern es sind auch die gesellschaftlichen Kräfte und die zukünftige... 〈? unleserlich} FormA56 dieser Arbeit, die als Eigenschaften ihres Produkts ihnen gegenübertreten. Also hier haben wir eine bestimmte, auf den ersten Blick sehr mystische, gesellschaftliche Form eines der Faktoren eines historisch fabrizierten gesellschaftlichen Produktionsprozesses.
Und nun daneben den Boden, die unorganische Natur als solche, rudis indigestaque moles in ihrer ganzen Waldursprünglichkeit. Wert ist Arbeit. Mehrwert kann daher nicht Erde sein. Absolute Fruchtbarkeit des Bodens bewirkt nichts, als daß ein gewisses Quantum Arbeit ein gewisses, von der natürlichen Fruchtbarkeit des Bodens bedingtes Produkt gibt. Die Differenz in der Fruchtbarkeit des Bodens bewirkt, daß dieselben Mengen von Arbeit und Kapital, also derselbe Wert, sich in verschiednen Mengen von Bodenprodukten ausdrückt; daß diese Produkte also verschiedne individuelle Werte haben. Die Ausgleichung dieser individuellen Werte zu Marktwerten bewirkt, daß die
»advantages of fertile over inferior soil... are transferred from the cultivator or consumer to the landlord«. (Ricardo, »Principles«, p. 62.)
Und endlich als Dritten im Bunde ein bloßes Gespenst – »die« Arbeit, die nichts ist als eine Abstraktion und für sich genommen überhaupt nicht existiert oder wenn wir die.... 〈unleserlich} nehmenA57, die produktive Tätigkeit des Menschen überhaupt, wodurch er den Stoffwechsel mit der Natur vermittelt, entkleidet nicht nur jeder gesellschaftlichen Form und Charakterbestimmtheit, sondern selbst in ihrem bloßen Naturdasein, unabhängig von der Gesellschaft, allen Gesellschaften enthoben und als Lebensäußerung und Lebensbewährung dem überhaupt noch nicht gesellschaftlichen Menschen gemeinsam mit dem irgendwie gesellschaftlich bestimmten.
II
Kapital – Zins; Grundeigentum, Privateigentum am Erdball, und zwar modernes, der kapitalistischen Produktionsweise entsprechendes – Rente; Lohnarbeit – Arbeitslohn. In dieser Form soll also Zusammenhang zwischen den Quellen der Revenue bestehn. Wie das Kapital, so sind Lohnarbeit und Grundeigentum geschichtlich bestimmte gesellschaftliche Formen; die eine der Arbeit, das andre des monopolisierten Erdballs, und zwar sind sie beide dem Kapital entsprechende und derselben ökonomischen Gesellschaftsformation angehörende Formen.
Das erste Auffällige an dieser Formel ist, daß neben dem Kapital, neben dieser, einer bestimmten Produktionsweise, einer bestimmten historischen Gestalt des gesellschaftlichen Produktionsprozesses angehörigen Form eines Produktionselements, neben einem Produktionselement verquickt mit und dargestellt in einer bestimmten sozialen Form, ohne weitres rangiert werden: die Erde auf der einen Seite, die Arbeit auf der andern, zwei Elemente des realen Arbeitsprozesses, die in dieser stofflichen Form allen Produktionsweisen gemeinsam, die die stofflichen Elemente jedes Produktionsprozesses sind und mit der gesellschaftlichen Form desselben nichts zu schaffen haben.
Zweitens. In der Formel: Kapital – Zins, Erde – Bodenrente, Arbeit – Arbeitslohn, erscheinen Kapital, Erde, Arbeit, respektive als Quellen von Zins (statt Profit), Grundrente und Arbeitslohn als ihren Produkten, Früchten; sie der Grund, jene die Folge, sie die Ursache, jene die Wirkung; und zwar so, daß jede einzelne Quelle auf ihr Produkt als das von ihr Abgestoßene und Produzierte bezogen ist. Alle drei Einkommen, Zins (statt Profit), Rente, Arbeitslohn, sind drei Teile vom Wert des Produkts, also überhaupt Wertteile, oder in Geld ausgedrückt, gewisse Geldteile, Preisteile. Die Formel: Kapital – Zins, ist nun zwar die begriffsloseste Formel des Kapitals, aber sie ist eine Formel desselben. Aber wie soll die Erde einen Wert, d.h. ein gesellschaftlich bestimmtes Quantum Arbeit schaffen, und nun gar den besondren Wertteil ihrer eignen Produkte, der die Rente bildet? Die Erde ist z.B. als Produktionsagent bei der Herstellung eines Gebrauchswerts, eines materiellen Produkts, des Weizens, tätig. Aber sie hat nichts zu tun mit der Produktion des Weizenwerts. Soweit sich Wert im Weizen darstellt, wird der Weizen nur als ein bestimmtes Quantum vergegenständlichter gesellschaftlicher Arbeit betrachtet, ganz gleichgültig gegen den besondren Stoff, worin sich diese Arbeit darstellt, oder den besondren Gebrauchswert dieses Stoffs. Es widerspricht dem nicht, 1. daß bei sonst gleichen Umständen die Wohlfeilheit oder Teuerkeit des Weizens von der Produktivität der Erde abhängt. Die Produktivität der agrikolen Arbeit ist an Naturbedingungen geknüpft, und je nach der Produktivität derselben stellt sich dasselbe Quantum Arbeit in viel oder wenig Produkten, Gebrauchswerten dar. Wie groß das Quantum Arbeit ist, das sich in einem Scheffel darstellt, hängt ab von der Masse der Scheffel, die dasselbe Quantum Arbeit liefert. Es hängt hier von der Produktivität der Erde ab, in welchen Mengen von Produkt der Wert sich darstellt; aber dieser Wert ist gegeben, unabhängig von dieser Verteilung. Wert stellt sich in Gebrauchswert dar; und Gebrauchswert ist eine Bedingung der Wertschöpfung; aber es ist Narrheit, einen Gegensatz zu bilden, wo auf der einen Seite ein Gebrauchswert, die Erde, steht und auf der andern ein Wert, und noch dazu ein besondrer Wertteil. 2. 〈Hier bricht das Ms. ab.}
III
Die Vulgärökonomie tut in der Tat nichts, als die Vorstellungen der in den bürgerlichen Produktionsverhältnissen befangenen Agenten dieser Produktion doktrinär zu verdolmetschen, zu systematisieren und zu apologetisieren. Es darf uns also nicht wundernehmen, daß sie gerade in der entfremdeten Erscheinungsform der ökonomischen Verhältnisse, worin diese prima facie abgeschmackt und vollkommene Widersprüche sind – und alle Wissenschaft wäre überflüssig, wenn die Erscheinungsform und das Wesen der Dinge unmittelbar zusammenfielen –, wenn gerade hier die Vulgärökonomie sich vollkommen bei sich selbst fühlt und ihr diese Verhältnisse um so selbstverständlicher erscheinen, je mehr der innere Zusammenhang an ihnen verborgen ist, sie aber der ordinären Vorstellung geläufig sind. Daher hat sie nicht die geringste Ahnung darüber, daß die Trinität, von der sie ausgeht: Grund und Boden – Rente, Kapital – Zins, Arbeit – Arbeitslohn oder Preis der Arbeit drei prima facie unmögliche Kompositionen sind. Erst haben wir den Gebrauchswert Boden, der keinen Wert hat, und den Tauschwert Rente: so daß ein soziales Verhältnis, als Ding gefaßt, zur Natur in eine Proportion gesetzt ist; also zwei inkommensurable Größen, die ein Verhältnis zueinander haben sollen. Dann Kapital – Zins. Wird das Kapital als eine gewisse, in Geld selbständig dargestellte Wertsumme gefaßt, so ist esprima facie Unsinn, daß ein Wert mehr Wert sein soll, als er wert ist. Gerade in der Form: Kapital – Zins fällt alle Vermittlung fort, und ist das Kapital auf seine allgemeinste, aber darum auch aus sich selbst unerklärliche und absurde Formel reduziert. Ebendarum zieht der Vulgärökonom die Formel Kapital – Zins, mit der okkulten Qualität eines Werts, sich selbst ungleich zu sein, der Formel Kapital – Profit vor, weil hier schon dem wirklichen Kapitalverhältnis nähergekommen wird. Dann wieder, in dem unruhigen Gefühl, daß 4 nicht 5 ist und daher 100 Taler unmöglich 110 Taler sein können, flüchtet er vom Kapital als Wert zur stofflichen Substanz des Kapitals; zu seinem Gebrauchswert als Produktionsbedingung der Arbeit, Maschinerie, Rohstoff etc. So gelingt es dann wieder, statt des unbegreiflichen ersten Verhältnisses, wonach 4 = 5, ein ganz inkommensurables herauszubringen zwischen einem Gebrauchswert, einem Ding auf der einen Seite, und einem bestimmten gesellschaftlichen Produktionsverhältnis, dem Mehrwert, auf der andern; wie beim Grundeigentum. Sobald er bei diesem Inkommensurablen angelangt, wird dem Vulgärökonomen alles klar, und fühlt er nicht mehr das Bedürfnis, weiter nachzudenken. Denn er ist eben beim »Rationale« der Bürgervorstellung angelangt. Endlich, Arbeit-Arbeitslohn, Preis der Arbeit, ist, wie in Buch I nachgewiesen, ein Ausdruck, der prima facie dem Begriff des Werts widerspricht und ebenso dem des Preises, der allgemein selbst nur ein bestimmter Ausdruck des Werts ist; und »Preis der Arbeit« ist ebenso irrationell wie ein gelber Logarithmus. Aber hier ist der Vulgärökonom erst recht befriedigt, da er nun bei der tiefen Einsicht des Bürgers angelangt ist, daß er Geld für die Arbeit zahlt, und da grade der Widerspruch der Formel gegen den Begriff des Werts ihn der Verpflichtung überhebt, den letztren zu begreifen.
Wir144 haben gesehn, daß der kapitalistische Produktionsprozeß eine geschichtlich bestimmte Form des gesellschaftlichen Produktionsprozesses überhaupt ist. Dieser letztere ist sowohl Produktionsprozeß der materiellen Existenzbedingungen des menschlichen Lebens wie ein in spezifischen, historisch-ökonomischen Produktionsverhältnissen vor sich gehender, diese Produktionsverhältnisse selbst und damit die Träger dieses Prozesses, ihre materiellen Existenzbedingungen und ihre gegenseitigen Verhältnisse, d.h. ihre bestimmte ökonomische Gesellschaftsform produzierender und reproduzierender Prozeß. Denn das Ganze dieser Beziehungen, worin sich die Träger dieser Produktion zur Natur und zueinander befinden, worin sie produzieren, dies Ganze ist eben die Gesellschaft, nach ihrer ökonomischen Struktur betrachtet. Wie alle seine Vorgänger, geht der kapitalistische Produktionsprozeß unter bestimmten materiellen Bedingungen vor sich, die aber zugleich Träger bestimmter gesellschaftlicher Verhältnisse sind, welche die Individuen im Prozeß ihrer Lebensreproduktion eingehn. Jene Bedingungen, wie diese Verhältnisse, sind einerseits Voraussetzungen, andrerseits Resultate und Schöpfungen des kapitalistischen Produktionsprozesses; sie werden von ihm produziert und reproduziert. Wir sahen ferner: das Kapital – und der Kapitalist ist nur das personifizierte Kapital, fungiert im Produktionsprozeß nur als Träger des Kapitals –, also das Kapital pumpt in dem ihm entsprechenden gesellschaftlichen Produktionsprozeß ein bestimmtes Quantum Mehrarbeit aus den unmittelbaren Produzenten oder Arbeitern heraus, Mehrarbeit, die jenes ohne Äquivalent erhält und die ihrem Wesen nach immer Zwangsarbeit bleibt, wie sehr sie auch als das Resultat freier kontraktlicher Übereinkunft erscheinen mag. Diese Mehrarbeit stellt sich dar in einem Mehrwert, und dieser Mehrwert existiert in einem Mehrprodukt. Mehrarbeit überhaupt, als Arbeit über das Maß der gegebnen Bedürfnisse hinaus, muß immer bleiben. Im kapitalistischen wie im Sklavensy stem usw. hat sie nur eine antagonistische Form und wird ergänzt durch reinen Müßiggang eines Teils der Gesellschaft. Ein bestimmtes Quantum Mehrarbeit ist erheischt durch die Assekuranz gegen Zufälle, durch die notwendige, der Entwicklung der Bedürfnisse und dem Fortschritt der Bevölkerung entsprechende, progressive Ausdehnung des Reproduktionsprozesses, was vom kapitalistischen Standpunkt aus Akkumulation heißt. Es ist eine der zivilisatorischen Seiten des Kapitals, daß es diese Mehrarbeit in einer Weise und unter Bedingungen erzwingt, die der Entwicklung der Produktivkräfte, der gesellschaftlichen Verhältnisse und der Schöpfung der Elemente für eine höhere Neubildung vorteilhafter sind als unter den frühern Formen der Sklaverei, Leibeigenschaft usw. Es führt so einerseits eine Stufe herbei, wo der Zwang und die Monopolisierung der gesellschaftlichen Entwicklung (einschließlich ihrer materiellen und intellektuellen Vorteile) durch einen Teil der Gesellschaft auf Kosten des andern wegfällt; andrerseits schafft sie die materiellen Mittel und den Keim zu Verhältnissen, die in einer höhern Form der Gesellschaft erlauben, diese Mehrarbeit zu verbinden mit einer größern Beschränkung der der materiellen Arbeit überhaupt gewidmeten Zeit. Denn die Mehrarbeit kann, je nach der Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit, groß sein bei kleinem Gesamtarbeitstag und relativ klein bei großem Gesamtarbeitstag. Ist die notwendige Arbeitszeit = 3 und die Mehrarbeit = 3, so ist der Gesamtarbeitstag = 6 und die Rate der Mehrarbeit = 100%. Ist die notwendige Arbeit = 9 und die Mehrarbeit = 3, so der Gesamtarbeitstag = 12 und die Rate der Mehrarbeit nur = 33 1/3%. Sodann aber hängt es von der Produktivität der Arbeit ab, wieviel Gebrauchswert in bestimmter Zeit, also auch in bestimmter Mehrarbeitszeit hergestellt wird. Der wirkliche Reichtum der Gesellschaft und die Möglichkeit beständiger Erweiterung ihres Reproduktionsprozesses hängt also nicht ab von der Länge der Mehrarbeit, sondern von ihrer Produktivität und von den mehr oder minder reichhaltigen Produktionsbedingungen, worin sie sich vollzieht. Das Reich der Freiheit beginnt in der Tat erst da, wo das Arbeiten, das durch Not und äußere Zweckmäßigkeit bestimmt ist, aufhört; es liegt also der Natur der Sache nach jenseits der Sphäre der eigentlichen materiellen Produktion. Wie der Wilde mit der Natur ringen muß, um seine Bedürfnisse zu befriedigen, um sein Leben zu erhalten und zu reproduzieren, so muß es der Zivilisierte, und er muß es in allen Gesellschaftsformen und unter allen möglichen Produktionsweisen. Mit seiner Entwicklung erweitert sich dies Reich der Naturnotwendigkeit, weil die Bedürfnisse; aber zugleich erweitern sich die Produktivkräfte, die diese befriedigen. Die Freiheit in diesem Gebiet kann nur darin bestehn, daß der vergesellschaftete Mensch, die assoziierten Produzenten, diesen ihren Stoffwechsel mit der Natur rationell regeln, unter ihre gemeinschaftliche Kontrolle bringen, statt von ihm als von einer blinden Macht beherrscht zu werden; ihn mit dem geringsten Kraftaufwand und unter den ihrer menschlichen Natur würdigsten und adäquatesten Bedingungen vollziehn. Aber es bleibt dies immer ein Reich der Notwendigkeit. Jenseits desselben beginnt die menschliche Kraftentwicklung, die sich als Selbstzweck gilt, das wahre Reich der Freiheit, das aber nur auf jenem Reich der Notwendigkeit als seiner Basis aufblühn kann. Die Verkürzung des Arbeitstags ist die Grundbedingung.
In der kapitalistischen Gesellschaft verteilt sich dieser Mehrwert oder dies Mehrprodukt – wenn wir von den zufälligen Schwankungen der Verteilung absehn und ihr regelndes Gesetz, ihre normierenden Grenzen betrachten – unter den Kapitalisten als Dividende im Verhältnis zu der Quote, die jedem vom gesellschaftlichen Kapital gehört. In dieser Gestalt erscheint der Mehrwert als der Durchschnittsprofit, der dem Kapital zufällt, ein Durchschnittsprofit, der sich selbst wieder in Unternehmergewinn und Zins spaltet und unter diesen beiden Kategorien verschiednen Sorten von Kapitalisten zufallen kann. Diese Aneignung und Verteilung des Mehrwerts resp. Mehrprodukts durch das Kapital besitzt jedoch ihre Schranke am Grundeigentum. Wie der fungierende Kapitalist die Mehrarbeit und damit unter der Form des Profits den Mehrwert und das Mehrprodukt aus dem Arbeiter auspumpt, so pumpt der Grundeigentümer einen Teil dieses Mehrwerts oder Mehrprodukts wieder dem Kapitalisten aus, unter der Form der Rente, nach früher entwickelten Gesetzen.
Wenn wir also hier vom Profit als dem dem Kapital zufallenden Anteil des Mehrwerts sprechen, so meinen wir den Durchschnittsprofit (gleich Unternehmergewinn plus Zins), der durch den Abzug der Rente vom Gesamtprofit (in seiner Masse identisch mit dem Gesamtmehrwert) bereits beschränkt ist; der Abzug der Rente ist vorausgesetzt. Kapitalprofit (Unternehmergewinn plus Zins) und Grundrente sind also nichts als besondre Bestandteile des Mehrwerts, Kategorien, worin dieser, je nach seinem Anheimfall an das Kapital oder das Grundeigentum, unterschieden wird, Rubriken, die aber an seinem Wesen nichts ändern. Zusammenaddiert bilden sie die Summe des gesellschaftlichen Mehrwerts. Das Kapital pumpt die Mehrarbeit, die sich im Mehrwert und Mehrprodukt darstellt, direkt aus den Arbeitern aus. Es kann also in diesem Sinn als Produzent des Mehrwerts betrachtet werden. Das Grundeigentum hat mit dem wirklichen Produktionsprozeß nichts zu schaffen. Seine Rolle beschränkt sich darauf, einen Teil des produzierten Mehrwerts aus der Tasche des Kapitals in seine eigne hinüberzuführen. Jedoch spielt der Grundeigentümer eine Rolle im kapitalistischen Produktionsprozeß, nicht nur durch den Druck, den er auf das Kapital ausübt, auch nicht bloß dadurch, daß großes Grundeigentum eine Voraussetzung und Bedingung der kapitalistischen Produktion, weil der Expropriation des Arbeiters von den Arbeitsbedingungen ist, sondern speziell dadurch, daß er als Personifikation einer der wesentlichsten Produktionsbedingungen erscheint.
Der Arbeiter endlich, als Eigentümer und Verkäufer seiner persönlichen Arbeitskraft, erhält unter dem Namen Arbeitslohn einen Teil des Produkts, worin sich der Teil seiner Arbeit darstellt, den wir notwendige Arbeit nennen, d.h. die zur Erhaltung und Reproduktion dieser Arbeitskraft notwendige Arbeit, seien die Bedingungen dieser Erhaltung und Reproduktion nun ärmlicher oder reicher, günstiger oder ungünstiger.
So disparat diese Verhältnisse nun sonst erscheinen mögen, sie haben alle eins gemein: Das Kapital wirft jahraus, jahrein dem Kapitalisten Profit ab, der Boden dem Grundeigentümer Grundrente und die Arbeitskraft – unter normalen Verhältnissen, und solange sie eine brauchbare Arbeitskraft bleibt – dem Arbeiter Arbeitslohn. Diese drei Wertteile des jährlich produzierten Gesamtwerts und die ihnen entsprechenden Teile des jährlich produzierten Gesamtprodukts können – wir sehn hier zunächst von der Akkumulation ab – von ihren respektiven Besitzern jährlich verzehrt werden, ohne daß die Quelle ihrer Reproduktion versiegt. Sie erscheinen als jährlich zu verzehrende Früchte eines perennierenden Baums oder vielmehr dreier Bäume, sie bilden das jährliche Einkommen dreier Klassen, des Kapitalisten, des Grundeigentümers und des Arbeiters, Revenuen, die der fungierende Kapitalist als der unmittelbare Auspumper der Mehrarbeit und Anwender der Arbeit überhaupt verteilt. Dem Kapitalisten erscheint sein Kapital, dem Grundeigentümer sein Boden und dem Arbeiter seine Arbeitskraft oder vielmehr seine Arbeit selbst (da er die Arbeitskraft nur als sich äußernde wirklich verkauft und ihm der Preis der Arbeitskraft, wie früher gezeigt, auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise sich notwendig als Preis der Arbeit darstellt) so als drei verschiedne Quellen ihrer spezifischen Revenuen, des Profits, der Grundrente und des Arbeitslohns. Sie sind es in der Tat in dem Sinne, daß das Kapital für den Kapitalisten eine perennierende Pumpmaschine von Mehrarbeit, der Boden für den Grundeigentümer ein perennierender Magnet zur Anziehung eines Teils des vom Kapital ausgepumpten Mehrwerts und endlich die Arbeit die beständig sich erneuernde Bedingung und das stets sich erneuernde Mittel ist, um einen Teil des vom Arbeiter geschaffnen Werts und daher einen durch diesen Wertteil gemeßnen Teil des gesellschaftlichen Produkts, die notwendigen Lebensmittel, unter dem Titel des Arbeitslohns zu erwerben. Sie sind es ferner in dem Sinn, daß das Kapital einen Teil des Werts und daher des Produkts der jährlichen Arbeit in der Form des Profits, das Grundeigentum einen andern Teil in der Form der Rente und die Lohnarbeit einen dritten Teil in der Form des Arbeitslohns fixiert und grade durch diese Verwandlung umsetzt in die Revenuen des Kapitalisten, des Grundeigentümers und des Arbeiters, ohne aber die Substanz selbst zu schaffen, die sich in diese verschiednen Kategorien verwandelt. Die Verteilung setzt vielmehr diese Substanz als vorhanden voraus, nämlich den Gesamtwert des jährlichen Produkts, der nichts ist als vergegenständlichte gesellschaftliche Arbeit. Es ist jedoch nicht in dieser Form, daß sich die Sache den Produktionsagenten, den Trägern der verschiednen Funktionen des Produktionsprozesses darstellt, sondern vielmehr in einer verkehrten Form. Warum dies geschieht, werden wir im Fortgang der Untersuchung weiter entwickeln. Kapital, Grundeigentum und Arbeit erscheinen jenen Produktionsagenten als drei verschiedne, unabhängige Quellen, aus denen als solchen drei verschiedne Bestandteile des jährlich produzierten Werts – und daher des Produkts, worin er existiert – entspringen; aus denen also nicht nur die verschiednen Formen dieses Werts als Revenuen, welche besondren Faktoren des gesellschaftlichen Produktionsprozesses zufallen, sondern dieser Wert selbst entspringt und damit die Substanz dieser Revenueformen.
... Differentialrente ist gebunden an die relative Fruchtbarkeit der Ländereien, also an Eigenschaften, die aus dem Boden als solchem entspringen. Aber soweit sie erstens beruht auf den verschiednen individuellen Werten der Produkte verschiedner Bodenarten, ist es nur die eben erwähnte Bestimmung; soweit sie zweitens beruht auf dem von diesen individuellen Werten unterschiednen, regulierenden allgemeinen Marktwert, ist es ein gesellschaftliches, vermittelst der Konkurrenz durchgeführtes Gesetz, das weder mit dem Boden noch mit den verschiednen Graden seiner Fruchtbarkeit etwas zu tun hat.
Es könnte scheinen, als wenn wenigstens in: »Arbeit – Arbeitslohn« ein rationelles Verhältnis ausgesprochen wäre. Aber dies ist ebensowenig der Fall wie mit: »Boden – Grundrente«. Soweit die Arbeit wertbildend ist und sich im Wert der Waren darstellt, hat sie nichts zu tun mit der Verteilung dieses Werts unter verschiedne Kategorien. Soweit sie den spezifisch gesellschaftlichen Charakter der Lohnarbeit hat, ist sie nicht wertbildend. Es ist überhaupt früher gezeigt worden, daß Arbeitslohn oder Preis der Arbeit nur ein irrationeller Ausdruck für den Wert oder Preis der Arbeitskraft ist; und die bestimmten gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen diese Arbeitskraft verkauft wird, haben mit der Arbeit als allgemeinem Produktionsagenten nichts zu schaffen. Die Arbeit vergegenständlicht sich auch in dem Wertbestandteil der Ware, der als Arbeitslohn den Preis der Arbeitskraft bildet; sie schafft diesen Teil ebensogut wie die andern Teile des Produkts; aber sie vergegenständlicht sich in diesem Teil nicht mehr und nicht anders als in den Teilen, die Rente oder Profit bilden. Und überhaupt, wenn wir die Arbeit als wertbildend fixieren, betrachten wir sie nicht in ihrer konkreten Gestalt als Produktionsbedingung, sondern in einer gesellschaftlichen Bestimmtheit, die von der der Lohnarbeit verschieden ist.
Selbst der Ausdruck: »Kapital – Profit« ist hier inkorrekt. Wenn das Kapital in der einzigen Beziehung gefaßt wird, worin es Mehrwert produziert, nämlich in seinem Verhältnis zum Arbeiter, worin es Mehrarbeit erpreßt durch den Zwang, den es auf die Arbeitskraft, d.h. auf den Lohnarbeiter ausübt, so umfaßt dieser Mehrwert außer Profit (Unternehmergewinn plus Zins) auch die Rente, kurz, den ganzen ungeteilten Mehrwert. Hier dagegen, als Quelle von Revenue, wird es nur auf den Teil in Beziehung gesetzt, der dem Kapitalisten anheimfällt. Es ist dies nicht der Mehrwert, den es überhaupt extrahiert, sondern nur der Teil, den es für den Kapitalisten extrahiert. Noch mehr fällt aller Zusammenhang fort, sobald sich die Formel verwandelt in die: »Kapital – Zins«.
Wenn wir erstens das Disparate der drei Quellen betrachteten, so jetzt zweitens, daß dagegen ihre Produkte, ihre Abkömmlinge, die Revenuen, alle derselben Sphäre, der des Werts angehören. Indes gleicht sich dies dadurch aus (dies Verhältnis nicht nur zwischen inkommensurablen Größen, sondern zwischen ganz ungleichmäßigen, unter sich beziehungslosen und unvergleichbaren Dingen), daß in der Tat das Kapital, gleich der Erde und der Arbeit, bloß seiner stofflichen Substanz nach, also einfach als produziertes Produktionsmittel genommen wird, wobei sowohl von ihm als Verhältnis zum Arbeiter wie von ihm als Wert abstrahiert wird.
Drittens. In diesem Sinn also bietet die Formel: Kapital-Zins (Profit), Erde – Rente, Arbeit – Arbeitslohn, gleichmäßige und symmetrische Inkongruität. In der Tat, indem die Lohnarbeit nicht als eine gesellschaftlich bestimmte Form der Arbeit, sondern alle Arbeit ihrer Natur nach als Lohnarbeit erscheint (sich dem in den kapitalistischen Produktionsverhältnissen Befangnen so vorstellt), fallen auch die bestimmten, spezifischen gesellschaftlichen Formen, welche die gegenständlichen Arbeitsbedingungen – die produzierten Produktionsmittel und die Erde – der Lohnarbeit gegenüber einnehmen (wie sie umgekehrt ihrerseits die Lohnarbeit voraussetzen), ohne weiteres zusammen mit dem stofflichen Dasein dieser Arbeitsbedingungen oder mit der Gestalt, die sie überhaupt im wirklichen Arbeitsprozeß besitzen, unabhängig von jeder geschichtlich bestimmten gesellschaftlichen, ja unabhängig von jeder gesellschaftlichen Form desselben. Die der Arbeit entfremdete, ihr gegenüber verselbständigte und somit verwandelte Gestalt der Arbeitsbedingungen, worin also die produzierten Produktionsmittel sich in Kapital verwandeln und die Erde in monopolisierte Erde, in Grundeigentum, diese einer bestimmten Geschichtsperiode angehörige Gestalt fällt daher zusammen mit dem Dasein und der Funktion der produzierten Produktionsmittel und der Erde im Produktionsprozeß überhaupt. Jene Produktionsmittel sind an und für sich, von Natur, Kapital; Kapital ist nichts als ein bloßer »ökonomischer Name« für jene Produktionsmittel; und so ist die Erde an und für sich, von Natur, die von einer gewissen Zahl Grundeigentümer monopolisierte Erde. Wie im Kapital und Kapitalisten – der in der Tat nichts ist als das personifizierte Kapital – die Produkte eine selbständige Macht werden gegenüber den Produzenten, so wird im Grundeigentümer der Grund und Boden personifiziert, der sich ebenfalls auf die Hinterfüße stellt und als selbständige Macht seinen Anteil fordert von dem mit seiner Hilfe erzeugten Produkt; so daß nicht der Boden den ihm gehörigen Teil des Produkts zu Ersatz und Steigerung seiner Produktivität erhält, sondern statt seiner der Grundeigentümer einen Anteil dieses Produkts zur Verschacherung und Verschwendung. Es ist klar, daß das Kapital die Arbeit als Lohnarbeit voraussetzt. Es ist aber ebenso klar, daß, wenn von der Arbeit als Lohnarbeit ausgegangen wird, so daß das Zusammenfallen der Arbeit überhaupt mit der Lohnarbeit selbstverständlich scheint, dann auch als natürliche Form der Arbeitsbedingungen, gegenüber der Arbeit überhaupt, das Kapital und die monopolisierte Erde erscheinen müssen. Kapital zu sein erscheint nun als natürliche Form der Arbeitsmittel und daher als rein dinglicher und aus ihrer Funktion im Arbeitsprozeß überhaupt entspringender Charakter. Kapital und produziertes Produktionsmittel werden so identische Ausdrücke. Ebenso werden Erdboden und durch Privateigentum monopolisierter Erdboden identische Ausdrücke. Die Arbeitsmittel als solche, die von Natur Kapital sind, werden daher zur Quelle des Profits wie die Erde als solche zur Quelle der Rente.
Die Arbeit als solche, in ihrer einfachen Bestimmtheit als zweckmäßige produktive Tätigkeit, bezieht sich auf die Produktionsmittel, nicht in deren gesellschaftlicher Formbestimmtheit, sondern in ihrer stofflichen Substanz, als Material und Mittel der Arbeit, die sich ebenfalls nur stofflich, als Gebrauchswerte voneinander unterscheiden, die Erde als unproduziertes, die andren als produzierte Arbeitsmittel. Fällt also die Arbeit mit der Lohnarbeit zusammen, so fällt auch die bestimmte gesellschaftliche Form, worin die Arbeitsbedingungen nun der Arbeit gegenüberstehn, zusammen mit ihrem stofflichen Dasein. Die Arbeitsmittel sind dann als solche Kapital, und die Erde als solche ist Grundeigentum. Die formale Verselbständigung dieser Arbeitsbedingungen gegenüber der Arbeit, die besondre Form dieser Verselbständigung, die sie gegenüber der Lohnarbeit besitzen, ist dann eine von ihnen als Dingen, als materiellen Produktionsbedingungen untrennbare Eigenschaft, ein ihnen als Produktionselementen notwendig zukommender, immanent eingewachsener Charakter. Ihr durch eine bestimmte Geschichtsepoche bestimmter sozialer Charakter im kapitalistischen Produktionsprozeß ist ein ihnen naturgemäß, und sozusagen von Ewigkeit her, als Elementen des Produktionsprozesses eingeborner dinglicher Charakter. Der respektive Anteil daher, den die Erde als das ursprüngliche Beschäftigungsfeld der Arbeit, als das Reich der Naturkräfte, als das vorgefundne Arsenal aller Arbeitsgegenstände, und der andre respektive Anteil, den die produzierten Produktionsmittel (Instrumente, Rohstoffe etc.) an dem Produktionsprozeß überhaupt nehmen, müssen dann sich auszudrücken scheinen in den respektiven Anteilen, die ihnen als Kapital und Grundeigentum, d.h. die ihren sozialen Repräsentanten in der Form von Profit (Zins) und Rente zufallen, wie dem Arbeiter im Arbeitslohn der Anteil, den seine Arbeit am Produktionsprozeß nimmt. Rente, Profit, Arbeitslohn scheinen so aus der Rolle herauszuwachsen, die die Erde, die produzierten Produktionsmittel und die Arbeit im einfachen Arbeitsprozeß spielen, selbst soweit wir diesen Arbeitsprozeß als bloß zwischen dem Menschen und der Natur vorgehend und abgesehn von jeder geschichtlichen Bestimmtheit betrachten. Es ist nur wieder dieselbe Sache in einer andern Form, wenn gesagt wird: Das Produkt, worin sich die Arbeit des Lohnarbeiters für ihn selbst, als sein Ertrag, seine Revenue darstellt, ist nur der Arbeitslohn, der Teil des Werts (und daher des durch diesen Wert gemeßnen sozialen Produkts), der seinen Arbeitslohn darstellt. Fällt also die Lohnarbeit mit der Arbeit überhaupt zusammen, so auch der Arbeitslohn mit dem Produkt der Arbeit und der Wertteil, den der Arbeitslohn darstellt, mit dem durch die Arbeit geschaffnen Wert überhaupt. Dadurch treten aber die andern Wertteile, Profit und Rente, ebenso selbständig dem Arbeitslohn gegenüber und müssen aus eignen, von der Arbeit spezifisch verschiednen und unabhängigen Quellen entspringen; sie müssen aus den mitwirkenden Produktionselementen entspringen, deren Besitzern sie zufallen, also der Profit aus den Produktionsmitteln, den stofflichen Elementen des Kapitals, und die Rente aus der vom Grundeigentümer repräsentierten Erde oder der Natur. (Roscher.)
Grundeigentum, Kapital und Lohnarbeit verwandeln sich daher aus Quellen der Revenue in dem Sinn, daß das Kapital dem Kapitalisten einen Teil des Mehrwerts, den er aus der Arbeit extrahiert, in der Form des Profits, das Monopol an der Erde dem Grundeigentümer einen andern Teil in der Form der Rente attrahiert und die Arbeit dem Arbeiter den letzten noch disponiblen Wertteil in der Form des Arbeitslohns zuschlägt, aus Quellen, vermittelst deren ein Teil des Werts in die Form des Profits, ein zweiter in die Form der Rente und ein dritter in die Form des Arbeitslohns sich verwandelt – in wirkliche Quellen, aus denen diese Wertteile und die bezüglichen Teile des Produkts, worin sie existieren oder wogegen sie umsetzbar sind, selbst entspringen und aus denen als letzter Quelle daher der Wert des Produkts selbst entspringt.145
Wir haben bereits bei den einfachsten Kategorien der kapitalistischen Produktionsweise, und selbst der Warenproduktion, bei der Ware und dem Geld den mystifizierenden Charakter nachgewiesen, der die gesellschaftlichen Verhältnisse, denen die stofflichen Elemente des Reichtums bei der Produktion als Träger dienen, in Eigenschaften dieser Dinge selbst verwandelt (Ware) und noch ausgesprochener das Produktionsverhältnis selbst in ein Ding (Geld). Alle Gesellschaftsformen, soweit sie es zur Warenproduktion und Geldzirkulation bringen, nehmen an dieser Verkehrung teil. Aber in der kapitalistischen Produktionsweise und beim Kapital, welches ihre herrschende Kategorie, ihr bestimmendes Produktionsverhältnis bildet, entwickelt sich diese verzauberte und verkehrte Welt noch viel weiter. Betrachtet man das Kapital zunächst im unmittelbaren Produktionsprozeß – als Auspumper von Mehrarbeit, so ist dies Verhältnis noch sehr einfach, und der wirkliche Zusammenhang drängt sich den Trägern dieses Prozesses, den Kapitalisten selbst auf und ist noch in ihrem Bewußtsein. Der heftige Kampf um die Grenzen des Arbeitstags beweist dies schlagend. Aber selbst innerhalb dieser nicht vermittelten Sphäre, der Sphäre des unmittelbaren Prozesses zwischen Arbeit und Kapital, bleibt es nicht bei dieser Einfachheit. Mit der Entwicklung des relativen Mehrwerts in der eigentlichen spezifisch kapitalistischen Produktionsweise, womit sich die gesellschaftlichen Produktivkräfte der Arbeit entwickeln, erscheinen diese Produktivkräfte und die gesellschaftlichen Zusammenhänge der Arbeit im unmittelbaren Arbeitsprozeß als aus der Arbeit in das Kapital verlegt. Damit wird das Kapital schon ein sehr mystisches Wesen, indem alle gesellschaftlichen Produktivkräfte der Arbeit als ihm, und nicht der Arbeit als solcher, zukommende und aus seinem eignen Schoß hervorsprossende Kräfte erscheinen. Dann kommt der Zirkulationsprozeß dazwischen, dessen Stoff- und Formwechsel alle Teile des Kapitals, selbst des agrikolen Kapitals, in demselben Grad anheimfallen, wie sich die spezifisch kapitalistische Produktionsweise entwickelt. Es ist dies eine Sphäre, worin die Verhältnisse der ursprünglichen Wertproduktion völlig in den Hintergrund treten. Schon im unmittelbaren Produktionsprozeß ist der Kapitalist zugleich als Warenproduzent, als Leiter der Warenproduktion tätig. Dieser Produktionsprozeß stellt sich ihm daher keineswegs einfach als Produktionsprozeß von Mehrwert dar. Welches aber immer der Mehrwert sei, den das Kapital im unmittelbaren Produktionsprozeß ausgepumpt und in Waren dargestellt hat, der in den Waren enthaltne Wert und Mehrwert muß erst im Zirkulationsprozeß realisiert werden. Und sowohl die Rückerstattung der in der Produktion vorgeschoßnen Werte, wie namentlich der in den Waren enthaltne Mehrwert, scheint nicht in der Zirkulation sich bloß zu realisieren, sondern aus ihr zu entspringen; ein Schein, den namentlich zwei Umstände befestigen: erstens der Profit bei Veräußerung, der von Prellerei, List, Sachkenntnis, Geschick und tausend Marktkonjunkturen abhängt; dann aber der Umstand, daß hier neben der Arbeitszeit ein zweites bestimmendes Element hinzutritt, die Zirkulationszeit. Diese fungiert zwar nur als negative Schranke der Wert- und Mehrwertbildung, hat aber den Schein, als sei sie ein ebenso positiver Grund wie die Arbeit selbst und als bringe sie eine, aus der Natur des Kapitals hervorgehende, von der Arbeit unabhängige Bestimmung herein. Wir hatten in Buch II diese Zirkulationssphäre natürlich nur darzustellen in bezug auf die Formbestimmungen, die sie erzeugt, die Fortentwicklung der Gestalt des Kapitals nachzuweisen, die in ihr vorgeht. In der Wirklichkeit aber ist diese Sphäre die Sphäre der Konkurrenz, die, jeden einzelnen Fall betrachtet, vom Zufall beherrscht ist; wo also das innere Gesetz, das in diesen Zufällen sich durchsetzt und sie reguliert, nur sichtbar wird, sobald diese Zufälle in großen Massen zusammengefaßt werden, wo es also den einzelnen Agenten der Produktion selbst unsichtbar und unverständlich bleibt. Weiter aber: der wirkliche Produktionsprozeß, als Einheit des unmittelbaren Produktionsprozesses und des Zirkulationsprozesses, erzeugt neue Gestaltungen, worin mehr und mehr die Ader des innern Zusammenhangs verlorengeht, die Produktionsverhältnisse sich gegeneinander verselbständigen und die Wertbestandteile sich gegeneinander in selbständigen Formen verknöchern.
Die Verwandlung des Mehrwerts in Profit ist, wie wir sahen, ebensosehr durch den Zirkulationsprozeß wie durch den Produktionsprozeß bestimmt. Der Mehrwert, in der Form des Profits, wird nicht mehr auf den in Arbeit ausgelegten Kapitalteil, aus dem er entspringt, sondern auf das Gesamtkapital bezogen. Die Profitrate wird durch eigne Gesetze reguliert, die einen Wechsel derselben bei gleichbleibender Rate des Mehrwerts zulassen und selbst bedingen. Alles dies verhüllt mehr und mehr die wahre Natur des Mehrwerts und daher das wirkliche Triebwerk des Kapitals. Noch mehr geschieht dies durch die Verwandlung des Profits in Durchschnittsprofit und der Werte in Produktionspreise, in die regulierenden Durchschnitte der Marktpreise. Es tritt hier ein komplizierter gesellschaftlicher Prozeß dazwischen, der Ausgleichungsprozeß der Kapitale, der die relativen Durchschnittspreise der Waren von ihren Werten und die Durchschnittsprofite in den verschiednen Produktionssphären (ganz abgesehn von den individuellen Kapitalanlagen in jeder besondren Produktionssphä re) von der wirklichen Exploitation der Arbeit durch die besondren Kapitale losscheidet. Es scheint nicht nur so, sondern es ist hier in der Tat der Durchschnittspreis der Waren verschieden von ihrem Wert, also von der in ihnen realisierten Arbeit, und der Durchschnittsprofit eines besondren Kapitals verschieden von dem Mehrwert, den dies Kapital aus den von ihm beschäftigten Arbeitern extrahiert hat. Der Wert der Waren erscheint unmittelbar nur noch in dem Einfluß der wechselnden Produktivkraft der Arbeit auf Sinken und Steigen der Produktionspreise, auf ihre Bewegung, nicht auf ihre letzten Grenzen. Der Profit erscheint nur noch akzessorisch bestimmt durch die unmittelbare Exploitation der Arbeit, soweit diese nämlich dem Kapitalisten erlaubt, bei den, scheinbar unabhängig von dieser Exploitation vorhandnen, regulierenden Marktpreisen, einen vom Durchschnittsprofit abweichenden Profit zu realisieren. Die normalen Durchschnittsprofite selbst scheinen dem Kapital immanent, unabhängig von der Exploitation; die anormale Exploitation oder auch die durchschnittliche Exploitation unter günstigen Ausnahmsbedingungen scheint nur die Abweichungen vom Durchschnittsprofit, nicht diesen selbst zu bedingen. Die Spaltung des Profits in Unternehmergewinn und Zins (gar nicht zu sprechen von der Dazwischenkunft des kommerziellen Profits und des Geldhand lungsprofits, die auf der Zirkulation gegründet sind und ganz und gar aus ihr und nicht aus dem Produktionsprozeß selbst zu entspringen scheinen) vollendet die Verselbständigung der Form des Mehrwerts, die Verknöcherung seiner Form gegen seine Substanz, sein Wesen. Ein Teil des Profits, im Gegensatz zu dem andren, löst sich ganz von dem Kapitalverhältnis als solchem los und stellt sich dar als entspringend nicht aus der Funktion der Ausbeutung der Lohnarbeit, sondern aus der Lohnarbeit des Kapitalisten selbst. Im Gegensatz dazu scheint dann der Zins als unabhängig, sei es von der Lohnarbeit des Arbeiters, sei es von der eignen Arbeit des Kapitalisten, aus dem Kapital als seiner eignen unabhängigen Quelle zu entspringen. Wenn das Kapital ursprünglich, auf der Oberfläche der Zirkulation, erschien als Kapitalfetisch, werterzeugender Wert, so stellt es sich jetzt wieder in der Gestalt des zinstragenden Kapitals als in seiner entfremdetsten und eigentümlichsten Form dar. Weshalb auch die Form: »Kapital – Zins« als drittes zu »Erde – Rente« und »Arbeit-Arbeitslohn« viel konsequenter ist als »Kapital-Profit«, indem im Profit immer noch eine Erinnerung an seinen Ursprung bleibt, die im Zins nicht nur ausgelöscht, sondern in feste gegensätzliche Form zu diesem Ursprung gestellt ist.
Endlich tritt neben das Kapital als selbständige Quelle von Mehrwert das Grundeigentum, als Schranke des Durchschnittsprofits und als einen Teil des Mehrwerts an eine Klasse übertragend, die weder selbst arbeitet, noch Arbeiter direkt exploitiert, noch sich wie das zinstragende Kapital in moralisch erbaulichen Trostgründen, z.B. dem Risiko und dem Opfer im Wegleihen des Kapitals, ergehn kann. Indem hier ein Teil des Mehrwerts direkt nicht an Gesellschaftsverhältnisse, sondern an ein Naturelement, die Erde, gebunden scheint, ist die Form der Entfremdung und Verknöcherung der verschiednen Teile des Mehrwerts gegeneinander vollendet, der innere Zusammenhang endgültig zerrissen und seine Quelle vollständig verschüttet, eben durch die Verselbständigung der an die verschiednen stofflichen Elemente des Produktionsprozesses gebundnen, Produktionsverhältnisse gegeneinander.
Im Kapital – Profit, oder noch besser Kapital – Zins, Boden – Grundrente, Arbeit – Arbeitslohn, in dieser ökonomischen Trinität als dem Zusammenhang der Bestandteile des Werts und des Reichtums überhaupt mit seinen Quellen ist die Mystifikation der kapitalistischen Produktionsweise, die Verdinglichung der gesellschaftlichen Verhältnisse, das unmittelbare Zusammenwachsen der stofflichen Produktionsverhältnisse mit ihrer geschichtlich-sozialen Bestimmtheit vollendet: die verzauberte, verkehrte und auf den Kopf gestellte Welt, wo Monsieur le Capital und Madame la Terre als soziale Charaktere und zugleich unmittelbar als bloße Dinge ihren Spuk treiben. Es ist das große Verdienst der klassischen Ökonomie, diesen falschen Schein und Trug, diese Verselbständigung und Verknöcherung der verschiednen gesellschaftlichen Elemente des Reichtums gegeneinander, diese Personifizierung der Sachen und Versachlichung der Produktionsverhältnisse, diese Religion des Alltagslebens aufgelöst zu haben, indem sie den Zins auf einen Teil des Profits und die Rente auf den Überschuß über den Durchschnittsprofit reduziert, so daß beide im Mehrwert zusammenfallen; indem sie den Zirkulationsprozeß als bloße Metamorphose der Formen darstellt und endlich im unmittelbaren Produktionsprozeß Wert und Mehrwert der Waren auf die Arbeit reduziert. Dennoch bleiben selbst die besten ihrer Wortführer, wie es vom bürgerlichen Standpunkt nicht anders möglich ist, mehr oder weniger in der von ihnen kritisch aufgelösten Welt des Scheins befangen und fallen daher alle mehr oder weniger in Inkonsequenzen, Halbheiten und ungelöste Widersprüche. Es ist dagegen andrerseits ebenso natürlich, daß die wirklichen Produktionsagenten in diesen entfremdeten und irrationellen Formen von Kapital – Zins, Boden – Rente, Arbeit – Arbeitslohn sich völlig zu Hause fühlen, denn es sind eben die Gestaltungen des Scheins, in welchem sie sich bewegen und womit sie täglich zu tun haben. Es ist daher ebenso natürlich, daß die Vulgärökonomie, die nichts als eine didaktische, mehr oder minder doktrinäre Übersetzung der Alltagsvorstellungen der wirklichen Produktionsagenten ist und eine gewisse verständige Ordnung unter sie bringt, grade in dieser Trinität, worin der ganze innere Zusammenhang ausgelöscht ist, die naturgemäße und über allen Zweifel erhabene Basis ihrer seichten Wichtigtuerei findet. Diese Formel entspricht zugleich dem Interesse der herrschenden Klassen, indem sie die Naturnotwendigkeit und ewige Berechtigung ihrer Einnahmequellen proklamiert und zu einem Dogma erhebt.
In der Darstellung der Versachlichung der Produktionsverhältnisse und ihrer Verselbständigung gegenüber den Produktionsagenten gehn wir nicht ein auf die Art und Weise, wie die Zusammenhänge durch den Weltmarkt, seine Konjunkturen, die Bewegung der Marktpreise, die Perioden des Kredits, die Zyklen der Industrie und des Handels, die Abwechslung der Prosperität und Krise, ihnen als übermächtige, sie willenlos beherrschende Naturgesetze erscheinen und sich ihnen gegenüber als blinde Notwendigkeit geltend machen. Deswegen nicht, weil die wirkliche Bewegung der Konkurrenz außerhalb unsers Plans liegt und wir nur die innere Organisation der kapitalistischen Produktionsweise, sozusagen in ihrem idealen Durchschnitt, darzustellen haben.
In frühern Gesellschaftsformen tritt diese ökonomische Mystifikation nur ein hauptsächlich in bezug auf das Geld und das zinstragende Kapital. Sie ist der Natur der Sache nach ausgeschlossen, erstens, wo die Produktion für den Gebrauchswert, für den unmittelbaren Selbstbedarf vorwiegt; zweitens, wo, wie in der antiken Zeit und im Mittelalter, Sklaverei oder Leibeigenschaft die breite Basis der gesellschaftlichen Produktion bildet: die Herrschaft der Produktionsbedingungen über die Produzenten ist hier versteckt durch die Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnisse, die als unmittelbare Triebfedern des Produktionsprozesses erscheinen und sichtbar sind. In den ursprünglichen Gemeinwesen, wo naturwüchsiger Kommunismus herrscht, und selbst in den antiken städtischen Gemeinwesen ist es dies Gemeinwesen selbst mit seinen Bedingungen, das als Basis der Produktion sich darstellt, wie seine Reproduktion als ihr letzter Zweck. Selbst im mittelalterlichen Zunftwesen erscheint weder das Kapital noch die Arbeit ungebunden, sondern ihre Beziehungen durch das Korporationswesen und mit demselben zusammenhängende Verhältnisse und ihnen entsprechende Vorstellungen von Berufspflicht, Meisterschaft etc. bestimmt. Erst in der kapitalistischen Produktionsweise...A58
49. Zur Analyse des Produktionsprozesses
Für die nun folgende Untersuchung kann von dem Unterschied von Produktionspreis und Wert abgesehn werden, da dieser Unterschied überhaupt wegfällt, wenn, wie es hier geschieht, der Wert des jährlichen Gesamtprodukts der Arbeit betrachtet wird, also des Produkts des gesellschaftlichen Gesamtkapitals.
Profit (Unternehmergewinn plus Zins) und Rente sind nichts als eigentümliche Formen, welche besondre Teile des Mehrwerts der Waren annehmen. Die Größe des Mehrwerts ist die Schranke der Größensumme der Teile, worin er zerfallen kann. Durchschnittsprofit plus Rente sind daher gleich dem Mehrwert. Es ist möglich, daß ein Teil der in den Waren enthaltnen Mehrarbeit, und daher des Mehrwerts, nicht direkt in die Ausgleichung zum Durchschnittsprofit eingeht; so daß ein Teil des Warenwerts überhaupt nicht in ihrem Preise ausgedrückt wird. Allein erstens kompensiert sich dies dadurch, daß entweder die Profitrate wächst, wenn die unter ihrem Wert verkaufte Ware ein Element des konstanten Kapitals bildet, oder daß Profit und Rente sich in einem größern Produkt darstellen, wenn die unter ihrem Wert verkaufte Ware als Artikel der individuellen Konsumtion in den als Revenue verzehrten Teil des Werts eingeht. Zweitens aber hebt sich dies in der Durchschnittsbewegung auf. Jedenfalls, selbst wenn ein nicht im Preis der Ware ausgedrückter Teil des Mehrwerts für die Preisbildung verlorengeht, kann die Summe von Durchschnittsprofit plus Rente in ihrer normalen Form nie größer, obwohl kleiner als der Gesamtmehrwert sein. Ihre normale Form setzt einen dem Wert der Arbeitskraft entsprechenden Arbeitslohn voraus. Selbst die Monopolrente, soweit sie nicht Abzug vom Arbeitslohn ist, also keine besondre Kategorie bildet, muß indirekt immer einen Teil des Mehrwerts bilden; wenn nicht Teil des Preisüberschusses über die Produktionskosten der Ware selbst, von der sie einen Bestandteil bildet, wie bei der Differentialrente, oder überschüssigen Teil des Mehrwerts der Ware selbst, von der sie einen Bestandteil bildet, über den durch den Durchschnittsprofit gemeßnen Teil ihres eignen Mehrwerts (wie bei der absoluten Rente), so doch des Mehrwerts andrer Waren, d.h. der Waren, die gegen diese Ware, die einen Monopolpreis hat, ausgetauscht werden. – Die Summe von Durchschnittsprofit plus Grundrente kann nie größer sein als die Größe, deren Teile sie sind und die vor dieser Teilung schon gegeben ist. Ob der ganze Mehrwert der Waren, d.h. alle in den Waren enthaltne Mehrarbeit, in ihrem Preise realisiert wird oder nicht, ist daher für unsre Betrachtung gleichgültig. Die Mehrarbeit wird schon deswegen nicht ganz realisiert, weil bei dem beständigen Größenwechsel der zur Produktion einer gegebnen Ware gesellschaftlich notwendigen Arbeit, der aus dem beständigen Wechsel in der Produktivkraft der Arbeit entspringt, ein Teil der Waren stets unter anormalen Bedingungen produziert und daher unter ihrem individuellen Wert verkauft werden muß. Jedenfalls sind Profit plus Rente gleich dem ganzen realisierten Mehrwert (Mehrarbeit), und für die Betrachtung, um die es sich hier handelt, kann der realisierte Mehrwert gleichgesetzt werden mit allem Mehrwert; denn Profit und Rente sind realisierter Mehrwert, also überhaupt der Mehrwert, der in die Preise der Waren eingeht, also praktisch genommen aller Mehrwert, der einen Bestandteil dieses Preises bildet.
Andrerseits der Arbeitslohn, der die dritte eigentümliche Form der Revenue bildet, ist stets gleich dem variablen Bestandteil des Kapitals, d.h. dem Bestandteil, der nicht in Arbeitsmitteln, sondern im Ankauf der lebendigen Arbeitskraft, in Zahlung von Arbeitern ausgelegt ist. (Die Arbeit, die in der Verausgabung von Revenue bezahlt wird, wird selbst gezahlt durch Arbeitslohn, Profit oder Rente und bildet daher keinen Wertteil der Waren, womit sie gezahlt wird. Sie kommt also nicht in Betracht in der Analyse des Warenwerts und der Bestandteile, worin dieser zerfällt.) Es ist die Vergegenständlichung des Teils des Gesamtarbeitstags der Arbeiter, worin der Wert des variablen Kapitals und daher der Preis der Arbeit reproduziert wird; der Teil des Warenwerts, worin der Arbeiter den Wert seiner eignen Arbeitskraft oder den Preis seiner Arbeit reproduziert. Der Gesamtarbeitstag des Arbeiters zerfällt in zwei Teile. Einen Teil, worin er das Quantum Arbeit verrichtet, notwendig, um den Wert seiner eignen Lebensmittel zu reproduzieren: der bezahlte Teil seiner Gesamtarbeit, der für seine eigne Erhaltung und Reproduktion notwendige Teil seiner Arbeit. Der ganze übrige Teil des Arbeitstags, das ganze überschüssige Arbeitsquantum, das er über die im Wert seines Arbeitslohns realisierte Arbeit hinaus verrichtet, ist Mehrarbeit, unbezahlte Arbeit, die sich im Mehrwert seiner gesamten Warenproduktion darstellt (und daher in einem überschüssigen Quantum Ware), Mehrwert, welcher seinerseits in verschieden benannte Teile zerfällt, in Profit (Unternehmergewinn plus Zins) und Rente.
Der gesamte Wertteil der Waren also, worin sich die während eines Tages oder eines Jahres zugesetzte Gesamtarbeit der Arbeiter realisiert, der Gesamtwert des jährlichen Produkts, den diese Arbeit schafft, zerfällt in den Wert des Arbeitslohns, den Profit und die Rente. Denn diese Gesamtarbeit zerfällt in notwendige Arbeit, wodurch der Arbeiter den Wertteil des Produkts schafft, womit er selbst bezahlt wird, also den Arbeitslohn, und in unbezahlte Mehrarbeit, wodurch er den Wertteil des Produkts schafft, der den Mehrwert darstellt und der später in Profit und Rente auseinandergeht. Außer dieser Arbeit verrichtet der Arbeiter keine Arbeit, und außer dem Gesamtwert des Produkts, der die Formen von Arbeitslohn, Profit, Rente annimmt, schafft er keinen Wert. Der Wert des jährlichen Produkts, worin sich seine während des Jahres neu zugesetzte Arbeit darstellt, ist gleich dem Arbeitslohn oder dem Wert des variablen Kapitals plus dem Mehrwert, der wieder in die Formen von Profit und Rente zerfällt wird.
Der gesamte Wertteil des jährlichen Produkts also, den der Arbeiter im Laufe des Jahres schafft, drückt sich aus in der jährlichen Wertsumme der drei Revenuen, dem Wert von Arbeitslohn, Profit und Rente. Offenbar ist daher in dem jährlich geschaffnen Produktenwert der Wert des konstanten Kapitalteils nicht reproduziert, denn der Arbeitslohn ist nur gleich dem Wert des in der Produktion vorgeschoßnen variablen Kapitalteils, und Rente und Profit sind nur gleich dem Mehrwert, dem produzierten Wertüberschuß über den Gesamtwert des vorgeschoßnen Kapitals, welcher gleich dem Wert des konstanten Kapitals plus dem Wert des variablen Kapitals ist.
Es ist für die hier zu lösende Schwierigkeit vollständig gleichgültig, daß ein Teil des in die Form von Profit und Rente verwandelten Mehrwerts nicht als Revenue verzehrt wird, sondern zur Akkumulation dient. Der Teil davon, der als Akkumulationsfonds aufgespart wird, dient zur Bildung von neuem, zusätzlichem Kapital, aber nicht zum Ersatz des alten, weder des in Arbeitskraft, noch des in Arbeitsmitteln ausgelegten Bestandteils des alten Kapitals. Es kann hier also der Einfachheit wegen angenommen werden, die Revenuen gingen ganz in die individuelle Konsumtion ein. Die Schwierigkeit stellt sich doppelt dar. Einerseits: Der Wert des jährlichen Produkts, worin diese Revenuen, Arbeitslohn, Profit, Rente, verzehrt werden, enthält in sich einen Wertteil, gleich dem Wertteil des in ihm aufgegangnen konstanten Kapitalteils. Es enthält diesen Wertteil, außer dem Wertteil, der sich in Arbeitslohn, und dem Wertteil, der sich in Profit und Rente auflöst. Sein Wert ist also = Arbeitslohn + Profit + Rente + C, welches seinen konstanten Wertteil vorstellt. Wie soll nun der jährlich produzierte Wert, der nur = Arbeitslohn + Profit + Rente, ein Produkt kaufen, dessen Wert = (Arbeitslohn + Profit + Rente) + C? Wie kann der jährlich produzierte Wert ein Produkt kaufen, das einen höhern Wert hat als er selbst?
Andrerseits: Wenn wir von dem Teil des konstanten Kapitals absehn, der nicht in das Produkt eingegangen ist und der daher, obgleich mit vermindertem Wert, fortexistiert nach wie vor der Jahresproduktion der Waren; wenn wir also von dem angewandten, aber nicht verzehrten fixen Kapital einstweilen abstrahieren, so ist der konstante Teil des vorgeschoßnen Kapitals in Form von Roh- und Hilfsstoffen ganz in das neue Produkt aufgegangen, während ein Teil der Arbeitsmittel ganz verbraucht, ein andrer nur zum Teil vernutzt worden und so nur ein Teil seines Werts in der Produktion verzehrt worden ist. Dieser ganze in der Produktion aufgebrauchte Teil des konstanten Kapitals muß in natura ersetzt werden. Alle andren Umstände, namentlich die Produktivkraft der Arbeit, als unverändert vorausgesetzt, kostet er dasselbe Arbeitsquantum wie vorher zu seinem Ersatz, d.h. er muß durch ein Wertäquivalent ersetzt werden. Wo nicht, kann die Reproduktion selbst nicht auf der alten Stufenleiter stattfinden. Aber wer soll diese Arbeiten verrichten, und wer verrichtet sie?
Bei der ersten Schwierigkeit: Wer soll den im Produkt enthaltnen konstanten Wertteil zahlen und womit? ist unterstellt, daß der Wert des in der Produktion aufgegangnen konstanten Kapitals als Wertteil des Produkts wiedererscheint. Dies widerspricht nicht den Voraussetzungen der zweiten Schwierigkeit. Denn es ist schon Buch I, Kap. V (Arbeitsprozeß und Verwertungsprozeß) nachgewiesen worden, wie durch bloßen Zusatz neuer Arbeit, obgleich sie den alten Wert nicht reproduziert, sondern nur Zusatz zu demselben schafft, nur zusätzlichen Wert schafft, doch gleichzeitig der alte Wert im Produkt erhalten bleibt; daß dies aber geschieht von der Arbeit, nicht soweit sie wertschaffende, also Arbeit überhaupt ist, sondern in ihrer Funktion als bestimmte produktive Arbeit. Es war also keine zusätzliche Arbeit nötig, um den Wert des konstanten Teils in dem Produkt, worin die Revenue, d.h. der ganze während des Jahres geschaffne Wert, verausgabt wird, fortzuerhalten. Wohl aber ist neue zusätzliche Arbeit nötig, um das während des vergangnen Jahrs nach seinem Wert und Gebrauchswert aufgezehrte konstante Kapital zu ersetzen, ohne welchen Ersatz die Reproduktion überhaupt unmöglich ist.
Alle neu zugesetzte Arbeit ist dargestellt in dem während des Jahrs neu geschaffnen Wert, der wiederum ganz aufgeht in die drei Revenuen: Arbeitslohn, Profit und Rente. – Einerseits bleibt also keine überschüssige gesellschaftliche Arbeit übrig für den Ersatz des verzehrten konstanten Kapitals, das teilweise in natura und seinem Wert nach, teilweise bloß seinem Wert nach (für bloßen Verschleiß des fixen Kapitals) wiederherzustellen ist. Andrerseits scheint der jährlich von der Arbeit geschaffne und in die Formen von Arbeitslohn, Profit und Rente zerfallende und in ihnen zu verausgabende Wert nicht hinreichend, um den konstanten Kapitalteil, der außer ihrem eignen Wert im Jahresprodukt stecken muß, zu bezahlen oder zu kaufen.
Man sieht: das hier gestellte Problem ist bereits gelöst bei der Betrachtung der Reproduktion des gesellschaftlichen Gesamtkapitals, Buch II, Abschn. III. Wir kommen hier darauf zurück, zunächst weil dort der Mehrwert noch nicht in seinen Revenueformen: Profit (Unternehmergewinn plus Zins) und Rente, entwickelt war und daher auch nicht in diesen Formen behandelt werden konnte; dann aber auch, weil sich grade an die Form von Arbeitslohn, Profit und Rente ein unglaublicher Verstoß in der Analyse anschließt, der die ganze politische Ökonomie seit A. Smith durchzieht.
Wir haben dort alles Kapital in zwei große Klassen geteilt: Klasse I, welche Produktionsmittel, und Klasse II, welche Mittel der individuellen Konsumtion produziert. Der Umstand, daß gewisse Produkte ebensowohl zum persönlichen Genuß wie als Produktionsmittel dienen können (ein Pferd, Korn usw.), hebt die absolute Richtigkeit dieser Einteilung in keiner Weise auf. Sie ist in der Tat keine Hypothese, sondern nur Ausdruck einer Tatsache. Man nehme das jährliche Produkt eines Landes. Ein Teil des Produkts, welches immer seine Fähigkeit, als Produktionsmittel zu dienen, geht in die individuelle Konsumtion ein. Es ist das Produkt, worin Arbeitslohn, Profit und Rente verausgabt werden. Dies Produkt ist das Produkt einer bestimmten Abteilung des gesellschaftlichen Kapitals. Es ist möglich, daß dies selbe Kapital auch der Klasse I angehörige Produkte produziert. Soweit es dies tut, ist es nicht der im Produkt der Klasse II, in wirklich der individuellen Konsumtion anheimfallendem Produkt, aufgezehrte Teil dieses Kapitals, welcher die der Klasse I zufallenden, produktiv konsumierten Produkte liefert. Dies ganze Produkt II, welches in die individuelle Konsumtion eingeht, und worin sich daher die Revenue verausgabt, ist das Dasein des in ihm verzehrten Kapitals plus dem produzierten Überschuß. Es ist also Produkt eines in der bloßen Produktion von Konsumtionsmitteln angelegten Kapitals. Und in derselben Art ist Abteilung I des jährlichen Produkts, die als Reproduktionsmittel dient, Rohmaterial und Arbeitsinstrumente, welche Fähigkeit dies Produkt sonst naturaliter haben möge, als Konsumtionsmittel zu dienen, Produkt eines in der bloßen Produktion von Produktionsmitteln angelegten Kapitals. Der bei weitem größte Teil der Produkte, die das konstante Kapital bilden, besteht auch stofflich in einer Form, worin er nicht in die individuelle Konsumtion eingehn kann. Soweit er es könnte, wie z.B. ein Bauer sein Saatkorn essen, sein Zugvieh schlachten könnte, leistet die ökonomische Schranke für ihn ganz dasselbe, als ob dieser Teil in einer nicht konsumablen Form bestände.
Wie schon gesagt, abstrahieren wir bei beiden Klassen von dem fixen Teil des konstanten Kapitals, der in natura und dem Wert nach fortexistiert, unabhängig von dem Jahresprodukt beider Klassen.
In der Klasse II, in deren Produkten Arbeitslohn, Profit und Rente verausgabt, kurz die Revenuen verzehrt werden, besteht das Produkt, seinem Wert nach, selbst aus drei Bestandteilen. Ein Bestandteil ist gleich dem Wert des in der Produktion aufgezehrten konstanten Kapitalteils; ein zweiter Bestandteil ist gleich dem Wert des in der Produktion vorgeschoßnen variablen, in Arbeitslohn ausgelegten Kapitalteils; endlich ein dritter Bestandteil ist gleich dem produzierten Mehrwert, also = Profit + Rente. Der erste Bestandteil des Produkts von Klasse II, der Wert des konstanten Kapitalteils, kann weder von den Kapitalisten noch von den Arbeitern der Klasse II, noch von den Grundeigentümern verzehrt werden. Er bildet keinen Teil ihrer Revenue, sondern muß in natura ersetzt werden und muß verkauft werden, damit dies geschehn kann. Dagegen die zwei andern Bestandteile dieses Produkts sind gleich dem Wert der in dieser Klasse erzeugten Revenuen, = Arbeitslohn + Profit + Rente.
In Klasse I besteht das Produkt der Form nach aus denselben Bestandteilen. Der Teil aber, der hier Revenue bildet, Arbeitslohn + Profit + Rente, kurz der variable Kapitalteil + dem Mehrwert, wird hier nicht in der Naturalform der Produkte dieser Klasse I verzehrt, sondern in den Produkten der Klasse II. Der Wert der Revenuen der Klasse I muß also verzehrt werden in dem Teil des Produkts von Klasse II, der das zu ersetzende konstante Kapital von II bildet. Der Teil des Produkts der Klasse II, der ihr konstantes Kapital ersetzen muß, wird in seiner Naturalform verzehrt von den Arbeitern, den Kapitalisten und den Grundeigentümern von Klasse I. Sie legen ihre Revenuen in diesem Produkt II aus. Andrerseits wird das Produkt von I in seiner Naturalform, soweit es Revenue der Klasse I repräsentiert, produktiv konsumiert von Klasse II, deren konstantes Kapital es in natura ersetzt. Endlich der verbrauchte konstante Kapitalteil der Klasse I wird aus den eignen Produkten dieser Klasse, welche eben aus Arbeitsmitteln, Roh- und Hilfsstoffen etc. bestehn, ersetzt, teils durch Austausch der Kapitalisten I untereinander, teils dadurch, daß ein Teil dieser Kapitalisten sein eignes Produkt direkt wieder als Produktionsmittel anwenden kann.
Nehmen wir das frühere Schema (Buch II, Kap. XX, II) einfacher Reproduktion:
I. 4000c + 1000v + 1000m = 6000
II. 2000c + 500v + 500m = 3000
= 9000
Hiernach wird in II von den Produzenten und Grundeigentümern 500v + 500m= 1000 als Revenue verzehrt; bleibt 2000c zu ersetzen. Dies wird verzehrt von den Arbeitern, Kapitalisten und Rentenbeziehern von I, deren Einnahme = 1000v+ 1000m = 2000. Das verzehrte Produkt von II wird als Revenue von I verzehrt, und der im unverzehrbaren Produkt dargestellte Revenueteil von I wird als konstantes Kapital von II konsumiert. Es bleibt also Rechenschaft abzulegen über die 4000c bei I. Dies wird aus dem eignen Produkt von I = 6000, oder vielmehr = 6000 – 2000 ersetzt; denn diese 2000 sind bereits umgesetzt in konstantes Kapital für II. Es ist zu bemerken, daß die Zahlen allerdings willkürlich angenommen sind, also auch das Verhältnis zwischen dem Wert der Revenue von I und dem Wert des konstanten Kapitals von II willkürlich scheint. Es ist jedoch einleuchtend, daß, soweit der Reproduktionsprozeß normal und unter sonst gleichbleibenden Umständen, also abgesehn von der Akkumulation vor sich geht, die Wertsumme von Arbeitslohn, Profit und Rente in Klasse I gleich dem Wert des konstanten Kapitalteils von Klasse II sein muß. Sonst kann entweder Klasse II ihr konstantes Kapital nicht ersetzen oder Klasse I ihre Revenue aus der unverzehrbaren nicht in die verzehrbare Form umsetzen.
Der Wert des jährlichen Warenprodukts, ganz wie der Wert des Warenprodukts einer besondren Kapitalanlage und wie der Wert jeder einzelnen Ware, löst sich also auf in zwei Wertbestandteile: den einen A, der den Wert des vorgeschoßnen konstanten Kapitals ersetzt, und einen andern B, der sich in der Form von Revenue als Arbeitslohn, Profit und Rente darstellt. Der letztre Wertbestandteil B bildet insofern einen Gegensatz gegen den erstern A, als dieser, bei sonst gleichen Umständen, 1. nie die Form der Revenue annimmt, 2. stets in der Form von Kapital, und zwar von konstantem Kapital zurückfließt. Der andre Bestandteil B ist jedoch auch wieder in sich selbst entgegengesetzt. Profit und Rente haben das mit dem Arbeitslohn gemein, daß sie alle drei Revenueformen bilden. Trotzdem sind sie wesentlich dadurch unterschieden, daß sich in Profit und Rente Mehrwert, also unbezahlte Arbeit darstellt und im Arbeitslohn bezahlte. Der Wertteil des Produkts, der verausgabten Arbeitslohn darstellt, also den Arbeitslohn ersetzt, und unter unsern Voraussetzungen, wo die Reproduktion auf derselben Stufenleiter und unter denselben Bedingungen sich vollzieht, sich wieder in Arbeitslohn rückverwandelt, fließt zurück zunächst als variables Kapital, als ein Bestandteil des der Reproduktion von neuem vorzuschießenden Kapitals. Dieser Bestandteil fungiert doppelt. Er existiert erst in der Form von Kapital und tauscht sich als solches gegen die Arbeitskraft aus. In der Hand des Arbeiters verwandelt er sich in die Revenue, die dieser aus dem Verkauf seiner Arbeitskraft zieht, wird als Revenue in Lebensmittel umgesetzt und verzehrt. Bei der Vermittlung durch die Geldzirkulation zeigt sich dieser doppelte Prozeß. Das variable Kapital wird in Geld vorgeschossen, in Arbeitslohn weggezahlt. Dies ist seine erste Funktion als Kapital. Es wird umgesetzt gegen die Arbeitskraft und verwandelt in die Äußerung dieser Arbeitskraft, in Arbeit. Dies ist der Prozeß für den Kapitalisten. Zweitens aber: mit diesem Geld kaufen die Arbeiter einen Teil ihres Warenprodukts, der durch dies Geld gemessen ist und von ihnen als Revenue verzehrt wird. Denken wir uns die Geldzirkulation weg, so ist ein Teil des Produkts des Arbeiters in der Hand des Kapitalisten in der Form von vorhandnem Kapital. Diesen Teil schießt er vor als Kapital, gibt ihn an den Arbeiter für neue Arbeitskraft, während der Arbeiter ihn direkt oder vermittelst Austausches gegen andre Waren als Revenue verzehrt. Der Wertteil des Produkts also, der bei der Reproduktion bestimmt ist, sich in Arbeitslohn, in Revenue für die Arbeiter zu verwandeln, fließt zunächst zurück in die Hand des Kapitalisten in der Form von Kapital, näher von variablem Kapital. Daß er in dieser Form zurückfließt, ist eine wesentliche Bedingung dafür, daß die Arbeit als Lohnarbeit, die Produktionsmittel als Kapital und der Produktionsprozeß selbst als kapitalistischer sich stets neu reproduziert.
Will man sich nicht in nutzlose Schwierigkeiten verwickeln, so muß man Rohertrag und Reinertrag von Roheinkommen und Reineinkommen unterscheiden.
Der Rohertrag oder das Rohprodukt ist das ganze reproduzierte Produkt. Mit Ausschluß des angewandten, aber nicht konsumierten Teils des fixen Kapitals ist der Wert des Rohertrags oder des Bruttoprodukts gleich dem Wert des vorgeschoßnen und in der Produktion verzehrten Kapitals, des konstanten und variablen, plus dem Mehrwert, der sich in Profit und Rente auflöst. Oder wenn man nicht das Produkt des einzelnen Kapitals, sondern des gesellschaftlichen Gesamtkapitals betrachtet, ist der Rohertrag gleich den stofflichen Elementen, die das konstante und variable Kapital bilden, plus den stofflichen Elementen des Mehrprodukts, worin sich Profit und Rente darstellen.
Das Roheinkommen ist der Wertteil und der durch ihn gemeßne Teil des Bruttoprodukts oder Rohprodukts, der übrigbleibt nach Abzug des Wertteils und des durch ihn gemeßnen Produktenteils der Gesamtproduktion, welcher das vorgeschoßne und in der Produktion aufgezehrte konstante Kapital ersetzt. Das Roheinkommen ist also gleich dem Arbeitslohn (oder dem Teil des Produkts, der die Bestimmung hat, wieder zum Einkommen des Arbeiters zu werden) + dem Profit + der Rente. Das Reineinkommen dagegen ist der Mehrwert und daher das Mehrprodukt, das nach Abzug des Arbeitslohns übrigbleibt und in der Tat also den vom Kapital realisierten und mit den Grundeigentümern zu teilenden Mehrwert und das durch ihn gemeßne Mehrprodukt darstellen.
Man hat nun gesehn, daß der Wert jeder einzelnen Ware und der Wert des ganzen Warenprodukts jedes einzelnen Kapitals in zwei Teile zerfällt; den einen, der bloß konstantes Kapital ersetzt, und einen andern, der, obgleich ein Bruchteil davon als variables Kapital rückfließt, also auch in der Form von Kapital rückfließt, doch die Bestimmung hat, sich ganz in Roheinkommen zu verwandeln und die Form des Arbeitslohns, des Profits und der Rente anzunehmen, deren Summe das Roheinkommen ausmacht. Man hat ferner gesehn, daß dasselbe mit Bezug auf den Wert des jährlichen Gesamtprodukts einer Gesellschaft der Fall ist. Ein Unterschied zwischen dem Produkt des einzelnen Kapitalisten und der Gesellschaft findet nur insofern statt: vom Standpunkt des einzelnen Kapitalisten betrachtet, unterscheidet sich das Reineinkommen vom Roheinkommen, denn dieses schließt den Arbeitslohn ein, jenes schließt ihn aus. Das Einkommen der ganzen Gesellschaft betrachtet, besteht das Nationaleinkommen aus Arbeitslohn plus Profit plus Rente, also aus dem Roheinkommen. Indes ist auch dies insofern Abstraktion, als die ganze Gesellschaft, auf Grundlage der kapitalistischen Produktion, sich auf den kapitalistischen Standpunkt stellt und daher nur das in Profit und Rente sich auflösende Einkommen als Reineinkommen betrachtet.
Dagegen die Phantasie, wie z.B. bei Herrn Say, daß der ganze Ertrag, das gesamte Rohprodukt, für eine Nation sich in Reinertrag auflöst oder nicht davon unterscheidet, daß also dieser Unterschied vom nationalen Standpunkt aufhört, ist nur der notwendige und letzte Ausdruck des seit A. Smith die ganze politische Ökonomie durchziehenden absurden Dogmas, daß der Wert der Waren sich in letzter Instanz ganz zersetzt in Einkommen, in Arbeitslohn, Profit und Rente.146
Einzusehn, im Fall jedes einzelnen Kapitalisten, daß ein Teil seines Produkts sich in Kapital rückverwandeln muß (auch abgesehn von der Erweiterung der Reproduktion oder der Akkumulation), und zwar nicht nur invariables Kapital, das sich selbst wieder in Einkommen für die Arbeiter, also in eine Revenueform zu verwandeln bestimmt ist, sondern in konstantes Kapital, das sich nie in Einkommen verwandeln kann – diese Einsicht ist natürlich außerordentlich wohlfeil. Die einfachste Wahrnehmung des Produktionsprozesses zeigt dies augenscheinlich. Die Schwierigkeit beginnt erst, sobald der Produktionsprozeß im ganzen und großen betrachtet wird. Der Umstand, daß der Wert des ganzen Produktteils, der als Revenue, in der Form von Arbeitslohn, Profit und Rente verzehrt wird (wobei es ganz gleichgültig, ob individuell oder produktiv verzehrt), in der Tat in der Analyse ganz aufgeht in die Wertsumme, gebildet aus Arbeitslohn plus Profit plus Rente, also in den Gesamtwert der drei Revenuen, obgleich der Wert dieses Produktteils ganz ebensogut wie der, der nicht in die Revenue eingeht, einen Wertteil enthält = C, gleich dem Wert des in ihnen enthaltenen konstanten Kapitals, also prima facie unmöglich begrenzt sein kann durch den Wert der Revenue: auf der einen Seite die praktisch unleugbare Tatsache, auf der andern Seite der ebenso unleugbare theoretische Widerspruch – diese Schwierigkeit wird am leichtesten übertölpelt durch den Ausspruch, daß der Warenwert nur zum Schein, vom Standpunkt des einzelnen Kapitalisten aus, einen von dem in Revenueform existierenden Teil unterschiednen weitern Wertteil enthält. Die Phrase: daß für den einen als Revenue erscheint, was für den andern Kapital bildet, erspart alles weitere Nachdenken. Wie dabei, wenn der Wert des ganzen Produkts in der Form von Revenuen verzehrbar ist, das alte Kapital ersetzt werden kann; und wie der Wert des Produkts jedes einzelnen Kapitals gleich der Wertsumme der drei Revenuen plus C, dem konstanten Kapital, sein kann, aber die zusammenaddierte Wertsumme der Produkte aller Kapitale gleich der Wertsumme der drei Revenuen plus 0, dies erscheint dabei natürlich als unlösbares Rätsel und muß dadurch erklärt werden, daß die Analyse überhaupt unfähig ist, den einfachen Elementen des Preises auf die Sprünge zu kommen, sich vielmehr bei dem fehlerhaften Kreislauf und dem Progreß ins Unendliche begnügen muß. So daß, was als konstantes Kapital erscheint, in Arbeitslohn, Profit, Rente auflösbar, die Warenwerte aber, worin Arbeitslohn, Profit, Rente sich darstellen, ihrerseits wieder bestimmt sind durch Arbeitslohn, Profit, Rente, und so fort ins Unendliche.147
Das grundfalsche Dogma, daß der Wert der Waren in letzter Instanz auflösbar ist in Arbeitslohn+Profit+Rente, drückt sich auch so aus, daß der Konsument in letzter Instanz den Gesamtwert des Gesamtprodukts zahlen muß; oder auch so, daß die Geldzirkulation zwischen Produzenten und Konsumenten in letzter Instanz gleich sein muß der Geldzirkulation zwischen den Produzenten selbst (Tooke); Sätze, die alle ebenso falsch sind wie der Grundsatz, auf dem sie beruhen.
Die Schwierigkeiten, die zu dieser falschen und prima facie absurden Analyse führen, sind kurz folgende:
1. Daß das Grundverhältnis von konstantem und variablem Kapital, also auch die Natur des Mehrwerts und damit die ganze Basis der kapitalistischen Produktionsweise nicht begriffen ist. Der Wert jedes Teilprodukts des Kapitals, jeder einzelnen Ware, schließt einen Wertteil = konstantes Kapital, einen Wertteil = variables Kapital (verwandelt in Arbeitslohn für die Arbeiter) und einen Wertteil = Mehrwert (später in Profit und Rente gesondert) ein. Wie ist es also möglich, daß der Arbeiter mit seinem Arbeitslohn, der Kapitalist mit seinem Profit, der Grundeigentümer mit seiner Rente Waren kaufen soll, die jede nicht nur einen dieser Bestandteile, sondern alle drei enthalten, und wie ist es möglich, daß die Wertsumme von Arbeitslohn, Profit, Rente, also der drei Einkommenquellen zusammen, die in den Gesamtkonsum der Empfänger dieser Einkommen eingehenden Waren kaufen sollen. Waren, die außer diesen drei Wertbestandteilen noch einen überschüssigen Wertbestandteil, nämlich konstantes Kapital enthalten? Wie sollen sie mit einem Wert von drei einen Wert von vier kaufen?148
Wir haben die Analyse gegeben Buch II, Abschnitt III.
2. Daß die Art und Weise nicht begriffen ist, wie die Arbeit, indem sie Neuwert zusetzt, alten Wert in neuer Form erhält, ohne diesen Wert neu zu produzieren.
3. Daß der Zusammenhang des Reproduktionsprozesses nicht begriffen wird, wie er sich darstellt, nicht vom Standpunkt des einzelnen Kapitals, sondern von dem des Gesamtkapitals aus betrachtet; die Schwierigkeit, wie das Produkt, worin Arbeitslohn und Mehrwert, worin also der ganze Wert, den alle während des Jahres neu zugesetzte Arbeit geschaffen hat, sich realisiert, seinen konstanten Wertteil ersetzen und sich noch gleichzeitig in, bloß durch die Revenuen begrenzten, Wert auflösen kann; wie ferner das in der Produktion aufgezehrte konstante Kapital stofflich und dem Wert nach durch neues ersetzt werden kann, obgleich die Gesamtsumme der neu zugesetzten Arbeit sich nur in Arbeitslohn und Mehrwert realisiert, und in der Summe des Werts beider sich erschöpfend darstellt. Gerade hier ist es, wo die Hauptschwierigkeit liegt, in der Analyse der Reproduktion und des Verhältnisses ihrer verschiednen Bestandteile, sowohl ihrem stofflichen Charakter, wie ihren Wertverhältnissen nach.
4. Es kommt aber eine fernere Schwierigkeit hinzu, die sich noch steigert, sobald die verschiednen Bestandteile des Mehrwerts in der Form gegeneinander selbständiger Revenuen erscheinen. Nämlich die, daß die festen Bestimmungen von Revenue und Kapital sich austauschen und ihre Stelle ändern, so daß sie nur relative Bestimmungen vom Standpunkt des einzelnen Kapitalisten zu sein, beim Überblick des gesamten Produktionsprozesses aber zu verschwinden scheinen. Z.B. die Revenue der Arbeiter und Kapitalisten der Klasse I, die konstantes Kapital produziert, ersetzt dem Wert und dem Stoff nach das konstante Kapital der Kapitalistenklasse II, die Konsumtionsmittel produziert. Man kann sich also an der Schwierigkeit vorbeidrücken mit der Vorstellung, daß, was für den einen Revenue, für den andren Kapital sei und diese Bestimmungen daher nichts zu tun haben mit der wirklichen Besonderung der Wertbestandteile der Ware. Ferner: Waren, die schließlich bestimmt sind, die stofflichen Elemente der Revenue-Verausgabung zu bilden, also Konsumtionsmittel, durchlaufen während des Jahres verschiedne Stufen, z.B. Wollengarn, Tuch. Auf der einen Stufe bilden sie Teil des konstanten Kapitals, auf der andern werden sie individuell konsumiert, gehn also ganz in die Revenue ein. Man kann sich also mit A. Smith einbilden, daß das konstante Kapital nur ein scheinbares Element des Warenwerts sei, das im Gesamtzusammenhang verschwindet. So findet ferner Austausch von variablem Kapital gegen Revenue statt. Der Arbeiter kauft mit seinem Arbeitslohn den Teil der Waren, der seine Revenue bildet. Damit ersetzt er zugleich dem Kapitalisten die Geldform des variablen Kapitals. Endlich: ein Teil der Produkte, die konstantes Kapital bilden, wird in natura oder durch Austausch von den Produzenten des konstanten Kapitals selbst ersetzt; ein Prozeß, mit dem die Konsumenten nichts zu tun haben. Indem man dies übersieht, entsteht der Schein, daß die Revenue der Konsumenten das ganze Produkt, also auch den konstanten Wertteil ersetzt.
5. Abgesehn von der Konfusion, die die Verwandlung der Werte in Produktionspreise hervorbringt, entsteht eine weitere durch die Verwandlung des Mehrwerts in verschiedne besondre, gegeneinander selbständige und auf die verschiednen Produktionselemente bezogne Formen von Revenue, in Profit und Rente. Es wird vergessen, daß die Werte der Waren die Grundlage sind und daß das Zerfallen dieses Warenwerts in besondre Bestandteile und die Fortentwicklung dieser Wertbestandteile zu Revenueformen, ihre Verwandlung in Verhältnisse der verschiednen Besitzer der verschiednen Produktionsagentien zu diesen einzelnen Wertbestandteilen, ihre Verteilung unter diese Besitzer nach bestimmten Kategorien und Titeln, an der Wertbestimmung und ihrem Gesetz selbst durchaus nichts ändert. Ebensowenig wird das Wertgesetz geändert durch den Umstand, daß die Ausgleichung des Profits, d.h. die Verteilung des Ge samtmehrwerts unter die verschiednen Kapitale, und die Hindernisse, die zum Teil (in der absoluten Rente) das Grundeigentum dieser Ausgleichung in den Weg legt, die regulierenden Durchschnittspreise der Waren von ihren individuellen Werten abweichend bestimmen. Dies affiziert wieder nur den Zuschlag des Mehrwerts auf die verschiednen Warenpreise, hebt aber den Mehrwert selbst und den Gesamtwert der Waren als Quelle dieser verschiednen Preisbestandteile nicht auf.
Es ist dies das Quidproquo, das wir im folgenden Kapitel betrachten, und das notwendig zusammenhängt mit dem Schein, als entspringe der Wert aus seinen eignen Bestandteilen. Zuerst nämlich erhalten die verschiednen Wertbestandteile der Ware in den Revenuen selbständige Formen und werden als solche Revenuen, statt auf den Wert der Ware als ihre Quelle, auf die besondren stofflichen Produktionselemente als ihre Quellen bezogen. Sie sind darauf wirklich bezogen, aber nicht als Wertbestandteile, sondern als Revenuen, als diesen bestimmten Kategorien der Produktionsagenten, dem Arbeiter, dem Kapitalisten, dem Grundeigentümer zufallende Wertbestandteile. Man kann sich nun jedoch einbilden, daß diese Wertbestandteile, statt aus der Zersetzung des Warenwerts zu entspringen, ihn umgekehrt durch ihr Zusammentreten erst bilden, wo dann der schöne fehlerhafte Kreislauf herauskommt, daß der Wert der Waren entspringt aus der Wertsumme von Arbeitslohn, Profit, Rente und der Wert von Arbeitslohn, Profit, Rente seinerseits wieder durch den Wert der Waren bestimmt ist usw.149
Den normalen Zustand der Reproduktion betrachtet, wird nur ein Teil der neu zugesetzten Arbeit auf Produktion und daher Ersatz von konstantem Kapital verwandt; nämlich gerade der Teil, der das in der Produktion von Konsumtionsmitteln, von stofflichen Elementen der Revenue aufgebrauchte konstante Kapital ersetzt. Es wird dies dadurch ausgeglichen, daß dieser konstante Teil der Klasse II keine zusätzliche Arbeit kostet. Nun aber ist das konstante Kapital, das (den gesamten Reproduktionsprozeß betrachtet, worin also jene Ausgleichung von Klasse I und II einbegriffen) kein Produkt der neu zugesetzten Arbeit ist, obgleich dies Produkt ohne es nicht herzustellen wäre – dies konstante Kapital ist während des Reproduktionsprozesses, stofflich betrachtet, Zufällen und Gefahren ausgesetzt, die es dezimieren können. (Ferner aber kann es, auch dem Wert nach betrachtet, infolge einer Änderung in der Produktivkraft der Arbeit entwertet werden; dies bezieht sich jedoch nur auf den einzelnen Kapitalisten.) Demgemäß dient ein Teil des Profits, also des Mehrwerts und daher auch des Mehrprodukts, worin sich (dem Wert nach betrachtet) nur neu zugesetzte Arbeit darstellt, als Assekuranzfonds. Wobei es an der Natur der Sache nichts ändert, ob dieser Assekuranzfonds durch Assekuranzgesellschaften als ein separates Geschäft verwaltet wird oder nicht. Dies ist der einzige Teil der Revenue, der weder als solche verzehrt wird, noch auch notwendig als Akkumulationsfonds dient. Ob er faktisch als solcher dient oder nur den Ausfall der Reproduktion deckt, hängt vom Zufall ab. Es ist dies auch der einzige Teil des Mehrwerts und Mehrprodukts, also der Mehrarbeit, der außer dem Teil, der zur Akkumulation, also zur Erweiterung des Reproduktionsprozesses dient, auch nach Aufhebung der kapitalistischen Produktionsweise fortexistieren müßte. Dies setzt natürlich voraus, daß der von den unmittelbaren Produzenten regelmäßig verzehrte Teil nicht auf sein jetziges Minimalmaß beschränkt bliebe. Außer der Mehrarbeit für die, die Alters wegen noch nicht oder nicht mehr sich an der Produktion beteiligen können, fiele alle Arbeit fort zum Unterhalt von solchen, die nicht arbeiten. Denkt man sich an den Anfang der Gesellschaft, so existieren noch keine produzierten Produktionsmittel, also kein konstantes Kapital, dessen Wert in das Produkt eingeht und das bei Reproduktion auf derselben Stufenleiter in natura aus dem Produkt, in einem durch seinen Wert bestimmten Maß, ersetzt werden muß. Aber die Natur gibt hier unmittelbar die Lebens mittel, die nicht erst produziert zu werden brauchen. Sie gibt daher auch dem Wilden, der nur wenige Bedürfnisse zu befriedigen hat, die Zeit, nicht die noch nicht vorhandnen Produktionsmittel zur Neuproduktion zu benutzen, sondern neben der Arbeit, die die Aneignung der von Natur vorhandnen Lebensmittel kostet, andre Naturprodukte in Produktionsmittel, Bogen, Steinmesser, Boot etc. zu verwandeln. Dieser Prozeß bei dem Wilden entspricht, bloß nach der stofflichen Seite betrachtet, ganz der Rückverwandlung von Mehrarbeit in neues Kapital. In dem Akkumulationsprozeß findet noch fortwährend die Verwandlung solches Produkts überschüssiger Arbeit in Kapital statt; und der Umstand, daß alles neue Kapital aus Profit, Rente oder andren Formen der Revenue, d.h. der Mehrarbeit entspringt, führt zur falschen Vorstellung, daß aller Wert der Waren aus einer Revenue entspringt. Diese Rückverwandlung des Profits in Kapital zeigt vielmehr bei näherer Analyse umgekehrt, daß die zusätzliche Arbeit – die sich stets in Form von Revenue darstellt – nicht zur Erhaltung resp. Reproduktion des alten Kapitalwerts dient, sondern, soweit sie nicht als Revenue verzehrt wird, zur Schöpfung von neuem überschüssigem Kapital.
Die ganze Schwierigkeit entspringt daraus, daß alle neu zugesetzte Arbeit, soweit der von ihr geschaffne Wert sich nicht in Arbeitslohn auflöst, als Profit – hier als Form des Mehrwerts überhaupt gefaßt – erscheint, d.h. als ein Wert, der dem Kapitalisten nichts gekostet, also ihm sicher auch nichts Vorgeschoßnes, kein Kapital, zu ersetzen hat. Dieser Wert existiert daher in der Form des disponiblen, zusätzlichen Reichtums, kurz, vom Standpunkte des individuellen Kapitalisten aus, in der Form seiner Revenue. Aber dieser neugeschaffne Wert kann ebensogut produktiv wie individuell konsumiert werden, ebensogut als Kapital wie als Revenue. Er muß zum Teil schon seiner Naturalform nach produktiv konsumiert werden. Es ist also klar, daß die jährlich zugesetzte Arbeit ebensowohl Kapital schafft wie Revenue; wie sich dies denn auch im Akkumulationsprozeß zeigt. Der für die Neuschöpfung von Kapital verwandte Teil der Arbeitskraft (also per Analogie der Teil des Arbeitstags, den der Wilde verwendet, nicht um die Nahrung anzueignen, sondern um das Werkzeug anzufertigen, womit er die Nahrung aneignet) wird aber dadurch unsichtbar, daß das ganze Produkt der Mehrarbeit sich zunächst in der Form von Profit darstellt; eine Bestimmung, die in der Tat mit diesem Mehrprodukt selbst nichts zu tun hat, sondern sich nur auf das Privatverhältnis des Kapitalisten zu dem von ihm einkassierten Mehrwert bezieht. In der Tat zerfällt der Mehrwert, den der Arbeiter schafft, in Revenue und Kapital; d.h. in Konsumtionsmittel und in zusätzliche Produktionsmittel. Aber das alte, vom Vorjahr übernommene konstante Kapital (abgesehn von dem Teil, der beschädigt, also pro tanto vernichtet wird, also soweit es nicht reproduziert werden muß, und solche Störungen des Reproduktionsprozesses fallen unter die Assekuranz) wird, seinem Wert nach betrachtet, nicht reproduziert durch die neu zugesetzte Arbeit.
Ferner sehn wir, daß ein Teil der neu zugesetzten Arbeit beständig in Reproduktion und Ersatz von aufgezehrtem konstantem Kapital absorbiert ist, obgleich sich diese neu zugesetzte Arbeit nur in Revenuen, Arbeitslohn, Profit und Rente auflöst. Es wird aber dabei übersehn, 1. daß ein Wertteil des Produkts dieser Arbeit kein Produkt dieser neu zugesetzten Arbeit ist, sondern vorgefundnes und verbrauchtes konstantes Kapital; daß der Produktenteil, worin dieser Wertteil sich darstellt, sich daher auch nicht in Revenue verwandelt, sondern in natura die Produktionsmittel dieses konstanten Kapitals ersetzt; 2. daß der Wertteil, worin sich diese neu zugesetzte Arbeit wirklich darstellt, nicht in natura als Revenue verzehrt wird, sondern das konstante Kapital in einer andren Sphäre ersetzt, wo es in eine Naturalform übergeführt worden, in der es als Revenue verzehrt werden kann, die aber ihrerseits wieder nicht ausschließliches Produkt neu zugesetzter Arbeit ist.
Soweit die Reproduktion auf gleichbleibender Stufenleiter vor sich geht, muß jedes verbrauchte Element des konstanten Kapitals, wenn nicht dem Quantum und der Form, doch der Wirkungsfähigkeit nach, in natura ersetzt werden durch ein neues Exemplar entsprechender Art. Bleibt die Produktivkraft der Arbeit dieselbe, so schließt dieser Naturalersatz den Ersatz desselben Werts ein, den das konstante Kapital in seiner alten Form hatte. Steigert sich aber die Produktivkraft der Arbeit, so daß dieselben stofflichen Elemente mit weniger Arbeit reproduziert werden können, so kann ein geringerer Wertteil des Produkts den konstanten Teil völlig in natura ersetzen. Der Überschuß kann dann zur Bildung von neuem Zusatzkapital dienen, oder es kann einem größern Teil des Produkts die Form von Konsumtionsmitteln gegeben oder die Mehrarbeit kann vermindert werden. Nimmt dagegen die Produktivkraft der Arbeit ab, so muß ein größrer Teil des Produkts in den Ersatz des alten Kapitals eingehn; das Mehrprodukt nimmt ab.
Die Rückverwandlung von Profit, oder überhaupt irgendeiner Form des Mehrwerts, in Kapital zeigt – wenn wir von der geschichtlich bestimmten ökonomischen Form absehn und sie nur als einfache Bildung neuer Produktionsmittel betrachten –, daß der Zustand immer noch fortbesteht, worin der Arbeiter außer der Arbeit zur Erwerbung unmittelbarer Lebensmittel Arbeit anwendet, um Produktionsmittel zu produzieren. Verwandlung von Profit in Kapital heißt nichts als Anwendung eines Teils der überschüssigen Arbeit zur Bildung neuer, zuschüssiger Produktionsmittel. Daß dies in der Form der Verwandlung von Profit in Kapital geschieht, heißt nur, daß nicht der Arbeiter, sondern der Kapitalist über die überschüssige Arbeit verfügt. Daß diese überschüssige Arbeit erst durch ein Stadium durchgehn muß, wo sie als Revenue erscheint (während sie z.B. beim Wilden als direkt auf Produktion von Produktionsmitteln gerichtete überschüssige Arbeit erscheint), heißt nur, daß diese Arbeit oder ihr Produkt vom Nichtarbeiter angeeignet wird. Was aber in der Tat in Kapital verwandelt wird, ist nicht der Profit als solcher. Verwandlung von Mehrwert in Kapital heißt nur, daß der Mehrwert und das Mehrprodukt vom Kapitalisten nicht als Revenue individuell konsumiert wird. Was aber wirklich so verwandelt wird, ist Wert, vergegenständlichte Arbeit, resp. das Produkt, worin dieser Wert sich unmittelbar darstellt oder wogegen er, nach vorheriger Verwandlung in Geld, ausgetauscht wird. Auch wenn der Profit in Kapital rückverwandelt wird, bildet nicht diese bestimmte Form des Mehrwerts, der Profit, die Quelle des neuen Kapitals. Der Mehrwert wird dabei nur aus einer Form in die andre verwandelt. Aber es ist nicht diese Formverwandlung, die ihn zu Kapital macht. Es ist die Ware und ihr Wert, die nun als Kapital fungieren. Aber daß der Wert der Ware nicht bezahlt ist – und nur dadurch wird er Mehrwert –, ist für die Vergegenständlichung der Arbeit, den Wert selbst, durchaus gleichgültig.
Das Mißverständnis drückt sich in verschiednen Formen aus. Z.B. daß die Waren, aus denen das konstante Kapital besteht, ebenfalls Elemente von Arbeitslohn, Profit und Rente enthalten. Oder aber daß, was Revenue für den einen, Kapital für den andern vorstellt, und dies daher bloß subjektive Beziehungen sind. So enthält das Garn des Spinners einen Wertteil, der Profit für ihn vorstellt. Kauft der Weber also das Garn, so realisiert er den Profit des Spinners, für ihn selbst aber ist dies Garn nur ein Teil seines konstanten Kapitals.
Außer dem schon früher über das Verhältnis von Revenue und Kapital Entwickelten ist hier zu bemerken: Was dem Wert nach betrachtet als konstituierend mit dem Garn in das Kapital des Webers eingeht, ist der Wert des Garns. Wie die Teile dieses Werts sich in Kapital und Revenue, mit andern Worten in bezahlte und unbezahlte Arbeit, für den Spinner selbst aufgelöst haben, ist vollständig gleichgültig für die Wertbestimmung der Ware selbst (abgesehn von den Modifikationen durch den Durchschnittsprofit). Es lauert hier immer im Hintergrund, daß der Profit, überhaupt der Mehrwert, ein Überschuß über den Wert der Ware ist, der nur durch Zuschlag, wechselseitige Prellerei, Veräußerungsgewinn gemacht wird. Indem der Produktionspreis oder auch der Wert der Ware gezahlt wird, werden natürlich auch die Wertbestandteile der Ware gezahlt, die sich für ihren Verkäufer in Revenueform darstellen. Von Monopolpreisen ist hier natürlich nicht die Rede.
Zweitens ist es ganz richtig, daß die Warenbestandteile, woraus das konstante Kapital besteht, wie aller andre Warenwert auf Wertteile reduzierbar ist, die sich für die Produzenten und die Eigner der Produktionsmittel in Arbeitslohn, Profit und Rente auflösten. Es ist dies nur die kapitalistische Ausdrucksform der Tatsache, daß aller Warenwert nur das Maß der in einer Ware enthaltnen, gesellschaftlich notwendigen Arbeit ist. Aber es ist schon im ersten Buch gezeigt worden, daß dies durchaus nicht hindert, das Warenprodukt eines jeden Kapitals in separate Teile zu zerfallen, wovon der eine ausschließlich den konstanten Kapitalteil darstellt, der andre den variablen Kapitalteil und ein dritter nur den Mehrwert.
Storch drückt die Meinung auch vieler andern aus, wenn er sagt:
»Les produits vendables qui constituent le revenu national doivent être considérés dans l'économie politique de deux manières différentes: relativement aux individus comme des valeurs; et relativement à la nation comme des biens; car le revenu d'une nation ne s'apprécie pas comme celui d'un individu, d'après sa valeur, mais d'après son utilité ou d'après les besoins auxquels il peut satisfaire.« (»Consid. sur la nature du revenu national«, p. 19.)
Es ist erstens eine falsche Abstraktion, eine Nation, deren Produktionsweise auf dem Wert beruht, weiter kapitalistisch organisiert ist, als einen bloß für die nationalen Bedürfnisse arbeitenden Gesamtkörper zu betrachten.
Zweitens bleibt, nach Aufhebung der kapitalistischen Produktionsweise, aber mit Beibehaltung gesellschaftlicher Produktion, die Wertbestimmung vorherrschend in dem Sinn, daß die Regelung der Arbeitszeit und die Verteilung der gesellschaftlichen Arbeit unter die verschiednen Produktionsgruppen, endlich die Buchführung hierüber, wesentlicher denn je wird.
50. Der Schein der Konkurrenz
Es ist gezeigt worden, daß der Wert der Waren oder der durch ihren Gesamtwert regulierte Produktionspreis sich auflöst in:
1. Einen Wertteil, der konstantes Kapital ersetzt oder die früher vergangne Arbeit darstellt, die in der Form von Produktionsmitteln bei Herstellung der Ware verbraucht wurde; in einem Wort, den Wert oder Preis, womit diese Produktionsmittel in den Produktionsprozeß der Ware eingingen. Wir sprechen hier nie von der einzelnen Ware, sondern vom Warenkapital, d.h. der Form, worin sich das Produkt des Kapitals in einem bestimmten Zeitabschnitt, z.B. jährlich darstellt, und wovon die einzelne Ware nur ein Element bildet, das übrigens auch, seinem Wert nach, analog in dieselben Bestandteile zerfällt.
2. Den Wertteil des variablen Kapitals, der das Einkommen des Arbeiters mißt und sich für diesen in Arbeitslohn verwandelt; welchen Arbeitslohn also der Arbeiter in diesem variablen Wertteil reproduziert hat; kurz, den Wertteil, worin sich der bezahlte Teil der dem ersten konstanten Teil in der Produktion der Ware neu zugesetzten Arbeit darstellt.
3. Den Mehrwert, d.h. den Wertteil des Warenprodukts, worin sich die unbezahlte Arbeit oder Mehrarbeit darstellt. Dieser letzte Wertteil nimmt wieder die selbständigen Formen an, die zugleich Revenueformen sind: die Formen von Profit des Kapitals (Zins des Kapitals als solchem und Unternehmergewinn des Kapitals als fungierendem Kapital) und Grundrente, die dem Eigner des im Produktionsprozeß mitwirkenden Bodens zufällt. Die Bestandteile 2 und 3, d.h. der Wertbestandteil, der stets die Revenueformen von Arbeitslohn (dies immer nur, nachdem er vorher die Form von variablem Kapital durchgemacht), Profit und Rente annimmt, unterscheidet sich von dem konstanten Bestandteil 1 dadurch, daß in ihn sich der ganze Wert auflöst, worin sich die, jenem konstanten Teil, den Produktionsmitteln der Ware neu zugesetzte Arbeit vergegenständlicht. Sehn wir nun ab vom konstanten Wertteil, so ist es richtig zu sagen, daß der Wert der Ware, soweit er also neu zugesetzte Arbeit darstellt, sich beständig auflöst in drei Teile, die drei Revenueformen bilden, in Arbeitslohn, Profit und Rente150, bei denen die respektiven Wertgrößen, d.h. die aliquoten Teile, die sie vom Gesamtwert bilden, durch verschiedne, eigentümliche und früher entwickelte Gesetze bestimmt werden. Aber es wäre falsch, umgekehrt zu sagen, daß der Wert des Arbeitslohns, die Rate des Profits und die Rate der Rente selbständige konstituierende Wertelemente bilden, aus deren Zusammensetzung der Wert der Ware, abgesehn vom konstanten Bestandteil, entspringe; in andern Worten, es wäre falsch zu sagen, daß sie komponierende Bestandteile des Warenwerts oder des Produktionspreises bilden.151
Man sieht den Unterschied sofort ein.
Gesetzt, der Produktenwert eines Kapitals von 500 sei = 400c + 100v + 150m = 650; die 150m seien weiter zerfällt in 75 Profit + 75 Rente. Wir wollen ferner, zur Vermeidung unnützer Schwierigkeiten, annehmen, dies Kapital sei mittlerer Zusammensetzung, so daß sein Produktionspreis mit seinem Wert zusammenfällt; ein Zusammenfallen, das immer stattfindet, wenn das Produkt dieses Einzelkapitals als Produkt eines seiner Größe entsprechenden Teils des Gesamtkapitals betrachtet werden kann.
Hier bildet der Arbeitslohn, gemessen durch das variable Kapital, 20% vom vorgeschoßnen Kapital; der Mehrwert, auf das Gesamtkapital berechnet, 30%, nämlich 15% Profit und 15% Rente. Der gesamte Wertbestandteil der Ware, worin sich die neu zugesetzte Arbeit vergegenständlicht, ist gleich 100v + 150m = 250. Seine Größe ist unabhängig von seiner Zerfällung in Arbeitslohn, Profit und Rente. Wir sehn aus dem Verhältnis dieser Teile zueinander, daß die Arbeitskraft, die mit 100 in Geld, sage 100 Pfd. St., bezahlt wurde, ein Arbeitsquantum geliefert hat, das sich in einem Geldquantum von 250 Pfd. St. darstellt. Wir sehn daraus, daß der Arbeiter 1 1/2mal soviel Mehrarbeit wie Arbeit für sich selbst getan hat. War der Arbeitstag = 10 Stunden, so arbeitete er 4 Stunden für sich und 6 für den Kapitalisten. Die Arbeit der mit 100 Pfd. St. gezahlten Arbeiter drückt sich daher aus in einem Geldwert von 250 Pfd. St. Außer diesem Wert von 250 Pfd. St. ist nichts zu teilen zwischen Arbeiter und Kapitalist, zwischen Kapitalist und Grundeigentümer. Es ist der dem Wert der Produktionsmittel von 400 neu zugesetzte Gesamtwert. Der so produzierte und durch das Quantum in ihm vergegenständlichter Arbeit bestimmte Warenwert von 250 bildet daher die Grenze für die Dividenden, die Arbeiter, Kapitalist und Grundeigentümer in der Form von Revenue, von Arbeitslohn, Profit und Rente aus diesem Wert ziehn können.
Gesetzt, ein Kapital von derselben organischen Komposition, d.h. demselben Verhältnis der angewandten lebendigen Arbeitskraft zu dem in Bewegung gesetzten konstanten Kapital, sei gezwungen, für dieselbe Arbeitskraft, die das konstante Kapital von 400 in Bewegung setzt, 150 Pfd. St. statt 100 zu zahlen; und gesetzt ferner, Profit und Rente teilten sich auch in verschiednen Verhältnissen in den Mehrwert. Da vorausgesetzt, daß das variable Kapital von 150 Pfd. St. dieselbe Arbeitsmasse in Bewegung setzt wie früher das von 100, wäre der neu produzierte Wert nach wie vor = 250 und der Wert des Gesamtprodukts nach wie vor = 650, aber wir hätten dann: 400c +150v + 100m; und diese 100m zerfielen etwa in 45 Profit plus 55 Rente. Die Proportion, worin sich der neu produzierte Gesamtwert in Arbeitslohn, Profit und Rente verteilt, wäre sehr verschieden; ebenso wäre die Größe des vorgeschoßnen Gesamtkapitals verschieden, obgleich es nur dieselbe Gesamtmasse von Arbeit in Bewegung setzt. Der Arbeitslohn betrüge 27 3/11%, der Profit 8 2/11%, die Rente 10% auf das vorgeschoßne Kapital; der Gesamtmehrwert also etwas über 18%.
Infolge der Erhöhung des Arbeitslohns wäre der unbezahlte Teil der Gesamtarbeit verändert und damit der Mehrwert. Der Arbeiter hätte bei zehnstündigem Arbeitstag 6 Stunden für sich und nur 4 Stunden für den Kapitalisten gearbeitet. Auch die Verhältnisse von Profit und Rente wären verschieden, der verminderte Mehrwert wäre in verändertem Verhältnis zwischen Kapitalist und Grundeigentümer geteilt. Endlich, da der Wert des konstanten Kapitals unverändert geblieben und der Wert des vorgeschoßnen variablen Kapitals gestiegen, drückte sich der verminderte Mehrwert in einer noch mehr verminderten Bruttoprofitrate aus, worunter wir hier das Verhältnis des Gesamtmehrwerts zum ganzen vorgeschoßnen Kapital verstehn.
Der Wechsel im Wert des Arbeitslohns, in der Rate des Profits, in der Rate der Rente könnte sich, welches auch immer die Wirkung der Gesetze wäre, die das Verhältnis dieser Teile regulieren, nur bewegen in den Grenzen, die der neugeschaffne Warenwert von 250 setzt. Eine Ausnahme fände nur statt, wenn die Rente auf einem Monopolpreis beruhte. Dies würde am Gesetz nichts ändern, sondern nur die Betrachtung komplizieren. Denn betrachten wir in diesem Fall bloß das Produkt selbst, so wäre nur die Teilung des Mehrwerts verschieden; betrachten wir aber seinen relativen Wert gegenüber andern Waren, so fände sich nur diese Verschiedenheit, daß ein Teil des Mehrwerts von ihnen auf diese spezifische Ware übertragen wurde.
Rekapitulieren wir:
Wert des Produkts Neu- Mehrwerts- Brutto- wert rate profitrate Erster Fall: 400c + 100v + 150m = 650 250 150% 30% Zweiter Fall: 400c + 150v + 100m = 650 250 66 2/3% 18 2/11%
Erstens fällt der Mehrwert um ein Drittel seines frühern Betrags, von 150 auf 100. Die Profitrate fällt um etwas mehr als ein Drittel, von 30% auf 18%, weil der verminderte Mehrwert auf eingewachsenes vorgeschoßnes Gesamtkapital zu berechnen ist. Sie fällt aber keineswegs in demselben Verhältnis wie die Rate des Mehrwerts. Diese fällt von 150/100 auf 100/150, also von 150% auf 662/3%, während die Profitrate nur fällt von 150/500 auf 100/550 oder von 30% auf 182/11%. Die Profitrate fällt also im Verhältnis mehr als die Masse des Mehrwerts, aber weniger als die Rate des Mehrwerts. Ferner zeigt sich, daß die Werte wie die Massen der Produkte dieselben bleiben, wenn nach wie vor dieselbe Arbeitsmasse angewandt wird, obgleich das vorgeschoßne Kapital infolge der Vermehrung seines variablen Bestandteils sich vergrößert hat. Diese Vergrößerung des vorgeschoßnen Kapitals würde sich allerdings dem Kapitalisten sehr fühlbar machen, der ein neues Geschäft begänne. Aber das Ganze der Reproduktion betrachtet, heißt Vermehrung des variablen Kapitals weiter nichts, als daß ein größrer Teil des von der neu zugesetzten Arbeit neu geschaffnen Werts sich in Arbeitslohn und daher zunächst invariables Kapital statt in Mehrwert und Mehrprodukt verwandelt. Der Wert des Produkts bleibt also derselbe, weil er einerseits durch den konstanten Kapitalwert = 400, andrerseits durch die Zahl 250 beschränkt ist, worin sich die neu zugesetzte Arbeit darstellt. Beide sind aber unverändert geblichen. Dies Produkt, soweit es selbst wieder in konstantes Kapital einginge, würde nach wie vor in derselben Wertgröße gleich viel Masse von Gebrauchswert darstellen; also dieselbe Masse von Elementen des konstanten Kapitals behielte denselben Wert. Anders verhielte sich die Sache, wenn der Arbeitslohn stiege, nicht weil der Arbeiter einen größern Teil seiner eignen Arbeit erhielte, sondern wenn er einen größern Teil seiner eignen Arbeit erhielte, weil die Produktivität der Arbeit abgenommen hätte. In diesem Fall bliebe der Gesamtwert, worin sich dieselbe Arbeit, bezahlte plus unbezahlte, darstellte, dieselbe; aber die Masse Produkt, worin sich diese Masse Arbeit darstellte, hätte sich vermindert, also stiege der Preis jedes aliquoten Teils des Produkts, weil jeder Teil mehr Arbeit darstellte. Der erhöhte Arbeitslohn von 150 stellte nicht mehr Produkt dar wie früher der von 100; der verringerte Mehrwert von 100 stellte nur noch 2/3 des Produkts dar gegen früher, 66 2/3% der Masse von Gebrauchswerten, die sich früher in 100 darstellten. In diesem Fall würde auch das konstante Kapital verteuert, soweit dies Produkt in es einginge. Dies wäre aber nicht Folge der Erhöhung des Arbeitslohns, sondern die Erhöhung des Arbeitslohns wäre Folge der Verteuerung der Ware und Folge der verminderten Produktivität desselben Quantums Arbeit. Hier entsteht der Schein, als ob die Steigerung des Arbeitslohns das Produkt verteuert hätte; sie ist aber hier nicht Ursache, sondern Folge eines Wertwechsels der Ware infolge der verminderten Produktivität der Arbeit.
Wenn dagegen bei sonst gleichen Umständen, wo also dieselbe angewandte Arbeitsmenge sich nach wie vor in 250 darstellt, der Wert der von ihr angewandten Produktionsmittel stiege oder fiele, so würde der Wert derselben Produktenmasse um dieselbe Größe steigen oder fallen. 450c + 100v + 150m gibt Produktwert = 700; dagegen 350c + 100v + 150m für den Wert derselben Produktenmasse nur 600 gegen früher 650. Wenn also das vorgeschoßne Kapital wächst oder abnimmt, welches dieselbe Arbeitsmenge in Bewegung setzt, so steigt oder fällt der Wert des Produkts, bei sonst gleichen Umständen, wenn die Zunahme oder Abnahme des vorgeschoßnen Kapitals von einer Änderung der Wertgröße des konstanten Kapitalteils herrührt. Er bleibt dagegen unverändert, wenn die Zunahme oder Abnahme des vorgeschoßnen Kapitals von veränderter Wertgröße des variablen Kapitalteils, bei gleichbleibender Produktivkraft der Arbeit, herrührt. Beim konstanten Kapital ist Zunahme oder Abnahme seines Werts durch keine entgegengesetzte Bewegung kompensiert. Beim variablen Kapital, gleichbleibende Produktivität der Arbeit vorausgesetzt, ist Zunahme oder Abnahme seines Werts kompensiert durch die umgekehrte Bewegung auf seiten des Mehrwerts, so daß der Wert des variablen Kapitals plus dem Mehrwert, also der den Produktionsmitteln durch die Arbeit neu zugesetzte und im Produkt neu dargestellte Wert unverändert bleibt.
Ist dagegen Zu- oder Abnahme des Werts des variablen Kapitals oder des Arbeitslohns Folge der Verteuerung oder Preissenkung der Waren, d.h. der Verminderung oder Steigerung der Produktivität der in dieser Kapitalanlage angewandten Arbeit, so wirkt dies auf den Wert des Produkts. Aber das Steigen oder Fallen des Arbeitslohns ist hier nicht Ursache, sondern nur Folge.
Wäre dagegen im obigen Beispiel, bei gleichbleibendem konstantem Kapital = 400c, die Veränderung von 100v + 150m auf 150v + 100m, also das Steigen des variablen Kapitals, Folge der Abnahme der Produktivkraft der Arbeit, nicht in diesem besondren Zweige, z.B. der Baumwollspinnerei, sondern etwa in der Agrikultur, welche die Nahrungsmittel des Arbeiters liefert, also Folge der Verteuerung dieser Nahrungsmittel, so bliebe der Wert des Produkts unverändert. Der Wert von 650 würde sich nach wie vor in derselben Masse Baumwollgarn darstellen.
Aus dem Entwickelten geht ferner hervor: Wenn die Verminderung in der Auslage von konstantem Kapital durch Ökonomie etc. in Produktionszweigen eintritt, deren Produkte in die Konsumtion der Arbeiter eingehn, so könnte dies, ebensogut wie die direkte Vermehrung der Produktivität der angewandten Arbeit selbst, eine Verminderung des Arbeitslohns, weil Verwohlfeilerung der Lebensmittel des Arbeiters herbeiführen und daher Wachsen des Mehrwerts; so daß die Profitrate hier aus doppelten Gründen wüchse, nämlich einerseits, weil der Wert des konstanten Kapitals abnimmt, und andrerseits, weil der Mehrwert zunimmt. Bei unsrer Betrachtung der Verwandlung des Mehrwerts in Profit nahmen wir an, daß der Arbeitslohn nicht fällt, sondern konstant bleibt, weil wir dort die Schwankungen der Profitrate, unabhängig von Veränderungen der Mehrwertsrate, zu untersuchen hatten. Außerdem sind die dort entwickelten Gesetze allgemein und gelten auch für Kapitalanlagen, deren Produkte nicht in den Konsum des Arbeiters eingehn, bei denen Wertveränderungen des Produkts also ohne Einfluß auf den Arbeitslohn sind.
Die Besonderung und Auflösung des den Produktionsmitteln oder dem konstanten Kapitalteil jährlich durch die neu zugesetzte Arbeit neu zugefügten Werts in die verschiednen Revenueformen von Arbeitslohn, Profit und Rente ändert also nichts an den Grenzen des Werts selbst, an der Wertsumme, die sich unter diese verschiednen Kategorien verteilt; ebensowenig wie ein Wechsel im Verhältnis dieser einzelnen Teile zueinander ihre Summe, diese gegebne Wertgröße, verändern kann. Die gegebne Zahl 100 bleibt immer dieselbe, ob sie sich in 50 + 50 oder in 20 + 70 + 10 oder in 40 + 30 + 30 zerlegt. Der Wertteil des Produkts, der in diese Revenuen zerfällt, ist bestimmt, ganz wie der konstante Wertteil des Kapitals, durch den Wert der Waren, d.h. durch das Quantum der jedesmal in ihnen vergegenständlichten Arbeit. Es ist also erstens gegeben die Wertmasse der Waren, die sich in Arbeitslohn, Profit und Rente verteilt; also die absolute Grenze der Summe der Wertstücke dieser Waren. Zweitens, was die einzelnen Kategorien selbst angeht, so sind ihre durchschnittlichen und regulierenden Grenzen ebenfalls gegeben. Der Arbeitslohn bildet bei dieser Begrenzung derselben die Basis. Er ist nach einer Seite hin durch ein Naturgesetz reguliert; seine Minimalgrenze ist gegeben durch das physische Minimum von Lebensmitteln, das der Arbeiter beziehen muß, um seine Arbeitskraft zu erhalten und zu reproduzieren; also durch ein bestimmtes Quantum Waren. Der Wert dieser Waren ist bestimmt durch die Arbeitszeit, die ihre Reproduktion erheischt; also durch den Teil der den Produktionsmitteln neu zugesetzten Arbeit, oder auch desA59 Arbeitstags, den der Arbeiter zur Produktion und Reproduktion eines Äquivalents für den Wert dieser notwendigen Lebensmittel erheischt. Sind z.B. seine durchschnittlichen täglichen Lebensmittel dem Wert nach = 6 Stunden Durchschnittsarbeit, so muß er durchschnittlich 6 Stunden seiner Tagesarbeit für sich selbst arbeiten. Der wirkliche Wert seiner Arbeitskraft weicht von diesem physischen Minimum ab; er ist verschieden je nach dem Klima und dem Stand der gesellschaftlichen Entwicklung; er hängt ab nicht nur von den physischen, sondern auch von den historisch entwickelten gesellschaftlichen Bedürfnissen, die zur zweiten Natur werden. Aber in jedem Land zu einer gegebnen Periode ist dieser regulierende durchschnittliche Arbeitslohn eine gegebne Größe. Der Wert der sämtlichen übrigen Revenuen hat so eine Grenze. Er ist stets gleich dem Wert, worin sich der Gesamtarbeitstag (der hier mit dem Durchschnittsarbeitstag zusammenfällt, da er die vom gesellschaftlichen Gesamtkapital in Bewegung gesetzte Gesamtarbeitsmasse umfaßt) verkörpert, minus dem Teil desselben, der sich in Arbeitslohn verkörpert. Seine Grenze ist also gegeben durch die Grenze des Werts, in welchem sich die unbezahlte Arbeit ausdrückt, d.h. durch das Quantum dieser unbezahlten Arbeit. Wenn der Teil des Arbeitstags, den der Arbeiter zur Reproduktion des Werts seines Lohns braucht, in dem physischen Minimum seines Lohns seine letzte Schranke hat, so hat der andre Teil des Arbeitstags, worin sich seine Mehrarbeit darstellt, also auch der Wertteil, der den Mehrwert ausdrückt, seine Schranke an dem physischen Maximum des Arbeitstags, d.h. an dem Gesamtquantum täglicher Arbeitszeit, das der Arbeiter bei Erhaltung und Reproduktion seiner Arbeitskraft überhaupt geben kann. Da es sich bei der jetzigen Betrachtung um Verteilung des Werts handelt, worin die jährlich neu zugesetzte Gesamtarbeit sich dargestellt hat, so kann der Arbeitstag hier als konstante Größe betrachtet werden und ist als solche vorausgesetzt, wieviel oder wie wenig er von seinem physischen Maximum auch abweiche. Die absolute Grenze des Wertteils, der den Mehrwert bildet und der sich in Profit und Grundrente auflöst, ist also gegeben; er ist bestimmt durch den Überschuß des unbezahlten Teils des Arbeitstags über seinen bezahlten, also durch den Wertteil des Gesamtprodukts, worin diese Mehrarbeit sich verwirklicht. Nennen wir, wie ich es getan habe, den so in seinen Grenzen bestimmten, und auf das vorgeschoßne Gesamtkapital berechneten Mehrwert den Profit, so ist dieser Profit, seiner absoluten Größe nach betrachtet, gleich dem Mehrwert, also in seinen Grenzen ebenso gesetzlich bestimmt wie dieser. Die Höhe der Profitrate aber ist ebenfalls eine in gewissen, durch den Wert der Waren bestimmten Grenzen eingeschloßne Größe. Sie ist das Verhältnis des Gesamtmehrwerts zu dem der Produktion vorgeschoßnen gesellschaftlichen Gesamtkapital. Ist dies Kapital = 500 (meinetwegen Millionen) und der Mehrwert = 100, so bilden 20% die absolute Grenze der Profitrate. Die Verteilung des gesellschaftlichen Profits nach Maßgabe dieser Rate unter die in den verschiednen Produktionssphären angelegten Kapitale erzeugt von den Werten der Waren abweichende Produktionspreise, welches die wirklich regulierenden Durchschnittsmarktpreise sind. Die Abweichung jedoch hebt weder die Bestimmung der Preise durch die Werte, noch die gesetzmäßigen Grenzen des Profits auf. Statt daß der Wert einer Ware gleich dem in ihr aufgezehrten Kapital plus dem in ihr steckenden Mehrwert, ist ihr Produktionspreis jetzt gleich dem in ihr aufgezehrten Kapital k plus dem Mehrwert, der auf sie infolge der allgemeinen Profitrate fällt, also z.B. 20% auf das zu ihrer Produktion vorgeschoßne, sowohl aufgezehrte wie bloß angewandte Kapital. Aber dieser Zuschlag von 20% ist selbst bestimmt durch den vom gesellschaftlichen Gesamtkapital erzeugten Mehrwert und sein Verhältnis zum Wert des Kapitals; und darum ist er 20% und nicht 10 oder 100. Die Verwandlung der Werte in Produktionspreise hebt also nicht die Grenzen des Profits auf, sondern verändert nur seine Verteilung unter die verschiednen besondren Kapitale, aus denen das Gesellschaftskapital besteht, verteilt ihn auf sie gleichmäßig, im Verhältnis, worin sie Wertteile dieses Gesamtkapitals bilden. Die Marktpreise steigen über und fallen unter diese regulierenden Produktionspreise, aber diese Schwankungen heben sich wechselseitig auf. Betrachtet man Preislisten während einer längern Periode und zieht man die Fälle ab, wo der wirkliche Wert der Waren infolge eines Wechsels in der Produktivkraft der Arbeit verändert, und ebenso die Fälle, worin durch natürliche oder gesellschaftliche Unfälle der Produktionsprozeß gestört wurde, so wird man sich wundern, erstens über die verhältnismäßig engen Grenzen der Abweichungen und zweitens über die Regelmäßigkeit ihrer Ausgleichung. Man wird hier dieselbe Herrschaft der regulierenden Durchschnitte finden, wie Quételet sie bei den sozialen Phänomenen nachgewiesen hat. Stößt die Ausgleichung der Warenwerte zu Produktionspreisen auf keine Hindernisse, so löst sich die Rente in Differentialrente auf, d.h. sie ist beschränkt auf Ausgleichung der Surplusprofite, welche die regulierenden Produktionspreise einem Teil der Kapitalisten geben würden, und die nun vom Grundeigentümer angeeignet werden. Hier hat also die Rente ihre bestimmte Wertgrenze in den Abweichungen der individuellen Profitraten, welche die Regulierung der Produktionspreise durch die allgemeine Profitrate hervorbringt. Setzt das Grundeigentum der Ausgleichung der Warenwerte zu Produktionspreisen Hindernisse in den Weg und eignet sich absolute Rente an, so ist diese begrenzt durch den Überschuß des Werts der Bodenprodukte über ihren Produktionspreis, also durch den Überschuß des in ihnen enthaltnen Mehrwerts über die durch die allgemeine Profitrate den Kapitalen zufallende Profitrate. Diese Differenz bildet dann die Grenze der Rente, die nach wie vor nur einen bestimmten Teil des gegebnen und in den Waren enthaltnen Mehrwerts bildet.
Findet endlich die Ausgleichung des Mehrwerts zum Durchschnittsprofit in den verschiednen Produktionssphären ein Hindernis an künstlichen oder natürlichen Monopolen, und speziell am Monopol des Grundeigentums, so daß ein Monopolpreis möglich würde, der über den Produktionspreis und über den Wert der Waren stiege, auf die das Monopol wirkt, so würden die durch den Wert der Waren gegebnen Grenzen dadurch nicht aufgehoben. Der Monopolpreis gewisser Waren würde nur einen Teil des Profits der andern Warenproduzenten auf die Waren mit dem Monopolpreis übertragen. Es fände indirekt eine örtliche Störung in der Verteilung des Mehrwerts unter die verschiednen Produktionssphären statt, die aber die Grenze dieses Mehrwerts selbst unverändert ließe. Ginge die Ware mit Monopolpreis in den notwendigen Konsum des Arbeiters ein, so würde sie den Arbeitslohn erhöhn und dadurch den Mehrwert vermindern, falls der Arbeiter nach wie vor den Wert seiner Arbeitskraft bezahlt erhielte. Sie könnte den Arbeitslohn unter den Wert der Arbeitskraft herabdrücken, aber dies nur, soweit jener über der Grenze seines physischen Minimums stände. In diesem Falle würde der Monopolpreis durch Abzug am realen Arbeitslohn (d.h. der Masse der Gebrauchswerte, die der Arbeiter durch dieselbe Masse Arbeit erhielte) und an dem Profit der andern Kapitalisten bezahlt. Die Grenzen, innerhalb deren der Monopolpreis die normale Regulierung der Warenpreise affizierte, wären fest bestimmt und genau berechenbar.
Wie also die Teilung des neu zugesetzten und überhaupt in Revenue auflösbaren Werts der Waren in dem Verhältnis zwischen notwendiger und Mehrarbeit, Arbeitslohn und Mehrwert, ihre gegebnen und regulierenden Grenzen findet, so wieder die Teilung des Mehrwerts selbst in Profit und Grundrente in den Gesetzen, die die Ausgleichung der Profitrate regeln. Bei der Spaltung in Zins und Unternehmergewinn bildet der Durchschnittsprofit selbst die Grenze für beide zusammen. Er liefert die gegebne Wertgröße, worin sie sich zu teilen haben und allein teilen können. Das bestimmte Verhältnis der Teilung ist hier zufällig, d.h. ausschließlich durch Konkurrenzverhältnisse bestimmt. Während sonst die Deckung von Nachfrage und Zufuhr gleich ist der Aufhebung der Abweichung der Marktpreise von ihren regulierenden Durchschnittspreisen, d.h. der Aufhebung des Einflusses der Konkurrenz, ist sie hier das allein Bestimmende. Aber warum? Weil derselbe Produktionsfaktor, das Kapital, den ihm zufallenden Teil des Mehrwerts unter zwei Besitzer desselben Produktionsfaktors zu teilen hat. Daß aber hier keine bestimmte, gesetzmäßige Grenze für die Teilung des Durchschnittsprofits stattfindet, hebt seine Grenze als Teil des Warenwerts nicht auf; sowenig wie der Umstand, daß zwei Associés eines Geschäfts, durch verschiedne äußere Umstände bestimmt, den Profit ungleich teilen, die Grenzen dieses Profits irgendwie affiziert.
Wenn also der Teil des Warenwerts, worin sich die dem Wert der Produktionsmittel neu zugesetzte Arbeit darstellt, sich zersetzt in verschiedne Teile, die in der Form von Revenuen gegeneinander selbständige Gestalten annehmen, so sind deswegen keineswegs Arbeitslohn, Profit und Grundrente nun als die konstituierenden Elemente zu betrachten, aus deren Zusammensetzung oder Summe der regulierende Preis (natural price, prix nécessaire) der Waren selbst entspränge; so daß nicht der Warenwert, nach Abzug des konstanten Wertteils, die ursprüngliche Einheit wäre, die in diese drei Teile zerfällt, sondern umgekehrt der Preis jedes dieser drei Teile selbständig bestimmt wäre und aus der Addition dieser drei unabhängigen Größen der Preis der Ware sich erst bildet. In Wirklichkeit ist der Warenwert die vorausgesetzte Größe, das Ganze des Gesamtwerts von Arbeitslohn, Profit, Rente, welches immer deren relative Größe gegeneinander sei. In jener falschen Auffassung sind Arbeitslohn, Profit, Rente drei selbständige Wertgrößen, deren Gesamtgröße die Größe des Warenwerts produziert, begrenzt und bestimmt.
Zunächst ist es klar, daß, wenn Arbeitslohn, Profit, Rente den Preis der Waren konstituieren, dies ebensowohl für den konstanten Teil des Warenwerts wie für den andern Teil gälte, worin sich das variable Kapital und der Mehrwert darstellt. Dieser konstante Teil kann also hier ganz außer acht gelassen werden, da der Wert der Waren, woraus er besteht, sich ebenfalls in die Summe der Werte von Arbeitslohn, Profit und Rente auflösen würde. Wie bereits bemerkt, leugnet diese Ansicht denn auch das Dasein eines solchen konstanten Wertteils.
Es ist ferner klar, daß aller Wertbegriff hier wegfällt. Es bleibt nur noch die Vorstellung des Preises, in dem Sinn, daß eine gewisse Masse Geld den Besitzern von Arbeitskraft, Kapital und Boden bezahlt wird. Aber was ist Geld? Geld ist kein Ding, sondern eine bestimmte Form des Werts, unterstellt also wieder den Wert. Wir wollen also sagen, daß eine bestimmte Masse Gold oder Silber für jene Produktionselemente gezahlt wird oder daß sie dieser Masse im Kopf gleichgesetzt werden. Aber Gold und Silber (und der aufgeklärte Ökonom ist stolz auf diese Erkenntnis) sind selbst Waren wie alle andren Waren. Der Preis von Gold und Silber ist also auch bestimmt durch Arbeitslohn, Profit und Rente. Wir können also nicht Arbeitslohn, Profit und Rente dadurch bestimmen, daß sie einem gewissen Quantum Gold und Silber gleichgesetzt werden, denn der Wert dieses Goldes und Silbers, worin sie als in ihrem Äquivalent geschätzt werden sollen, soll ja gerade durch sie, unabhängig vom Gold und Silber, d.h. unabhängig vom Wert jeder Ware, der ja gerade das Produkt jener drei ist, erst bestimmt werden. Sagen, daß der Wert von Arbeitslohn, Profit und Rente darin bestehe, daß sie gleich einem gewissen Quantum Gold und Silber, hieße also nur sagen, daß sie gleich einem gewissen Quantum Arbeitslohn, Profit und Rente sind.
Nehmen wir zunächst den Arbeitslohn. Denn von der Arbeit muß auch bei dieser Ansicht ausgegangen werden. Wie also wird der regulierende Preis des Arbeitslohns bestimmt, der Preis, um den seine Marktpreise oszillieren?
Wir wollen sagen, durch Nachfrage und Zufuhr von Arbeitskraft. Aber von welcher Nachfrage der Arbeitskraft handelt es sich? Von der Nachfrage des Kapitals. Die Nachfrage nach Arbeit ist also gleich der Zufuhr von Kapital. Um von Zufuhr von Kapital zu sprechen, müssen wir vor allem wissen, was Kapital ist. Woraus besteht das Kapital? Nehmen wir seine einfachste Erscheinung: aus Geld und Waren. Aber Geld ist bloß eine Form der Ware. Also aus Waren. Aber der Wert der Waren ist nach der Voraussetzung in erster Instanz bestimmt durch den Preis der sie produzierenden Arbeit, den Arbeitslohn. Der Arbeitslohn wird hier vorausgesetzt und behandelt als konstituierendes Element des Preises der Waren. Dieser Preis soll nun bestimmt werden durch das Verhältnis der angebotnen Arbeit zum Kapital. Der Preis des Kapitals selbst ist gleich dem Preis der Waren, woraus es besteht. Die Nachfrage des Kapitals nach Arbeit ist gleich der Zufuhr des Kapitals. Und die Zufuhr des Kapitals ist gleich der Zufuhr einer Warensumme von gegebnem Preis, und dieser Preis ist in erster Instanz reguliert durch den Preis der Arbeit, und der Preis der Arbeit ist seinerseits wieder gleich dem Teil des Warenpreises, woraus das variable Kapital besteht, das an den Arbeiter im Austausch für seine Arbeit abgetreten wird; und der Preis der Waren, woraus dies variable Kapital besteht, ist selbst wieder in erster Reihe bestimmt durch den Preis der Arbeit, denn er ist bestimmt durch die Preise von Arbeitslohn, Profit und Rente. Um den Arbeitslohn zu bestimmen, können wir also nicht das Kapital voraussetzen, da der Wert des Kapitals selbst durch den Arbeitslohn mit bestimmt ist.
Außerdem nützt uns das Hereinbringen der Konkurrenz nichts. Die Konkurrenz macht die Marktpreise der Arbeit steigen oder fallen. Aber gesetzt, Nachfrage und Zufuhr von Arbeit decken sich. Wodurch wird dann der Arbeitslohn bestimmt? Durch die Konkurrenz. Aber es ist eben vorausgesetzt, daß die Konkurrenz aufhört zu bestimmen, daß sie durch das Gleichgewicht ihrer beiden entgegenstrebenden Kräfte ihre Wirkung aufhebt. Wir wollen ja gerade den natürlichen Preis des Arbeitslohns finden, d.h. den Preis der Arbeit, der nicht von der Konkurrenz reguliert wird, sondern sie umgekehrt reguliert.
Es bleibt nichts übrig, als den notwendigen Preis der Arbeit durch die notwendigen Lebensmittel des Arbeiters zu bestimmen. Aber diese Lebensmittel sind Waren, die einen Preis haben. Der Preis der Arbeit ist also durch den Preis der notwendigen Lebensmittel bestimmt, und der Preis der Lebensmittel ist, wie der aller andern Waren, in erster Linie durch den Preis der Arbeit bestimmt. Also ist der durch den Preis der Lebensmittel bestimmte Preis der Arbeit durch den Preis der Arbeit bestimmt. Der Preis der Arbeit ist durch sich selbst bestimmt. In andren Worten, wir wissen nicht, wodurch der Preis der Arbeit bestimmt ist. Die Arbeit hat hier überhaupt einen Preis, weil sie als Ware betrachtet wird. Um also von dem Preis der Arbeit zu sprechen, müssen wir wissen, was Preis überhaupt ist. Aber was Preis überhaupt ist, erfahren wir auf diesem Wege erst recht nicht.
Wir wollen indes annehmen, in dieser erfreulichen Weise sei der notwendige Preis der Arbeit bestimmt. Wie nun der Durchschnittsprofit, der Profit jedes Kapitals in normalen Verhältnissen, der das zweite Preiselement der Ware bildet? Der Durchschnittsprofit muß bestimmt sein durch eine Durchschnittsrate des Profits; wie wird diese bestimmt? Durch die Konkurrenz unter den Kapitalisten? Aber diese Konkurrenz unterstellt schon das Dasein des Profits. Sie unterstellt verschiedne Profitraten und daher verschiedne Profite, sei es in denselben, sei es in verschiednen Produktionszweigen. Die Konkurrenz kann nur auf die Profitrate wirken, soweit sie auf die Preise der Waren wirkt. Die Konkurrenz kann nur bewirken, daß Produzenten innerhalb derselben Produktionssphäre ihre Waren zu gleichen Preisen verkaufen und daß sie innerhalb verschiedner Produktionssphären ihre Waren zu Preisen verkaufen, die ihnen denselben Profit geben, denselben proportionellen Zuschlag zu dem schon teilweise durch den Arbeitslohn bestimmten Preis der Ware. Die Konkurrenz kann daher nur Ungleichheiten in der Profitrate ausgleichen. Um ungleiche Profitraten auszugleichen, muß der Profit als Element des Warenpreises schon vorhanden sein. Die Konkurrenz schafft ihn nicht. Sie erhöht oder erniedrigt, aber sie schafft nicht das Niveau, welches eintritt, sobald die Ausgleichung stattgefunden. Und, indem wir von einer notwendigen Rate des Profits sprechen, wollen wir eben die von den Bewegungen der Konkurrenz unabhängige Profitrate kennen, welche ihrerseits die Konkurrenz reguliert. Die durchschnittliche Profitrate tritt ein mit dem Gleichgewicht der Kräfte der konkurrierenden Kapitalisten gegeneinander. Die Konkurrenz kann dies Gleichgewicht herstellen, aber nicht die Profitrate, die auf diesem Gleichgewicht eintritt. Sobald dies Gleichgewicht hergestellt ist, warum ist nun die allgemeine Profitrate 10 oder 20 oder 100%? Von wegen der Konkurrenz. Aber umgekehrt, die Konkurrenz hat die Ursachen aufgehoben, die Abweichungen von den 10 oder 20 oder 100% produzierten. Sie hat einen Warenpreis herbeigeführt, wobei jedes Kapital im Verhältnis seiner Größe denselben Profit abwirft. Die Größe dieses Profits selbst aber ist unabhängig von ihr. Sie reduziert nur alle Abweichungen immer wieder auf diese Größe. Ein Mann konkurriert mit den andren, und die Konkurrenz zwingt ihn, seine Ware zu demselben Preis zu verkaufen wie jene. Warum aber ist dieser Preis 10 oder 20 oder 100?
Es bleibt also nichts übrig, als die Profitrate und daher den Profit als einen auf unbegreifliche Weise bestimmten Zuschlag zu dem Preis der Ware zu erklären, der soweit durch den Arbeitslohn bestimmt war. Das einzige, was uns die Konkurrenz sagt, ist, daß diese Profitrate eine gegebne Größe sein muß. Aber das wußten wir vorher, als wir von allgemeiner Profit rate und dem »notwendigen Preis« des Profits sprachen.
Es ist ganz unnötig, diesen abgeschmackten Prozeß an der Grundrente von neuem durchzudreschen. Man sieht ohnedies, daß er, wenn irgendwie konsequent durchgeführt, Profit und Rente als bloße, durch unbegreifliche Gesetze bestimmte Preiszuschläge zu dem in erster Linie durch den Arbeitslohn bestimmten Warenpreis erscheinen läßt. Kurz, die Konkurrenz muß es auf sich nehmen, alle Begriffslosigkeiten der Ökonomen zu erklären, während die Ökonomen umgekehrt die Konkurrenz zu erklären hätten.
Sieht man hier nun ab von der Phantasie der durch die Zirkulation geschaffnen, d.h. aus dem Verkauf entspringenden Preisbestandteile, Profit und Rente – und die Zirkulation kann nie geben, was ihr nicht vorher gegeben worden ist –, so kommt die Sache einfach auf dies hinaus:
Der durch den Arbeitslohn bestimmte Preis einer Ware sei = 100; die Profitrate 10% auf den Arbeitslohn und die Rente 15% auf den Arbeitslohn. So ist der durch die Summe von Arbeitslohn, Profit und Rente bestimmte Preis der Ware = 125. Diese 25 Zuschlag können nicht aus dem Verkauf der Ware herrühren. Denn alle, die aneinander verkaufen, verkaufen sich jeder, was 100 Arbeitslohn gekostet hat, zu 125; was ganz dasselbe ist, als wenn sie alle zu 100 verkauften. Die Operation muß also unabhängig vom Zirkulationsprozeß betrachtet werden.
Teilen sich die drei in die Ware selbst, die jetzt 125 kostet – und es ändert nichts an der Sache, wenn der Kapitalist erst zu 125 verkauft und dann dem Arbeiter 100, sich selbst 10 und dem Grundrentner 15 zahlt –, so erhält der Arbeiter 4/5 = 100 vom Wert und vom Produkt. Der Kapitalist erhält vom Wert und vom Produkt 2/25 und der Grundrentner 3/25. Indem der Kapitalist zu 125 verkauft statt zu 100, gibt er dem Arbeiter nur 4/5 des Produkts, worin sich seine Arbeit darstellt. Es wäre also ganz dasselbe, wenn er dem Arbeiter 80 gegeben und 20 zurückbehalten hätte, wovon ihm 8 und dem Rentner 12 zukämen. Er hätte dann die Ware zu ihrem Wert verkauft, da in der Tat die Preiszuschläge vom Wert der Ware, der bei dieser Voraussetzung durch den Wert des Arbeitslohns bestimmt ist, unabhängige Erhöhungen sind. Es kommt auf einem Umweg darauf hinaus, daß in dieser Vorstellung das Wort Arbeitslohn, die 100, gleich dem Wert des Produkts ist d.h. = der Summe Geld, worin sich dies bestimmte Arbeitsquantum darstellt; daß dieser Wert aber vom realen Arbeitslohn wieder verschieden ist und daher ein Surplus läßt. Nur wird dies hier herausgebracht durch nominellen Preiszuschlag. Wäre also der Arbeitslohn gleich 110 statt = 100, so müßte der Profit sein = 11 und die Grundrente = 16 1/2, also der Preis der Ware = 137 1/2. Es würde dies das Verhältnis gleich unverändert lassen. Da die Teilung aber immer durch nominellen Zuschlag gewisser Prozente auf den Arbeitslohn erhalten würde, stiege und fiele der Preis mit dem Arbeitslohn. Der Arbeitslohn wird hier erst gleich dem Wert der Ware gesetzt und dann wieder von ihm geschieden. In der Tat aber kommt die Sache, auf einem begriffslosen Umweg, darauf hinaus, daß der Wert der Ware durch das in ihr enthaltne Quantum Arbeit, der Wert des Arbeitslohns aber durch den Preis der notwendigen Lebensmittel bestimmt ist und der Überschuß des Werts über den Arbeitslohn Profit und Rente bildet.
Die Zersetzung der Werte der Waren, nach Abzug des Werts der in ihrer Produktion verbrauchten Produktionsmittel, die Zersetzung dieser gegebnen, durch das im Warenprodukt vergegenständlichte Quantum Arbeit bestimmten Wertmasse in drei Bestandteile, die als Arbeitslohn, Profit und Grundrente die Gestalt selbständiger und voneinander unabhängiger Revenueformen annehmen – diese Zersetzung stellt sich auf der zutage liegenden Oberfläche der kapitalistischen Produktion und daher in der Vorstellung der in ihr befangnen Agenten verkehrt dar.
Der Gesamtwert einer beliebigen Ware sei = 300, davon 200 der Wert der in ihrer Produktion verbrauchten Produktionsmittel oder Elemente des konstanten Kapitals. Bleiben also 100 als Summe des dieser Ware in ihrem Produktionsprozeß zugesetzten Neuwerts. Dieser Neuwert von 100 ist alles, was verfügbar ist zur Teilung in die drei Revenueformen. Setzen wir den Arbeitslohn = x, den Profit = y, die Grundrente = z, so wird die Summe von x + y + z in unserm Fall immer = 100 sein. In der Vorstellung der Industriellen, Kaufleute und Bankiers, sowie in der der Vulgärökonomen geht dies aber ganz anders zu. Für sie ist nicht der Wert der Ware, nach Abzug des Werts der in ihr verbrauchten Produktionsmittel, gegeben = 100, welche 100 dann in x, y, z zerteilt werden. Sondern der Preis der Ware setzt sich einfach zusammen aus den von ihrem Wert und voneinander unabhängig bestimmten Wertgrößen des Arbeitslohns, des Profits und der Rente, so daß x, y, z jedes für sich selbständig gegeben und bestimmt ist, und aus der Summe dieser Größen, die kleiner oder größer als 100 sein kann, erst die Wertgröße der Ware selbst, als aus der Addition dieser ihrer Wertbildner resultierte. Dies Quidproquo ist notwendig:
Erstens, weil die Wertbestandteile der Ware als selbständige Revenuen einander gegenübertreten, die als solche bezogen sind auf drei ganz voneinander verschiedne Produktionsagentien, die Arbeit, das Kapital und die Erde, und die daher aus diesen zu entspringen scheinen. Das Eigentum an der Arbeitskraft, am Kapital, an der Erde ist die Ursache, die diese verschiednen Wertbestandteile der Waren diesen respektiven Eignern zufallen macht und sie daher in Revenuen für sie verwandelt. Aber der Wert entspringt nicht aus einer Verwandlung in Revenue, sondern er muß da sein, bevor er in Revenue verwandelt werden, diese Gestalt annehmen kann. Der Schein des Umgekehrten muß sich um so mehr befestigen, als die Bestimmung der relativen Größe dieser drei Teile gegeneinander verschiedenartigen Gesetzen folgt, deren Zusammenhang mit und Beschränkung durch den Wert der Waren selbst sich keineswegs auf der Oberfläche zeigt.
Zweitens: Man hat gesehn, daß ein allgemeines Steigen oder Fallen des Arbeitslohns, indem es bei sonst gleichen Umständen eine Bewegung der allgemeinen Profitrate in entgegengesetzter Richtung erzeugt, die Produktionspreise der verschiednen Waren verändert, die einen hebt, die andern senkt, je nach der Durchschnittszusammensetzung des Kapitals in den betreffenden Produktionssphären. Es wird hier also jedenfalls in einigen Produktionssphären die Erfahrung gemacht, daß der Durchschnittspreis einer Ware steigt, weil der Arbeitslohn gestiegen, und fällt, weil er gefallen. Was nicht »erfahren« wird, ist die geheime Regulierung dieser Änderungen durch den vom Arbeitslohn unabhängigen Wert der Waren. Ist dagegen das Steigen des Arbeitslohns lokal, findet es nur in besondren Produktionssphären infolge eigentümlicher Umstände statt, so kann eine entsprechende nominelle Preissteigerung dieser Waren eintreten. Dies Steigen des relativen Werts einer Sorte von Waren gegen die andren, für die der Arbeitslohn unverändert geblieben, ist dann nur eine Reaktion gegen die lokale Störung der gleichmäßigen Verteilung des Mehrwerts an die verschiednen Produktionssphären, ein Mittel der Ausgleichung der besondren Profitraten zur allgemeinen. Die »Erfahrung«, die dabei gemacht wird, ist wieder Bestimmung des Preises durch den Arbeitslohn. Was in diesen beiden Fällen also erfahren wird, ist, daß der Arbeitslohn die Warenpreise bestimmt hat. Was nicht erfahren wird, ist die verborgne Ursache dieses Zusammenhangs. Ferner: Der Durchschnittspreis der Arbeit, d.h. der Wert der Arbeitskraft, ist bestimmt durch den Produktionspreis der notwendigen Lebensmittel. Steigt oder fällt dieser, so jener. Was hier wieder erfahren wird, ist die Existenz eines Zusammenhangs zwischen dem Arbeitslohn und dem Preis der Waren; aber die Ursache kann als Wirkung und die Wirkung als Ursache sich darstellen, wie dies auch bei der Bewegung der Marktpreise der Fall ist, wo ein Steigen des Arbeitslohns über seinen Durchschnitt dem mit der Prosperitätsperiode verknüpften Steigen der Marktpreise über die Produk tionspreise und der nachfolgende Fall des Arbeitslohns unter seinen Durchschnitt dem Fall der Marktpreise unter die Produktionspreise entspricht. Dem Gebundensein der Produktionspreise durch die Werte der Waren müßte, von den oszillatorischen Bewegungen der Marktpreise abgesehn, prima facie stets die Erfahrung entsprechen, daß, wenn der Arbeitslohn steigt, die Profitrate fällt und umgekehrt. Aber man hat gesehn, daß die Profitrate durch Bewegungen im Wert des konstanten Kapitals, unabhängig von den Bewegungen des Arbeitslohns, bestimmt sein kann; so daß Arbeitslohn und Profitrate statt in entgegengesetzter, in derselben Richtung sich bewegen, beide zusammen steigen oder fallen können. Fiele die Rate des Mehrwerts unmittelbar zusammen mit der Rate des Profits, so wäre dies nicht möglich. Auch wenn der Arbeitslohn steigt infolge gestiegner Preise der Lebensmittel, kann die Profitrate dieselbe bleiben oder selbst steigen, infolge größrer Intensität der Arbeit oder Verlängerung des Arbeitstags. Alle diese Erfahrungen bestätigen den durch die selbständige, verkehrte Form der Wertbestandteile erregten Schein, als wenn entweder der Arbeitslohn allein oder Arbeitslohn und Profit zusammen den Wert der Waren bestimmen. Sobald überhaupt dies mit Bezug auf den Arbeitslohn so scheint, also Preis der Arbeit und durch die Arbeit erzeugter Wert zusammenzufallen scheinen, versteht sich dies für den Profit und die Rente von selbst. Ihre Preise, d.h. Geldausdrücke, müssen dann unabhängig von der Arbeit und dem durch sie erzeugten Wert reguliert werden.
Drittens: Man nehme an, daß die Werte der Waren oder die nur scheinbar von ihnen unabhängigen Produktionspreise unmittelbar und beständig in der Erscheinung zusammenfielen mit den Marktpreisen der Waren, statt vielmehr sich nur als die regulierenden Durchschnittspreise durchzusetzen durch die fortwährenden Kompensationen der beständigen Schwankungen der Marktpreise. Man nehme ferner an, daß die Reproduktion immer unter denselben gleichbleibenden Verhältnissen stattfinde, also die Produktivität der Arbeit in allen Elementen des Kapitals konstant bleibe. Man nehme endlich an, daß der Wertteil des Warenprodukts, der in jeder Produktionssphäre durch Zusatz eines neuen Arbeitsquantums, also eines neu produzierten Werts zu dem Wert der Produktionsmittel gebildet wird, sich in stets gleichbleibenden Verhältnissen zersetze in Arbeitslohn, Profit und Rente, so daß der wirklich gezahlte Arbeitslohn, der tatsächlich realisierte Profit und die tatsächliche Rente beständig unmittelbar zusammenfielen mit dem Wert der Arbeitskraft, mit dem, jedem selbständig fungierenden Teil des Gesamtkapitals kraft der Durchschnittsprofitrate zukommenden Teil des Gesamt mehrwerts und mit den Grenzen, worin die Grundrente auf dieser Basis normaliter eingebannt ist. In einem Wort, man nehme an, daß die Verteilung des gesellschaftlichen Wertprodukts und die Regelung der Produktionspreise auf kapitalistischer Grundlage erfolgt, aber unter Beseitigung der Konkurrenz.
Unter diesen Voraussetzungen also, wo der Wert der Waren konstant wäre und erschiene, wo der Wertteil des Warenprodukts, der sich in Revenuen auflöst, eine konstante Größe bliebe und sich stets als solche darstellte, wo endlich dieser gegebne und konstante Wertteil sich stets in konstanten Verhältnissen in Arbeitslohn, Profit und Rente zersetzte – selbst unter diesen Voraussetzungen würde die wirkliche Bewegung notwendig in verkehrter Gestalt erscheinen: nicht als Zersetzung einer im voraus gegebnen Wertgröße in drei Teile, die voneinander unabhängige Revenueformen annehmen, sondern umgekehrt als Bildung dieser Wertgröße aus der Summe der unabhängig und für sich selbständig bestimmten, sie komponierenden Elemente des Arbeitslohns, des Profits und der Grundrente. Dieser Schein entspränge notwendig, weil in der wirklichen Bewegung der Einzelkapitale und ihrer Warenprodukte nicht der Wert der Waren ihrer Zersetzung vorausgesetzt erscheint, sondern umgekehrt die Bestandteile, worin sie sich zersetzen, als dem Wert der Waren vorausgesetzt fungieren. Zu nächst haben wir gesehn, daß jedem Kapitalisten der Kostpreis der Ware als gegebne Größe erscheint und sich im wirklichen Produktionspreis beständig als solche darstellt. Der Kostpreis ist aber gleich dem Wert des konstanten Kapitals, der vorgeschoßnen Produktionsmittel, plus dem Wert der Arbeitskraft, der sich aber für den Produktionsagenten in der irrationellen Form des Preises der Arbeit darstellt, so daß der Arbeitslohn zugleich als Revenue des Arbeiters erscheint. Der Durchschnittspreis der Arbeit ist eine gegebne Größe, weil der Wert der Arbeitskraft, wie der jeder andern Ware, durch die zu ihrer Reproduktion notwendige Arbeitszeit bestimmt ist. Aber was den Wertteil der Waren betrifft, der sich in Arbeitslohn auflöst, so entspringt er nicht daraus, daß er diese Form des Arbeitslohns annimmt, daß der Kapitalist dem Arbeiter dessen Anteil an seinem eignen Produkt unter der Erscheinungsform des Arbeitslohns vorschießt, sondern dadurch, daß der Arbeiter ein seinem Arbeitslohn entsprechendes Äquivalent produziert, d.h. daß ein Teil seiner Tages- oder Jahresarbeit den im Preis seiner Arbeitskraft enthaltnen Wert produziert. Der Arbeitslohn wird aber kontraktlich abgemacht, bevor das ihm entsprechende Wertäquivalent produziert ist. Als ein Preiselement, dessen Größe gegeben ist, bevor die Ware und der Warenwert produziert, als Bestandteil des Kostpreises erscheint der Arbeitslohn daher nicht als ein Teil, der sich in selbständiger Form vom Gesamtwert der Ware loslöst, sondern umgekehrt als gegebne Größe, die diesen vorausbestimmt, d.h. als Preis- oder Wertbildner. Eine ähnliche Rolle wie der Arbeitslohn im Kostpreis der Ware spielt der Durchschnittsprofit in ihrem Produktionspreis, denn der Produktionspreis ist gleich dem Kostpreis plus dem Durchschnittsprofit auf das vorgeschoßne Kapital. Dieser Durchschnittsprofit geht praktisch, in der Vorstellung und in der Berechnung des Kapitalisten selbst, als ein regulierendes Element ein, nicht nur soweit er die Übertragung der Kapitale aus einer Anlagesphäre in die andre bestimmt, sondern auch für alle Verkäufe und Kontrakte, die einen auf längere Epochen sich erstreckenden Reproduktionsprozeß umfassen. Soweit er aber so eingeht, ist er eine vorausgesetzte Größe, die in der Tat unabhängig ist von dem in jeder besondren Produktionssphäre und daher noch mehr von dem von jeder einzelnen Kapitalanlage in jeder dieser Sphären erzeugten Wert und Mehrwert. Statt als Resultat einer Spaltung des Werts zeigt ihn die Erscheinung vielmehr als vom Wert des Warenprodukts unabhängige, im Produktionsprozeß der Waren im voraus gegebne und den Durchschnittspreis der Waren selbst bestimmende Größe, d.h. als Wertbildner. Und zwar erscheint der Mehrwert, infolge des Auseinanderfallens seiner verschiednen Teile in ganz voneinander unabhängige Formen, noch in viel konkreterer Form der Wertbildung der Waren vorausgesetzt. Ein Teil des Durchschnittsprofits, in der Form des Zinses, tritt dem fungierenden Kapitalisten selbständig als ein der Produktion der Waren und ihres Werts vorausgesetztes Element gegenüber. Sosehr die Größe des Zinses schwankt, sosehr ist er in jedem Augenblick und für jeden Kapitalisten eine gegebne Größe, die für ihn, den einzelnen Kapitalisten, in den Kostpreis der von ihm produzierten Waren eingeht. Ebenso die Grundrente in der Form des kontraktlich festgestellten Pachtgeldes für den agrikolen Kapitalisten und in der Form der Miete für die Geschäftsräume für andre Unternehmer. Diese Teile, worin sich der Mehrwert zersetzt, erscheinen daher, weil als Elemente des Kostpreises gegeben für den einzelnen Kapitalisten, umgekehrt als Bildner des Mehrwerts; Bildner eines Teils des Warenpreises, wie der Arbeitslohn den andren bildet. Das Geheimnis, weshalb diese Produkte der Zersetzung des Warenwerts beständig als die Voraussetzungen der Wertbildung selbst erscheinen, ist einfach dies, daß die kapitalistische Produktionsweise, wie jede andre, nicht nur beständig das materielle Produkt reproduziert, sondern die gesellschaftlichen ökonomischen Verhältnisse, die ökonomischen Formbestimmtheiten seiner Bildung. Ihr Resultat erscheint daher ebenso beständig als ihr vorausgesetzt, wie ihre Voraussetzungen als ihre Resultate erscheinen. Und es ist diese beständige Reproduktion derselben Verhältnisse, welche der einzelne Kapitalist als selbstverständlich, als unbezweifelbare Tatsache antizipiert. Solange die kapitalistische Produktion als solche fortbesteht, löst ein Teil der neu zugesetzten Arbeit sich beständig in Arbeitslohn, ein andrer in Profit (Zins und Unternehmergewinn) und der dritte in Rente auf. Bei den Kontrakten zwischen den Eigentümern der verschiednen Produktionsagentien ist dies vorausgesetzt, und diese Voraussetzung ist richtig, sosehr die relativen Größenverhältnisse in jedem Einzelfall schwanken. Die bestimmte Gestalt, worin sich die Wertteile gegenübertreten, ist vorausgesetzt, weil sie beständig reproduziert wird, und sie wird beständig reproduziert, weil sie beständig vorausgesetzt ist.
Allerdings zeigt die Erfahrung und die Erscheinung nun auch, daß die Marktpreise, in deren Einfluß dem Kapitalisten in der Tat die Wertbestimmung allein erscheint, ihrer Größe nach betrachtet, keineswegs von diesen Antizipationen abhängig sind; daß sie sich nicht darnach richten, ob der Zins oder die Rente hoch oder niedrig abgemacht waren. Aber die Marktpreise sind nur konstant im Wechsel, und ihr Durchschnitt für längere Perioden ergibt eben die respektiven Durchschnitte von Arbeitslohn, Profit und Rente als die konstanten, also die Marktpreise in letzter Instanz beherrschenden Größen.
Andrerseits scheint die Reflexion sehr einfach, daß, wenn Arbeitslohn, Profit und Rente deswegen Wertbildner sind, weil sie der Produktion des Werts vorausgesetzt erscheinen, und für den einzelnen Kapitalisten im Kostpreis und Produktionspreis vorausgesetzt sind, auch der konstante Kapitalteil, dessen Wert als gegeben in die Produktion jeder Ware eintritt, Wertbildner ist. Aber der konstante Kapitalteil ist nichts als eine Summe von Waren und daher Warenwerten. Es käme also auf die abgeschmackte Tautologie hinaus, daß der Warenwert der Bildner und die Ursache des Warenwerts ist.
Wenn aber der Kapitalist irgendein Interesse hätte, hierüber nachzudenken – und sein Nachdenken als Kapitalist ist ausschließlich durch sein Interesse und seine interessierten Motive bestimmt –, so zeigt ihm die Erfahrung, daß das Produkt, das er selbst produziert, als konstanter Kapitalteil in andre Produktionssphären und Produkte dieser andren Produktionssphären als konstante Kapitalteile in sein Produkt eingehn. Da also für ihn, soweit seine Neuproduktion geht, der Wertzusatz gebildet wird, dem Schein nach, durch die Größen von Arbeitslohn, Profit, Rente, so gilt dies auch für den konstanten Teil, der aus Produkten andrer Kapitalisten besteht, und daher reduziert sich in letzter Instanz, wenn auch in einer Art, der nicht ganz auf die Sprünge zu kommen ist, der Preis des konstanten Kapitalteils und damit der Gesamtwert der Waren in letzter Instanz auf die Wertsumme, die aus der Addition der selbständigen, nach verschiednen Gesetzen geregelten und aus verschiednen Quellen gebildeten Wertbildnern: Arbeitslohn, Profit und Rente resultiert.
Viertens: Der Verkauf oder Nichtverkauf der Waren zu ihren Werten, also die Wertbestimmung selbst, ist für den einzelnen Kapitalisten durchaus gleichgültig. Sie ist schon von vornherein etwas, das hinter seinem Rücken, durch die Macht von ihm unabhängiger Verhältnisse vorgeht, da nicht die Werte, sondern die von ihnen verschiednen Produktionspreise in jeder Produktionssphäre die regulierenden Durchschnittspreise bilden. Die Wertbestimmung als solche interessiert und bestimmt den einzelnen Kapitalisten und das Kapital in jeder besondren Produktionssphäre nur so weit, als das verminderte oder vermehrte Arbeitsquantum, das mit dem Steigen oder Fallen der Produktivkraft der Arbeit zur Produktion der Waren erheischt ist, in dem einen Fall ihn befähigt, bei den vorhandnen Marktpreisen einen Extraprofit zu machen, und im andren ihn zwingt, den Preis der Waren zu erhöhen, weil ein Stück mehr Arbeitslohn, mehr konstantes Kapital, daher auch mehr Zins, auf das Teilprodukt oder die einzelne Ware fällt. Sie interessiert ihn nur, soweit sie die Produktionskosten der Ware für ihn selbst erhöht oder erniedrigt, also nur soweit sie ihn in eine Ausnahmsposition setzt.
Dahingegen erscheinen ihm Arbeitslohn, Zins und Rente als regulierende Grenzen nicht nur des Preises, zu dem er den ihm als fungierendem Kapitalisten zufallenden Teil des Profits, den Unternehmergewinn, realisieren kann, sondern zu dem er überhaupt, soll fortgesetzte Reproduktion möglich sein, die Ware muß verkaufen können. Es ist für ihn durchaus gleichgültig, ob er den in der Ware steckenden Wert und Mehrwert beim Verkauf realisiert oder nicht, vorausgesetzt nur, daß er den gewohnten oder einen größern Unternehmergewinn, über den durch Arbeitslohn, Zins und Rente für ihn individuell gegebnen Kostpreis, aus dem Preise herausschlägt. Abgesehn vom konstanten Kapitalteil, erscheinen ihm daher der Arbeitslohn, der Zins und die Rente als die begrenzenden und daher schöpferischen, bestimmenden Elemente des Warenpreises. Gelingt es ihm z.B., den Arbeitslohn unter den Wert der Arbeitskraft, also unter seine normale Höhe herabzudrücken, Kapital zu niedrigerem Zinsfuß zu erhalten und Pachtgeld unter der normalen Höhe der Rente zu zahlen, so ist es völlig gleichgültig für ihn, ob er das Produkt unter seinem Wert und selbst unter dem allgemeinen Produktions preis verkauft, also einen Teil der in der Ware enthaltnen Mehrarbeit umsonst weggibt. Dies gilt selbst für den konstanten Kapitalteil. Kann ein Industrieller z.B. das Rohmaterial unter seinem Produktionspreis kaufen, so schützt ihn dies vor Verlust, auch wenn er es in der fertigen Ware wieder unter dem Produktionspreis verkauft. Sein Unternehmergewinn kann derselbe bleiben und selbst wachsen, sobald nur der Überschuß des Warenpreises über die Elemente desselben, die bezahlt, durch ein Äquivalent ersetzt werden müssen, derselbe bleibt oder wächst. Aber außer dem Wert der Produktionsmittel, die als gegebne Preisgrößen in die Produktion seiner Waren eingehn, sind es grade Arbeitslohn, Zins, Rente, die als begrenzende und regelnde Preisgrößen in diese Produktion eingehn. Sie erscheinen ihm also als die Elemente, die den Preis der Waren bestimmen. Der Unternehmergewinn erscheint von diesem Standpunkt aus entweder bestimmt durch den Überschuß der von zufälligen Konkurrenzverhältnissen abhängigen Marktpreise über den durch jene Preiselemente bestimmten, immanenten Wert der Waren; oder soweit er selbst bestimmend in den Marktpreis eingreift, erscheint er selbst wieder als von der Konkurrenz unter Käufern und Verkäufern abhängig.
In der Konkurrenz sowohl der einzelnen Kapitalisten untereinander wie in der Konkurrenz auf dem Weltmarkt sind es die gegebnen und vorausgesetzten Größen von Arbeitslohn, Zins, Rente, die in die Rechnung als konstante und regulierende Größen eingehn; konstant nicht in dem Sinn, daß sie ihre Größen nicht ändern, sondern in dem Sinn, daß sie in jedem einzelnen Fall gegeben sind und die konstante Grenze für die beständig schwankenden Marktpreise bilden. Z.B. bei der Konkurrenz auf dem Weltmarkt handelt es sich ausschließlich darum, ob mit dem gegebnen Arbeitslohn, Zins und Rente die Ware zu oder unter den gegebnen allgemeinen Marktpreisen mit Vorteil, d.h. mit Realisierung eines entsprechenden Unternehmergewinns verkauft werden kann. Ist in einem Lande der Arbeitslohn und der Preis des Bodens niedrig, dagegen der Zins des Kapitals hoch, weil die kapitalistische Produktionsweise hier überhaupt nicht entwickelt ist, während in einem andern Lande der Arbeitslohn und der Bodenpreis nominell hoch, dagegen der Zins des Kapitals niedrig steht, so wendet der Kapitalist in dem einen Land mehr Arbeit und Boden, in dem andern verhältnismäßig mehr Kapital an. In der Berechnung, wieweit hier die Konkurrenz zwischen beiden möglich, gehn diese Faktoren als bestimmende Elemente ein. Die Erfahrung zeigt hier also theoretisch, und die interessierte Berechnung des Kapitalisten zeigt praktisch, daß die Preise der Waren durch Arbeitslohn, Zins und Rente, durch den Preis der Arbeit, des Kapitals und des Bodens bestimmt und daß diese Preiselemente in der Tat die regulierenden Preisbildner sind.
Es bleibt natürlich dabei immer ein Element, das nicht vorausgesetzt ist, sondern aus dem Marktpreis der Waren resultiert, nämlich der Überschuß über den aus der Addition jener Elemente, Arbeitslohn, Zins und Rente, gebildeten Kostpreis. Dies vierte Element erscheint in jedem einzelnen Fall durch die Konkurrenz bestimmt und im Durchschnitt der Fälle durch den wieder durch dieselbe Konkurrenz, nur in längern Perioden, regulierten Durchschnittsprofit.
Fünftens: Auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise wird es sosehr selbstverständlich, den Wert, worin sich die neu zugesetzte Arbeit darstellt, in die Revenueformen von Arbeitslohn, Profit und Grundrente zu zerfallen, daß diese Methode (von vergangnen Geschichtsperioden, wie wir davon bei der Grundrente Beispiele gegeben haben, nicht zu sprechen) auch da angewandt wird, wo von vornherein die Existenzbedingungen jener Revenueformen fehlen. D.h. alles wird per Analogie unter sie subsumiert.
Wenn ein unabhängiger Arbeiter – nehmen wir einen kleinen Bauer, weil hier alle drei Revenueformen sich anwenden lassen – für sich selbst arbeitet und sein eignes Produkt verkauft, so wird er erstens als sein eigner Beschäftiger (Kapitalist) betrachtet, der sich selbst als Arbeiter anwendet, und als sein eigner Grundeigentümer, der sich selbst als seinen Pächter anwendet. Sich als Lohnarbeiter zahlt er Arbeitslohn, sich als Kapitalist vindiziert er Profit und sich als Grundeigentümer zahlt er Rente. Die kapitalistische Produktionsweise und die ihr entsprechenden Verhältnisse als allgemein gesellschaftliche Basis vorausgesetzt, ist diese Subsumtion soweit richtig, als er es nicht seiner Arbeit verdankt, sondern dem Besitz der Produktionsmittel – welche hier allgemein die Form von Kapital angenommen haben –, daß er imstande ist, sich seine eigne Mehrarbeit anzueignen. Und ferner, soweit er sein Produkt als Ware produziert, also von dem Preis desselben abhängt (und selbst wenn nicht, ist dieser Preis veranschlagbar), hängt die Masse der Mehrarbeit, die er verwerten kann, nicht von ihrer eignen Größe, sondern von der allgemeinen Profitrate ab; und ebenso ist der etwaige Überschuß über die durch die allgemeine Profitrate bestimmte Quote des Mehrwerts wieder nicht bestimmt durch das Quantum der von ihm geleisteten Arbeit, sondern kann von ihm nur angeeignet werden, weil er Eigentümer des Bodens ist. Weil so eine der kapitalistischen Produktionsweise nicht entsprechende Produktionsform – und bis zu einem gewissen Grad nicht unrichtig – unter ihre Revenueformen subsumiert werden kann, befestigt sich um so mehr der Schein, als ob die kapitalistischen Verhältnisse Naturverhältnisse jeder Produktionsweise seien.
Reduziert man allerdings den Arbeitslohn auf seine allgemeine Grundlage, nämlich auf den Teil des eignen Arbeitsprodukts, der in die individuelle Konsumtion des Arbeiters eingeht; befreit man diesen Anteil von der kapitalistischen Schranke und erweitert ihn zu dem Umfang der Konsumtion, den einerseits die vorhandne Produktivkraft der Gesellschaft zuläßt (also die gesellschaftliche Produktivkraft seiner eignen Arbeit als wirklich gesellschaftlicher) und den andrerseits die volle Entwicklung der Individualität erheischt; reduziert man ferner die Mehrarbeit und das Mehrprodukt auf das Maß, das unter den gegebnen Produktionsbedingungen der Gesellschaft erheischt ist, einerseits zur Bildung eines Assekuranz- und Reservefonds, andrerseits zur stetigen Erweiterung der Reproduktion in dem durch das gesellschaftliche Bedürfnis bestimmten Grad; schließt man endlich in Nr. 1, der notwendigen Arbeit, und Nr. 2, der Mehrarbeit, das Quantum Arbeit ein, das die arbeitsfähigen für die noch nicht oder nicht mehr arbeitsfähigen Glieder der Gesellschaft stets verrichten müssen, d.h. streift man sowohl dem Arbeitslohn wie dem Mehrwert, der notwendigen Arbeit wie der Mehrarbeit den spezifisch kapitalistischen Charakter ab, so bleiben eben nicht diese Formen, sondern nur ihre Grundlagen, die allen gesellschaftlichen Produktionsweisen gemeinschaftlich sind.
Übrigens ist diese Art der Subsumtion auch früheren herrschenden Produktionsweisen eigen, z.B. der feudalen. Produktionsverhältnisse, die ihr gar nicht entsprachen, ganz außerhalb ihrer standen, wurden unter feudale Beziehungen subsumiert, z.B. in England die tenures in common socage (im Gegensatz zu den tenures on knight's service), die nur Geldverpflichtungen einschlössen und nur dem Namen nach feudal waren.
51. Distributionsverhältnisse und Produktionsverhältnisse
Der durch die jährlich neu zugesetzte Arbeit neu zugesetzte Wert – also auch der Teil des jährlichen Produkts, worin sich dieser Wert darstellt und der aus dem Gesamtertrag herausgezogen, ausgeschieden werden kann – zerfällt also in drei Teile, die drei verschiedne Revenueformen annehmen, in Formen, die einen Teil dieses Werts als dem Besitzer der Arbeitskraft, einen Teil als dem Besitzer des Kapitals und einen dritten Teil als dem Besitzer des Grundeigentums gehörig oder zufallend ausdrücken. Es sind dies also Verhältnisse oder Formen der Distribution, denn sie drücken die Verhältnisse aus, worin sich der neu erzeugte Gesamtwert unter die Besitzer der verschiednen Produktionsagentien verteilt.
Der gewöhnlichen Anschauung erscheinen diese Verteilungsverhältnisse als Naturverhältnisse, als Verhältnisse, die aus der Natur aller gesellschaftlichen Produktion, aus den Gesetzen der menschlichen Produktion schlechthin entspringen. Es kann zwar nicht geleugnet werden, daß vorkapitalistische Gesellschaften andre Verteilungsweisen zeigen, aber diese werden dann als unentwickelte, unvollkommene und verkleidete, nicht auf ihren reinsten Ausdruck und ihre höchste Gestalt reduzierte, anders gefärbte Weisen jener naturgemäßen Verteilungsverhältnisse gedeutet.
Das einzig Richtige in dieser Vorstellung ist dies: Gesellschaftliche Produktion irgendeiner Art (z.B. die der naturwüchsigen indischen Gemeinwesen oder die des mehr künstlich entwickelten Kommunismus der Peruaner) vorausgesetzt, kann stets unterschieden werden zwischen dem Teil der Arbeit, dessen Produkt unmittelbar von den Produzenten und ihren Angehörigen individuell konsumiert wird, und – abgesehn von dem Teil, der der produktiven Konsumtion anheimfällt – einem andern Teil der Arbeit, der immer Mehrarbeit ist, dessen Produkt stets zur Befriedigung allgemeiner gesellschaftlicher Bedürfnisse dient, wie immer dies Mehrprodukt verteilt werde und wer immer als Repräsentant dieser gesellschaftlichen Bedürfnisse fungiere. Die Identität der verschiednen Verteilungsweisen kommt also darauf hinaus, daß sie identisch sind, wenn man von ihren Unterscheidungen und spezifischen Formen abstrahiert, nur die Einheit in ihnen, im Gegensatz zu ihrem Unterschied festhält.
Weitergebildetes, mehr kritisches Bewußtsein gibt jedoch den geschichtlich entwickelten Charakter der Verteilungsverhältnisse zu152, hält dafür aber um so fester an dem sich gleichbleibenden, aus der menschlichen Natur entspringenden und daher von aller geschichtlichen Entwicklung unabhängigen Charakter der Produktionsverhältnisse selbst.
Die wissenschaftliche Analyse der kapitalistischen Produktionsweise beweist dagegen umgekehrt, daß sie eine Produktionsweise von besondrer Art, von spezifischer historischer Bestimmtheit ist; daß sie, wie jede andre bestimmte Produktionsweise, eine gegebne Stufe der gesellschaftlichen Produktivkräfte und ihrer Entwicklungsformen als ihre geschichtliche Bedingung voraussetzt: eine Bedingung, die selbst das geschichtliche Resultat und Produkt eines vorhergegangnen Prozesses ist und wovon die neue Produktionsweise als von ihrer gegebnen Grundlage ausgeht; daß die dieser spezifischen, historisch bestimmten Produktionsweise entsprechenden Produktionsverhältnisse – Verhältnisse, welche die Menschen in ihrem gesellschaftlichen Lebensprozeß, in der Erzeugung ihres gesellschaftlichen Lebens eingehn – einen spezifischen, historischen und vorübergehenden Charakter haben; und daß endlich die Verteilungsverhältnisse wesentlich identisch mit diesen Produktionsverhältnissen, eine Kehrseite derselben sind, so daß beide denselben historisch vorübergehenden Charakter teilen.
Bei der Betrachtung der Verteilungsverhältnisse geht man zunächst von der angeblichen Tatsache aus, daß das jährliche Produkt sich als Arbeitslohn, Profit und Grundrente verteilt. Aber so ausgesprochen ist die Tatsache falsch. Das Produkt verteilt sich auf der einen Seite in Kapital und auf der andern in Revenuen. Die eine dieser Revenuen, der Arbeitslohn, nimmt selbst immer nur die Form einer Revenue, der Revenue des Arbeiters an, nachdem er vorher demselben Arbeiter in der Form von Kapital gegenübergetreten ist. Das Gegenübertreten der produzierten Arbeitsbedingungen und der Arbeitsprodukte überhaupt als Kapital, gegenüber den unmittelbaren Produzenten, schließt von vornherein ein einen bestimmten gesellschaftlichen Charakter der sachlichen Arbeitsbedingungen gegenüber den Arbeitern und damit ein bestimmtes Verhältnis, worin sie in der Produktion selbst zu den Besitzern der Arbeitsbedingungen und zueinander treten. Die Verwandlung dieser Arbeitsbedingungen in Kapital schließt ihrerseits die Expropriation der unmittelbaren Produzenten von Grund und Boden und damit eine bestimmte Form des Grundeigentums ein.
Verwandelte sich der eine Teil des Produkts nicht in Kapital, so würde der andre nicht die Formen von Arbeitslohn, Profit und Rente annehmen.
Andrerseits, wenn die kapitalistische Produktionsweise diese bestimmte gesellschaftliche Gestalt der Produktionsbedingungen voraussetzt, reproduziert sie dieselbe beständig. Sie produziert nicht nur die materiellen Produkte, sondern reproduziert beständig die Produktionsverhältnisse, worin jene produziert werden, und damit auch die entsprechenden Verteilungsverhältnisse.
Allerdings kann gesagt werden, daß das Kapital (und das Grundeigentum, welches es als seinen Gegensatz einschließt) selbst schon eine Verteilung voraussetzt: die Expropriation der Arbeiter von den Arbeitsbedingungen, die Konzentration dieser Bedingungen in den Händen einer Minorität von Individuen, das ausschließliche Eigentum am Grund und Boden für andre Individuen, kurz, alle die Verhältnisse, die im Abschnitt über die ursprüngliche Akkumulation (Buch I, Kap. XXIV) entwickelt worden sind. Aber diese Verteilung ist durchaus verschieden von dem, was man unter Verteilungsverhältnissen versteht, wenn man diesen, im Gegensatz zu den Produktionsverhältnissen, einen historischen Charakter vindiziert. Man meint darunter die verschiednen Titel auf den Teil des Produkts, der der individuellen Konsumtion anheimfällt. Jene Verteilungsverhältnisse sind dagegen die Grundlagen besondrer gesellschaftlicher Funktionen, welche innerhalb des Produktionsverhältnisses selbst bestimmten Agenten desselben zufallen im Gegensatz zu den unmittelbaren Produzenten. Sie geben den Produktionsbedingungen selbst und ihren Repräsentanten eine spezifische gesellschaftliche Qualität. Sie bestimmen den ganzen Charakter und die ganze Bewegung der Produktion.
Es sind zwei Charakterzüge, welche die kapitalistische Produktionsweise von vornherein auszeichnen.
Erstens. Sie produziert ihre Produkte als Waren. Waren zu produzieren, unterscheidet sie nicht von andern Produktionsweisen; wohl aber dies, daß Ware zu sein, der beherrschende und bestimmende Charakter ihres Produkts ist. Es schließt dies zunächst ein, daß der Arbeiter selbst nur als Warenverkäufer und daher als freier Lohnarbeiter, die Arbeit also überhaupt als Lohnarbeit auftritt. Es ist nach der bisher gegebnen Entwicklung überflüssig, von neuem nachzuweisen, wie das Verhältnis von Kapital und Lohnarbeit den ganzen Charakter der Produktionsweise bestimmt. Die Hauptagenten dieser Produktionsweise selbst, der Kapitalist und der Lohnarbeiter, sind als solche nur Verkörperungen, Personifizierungen von Kapital und Lohnarbeit; bestimmte gesellschaftliche Charaktere, die der gesellschaftliche Produktionsprozeß den Individuen aufprägt; Produkte dieser bestimmten gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse.
Der Charakter 1. des Produkts als Ware, und 2. der Ware als Produkt des Kapitals, schließt schon die sämtlichen Zirkulationsverhältnisse ein, d.h. einen bestimmten gesellschaftlichen Prozeß, den die Produkte durchmachen müssen und worin sie bestimmte gesellschaftliche Charaktere annehmen; er schließt ein ebenso bestimmte Verhältnisse der Produktionsagenten, von denen die Verwertung ihres Produkts und seine Rückverwandlung, sei es in Lebensmittel, sei es in Produktionsmittel, bestimmt ist. Aber auch abgesehn hiervon, ergibt sich aus den beiden obigen Charakteren des Produkts als Ware, oder Ware als kapitalistisch produzierter Ware, die ganze Wertbestimmung und die Regelung der Gesamtproduktion durch den Wert. In dieser ganz spezifischen Form des Werts gilt die Arbeit einerseits nur als gesellschaftliche Arbeit; andrerseits ist die Verteilung dieser gesellschaftlichen Arbeit und die wechselseitige Ergänzung, der Stoffwechsel ihrer Produkte, die Unterordnung unter und Einschiebung in das gesellschaftliche Triebwerk, dem zufälligen, sich wechselseitig aufhebenden Treiben der einzelnen kapitalistischen Produzenten überlassen. Da diese sich nur als Warenbesitzer gegenübertreten und jeder seine Ware so hoch als möglich zu verkaufen sucht (auch scheinbar in der Regulierung der Produktion selbst nur durch seine Willkür geleitet ist), setzt sich das innere Gesetz nur durch vermittelst ihrer Konkurrenz, ihres wechselseitigen Drucks aufeinander, wodurch sich die Abweichungen gegenseitig aufheben. Nur als inneres Gesetz, den einzelnen Agenten gegenüber als blindes Naturgesetz, wirkt hier das Gesetz des Werts und setzt das gesellschaftliche Gleichgewicht der Produktion inmitten ihrer zufälligen Fluktuationen durch.
Es ist ferner schon in der Ware eingeschlossen, und noch mehr in der Ware als Produkt des Kapitals, die Verdinglichung der gesellschaftlichen Produktionsbestimmungen und die Versubjektivierung der materiellen Grundlagen der Produktion, welche die ganze kapitalistische Produktionsweise charakterisiert.
Das zweite, was die kapitalistische Produktionsweise speziell auszeichnet, ist die Produktion des Mehrwerts als direkter Zweck und bestimmendes Motiv der Produktion. Das Kapital produziert wesentlich Kapital, und es tut dies nur, soweit es Mehrwert produziert. Wir haben bei Betrachtung des relativen Mehrwerts, weiter bei Betrachtung der Verwandlung des Mehrwerts in Profit gesehn, wie sich hierauf eine der kapitalistischen Periode eigentümliche Produktionsweise gründet – eine besondre Form der Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte der Arbeit, aber als dem Arbeiter gegenüber verselbständigter Kräfte des Kapitals, und in direktem Gegensatz daher zu seiner, des Arbeiters, eignen Entwicklung. Die Produktion für den Wert und den Mehrwert schließt, wie sich dies bei der weitern Entwicklung gezeigt hat, die stets wirkende Tendenz ein, die zur Produktion einer Ware nötige Arbeitszeit, d.h. ihren Wert, unter den jedesmal bestehenden gesellschaftlichen Durchschnitt zu reduzieren. Der Drang zur Reduktion des Kostpreises auf sein Minimum wird der stärkste Hebel der Steigerung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit, die aber hier nur als beständige Steigerung der Produktivkraft des Kapitals erscheint.
Die Autorität, die der Kapitalist als Personifikation des Kapitals im unmittelbaren Produktionsprozeß annimmt, die gesellschaftliche Funktion, die er als Leiter und Beherrscher der Produktion bekleidet, ist wesentlich verschieden von der Autorität auf Basis der Produktion mit Sklaven, Leibeignen usw.
Während, auf Basis der kapitalistischen Produktion, der Masse der unmittelbaren Produzenten der gesellschaftliche Charakter ihrer Produktion in der Form streng regelnder Autorität und eines als vollständige Hierarchie gegliederten, gesellschaftlichen Mechanismus des Arbeitsprozesses gegenübertritt – welche Autorität ihren Trägern aber nur als Personifizierung der Arbeitsbedingungen gegenüber der Arbeit, nicht wie in früheren Produktionsformen als politischen oder theokratischen Herrschern zukommt –, herrscht unter den Trägern dieser Autorität, den Kapitalisten selbst, die sich nur als Warenbesitzer gegenübertreten, die vollständigste Anarchie, innerhalb deren der gesellschaftliche Zusammenhang der Produktion sich nur als übermächtiges Naturgesetz der individuellen Willkür gegenüber geltend macht.
Nur weil die Arbeit in der Form der Lohnarbeit und die Produktionsmittel in der Form von Kapital vorausgesetzt sind – also nur infolge dieser spezifischen gesellschaftlichen Gestalt dieser zwei wesentlichen Produktionsagentien –, stellt sich ein Teil des Werts (Produkts) als Mehrwert und dieser Mehrwert als Profit (Rente) dar, als Gewinn des Kapitalisten, als zusätzlicher disponibler, ihm gehöriger Reichtum. Aber nur weil er sich so als sein Profit darstellt, stellen sich die zusätzlichen Produktionsmittel, die zur Erweiterung der Reproduktion bestimmt sind und die einen Teil des Profits bilden, als neues zusätzliches Kapital und die Erweiterung des Reproduktionsprozesses überhaupt als kapitalistischer Akkumulationsprozeß dar.
Obgleich die Form der Arbeit als Lohnarbeit entscheidend für die Gestalt des ganzen Prozesses und für die spezifische Weise der Produktion selbst, ist nicht die Lohnarbeit wertbestimmend. In der Wertbestimmung handelt es sich um die gesellschaftliche Arbeitszeit überhaupt, das Quantum Arbeit, worüber die Gesellschaft überhaupt zu verfügen hat und dessen relative Absorption durch die verschiednen Produkte gewissermaßen deren respektives gesellschaftliches Gewicht bestimmt. Die bestimmte Form, worin sich die gesellschaftliche Arbeitszeit im Wert der Waren als bestimmend durchsetzt, hängt allerdings mit der Form der Arbeit als Lohnarbeit und der entsprechen den Form der Produktionsmittel als Kapital insofern zusammen, als nur auf dieser Basis die Warenproduktion zur allgemeinen Form der Produktion wird.
Betrachten wir übrigens die sogenannten Verteilungsverhältnisse selbst. Der Arbeitslohn unterstellt die Lohnarbeit, der Profit das Kapital. Diese bestimmten Verteilungsformen unterstellen also bestimmte gesellschaftliche Charaktere der Produktionsbedingungen und bestimmte gesellschaftliche Verhältnisse der Produktionsagenten. Das bestimmte Verteilungsverhältnis ist also nur Ausdruck des geschichtlich bestimmten Produktionsverhältnisses.
Und nun nehme man den Profit. Diese bestimmte Form des Mehrwerts ist die Voraussetzung dafür, daß die Neubildung der Produktionsmittel in der Form der kapitalistischen Produktion vorgeht; also ein die Reproduktion beherrschendes Verhältnis, obgleich es dem einzelnen Kapitalisten scheint, er könne eigentlich den ganzen Profit als Revenue aufessen. Indessen findet er dabei Schranken, die ihm schon in der Form von Assekuranz- und Reservefonds, Gesetz der Konkurrenz usw. entgegentreten und ihm praktisch beweisen, daß der Profit keine bloße Verteilungskategorie des individuell konsumierbaren Produkts ist. Der ganze kapitalistische Produktionsprozeß ist ferner reguliert durch die Preise der Produkte. Aber die regulierenden Produktionspreise sind selbst wieder reguliert durch die Ausgleichung der Profitrate und die ihr entsprechende Verteilung des Kapitals in die verschiednen gesellschaftlichen Produktionssphären. Der Profit erscheint hier also als Hauptfaktor, nicht der Verteilung der Produkte, sondern ihrer Produktion selbst, Teil der Verteilung der Kapitale und der Arbeit selbst in die verschiednen Produktionssphären. Die Spaltung des Profits in Unternehmergewinn und Zins erscheint als Verteilung derselben Revenue. Aber sie entspringt zunächst aus der Entwicklung des Kapitals als sich selbst verwertenden, Mehrwert erzeugenden Werts, dieser bestimmten gesellschaftlichen Gestalt des herrschenden Produktionsprozesses. Sie entwickelt aus sich heraus den Kredit und die Kreditinstitutionen und damit die Gestalt der Produktion. Im Zins usw. gehn die angeblichen Verteilungsformen als bestimmende Produktionsmomente in den Preis ein.
Von der Grundrente könnte es scheinen, daß sie bloße Verteilungsform ist, weil das Grundeigentum als solches keine oder wenigstens keine normale Funktion im Produktionsprozeß selbst versieht. Aber der Umstand, daß 1. die Rente beschränkt wird auf den Überschuß über den Durchschnittsprofit, 2. daß der Grundeigentümer vom Lenker und Beherrscher des Produktionsprozesses und des ganzen gesellschaftlichen Lebensprozesses herabgedrückt wird zum bloßen Verpachter von Boden, Wucherer in Boden und bloßen Einkassierer von Rente, ist ein spezifisches historisches Ergebnis der kapitalistischen Produktionsweise. Daß die Erde die Form von Grundeigentum erhalten hat, ist eine historische Voraussetzung derselben. Daß das Grundeigentum Formen erhält, welche die kapitalistische Betriebsweise der Landwirtschaft zulassen, ist ein Produkt des spezifischen Charakters dieser Produktionsweise. Man mag die Einnahme des Grundeigentümers auch in andren Gesellschaftsformen Rente nennen. Aber sie ist wesentlich unterschieden von der Rente, wie sie in dieser Produktionsweise erscheint.
Die sogenannten Verteilungsverhältnisse entsprechen also und entspringen aus historisch bestimmten, spezifisch gesellschaftlichen Formen des Produktionsprozesses und der Verhältnisse, welche die Menschen im Reproduktionsprozeß ihres menschlichen Lebens untereinander eingehn. Der historische Charakter dieser Verteilungsverhältnisse ist der historische Charakter der Produktionsverhältnisse, wovon sie nur eine Seite ausdrücken. Die kapitalistische Verteilung ist verschieden von den Verteilungsformen, die aus andren Produktionsweisen entspringen, und jede Verteilungsform verschwindet mit der bestimmten Form der Produktion, der sie entstammt und entspricht.
Die Ansicht, die nur die Verteilungsverhältnisse als historisch betrachtet, aber nicht die Produktionsverhältnisse, ist einerseits nur die Ansicht der beginnenden, aber noch befangnen Kritik der bürgerlichen Ökonomie. Andrerseits aber beruht sie auf einer Verwechslung und Identifizierung des gesellschaftlichen Produktionsprozesses mit dem einfachen Arbeitsprozeß, wie ihn auch ein abnorm isolierter Mensch ohne alle gesellschaftliche Beihilfe verrichten müßte. Soweit der Arbeitsprozeß nur ein bloßer Prozeß zwischen Mensch und Natur ist, bleiben seine einfachen Elemente allen gesellschaftlichen Entwicklungsformen desselben gemein. Aber jede bestimmte historische Form dieses Prozesses entwickelt weiter die materiellen Grundlagen und gesellschaftlichen Formen desselben. Auf einer gewissen Stufe der Reife angelangt, wird die bestimmte historische Form abgestreift und macht einer höhern Platz. Daß der Moment einer solchen Krise gekommen, zeigt sich, sobald der Widerspruch und Gegensatz zwischen den Verteilungsverhältnissen, daher auch der bestimmten historischen Gestalt der ihnen entsprechenden Produktionsverhältnisse einerseits und den Produktivkräften, der Produktionsfähigkeit und der Entwicklung ihrer Agentien andrerseits, Breite und Tiefe gewinnt. Es tritt dann ein Konflikt zwischen der materiellen Entwicklung der Produktion und ihrer gesellschaftlichen Form ein.153
52. Die Klassen
Die Eigentümer von bloßer Arbeitskraft, die Eigentümer von Kapital und die Grundeigentümer, deren respektive Einkommenquellen Arbeitslohn, Profit und Grundrente sind, also Lohnarbeiter, Kapitalisten und Grundeigentümer, bilden die drei großen Klassen der modernen, auf der kapitalistischen Produktionsweise beruhenden Gesellschaft.
In England ist unstreitig die moderne Gesellschaft, in ihrer ökonomischen Gliederung, am weitesten, klassischsten entwickelt. Dennoch tritt diese Klassengliederung selbst hier nicht rein hervor. Mittel- und Übergangsstufen vertuschen auch hier (obgleich auf dem Lande unvergleichlich weniger als in den Städten) überall die Grenzbestimmungen. Indes ist dies für unsere Betrachtung gleichgültig. Man hat gesehn, daß es die beständige Tendenz und das Entwicklungsgesetz der kapitalistischen Produktionsweise ist, die Produktionsmittel mehr und mehr von der Arbeit zu scheiden und die zersplitterten Produktionsmittel mehr und mehr in große Gruppen zu konzentrieren, also die Arbeit in Lohnarbeit und die Produktionsmittel in Kapital zu verwandeln. Und dieser Tendenz entspricht auf der andern Seite die selbständige Scheidung des Grundeigentums von Kapital und Arbeit154 oder Verwandlung alles Grundeigentums in die der kapitalistischen Produktionsweise entsprechende Form des Grundeigentums.
Die nächst zu beantwortende Frage ist die: Was bildet eine Klasse? und zwar ergibt sich dies von selbst aus der Beantwortung der andern Frage: Was macht Lohnarbeiter, Kapitalisten, Grundeigentümer zu Bildnern der drei großen gesellschaftlichen Klassen?
Auf den ersten Blick die Dieselbigkeit der Revenuen und Revenuequellen. Es sind drei große gesellschaftliche Gruppen, deren Komponenten, die sie bildenden Individuen, resp. von Arbeitslohn, Profit und Grundrente, von der Verwertung ihrer Arbeitskraft, ihres Kapitals und ihres Grundeigentums leben.
Indes würden von diesem Standpunkt aus z.B. Ärzte und Beamte auch zwei Klassen bilden, denn sie gehören zwei unterschiednen gesellschaftlichen Gruppen an, bei denen die Revenuen der Mitglieder von jeder der beiden aus derselben Quelle fließen. Dasselbe gälte für die unendliche Zersplitterung der Interessen und Stellungen, worin die Teilung der gesellschaftlichen Arbeit die Arbeiter wie die Kapitalisten und Grundeigentümer – letztre z.B. in Weinbergsbesitzer, Äckerbesitzer, Waldbesitzer, Bergwerksbesitzer, Fischereibesitzer – spaltet.
Friedrich Engels
Ergänzung und Nachtrag zum III. Buche des »Kapital«
Das dritte Buch des »Kapital«, seitdem es der öffentlichen Beurteilung unterliegt, erfährt bereits mehrfache und verschiedenartige Deutungen. Das war nicht anders zu erwarten. Bei der Herausgabe kam es mir vor allem darauf an, einen möglichst authentischen Text herzustellen, die von Marx neugewonnenen Resultate möglichst in Marx' eignen Worten vorzuführen, mich selbst nur einzumischen, wo es absolut unvermeidlich war, und auch da dem Leser keinen Zweifel darüber zu lassen, wer zu ihm spricht. Man hat das getadelt, man hat gemeint, ich hätte das mir vorliegende Material in ein systematisch ausgearbeitetes Buch umwandeln sollen, en faire un livre, wie die Franzosen sagen, mit andern Worten: die Authentizität des Textes der Bequemlichkeit des Lesers opfern. So hatte ich meine Aufgabe aber nicht aufgefaßt. Zu einer solchen Umarbeitung fehlte mir alle Berechtigung; ein Mann wie Marx hat den Anspruch, selbst gehört zu werden, seine wissenschaftlichen Entdeckungen in der vollen Echtheit seiner eignen Darstellung der Nachwelt zu überliefern. Ferner fehlte mir alle Lust dazu, mich derart, wie ich das ansehn mußte, an dem Nachlaß eines so überlegnen Mannes zu vergreifen, es hätte mich Treubruch gedünkt. Und drittens wäre es rein nutzlos gewesen. Für die Leute, die nicht lesen können oder wollen, die schon beim ersten Buch sich mehr Mühe gegeben, es falsch zu verstehn, als nötig war, es richtig zu verstehn – für diese Leute sich irgendwie in Unkosten setzen, ist überhaupt zwecklos. Für diejenigen aber, denen es um wirkliches Verständnis zu tun ist, war grade die Urschrift selbst das Wichtigste; für sie hätte meine Umarbeitung höchstens den Wert eines Kommentars gehabt, und obendrein des Kommentars zu etwas Unveröffentlichtem und Unzugänglichem. Bei der ersten Kontroverse mußte der Urtext ja doch herbeigezogen werden, und bei der zweiten und dritten wurde seine Herausgabe in extenso unumgänglich.
Solche Kontroversen sind nun selbstverständlich bei einem Werk, das soviel Neues und dies nur in rasch hingeworfner und teilweise lückenhafter erster Bearbeitung bringt. Und hier kann mein Eingreifen allerdings von Nutzen sein, um Schwierigkeiten des Verständnisses zu beseitigen, um wichtige Gesichtspunkte, deren Bedeutung im Text nicht schlagend genug hervortritt, mehr in den Vordergrund zu rücken und um einzelne wichtigere Ergänzungen des 1865 geschriebnen Textes auf den Stand der Dinge von 1895 nachzutragen. In der Tat liegen bereits zwei Punkte vor, über die eine kurze Auseinandersetzung mir nötig scheint.
I. Wertgesetz und Profitrate
Es war zu erwarten, daß die Lösung des scheinbaren Widerspruchs zwischen diesen beiden Faktoren ebensosehr nach wie vor der Veröffentlichung des Marxschen Textes zu Debatten führen werde. Gar mancher hatte sich auf ein vollständiges Wunder gefaßt gemacht und findet sich enttäuscht, weil er statt des erwarteten Hokuspokus eine einfach-rationelle, prosaisch-nüchterne Vermittlung des Gegensatzes vor sich sieht. Am freudigsten enttäuscht ist natürlich der bekannte illustre Loria. Der hat endlich den archimedischen Hebelpunkt gefunden, von dem aus sogar ein Wichtelmännchen seines Kalibers den festgefügten Marxschen Riesenbau in die Luft heben und zersprengen kann. Was, ruft er entrüstet aus, das soll eine Lösung sein? Das ist ja eine pure Mystifikation! Die Ökonomen, wenn sie von Wert sprechen, so sprechen sie von dem Wert, der tatsächlich im Austausch sich feststellt.
»Aber sich mit einem Wert beschäftigen, zu dem die Waren weder verkauft werden noch je verkauft werden können (né possono vendersi mai), das hat kein Ökonom, der eine Spur von Verstand besitzt, je getan, noch wird er es tun... Wenn Marx behauptet, der Wert, zu dem die Waren nie verkauft werden, sei bestimmt im Verhältnis der in ihnen enthaltnen Arbeit, was tut er da anders, als in verkehrter Form den Satz der orthodoxen Ökonomen wiederholen: daß der Wert, zu dem die Waren verkauft werden, nicht im Verhältnis steht zu der auf sie verwandten Arbeit?... Es hilft auch nichts, wenn Marx sagt, trotz der Abweichung der Einzelpreise von den Einzelwerten falle der Totalpreis der sämtlichen Waren stets zusammen mit ihrem Totalwert oder mit der in der Totalmenge der Waren enthaltnen Arbeitsquantität. Denn da der Wert nichts andres ist als das Verhältnis, worin eine Ware mit einer andren sich austauscht, ist schon die bloße Vorstellung eines Totalwerts eine Absurdität, ein Unsinn... eine contradictio in adjecto.«
Gleich am Anfang des Werks sage Marx, der Austausch könne zwei Waren nur gleichsetzen kraft eines in ihnen enthaltnen gleichartigen und gleich großen Elements, nämlich der in ihnen enthaltnen gleich großen Arbeitsmenge. Und jetzt verleugne er sich selbst aufs feierlichste, indem er versichere, die Waren tauschten sich aus in einem ganz andern Verhältnis als in dem der in ihnen enthaltnen Arbeitsmenge.
»Wann gab es je eine so vollständige Reduktion ad absurdum, einen größeren theoretischen Bankerott? Wann ist jemals ein wissenschaftlicher Selbstmord mit größerem Pomp und mit mehr Feierlichkeit begangen worden?« (»Nuova Antologia«, 1. Febr. 1895, p. 477, 478, 479.)
Man sieht, unser Loria ist überglücklich. Hat er nicht recht gehabt, Marx als seinesgleichen, als ordinären Scharlatan zu traktieren? Da seht ihr's – Marx mokiert sich über sein Publikum ganz wie Loria, er lebt von Mystifikationen ganz wie der kleinste italienische Professor der Ökonomie. Aber während Dulcamara sich das erlauben darf, weil er sein Handwerk versteht, verfällt der plumpe Nordländer Marx in lauter Ungeschicklichkeiten, macht Unsinn und Absurdität, so daß ihm schließlich nichts übrigbleibt als feierlicher Selbstmord.
Sparen wir uns für später die Behauptung auf, daß die Waren nie zu den durch die Arbeit bestimmten Werten verkauft worden sind noch je dazu verkauft werden können. Halten wir uns hier nur an die Versicherung des Herrn Loria, daß
»der Wert nichts andres ist als das Verhältnis, worin eine Ware mit einer andern sich austauscht, und daß hiernach schon die bloße Vorstellung eines Totalwerts der Waren eine Absurdität, ein Unsinn etc. ist«.
Das Verhältnis, worin zwei Waren sich austauschen, ihr Wert, ist also etwas rein Zufälliges, den Waren von außen Angeflogenes, das heute so, morgen so sein kann. Ob ein Meterzentner Weizen sich gegen ein Gramm oder gegen ein Kilogramm Gold austauscht, hängt nicht im mindesten von Bedingungen ab, die diesem Weizen oder Gold inhärent sind, sondern von ihnen beiden total fremden Umständen. Denn sonst müßten diese Bedingungen sich auch im Austausch geltend machen, ihn im ganzen und großen beherrschen und auch abgesehn vom Austausch eine selbständige Existenz haben, so daß von einem Gesamtwert der Waren die Rede sein könnte. Das ist Unsinn, sagt der illustre Loria. In welchem Verhältnis immer zwei Waren sich austauschen mögen, das ist ihr Wert, und damit holla. Der Wert ist also identisch mit dem Preis, und jede Ware hat so viel Werte, als sie Preise erzielen kann. Und der Preis wird bestimmt durch Nachfrage und Angebot, und wer noch weiter fragt, der ist ein Narr, wenn er auf Antwort wartet.
Die Sache hat aber doch einen kleinen Haken. Im Normalzustand decken sich Nachfrage und Angebot. Teilen wir also sämtliche in der Welt vorhandne Waren in zwei Hälften, in die Gruppe der Nachfrage und die gleich große des Angebots. Nehmen wir an, jede repräsentiere einen Preis von 1000 Milliarden Mark, Franken, Pfund Sterling oder was immer. Das macht zusammen nach Adam Riese einen Preis oder Wert von 2000 Milliarden. Unsinn, absurd, sagt Herr Loria. Die beiden Gruppen mögen zusammen einen Preis von 2000 Milliarden repräsentieren. Aber mit dem Wert ist das anders. Sagen wir Preis, so sind 1000 + 1000 = 2000. Sagen wir aber Wert, so sind 1000 + 1000 = 0. Wenigstens in diesem Fall, wo es sich um die Gesamtheit der Waren handelt. Denn hier ist die Ware eines jeden von beiden nur 1000 Milliarden wert, weil jeder von beiden diese Summe für die Ware des andern geben will und kann. Vereinigen wir aber die Gesamtheit der Waren beider in der Hand eines dritten, so hat der erste keinen Wert mehr in der Hand, der andre auch nicht und der dritte erst recht nicht – am End hat keiner nix. Und wir bewundern abermals die Überlegenheit, womit unser südländischer Cagliostro den Wertbegriff dermaßen vermöbelt hat, daß aber auch nicht die geringste Spur mehr von ihm übriggeblieben ist. Es ist dies die Vollendung der Vulgärökonomie!155
In Brauns »Archiv für soziale Gesetzgebung«, VII, Heft 4, gibt Werner Sombart eine in ihrer Gesamtheit vortreffliche Darstellung der Umrisse des Marxschen Systems. Es ist das erstemal, daß ein deutscher Universitätsprofessor es fertigbringt, im ganzen und großen in Marx' Schriften das zu sehn, was Marx wirklich gesagt hat, daß er erklärt, die Kritik des Marxschen Systems könne nicht in einer Widerlegung bestehn – »mit der mag sich der politische Streber befassen« –, sondern nur in einer Weiterentwicklung. Auch Sombart, wie sich versteht, beschäftigt sich mit unsrem Thema. Er untersucht die Frage, welche Bedeutung der Wert im Marxschen System hat, und kommt zu folgenden Resultaten: Der Wert tritt in dem Austauschverhältnis der kapitalistisch produzierten Waren nicht in die Erscheinung; er lebt nicht im Bewußtsein der kapitalistischen Produktionsagenten; er ist keine empirische, sondern eine gedankliche, eine logische Tatsache; der Wertbegriff in materieller Bestimmtheit bei Marx ist nichts andres als der ökonomische Ausdruck für die Tatsache der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit als Grundlage des wirtschaftlichen Daseins; das Wertgesetz beherrscht die wirtschaftlichen Vorgänge in einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung in letzter Instanz und hat für diese Wirtschaftsordnung ganz allgemein den Inhalt: Der Wert der Waren ist die spezifisch historische Form, in der sich die in letzter Instanz alle wirtschaftlichen Vorgänge beherrschende Produktivkraft der Arbeit bestimmend durchsetzt. – Soweit Sombart; es läßt sich gegen diese Auffassung der Bedeutung des Wertgesetzes für die kapitalistische Produktionsform nicht sagen, daß sie unrichtig ist. Wohl aber scheint sie mir zu weit gefaßt, einer engeren, präziseren Fassung fähig; sie erschöpft nach meiner Ansicht keineswegs die ganze Bedeutung des Wertgesetzes für die von diesem Gesetz beherrschten ökonomischen Entwicklungsstufen der Gesellschaft.
In Brauns »Sozialpolitischem Zentralblatt« vom 25. Februar 1895, Nr. 22, findet sich ein ebenfalls vortrefflicher Artikel über den 3. Band des »Kapital« von Conrad Schmidt. Besonders hervorzuheben ist hier der Nachweis, wie die Marxsche Ableitung des Durchschnittsprofits vom Mehrwert zum erstenmal eine Antwort auf die von der bisherigen Ökonomie nicht einmal aufgeworfne Frage gibt, wie denn die Höhe dieser Durchschnittsprofitrate bestimmt werde und wie es komme, daß sie sage 10 oder 15% ist und nicht 50 oder 100%. Seitdem wir wissen, daß der vom industriellen Kapitalisten in erster Hand angeeignete Mehrwert die einzige und ausschließliche Quelle ist, aus der Profit und Grundrente fließen, löst sich diese Frage von selbst. Dieser Teil des Schmidtschen Aufsatzes könnte direkt für Ökonomen à la Loria geschrieben sein, wäre es nicht vergebliche Mühe, denen die Augen zu öffnen, die nicht sehn wollen.
Auch Schmidt hat seine formellen Bedenken bezüglich des Wertgesetzes. Er nennt es eine wissenschaftliche, zur Erklärung des tatsächlichen Austauschprozesses aufgestellte Hypothese, die sich auch den ihr scheinbar ganz widersprechenden Erscheinungen der Konkurrenzpreise gegenüber als der notwendige theoretische Ausgangspunkt, als lichtbringend und unumgänglich bewährt; ohne das Wertgesetz hört auch nach seiner Ansicht jede theoretische Einsicht in das ökonomische Getriebe der kapitalistischen Wirklichkeit auf. Und in einem Privatbrief, den er mir anzuführen gestattet, erklärt Schmidt das Wertgesetz innerhalb der kapitalistischen Produktionsform gradezu für eine, wenn auch theoretisch notwendige, Fiktion. – Diese Auffassung trifft aber nach meiner Ansicht durchaus nicht zu. Das Wertgesetz hat für die kapitalistische Produktion eine weit größere und bestimmtere Bedeutung als die einer bloßen Hypothese, geschweige einer wenn auch notwendigen Fiktion.
Bei Sombart sowohl wie bei Schmidt – den illustren Loria ziehe ich nur herbei als erheiternde vulgärökonomische Folie – wird nicht genug berücksichtigt, daß es sich hier nicht nur um einen rein logischen Prozeß handelt, sondern um einen historischen Prozeß und dessen erklärende Rückspiegelung im Gedanken, die logische Verfolgung seiner inneren Zusammenhänge.
Die entscheidende Stelle findet sich bei Marx III, I, p. 154: »Die ganze Schwierigkeit kommt dadurch hinein, daß die Waren nicht einfach als Waren ausgetauscht werden, sondern als Produkte von Kapitalen, die im Verhältnis zu ihrer Größe, oder bei gleicher Größe, gleiche Teilnahme an der Gesamtmasse des Mehrwerts beanspruchen.« Zur Illustration dieses Unterschieds wird nun unterstellt, die Arbeiter seien im Besitz ihrer Produktionsmittel, arbeiteten im Durchschnitt gleich lange Zeit und mit gleicher Intensität und tauschten ihre Waren direkt miteinander aus. Dann hätten zwei Arbeiter in einem Tage ihrem Produkt gleich viel Neuwert durch ihre Arbeit zugesetzt, aber das Produkt eines jeden hätte verschiednen Wert je nach der in den Produktionsmitteln früher schon verkörperten Arbeit. Dieser letztere Wertteil würde das konstante Kapital der kapitalistischen Wirtschaft repräsentieren, der auf die Lebensmittel des Arbeiters verwandte Teil des neu zugesetzten Werts das variable Kapital, der dann noch übrige Teil des Neuwerts den Mehrwert, der hier also dem Arbeiter gehörte. Beide Arbeiter erhielten also, nach Abzug des Ersatzes für den von ihnen nur vorgeschossenen »konstanten« Wertteil, gleiche Werte; das Verhältnis des den Mehrwert repräsentierenden Teils zu dem Wert der Produktionsmittel – was der kapitalistischen Profitrate entspräche – wäre aber bei beiden verschieden. Da aber jeder von ihnen den Wert der Produktionsmittel im Austausch ersetzt erhält, wäre dies ein völlig gleichgültiger Umstand. »Der Austausch von Waren zu ihren Werten oder annähernd zu ihren Werten, erfordert also eine viel niedrigere Stufe als der Austausch zu Produktionspreisen, wozu eine bestimmte Höhe kapitalistischer Entwicklung nötig ist... Abgesehn von der Beherrschung der Preise und der Preis bewegung durch das Wertgesetz, ist es also durchaus sachgemäß, die Werte der Waren nicht nur theoretisch, sondern auch historisch als das prius der Produktionspreise zu betrachten. Es gilt dies für Zustände, wo dem Arbeiter die Produktionsmittel gehören, und dieser Zustand findet sich, in der alten wie in der modernen Welt, beim selbstarbeitenden grundbesitzenden Bauer und beim Handwerker. Es stimmt dies auch mit unsrer früher ausgesprochnen Ansicht, daß die Entwicklung der Produkte zu Waren entspringt durch den Austausch zwischen verschiednen Gemeinwesen, nicht zwischen den Gliedern einer und derselben Gemeinde. Wie für diesen ursprünglichen Zustand, so gilt es für die späteren Zustände, die auf Sklaverei und Leibeigenschaft gegründet sind, und für die Zunftorganisation des Handwerks, solange die in jedem Produktionszweig festgelegten Produktionsmittel nur mit Schwierigkeit aus der einen Sphäre in die andre übertragbar sind und die verschiednen Sphären sich daher zueinander verhalten wie fremde Länder oder kommunistische Gemeinwesen.« (Marx, III, I, p. 155, 156.)
Wäre Marx dazu gekommen, das dritte Buch nochmals durchzuarbeiten, er hätte ohne Zweifel diese Stelle bedeutend weiter ausgeführt. So wie sie da steht, gibt sie nur den skizzierten Umriß von dem, was über den Fragepunkt zu sagen ist. Gehen wir also etwas näher darauf ein.
Wir alle wissen, daß in den Anfängen der Gesellschaft die Produkte von den Produzenten selbst verbraucht werden und daß diese Produzenten in mehr oder minder kommunistisch organisierten Gemeinden naturwüchsig organisiert sind; daß der Austausch des Überschusses dieser Produkte mit Fremden, der die Verwandlung der Produkte in Waren einleitet, späteren Datums ist, zuerst nur zwischen einzelnen stammesfremden Gemeinden stattfindet, später aber auch innerhalb der Gemeinde zur Geltung kommt und wesentlich zu deren Auflösung in größere oder kleinere Familiengruppen beiträgt. Aber selbst nach dieser Auflösung bleiben die austauschenden Familienhäupter arbeitende Bauern, die fast ihren ganzen Bedarf mit Hilfe ihrer Familie auf dem eignen Hof produzieren und nur einen geringen Teil der benötigten Gegenstände gegen überschüssiges eignes Produkt von außen eintauschen. Die Familie treibt nicht bloß Ackerbau und Viehzucht, sie verarbeitet auch deren Produkte zu fertigen Verbrauchsartikeln, mahlt stellenweise noch selbst mit der Handmühle, bäckt Brot, spinnt, färbt, verwebt Flachs und Wolle, gerbt Leder, errichtet und repariert hölzerne Gebäude, stellt Werkzeuge und Geräte her, schreinert und schmiedet nicht selten; so daß die Familie oder Familiengruppe in der Hauptsache sich selbst genügt.
Das Wenige nun, was eine solche Familie von andern einzutauschen oder zu kaufen hat, bestand selbst bis in den Anfang des 19. Jahrhunderts in Deutschland vorwiegend aus Gegenständen handwerksmäßiger Produktion, also aus solchen Dingen, deren Herstellungsart dem Bauer keineswegs fremd war und die er nur deshalb nicht selbst produzierte, weil ihm entweder der Rohstoff nicht zugänglich oder der gekaufte Artikel viel besser oder sehr viel wohlfeiler war. Dem Bauer des Mittelalters war also die für die Herstellung der von ihm eingetauschten Gegenstände erforderliche Arbeitszeit ziemlich genau bekannt. Der Schmied, der Wagner des Dorfs arbeiteten ja unter seinen Augen; ebenso der Schneider und Schuhmacher, der noch zu meiner Jugendzeit bei unsern rheinischen Bauern der Reihe nach einkehrte und die selbstverfertigten Stoffe zu Kleidern und Schuhen verarbeitete. Der Bauer sowohl wie die Leute, von denen er kaufte, waren selbst Arbeiter, die ausgetauschten Artikel waren die eignen Produkte eines jeden. Was hatten sie bei der Herstellung dieser Produkte aufgewandt? Arbeit und nur Arbeit: für den Ersatz der Werkzeuge, für Erzeugung des Rohstoffs, für seine Verarbeitung haben sie nichts ausgegeben als ihre eigne Arbeitskraft; wie also können sie diese ihre Produkte mit denen andrer arbeitenden Produzenten austauschen anders als im Verhältnis der darauf verwandten Arbeit? Da war nicht nur die auf diese Produkte verwandte Arbeitszeit der einzige geeignete Maßstab für die quantitative Bestimmung der auszutauschenden Größen; da war überhaupt kein andrer möglich. Oder glaubt man, der Bauer und der Handwerker seien so dumm gewesen, das Produkt zehnstündiger Arbeit des einen für das einer einzigen Arbeitsstunde des andern hinzugeben? Für die ganze Periode der bäuerlichen Naturalwirtschaft ist kein andrer Austausch möglich als derjenige, wo die ausgetauschten Warenquanta die Tendenz haben, sich mehr und mehr nach den in ihnen verkörperten Arbeitsmengen abzumessen. Von dem Augenblick an, wo das Geld in diese Wirtschaftsweise eindringt, wird die Tendenz der Anpassung an das Wertgesetz (in der Marxschen Formulierung, nota bene!) einerseits noch ausgesprochener, andrerseits aber wird sie auch schon durch die Eingriffe des Wucherkapitals und der fiskalischen Aussaugung durchbrochen, die Perioden, für die die Preise im Durchschnitt sich den Werten bis auf eine zu vernachlässigende Größe nähern, werden schon länger.
Das gleiche gilt für den Austausch zwischen Bauernprodukten und denen der städtischen Handwerker. Anfangs findet dieser direkt statt, ohne Vermittlung des Kaufmanns, an den Markttagen der Städte, wo der Bauer verkauft und seine Einkäufe macht. Auch hier sind nicht nur dem Bauer die Arbeitsbedingungen des Handwerkers bekannt, sondern dem Handwerker auch die des Bauern. Denn er ist selbst noch ein Stück Bauer, er hat nicht nur Küchen- und Obstgarten, sondern auch sehr oft ein Stückchen Feld, eine oder zwei Kühe, Schweine, Federvieh usw. Die Leute im Mittelalter waren so imstande, jeder dem andern die Produktionskosten an Rohstoff, Hilfsstoff, Arbeitszeit mit ziemlicher Genauigkeit nachzurechnen – wenigstens, was Artikel täglichen allgemeinen Gebrauchs betraf.
Wie war aber für diesen Austausch nach dem Maßstab des Arbeitsquantums dies letztere, wenn auch nur indirekt und relativ, zu berechnen für Produkte, die eine längere, in unregelmäßigen Zwischenräumen unterbrochne, in ihrem Ertrag unsichre Arbeit erheischten, z.B. Korn oder Vieh? Und das obendrein bei Leuten, die nicht rechnen konnten? Offenbar nur durch einen langwierigen, oft im Dunkeln hin und her tastenden Prozeß der Annäherung im Zickzack, wobei man, wie sonst auch, erst durch den Schaden klug wurde. Aber die Notwendigkeit für jeden, im ganzen und großen auf seine Kosten zu kommen, half immer wieder in die korrekte Richtung, und die geringe Anzahl der in den Verkehr kommenden Arten von Gegenständen, sowie die oft während Jahrhunderten stabile Art ihrer Produktion, erleichterte die Erreichung des Ziels. Und daß es keineswegs so lange dauerte, bis die relative Wertgröße dieser Produkte ziemlich annähernd festgestellt war, beweist allein die Tatsache, daß die Ware, bei der dies wegen der langen Produktionszeit des einzelnen Stücks am schwierigsten scheint, das Vieh, die erste ziemlich allgemein anerkannte Geldware wurde. Um dies fertigzubringen, mußte der Wert des Viehs, sein Austauschverhältnis zu einer ganzen Reihe von andern Waren, schon eine relativ ungewöhnliche, auf dem Gebiet zahlreicher Stämme widerspruchslos anerkannte Feststellung erlangt haben. Und die Leute von damals waren sicher gescheit genug – die Viehzüchter sowohl wie ihre Kunden –, um nicht die von ihnen aufgewandte Arbeitszeit im Austausch ohne Äquivalent wegzuschenken. Im Gegenteil: je näher die Leute dem Urzustand der Warenproduktion stehn – Russen und Orientalen z.B. –, desto mehr Zeit verschwenden sie noch heute, um durch langes, zähes Schachern den vollen Entgelt ihrer auf ein Produkt verwandten Arbeitszeit herauszuschlagen.
Ausgehend von dieser Wertbestimmung durch die Arbeitszeit, entwickelte sich nun die ganze Warenproduktion und mit ihr die mannigfachen Beziehungen, in denen die verschiednen Seiten des Wertgesetzes sich geltend machen, wie sie im ersten Abschnitt des ersten Buchs des »Kapital« dargelegt sind; also namentlich die Bedingungen, unter denen allein die Arbeit wertbildend ist. Und zwar sind dies Bedingungen, die sich durchsetzen, ohne den Beteiligten zum Bewußtsein zu kommen, und die selbst erst durch mühsame theoretische Untersuchung aus der alltäglichen Praxis abstrahiert werden können, die also nach Art von Naturgesetzen wirken, wie dies Marx auch als notwendig aus der Natur der Warenproduktion folgend nachgewiesen hat. Der wichtigste und einschneidendste Fortschritt war der Übergang zum Metallgeld, der aber auch die Folge hatte, daß nun die Wertbestimmung durch die Arbeitszeit nicht länger auf der Oberfläche des Warenaustausches sichtbar erschien. Das Geld wurde für die praktische Auffassung der entscheidende Wertmesser, und dies um so mehr, je mannigfaltiger die in den Handel kommenden Waren wurden, je mehr sie entlegnen Ländern entstammten, je weniger also die zu ihrer Herstellung nötige Arbeitszeit sich kontrollieren ließ. Kam doch das Geld anfänglich selbst meist aus der Fremde; auch als Edelmetall im Lande gewonnen wurde, war der Bauer und Handwerker teils nicht imstande, die darauf verwandte Arbeit annähernd abzuschätzen, teils war ihm selbst schon das Bewußtsein von der wertmessenden Eigenschaft der Arbeit durch die Gewohnheit des Geldrechnens ziemlich verdunkelt; das Geld begann in der Volksvorstellung den absoluten Wert zu repräsentieren.
Mit einem Wort: das Marxsche Wertgesetz gilt allgemein, soweit überhaupt ökonomische Gesetze gelten, für die ganze Periode der einfachen Warenproduktion, also bis zur Zeit, wo diese durch den Eintritt der kapitalistischen Produktionsform eine Modifikation erfährt. Bis dahin gravitieren die Preise nach den durch das Marxsche Gesetz bestimmten Werten hin und oszillieren um diese Werte, so daß, je voller die einfache Warenproduktion zur Entfaltung kommt, desto mehr die Durchschnittspreise längerer, nicht durch äußre gewaltsame Störungen unterbrochener Perioden innerhalb der Vernachlässigungsgrenzen mit den Werten zusammenfallen. Das Marxsche Wertgesetz hat also ökonomisch-allgemeine Gültigkeit für eine Zeitdauer, die vom Anfang des die Produkte in Waren verwandelnden Austausches bis ins fünfzehnte Jahrhundert unsrer Zeitrechnung dauert. Der Warenaustausch aber datiert von einer Zeit, die vor aller geschriebnen Geschichte liegt, die in Ägypten auf mindestens drittehalbtausend, vielleicht fünftausend, in Babylonien auf viertausend, vielleicht sechstausend Jahre vor unsrer Zeitrechnung zurückführt; das Wertgesetz hat also geherrscht während einer Periode von fünf bis sieben Jahrtausenden. Und nun bewundre man die Gründlichkeit des Herrn Loria, der den während dieser Zeit allgemein und direkt gültigen Wert einen Wert nennt, zu dem die Waren nie verkauft werden oder verkauft werden können und mit dem kein Ökonom sich je beschäftigen wird, der einen Funken gesunden Verstand hat!
Bisher haben wir nicht vom Kaufmann gesprochen. Wir konnten uns die Berücksichtigung seiner Intervention aufsparen bis jetzt, wo wir zur Verwandlung der einfachen in kapitalistische Warenproduktion übergehn. Der Kaufmann war das revolutionäre Element in dieser Gesellschaft, wo alles sonst stabil war, stabil sozusagen durch Erblichkeit; wo der Bauer nicht nur seine Hufe, sondern auch seine Stellung als freier Eigentümer, freier oder höriger Zinsbauer oder Leibeigner, der städtische Handwerker sein Handwerk und seine zünftigen Privilegien erblich und fast unveräußerlich überkam und jeder von ihnen obendrein seine Kundschaft, seinen Absatzmarkt, ebensosehr wie sein von Jugend auf für den ererbten Beruf ausgebildetes Geschick. In diese Welt trat nun der Kaufmann, von dem ihre Umwälzung ausgehn sollte. Aber nicht als bewußter Revolutionär; im Gegenteil, als Fleisch von ihrem Fleisch, Bein von ihrem Bein. Der Kaufmann des Mittelalters war durchaus kein Individualist, er war wesentlich Genossenschafter wie alle seine Zeitgenossen. Auf dem Lande herrschte die dem urwüchsigen Kommunismus entsprossene Markgenossenschaft. Jeder Bauer hatte ursprünglich eine gleich große Hufe, mit gleich großen Stücken Boden von jeder Qualität, und einen entsprechenden gleich großen Anteil an den Rechten in der gemeinen Mark. Seitdem die Markgenossenschaft eine geschlossene geworden war und keine neuen Hufen mehr ausgeteilt wurden, traten durch Erbschaft etc. Unterteilungen der Hufen ein und dementsprechende Unterteilungen der Markberechtigung; aber die Vollhufe blieb die Einheit, so daß es Halb-, Viertels-, Achtelshufen mit halber, Viertels- und Achtelsberechtigung in der gemeinen Mark gab. Nach dem Vorbild der Markgenossenschaft richteten sich alle späteren Erwerbsgenossenschaften, vor allem die Zünfte in den Städten, deren Ordnung nichts war als die Anwendung der Markverfassung auf ein Handwerksprivilegium statt auf ein begrenztes Landgebiet. Der Mittelpunkt der ganzen Organisation war die gleiche Beteiligung jedes Genossen an den der Gesamtheit gesicherten Vorrechten und Nutzungen, wie sich dies noch schlagend in dem Privilegium der Elberfelder und Barmer »Garnnahrung« von 1527 ausspricht. (Thun, »Industrie am Niederrhein«, II, 164 ff.) Dasselbe gilt von den Gewerken der Bergwerke, wo auch jede Kux gleichen Anteil hatte und auch, wie die Hufe des Markgenossen, samt ihren Rechten und Pflichten teilbar war. Und dasselbe gilt in nicht mindrem Grad von den kaufmännischen Genossenschaften, die den überseeischen Handel ins Leben riefen. Die Venetianer und die Genuesen im Hafen von Alexandrien oder Konstantinopel, jede »Nation« in ihrem eignen Fondaco – Wohnhaus, Wirtshaus, Lagerhaus, Ausstellungs- und Verkaufsraum nebst Zentralbüro – bildeten vollständige Handelsgenossenschaften, sie waren abgeschlossen gegen Konkurrenten und Kunden, sie verkauften zu unter sich festgestellten Preisen, ihre Waren hatten bestimmte, durch öffentliche Untersuchung und oft Abstempelung garantierte Qualität, sie beschlossen gemeinsam über die den Eingebornen für ihre Produkte zu zahlenden Preise etc. Nicht anders verfuhren die Hanseaten auf der deutschen Brücke (Tydske Bryggen) zu Bergen in Norwegen und ebenso ihre holländischen und englischen Konkurrenten. Wehe dem, der unter dem Preis verkauft oder über dem Preis eingekauft hätte! Der Boykott, der ihn traf, bedeutete damals den unbedingten Ruin, ungerechnet die direkten Strafen, die die Genossenschaft über den Schuldigen verhängte. Es wurden aber auch noch engere Genossenschaften zu bestimmten Zwecken gegründet, dergleichen die Maona von Genua, die langjährige Beherrscherin der Alaungruben von Phokäa in Kleinasien sowie der Insel Chios, im 14. und 15. Jahrhundert, ferner die große Ravensberger Handelsgesellschaft, die seit Ende des 14. Jahrhunderts nach Italien und Spanien Geschäfte machte und dort Niederlassungen gründete, und die deutsche Gesellschaft der Augsburger Fugger, Welser, Vöhlin, Höchstetter etc. und der Nürnberger Hirschvogel und andre, die mit einem Kapital von 66 000 Dukaten und drei Schiffen sich an der portugiesischen Expedition nach Indien 1505/06 beteiligte und dabei einen Reingewinn von 150, nach andern 175 Prozent herausschlug, (Heyd, »Levantehandel«, II, 524) und eine ganze Reihe andrer Gesellschaften »Monopolia«, über die Luther sich so erzürnt.
Hier stoßen wir zum erstenmal auf einen Profit und eine Profitrate. Und zwar ist das Bestreben der Kaufleute absichtlich und bewußt darauf gerichtet, diese Profitrate für alle Beteiligten gleichzumachen. Die Venetianer in der Levante, die Hanseaten im Norden zahlten jeder dieselben Preise für seine Waren wie seine Nachbarn, sie kosteten ihm dieselben Transportkosten, er erhielt dafür dieselben Preise und kaufte ebenfalls Rückfracht ein zu denselben Preisen wie jeder andre Kaufmann seiner »Nation«. Die Profitrate war also für alle gleich. Bei den großen Handelsgesellschaften versteht sich die Verteilung des Gewinns pro rata des eingeschoßnen Kapitalanteils genauso von selbst wie die Beteiligung an den Markrechten pro rata des berechtigten Hufenanteils oder an dem Bergwerksgewinn pro rata des Kuxenanteils. Die gleiche Profitrate, die in ihrer vollen Entwicklung eins der Endergebnisse der kapitalistischen Produktion ist, erweist sich hier also in ihrer einfachsten Form als einer der Punkte, wovon das Kapital historisch ausgegangen, ja sogar als ein direkter Ableger der Markgenossenschaft, die wieder ein direkter Ableger des Urkommunismus ist.
Diese ursprüngliche Profitrate war notwendig sehr hoch. Das Geschäft war seht riskant, nicht nur wegen des stark grassierenden Seeraubs; auch die konkurrierenden Nationen erlaubten sich manchmal allerlei Gewalttätigkeiten, wenn sich Gelegenheit bot; endlich beruhte der Absatz und die Absatzbedingungen auf Privilegien fremder Fürsten, die oft genug gebrochen oder widerrufen wurden. Der Gewinn mußte also eine hohe Assekuranzprämie einschließen. Dann war der Umsatz langsam, die Abwicklung der Geschäfte langwierig, und in den besten Zeiten, die allerdings selten von langer Dauer, war das Geschäft ein Monopolhandel mit Monopolprofit. Daß die Profitrate im Durchschnitt sehr hoch war, beweisen auch die damals gültigen sehr hohen Zinsraten, die doch immer im ganzen niedriger sein mußten als der Prozentsatz des üblichen Handelsgewinns.
Diese durch das genossenschaftliche Zusammenwirken erwirkte hohe, für alle Beteiligten gleiche Profitrate hatte aber nur lokale Geltung innerhalb der Genossenschaft, also hier der »Nation«. Venetianer, Genuesen, Hanseaten, Holländer hatten, jede Nation für sich und wohl auch mehr oder weniger anfangs für jedes einzelne Absatzgebiet, eine besondre Profitrate. Die Ausgleichung dieser verschiednen Genossenschafts-Profitraten setzte sich durch auf dem entgegengesetzten Weg, durch die Konkurrenz. Zunächst die Profitraten der verschiednen Märkte für eine und dieselbe Nation. Bot Alexandrien mehr Gewinn für venetianische Waren als Cypern, Konstantinopel oder Trapezunt, so werden die Venetianer für Alexandrien mehr Kapital in Bewegung gesetzt und dies dem Verkehr mit den andern Märkten entzogen haben. Dann mußte die allmähliche Ausgleichung der Profitraten zwischen den einzelnen, nach denselben Märkten dieselben oder ähnliche Waren ausführenden Nationen an die Reihe kommen, wobei sehr häufig einzelne dieser Nationen erdrückt wurden und vom Schauplatz verschwanden. Dieser Prozeß wurde aber fortwährend von politischen Ereignissen unterbrochen, wie denn der ganze Levantehandel infolge der mongolischen und türkischen Invasionen an dieser Ursache zugrunde ging und die großen geographisch-kommerziellen Entdeckungen seit 1492 diesen Untergang nur beschleunigten und dann endgültig machten.
Die nun erfolgende plötzliche Ausdehnung des Absatzgebiets und damit zusammenhängende Umwälzung der Verkehrslinien brachte zunächst keine wesentliche Änderung in der Art des Handelsbetriebs. Auch nach Indien und Amerika handelten zunächst vorwiegend noch Genossenschaften. Aber erstens standen hinter diesen Genossenschaften größere Nationen. An die Stelle der levantehandelnden Katalonier trat im Amerikahandel das ganze große vereinigte Spanien; neben ihm zwei große Länder wie England und Frankreich; und selbst Holland und Portugal, die kleinsten, waren immer noch mindestens ebenso groß und stark wie Venedig, die größte und stärkste Handelsnation der vorigen Periode. Das gab dem fahrenden Kaufmann, dem merchant adventurer des 16. und 17. Jahrhunderts einen Rückhalt, der die ihre Glieder auch mit den Waffen schützende Genossenschaft mehr und mehr überflüssig, ihre Kosten daher direkt lästig machte. Dann entwickelte sich jetzt der Reichtum in einzelner Hand bedeutend schneller, so daß bald vereinzelte Kaufleute ebensoviel Fonds auf eine Unternehmung wenden konnten wie früher eine ganze Gesellschaft. Die Handelsgesellschaften, wo sie noch fortbestanden, verwandelten sich meist in bewaffnete Korporationen, die unter dem Schutz und der Oberhoheit des Mutterlandes neuentdeckte ganze Länder eroberten und monopolistisch ausbeuteten. Je mehr aber in den neuen Gebieten Kolonien vorwiegend auch von Staats wegen angelegt wurden, desto mehr trat der genossenschaftliche Handel vor dem des einzelnen Kaufmanns zurück, und damit wurde die Ausgleichung der Profitrate mehr und mehr ausschließliche Sache der Konkurrenz.
Bisher haben wir eine Profitrate kennengelernt nur für das Handelskapital. Denn nur Handels- und Wucherkapital hatte es bisher gegeben, das industrielle Kapital sollte sich eben erst entwickeln. Die Produktion war noch vorwiegend in den Händen von Arbeitern, die im Besitz ihrer eignen Produktionsmittel waren, deren Arbeit also keinem Kapital einen Mehrwert abwarf. Mußten sie einen Teil des Produkts ohne Entgelt an Dritte abtreten, dann in der Form des Tributs an Feudalherren. Das Kaufmannskapital konnte seinen Profit daher, wenigstens anfangs, nur aus den ausländischen Käufern inländischer oder den inländischen Käufern ausländischer Produkte herausschlagen; erst gegen Ende dieser Periode – für Italien also mit dem Niedergang des Levantehandels – mochte die auswärtige Konkurrenz und der erschwerte Absatz den handwerksmäßigen Produzenten von Ausfuhrwaren zwingen, dem Exportkaufmann die Ware unter ihrem Wert abzulassen. Und so finden wir hier die Erscheinung, daß im inländischen Detailverkehr der einzelnen Produzenten untereinander die Waren durchschnittlich zu ihren Werten verkauft werden, im internationalen Handel aber, aus angegebnen Gründen, der Regel nach nicht. Ganz im Gegensatz zur heutigen Welt, wo die Produktionspreise im internationalen und Großhandel Geltung haben, während im städtischen Kleinhandel die Preisbildung durch ganz andre Profitraten reguliert wird. So daß z.B. heute das Fleisch eines Ochsen einen größeren Preisaufschlag erfährt auf dem Wege vom Londoner Engroshändler bis zum einzelnen Londoner Konsumenten als vom Engroshändler in Chicago, inklusive Transport, bis zum Londoner Engroshändler.
Das Werkzeug, das diese Umwälzung in der Preisbildung allmählich zustande brachte, war das industrielle Kapital. Bereits im Mittelalter hatten sich Ansätze dazu gebildet, und zwar auf drei Gebieten: Reederei, Bergwerk, Textilindustrie. Reederei auf dem von den italienischen und hanseatischen Seerepubliken betriebnen Maßstab war unmöglich ohne Matrosen, d.h. Lohnarbeiter (deren Lohnverhältnis unter genossenschaftlichen Formen mit Gewinnbeteiligung versteckt sein mochte), und für die Galeeren jener Zeit auch ohne Ruderer, Lohnarbeiter oder Sklaven. Die Gewerken der Erzgruben, ursprünglich genossenschaftliche Arbeiter, hatten sich in fast allen Fällen bereits in Aktiengesellschaften zur Ausbeutung des Betriebs vermittelst Lohnarbeiter verwandelt. Und in der Textilindustrie hatte der Kaufmann angefangen, die kleinen Webermeister direkt in seinen Dienst zu stellen, indem er ihnen das Garn lieferte und gegen fixen Lohn für seine Rechnung in Gewebe verwandeln ließ, kurz, indem er aus einem bloßen Käufer ein sogenannter Verleger wurde.
Hier haben wir die ersten Anfänge kapitalistischer Mehrwertsbildung vor uns. Die bergmännischen Gewerken können wir als geschlossene Monopol-Korporationen außer acht lassen. Von den Reedern liegt es auf der Hand, daß ihre Profite mindestens die landesüblichen sein mußten, mit Extrazuschlag für Assekuranz, Verschleiß der Schiffe etc. Wie aber lag die Sache mit den Textilverlegern, die zuerst direkt für kapitalistische Rechnung hergestellte Waren auf den Markt und mit den für Handwerkers Rechnung hergestellten Waren derselben Art in Konkurrenz brachten?
Die Profitrate des Handelskapitals war vorgefunden. Sie war auch schon, wenigstens für die betreffende Lokalität, zu einer annähernden Durchschnittsrate ausgeglichen. Was konnte nun den Kaufmann bewegen, das Extrageschäft des Verlegers auf sich zu nehmen? Nur eins: die Aussicht auf größeren Profit bei gleichem Verkaufspreis mit den andern. Und diese Aussicht hatte er. Indem er den Kleinmeister in seinen Dienst nahm, durchbrach er die hergebrachten Schranken der Produktion, innerhalb deren der Produzent sein fertiges Produkt verkaufte und nichts andres. Der kaufmännische Kapitalist kaufte die Arbeitskraft, die einstweilen noch ihr Produktionsinstrument besaß, aber schon nicht mehr den Rohstoff. Indem er so dem Weber regelmäßige Beschäftigung sicherte, konnte er dagegen den Lohn des Webers derart drücken, daß ein Teil der geleisteten Arbeitszeit unbezahlt blieb. Der Verleger wurde so Aneigner von Mehrwert über seinen bisherigen Handelsgewinn hinaus. Allerdings mußte er dafür auch ein zusätzliches Kapital anwenden, um Garn etc. zu kaufen und in der Hand des Webers zu belassen, bis das Stück fertig war, für das er früher erst beim Einkauf den ganzen Preis zu zahlen hatte. Aber erstens hatte er in den meisten Fällen auch schon Extrakapital gebraucht zu Vorschüssen an den Weber, den in der Regel nur die Schuldknechtschaft dahin brachte, daß er sich den neuen Produktionsbedingungen unterwarf. Und zweitens, auch abgesehn davon, stellt sich die Rechnung nach folgendem Schema:
Gesetzt, unser Kaufmann betriebe sein Exportgeschäft mit 30000 Kapital, Dukaten, Zechinen, Pfund Sterling oder was immer. Davon seien 10000 im Einkauf von inländischen Waren tätig, während 20000 in den überseeischen Absatzmärkten gebraucht werden. Das Kapital schlage einmal in zwei Jahren um, Jahresumschlag = 15000. Unser Kaufmann will nun für eigne Rechnung weben lassen, Verleger werden. Wieviel Kapital muß er da zuschießen? Nehmen wir an, die Produktionszeit des Stückes Zeug, wie er dergleichen verkauft, sei durchschnittlich zwei Monate, was sicher sehr hoch ist. Nehmen wir ferner an, er müsse alles bar zahlen. So muß er Kapital genug zuschießen, um seinen Webern Garn für zwei Monate zu liefern. Da er im Jahr 15000 umschlägt, kauft er in zwei Monaten Zeug für 2500. Sagen wir, daß 2000 davon Garnwert und 500 Webelohn darstellen, so braucht unser Kaufmann ein Zuschußkapital von 2000. Wir nehmen an, der Mehrwert, den er sich durch die neue Methode vom Weber aneignet, betrage nur 5% vom Wert des Zeugs, was die sicher sehr bescheidne Mehrwertsrate von 25% ausmacht (2000c + 500v + 125m; m' = 125/500 = 25%, p' = 125/2500 = 5%). Dann macht unser Mann auf seinen Jahresumschlag von 15000 einen Extraprofit von 750, hat also sein Zuschußkapital in 2 2/3 Jahren schon wieder herausgeschlagen.
Um aber seinen Absatz und damit seinen Umschlag zu beschleunigen und dadurch mit demselben Kapital in kürzerer Zeit denselben, in derselben Zeit wie bisher also größeren Profit zu machen, wird er einen kleinen Teil seines Mehrwerts dem Käufer schenken, wird billiger verkaufen als seine Konkurrenten. Diese werden sich allmählich auch in Verleger verwandeln, und dann reduziert sich der Extraprofit für alle auf den gewöhnlichen Profit, oder gar einen niedrigeren, für das bei allen erhöhte Kapital. Die Gleichheit der Profitrate ist wiederhergestellt, wenn auch möglicherweise auf andrem Niveau, dadurch, daß ein Teil des im Inland gemachten Mehrwerts an die auswärtigen Käufer abgetreten ist.
Der nächste Schritt in der Unterwerfung der Industrie unter das Kapital geschieht durch die Einführung der Manufaktur. Auch diese befähigt den Manufakturisten, der im 17. und 18. Jahrhundert – in Deutschland noch bis 1850 fast allgemein und stellenweise noch heute – meist noch sein eigner Exportkaufmann ist, wohlfeiler zu produzieren als sein altfränkischer Konkurrent, der Handwerker. Derselbe Prozeß wiederholt sich; der vom Manufakturkapitalisten angeeignete Mehrwert erlaubt ihm resp. dem Exportkaufmann, der mit ihm teilt, wohlfeiler zu verkaufen als seine Konkurrenten, bis zur Verallgemeinerung der neuen Produktionsweise, wo dann wieder Ausgleichung eintritt. Die schon vorgefundne Handelsprofitrate, selbst wenn sie nur lokal nivelliert ist, bleibt das Prokrustesbett, worin der überschüssige industrielle Mehrwert ohne Barmherzigkeit abgehackt wird.
Hat die Manufaktur schon durch Verwohlfeilerung der Produkte sich emporgeschwungen, so noch weit mehr die große Industrie, die mit ihren immer wieder erneuerten Revolutionen der Produktion die Herstellungskosten der Waren niedriger und niedriger herabdrückt und alle früheren Produktionsweisen unerbittlich beseitigt. Sie ist es auch, die dadurch den inneren Markt endgültig für das Kapital erobert, der Kleinproduktion und Naturalwirtschaft der sich selbst genügenden Bauernfamilie ein Ende macht, den direkten Austausch zwischen den Kleinproduzenten beseitigt, die ganze Nation in den Dienst des Kapitals stellt. Sie gleicht ebenfalls die Profitraten der verschiednen kaufmännischen und industriellen Geschäftszweige zu einer allgemeinen Profitrate aus und sichert endlich der Industrie den ihr gebührenden Machtposten bei dieser Ausgleichung, indem sie den größten Teil der Hindernisse beseitigt, die bisher der Übertragung von Kapital aus einem Zweig in einen andern im Wege standen. Damit vollzieht sich für den gesamten Austausch im großen die Verwandlung der Werte in Produktionspreise. Diese Verwandlung geht also nach objektiven Gesetzen vor sich, ohne Bewußtsein oder Absicht der Beteiligten. Daß die Konkurrenz die über die allgemeine Rate überschüssigen Profite auf das allgemeine Niveau reduziert und so dem ersten industriellen Aneigner den den Durchschnitt überschreitenden Mehrwert wieder entzieht, bietet theoretisch durchaus keine Schwierigkeit. In der Praxis aber um so mehr, denn die Produktionssphären mit überschüssigem Mehrwert, also mit hohem variablem bei niedrigem konstantem Kapital, also mit niedriger Kapitalzusammensetzung, sind grade ihrer Natur nach diejenigen, die dem kapitalistischen Betrieb am spätesten und am unvollständigsten unterworfen werden; vor allem der Ackerbau. Was dagegen die Erhöhung der Produktionspreise über die Warenwerte angeht, die erforderlich ist, um den in den Produkten der Sphären hoher Kapitalzusammensetzung enthaltnen, unterschüssigen Mehrwert auf das Niveau der Durchschnittsprofitrate zu erheben, so sieht das theoretisch äußerst schwierig aus, macht sich aber, wie wir gesehn haben, in der Praxis am leichtesten und ehesten. Denn die Waren dieser Klasse, wenn sie zuerst kapitalistisch produziert werden und in den kapitalistischen Handel kommen, treten in Konkurrenz mit Waren gleicher Art, die nach vorkapitalistischen Methoden fabriziert, also teurer sind. Der kapitalistische Produzent kann also selbst bei Verzicht auf einen Teil des Mehrwerts immer noch die für seine Lokalität gültige Profitrate herausschlagen, die ursprünglich keine direkte Beziehung zum Mehrwert hatte, weil sie aus dem Handelskapital entstanden war schon lange, ehe überhaupt kapitalistisch produziert, also eine industrielle Profitrate möglich war.
II. Die Börse
1. Aus dem 3. Bd., 5. Abschnitt, besonders Kapitel [27], geht hervor, welche Stellung die Börse in der kapitalistischen Produktion überhaupt einnimmt. Nun ist aber seit 1865, wo das Buch verfaßt, eine Veränderung eingetreten, die der Börse heute eine um ein Bedeutendes gesteigerte und noch stets wachsende Rolle zuweist und die bei der ferneren Entwicklung die Tendenz hat, die gesamte Produktion, industrielle wie agrikulturelle, und den gesamten Verkehr, Kommunikationsmittel wie Austauschfunktion, in den Händen von Börsianern zu konzentrieren, so daß die Börse die hervorragendste Vertreterin der kapitalistischen Produktion selbst wird.
2. 1865 war die Börse noch ein sekundäres Element im kapitalistischen System. Die Staatspapiere repräsentierten die Hauptmasse der Börsenwerte, und auch ihre Masse war noch relativ gering. Daneben die Aktienbanken, die auf dem Kontinent und in Amerika vorherrschend, in England sich eben erst zur Verschluckung der aristokratischen Privatbanken anschickten. Aber in Masse noch relativ unbedeutend. 3. Die Eisenbahnaktien auch noch relativ schwach gegen jetzt. Direkt produktive Etablissements aber nur wenig in Aktienform. Damals war noch »das Auge des Meisters« ein unüberwundener Aberglaube – und wie die Banken, am meisten in den ärmeren Ländern, in Deutschland, Österreich, Amerika etc.
Damals also die Börse noch ein Ort, wo die Kapitalisten sich ihre akkumulierten Kapitalien untereinander abnahmen und der die Arbeiter direkt nur anging als neues Beweisstück der demoralisierenden allgemeinen Wirkung der kapitalistischen Wirtschaft und Bestätigung des kalvinistischen Satzes, daß die Gnadenwahl alias der Zufall schon in diesem Leben über Seligkeit und Verdammnis, über Reichtum, d.h. Genuß und Macht, und über Armut, d.h. Entbehrung und Knechtschaft, entscheidet.
3. Jetzt anders. Die Akkumulation ist seit der Krise von 1866 mit einer stets wachsenden Schnelligkeit vorgegangen, und zwar so, daß in keinem Industrieland, am wenigsten England, die Ausdehnung der Produktion mit der der Akkumulation Schritt halten, die Akkumulation des einzelnen Kapitalisten in der Vergrößerung seines eigenen Geschäfts volle Verwendung finden konnte; englische Baumwollindustrie schon 1845, Eisenbahnschwindel. Mit dieser Akkumulation aber stieg auch die Masse der Rentiers, der Leute, die die regelmäßige Anspannung im Geschäft satt waren, die also bloß sich amüsieren wollten oder doch nur gelinde Beschäftigung als Direktoren oder Aufsichtsräte von Kompanien treiben. Und drittens wurden, um die Anlage der so als Geldkapital flottierenden Masse zu erleichtern, nun überall, wo es noch nicht geschehn, neue gesetzliche Formen der Gesellschaften mit beschränkter Haftbarkeit hergestellt, und die Verpflichtung der bisher unbeschränkt haftenden Aktionäre auch ± reduziert (Aktien-Gesellschaften in Deutschland 1890. 40% der Zeichnung!).
4. Hiernach allmähliche Verwandlung der Industrie in Aktienunternehmungen. Ein Zweig nach dem andern verfällt dem Schicksal. Zuerst Eisen, wo Riesenanlagen jetzt nötig (vorher Bergwerke, wo diese nicht schon verkuxt). Dann chemische Industrie ditto. Maschinenfabriken. Auf dem Kontinent Textilindustrie, in England bloß noch in einigen Gegenden von Lancashire (Spinnerei Oldham, Weberei Burnley etc., Schneider-Kooperation, diese aber nur Vorstufe, um bei der nächsten Krisis wieder an die masters zu fallen), Brauereien (vor ein paar Jahren die amerik. an engl. Kapital[isten] verschachert, dann Guinness, Bass, Allsopp). Dann die Trusts, die Riesenunternehmungen mit gemeinsamer Leitung schaffen (wie die United Alkali). Die gewöhnliche Einzelfirma + & + nur Vorstufe, um das Geschäft dahin zu bringen, wo es groß genug, um »gegründet« zu werden.
Dasselbe vom Handel. Leafs, Parsons, Morleys, Morrison, Dillon, alle gegründet. Ebenso jetzt schon Detailhäuser, und zwar nicht nur unter dem Schein der Kooperation à la »Stores«.
Dasselbe von Banken und andern Kreditinstituten auch in England. Unmassen neuer, alle Aktien delimited. Sogar alte Banken wie Glyns etc. verwandeln sich mit 7 Privat-Aktionären in Limited.
5. Auf dem Gebiet des Ackerbaues dasselbe. Die enorm ausgedehnten Banken besonders in Deutschland (unter allerlei bürokratischen Namen) mehr und mehr Träger der Hypothek, mit ihren Aktien wird das wirkliche Obereigentum über den Grundbesitz der Börse überliefert, und dies noch mehr bei Verfall der Güter an die Gläubiger. Hier wirkt die agrikulturelle Revolution der Steppenkultur gewaltsam; gehts so fort, die Zeit abzusehn, wo auch Englands und Frankreichs Boden verbörset.
6. Nun aber die auswärtigen Anlagen alle in Aktien. Um nur von England zu sprechen: amerik. Eisenbahnen, Nord und Süd (die Stock-List nachschlagen), Goldberger etc.
7. Dann die Kolonisation. Diese ist heute rein Sukkursale der Börse, in derem Interesse die europäischen Mächte vor ein paar Jahren Afrika geteilt, die Franzosen Tunis und Tonkin erobert haben. Afrika direkt an Kompanien verpachtet (Niger, Südafrika, Deutsch-Südwest- und Ostafrika) und Maschonaland und Natalland für die Börse von Rhodes in Besitz genommen.
Fußnoten
1 Welche Verwirrung hieraus im Kopf des Ökonomen entstehn kann, wurde Buch I, Kap. VII, 3, S. 216/206 ff., am Beispiel von N. W. Senior gezeigt.
2 »Wir wissen in der Tat bereits, daß der Mehrwert bloß Folge der Wertveränderung ist, die mit v, dem in Arbeitskraft umgesetzten Kapitalteil, vorgeht, daß also v + m = v + Δv (v plus Inkrement von v) ist. Aber die wirkliche Wertveränderung und das Verhältnis, worin sich der Wert ändert, werden dadurch verdunkelt, daß infolge des Wachstums seines variierenden Bestandteils auch das vorgeschoßne Gesamtkapital wächst. Es war 500 und es wird 590.« (Buch I, Kap. VII, 1, S. 203/195.)
3 Malthus, »Principles of Pol. Econ.«, 2nd edit., London 1836, p. 268.
4 »Capital: that which is expended with a view to profit.« Malthus, »Definitions in Pol. Econ.«, London 1827, p. 86.
5 Vgl. Buch I, Kap. XVIII, p. 571/561 ff.
6 R. Torrens, »An Essay on the Production of Wealth«, London 1821, p. 51-53, 349.
7 Malthus, »Definitions in Pol. Econ.«, London 1853, p. 70, 71.
8 »Die von verschiednen Kapitalen produzierten Massen von Wert und Mehrwert verhalten sich bei gegebnem Wert und gleich großem Exploitationsgrad der Arbeitskraft direkt wie die Größen der variablen Bestandteile dieser Kapitale, d.h. ihrer in lebendige Arbeitskraft umgesetzten Bestandteile.« (Buch I, Kap. IX, S. 312/303.)
9 Hier steht im Ms.: »Später zu untersuchen, wie dieser Fall mit der Grundrente zusammenhängt.«
10 In dem Ms. finden sich noch sehr ausführliche Berechnungen über die Differenz zwischen Mehrwertsrate und Profitrate (m'-p'), die allerhand interessante Eigentümlichkeiten besitzt und deren Bewegung die Fälle anzeigt, wo die beiden Raten sich voneinander entfernen oder sich einander nähern. Diese Bewegungen lassen sich auch in Kurven darstellen. Ich verzichte auf Wiedergabe dieses Materials, da es für die nächsten Zwecke dieses Buchs weniger wichtig ist und es hier genügt, diejenigen Leser, die diesen Punkt weiter verfolgen wollen, einfach darauf aufmerksam zu machen. – F. E.
11 »Da in allen Fabriken ein sehr hoher Betrag von fixem Kapital in Gebäuden und Maschinen steckt, so wird der Gewinn um so größer sein, je größer die Anzahl der Stunden, während deren diese Maschinerie in Arbeit gehalten werden kann.« (»Rep. of Insp. of Fact., October 31, 1858«, p. 8.)
12 S. Ure über den Fortschritt im Bau der Fabriken.
13 »The Factory Question and the Ten Hours Bill«, by R. H. Greg, London 1837, p.115.
14 Der Bericht macht im Schlußsatz ein Versehn. Statt 6 d. für Verlust durch Abfall muß es 3 d. heißen. Dieser Verlust beträgt zwar 25% bei indischer, aber nur 121/2 bis 15% bei amerikanischer Baumwolle, und von dieser ist hier die Rede, wie auch vorher derselbe Satz beim Preis von 5 bis 6 d. richtig berechnet worden. Allerdings stieg auch bei der amerikanischen Baumwolle, die während der letzten Jahre des Bürgerkriegs nach Europa kam, das Verhältnis des Abfalls oft bedeutend gegen früher. – F. E.
15 Beispiele u.a. bei Babbage. Das gewöhnliche Hilfsmittel – Herabsetzung des Arbeitslohns – wird auch hier angewandt, und so wirkt diese beständige Entwertung ganz anders als Herr Carey in seinem harmonischen Gehirn träumt.
16 Seit obiges geschrieben wurde (1865), hat sich die Konkurrenz auf dem Weltmarkt bedeutend gesteigert durch die rapide Entwicklung der Industrie in allen Kulturländern, namentlich in Amerika und Deutschland. Die Tatsache, daß die rasch und riesig anschwellenden modernen Produktivkräfte den Gesetzen des kapitalistischen Warenaustausches, innerhalb deren sie sich bewegen sollen, täglich mehr über den Kopf wachsen – diese Tatsache drängt sich heute auch dem Bewußtsein der Kapitalisten selbst mehr und mehr auf. Dies zeigt sich namentlich in zwei Symptomen. Erstens in der neuen allgemeinen Schutzzollmanie, die sich von der alten Schutzzöllnerei besonders dadurch unterscheidet, daß sie gerade die exportfähigen Artikel am meisten schützt. Zweitens in den Kartellen (Trusts) der Fabrikanten ganzer großer Produktionssphären zur Regulierung der Produktion und damit der Preise und Profite. Es ist selbstredend, daß diese Experimente nur bei relativ günstigem ökonomischen Wetter durchführbar sind. Der erste Sturm muß sie über den Haufen werfen und beweisen, daß, wenn auch die Produktion einer Regulierung bedarf, es sicher nicht die Kapitalistenklasse ist, die dazu berufen ist. Inzwischen haben diese Kartelle nur den Zweck, dafür zu sorgen, daß die Kleinen noch rascher von den Großen verspeist werden als bisher. – F. E.
17 Es versteht sich, daß wir nicht, mit Herrn Baker, die Wollenkrisis von 1857 aus dem Mißverhältnis der Preise zwischen Rohstoff und Fabrikat erklären. Dies Mißverhältnis war selbst nur ein Symptom, und die Krise eine allgemeine. – F. E.
18 Man unterscheidet in England streng zwischen Woollen Manufacture, die aus kurzer Wolle Streichgarn spinnt und verwebt (Hauptzentrum Leeds), und Worsted Manufacture, die aus langer Wolle Kammgarn spinnt und verwebt (Hauptsitz Bradford in Yorkshire). – F. E.
19 Diese rasche Ausdehnung der Maschinenspinnerei von Leinengarn in Irland gab dem Export des deutschen (schlesischen, Lausitzer, westfälischen) aus Handgespinst gewobnen Leinens damals den Todesstoß. – F. E.
20 Das Obige findet sich schon kurz entwickelt in der dritten Auflage des ersten Buchs, S.628, am Anfang von Kapitel XXIII. Da die beiden ersten Auflagen jene Stelle nicht enthalten, war ihre Wiederholung hier um so mehr geboten. – F. E.
21 〈Wie aus Kap. IV folgt, ist das Obige nur richtig für den Fall, daß die Kapitale A und B verschiedne Wertzusammensetzung haben, daß aber ihre prozentigen variablen Bestandteile sich verhalten wie ihre Umschlagszeiten, resp. umgekehrt wie ihre Umschlagszahlen. Kapital A sei prozentig zusammengesetzt aus 20c fix + 70c zirkulierend, also 90c + 10v = 100. Bei einer Mehrwertsrate von 100% erzeugen die 10v in einem Umschlag 10m, Profitrate für den Umschlag = 10%. Kapital B dagegen sei = 60c fix + 20c zirkulierend, also 80c + 20v = 100. Die 20v erzeugen bei einem Umschlag bei obiger Mehrwertsrate 20m, Profitrate für den Umschlag = 20%, also die doppelte gegen A. Schlägt aber A zweimal um in einem Jahr und B nur einmal, so ergibt es für das Jahr ebenfalls 2 * 10 = 20m, und die Jahresprofitrate ist bei beiden gleich, nämlich 20%. – F. E.}
22 Cherbuliez.
23 Corbet, p. 174.
24 Selbstredend wird hier abgesehn von der Möglichkeit, durch Lohndrückung, Monopolpreis usw. einen momentanen Extraprofit herauszuschlagen. [F. E.]
25 Malthus.
26 Corbet.
27 Damals, 1865, noch bloße »Ansicht« von Marx. Heute, seit der umfangreichen Untersuchung der ursprünglichen Gemeinwesen von Maurer bis auf Morgan, kaum noch irgendwo bestrittene Tatsache. – F.E.
28 K. Marx, »Zur Kritik der pol. Oek.«, Berlin 1859.
29 K. Marx, »Zur Kritik etc.«
30 Der Streit zwischen Storch und Ricardo bei Gelegenheit der Grundrente (ein Streit nur der Sache nach: in der Tat nehmen sie beide keine Rücksicht aufeinander), ob der Marktwert (bei ihnen vielmehr der Markt-resp. Produktionspreis) durch die unter den ungünstigsten Bedingungen (Ricardo) oder unter den günstigsten (Storch) produzierten Waren reguliert werde, löst sich also dahin auf, daß beide recht haben und beide unrecht und daß ebenso beide den mittlern Fall ganz außer acht gelassen haben. Vergleiche Corbet über die Fälle, wo der Preis reguliert wird durch die unter den besten Bedingungen produzierten Waren. – »Es bedeutet nicht, er« (Ricardo) »habe behauptet, daß sich zwei einzelne Posten von zwei verschiedenen Artikeln, wie ein Hut und ein Paar Schuhe, gegeneinander austauschen, wenn jene zwei einzelnen Posten mit gleichen Arbeitsmengen hergestellt wurden. Unter ›Ware‹ müssen wir hier die ›Warengattung‹ verstehen, nicht einen einzelnen Hut für sich, ein einzelnes Paar Schuhe usw. Die gesamte Arbeit, die alle Hüte in England herstellt, muß zu diesem Zweck als auf alle Hüte verteilt betrachtet werden. Das, scheint mir, ist zuerst und in den allgemeinen Darlegungen dieser Lehre nicht ausgedrückt worden.« (»Observations on some verbal disputes in Pol. Econ. etc.«, London 1821, p.53, 54.)
31 Großer Blödsinn der folgende »Scharfsinn«: »Wo die Menge der Löhne, des Kapitals und des Bodens, die zur Herstellung einer Ware erforderlich ist, sich gegen früher verändert hat, ist auch das, was Adam Smith ihren natürlichen Preis nennt, verändert, und jener Preis, der vorher ihr natürlicher Preis war, wird mit Hinblick auf diese Veränderung ihr Marktpreis: denn obwohl weder die Zufuhr noch die verlangte Menge gewechselt haben mögen« (beide wechseln hier, gerade weil der Marktwert oder, worum es sich bei A. Smith handelt, der Produktionspreis wechselt infolge eines Wertwechsels), »entspricht jene Zufuhr nicht völlig der Nachfrage jener Personen, die das, was jetzt die Produktionskosten darstellt, zu zahlen fähig und gewillt sind, sondern sie ist entweder größer oder kleiner, so daß das Verhältnis zwischen der Zufuhr und dem, was im Hinblick auf die neuen Produktionskosten die effektive Nachfrage darstellt, verschieden ist von dem früheren. Dann wird eine Änderung in der Zufuhr eintreten – wenn ihr kein Hindernis im Wege steht – und wird schließlich die Ware zu ihrem neuen natürlichen Preis bringen. Es könnte dann manchen Leuten gut dünken zu sagen, daß – da die Ware zu ihrem natürlichen Preis durch eine Änderung in ihrer Zufuhr gelangt – der natürliche Preis ebensosehr einem Verhältnis zwischen Nachfrage und Zufuhr geschuldet ist wie der Marktpreis einem andern; und folglich, daß der natürliche Preis ebenso wie der Marktpreis von dem Verhältnis abhängt, in dem Nachfrage und Zufuhr zueinander stehen. (›Der große Grundsatz von Zufuhr und Nachfrage wurde in Tätigkeit gesetzt, um ebenso das zu bestimmen, was A. Smith natürliche Preise, wie das, was er Marktpreise nennt.‹ – Malthus.)« (»Observations on certain verbal disputes etc.«, London 1821, p. 60, 61.) Der kluge Mann begreift nicht, daß im vorliegenden Fall gerade der Wechsel in cost of production, also auch im Wert, die Änderung in der Nachfrage, also im Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr, hervorgebracht hatte und daß diese Änderung in der Nachfrage eine Änderung in der Zufuhr herbeiführen kann; was gerade das Gegenteil beweisen würde von dem, was unser Denker beweisen will; es würde nämlich beweisen, daß die Änderung in den Produktionskosten keineswegs von dem Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr reguliert ist, sondern im Gegenteil selbst dies Verhältnis reguliert.
32 »Wenn jeder einzelne einer Klasse nie mehr haben könnte als einen gegebenen Anteil oder einen aliquoten Teil von Gewinn und Besitz des Ganzen, so würde er sich bereitwillig vereinigen, um die Gewinne hinaufzutreiben« (das tut er, sobald das Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr es erlaubt): »das ist Monopol. Aber wo jeder einzelne denkt, daß er irgendwie die absolute Summe seines eigenen Anteils vergrößern könne, wenn auch durch ein Verfahren, das die Gesamtsumme verringert, wird er es oft tun: das ist Konkurrenz.« (»An Inquiry into those principles respecting the nature of demand etc.«, London 1821, p. 105.)
33 Malthus.
34 Es ist höchst eigentümlich, daß Ricardo (der natürlich in andrer Weise verfährt als hier geschehn, da er die Ausgleichung der Werte zu Produktionspreisen nicht verstand) nicht einmal auf diesen Einfall kam, sondern nur den ersten Fall, das Steigen des Arbeitslohns und seinen Einfluß auf die Produktionspreise der Waren betrachtet hat. Und das servum pecus imitatorum ging selbst nicht so weit voran, diese höchst selbstverständliche. In der Tat tautologische Nutzanwendung zu machen.
35 »Wir sollten gleichfalls erwarten, daß – wenn sich auch die Profitrate des Kapitals infolge der zusätzlichen Anlage von Kapital auf dem Boden und des Steigens der Löhne verringert – doch die Gesamtsumme der Profite wächst. Angenommen nun, daß bei wiederholten Kapitalzugängen von 100000 Pfd. St. die Profitrate von 20 auf 19, auf 18, auf 17 Prozent fiele, sich also eine ständig fallende Rate ergäbe; man sollte erwarten, daß die Profitsumme, die jene einander folgenden Kapitalbesitzer erhalten, immer stiege, daß sie großer sein würde, wenn das Kapital 200000 Pfd. St. als wenn es 100000 Pfd. St. beträgt, und noch größer, wenn es 300000 Pfd. St. ausmacht, und so weiter, trotz verminderter Rate mit jeder Steigerung des Kapitals wachsend. Diese Progression stimmt jedoch nur für eine gewisse Zeit. So ist 19 Prozent von 200000 Pfd. St. mehr als 20 Prozent von 100000 Pfd. St., 18 Prozent von 300000 Pfd. St. ist wieder mehr als 19 Prozent von 200000 Pfd. St. Aber nachdem das Kapital zu einer großen Summe angewachsen ist und die Profite gefallen sind, vermindert die weitere Akkumulation die Gesamtsumme des Profits. Angenommen also, die Akkumulation würde 1000000 Pfd. St. und der Profit 7 Prozent betragen, so wird die Gesamtsumme des Profits 70000 Pfd. St. ausmachen. Wenn jetzt zu der Million eine Vermehrung von 100000 Pfd. St. Kapital hinzukäme und der Profit auf 6 Prozent fiele, dann würden die Kapitalbesitzer 66000 Pfd. St. erhalten, eine Verminderung von 4000 Pfd. St., obwohl die Gesamtsumme des Kapitals von 1000000 Pfd. St. auf 1100000 Pfd. St. angestiegen wäre.« Ricardo, »Pol. Econ.«, chapt. VII (»Works«, ed. MacCulloch, 1852, p. 68, 69). In der Tat ist hier angenommen, daß das Kapital wächst von 1000000 auf 1100000, also um 10%, während die Profitrate fällt von 7 auf 6, also um 14 2/7%. Hinc illae lacrimae.
36 A. Smith hat hier recht gegen Ricardo, welcher sagt: »Sie behaupten, daß die Gleichheit der Profite durch das allgemeine Steigen der Profite zustande gebracht werden wird; und ich bin der Meinung, daß die Profite des bevorzugten Gewerbes schnell auf den allgemeinen Stand sinken werden.« (»Works«, ed. Mac Culloch, p.73.)
37 Das Obige steht in Klammern, weil es, obwohl aus einer Notiz des Originalmanuskripts umredigiert, in einigen Ausführungen über das im Original vorgefundene Material hinausgeht. – F. E.
38 Um das Kaufmannskapital als Produktionskapital klassifizieren zu können, verwechselt Ramsay es mit der Transportindustrie und nennt den Handel: »den Transport der Waren von einem Ort zum anderen«. (»An Essay on the Distribution of Wealth«, p. 19.) Dieselbe Verwechslung schon bei Verri (»Meditazioni sull' Ec. Pol.«, § 4, [p. 32].) und Say (»Traité d'Éc. Pol.«, I, p. 14, 15). – In seinen »Elements of Pol. Ec.«, (Andover und New York 1835) sagt S. P. Newman: »Bei den bestehenden wirtschaftlichen Einrichtungen der Gesellschaft ist die eigentliche Verrichtung des Kaufmanns, nämlich zwischen dem Produzenten und dem Konsumenten zu stehen, dein ersten Kapital vorzuschießen und Produkte als Gegenleistung zu erhalten, diese Produkte dem anderen zu übermitteln und dafür Kapital zurückzuerhalten, eine Transaktion, die sowohl den ökonomischen Prozeß der Gemeinschaft erleichtert als auch den Produkten, mit denen sie vollzogen wird. Wert zusetzt.« (p. 174.) Produzent und Konsument sparen so Geld und Zeit durch die Dazwischenkunft des Kaufmanns. Dieser Dienst erfordert Vorschuß von Kapital und Arbeit und muß belohnt werden, »da er den Produkten Wert zusetzt, denn dieselben Produkte sind in den Händen der Konsumenten mehr wert als in den Händen der Produzenten«. Und so erscheint ihm der Handel, ganz wie Herrn Say, als »strenggenommen ein Produktionsakt« (p. 175). Diese Ansicht Newmans ist grundfalsch. Der Gebrauchswert einer Ware ist größer in der Hand des Konsumenten als in der Hand des Produzenten, weil er hier überhaupt erst realisiert wird. Denn der Gebrauchswert einer Ware wird erst realisiert, tritt in Funktion, sobald die Ware in die Sphäre der Konsumtion übertritt. In der Hand des Produzenten existiert er nur in potentieller Form. Aber man bezahlt eine Ware nicht zweimal, erst ihren Tauschwert und dann ihren Gebrauchswert noch extra. Dafür, daß ich ihren Tauschwert zahle, eigne ich ihren Gebrauchswert mir an. Und der Tauschwert erhält nicht den geringsten Zuwachs dadurch, daß die Ware aus der Hand des Produzenten oder Zwischenhändlers in die des Konsumenten übergeht.
39 John Bellers.
40 Wie diese 1865 geschriebne Prognose der Schicksale des kommerziellen Proletariats sich seitdem bewährt hat, davon können die Hunderte deutscher Kommis ein Liedchen singen, die, in allen kommerziellen Operationen und in 3-4 Sprachen bewandert, in der Londoner City vergebens ihre Dienste um 25 Schill. die Woche anbieten – weit unter dem Lohn eines geschickten Maschinenschlossers. – Eine Lücke von zwei Seiten im Manuskript deutet an, daß dieser Punkt noch weiter entwickelt werden sollte. Im übrigen ist zu verweisen auf Buch II, Kap. VI (Die Zirkulationskosten), S. 105-113, wo bereits verschiednes hieher Gehörige berührt ist. – F. E.
41 »Der Profit bleibt prinzipiell stets derselbe, wie hoch auch immer der Preis sei; er hält seinen Platz wie ein schwimmender Körper bei Flut oder Ebbe. Soweit daher die Preise steigen, erhöht ein Geschäftsmann den Preis; soweit sie fallen, senkt ein Geschäftsmann den Preis.« (Corbet, »An Inquiry into the Causes etc. of the Wealth of Individuals«, London 1841, p. 20.) – Es ist hier wie im Text überhaupt nur vom gewöhnlichen Handel, nicht von der Spekulation die Rede, deren Betrachtung, wie überhaupt alles auf Teilung des merkantilen Kapitals Bezügliche, außerhalb des Kreises unsrer Betrachtung fällt. »Der Handelsprofit ist ein dem Kapital hinzugefügter Wert, der vom Preise unabhängig ist, der zweite« (Spekulationsprofit) »ist in der Veränderung des Kapitalwerts oder des Preises selbst begründet.« (l. c. p. 128.)
42 Es ist eine sehr naive, aber zugleich sehr richtige Bemerkung: »Sicher hat daher auch der Umstand, daß eine und dieselbe Ware bei verschiednen Verkäufern zu wesentlich verschiednen Preisen zu erlangen ist, sehr häufig seinen Grund in einer unrichtigen Kalkulation.« (Feller und Odermann, »Das Ganze der kaufmännischen Arithmetik«, 7. Aufl., 1859 [S. 451].) Es zeigt dies, wie die Preisbestimmung rein theoretisch, d.h. abstrakt wird.
43 »Zur Kritik der Pol. Oekon.«, S. 27.
44 »Schon aus der großen Verschiedenheit der Münzen in Ansehung sowohl des Schrots und Korns, als des Gepräges der vielen münzberechtigten Fürsten und Städte, entsprang die Notwendigkeit in Handelsgeschäften, wo Ausgleichung vermittelst einer Münze nötig war, sich überall der örtlichen zu bedienen. Zum Behuf von Barzahlungen versahen sich die Kaufleute, wenn sie einen fremden Markt bereisten, mit ungemünztem reinem Silber, wohl auch mit Gold. Ebenso vertauschten sie bei Antretung der Rückreise die eingenommene Ortsmünze in ungemünztes Silber oder Gold. Wechselgeschäfte, Umsatz ungemünzter edler Metalle gegen örtliche Münze und umgekehrt, wurden daher ein sehr verbreitetes einträgliches Geschäft.« (Hüllmann, »Städtewesen des Mittelalters«, Bonn 1826-1829, I, p. 437, 438.) – »Die Wechselbank hat ihren Namen nicht... von dem Wechsel, Wechselbrief, sondern vom Wechseln der Geldsorten. Lange vor der Gründung der Amsterdamer Wechselbank im Jahre 1609 hatte man in den niederländischen Handelsstädten schon Wechsler und Wechselhäuser, selbst Wechselbanken... Das Geschäft dieser Wechsler bestand darin, daß sie die zahlreichen verschiedenen Münzsorten, die durch fremde Händler ins Land gebracht wurden, gegen gesetzlich gangbare Münzen einwechselten. Allmählich erweiterte sich ihr Wirkungskreis... Sie wurden die Kassierer und Bankiers ihrer Zeit. Aber in der Vereinigung der Kassierertätigkeit mit dem Wechselgeschäft sah die Amsterdamer Regierung eine Gefahr, und um dieser Gefahr zu begegnen, beschloß man die Gründung einer großen Anstalt, die sowohl das Wechseln wie das Kassieren mit öffentlicher Vollmacht besorgen sollte. Diese Anstalt war die berühmte Amsterdamer Wechselbank von 1609. Ebenso hatten die Wechselbanken von Venedig, Genua, Stockholm, Hamburg ihre Entstehung der fortwährenden Notwendigkeit des Umwechselns von Geldsorten zu verdanken. Von diesen allen ist die Hamburger die einzige, die noch heute besteht, weil das Bedürfnis nach solch einer Einrichtung in dieser Handelsstadt, die kein eigenes Münzsystem hat, Sich noch immer fühlbar macht etc.« (S. Vissering, »Handboek van Praktische Staathuishoudkunde«, Amsterdam 1860, I, p. 247, 248.)
45 »Die Einrichtung der Kassierer hat vielleicht nirgends ihren ursprünglichen, selbständigen Charakter so rein bewahrt wie in den niederländischen Kaufstädten (s. über den Ursprung der Kassiererei in Amsterdam E. Luzac, ›Hollands Rijkdom‹, deel III). Ihre Funktionen stimmen zum Teil überein mit denen der alten Amsterdamer Wechselbank. Der Kassierer empfängt von den Kaufleuten, die seine Dienste anwenden, einen gewissen Betrag in Geld, wofür er ihnen ein ›credit‹ in seinen Büchern eröffnet; ferner senden sie ihm ihre Schuldforderungen, die er für sie einzieht und sie dafür kreditiert; dagegen macht er gegen ihre Anweisungen (kassiers briefjes) Zahlungen und belastet ihre laufende Rechnung mit deren Beträgen. Für diese Eingänge und Auszahlungen berechnet er dann eine geringe Provision, die nur durch die Bedeutung der Umsätze, zu denen er es zwischen beiden bringt, einen entsprechenden Lohn für seine Arbeit abwirft. Wenn Zahlungen auszugleichen sind zwischen zwei Kaufleuten, die beide mit demselben Kassierer arbeiten, so erledigen sich solche Zahlungen sehr einfach durch gegenseitige Buchung, während die Kassierer ihnen von Tag zu Tag ihre gegenseitigen Forderungen ausgleichen. In dieser Vermittlung von Zahlungen besteht also das eigentliche Kassierergeschäft; es schließt also industrielle Unternehmungen, Spekulationen und die Eröffnung von Blankokrediten aus; denn die Regel muß hier sein, daß der Kassierer für denjenigen, dem er eine Rechnung in seinen Büchern eröffnet hat, keine Zahlung über sein Guthaben hinaus leistet.« (Vissering, l. c. p. 243, 244.) – Über die Kassenvereine zu Venedig: »Durch das Bedürfnis und durch die Örtlichkeit von Venedig, wo das Herumtragen von Barschaften lästiger als an andren Orten, führten die Großhändler dieser Stadt Kassenvereine ein unter gehöriger Sicherheit, Aufsicht und Verwaltung, legten die Mitglieder eines solchen Vereins gewisse Summen nieder, auf die sie ihren Gläubigern Anweisungen ausstellten, worauf dann die gezahlte Summe auf dem Blatt des Schuldners in dem darüber geführten Buche abgeschrieben und der Summe, welche der Gläubiger darin zugut hatte, zugesetzt wurde. Die ersten Anfänge der sog. Girobanken. Alt sind diese Vereine. Aber wenn man sie ins 12. Jahrhundert verlegt, so verwechselt man sie mit der 1171 eingerichteten Staatsanleihe-Anstalt.« (Hüllmann, l. c. p. 453, 454.)
46 Der weise Roscher hat ausgeklügelt, daß, wenn Gewisse den Handel als »Vermittlung« zwischen Produzenten und Konsumenten charakterisieren, »man« ebensogut die Produktion selbst als »Vermittlung« der Konsumtion (zwischen wem?) charakterisieren könne, woraus natürlich folgt, daß das Handelskapital ein Teil des produktiven Kapitals ist wie Ackerbau-und Industriekapital. Weil man also sagen kann, daß der Mensch nur durch die Produktion seine Konsumtion vermitteln kann (dies muß er tun selbst ohne Leipziger Bildung) oder daß die Arbeit nötig ist zur Aneignung der Natur (was man »Vermittlung« nennen kann), so folgt daraus natürlich, daß eine aus einer spezifischen gesellschaftlichen Form der Produktion hervorgehende gesellschaftliche »Vermittlung« – weil Vermittlung – denselben absoluten Charakter der Notwendigkeit hat, denselben Rang. Das Wort Vermittlung entscheidet alles. Übrigens sind die Kaufleute ja nicht Vermittler zwischen Produzenten und Konsumenten (die letztren in der Scheidung von den erstren, die Konsumenten, die nicht produzieren, zunächst außer acht gelassen), sondern des Austausches der Produkte dieser Produzenten untereinander, sind nur die Zwischenpersonen eines Austausches, der immer in tausend Fällen ohne sie vorgeht.
47 Herr W. Kiesselbach (»Der Gang des Welthandels im Mittelalter«, 1860) lebt in der Tat immer noch in den Vorstellungen einer Welt, worin das Kaufmannskapital die Form des Kapitals überhaupt ist. Von dem modernen Sinn des Kapitals hat er nicht die geringste Ahnung, sowenig wie Herr Mommsen, wenn er in seiner »Römischen Geschichte« von »Kapital« spricht und von Herrschaft des Kapitals. In der modernen englischen Geschichte erscheint der eigentliche Handelsstand und die Handelsstädte auch politisch reaktionär und im Bund mit der Grundaristokratie und Finanzaristokratie gegen das industrielle Kapital. Man vergleiche z.B. die politische Rolle von Liverpool gegenüber Manchester und Birmingham. Die vollständige Herrschaft des industriellen Kapitals ist erst seit Aufhebung der Kornzölle etc. vom englischen Kaufmannskapital und von der Finanzaristokratie (moneyed interest) anerkannt.
48 »Die Bewohner der Handelsstädte führten aus reichern Ländern verfeinerte Manufakturwaren und kostspielige Luxusartikel ein und boten so der Eitelkeit der großen Grundeigentümer Nahrung, die diese Waren begierig kauften und große Mengen vom Rohprodukt ihrer Ländereien dafür zahlten. So bestand der Handel eines großen Teils von Europa in dieser Zeit im Austausch des Rohprodukts eines Landes gegen die Manufakturprodukte eines in der Industrie fortgeschrittnern Landes... Sobald dieser Geschmack sich verallgemeinerte und eine bedeutende Nachfrage veranlaßte, fingen die Kaufleute an, um die Frachtkosten zu sparen, ähnliche Manufakturen in ihrem eignen Lande anzulegen.« (A. Smith, [»Wealth of Nations«, Aberdeen, London 1848] Book III, chap. III [p. 267].)
49 »Nun ist bei den Kaufleuten eine grosse Klage über die Edelleut oder Räuber, wie sie mit grosser Fahr müssen handeln, und werden drüber gefangen, geschlagen, geschart und beraubt. Wenn sie aber solches um der Gerechtigkeit willen litten: so wären freilich die Kaufleut heilige Leut... Aber weil solch gross Unrecht und unchristliche Dieberei und Räuberei über die ganze Welt durch die Kaufleut, auch selbst unter einander, geschieht: was ist Wunder, ob Gott schafft, dass solch gross Gut, mit Unrecht gewonnen, wiederum verloren oder geraubt wird, und sie selbst dazu über die Köpfe geschlagen oder gefangen werden?... Und den Fürsten gebürt, solch unrechte Kaufhändel mit ordentlicher Gewalt zu strafen und zu weren, dass ihre Untertanen nicht so schändlich von den Kaufleuten geschunden würden. Weil sie das nicht thun: so braucht Gott der Reuter und Räuber, und straft: durch sie das Unrecht an den Kaufleuten, und müssen seine Teufel sein: gleich wie er Aegyptenland und alle Welt mit Teufeln plagt, oder mit Feinden verderbt. Also stäubt er einen Buben mit dem andern, ohn dass er dadurch zu verstehen giebt, dass Reuter geringre Räuber sind dann die Kaufleut: sintemal die Kaufleut täglich die ganze Welt rauben, wo ein Reuter im Jahr einmal oder zwei, einen oder zween beraubt.« – »Gehet nach dem Spruch EsaieA23: deine Fürsten sind der Diebe Gesellen geworden. Die weil lassen sie Diebe hängen, die einen Gülden oder einen halben gestolen haben; und hantiren mit denen, die alle Welt berauben, und stehlen sicherer denn alle andre, dass ja das Sprüchwort war bleibe: grosse Diebe hängen die kleinen Diebe; und wie der römische Ratsherr Cato sprach: Schlechte Diebe liegen in Thürmen und Stöcken, aber öffentliche Diebe gehen in Gold und Seiden. Was wird aber zuletzt Gott dazu sagen? Er wird thun wie er durchA24 Ezechiel spricht, Fürsten und Kaufleut, einen Dieb mit dem andern, in einander schmelzen, wie Blei und Ertz, gleich als wenn eine Stadt ausbrennt, dass weder Fürsten noch Kaufleut mer seien.« (Martin Luther, Bücher vom Kaufhandel und Wucher Vom Jahr 1527.)
50 Wie sehr überwiegend in der holländischen Entwicklung, von andren Umständen abgesehn, die in Fischfang, Manufaktur und Agrikultur gelegte Basis, ist schon von Schriftstellern des 18. Jahrhunderts auseinandergesetzt worden. S. z.B. Massie. – Im Gegensatz zu der frühern Auffassung, die Umfang und Bedeutung des asiatischen, antiken und mittelalterlichen Handels unterschätzte, ist es Mode geworden, ihn außerordentlich zu überschätzen. Am besten hellt man sich von dieser Vorstellung, wenn man die englische Aus- und Einfuhr gegen Anfang des 18. Jahrhunderts betrachtet und der heutigen gegenüberstellt. Und doch war sie unvergleichlich größer als die irgendeines frühern Handelsvolks. (Siehe Anderson, »History of Commerce« [p. 261 sqq.].)
51 Wenn die Geschichte irgendeines Volks, bietet die Wirtschaft der Engländer in Indien die Geschichte verfehlter und wirklich alberner (in der Praxis infamer) ökonomischer Experimente. In Bengalen schufen sie eine Karikatur des englischen großen Grundeigentums; im südöstlichen Indien eine Karikatur des Parzelleneigentums; im Nordwesten verwandelten sie, soviel an ihnen, das indische ökonomische Gemeinwesen mit Gemeineigentum am Boden in eine Karikatur seiner selbst.
52 Seitdem Rußland die krampfhaftesten Anstrengungen macht, eine eigne kapitalistische Produktion zu entwickeln, die ausschließlich auf den innern und den angrenzenden asiatischen Markt angewiesen ist, fängt dies auch an anders zu werden. – F. E.
53 Dasselbe galt von der rheinischen Band- und Litzenwirkerei und Seidenweberei. Bei Krefeld ist sogar eine eigene Eisenbahn für den Verkehr dieser ländlichen Handweber mit den städtischen »Fabrikanten« gebaut, aber seitdem mitsamt den Handwebern durch die mechanische Weberei brachgelegt worden. – F. E.
54 Dies System ist seit 1865 auf noch weit größerem Fuß ausgebildet worden. Ausführliches darüber im »First Report of the Select Committee of the House of Lords on the Sweating System«, London 1888. – F. E.
55 Es wären hier einige Stellen zu zitieren, wo die Ökonomen die Sache so fassen. – »Sie« (die Bank von England) »machen sehr große Geschäfte mit der Ware Kapital?« wird im Zeugenverhör zum »Report on Bank Acts«, H. of C. 1857 [p. 104] ein Direktor dieser Bank gefragt.
56 »Daß ein Mann, der Geld borgt, mit der Absicht, Profit davon zu machen, einen Teil des Profits dem Verleiher geben soll, ist ein selbstverständliches Prinzip der natürlichen Gerechtigkeit.« (Gilbart, »The History and Principles of Banking«, London 1834, p. 163.)
57 »Ein Haus«, »Geld« etc. sollen daher, wenn's nach Proudhon geht, nicht als »Kapital« verliehen, sondern als »Ware... zum Kostpreis« (p. 43, 44) veräußert werden. Luther stand etwas höher als Proudhon. Er wußte schon, daß das Profitmachen unabhängig ist von der Form des Leihens oder Kaufens: »Machen aus dem Kaufen auch einen Wucher. Aber das ist jetzt zu viel auf einen Bissen. Müssen jetzt das eine Stück, als vom Wucher im Leihen handeln, wenn wir dem haben gesteuret (nach dem jüngsten Tage), so wollen wir dem Kaufwucher auch seinen Text wol lesen.« (M. Luther, »An die Pfarrherrn wider den Wucher zu predigen«, Wittenberg 1540.)
58 »Die Berechtigung zum Zinsnehmen hängt nicht davon ab, ob jemand Profit macht oder nicht, sondern von seiner« (des Geborgten) »Fähigkeit, Profit zu erzeugen, wenn es richtig angewandt wird.« (»An Essay on the Governing Causes of the Natural Rate of Interest, wherein the sentiments of Sir W. Petty and Mr. Locke, on that head, are considered«, London 1750, p. 49. Verfasser der anonymen Schrift: J. Massie.)
59 »Die Reichen, statt ihr Geld selbst zu verwenden,... verleihen es an andere Leute, damit diese Profit machen und für die Eigentümer einen Teil der so gemachten Profite vorbehalten.« (l. c. p. 23, 24.)
60 »Der Ausdruck Wert (value) angewandt auf currency hat drei Bedeutungen... 2. currency actually in hand, verglichen mit demselben Betrag von currency, der an einem spätern Tage eingehn wird. Dann ist ihr Wert gemessen durch den Zinsfuß, und der Zinsfuß bestimmt by the ratio between the amount of loanable capital and the demand for it«. (Oberst R. Torrens, »On the Operation of the Bank Charter Act of 1844 etc.«, 2nd ed., 1847 [p. 5, 6].)
61 »Der Doppelsinn des Ausdrucks Wert des Geldes oder des Zirkulationsmittels, wenn er unterschiedslos angewandt wird, um sowohl Tauschwert der Waren wie auch Gebrauchswert des Kapitals zu bezeichnen, ist eine ständige Quelle der Konfusion.« (Tooke, »Inquiry into the Currency Principle«, p. 77.) – Die Hauptkonfusion (die in der Sache selbst liegt), daß Wert als solcher (der Zins) zum Gebrauchswert des Kapitals wird, sieht Tooke nicht.
62 »Die natürliche Zinsrate wird reguliert durch die Profite der Unternehmungen der einzelnen.« (Massie, l. c. p. 51.)
63 Hier findet sich folgende Bemerkung im Manuskript: »Aus dem Gang dieses Kapitels ergibt sich, daß es doch besser ist, bevor die Gesetze der Verteilung des Profits untersucht werden, zunächst zu entwickeln, wie die quantitative Teilung eine qualitative wird. Es ist, um den Übergang vom vorigen Kapitel dazu zu machen, nichts nötig, als zunächst den Zins als irgendeinen nicht näher bestimmten Teil des Profits zu unterstellen.«
64 »In der ersten Periode, unmittelbar nach einer Zeit des Drucks, ist Geld reichlich ohne Spekulation; in der zweiten Periode ist Geld reichlich und die Spekulation üppig; in der dritten Periode beginnt die Spekulation nachzulassen und Geld ist gesucht; in der vierten Periode ist Geld rar und der Druck tritt ein.« (Gilbart, l. c., I, p. 149.)
65 Tooke erklärt dies »durch die Akkumulation von Surpluskapital, einer notwendigen Begleiterscheinung des Mangels profitabler Anlage in vorhergehenden Jahren, durch Inumlaufsetzen von Schätzen und durch die Wiederbelebung des Vertrauens auf die Entwicklung des Geschäfts«. (»History of Prices from 1839 to 1847«, London 1848, p. 54.)
66 »Einem alten Kunden eines Bankiers wurde die Beleihung eines Papiers in Höhe von 200000 Pfd. St. verweigert; im Begriff wegzugehen, um seine Zahlungseinstellung bekanntzumachen, wurde ihm gesagt, daß keine Notwendigkeit zu diesem Schritt vorliege, unter den gegebenen Umständen würde der Bankier das Wertpapier zu 150000 Pfd. St. kaufen.« ([H. Roy,] »The Theory of the Exchanges. The Bank Charter Act of 1844 etc.«, London 1864, p. 80.)
67 Da der Zinsfuß im ganzen bestimmt ist durch die Durchschnittsprofitrate, kann sehr oft außerordentlicher Schwindel mit niedrigem Zinsfuß verbunden sein. Z.B. beim Eisenbahnschwindel im Sommer 1844. Der Zinsfuß der Bank von England wurde erst auf 3% erhöht 16. Oktober 1844.
68 So macht z.B. J. G. Opdyke: »A Treatise on Pol. Econ.«, New York 1851, einen höchst mißlungenen Versuch, die Allgemeinheit des Zinsfußes von 5% aus ewigen Gesetzen zu erklären. Ungleich naiver Herr Karl Arnd in: »Die naturgemäße Volkswirthschaft gegenüber dem Monopoliengeist und dem Kommunismus etc.«, Hanau 1845. Hier steht zu lesen: »In dem natürlichen Gange der Gütererzeugung gibt es nur eine Erscheinung, welche – in ganz angebauten Ländern – den Zinsfuß einigermaßen zu regulieren bestimmt scheint; es ist dies das Verhältnis, in welchem die Holzmassen der europäischen Wälder durch ihren jährlichen Nachwuchs zunehmen. Dieser Nachwuchs folgt, ganz unabhängig von ihrem Tauschwert« (wie komisch von den Bäumen, ihren Nachwuchs unabhängig von ihrem Tauschwert einzurichten!), »in dem Verhältnisse 3 bis 4 zu 100. Hiernach wäre also« (da der Nachwuchs der Bäume nämlich von ihrem Tauschwert ganz unabhängig ist, sosehr ihr Tauschwert von ihrem Nachwuchs abhängen mag) »ein Herabsinken unter den Stand, welchen er« (der Zinsfuß) »gegenwärtig in den reichsten Ländern hat, nicht zu erwarten,« (p. 124, 125.) – Dies verdient, der »waldursprüngliche Zinsfuß« genannt zu werden, und sein Entdecker macht sich im selben Werk noch weiter um »unsere Wissenschaft« verdient als »Philosoph der Hundesteuer« [p. 420, 421].
69 Die Bank von England erhöht und senkt die Rate ihres Diskontos, obgleich natürlich immer mit Berücksichtigung der im offnen Markt herrschenden Rate, nach dem Zufluß und Abfluß des Goldes. »Dadurch ist das Spekulieren im Wechseldiskont durch Vorwegnahme der Veränderungen der Bankrate jetzt zum halben Geschäft der großen Häupter des Geldzentrums geworden« – d.h. des Londoner Geldmarkts. ([H. Roy,] »The Theory of the Exchanges etc.«, p. 113.)
70 »Der Preis der Waren schwankt beständig; sie sind alle für verschiedne Arten von Gebrauch bestimmt; das Geld dient für jeden Zweck. Die Waren, selbst derselben Art, unterscheiden sich nach der Güte; das bare Geld ist immer vom selben Wert oder soll es doch sein. Daher kommt es, daß der Preis des Geldes, den wir mit dem Wort Zins bezeichnen, eine größre Festigkeit und Gleichmäßigkeit besitzt als der jeder andern Sache.« (J. Steuart, »Principles of Pol. Econ.«, Franz. Übers., 1789, IV, p. 27.)
71 »Diese Regel der Teilung des Profits ist jedoch nicht anzuwenden auf jeden Verleiher und Borger im einzelnen, sondern auf Verleiher und Borger im allgemeinen... Bemerkenswert große oder kleine Gewinne sind das Entgelt der Geschicklichkeit oder des Mangels an Geschäftskenntnis, womit die Verleiher überhaupt nichts zu tun haben; denn da sie durch diesen nicht Schaden leiden, brauchen sie aus jener nicht Vorteil zu ziehen. Was von einzelnen Leuten in demselben Geschäft gesagt, ist auch auf verschiedene Arten des Geschäfts anwendbar; wenn die in irgendeinem Geschäftszweig tätigen Kaufleute und Gewerbetreibenden durch das von ihnen geborgte Geld mehr verdienen als den gewöhnlichen Profit, der von anderen Kaufleuten und Gewerbetreibenden desselben Landes gemacht wird, so gehört der Extragewinn ihnen, obwohl nur gewöhnliche Geschicklichkeit und Geschäftskenntnis nötig war, um ihn zu machen; und er gehört nicht dem Verleiher, der sie mit Geld versorgt hat... denn die Verleiher würden ihr Geld zum Betreiben irgendeines Geschäftszweigs nicht zu Bedingungen verliehen haben, die eine Zahlung unter der allgemeinen Zinsrate zulassen; daher aber brauchen sie auch nicht mehr als diese zu erhalten, welcher Vorteil immer aus ihrem Geld gezogen wurde.« (Massie, l. c. p. 50, 51.)
Bankrate 5 Prozent Marktrate, 60-Tage-Wechsel 3 5/8 Prozent dito, 3-Monats-Wechsel 3 1/2 Prozent dito, 6-Monats-Wechsel 3 5/16 Prozent Darlehen an Wechselmakler, täglich kündbar 1 - 2 Prozent dito, für eine Woche 3 Prozent Letzte Rate für 14 Tage, Darlehen an Effektenmakler 4 3/4 - 5 Prozent Depositenzinsen (Banken) 3 1/2 Prozent dito, (Diskonthäuser) 3 - 3 1/4 Prozent
Wie groß dieser Unterschied an einem und demselben Tage sein kann, beweist obige Aufstellung der Zinsrate des Londoner Geldmarkts am 9. Dez. 1889, aus dem City-Artikel der »Dally News« vom 10. Dez. Das Minimum ist 1%, das Maximum 5%. [F. E.]
73 »Der Unternehmergewinn hängt vom Nettoprofit des Kapitals ab, nicht der letztere vom ersteren.« (Ramsay, l. c. p. 214. Net profits bei Ramsay immer = Zins.)
74 »Oberaufsicht ist hier« (beim bäuerlichen Grundbesitzer) »völlig unnötig.« (J. E. Cairnes, »The Slave Power«, London 1862, p. 48, 49.)
75 »Wenn die Natur der Arbeit verlangt, daß die Arbeiter« (nämlich die Sklaven) »über eine ausgedehnte Fläche verteilt werden, dann werden die Zahl der Aufseher und damit die Kosten der Arbeit, die diese Aufsicht erfordert, entsprechend steigen.« (Cairnes, l. c. p. 44.)
76 A. Ure, »Philos. of Manufactures«, Franz. Übers., 1836, I, p. 67, 68, wo dieser Pindar der Fabrikanten diesen zugleich das Zeugnis ausstellt, daß die meisten von ihnen von dem Mechanismus, den sie anwenden, nicht die leiseste Vorstellung haben.
77 In einem mir bekannten Fall wurde nach der Krisis von 1868 ein fallierter Fabrikant bezahlter Lohnarbeiter seiner eignen frühern Arbeiter. Die Fabrik wurde nämlich nach dem Bankrott von einer Arbeitergenossenschaft weitergeführt und der ehemalige Besitzer als Dirigent angestellt. – F. E.
78 Die hier angezognen Rechnungsablagen gehn höchstens bis 1864, da das Obige 1865 geschrieben wurde. – F. E.
79 »Meister sind ebensogut Arbeiter wie ihre Gesellen. In dieser Rolle ist ihr Interesse genau dasselbe wie das ihrer Leute. Aber sie sind außerdem entweder Kapitalisten oder Agenten der Kapitalisten, und in dieser Hinsicht ist ihr Interesse entschieden entgegengesetzt dem Interesse der Arbeiter.« (p. 27.) »Die weite Verbreitung der Bildung unter den industriellen Arbeitern dieses Landes verringert täglich den Wert der Arbeit und der Geschicklichkeit fast aller Meister und Unternehmer, indem sie die Zahl der Personen steigert, die das Fachwissen dieser besitzen.« (p. 30. Hodgskin, »Labour defended against the Claims of Capital etc.«, London 1825.)
80 »Die allgemeine Lockerung der konventionellen Schranken und die gesteigerten Bildungserleichterungen wirken dahin, die Löhne der gelernten Arbeiter zu senken, statt die der ungelernten Arbeiter zu steigern.« (J. St. Mill, »Princ. of Pol. Econ.«, 2nd ed., London 1849, I, p. 479.)
81 Richard Price, »An Appeal to the Public on the subjeet of the National Debt«, London 1772, [p. 19]. Er macht den naiven Witz: »Man muß Geld borgen zu einfachen Zinsen, um es auf Zinzeszinsen zu vermehren.« (R. Hamilton, »An Inquiry into the Rise and Progress of the National Debt of Great Britain«, 2nd ed., Edinburgh 1814 [P. 133].) Darnach wäre Pumpen überhaupt das sicherste Mittel der Bereicherung auch für Private. Aber wenn ich z.B. 100 Pfd. St. zu 5% jährlichem Zins aufnehme, habe ich Ende des Jahrs 5 Pfd. St. zu zahlen, und gesetzt, dieser Vorschuß daure 100 Millionen Jahre, so habe ich in der Zwischenzelt in jedem Jahr immer nur 100 Pfd. St. auszuleihen und ebenso in jedem Jahre 5 Pfd. St. zu zahlen. Ich komme durch diesen Prozeß nie dazu, 105 Pfd. St. auszuleihen, dadurch, daß ich 100 Pfd. St. aufnehme. Und wovon soll ich die 5% zahlen? Durch neue Anleihen, oder wenn ich der Staat bin, durch Steuern. Nimmt aber der industrielle Kapitalist Geld auf, so hat er bei einem Profit von sage 15%, 5% zu zahlen als Zins, 5% zu verzehren (obgleich sein Appetit wächst mit seiner Einnahme) und 5% zu kapitalisieren. Es sind also schon 15% Profit vorausgesetzt, um beständig 5% Zins zu zahlen. Dauert der Prozeß fort, so fällt die Profitrate aus den schon entwickelten Gründen, sage von 15% auf 10%. Aber Price vergißt ganz, daß der Zins von 5% eine Profitrate von 15% voraussetzt, und läßt diese mit der Akkumulation des Kapitals fortdauern. Er hat überhaupt nichts mit dem wirklichen Akkumulationsprozeß zu tun, sondern nur Geld auszuleihen, damit es mit Zinseszinsen zurückfließe. Wie es das anfängt, ist ihm ganz gleichgültig, da dies ja die eingeborne Qualität des zinstragenden Kapitals ist.
82 Sieh Mill und Carey, und Roschers mißverständlichen Kommentar dazu.
83 »Es ist klar, daß keine Arbeit, keine Produktivkraft, kein Scharfsinn und keine Kunst den überwältigenden Ansprüchen des Zinseszinses Genüge tun kann. Aber alle Ersparnis wird von der Revenue des Kapitalisten gemacht, so daß wirklich diese Ansprüche dauernd gestellt werden und die Produktivkraft der Arbeit sich ebenso dauernd weigert, sie zu befriedigen. Es wird daher beständig eine Art Ausgleichung geschaffen.« (»Labour defended against the Claims of Capital«, p. 23. – Von Hodgskin.)
84 D.h. früher wurde erst die Dividende festgesetzt und dann von dieser dem einzelnen Aktionär bei der Auszahlung die Einkommensteuer abgezogen; nach 1844 aber wurde erst die Steuer vom Gesamtprofit der Bank bezahlt und dann die Dividende »free of Income Tax« verteilt. Dieselben nominellen Prozente sind im letzteren Fall also höher um den Betrag der Steuer. – F. E.
85 Weiteres über die Begriffsverwirrung Overstones in Sachen des Kapitals am Schluß von Kap. XXXII. [F. E.]
86 »Die durchschnittliche Notenzirkulation der Bank von Frankreich war 1812: 106538000 Franken; 1818: 101205000 Franken, während der Geldumlauf, die Gesamtmasse aller Eingänge und Zahlungen, war 1812: 2837712000 Franken; 1818: 9665030000 Franken. Die Tätigkeit des Umlaufs in Frankreich 1818 verhielt sich also zu der von 1812 wie 3 : 1. Der große Regulator der Geschwindigkeit der Zirkulation ist der Kredit... Daher zu erklären, warum ein heftiger Druck auf den Geldmarkt gewöhnlich zusammenfällt mit einer vollgefüllten Zirkulation.« (»The Currency Theory reviewed etc.«, p. 65.) – »Zwischen September 1833 und September 1843 traten nahe an 300 Banken in Großbritannien ins Leben, welche eigne Banknoten ausgaben; die Folge war eine Einschränkung in der Notenzirkulation von 2 1/2 Millionen; sie war Ende September 1833: 36035244 Pfd. St. und Ende September 1843: 33518544 Pfd. St.« (l.c. p. 53.) – »Die wunderbare Tätigkeit der schottischen Zirkulation befähigt sie, mit 100 Pfd. St. dieselbe Menge Geldgeschäfte zu erledigen, die in England 420 Pfd. St. erheischt.« (l.c. p. 55. Dies letztere bezieht sich nur auf das Technische der Operation.)
87 »Vor der Errichtung der Banken war der für die Funktion des zirkulierenden Mediums in Anspruch genommene Kapitalbetrag jederzeit größer als die wirkliche Warenzirkulation erforderte.« (»Economist«, 1845, p. 238.)
88 Man sehe z.B. in der »Times« die Fallitenlisten eines Krisenjahrs wie 1857 an und vergleiche das eigne Vermögen der Falliten mit dem Betrag ihrer Schulden. – »In Wahrheit überschreitet die Kaufkraft von Leuten, die Kapital und Kredit besitzen, weitaus alles, was in die Vorstellung derjenigen eingeht, die mit spekulativen Märkten keine praktische Bekanntschaft haben.« (Tooke, »Inquiry into the Currency Principle«, p. 79.) »Ein Mann, der im Ruf steht, Kapital genug für sein regelmäßiges Geschäft zu besitzen, und der in seiner Branche guten Kredit genießt, kann, wenn er sanguinische Ansichten von der steigenden Konjunktur des von ihm geführten Artikels hat und wenn er im Anfang und Verlauf seiner Spekulation durch die Umstände begünstigt wird, Käufe bewerkstelligen von einer geradezu enormen Ausdehnung, verglichen mit seinem Kapital.« (ibidem, p. 136.) – »Die Fabrikanten, Kaufleute etc. machen sämtlich Geschäfte weit über ihr Kapital hinaus... Das Kapital ist heutzutage viel mehr die Grundlage, worauf ein guter Kredit gebaut wird, als die Schranke der Umsätze irgendeines kommerziellen Geschäfts.« (»Economist«, 1847, p. 1333.)
89 Th. Chalmers.
90 Wir geben hier die bezügliche, auf S. 390 deutsch im Auszug zitierte Stelle aus Tooke im Original: »The business of bankers, setting aside the issue of promissory notes payable on demand, may be divided into two branches, corresponding with the distinction pointed out by Dr. (Adam) Smith of the transactions between dealers and dealers, and between dealers and consumers. One branch of the bankers' business is to collect capital from those who have not immediate employment for it, and to distribute or transfer it to those who have. The other branch is to receive deposits of the incomes of their customers, and to pay out the amount, as it is wanted for expenditure by the latter in the objects of their consumption... the former being a circulation of capital, the latter of currency.« (Tooke, »Inquiry into the Currency Principle«, p. 36.) Das erstere ist »the concentration of capital on the one hand and the distribution of it on the other«, das zweite ist »administering the circulation for local purposes of the district« (ibid. p. 37.) – Weit näher der richtigen Auffassung kommt Kinnear, in folgender Stelle: »Geld wird gebraucht, um zwei wesentlich verschiedne Operationen zu vollziehn. Als Austauschmittel zwischen Händler und Händler ist es das Instrument, wodurch Übertragungen von Kapital bewirkt werden; d.h. der Austausch eines bestimmten Kapitalbetrags in Geld für einen gleichen Kapitalbetrag in Waren. Aber Geld ausgelegt in Zahlung von Arbeitslohn und in Kauf und Verkauf zwischen Händler und Konsument ist nicht Kapital, sondern Revenue; der Teil der Revenue der Gesamtheit, der auf tägliche Ausgaben verwandt wird. Dies Geld zirkuliert in fortwährendem täglichem Gebrauch, und dies ist es allein, das im strengen Sinn Zirkulationsmittel (currency) genannt werden kann. Kapitalvorschüsse hängen ausschließlich ab von dem Willen der Bank oder andrer Kapitalbesitzer – denn Borger finden sich immer; aber der Betrag des Zirkulationsmittels hängt ab von den Bedürfnissen der Gesamtheit, innerhalb deren das Geld zum Zweck täglicher Verausgabung zirkuliert.« (J. G. Kinnear, »The Crisis and the Currency«, London 1847, [p. 3, 4].)
91 »A demand for capital on loan and a demand for additional circulation are quite distinct things, and not often found associated.« (Fullarton, l.c. p. 82, Überschrift zu ch. 5.) – »Es ist in der Tat ein großer Irrtum, sich vorzustellen, daß die Nachfrage nach Kreditgewährung (d.h. nach Verleihung von Kapital) mit einer Nachfrage nach zusätzlichen Zirkulationsmitteln identisch ist oder selbst, daß die beiden häufig zusammen vorkommen. Jede Nachfrage entsteht unter sie besonders bestimmenden Umständen, die voneinander sehr verschieden sind. Wenn alles blühend aussieht, die Löhne hoch sind, die Preise im Steigen und die Fabriken beschäftigt, dann wird gewöhnlich eine zusätzliche Zufuhr von Zirkulationsmitteln benötigt, um die zusätzlichen Funktionen zu verrichten, die von der Notwendigkeit der Vergrößerung und Vermehrung der Zahlungen untrennbar sind; es ist aber hauptsächlich auf einer fortgeschrittenem Stufe des kommerziellen Zyklus, wenn sich Schwierigkeiten zu zeigen beginnen, wenn die Märkte überfüllt sind und die Rückflüsse sich verzögern, daß der Zins steigt und ein Druck auf die Bank entsteht, Kapital vorzuschießen. Es stimmt, daß die Bank durch kein anderes Mittel Kapital vorzuschießen pflegt als durch ihre Banknoten und daß daher Verweigerung der Notenausgabe Verweigerung der Kreditgewährung bedeutet. Ist aber die Kreditgewährung einmal bewilligt, dann ordnet sich alles den Erfordernissen des Marktes gemäß; die Anleihe bleibt, und das Zirkulationsmittel, wenn nicht gebraucht, findet seinen Weg zum Ausgeber zurück. Demnach kann schon eine ganz oberflächliche Prüfung der Parlamentsberichte jeden überzeugen, daß die Menge der Wertpapiere im Besitz der Bank von England sich häufiger in einer der Menge ihrer zirkulierenden Noten entgegengesetzten Richtung bewegt als in Übereinstimmung mit ihr und daß daher das Beispiel dieser großen Anstalt keine Ausnahme von dem Lehrsatz bildet, auf den die Provinzbankiers so großen Nachdruck legen, nämlich daß keine Bank die Menge ihrer zirkulierenden Noten vergrößern kann, wenn diese bereits den gewöhnlichen Zwecken eines Banknotenumlaufs entspricht, sondern daß nach Überschreitung jener Grenze jede Vermehrung ihrer Vorschüsse von ihrem Kapital gemacht und beschafft werden muß durch den Verkauf einiger ihrer in Reserve gehaltenen Wertpapiere oder durch Verzicht auf weitere Anlagen in solchen. Die aus den Parlamentsberichten für den Zeitraum von 1833 bis 1840 zusammengestellte Tabelle, auf die ich mich auf einer vorhergehenden Seite bezogen habe, liefert fortgesetzt Beispiele für diese Wahrheit; aber schon zwei von ihnen sind so kennzeichnend, daß es für mich ganz unnötig wäre, über sie hinauszugehen. Als am 3. Januar 1837 die Geldmittel der Bank aufs äußerste angespannt waren, um den Kredit aufrechtzuerhalten und den Schwierigkeiten des Geldmarkts zu begegnen, finden wir ihre Vorschüsse für Anleihen und Diskont auf die ungeheure Summe von 17022000 Pfd. St. hinaufgetrieben, einen Betrag, wie man ihn seit dem Kriege kaum mehr kannte, und der fast gleich war der Gesamtheit der ausgegebenen Noten, die währenddessen unverändert auf einem so niedrigen Stand wie 17076000 Pfd. St. verharrte. Auf der andern Seite finden wir am 4. Juni 1833 einen Notenumlauf von 18892000 Pfd. St., verbunden mit einem Bankausweis über verfügbare private Wertpapiere von nicht mehr als 972000 Pfd. St., also fast dem niedrigsten, wenn nicht dem allerniedrigsten Stand im letzten halben Jahrhundert.« (Fullarton, l.c. p. 97, 98.) – Daß ein demand for pecuniary accommodation keineswegs identisch zu sein braucht mit einem demand for gold (was Wilson, Tooke u.a. Kapital nennen), sieht man aus folgenden Aussagen des Herrn Weguelin, Gouverneurs der Bank von England: »Das Diskontieren von Wechseln bis zu diesem Belauf« (eine Million täglich drei Tage hintereinander) »würde die Reserve« (von Banknoten) »nicht verringern, falls nicht das Publikum einen großem Betrag aktiver Zirkulation verlangte. Die beim Wechseldiskontieren ausgegebnen Noten würden zurückfließen durch Vermittlung von Banken und durch Depositen. Falls nicht jene Transaktionen die Goldausfuhr zum Zweck haben oder falls nicht im Inland eine Panik herrscht, derart, daß das Publikum seine Banknoten festhält, statt sie an die Banken einzuzahlen, würde die Reserve nicht berührt werden durch so gewaltige Umsätze.« – »Die Bank kann täglich anderthalb Millionen diskontieren, und dies geschieht fortwährend, ohne daß ihre Reserve im geringsten berührt wird. Die Noten kommen zurück als Depositen, und die einzige Änderung, die stattfindet, ist die bloße Übertragung von einem Konto auf das andre.« (»Report on Bank Acts, 1857«, Evidence Nr. 241, 500.) Die Noten dienen hier also nur als Mittel der Übertragung von Krediten.
92 Die nun folgende Stelle des Originals ist im Zusammenhang unverständlich und bis zum Schluß der Klammer vom Herausgeber neu bearbeitet. In andrem Zusammenhang ist dieser Punkt bereits in Kap. XXVI berührt worden. – F. E.
93 »Der Arbeiter hat Kapitalwert, gefunden, wenn man den Geldwert seines jährlichen Verdienstes als Zinsertrag betrachtet... Wenn man... die durchschnittlichen Taglohnsätze mit 4% kapitalisiert, so erhält man als Durchschnittswert eines landwirtschaftlichen Arbeiters männlichen Geschlechts: Deutsch-Östreich 1500 Taler, Preußen 1500, England 3750, Frankreich 2000, Inneres Rußland 750 Taler.« (Von Reden. »Vergleichende Kulturstatistik«, Berlin 1848, p. 434.)
94 〈Unmittelbar nach der Februarrevolution, als in Paris Waren und Wertpapiere aufs äußerste entwertet und total unverkäuflich waren, machte ein Schweizer Kaufmann in Liverpool, Herr R. Zwilchenbart (der dies meinem Vater erzählt hat) zu Geld, was er konnte, reiste mit der Barschaft nach Paris und ging zu Rothschild, ihm vorschlagend, ein gemeinsames Geschäft zu machen. Rothschild sah ihn starr an, stürzte auf ihn zu, ihn bei beiden Schultern fassend: »Avez-vous de l'argent sur vous?« – »Oui, M. le baron.« – »Alors vous êtes mon homme!« – Und sie machten beide ein brillantes Geschäft. – F. E.}
95 〈Diese Verdopplung und Verdreifachung von Kapital hat in den letzten Jahren sich bedeutend weiterentwickelt, z.B. durch die Financial Trusts, die im Londoner Börsenbericht schon eine besondre Rubrik einnehmen. Es bildet sich eine Gesellschaft zum Ankauf einer gewissen Klasse zinstragender Papiere, sage ausländische Staatspapiere, englische städtische oder amerikanische öffentliche Schuldscheine, Eisenbahnaktien etc. Das Kapital, sage 2 Millionen Pfd. St., wird durch Aktienzeichnung aufgebracht; die Direktion kauft die betr. Werte ein, resp. spekuliert mehr oder weniger aktiv darin, und verteilt den jährlichen Zinsenertrag nach Abzug der Kosten als Dividende unter die Aktionäre. – Ferner ist bei einzelnen Aktiengesellschaften der Brauch aufgekommen, die gewöhnlichen Aktien in zwei Klassen zu teilen, preferred und deferred. Die preferred erhalten eine fixe Verzinsung, sage 5%, vorausgesetzt, daß der Gesamtprofit dies erlaubt; bleibt dann noch etwas übrig, so erhalten es die deferred. Auf diese Weise wird die »solide« Kapitalanlage in den preferred mehr oder weniger von der eigentlichen Spekulation – in den deferred – getrennt. Da nun einzelne große Unternehmungen sich dieser neuen Mode nicht fügen wollen, ist es vorgekommen, daß sich Gesellschaften gebildet haben, die eine oder einige Millionen Pfd. St. in den Aktien jener anlegen und daraufhin für den Nominalwert dieser Aktien neue Aktien ausgeben, aber die eine Hälfte preferred und die andre deferred. In diesen Fällen werden die ursprünglichen Aktien verdoppelt, indem sie zur Grundlage neuer Aktienausgabe dienen. – F. E.}
96 〈Wie sehr sich dies seitdem noch gesteigert, beweist folgende amtliche, der »Daily News« vom 15. Dez. 1892 entlehnte Aufstellung der Bankreserven der fünfzehn größten Londoner Banken im November 1892:
Bankreserven der fünfzehn größten Londoner Banken im November 1892: Name der Bank Passiva Barreserven In Pro— Pfd. St. Pfd. St. zenten ——————————————————————————————————————————————————————————— City 9.317.629 746.551 8.01 Capital 11.392.744 1.307.483 11.47 Impreial 3.987.400 447.157 11.22 Lloyds 23.800.937 2.966.806 12.46 London and Westminister 24.671.559 3.818.885 15.50 London and S.Western 5.570.268 812.353 14.58 London Joint Stock 12.127.993 1.288.977 10.62 London and Midland 8.814.499 1.127.280 12.79 London and County 37.111.035 3.600.374 9.70 National 11.163.829 1.426.225 12.77 National Provincial 41.907.384 6.414.780 11.01 Parrs and the Alliance 12.794.489 1.532.707 11.98 Prescot and Co. 4.041.058 538.517 13.07 Union of London 15.502.618 2.300.084 14.84 Williams, Deacon, and Manchester & Co 10.452.381 1.317.628 12.60 ——————————————————————————————————————————————————————————— Total 232.655.823 27.845.807 11.97
Von diesen fast 28 Millionen Reserve sind allermindestens 25 Millionen bei der Bank von England deponiert, höchstens 3 Millionen in bar in den Kassenschränken der 15 Banken selbst. Die Barreserve aber des Bankdepartements der Bank von England betrug im selben November 1892 nie volle 16 Millionen! – F. E.}
97 〈Die Suspension des Bankakts von 1844 erlaubt der Bank, beliebige Mengen von Banknoten auszugeben, ohne Rücksicht auf deren Deckung durch den in ihren Händen befindlichen Goldschatz; also beliebige Mengen von papiernem fiktivem Geldkapital zu kreieren und damit den Banken und Wechselmaklern, und durch sie dem Handel, Vorschüsse zu machen.}
98 »Die Staatspapiere sind nichts anderes als das imaginäre Kapital, das der zur Bezahlung der Schulden bestimmte Teil des jährlichen Einkommens darstellt. Ein gleichgroßes Kapital ist vergeudet worden; dieses dient als Nenner für die Anleihe, aber es ist nicht das, was das Staatspapier darstellt; denn das Kapital existiert überhaupt nicht mehr. Mittlerweile müssen neue Reichtümer aus der Arbeit der Industrie entstellen; ein jährlicher Teil dieser Reichtümer wird im voraus denen angewiesen, die jene vergeudeten Reichtümer geliehen hatten; dieser Teil wird durch Steuern jenen abgenommen, die die Reichtümer hervorbringen, um an die Staatsgläubiger gegeben zu werden, und nach dem landesüblichen Verhältnis zwischen Kapital und Zins nimmt man ein imaginäres Kapital an, das ebenso groß ist wie das Kapital, woraus die jährliche Rente entstehen könnte, die die Gläubiger zu bekommen haben.« (Sismondi, »Nouveaux Principes«, II. p. 229, 230.)
99 Ein Teil des akkumulierten verleihbaren Geldkapitals ist in der Tat bloßer Ausdruck von industriellem Kapital. Wenn z.B. England um 1857 in amerikanischen Eisenbahnen und andren Unternehmungen 80 Millionen Pfd. St. angelegt hatte, so wurde diese Anlage fast durchweg vermittelt durch Ausfuhr englischer Waren, wofür die Amerikaner keine Rückzahlung zu machen hatten. Der englische Exporteur zog gegen diese Waren Wechsel auf Amerika, die von den englischen Aktienzeichnern aufgekauft und nach Amerika zur Einzahlung der Aktienbeträge gesandt wurden.
100 〈Wie ich schon an andrer Stelle bemerkt, ist hier seit der letzten großen allgemeinen Krise eine Wendung eingetreten. Die akute Form des periodischen Prozesses mit ihrem bisherigen zehnjährigen Zyklus scheint in eine mehr chronische, länger gezogne, sich auf die verschiednen Industrieländer verschiedenzeitig verteilende Abwechslung von relativ kurzer, matter Geschäftsbesserung mit relativ langem, entscheidungslosem Druck gewichen zu sein. Vielleicht aber handelt es sich nur um eine Ausdehnung der Dauer des Zyklus. In der Kindheit des Welthandels, 1815-1847, lassen sich annähernd fünfjährige ZyklenA35 nachweisen; von 1847-67 ist der Zyklus entschieden zehnjährig; sollten wir uns in der Vorbereitungsperiode eines neuen Weltkrachs von unerhörter Vehemenz befinden? Dahin scheint manches zu deuten. Seit der letzten allgemeinen Krise von 1867 sind große Änderungen eingetreten. Die kolossale Ausdehnung der Verkehrsmittel – ozeanische Dampfschiffe, Eisenbahnen, elektrische Telegraphen, Suezkanal – hat den Weltmarkt erst wirklich hergestellt. Dem früher die Industrie monopolisierenden England sind eine Reihe konkurrierender Industrieländer zur Seite getreten; der Anlage des überschüssigen europäischen Kapitals sind in allen Weltteilen unendlich größere und mannigfaltigere Gebiete eröffnet, so daß es sich weit mehr verteilt und lokale Überspekulation leichter überwunden wird. Durch alles dies sind die meisten alten Krisenherde und Gelegenheiten zur Krisenbildung beseitigt oder stark abgeschwächt. Daneben weicht die Konkurrenz im innern Markt zurück vor den Kartellen und Trusts, während sie auf dem äußeren Markt beschränkt wird durch die Schutzzölle, womit außer England alle großen Industrieländer sich umgeben. Aber diese Schutzzölle selbst sind nichts als die Rüstungen für den schließlichen allgemeinen Industriefeldzug, der über die Herrschaft auf dem Weltmarkt entscheiden soll. So birgt jedes der Elemente, das einer Wiederholung der alten Krisen entgegenstrebt, den Keim einer weit gewaltigeren künftigen Krise in sich. – F. E.}
101 B. A. 1857, Aussagen von Twells, Bankier: 4516. »Als Bankier machen Sie Geschäfte in Kapital oder in Geld? – Wir handeln in Geld.« – 4517. »Wie werden die Depositen in ihrer Bank eingezahlt? – In Geld.« – 4518. »Wie werden sie ausgezahlt? – In Geld.« – [4519.] »Kann man also sagen, daß sie etwas andres sind als Geld? – Nein.«
Overstone (siehe Kap. XXVI) verwirrt sich fortwährend zwischen »capital« und »money«. »Value of money« heißt bei ihm auch Zins, aber soweit er bestimmt ist durch die Masse des Geldes; »value of capital« soll der Zins sein, soweit er bestimmt wird durch die Nachfrage nach produktivem Kapital und durch den Profit, den es abwirft. Er sagt: 4140. »Der Gebrauch des Wortes Kapital ist sehr gefährlich.« – 4148. »Die Goldausfuhr aus England ist eine Verminderung der Geldmenge im Lande, und diese muß natürlich vermehrte Nachfrage im Geldmarkt überhaupt verursachen« (hiernach also nicht im Kapitalmarkt). – 4112. »Im Maß, wie das Geld aus dem Lande geht, wird die Menge im Lande vermindert. Diese Verminderung der im Lande bleibenden Menge erzeugt einen gesteigerten Wert dieses Geldes.« (Dies bedeutet ursprünglich in seiner Theorie eine durch die Kontraktion der Zirkulation verursachte Wertsteigerung des Geldes als Geld, im Vergleich zu den Warenwerten; wo also diese Steigerung im Wert des Geldes = Fall im Wert der Waren. Da aber in der Zwischenzeit selbst für ihn unwidersprechlich nachgewiesen, daß die Masse des zirkulierenden Geldes nicht die Preise bestimmt, so ist es jetzt die Verminderung des Geldes als Umlaufsmittel, die seinen Wert als zinstragendes Kapital und damit den Zinsfuß steigern soll.) »Und dieser gesteigerte Wert des noch übrigen Geldes tut dem Abfluß Einhalt und dauert fort, bis er so viel Geld zurückgebracht hat, als nötig ist, das Gleichgewicht wiederherzustellen.« – Die Fortsetzung der Widersprüche des Overstone weiter unten.
102 Hier tritt nun die Konfusion ein, daß dies beides »Geld« ist, das Depositum als Anspruch auf Zahlung von seilen des Bankiers und das deponierte Geld in der Hand des Bankiers. Bankier Twells, vor dem Bankausschuß von 1857, nimmt folgendes Beispiel: »Ich fange mein Geschäft an mit 10000 Pfd. St. Mit 5000 Pfd. St. kaufe ich Waren und nehme sie auf mein Lager. Die andern 5000 Pfd. St. deponiere ich bei einem Bankier, um dagegen nach Bedarf zu ziehn. Aber ich betrachte das Ganze immer noch als mein Kapital, obgleich 5000 Pfd. St. davon sich in der Form von Depositum oder Geld befinden.« (4528.) Hieraus entspinnt sich nun folgende artige Debatte: 4531. »Sie haben also ihre 5000 Pfd. St. in Banknoten jemand anders gegeben? – Jawohl.« – 4532. »Dann hat dieser 5000 Pfd. St. Depositen? – Jawohl.« – 4533. »Und Sie haben 5000 Pfd. St. Depositen? – Ganz richtig.« – 4534. »Er hat 5000 Pfd. St. in Geld, und Sie haben 5000 Pfd. St. in Geld? – Jawohl.« – 4535. »Aber es ist schließlich nichts als Geld? – Nein.« – Die Konfusion rührt z.T. daher: A, der die 5000 Pfd. St. deponiert hat, kann dagegen ziehn, verfügt über sie, so gut als wenn er sie noch hätte. Sie fungieren soweit für ihn als potentielles Geld. In allen Fällen, wo er dagegen zieht, vernichtet er aber sein Depositum pro tanto. Zieht er wirkliches Geld heraus und ist sein Geld schon weiterverliehen, so wird er nicht mit seinem eignen Geld bezahlt, sondern mit von einem andern deponierten Geld. Zahlt er eine Schuld an B mit einem Scheck auf seinen Bankier und deponiert B diesen Scheck bei seinem Bankier und hat der Bankier von A ebenfalls einen Scheck auf den Bankier von B, so daß die beiden Bankiers nur die Schecks austauschen, so hat das von A deponierte Geld zweimal Geldfunktion verrichtet; erstens in der Hand dessen, der das von A deponierte Geld erhalten hat; zweitens in der Hand von A selbst. In der zweiten Funktion ist es Ausgleichung von Schuldforderung (die Schuldforderung des A auf seinen Bankier und die Schuldforderung des letztem auf den Bankier von B) ohne Dazwischenkunft von Geld. Hier wirkt das Depositum zweimal als Geld, nämlich als wirkliches Geld und sodann als Anspruch auf Geld. Bloße Ansprüche auf Geld können Geldstelle vertreten nur durch Ausgleichung von Schuldforderungen.
103 Durchschnittliche Anzahl der Tage, während deren eine Banknote in Zirkulation blieb:
Durchschnittliche Anzahl der Tage, während dereneine Banknote in Zirkulation blieb: Jahr 5 10 20—100 200—500 1000 Pfd. St. Pfd. St. Pfd. St. Pfd. St. Pfd. St. ————————————————————————————————————————————————————————————————————— 1792 ? 236 209 31 22 1818 148 137 121 18 13 1846 79 71 34 12 8 1856 70 58 27 9 7
(Aufstellung des Kassierers der B. v. E. Marshall im »Report on Bank Acts«, 1857, II, Appendix p. 300, 301.)
104 In der Generalversammlung der Aktionäre der Union Bank of London am 17. Jan. 1894 erzählt der Präsident Herr Ritchie, die Bank v. E. habe 1893 den Diskonto von 2 1/2% (Juli) im August auf 3 und 4%, und da sie trotzdem in vier Wochen volle 4 1/2 Mill. Pfd. St. Gold verloren, auf 5% erhöht, worauf Gold zurückfloß und die Bankrate im Sept. auf 4, im Oktober auf 3% herabgesetzt wurde. Aber diese Bankrate sei im Markt nicht anerkannt worden. »Als die Bank rate 5% war, war die Marktrate 3 1/2% und die Rate für Geld 2 1/2%; als die Bankrate auf 4% fiel, war die Diskontorate 2 3/8% und die Geldrate 1 3/4%; als die Bankrate 3%, war die Diskontorate 1 1/2% und die Geldrate eine Kleinigkeit niedriger.« (»Daily News«, 18. Jan. 1894.) – F. E.
105 Marx, »Zur Kritik der politischen Oekonomie«, Berlin 1859, S. 150 ff.
106 Wie dies auf den Geldmarkt wirkte, zeigen folgende Aussagen von W. Newmarch: [B. A. 1857,] 1509. »Gegen Ende 1853 fanden beträchtliche Befürchtungen im Publikum statt; im September erhöhte die Bank von England ihren Diskonto dreimal hintereinander... in den ersten Oktobertagen... zeigte sich ein bedeutender Grad von Besorgnis und Alarm unter dem Publikum. Diese Befürchtungen und diese Beunruhigung wurden größtenteils gehoben vor Ende November und wurden fast ganz beseitigt durch die Ankunft von 5 Mill. Edelmetall von Australien. Dasselbe wiederholte sich im Herbst 1854 bei Ankunft, im Oktober und November, von beinahe 6 Mill. Edelmetall. Dasselbe wiederholte sich im Herbst 1855, bekanntlich eine Zeit der Aufregung und Beunruhigung, durch die Ankunft von ungefähr 8 Millionen Edelmetall während der Monate September, Oktober und November. Ende 1856 finden wir, daß dasselbe geschieht. Kurz, ich könnte ganz wohl an die Erfahrung fast jedes Mitgliedes des Ausschusses appellieren, ob wir uns nicht schon gewöhnt haben, bei irgendwelcher finanziellen Klemme die natürliche komplette Abhilfe zu sehn in der Ankunft eines Goldschiffs.«
107 Nach Newmarch kann Goldabfluß ins Ausland aus dreierlei Ursachen entspringen und zwar 1. aus rein geschäftlichen Ursachen, d.h. wenn die Einfuhr größer gewesen ist als die Ausfuhr, wie zwischen 1836 und 1844, und wiederum 1847, hauptsächlich starke Korneinfuhr; 2. um die Mittel zu beschaffen für Anlage von englischem Kapital im Ausland, wie 1857 für Eisenbahnen in Indien; und 3. für definitive Verausgabung im Ausland, wie 1853 und 1854 für Kriegszwecke im Orient.
108 1918. Newmarch. »Wenn Sie Indien und China zusammennehmen, wenn Sie in Rechnung ziehn die Umsätze zwischen Indien und Australien und die noch wichtigern Umsätze zwischen China und den Vereinigten Staaten, und in diesen Fällen ist das Geschäft ein trianguläres und die Ausgleichung findet statt durch unsre Vermittlung... dann ist es richtig, daß die Handelsbilanz nicht nur gegen England war, sondern auch gegen Frankreich und die Vereinigten Staaten.« – (B. A. 1857.)
109 Man sehe z.B. die lächerliche Antwort von Weguelin, wo er sagt, daß 5 Mill. weggeflossenes Gold um soviel Kapital weniger ist, und er damit Erscheinungen erklären will, die bei unendlich größern Preissteigerungen oder Entwertungen, Expansionen und Kontraktionen des wirklichen industriellen Kapitals nicht eintreten. Andrerseits ist der Versuch nicht minder lächerlich, diese Erscheinungen direkt als Symptome einer Expansion oder Kontraktion in der Masse des realen Kapitals (seinen stofflichen Elementen nach betrachtet) zu erklären.
110 Newmarch (B.A. 1857): 1364. »Die Metallreserve in der Bank v. E. ist in Wahrheit... die Zentralreserve oder der Zentralmetallschatz, auf Grund wovon das ganze Geschäft des Landes betrieben wird. Sie ist sozusagen der Angelpunkt, um den das ganze Geschäft des Landes sich zu drehn hat; alle andern Banken im Lande betrachten die Bank von England als den Zentralschatz oder das Reservoir, von wo sie ihre Reserve von Hartgeld zu ziehn haben; und die Wirkung der auswärtigen Wechselkurse fällt stets grade auf diesen Schatz und dies Reservoir.«
111 »Praktisch also würden beide, Tooke und Loyd, einer übergroßen Nachfrage nach Gold begegnen durch eine frühzeitige Einschränkung der Kredite vermittelst Erhöhung des Zinsfußes und Verminderung des Kapitelvorschusses. Nur verursacht Loyd durch seine Illusion lästige und selbst gefährliche 〈gesetzliche} Beschränkungen und Vorschriften.« (»Economist«, 1847, p. 1418.)
112 »Sie stimmen ganz damit überein, daß es keinen Weg gibt, die Nachfrage nach Gold zu modifizieren, als durch Erhöhung des Zinsfußes?« – Chapman 〈Associé der großen Billbrokerfirma Overend, Gurney & Co.}: »Das ist meine Ansicht. Wenn unser Gold auf einen gewissen Punkt fällt, tun wir am besten, sogleich die Sturmglocke zu läuten und zu sagen: Wir sind im Niedergang, und wer Gold ins Ausland schickt, muß es auf seine eigne Gefahr tun.« – B.A. 1857, Evid. Nr. 5057.
Siehe vorl. Band, S. 510
113 »Es ist infolge häufiger Versetzungen und Einlosungen im selben Monat und durch Versatz eines Artikels, um einen andern herauszunehmen und dabei eine kleine Gelddifferenz zu erhalten, daß der Pfandhauszins so übermäßig wird. In London sind 240 konzessionierte Pfandverleiher und in der Provinz ungefähr 1450. Das angewandte Kapital wird auf ungefähr 1 Mill. geschätzt. Es wird wenigstens dreimal im Jahre umgeschlagen und jedesmal im Durchschnitt für 33 1/2%; so daß die untern Klassen von England 100% jährlich bezahlen für den temporären Vorschuß einer Million, abgesehn von dem Verlust durch verwirkte Auslösungsfrist versetzter Artikel.« (J.D. Tuckett, »A History of the Past and Present State of the Labouring Population«, London 1846, I, p. 114.)
114 Selbst in den Titeln ihrer Werke gaben sie als Hauptzweck an »das allgemeine Wohl der Grundbesitzer, die große Steigerung des Wertes von Grundbesitz, die Befreiung des Adels und der gentry etc. von Steuern, die Vermehrung ihres jährlichen Einkommens etc.« Nur die Wucherer würden verlieren, diese schlimmsten Feinde der Nation, die dem Adel und der yeomanry mehr Schaden getan, als eine Invasionsarmee aus Frankreich hätte tun können.
115 »Karl II. von England z.B. hatte noch enorme Wucherzinsen und Agios an ›die Goldschmiede‹« (die Vorläufer der Bankiers) »zu zahlen, 20-30%. Ein so profitliches Geschäft veranlaßte ›die Goldschmiede‹, mehr und mehr dem Könige Vorschüsse zu machen, die gesamten Steuereingänge zu antizipieren, jede parlamentarische Geldbewilligung in Pfand zu nehmen, sobald sie gemacht war, auch miteinander zu wetteifern im Aufkauf und Pfandnahme von bills, orders und tallies, so daß in Wirklichkeit sämtliche Staatseinnahmen durch ihre Hand gingen.« (John Francis, »History of the Bank of England«, London 1848, I., p. 30, 31.) »Die Errichtung einer Bank war schon früher manchmal vorgeschlagen. Sie war endlich notwendig geworden.« (l.c. p.38.) »Die Bank war schon nötig allein für die von den Wucherern ausgesaugte Regierung, um Geld zu einem erträglichen Zinsfuß zu erhalten, auf die Sicherheit von parlamentarischen Bewilligungen.« (l.c. p.59, 60.)
116 Bei der Überarbeitung des Manuskripts hätte Marx diese Stelle unbedingt stark modifiziert. Sie ist inspiriert durch die Rolle der Ex-Saint-Simonisten unter dem zweiten Kaiserreich in Frankreich, wo grade, als Marx obiges schrieb, die welterlösenden Kreditphantasien der Schule kraft der geschichtlichen Ironie sich realisierten als Schwindel auf bisher unerhörter Potenz. Später sprach Marx nur mit Bewunderung vom Genie und enzyklopädischen Kopf Saint-Simons. Wenn dieser in seinen frühern Schriften den Gegensatz zwischen der Bourgeoisie und dem in Frankreich eben erst entstehenden Proletariat ignorierte, wenn er den in der Produktion tätigen Teil der Bourgeoisie mit zu den travailleurs rechnete, so entspricht dies der Auffassung Fouriers, der Kapital und Arbeit versöhnen wollte, und erklärt sich aus der ökonomischen und politischen Lage des damaligen Frankreichs. Wenn Owen hier weiter sah, so, weil er in einem andern umgebenden Mittel lebte, inmitten der industriellen Revolution und dem sich bereits akut zuspitzenden Klassengegensatz. – F. E.
117 Karl Marx, »Misère de la Philosophie«, Bruxelles et Paris 1847. – Karl Marx, »Kritik der Polit. Oekonomie«, p. 64.
118 Nichts kann komischer sein als Hegels Entwicklung des Privatgrundeigentums. Der Mensch als Person muß seinem Willen Wirklichkeit geben als der Seele der äußern Natur, daher diese Natur als sein Privateigentum in Besitz nehmen. Wenn dies die Bestimmung »der Person« ist, des Menschen als Person, so würde folgen, daß jeder Mensch Grundeigentümer sein muß, um sich als Person zu verwirklichen. Das freie Privateigentum an Grund und Boden – ein sehr modernes Produkt – ist nach Hegel nicht ein bestimmtes gesellschaftliches Verhältnis, sondern ein Verhältnis des Menschen als Person zur »Natur«, »absolutes Zueignungsrecht des Menschen auf alle Sachen«. (Hegel, »Philosophie des Rechts«, Berlin 1840, S. 79.) Soviel ist zunächst klar, daß die einzelne Person sich nicht durch ihren »Willen« als Eigentümer behaupten kann gegenüber dem fremden Willen, der sich ebenfalls in demselben Fetzen Erdkörper verleiblichen will. Es gehören dazu ganz andre Dinge als der gute Wille. Es ist ferner absolut nicht abzusehn, wo »die Person« sich die Schranke der Verwirklichung ihres Willens setzt, ob das Dasein ihres Willens sich in einem ganzen Land realisiert oder ob sie einen ganzen Haufen Länder braucht, um durch deren Aneignung »die Hoheit meines Willens gegen die Sache zu manifestieren«. [S. 80.] Hier gerät Hegel denn auch vollständig in die Brüche. »Die Besitznahme ist ganz vereinzelter Art; ich nehme nicht mehr in Besitz, als ich mit meinem Körper berühre, aber das zweite ist sogleich, daß die äußern Dinge eine weitre Ausdehnung haben, als ich fassen kann. Indem ich so was in Besitz habe, ist auch damit ein andres in Verbindung. Ich übe die Besitznahme durch die Hand, aber der Bereich derselben kann erweitert werden.« (p. 90, 91.) Aber mit diesem andren ist wieder etwas andres in Verbindung, und so verschwindet die Grenze, wie weit sich mein Wille als Seele in den Boden auszugießen hat. »Wenn ich etwas besitze, so geht der Verstand gleich dahin über, daß nicht bloß das unmittelbar Beseßne, sondern das damit Zusammenhängende mein sei. Hier muß das positive Recht seine Feststellungen machen, denn aus dem Begriffe läßt sich nichts weiter herleiten.« (p. 91.) Dies ist ein außerordentlich naives Geständnis »des Begriffs« und beweist, daß der Begriff, der von vornherein den Schnitzer macht, eine ganz bestimmte und der bürgerlichen Gesellschaft angehörige juristische Vorstellung vom Grundeigentum für absolut zu halten, von den wirklichen Gestaltungen dieses Grundeigentums »nichts« begreift. Es ist zugleich das Geständnis darin enthalten, daß mit den wechselnden Bedürfnissen der gesellschaftlichen, d.h. ökonomischen Entwicklung das »positive Recht« seine Feststellungen wechseln kann und muß.
119 Ganz konservative Agrikulturchemiker, wie z.B. Johnston, geben zu, daß eine wirklich rationelle Agrikultur überall am Privateigentum unüberwindliche Schranken findet. Dasselbe tun Schriftsteller, welche Verteidiger ex professo des Monopols des Privateigentums am Erdball sind, so z.B. Herr Charles Comte in einem zweibändigen Werk, das die Verteidigung des Privateigentums zum speziellen Zweck hat. »Ein Volk«, sagt er, »kann den aus seiner Natur sich ergebenden Grad des Wohlstands und der Macht nicht erreichen, es sei denn, daß jeder Teil des Bodens, der es ernährt, die Bestimmung erhält, die am meisten mit dem allgemeinen Interesse im Einklang steht. Um seinen Reichtümern eine große Entwicklung zu geben, müßte wenn möglich ein einziger und vor allem aufgeklärter Wille die Verfügung über jedes einzelne Stück seines Gebiets in die Hand nehmen und jedes Stück zur Prosperität aller andren beitragen machen. Aber die Existenz eines solchen Willens... würde unverträglich sein mit der Teilung des Bodens in Privatgrundstücke... und mit der, jedem Besitzer gewährleisteten Fähigkeit, über sein Vermögen in fast absoluter Weise zu verfügen.« Johnston, Comte etc. haben bei dem Widerspruch des Eigentums mit einer rationellen Agronomie nur die Notwendigkeit im Auge, den Boden eines Landes als ein Ganzes zu bebauen. Aber die Abhängigkeit der Kultur der besondren Erdprodukte von den Schwankungen der Marktpreise, und der beständige Wechsel dieser Kultur mit diesen Preisschwankungen, der ganze Geist der kapitalistischen Produktion, der auf den unmittelbaren nächsten Geldgewinn gerichtet ist, widerspricht der Agrikultur, die mit den gesamten ständigen Lebensbedingungen der sich verkettenden Menschengenerationen zu wirtschaften hat. Ein schlagendes Beispiel davon sind die Waldungen, die nur da zuweilen einigermaßen dem Gesamtinteresse gemäß bewirtschaftet werden, wo sie nicht Privateigentum, sondern der Staatsverwaltung unterworfen sind.
120 »Misère de la Philosophie«, p. 165. Ich mache dort den Unterschied zwischen terre-matière und terre-capital. »Man braucht nur in bereits in Produktionsmittel verwandelte Grundstücke weitere Kapitalanlagen hineinzustecken, um das Bodenkapital zu vermehren, ohne etwas an dem Bodenstoff, das heißt der Ausdehnung des Bodens hinzuzufügen... Das Bodenkapital ist ebensowenig ewig wie jedes andere Kapital... Das Bodenkapital ist ein fixes Kapital, aber das fixe Kapital nutzt sich ebenso ab wie die zirkulierenden Kapitalien.«
121 Ich sage »kann«, weil unter gewissen Umständen dieser Zins vom Gesetz der Grundrente reguliert wird und daher, z.B. bei Konkurrenz neuer Ländereien von großer natürlicher Fruchtbarkeit, verschwinden kann.
122 Siehe James Anderson und Carey.
123 Siehe die Anti-Corn-Law Prize-Essays. Indes hielten die Korngesetze immer die Preise auf künstlich höherm Niveau. Für die bessern Pächter war dies günstig. Sie profitierten von dem stationären Zustand, worin der Schutzzoll die große Masse der Pächter hielt, die sich mit oder ohne Grund auf den exzeptionellen Durchschnittspreis verließen.
124 John C. Morton, »The Forces used in Agriculture«, Vortrag in der Londoner Society of Arta in 1859, und begründet auf authentische Dokumente, gesammelt bei ungefähr 100 Pächtern aus 12 schottischen und 35 englischen Grafschaften.
125 Siehe über den Extraprofit die »Inquiry« (gegen Malthus).
126 〈Es ist grade die rasch anwachsende Bebauung solcher Prärie- oder Steppengegenden, die neuerdings den vielberühmten Malthusschen Satz, daß die »Bevölkerung auf die Subsistenzmittel drückt«, zum Kinderspott gemacht, und im Gegensatz dazu den Agrarierjammer erzeugt hat, wonach der Ackerbau und mit ihm Deutschland zugrunde geht, wenn man sich nicht die auf die Bevölkerung drückenden Lebensmittel gewaltsam vom Halse hält. Der Anbau dieser Steppen, Prärien, Pampas, Llanos etc. ist aber erst in den Anlangen begriffen: seine umwälzende Wirkung auf die europäische Landwirtschaft wird sich also noch ganz anders fühlbar machen als bisher. – F. E.}
127 Die obigen Tabellen IV a bis IV d mußten infolge eines durchgehenden Rechenfehlers umgerechnet werden. Dies berührte zwar nicht die aus den Tabellen entwickelten theoretischen Gesichtspunkte, brachte aber teilweise ganz monströse Zahlen-Verhältnisse der Produktion per Acre hinein. Auch diese sind im Grunde nicht anstößig. Auf allen Relief- und Höhenprofilkarten nimmt man einen bedeutend größeren Maßstab für die Vertikalen als für die Horizontalen. Wer sich dennoch in seinem agrarischen Herzen verletzt fühlt, dem steht es immer noch frei, die Zahl der Acres mit jeder ihm gefälligen Zahl zu multiplizieren. Man kann auch in der Tabelle I statt 1, 2, 3, 4 qrs. per Acre, 10, 12, 14, 16 Bushels (8 = 1 qr.) setzen, wo denn die davon abgeleiteten Zahlen der andern Tabellen innerhalb der Grenzen der Wahrscheinlichkeit bleiben; man wird finden, daß das Resultat, das Verhältnis der Rentensteigerung zur Kapitalsteigerung, ganz auf dasselbe hinauskommt. Es ist dies in den im nächstfolgenden Kapitel vom Herausgeber beigefügten Tabellen geschehen. – F. E.
128 Wakefield, »England and America«, London 1833. Vergleiche auch Buch I, Kap. XXV.
129 Siehe Dombasle und R. Jones.
130 Ricardo macht dies außerordentlich oberflächlich ab. Sieh die Stelle gegen A. Smith über Waldrente in Norwegen, »Principles«, ch. II, gleich im Anfang.
131 Laing, Newman.
132 Crowlington Strike. Engels, »Lage der arbeitenden Klasse in England«, S. 307. (Auflage von 1892, S. 259)
133 »Die Pflasterung der Londoner Straßen hat die Eigentümer einiger nackten Felsen an der schottischen Küste befähigt, eine Rente aus früher absolut nutzlosem Steinboden zu ziehn.« A. Smith, Book I, chap. XI, 2.
134 Es ist eins der Verdienste von Rodbertus, auf dessen bedeutende Schrift über die Rente wir in Buch IV zurückkommen, diesen Punkt entwickelt zu haben. Er begeht nur den Irrtum, erstens zu unterstellen, daß beim Kapital das Wachsen des Profits sich stets auch als Wachsen des Kapitals ausdrücke, so daß das Verhältnis bei steigender Masse des Profits dasselbe bleibe. Dies ist jedoch falsch, da bei veränderter Zusammensetzung des Kapitals, trotz gleichbleibender Exploitation der Arbeit, die Profitrate steigen kann, gerade weil der proportionelle Wert des konstanten Teils des Kapitals verglichen mit seinem variablen fällt. – Zweitens begeht er den Irrtum, dies Verhältnis der Geldrente zu einem quantitativ bestimmten Bodenstück, einem Acre Landes z.B., als etwas zu behandeln, das von der klassischen Ökonomie bei ihren Untersuchungen über Steigen oder Fallen der Rente überhaupt unterstellt sei. Dies ist wieder falsch. Sie behandelt die Rate der Rente stets, soweit sie die Rente in ihrer Naturalform betrachtet, in bezug auf das Produkt, und soweit sie dieselbe als Geldrente betrachtet, in bezug auf das vorgeschoßne Kapital, weil dies in der Tat die rationellen Ausdrücke sind.
135 Über Fallen der Bodenpreise bei Steigen der Rente als Tatsache siehe Passy.
136 A. Smith hebt hervor, wie zu seiner Zeit (und dies gilt auch für die unsrige mit Bezug auf die Plantagenwirtschaft in tropischen und subtropischen Ländern) Rente und Profit sich noch nicht geschieden haben, indem der Grundeigentümer zugleich der Kapitalist ist, wie Cato es z.B. auf seinen Gütern war. Diese Scheidung ist aber gerade die Voraussetzung der kapitalistischen Produktionsweise, mit deren Begriff die Basis der Sklaverei zudem überhaupt im Widerspruch steht.
137 Herr Mommsen in seiner »Römischen Geschichte« faßt das Wort Kapitalist durchaus nicht im Sinn der modernen Ökonomie und der modernen Gesellschaft, sondern in der Weise der populären Vorstellung, wie sie nicht in England oder Amerika, sondern auf dem Kontinent als altertümliche Tradition vergangner Zustände noch fortwuchert.
138 Nach Eroberung des Landes war immer das nächste für die Eroberer, sich auch die Menschen anzueignen. Vgl. Linguet. Siehe auch Möser.
139 Vgl. Buret, Tocqueville, Sismondi.
140 S. die Thronrede des Königs von Frankreich bei Tooke.
141 Sieh Mounier und Rubichon.
142 Herr Dr. H. Maron (»Extensiv oder Intensiv?«, 〈Näheres über diese Broschüre nicht angegeben.}) geht aus von der falschen Voraussetzung derer, die er bekämpft. Er nimmt an, daß das im Ankauf des Bodens angelegte Kapital »Anlagekapital« sei, und streitet nun über die resp. Begriffsbestimmungen von Anlagekapital und Betriebskapital, d.h. von fixem und zirkulierendem Kapital. Seine ganz schülerhaften Vorstellungen von Kapital überhaupt, übrigens zu entschuldigen bei einem Nicht-Ökonomen durch den Zustand der deutschen »Volkswirtschaftslehre«, verbergen ihm, daß dies Kapital weder Anlage- noch Betriebskapital ist; sowenig wie das Kapital, das jemand an der Börse im Ankauf von Aktien oder Staatspapieren anlegt und das für ihn persönlich Kapitalanlage vorstellt, in irgendeinem Produktionszweig »angelegt« wird.
143 Die folgenden drei Fragmente finden sich an verschiednen Stellen des Ms. zum VI. Abschnitt. – F. E.
144 Anfang von Kap. XLVIII nach dem Ms.
145 »Arbeitslohn, Profit und Bodenrente sind die drei Urquellen alles Einkommens sowohl wie alles Tauschwerts.« (A. Smith) – »So sind die Ursachen der materiellen Produktion gleichzeitig die Quellen der ursprünglichen Revenuen, die es gibt.« (Storch, [»Cours d'économie politique«, St.-Pétersbourg 1815.] I, p. 259.)
146 Ricardo macht folgende sehr gute Bemerkung über den gedankenlosen Say. »Über Nettoprodukt und Bruttoprodukt sagt Herr Say folgendes: ›Der gesamte produzierte Wert ist das Bruttoprodukt; nach Abzug der Produktionskosten davon ist dieser Wert das Nettoprodukt!‹ (Vol. II, p. 491.) Dann kann es kein Nettoprodukt geben, denn nach Herrn Say bestehen die Produktionskosten aus Rente, Löhnen und Profit. Auf Seite 508 sagt er: ›Der Wert eines Produktes, der Wert eines produktiven Dienstes, der Wert der Produktionskosten sind also alle ähnliche Werte, solange man den Dingen ihren natürlichen Lauf läßt.‹ Nimm ein Ganzes von einem Ganzen, und nichts bleibt übrig.« (Ricardo, »Principles«, chap. XXXII, p. 512, Note.) – Übrigens, wie man später sehn wird, hat auch Ricardo nirgends die falsche Smithsche Analyse des Warenpreises, seine Auflösung in die Wertsumme der Revenuen widerlegt. Er kümmert sich nicht um sie und nimmt sie bei seinen Analysen soweit als richtig an, daß er von dem konstanten Wertteil der Waren »abstrahiert«. Et fallt auch von Zeit zu Zeit in dieselbe Vorstellungsweise zurück.
147 »In jeder Gesellschaft löst sich der Preis jeder Ware schließlich auf in einen oder den andern oder in alle diese drei Teile« (nämlich Arbeitslohn, Profit, Rente). »... Ein vierter Teil mag notwendig scheinen, um das Kapital des Pächters zu ersetzen oder um den Verschleiß seines Arbeitsviehs und seiner andern Ackergeräte zu ersetzen. Aber es muß in Betracht gezogen werden, daß der Preis irgendwelches Ackergeräts, z.B. eines Arbeitspferds, selbst wieder aus obigen drei Teilen sich zusammensetzt: der Rente des Bodens, auf dem es gezüchtet, der Arbeit der Züchtung und dem Profit des Pächters, der beides, die Rente dieses Bodens und den Lohn dieser Arbeit, vorschießt. Obwohl daher der Preis des Korns sowohl den Preis wie die Unterhaltungskosten des Pferdes ersetzen mag, so löst sich doch der ganze Preis immer noch, unmittelbar oder in letzter Instanz, auf in dieselben drei Teile: Bodenrente, Arbeit« (soll heißen Lohn) »und Profit.« (A. Smith.) Wir zeigen später noch, wie A. Smith selbst den Widerspruch und das Ungenügende dieser Ausflucht fühlt, denn weiter ist es nichts als Ausflucht, wenn er uns von Pontius zu Pilatus schickt, obgleich er nirgendwo die wirkliche Kapitalanlage aufzeigt, bei der der Preis des Produkts sich ultimately ohne weitern progressus in diese drei Teile rein auflöst.
148 Proudhon spricht seine Unfähigkeit, dies zu begreifen, in der bornierten Formel aus: l'ouvrier ne peut pas racheter son propre produit, weil der Zins darin enthalten, der zum prix-de-revient hinzukommt. Aber wie belehrt ihn Herr Eugène Forcade eines Bessern? »Wäre Proudhons Einwurf wahr, er träfe nicht nur die Profite des Kapitals, er würde sogar die Existenzmöglichkeit der Industrie vernichten. Wenn der Arbeiter gezwungen ist, mit 100 das zu bezahlen, wofür er nur 80 erhalten hat, wenn der Lohn von einem Produkt nur den Wert zurückkaufen kann, den er ihm hinzugefügt hat, so bedeutet das, daß der Arbeiter nichts zurückkaufen kann, daß der Lohn nichts bezahlen kann. In der Tat enthält der Selbstkostenpreis immer etwas mehr als den Lohn des Arbeiters und der Verkaufspreis etwas mehr als den Profit des Unternehmers, z.B. den Rohstoffpreis, der oft an das Ausland bezahlt wird... Proudhon hat das ununterbrochene Wachsen des nationalen Kapitals vergessen, er hat vergessen, daß dieses Wachsen für alle Arbeitenden feststeht, für die Unternehmer wie für die Arbeiter.« (»Revue des deux Mondes«, 1848, t. 24. S. 998, 999.) Hier hat man den Optimismus der bürgerlichen Gedankenlosigkeit in der entsprechendsten Weisheitsform. Erst glaubt Herr Forcade, daß der Arbeiter nicht leben könnte, wenn er außer dem Wert, den er produziert, nicht noch höhern Wert erhalte, während umgekehrt die kapitalistische Produktionsweise unmöglich wäre, wenn er den Wert, den er produziert, wirklich erhielte. Zweitens verallgemeinert er richtig die Schwierigkeit, die Proudhon nur unter einem beschränkten Gesichtspunkt ausgesprochen. Der Preis der Ware enthält nicht nur einen Überschuß über den Arbeitslohn, sondern auch über den Profit, nämlich den konstanten Wertteil. Also könnte auch der Kapitalist nach Proudhons Räsonnement mit seinem Profit die Ware nicht wiederkaufen. Und wie löst Forcade das Rätsel? Durch eine sinnlose Phrase – das Wachstum des Kapitals. Also das beständige Wachstum des Kapitals soll sich unter andrem auch darin konstatieren, daß die Analyse des Warenpreises, die bei einem Kapital von 100 dem politischen Ökonomen unmöglich ist, bei einem Kapital von 10000 überflüssig wird. Was würde man von einem Chemiker sagen, der auf die Frage: Woher kommt es, daß das Bodenprodukt mehr Kohlenstoff enthält als der Boden? die Antwort gäbe: Dies kommt vom beständigen Wachstum der Bodenproduktion. Der wohlmeinende gute Wille, in der bürgerlichen Welt die beste aller möglichen Welten zu entdecken, ersetzt in der Vulgärökonomie jede Notwendigkeit der Wahrheitsliebe und des wissenschaftlichen Forschungstriebs.
149 »Das in Materialien, Rohstoffen und Fertigfabrikaten angelegte zirkulierende Kapital setzt sich selbst aus Waren zusammen, deren notwendiger Preis aus denselben Elementen gebildet ist; dergestalt, daß es bei Betrachtung der Gesamtheit der Waren in einem Lande eine unnötige Wiederholung wäre, diesen Teil des zirkulierenden Kapitals zu den Elementen des notwendigen Preises zu zählen.« (Storch, »Cours d'Éc. Pol.«, II, p. 140.) – Unter diesen Elementen des zirkulierenden Kapitals versteht Storch (das fixe ist nur formverändertes zirkulierendes) den konstanten Wertteil. »Es ist wahr, daß der Lohn des Arbeiters ebenso wie der Teil des Profits des Unternehmers, der aus Löhnen besteht – wenn man diese als einen Teil der Lebensmittel betrachtet – sich ebenso aus den zum Marktpreis gekauften Waren zusammensetzt, die selbst Löhne, Kapitalrenten, Grundrenten und Unternehmergewinne umfassen... diese Feststellung dient nur zu dem Beweis, daß es unmöglich ist, den notwendigen Preis in seine einfachsten Elemente aufzulösen.« (ib., Note.) – In seinen »Considérations sur la nature du revenu national« (Paris 1824) sieht Storch, in seiner Polemik gegen Say, zwar die Absurdität ein, wozu die falsche Analyse des Warenwerts führt, die ihn in bloße Revenuen auflöst, und spricht die Abgeschmacktheit dieser Resultate – vom Standpunkt nicht des einzelnen Kapitalisten, sondern einer Nation – richtig aus, aber er selbst geht keinen Schritt weiter in der Analyse des prix nécessaire, von dem er in seinem »Cours« erklärt, es sei unmöglich, ihn in seine wirklichen Elemente statt in einen falschen Progreß ins Endlose aufzulösen. »Es ist klar, daß der Wert des Jahresprodukts sich einerseits in Kapital, andererseits in Profit teilt und daß jeder dieser Wertteile des Jahresprodukts die Produkte, die die Nation benötigt, regelmäßig kaufen wird, sowohl um ihr Kapital zu erhalten, wie um ihren Konsumtionsvorrat zu erneuern.« (p. 134, 135.)... »Kann sie« (eine selbstarbeitende Bauernfamilie) »in ihren Scheunen oder ihren Ställen wohnen, ihr Saatkorn und ihr Viehfutter aufessen, sich von ihrem Zugvieh kleiden, sich mit ihren Ackergeräten vergnügen? Nach dem Lehrsatz des Herrn Say müßte man alle diese Fragen mit ›ja‹ beantworten.« (p. 135, 136.)... »Wenn man zugibt, daß die Revenue einer Nation ihrem Bruttoprodukt gleich ist, d.h. kein Kapital in Abzug zu bringen ist, so muß man auch zugeben, daß diese Nation den ganzen Wert ihres jährlichen Produkts unproduktiv verzehren kann, ohne ihrer künftigen Revenue den geringsten Abbruch zu tun.« (p. 147.) »Die Produkte, die das Kapital einer Nation ausmachen, sind nicht konsumabel.« (p. 150.)
150 Bei dem Zerfällen des dem konstanten Kapitalteil zugesetzten Werts in Arbeitslohn, Profit, Grundrente ist selbstredend, daß dies Wertteile sind. Man kann sie natürlich sich vorstellen als existierend in dem unmittelbaren Produkt, worin dieser Wert sich darstellt, d.h. in dem unmittelbaren Produkt, das Arbeiter und Kapitalisten in einer besondren Produktionssphäre, z.B. der Spinnerei, produziert haben, also in Garn. Aber in der Tat stellen sie sich in diesem Produkt nicht mehr und nicht minder dar als in irgendeiner andern Ware, in irgendeinem andern Bestandteil des stofflichen Reichtums zum selben Wert. Und in der Praxis wird ja der Arbeitslohn in Geld bezahlt, also im reinen Wertausdruck; ebenso der Zins und die Rente. Für den Kapitalisten ist in der Tat die Verwandlung seines Produkts in den reinen Wertausdruck sehr wichtig; bei der Verteilung selbst ist sie schon vorausgesetzt. Ob diese Werte in dasselbe Produkt, dieselbe Ware rückverwandelt werden, aus deren Produktion sie entsprangen, ob der Arbeiter einen Teil des von ihm direkt produzierten Produkts zurückkauft oder das Produkt andrer und andersgearteter Arbeit kauft, hat mit der Sache selbst nichts zu tun. Herr Rodbertus ereifert sich ganz nutzlos über diesen Gegenstand.
151 »Es genügt festzustellen, daß dieselbe allgemeine Regel, die den Wert der Rohprodukte und der Manufakturwaren reguliert, ebenso auf Metalle anwendbar ist; ihr Wert hängt nicht ab von der Profitrate, nicht von der Lohnrate noch von der Rente, die für die Bergwerke gezahlt wird, sondern von der Gesamtmenge an Arbeit, die notwendig ist, um das Metall zu gewinnen und es auf den Markt zu bringen.« (Ricardo, »Princ.«, chap. III, p. 77.)
152 J. Stuart Mill, »Some Unsettled Questions of Pol. Econ.«. London 1844.
153 Sieh die Schrift über Competition and Co-operation (1832?).
154 F. List bemerkt richtig: »Vorherrschende Selbst bewirtschaftung bei großen Gütern beweist nur Mangel an Zivilisation, an Kommunikationsmitteln, an einheimischen Gewerben und an reichen Städten, Man findet sie deshalb in Rußland, Polen, Ungarn, Mecklenburg überall. Früher war sie auch in England vorherrschend; mit dem Aufkommen des Handels und der Gewerbe trat aber Zerschlagung in mittlere Wirtschaften und Verpachtung an ihre Stelle.« (»Die Ackerverfassung, die Zwergwirthschaft und die Auswanderung«, 1842, p. 10.)
155 Derselbe »durch seinen Ruhm bekannte« Herr (um mit Heine zu reden) hat sich etwas später auch gemüßigt gesehn, auf meine Vorrede zum III, Band zu antworten – nachdem nämlich dieselbe im ersten Heft der »Rassegna« von 1895 italienisch erschienen war. Die Antwort steht in der »Riforma Sociale« vom 25. Februar 1895. Nachdem er mich zuerst mit den bei ihm unvermeidlichen und ebendeshalb doppelt widerlichen Lobhudeleien überschüttet, erklärt er, es sei ihm nicht eingefallen, Marx' Verdienste um die materialistische Geschichtsauffassung für sich eskamotieren zu wollen. Er habe sie schon 1885 anerkannt, nämlich ganz beiläufig in einem Revueartikel. Dafür aber verschweigt er dies um so hartnäckiger da, wohin es gehört, nämlich in seinem betreffenden Buch, wo Marx erst p. 129 genannt wird, und zwar bloß bei Gelegenheit des kleinen Grundeigentums in Frankreich. Und jetzt erklärt er kühnlich, Marx sei gar nicht der Urheber dieser Theorie; wenn nicht bereits Aristoteles sie angedeutet, so habe Harrington sie doch schon 1656 unzweifelhaft proklamiert, und sie sei entwickelt worden von einer Plejade von Geschichtschreibern, Politikern, Juristen und Ökonomen lange vor Marx. Was alles in der französischen Ausgabe des Loriaschen Werkes zu lesen. Kurz, der vollendete Plagiator. Nachdem ich ihm fernere Großprahlerei mit Entlehnungen von Marx unmöglich gemacht, behauptet er kecklich, Marx schmücke sich auch mit fremden Federn, genauso wie er selbst. – Von meinen andern Angriffen nimmt er noch den auf, daß nach Loria Marx nie vorgehabt habe, einen 2. oder gar 3. Band des »Kapital« zu schreiben. »Und jetzt antwortet Engels triumphierend, indem er mir den 2. und 3. Band entgegenwirft... vortrefflich! Und ich freue mich so sehr über diese Bände, denen ich so viel intellektuelle Genüsse verdanke, daß nie mir ein Sieg so lieb war, wie heute diese Niederlage mir lieb ist – wenn es in der Tat eine Niederlage ist. Aber ist sie es in der Tat? Ist es wirklich wahr, daß Marx geschrieben hat, mit der Absicht der Veröffentlichung, dieses Gemenge von zusammenhangslosen Noten, die Engels mit pietätvoller Freundschaft zusammengestellt hat? Ist es wirklich erlaubt anzunehmen, daß Marx... diesen Schriftseiten die Krönung seines Werks und seines Systems anvertraut hat? Ist es in der Tat gewiß, daß Marx jenes Kapitel über die Durchschnittsprofitrate veröffentlicht haben würde, worin die seit so viel Jahren versprochne Lösung sich reduzierte auf die trostloseste Mystifikation, auf das vulgärste Phrasenspiel? Es ist mindestens erlaubt, daran zu zweifeln... Das beweist, so scheint mir, daß Marx nach Herausgabe seines prachtvollen (splendide) Buchs nicht vorhatte, ihm einen Nachfolger zu geben, oder doch seinen Erben, und außerhalb seiner eignen Verantwortlichkeit, die Vollendung des Riesenwerks überlassen wollte.«
So steht's geschrieben, p. 267. Heine konnte von seinem deutschen Philisterpublikum nicht verächtlicher sprechen als in den Worten: Der Autor gewöhnt sich zuletzt an sein Publikum, als wäre es ein vernünftiges Wesen. Für was muß erst der illustre Loria sein Publikum ansehn?
Zum Schluß eine neue Tracht Lobsprüche, die auf mich Unglücklichen herniederrasselt. Dabei vergleicht sich unser Sganarell mit Bileam, der gekommen sei zu fluchen, aber dessen Lippen wider Willen »Worte des Segens und der Liebe« hervorsprudelten. Der gute Bileam zeichnete sich namentlich dadurch aus, daß er einen Esel ritt, der gescheiter war als sein Herr. Diesmal hat Bileam offenbar seinen Esel zu Hause gelassen.
Lesarten
A1 1. Auflage: Produktivzweig
A2 1. Auflage: Thomas
A3 1. Auflage: steigt oder fällt; geändert nach dem Manuskript von Marx
A4 1. Auflage: internationale
A5 1. Auflage: 22%; geändert nach dem Manuskript von Marx
A6 1. Auflage: Unterbrochenheit
A7 1. Auflage: aber auch den; geändert nach dem Manuskript von Marx
A8 1. Auflage: Zufuhr
A9 1. Auflage: großer; geändert nach dem Manuskript von Marx
A10 1. Auflage: aufstellt; geändert nach dem Manuskript von Marx
A11 1. Auflage: Marktpreis
A12 1. Auflage: rund 16 1/12
A13 1. Auflage: 16 1/12p
A14 1. Auflage: 128 7/12
A15 1. Auflage: (annähernd)
A16 1. Auflage: über 3 Prozent – (Änderungen in Anlehnung an das Manuskript von Marx)
A17 1. Auflage: um
A18 1. Auflage: Sturz; geändert nach dem Manuskript von Marx
A19 1. Auflage: über dessen allgemeinen Wert zu erhöhen
A20 1. Auflage: für ihn; geändert nach dem Manuskript von Marx
A21 1. Auflage: Verkäufer; geändert nach dem Manuskript von Marx
A22 1. Auflage: werden; geändert nach dem Manuskript von Marx
A23 1. Auflage: Esau
A24 1. Auflage: zu
A25 1. Auflage: sie
A26 1. Auflage: fungierendem; geändert nach dem Manuskript von Marx
A27 1. Auflage: vor; geändert nach dem Manuskript von Marx
A28 1. Auflage: der; geändert nach dem Manuskript von Marx
A29 1. Auflage: Arbeiter-Oberaufsicht; geändert nach dem Manuskript von Marx
A30 1. Auflage und Manuskript von Marx: Gutssklavenwirtschaft
A31 1. Auflage: 1100
A32 1. Auflage: 1/5
A33 1. Auflage: September
A34 1. Auflage: nicht
A35 1. Auflage: Krisen
A36 1. Auflage: Geld; geändert nach dem Manuskript von Marx
A37 1. Auflage: »Bücher vom Kaufhandel und Wucher« vom Jahre 1524
A38 1. Auflage: Produktionsprozeß; geändert nach dem Manuskript von Marx
A39 1. Auflage: sein Surplusprodukt
A40 1. Auflage: daß die Rente auf Boden B stationär bleibt, auf C sich verdoppelt und auf D sich mehr als verdoppelt und daß das Gesamtrental steigt von 18 auf 22 Pfd. St., also um 22 1/9%.
A41 1. Auflage: 6
A42 1. Auflage: D
A43 1. Auflage: wäre um die Hälfte gefallen, von 180 auf 90%
A44 1. Auflage: C und D
A45 1. Auflage; 2 qrs.
A46 1. Auflage: 33 resp. 27 qrs.
A47 1. Auflage: ausgelegten Produktionskosten
A48 1. Auflage: um 160%
A49 1. Auflage: 1
A50 1. Auflage: 25%
A51 1. Auflage: 10 Pfd. St.
A52 1. Auflage: 1 5/72 qr.
A53 1. Auflage: Auffassung; geändert nach dem Manuskript von Marx
A54 1. Auflage: »Westminster Review«
A55 1. Auflage: free heads
A56 Wir entziffern: die gesellschaftlichen Kräfte und zusammenhängende Form
A57 Wir entziffern: wenn wir das Gemeinte nehmen
A58 Hier bricht das Manuskript ab
A59 1. Auflage: jedes; geändert nach dem Manuskript von Marx
- Ende -