1 Unterwelten

Sie wacht auf.«

»Nadja?«

»Lass sie doch erst einmal in Ruhe, Anne.«

Eine Hand berührte Nadjas Arm. Sie war kühl und roch nach Sandelholz.

Nadja öffnete die Augen. Sie lag auf einem Feldbett. Durch Löcher in einem schmutzig beigen Betttuch erkannte sie eine fleckige Matratze; Metallfedern drückten gegen ihre Rippen. Das Gesicht eines gezeichneten grünen Froschs lachte sie vom Kissen unter ihrer Wange an. Muppet-Show, stand über seinem Kopf.

Beinahe instinktiv tastete Nadja nach Talamh, der eingewickelt in eine Decke neben ihr lag. Seine tiefblauen Elfenaugen waren geöffnet und blinzelten sie an.

»Wo ...?«, begann Nadja, doch dann setzte sie sich ruckartig auf. Wie eine Flutwelle brachen die Erinnerungen durch den Damm, den Erschöpfung und Angst um ihren Geist errichtet hatten. Odins Haus, der Getreue, ihre Eltern, David. Gesichter und Ereignisse flossen an ihr vorbei, drohten sie einen Moment lang zu überwältigen

»Der Wolf ... Ragnarök« stieß sie hervor.

»Anscheinend nicht«, antwortete eine Stimme hinter ihr. »Obwohl es zum Humor des Universums gepasst hätte, die Welt zu vernichten, bevor mein Roman erscheint.«

Nadja drehte sich um. Robert lehnte an einer Wand des kleinen, fensterlosen Raums und drehte eine Stoffpuppe zwischen den Fingern. Das Licht einer Glühbirne, die von der Decke hing, warf lange Schatten über sein Gesicht.

»Robert.« Nadja sprang auf und umarmte ihn.

Er schloss sie so fest in die Arme, dass es beinahe schmerzte. »Wir leben«, sagte er leise, »du, Anne, Talamh, ich ... Wenn das Cairdeas sich nicht irrt, auch Rian.«

Erschrocken löste Nadja die Umarmung und tastete nach ihrem eigenen Cairdeas. Es war warm und weich. Sie spürte das Leben in ihm, und das bedeutete, dass auch David noch lebte.

»Und David«, sagte sie. Einen Moment lang wurde ihr schwindlig vor Erleichterung, danach kehrte die Sorge um die anderen, um ihre Eltern, Pirx und Grog mit einem Stich des schlechten Gewissens zurück.

»Wir wissen nicht, was mit den anderen ist«, sagte Robert, als kenne er ihre Gedanken genau. »Die Welt ist nicht untergegangen, also scheint irgendjemand Fenrir aufgehalten zu haben, aber alles andere ...« Er hob die Schultern. »Anne hat auch keine Informationen über Bandorchu und den Getreuen. Wir sitzen in einem schwarzen Loch der Unwissenheit.«

Eine Bewegung hinter ihr ließ Nadja herumfahren. Anne trat aus den Schatten am Kopfende des Feldbetts. Sie bewegte sich elegant, aufreizend, so als sei jeder Schritt Teil einer Darbietung auf einer Bühne, die nur sie sehen konnte. Robert war ihr verfallen, und langsam begann Nadja zu verstehen, weshalb.

»Anne«, sagte sie zur Begrüßung.

»Nadja.« Anne imitierte ihren Tonfall, klang abschätzend, distanziert, ein wenig misstrauisch. Ihre Mundwinkel zuckten, als fände sie etwas daran amüsant.

Talamh gluckste. Nadja setzte sich auf die Kante des Feldbetts und nahm ihn vorsichtig hoch. Das Gefühl, ihren eigenen Sohn in den Armen zu halten, war ebenso vertraut wie fremd. Während sie ihre Bluse aufknöpfte und ihn zu stillen begann, sah sie sich in dem Raum um. Es gab keine Regale, nur einen alten, von Zeitschriften und uralten Musikkassetten bedeckten Klapptisch, vor dem ein noch älter wirkender Holzstuhl stand. Ein Kassettenrekorder stand auf einem Hocker neben der halb geöffneten Tür. Durch das Milchglas im oberen Drittel des Metalls sah Nadja schemenhafte Bewegungen. Irgendwo vor der Tür lief Musik.

An den grau gestrichenen Wänden des Zimmers hingen Bilder aus Disney-Filmen und der Muppet-Show. Die meisten stammten aus Zeitschriften und waren sorgfältig ausgeschnitten und mit Klebeband befestigt worden. Nadja erkannte Kermit, den Frosch, Miss Piggy, Susi und Strolch, Baghira, den Panther, und Balu, den Bären. In der Mitte der vorderen Wand, direkt über dem Schild, auf dem Zum Frauen-Abort stand, hing ein gerahmtes Poster mit der Aufschrift Dschungelbuch. Jemand hatte Mowgli ausgeschnitten, sodass Balu mit einem grauen Fleck mitten im Dschungel zu tanzen schien.

Sie warf einen Blick auf die restlichen Bilder. Auf keinem war ein Mensch zu sehen.

Talamh rülpste leise. Nadja klopfte ihm auf den Rücken und schloss ihre Bluse wieder. Sie bemerkte, dass Robert sich abgewandt hatte, wohingegen Anne sie aus dunklen Augen beobachtete.

»Wie lange habe ich geschlafen?«, fragte Nadja.

Robert sah auf die Uhr. »Es ist zwei Uhr morgens, also nicht lange, vielleicht eine halbe Stunde.«

»Und wo sind wir?«

»Im Schutzbereich Sieben.« Die fremde Stimme ließ Nadja zusammenzucken. Sie fuhr herum und sah ein schwarz gekleidetes Mädchen im Türrahmen stehen. Es hielt ein Tablett mit mehreren Tassen in den Händen. Robert und Anne wirkten nicht überrascht; sie schienen der Kleinen bereits begegnet zu sein.

»Wollt ihr einen Kaffee?«, fragte das Mädchen. Nadja schätzte es auf achtzehn, vielleicht neunzehn Jahre. Das lange, tiefschwarz gefärbte Haar hing ihm tief ins Gesicht. Auf seinem T-Shirt stand: Wir sind die Asche von morgen.

Optimistisch, dachte Nadja.

»Wenn du nicht verrätst, wo der herkommt, gern.« Robert nahm das Tablett entgegen und stellte es neben den Kassettenrekorder auf den Hocker.

»Das ist Emma«, sagte er, während er Nadja eine der Tassen reichte. Anne bot er keine an. »Sie fand uns, als wir durch die Tunnel irrten, und führte uns hierher.« Er nickte Emma zu. »Vielen Dank noch mal.«

»Kein Thema.« Das Mädchen hob die Schultern. »Ihr seid ja okay.«

Der Unterton, der in Emmas Worten mitschwang, verriet, dass sie selbst nicht genau wusste, weshalb sie ihnen geholfen hatte. Nadja hätte es ihr erklären können: Annes elfische Beeinflussung sorgte dafür, dass Emma sich sicher fühlte und nicht zu viele Fragen stellte – weder über die Herkunft der Fremden noch über den Säugling, der sie aus Augen anblickte, in denen es kein Weiß gab.

»Was ist Schutzbereich Sieben?«, fragte Nadja. Die Tasse in ihrer Hand war heiß, und die dunkle Flüssigkeit darin dampfte. Sie roch ein wenig nach Kaffee. Kalkreste bildeten einen weißen Ring am Rand der Tasse.

Das Mädchen lächelte. »Ein Ort unter der Stadt, wo es die hinzieht, die oben nicht mehr klarkommen.«

»Unter welcher Stadt?«

»Berlin«, antwortete Robert. »Anne und ich sprachen gerade darüber, als du aufgewacht bist.«

»Also sind wir nicht mehr auf Island.« Nadja stellte ihren Kaffee neben sich auf den Betonboden. Das Portal hätte sie überallhin führen können, aber sie waren in einer Stadt angekommen, die keine sechshundert Kilometer von ihrem Zuhause entfernt war. »Wir haben Glück gehabt.«

Emma sah von ihr zu Robert und wieder zurück. »Ich weiß ja nicht, worauf ihr gerade seid, aber ihr solltet weniger davon nehmen. Ganz ehrlich.« Sie klang nicht unfreundlich. »Schon allein wegen ...«

»Emma?«, unterbrach sie eine dunkle Männerstimme von hinter der Tür. »Würdest du uns deine Freunde vorstellen?«

»Ja, Moment.« Das Mädchen verdrehte die Augen. »Das ist Krone. Er will euch kennenlernen.«

Anne ging einige Schritte auf die Tür zu und sah durch den Spalt. Ihre Schritte waren geschmeidig, jede Bewegung kontrolliert. Neben ihr wirkte Emma trotz ihrer schweren Lederjacke und den Springerstiefeln klein und verletzlich.

Wie Beute, dachte Nadja mit einem Schaudern.

»Ist das euer Anführer?«, fragte Anne.

»Ja ... nein.« Emma seufzte. »Er war als Erster hier, hat das alles gefunden. Deshalb hält er sich für den Chef. Tobias hat ihm mal gesagt, das interessiere ihn nicht, Krone sei kein Chef. Darauf ist Krone mit dem Kopf gegen die Wand vom Klo gelaufen, bis er kotzen musste. Seitdem tun wir alle so, als sei er der Chef. Tut keinem weh.« Sie grinste. »Vor allem nicht Krone.«

»Emma?« Krone klang ungeduldig.

»Kommt!« Mit einem Ruck zog Emma die Tür auf. Der Raum dahinter lag im Halbdunkel. Ein kleines Lagerfeuer tauchte die gekachelten Wände in ein orangefarbenes Licht. Nadja sah Gestalten, die um das Feuer saßen und neugierig die Köpfe hoben. Es waren mindestens dreißig Personen, vielleicht mehr. Hunde liefen zwischen ihnen umher, Flaschen klirrten. Aus einem Handy schallte blecherner deutscher Hip-Hop.

»Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist«, sagte Robert leise. »Kannst du die alle beeinflussen?«

Anne ging an ihm vorbei, dem Lagerfeuer entgegen. Mit einer Hand strich sie über seine Wange. »Wovor hast du Angst?«

Es war keine Frage, sondern eine Provokation. Robert antwortete darauf, indem er das Gesicht verzog. Nadja fragte sich, was der Austausch zu bedeuten hatte.

»Kennst du den Weg nach draußen?«, fragte sie Robert, als sie ihm, Talamh in den Armen haltend, folgte.

Er schüttelte den Kopf, zögerte und drehte sich zu ihr um. »Ich muss dir etwas sagen«, begann er, doch das Geräusch einer Kuhglocke, die im gleichen Moment geschlagen wurde, unterbrach ihn. Die Menschen rund um das Feuer unterhielten sich ungerührt weiter, aber einige beobachteten Nadja und die anderen Neuankömmlinge verstohlen.

Schlurfende Schritte auf Beton erklangen, und ein Mann trat ins Licht des Feuers. Er war nicht mehr jung, das sah Nadja an den von breiten grauen Strähnen durchzogenen Dreadlocks, die er zu einem Zopf hinter dem Kopf zusammengebunden hatte, und an dem ebenso grau durchzogenen Vollbart. Er trug einen schweren Norweger-Pullover und darüber einen alten, ehemals vielleicht weißen Bademantel. Seine Hose bestand aus Cord und steckte in grünen Anglerstiefeln. In einer Hand hielt er eine Stange, von deren Spitze eine Kuhglocke hing.

»Ich bin Krone«, sagte er.

»Das sind Nadja, Anne und Robert.« Emma zeigte nacheinander auf die drei. »Das Kind heißt ... Keine Ahnung, Tim oder Tom ...«

»Talamh«, sagte Nadja.

Krone sah sie an. Seine Stirn war vernarbt, in seinen Augen wechselten sich Trauer und Verwirrung ab. »Was heißt das?«, fragte er.

»Erde.«

Er nickte. Die Kuhglocke schien auf jede seiner Bewegungen mit einem Läuten zu antworten.

»Dann ist er am rechten Ort. Und ihr auch.« Krone drehte sich um und schlurfte aus dem Licht des Feuers. Rauch, der durch Tunnel in den Wänden abzog, vermischte sich mit dem Grau seines Bademantels, bis Mann und Rauch ineinanderzufließen schienen.

»Das war’s«, sagte Emma. »Prüfung bestanden. Kommt ans Feuer.«

Erst als Nadja die Wärme der Flammen spürte, bemerkte sie, wie kalt es an diesem Ort war. Alle Menschen, die sie sah, trugen Pullover oder Jacken, einige hatten sich zudem in Decken eingehüllt.

Sie blickte sich genauer um. Zwischen aufgeplatzten Kacheln hingen Schilder, die mit Zahlen- und Buchstabenkombinationen beschriftet waren und Nadja nichts sagten. Tunnel und Türen führten in weitere Bereiche. Schlafsaal Eins, stand auf einer Tür, Bereitschaft, auf einer anderen.

»Das ist ein Bunker, oder?«, fragte Nadja, nachdem zwei Jugendliche Platz gemacht hatten, um die Neuankömmlinge ans Feuer zu lassen. Der Boden war mit alten aufgerissenen Kartons bedeckt. Nadja setzte sich auf einen, Robert auf einen anderen. Anne zögerte sichtlich, bevor sie sich zwischen Emma und Nadja auf dem letzten freien Platz niederließ.

»Ja, eines der letzten großen Berliner Geheimnisse, sagt Krone. Der Ort, an den die kommen, denen oben alles zu viel wird.« Emma nahm eine Flasche Bier an, die ihr jemand reichte, und trank einen Schluck. »Über uns ist Ostberlin. Krone hat den Bunker entdeckt, als er kurz vor der Wende versuchte, in den Westen abzuhauen. Die Räume hier stammen aus dem Zweiten Weltkrieg, aber es gibt Verbindungen zu anderen Gangsystemen, die viel älter sind, zu U-Bahn-Stationen und Gleisen, die nie ans Netz angeschlossen wurden, und zu noch seltsamerem Zeug. Krone glaubt, tief unten gäbe es eine ganze Stadt, irgendetwas Irres aus der Steinzeit oder so, hat aber nicht danach gesucht.«

»Warum nicht?« Nadja sah am Feuer vorbei in einen der dunklen Gänge hinein. Die Schwärze waberte, schien sie zu locken.

»Wegen der anderen«, sagte der Jugendliche, der neben Emma saß. Er war vielleicht vierzehn Jahre alt, pummelig und hatte einen kahl geschorenen Kopf.

»Hör auf mit dem Schwachsinn, Mike«, widersprach sein Nachbar, der ihm wie ein Bruder ähnelte. »Es gibt keine Anderen.«

»Klar gibt’s die. Frag mal Krone.«

»Glaubst du jeden Scheiß, den der erzählt?«

Mike schüttelte den Kopf und seufzte. Er schien die gleiche Diskussion schon einige Male geführt zu haben.

»Was sind das für andere?«, fragte Anne. Sie sprach nicht laut, aber alle wandten sich ihr zu, sobald sie ihre Stimme hörten.

»Hirngespinste«, antwortete Emma, bevor Mike etwas sagen konnte. »Krones Entschuldigung dafür, dass er nie den Mut hatte, seine Stadt zu suchen.«

»Das stimmt nicht.« Mike beugte sich vor. »Ich hab sie auch gesehen, und ich war nicht bekifft.«

»Ausnahmsweise«, murmelte jemand auf der anderen Seite des Feuers. Alle lachten, sogar Mike.

»Sie leben tief in den Tunneln«, fuhr er fort, »und kommen nie nach oben. Nie. Ich bin ihnen begegnet, als ich mich mal verlaufen habe. Damals war ich tief unten, wo überall Schutt liegt. Über mir konnte ich die U8 fahren hören und dachte, wenn ich der Linie folgte, käme ich schon irgendwann wieder nach oben. Und auf einmal standen sie da. Hab mich voll erschrocken und fast die Taschenlampe fallen lassen. Sie haben nichts gesagt. Die sahen krass aus, so wie die Typen in dem Horrorfilm, wo der Würfel am Anfang den einen Typen durchhaut.«

»Cube«, schlug eine junge Frau vor.

»Hellraiser«, widersprach Robert.

Mike nickte. »Ja, genau, Hellraiser. War ein heftiger Film.«

»Was geschah weiter?« Nadja spürte, wie die Journalistin in ihr erwachte.

»Nichts. Ich bin sofort abgehauen, gab ordentlich Fersengeld. Irgendwann ging’s wieder nach oben, und ich kam am Gesundbrunnen raus. Aber die Typen waren da unten, Krücke, ehrlich. Die hab ich mir nicht eingebildet.«

»Ja, klar.« Der Junge neben ihm, den er als Krücke angesprochen hatte, hob die Schultern. »Bau mal einen. Vielleicht sehe ich sie dann ja auch.«

Gelächter antwortete ihm. Mike presste die Lippen aufeinander, griff in die Innentasche seiner Lederjacke und zog ein Päckchen Tabak und eine kleine Tüte heraus. Mit gesenktem Kopf machte er sich an die Arbeit.

Nadja hätte ihn gern noch mehr gefragt, aber sie ahnte, dass er nicht mehr sagen würde, zumindest solange die anderen dabei waren. Sie bedauerte das, denn eine weitere Gelegenheit würde sie wohl nicht bekommen.

»Wie seid ihr eigentlich aus Island in die Tunnel gekommen?«, fragte Emma.

»Island?«, erklang eine Frauenstimme jenseits des Feuers. »Da ist doch ein Vulkan ausgebrochen.«

»Was weißt du darüber?« Annes Worte klangen nicht wie eine Frage, eher wie ein Befehl.

Die Frau, deren Gesicht vom Rauch verborgen blieb, schien das nicht zu stören. »Ich war eben oben«, sagte sie. »Da lief das in den Nachrichten. Ein Vulkanausbruch auf Island, bei dem aber nicht viel passiert ist, und irgendwas mit einem Nebel, der aufgeklart ist.«

»Teil der Klimakatastrophe«, sagte eine männliche Stimme. »Irgendwann werden alle hier unten leben wollen, weil es oben zu abgefuckt ist.«

Zustimmendes Gemurmel antwortete ihm.

Nadja achtete nicht darauf. Das waren gute Nachrichten für sie. »Sie haben es geschafft«, sagte sie leise.

»Jemand hat etwas geschafft.« Anne klang nachdenklich.

Nadja fragte sich, ob sie mehr wusste, als sie preisgab. »Wir sollten gehen«, schlug sie Robert vor.

»Darüber sprachen Anne und ich schon. Wir sind nur ...« Er zögerte. »... nicht ganz einer Meinung.«

»Na gut, reden wir einfach alle darüber.« Nadja sah Emma an. »Könnten wir noch mal dein Zimmer haben?«

Das Mädchen hob die Schultern. »Ist nicht mein Zimmer, sondern das von Toby. Aber der kommt nicht wieder.«

»Und ob der wiederkommt«, sagte Krücke. »Seine Crew erzählt oben überall rum, dass er uns fertigmachen wird.«

Nadja stand auf. In ihren Armen schlief Talamh weiter; noch war er so leicht, dass sie ihn problemlos tragen konnte.

Robert und Anne erhoben sich ebenfalls. Die Menschen rund um das Feuer hatten die Frage nach der Herkunft der Fremden bereits vergessen und diskutierten mittlerweile lautstark über einen gewissen Toby. Nach den Wortfetzen zu urteilen, die Nadja auffing, hatte er eine Weile bei ihnen gelebt und war rausgeflogen, als er begann, Drogen im Bunker zu verkaufen.

Anne betrat das Zimmer als Erste und blieb an der Tür stehen.

Als wolle sie den Ausgang bewachen, dachte Nadja, als sie hinter ihr eintrat und sich auf das Feldbett setzte. Robert folgte ihr, stellte das Tablett mit den Tassen und den Kassettenrekorder beiseite und zog sich den Hocker heran.

»Anne und ich«, sagte er, »haben kurz darüber gesprochen, was wir als Nächstes tun sollten. Ich will zurück nach München. Das klingt jetzt vielleicht egoistisch.« Er fuhr sich mit der Hand über die Bartstoppeln an seinem Kinn. »Nein, es klingt sogar ganz bestimmt egoistisch, aber mein Roman erscheint bald, und die Vorabrezensionen sind so gut, dass der Verlag eine Reihe von Presseterminen angesetzt hat, die ich wahrnehmen sollte. Mein Pseudonym wird dabei gewahrt, was das Interesse auf die Spitze treibt.«

Seine Mundwinkel zuckten. »Ihr wisst schon: Mein geheimnisvoller Schattenriss steht plötzlich in allen Feuilletons, der Roman wird auf 3sat besprochen, und selbst wenn ich nur ganze fünf Leser bekomme, gelte ich als der neue Stern am Literaturhimmel.«

Nadja lächelte. »Ich freue mich wirklich für dich. Du hast hart dafür gearbeitet.«

»Anne hat hart dafür gearbeitet. Als meine Muse führt man bestimmt kein einfaches ...« Er hatte wohl Leben sagen wollen, unterbrach sich jedoch. »... Dasein«, endete er schließlich.

Anne sah ihn an. Nadja fiel es schwer, die Gefühle in ihrem Blick zu lesen. Sie hatte sie und Robert noch nie zusammen erlebt, kannte Anne nur aus seinen Erzählungen. Bisher hatte die Journalistin geglaubt, sie führten eine einseitige Beziehung, in der Robert liebte und Anne ihm nach und nach alles nahm – eines Tages wohl auch seine Lebenskraft. Aber das schien nicht ganz zu stimmen, das spürte Nadja bereits nach dieser kurzen Zeit. Etwas verband die beiden, auch wenn sie noch nicht ganz verstand, was es war.

»Ich will ebenfalls nach Hause«, sagte sie. Das Cairdeas an ihrem Handgelenk gab ihr Hoffnung. »David ist bestimmt schon auf dem Weg, und Talamh wird dort in Sicherheit sein.«

»Wieso glaubst du das?«, fragte Anne und verschränkte die Arme vor dem Körper. »Viele Mächte wollen das Kind, jeder verspricht sich etwas von ihm. Allein werden du und David es nicht beschützen können.«

»Anne findet«, sagte Robert, »dass es vielleicht eine andere Lösung gibt. Hör ihr wenigstens zu, selbst wenn es etwas gewagt klingt.«

»Tara.« Anne ließ das Wort unvermittelt fallen.

Nadja blinzelte überrascht. Einen Moment lang glaubte sie sich verhört zu haben, bis sie Roberts gequält wirkenden Gesichtsausdruck bemerkte.

»Tara?«, wiederholte sie.

»Bandorchu hat dort ihre neue Residenz aufgeschlagen«, erklärte Robert schnell.

»Du willst meinen Sohn an einen Ort bringen, den Bandorchu beherrscht?« Mit jedem Wort empörte sie sich mehr darüber. »Hast du den Verstand verloren?«

Die Beleidigung schien an Anne abzuprallen. »Bandorchu versucht, die Welten zu retten«, sagte sie. »Niemand außer ihr vermag das. Dein Kind spielt dabei möglicherweise eine wichtige Rolle. Bandorchu ...«

»... wird Talamh nicht anfassen!« Nadja stand auf. Ihre Stimme klang gepresst. Der Gedanke, ihr Sohn könne der Dunklen Frau in die Hände geraten, entsetzte sie. »Niemals, verstehst du? Niemals!«

Robert hob die Hände. »Beruhige dich. Anne meint es nicht so, wie es klingt. Lass uns in Ruhe darüber reden.«

Als Anne neben ihn trat, war Nadja, als bildeten die beiden eine Front, und mit einem Mal fühlte sie sich bedroht. Ihr Blick glitt zur offen stehenden Tür und dem flackernden Feuerschein dahinter.

»Nein«, sagte sie, während sie die Arme fester um Talamh schloss. »Wir werden nicht darüber reden. Ich kenne Anne nicht. Ich weiß nicht, was sie plant, aber ich dachte, ich würde dich kennen, Robert. Stimmt das? Weiß ich wirklich noch, wer du inzwischen bist?«

Bei der letzten Frage zuckte er zusammen. Emotionen glitten in schnellem Wechsel über sein Gesicht; Nadja erkannte Scham und Schuldgefühle. Er sah aus wie ein Dieb in der Nacht, der plötzlich in gleißendes Licht getaucht wurde und wusste, dass er nicht mehr fliehen konnte.

»Also nicht«, antwortete sie sich selbst. Die Worte schmeckten bitter.

»Nein, du missverstehst das. Es geht um etwas, das ich dir schon eben sagen wollte.« Robert stand auf. Es sah aus, als wolle er zur Tür gehen, aber Nadja ließ ihn nicht so weit kommen.

Mit der Schulter stieß sie ihn zurück, drückte Talamh gegen ihre Brust und lief los. Aus den Augenwinkeln sah sie ihn gegen Anne prallen, dann hatte sie den Raum auch schon verlassen.

»Nadja! Warte!«, rief Robert ihr nach, aber sie blieb nicht stehen.

Als Nadja sich dem Feuer näherte, drehte Emma ihr den Kopf zu. »Was ist los?«, fragte sie.

»Wo geht es raus?«

Wortlos zeigte Mike auf einen breiten Gang. Nadja griff nach einer Taschenlampe, die auf einem Hocker lag, und lief weiter.

Emma stand auf, versuchte aber nicht, sie aufzuhalten. »Was ist denn los?«, rief sie ihr nur ein weiteres Mal nach.

Die Dunkelheit des Ganges umfing Nadja. Scherben und Müll blitzten im Lichtkegel ihrer Lampe auf, übersäten den Boden. Erst als Talamh in ihren Armen zu weinen begann, blieb die junge Frau stehen. Schwer atmend schaltete sie die Taschenlampe aus und lauschte in die Dunkelheit. Formen tanzten vor ihren Augen. Irgendwo tropfte Wasser, doch Schritte hörte sie keine.

Sie war allein.

Nadja wiegte Talamh in ihren Armen. Nach nur wenigen Minuten hörte er auf zu schreien. Die sanft schimmernde Aura, die ihn in der Dunkelheit stets umgab, reichte aus, um zu sehen, dass ihm die Augen zufielen. Nadja wartete, bis er eingeschlafen war, bevor sie in den Gang leuchtete. Er endete einige Meter entfernt in einer Wendeltreppe aus Metall. Daneben hing ein Schild mit einem schräg nach oben deutenden Pfeil und der Aufschrift Ausgang.

Erleichtert atmete Nadja auf. Also hatte sie sich nicht verlaufen. Den Lichtkegel auf den Boden gerichtet, ging sie weiter über Betonplatten, die uneben und zum Teil zerbrochen waren. Darunter sah Nadja Steine – anscheinend war der Tunnel älter als der Bunker, zu dem er führte. Es roch nach Rauch und Urin.

Im Geiste sah Nadja sich bereits in den Straßen Berlins stehen, umgeben von kühler Nachtluft und auf der Suche nach einem Telefon. Tom, ihr »Wohnungssitter«, würde ihr Geld zukommen lassen müssen, damit sie den nächsten Zug nach München nehmen konnte. Dort würde sich alles Weitere schon ergeben.

»Du kennst ja noch nicht einmal dein Zuhause«, flüsterte sie dem schlafenden Talamh zu.

Der Gedanke an München brachte ungewollt auch die Sorge um Robert zurück. Etwas stimmte nicht mit ihrem alten Freund, das spürte Nadja deutlich. Sie wusste nicht, ob das allein an Anne lag oder ob es noch etwas anderes gab, was ihn verändert hatte. Es wirkte beinahe so.

Sie schob den Gedanken zur Seite, als sie die Wendeltreppe erreichte, und leuchtete nach oben. Der Lichtkegel traf durch die Gitter der Stufen hinweg auf eine gewölbte Decke. Jemand hatte ein gelbes Smiley darauf geklebt. Nadja lächelte unwillkürlich und setzte einen Fuß auf die unterste Stufe.

Es knirschte.

Erschrocken zog sie den Fuß zurück und erwartete im ersten Moment, die Treppe würde aus der Wand gerissen, doch das Knirschen verwandelte sich in das Quietschen einer sich öffnenden Tür. Es kam von oben. Rasch nahm Nadja die Taschenlampe herunter und schaltete sie aus.

»Sind wir hier richtig?«, fragte eine Männerstimme.

»Ja klar«, antwortete eine zweite. Ein Lichtstrahl zuckte über die Decke und blieb an dem gelben Smiley hängen. »Das markiert den Eingang.«

»Wie weit ist es jetzt noch?«, mischte sich eine dritte Stimme ein.

»Nicht weit. Und es lohnt sich, das werdet ihr schon sehen.«

Der Strahl löste sich von der Decke und traf auf ein rundes, in der Helligkeit bleich wirkendes Jungengesicht.

»Das will ich für dich hoffen, Toby«, sagte der Träger der Taschenlampe. »Wir haben echt Besseres zu tun, als durch diesen Scheiß zu laufen und ein paar Punks zu klatschen.«

Toby. Nadja wich zurück. Das war der Name des Drogendealers, von dem Emma gesprochen hatte. Offenbar war er weit davon entfernt, einfach aufzugeben.

Schwere Stiefel knallten auf die Metallstufen, Ketten rasselten, und Lichtkegel strichen über Decken und Wände. Nadja unterschied mindestens ein Dutzend Stimmen, alles männliche, die durcheinandersprachen. Langsam drehte sie sich um.

Vom Lärm der Eindringlinge geweckt, begann Talamh sich zu regen. Nadja drückte ihn gegen ihre Brust und lief durch die Dunkelheit zurück. Ihr Fuß stieß gegen eine Dose, die scheppernd über den Boden rollte.

»Was war das?«, rief eine neue Stimme hinter ihr, und die Geräusche verstummten. Lichter zuckten über den Boden, keinen Meter von Nadja entfernt. Sie hielt den Atem an.

»Hier unten gibt’s Ratten und Fledermäuse«, sagte Toby. »Da hört man immer irgendetwas.«

»Okay«, sagte die dritte Stimme. Sie schien dem Anführer zu gehören. »Felix, Mehmet, ihr bleibt am Eingang, falls sich einer verpissen will.«

»Geht klar, Vic.«

Nadja wartete, bis sie erneut Schritte hörte, dann ging auch sie weiter. Sie spürte ihren Herzschlag bis in die Schläfen, zwang sich jedoch, nicht zu rennen. Sie hielt Talamh in den Armen. Wenn sie über eine der zertrümmerten Betonplatten stolperte, konnte er sich verletzen.

Eine Ewigkeit schien zu vergehen, bis Nadja den rötlichen Feuerschein am Ende des Gangs sah. Sie drehte den Kopf und erkannte die Lichtkegel der Taschenlampen weit hinter ihr. Wie es schien, hatte die lange Wendeltreppe die Eindringlinge aufgehalten.

Nadja beschleunigte ihre Schritte und hielt auf die Menschen zu, die rund um das Feuer saßen. Dort waren Anne und Robert, sie standen abseits und sprachen mit Emma. Robert breitete gerade die Arme aus, als wolle er seine Unschuld beteuern.

»Da ist sie«, sagte Anne sofort, als Nadja ins Licht trat.

Robert wirkte erleichtert. »Du hast das alles missverstanden«, begann er.

Nadja ließ ihn nicht ausreden und wandte sich stattdessen an Emma. »Toby ist zurück, mit mindestens einem Dutzend anderer«, sagte sie leise. »Ich glaube, sie sind bewaffnet.«

Emma blinzelte. Nadja hatte sie für die eigentliche Anführerin der Gruppe gehalten, doch als sie in das hilflos wirkende Mädchengesicht blickte, begann sie an ihrer Einschätzung zu zweifeln.

»Gibt es einen anderen Weg nach draußen?«, fragte die Journalistin und nickte in Richtung des dunklen Gangs, aus dem sie gekommen war.

»Was ist los?«, fragte Robert.

Nadja schüttelte nur den Kopf. »Emma«, drängte sie. »Wir müssen hier raus.«

»Ja, ich weiß.« Das Mädchen zögerte, schien jedoch eine Entscheidung zu treffen. »Leute?«

Die Menschen am Feuer sahen auf.

»Toby und seine Gang sind hier«, fuhr sie fort. »Schnappt euch, was ...«

Weiter kam sie nicht. Hektisch sprangen die Ersten auf, zogen andere mit sich. Stimmen riefen durcheinander. Eine Frau griff nach einem brennenden Holzscheit und fuchtelte wie mit einem Schwert vor den anderen herum.

»Wer ist Toby?«, fragte Robert. Im gleichen Moment tanzten Lichtkegel durch den Gang.

Nadja fuhr herum und sah einen dunkel gekleideten Jugendlichen mit rundem, hassverzerrtem Gesicht und hoch erhobenem Baseballschläger in den Bunker stürmen. Mit einem Schlag zertrümmerte er einige Flaschen, die auf einem Tisch standen.

»Das ist Toby«, antwortete sie schlicht.

»Scheiße«, zischte Robert und zog sie zurück. Weitere Eindringlinge stürmten in den Raum; die meisten hielten Knüppel oder lange Ketten in den Händen, einer hatte Stacheldraht um ein Brett gewickelt. Sie schlugen und traten um sich – wen oder was sie trafen, schien sie dabei nicht zu interessieren.

Die Menschen am Feuer stoben auseinander wie Laub, in das der Wind fuhr. Planlos stolperten sie auf die Gänge zu, kaum einer ließ sich auf einen Kampf ein.

»Wir könnten sie besiegen«, sagte Anne.

Nadja war sich nicht sicher, wen sie mit wir meinte, und sie fragte nicht nach. Stattdessen ergriff sie Emmas Arm. »Komm!«

»Wohin?« Die Frage kam von Mike, nicht von dem Mädchen. Er stand neben Emma, eine abgeschlagene Bierflasche in der Hand.

»Tiefer in die Gänge hinein«, antwortete Robert. »So wie du, als du dich verlaufen hast und an einem anderen Ausgang herauskamst.«

»Ich hab keine Ahnung, wo der ist!«, schrie Mike über den Lärm und die Schreie hinweg, ließ sich aber mitziehen. Feuerschein tanzte in seinen großen schwarzen Pupillen.

»Passt auf die Hunde auf«, rief Toby nahe dem Feuer. »Macht mit den Losern hier, was ihr wollt, aber rührt die Hunde nicht an, okay?«

»Ja, schon gut!«, gab Vic zurück. »Wie oft willst du das noch sagen?«

Nadja schob Emma mit einer Hand vor sich her, während sie mit der anderen Talamh festhielt. Ihr Sohn hatte die Augen geöffnet und betrachtete das Chaos. Er wirkte nicht ängstlich, sondern wie ein unbeteiligter Beobachter.

»Wo müssen wir hin?«, fragte Anne. Sie schloss zu Robert auf, aber ihr Blick war zurückgerichtet, auf den Kampf und die Flüchtenden.

»Da entlang.« Mike zeigte auf einen Gang, in den bereits einige Menschen liefen, darunter auch der stark hinkende Krücke. Rauch und Feuer gaben ihnen Deckung.

Einige Pappkartons glimmten. Die Frau mit dem brennenden Holzscheit hatte sie in Brand gesetzt. »Nichts werdet ihr kriegen!«, schrie sie, während sie mit dem Scheit um sich schlug. »Nichts!«

Toby und die anderen schienen die Gefahr zu erkennen, die von ihr ausging. Sie umzingelten die Frau und trieben sie von den Kartons zurück, einer Wand entgegen. Immer wieder sprangen sie zur Seite, wenn das brennende Holzscheit in ihre Richtung gestoßen wurde, lachten jedoch dabei. Es war ein Spiel, und im Gegensatz zu ihrem Opfer hatten sie längst begriffen, wer es gewinnen würde.

»Pass auf, Marie!«, rief Toby grinsend. »Ich krieg dich!«

Daraufhin fuhr sie herum. Vic nutzte die Gelegenheit und schlug ihr mit dem Baseballschläger gegen die Schulter. Mit einem Aufschrei ließ Marie das Holzscheit fallen. Toby stieß es mit dem Fuß beiseite und holte mit seinem Knüppel aus.

»Schluss!«

Laut hallte die Stimme durch den Bunker, begleitet vom Läuten einer Kuhglocke. Nadja sah, wie Krone ins Licht des Feuers trat. Er streckte das Kinn vor und trug den Stab mit der Glocke wie ein Zepter. »Toby«, sagte er. »Wieso störst du unseren Frieden?«

Die Eindringlinge drehten sich zu ihm um. Rauchschwaden umgaben sie und nahmen Nadja die Sicht auf das, was vor ihr geschah.

In ihren Armen begann Talamh zu husten. Das Geräusch riss sie aus ihrer Erstarrung. »Wir müssen ihnen helfen«, sagte sie.

Robert schüttelte den Kopf. »Es sind zu viele. Denk an deinen Sohn.«

Der einstige Fotograf ergriff Nadjas Arm und zog sie in den Gang hinein. Widerwillig folgte sie ihm – wohl wissend, dass er recht hatte, aber trotzdem voller Schuldgefühle. Sie warf einen letzten Blick hinter sich. Durch die Rauchschwaden sah sie Toby, der den Baseballschläger senkte und langsam auf Krone zuging. Marie erkannte ihre Chance und lief geduckt auf Nadja und die anderen zu. Niemand versuchte sie aufzuhalten.

»Weshalb ich euren Frieden störe?« Toby spuckte das Wort aus wie einen Fluch. Rauch hüllte ihn ein, als er vor Krone stehen blieb.

»Wir müssen weg, solange sie abgelenkt sind«, flüsterte Anne ungeduldig.

Zögernd drehte sich Nadja um.

»Weil ich es kann«, sagte Toby hinter ihr. Sie hörte ein nasses, klatschendes Geräusch, dann Gelächter.

Marie tauchte neben ihr auf. Ihr Gesicht war rußgeschwärzt und verzerrt. »Helft mir!«, stieß sie hervor.

Nadja verdrängte den Gedanken an Krone und ergriff Maries Hand. »Komm.«

Die Dunkelheit nahm sie auf.