81
Wie leicht wird die Trauer zur Wut, und wie leicht gewinnt die Rache Argumente.
Padischah-Imperator Hassik III.,
Wehklage um Salusa Secundus
Unter dem kuppelförmigen Gewölbe eines Raums in seiner Residenz auf Arrakeen beschäftigte sich Hasimir Fenring mit einem vertrackten Puzzle. Es handelte sich um holographische Repräsentationen verschiedener geometrischer Formen, die sich zu einem vollkommenen Ganzen zusammensetzen ließen. Aber nur, wenn alle Elektropotenziale gleichmäßig verteilt waren.
In seiner Jugend hatte er sich mit ähnlichen Spielen am imperialen Hof von Kaitain die Zeit vertrieben, und damals hatte er meistens gewonnen. In jenen Jahren hatte er viel über Politik und Machtverhältnisse gelernt – viel mehr als Shaddam, um genau zu sein. Und der Kronprinz hatte es durchaus bemerkt.
»Hasimir, außerhalb des imperialen Hofs bist du viel wertvoller für mich«, hatte Shaddam zu ihm gesagt, als er ihn fortgeschickt hatte. »Ich möchte, dass du auf Arrakis ein Auge auf die nicht sehr vertrauenswürdigen Harkonnens hast und dafür sorgst, dass meine Gewürzsteuern ordentlich abgeführt werden – zumindest bis die verdammten Tleilaxu ihr Amal-Projekt abgeschlossen haben.«
Intensives gelbes Sonnenlicht drang durch die Fenster in der Kuppel. Es war durch die Hausschilde gefiltert, die die Hitze abhielten und das Anwesen gleichzeitig vor Angriffen durch den Mob schützten. Fenring konnte die hohen Temperaturen auf Arrakis einfach nicht ausstehen.
Seit achtzehn Jahren baute Fenring nun schon seine Machtbasis in Arrakeen auf. In der Residenz lebte er mit allem angenehmen Komfort, der in diesem Staubloch möglich war. Er konnte zufrieden sein.
Er schob einen Stab über einen Tetraeder und hätte ihn beinahe zu früh losgelassen. Dann konnte er das Element gerade noch rechtzeitig an die richtige Position dirigieren.
Genau in diesem Moment kam Willowbrook, der Hauptmann seiner Wachen, hereinmarschiert. Er räusperte sich und riss Fenring aus seiner Konzentration. »Der Wasserhändler Rondo Tuek hat um eine Audienz gebeten, Graf.«
Angewidert schaltete Fenring das Puzzlespiel aus, bevor die Teile in Unordnung geraten konnten. »Und was will er, hmmm?«
»Er hat es als persönliche Angelegenheit bezeichnet. Und betont, dass sie äußerst wichtig sei.«
Fenring trommelte mit den langen Fingern auf der Tischplatte, wo sich noch vor wenigen Augenblicken das Puzzle befunden hatte. Der Wasserhändler hatte noch nie zuvor um eine Privataudienz ersucht. Was will Tuek plötzlich von mir? Er muss ein ernstes Anliegen haben.
Oder er weiß etwas.
Bezeichnenderweise ließ der Händler mit dem ungewöhnlichen Aussehen kein Bankett und kein gesellschaftliches Ereignis aus. Da er die wahren Machtverhältnisse auf Arrakis kannte, stellte er Fenrings Haushalt besonders große Wassermengen zur Verfügung – mehr als den Harkonnens in Carthag.
»Ähh ... er hat meine Neugier geweckt. Schicken Sie ihn herein, und sorgen Sie dafür, dass wir in den nächsten fünfzehn Minuten nicht gestört werden.« Der Graf schürzte die Lippen. »Hmm-mm, danach werde ich entscheiden, ob Sie ihn wieder hinauskomplimentieren oder nicht.«
Kurz darauf trat Tuek mit stapfenden Schritten und schwingenden Armen in den Raum. Er fuhr mit einer verschwitzten Hand durch das rostgraue Haar, um es zu ordnen, dann verbeugte er sich. Die vielen Treppenstufen schienen ihn außer Atem gebracht zu haben. Fenring lächelte und war zufrieden mit Willowbrooks Entscheidung, ihn zu Fuß gehen zu lassen, statt ihm den privaten Lift anzubieten, mit dem er dieses Stockwerk ohne Anstrengung erreicht hätte.
Fenring blieb am Tisch sitzen, ohne seinen Besucher zum Platznehmen aufzufordern. Der Wasserhändler trug sein silbernes Gewand und eine auffällige Kette aus staubigen Platingliedern um den Hals. Offenbar war es im Sandstrahl bearbeitet worden, damit es den authentischen Eindruck eines arrakisischen Kunstwerks erweckte.
»Haben Sie etwas für mich?«, fragte Fenring mit gierigem Blick. »Oder möchten Sie etwas von mir haben, hmm?«
»Ich kann Ihnen einen Namen nennen, Graf Fenring«, sagte Tuek ohne Umschweife. »Und was ich dafür als Gegenleistung erwarte ...« Er hob die breiten Schultern. »Ich denke, Sie werden mich angemessen bezahlen.«
»Sofern Ihre Erwartungen nicht übertrieben sind. Wie lautet dieser Name? Und warum sollte er mich interessieren?«
Tuek beugte sich vor und wirkte wie ein Baum, der umzustürzen droht. »Es ist ein Name, den Sie seit Jahren nicht mehr vernommen haben. Ich denke, dass Sie sehr interessiert sein werden. Zumindest wird es der Imperator sein.«
Fenring wartete, aber er brachte keine große Geduld auf. Endlich fuhr Tuek fort. »Dieser Mann hält sich auf Arrakis versteckt und hat sich im Geheimen, aber mit Erfolg bemüht, Ihre Aktivitäten zu sabotieren. Er möchte sich am gesamten Haus der imperialen Familie rächen, obwohl er sich ursprünglich nur mit Elrood IX. zerstritten hat.«
»Ach, wer hat sich nicht mit Elrood zerstritten?«, fragte Fenring. »Er war ein hasserfüllter alter Geier. Wer ist dieser Mann?«
»Dominic Vernius«, erwiderte Tuek.
Fenring setzte sich plötzlich kerzengerade auf, und seine großen Augen wurden noch größer. »Der Graf von Ix? Ich dachte, er wäre tot.«
»Ihre Kopfjäger und Sardaukar haben ihn niemals gefasst. Er hat sich die ganze Zeit hier auf Arrakis verborgen gehalten, zusammen mit einer kleinen Schmugglergruppe. Gelegentlich mache ich ein paar Geschäfte mit ihm.«
Fenring schniefte. »Sie haben mich nicht sofort informiert? Wie lange wissen Sie schon davon?«
»Mylord«, sagte Tuek und atmete einmal tief durch. »Elrood hat die Fehde gegen das Renegaten-Haus eröffnet, und er ist nun schon seit vielen Jahren tot. Soweit ich es beurteilen konnte, schien Dominic niemandem zu schaden. Er hatte längst alles verloren ... und ich hatte mich um wichtigere Probleme zu kümmern. Doch nun hat sich die Sachlage geändert. Ich fühle mich verpflichtet, Sie darüber zu informieren, weil ich weiß, dass Sie gute Beziehungen zum Imperator haben.«
»Und was genau hat sich geändert, hmm?« Fenrings Gedanken rasten. Das Haus Vernius war seit langem praktisch ausgelöscht. Lady Shando war von Sardaukar aufgespürt und getötet worden. Ihre Kinder lebten im Exil auf Caladan und wurden als ungefährlich eingestuft.
Doch ein zorniger und rachsüchtiger Dominic Vernius konnte großen Schaden anrichten, vor allem, wenn er sich in unmittelbarer Nähe der Gewürzquellen aufhielt. Fenring musste diese Angelegenheit sehr ernst nehmen.
»Graf Vernius hat ein schweres Transportschiff bestellt. Er wirkte ... äußerst verstört und plant möglicherweise einen größeren Anschlag. Meiner Ansicht nach könnte es sich sogar um ein Attentat auf den Imperator handeln. Deshalb bin ich zu Ihnen gekommen.«
Fenring hob die Augenbrauen und runzelte die Stirn. »Weil Sie glauben, dass ich Ihnen mehr Belohnung zahle, als Dominic jemals an Bestechungsgeldern aufbringen kann?«
Tuek breitete die Arme aus und antwortete mit einem Lächeln auf diese Anschuldigung, ohne sie zu leugnen. Vor einem solchen Verhalten hatte Fenring Respekt. Damit bestand zumindest kein Zweifel an der Motivation dieses Mannes.
Nachdenklich strich er sich mit einem Finger über die Lippen. »Gut, Tuek. Sagen Sie mir, wo ich das Versteck des abtrünnigen Grafen finde. Ich will unmissverständliche Angaben. Und bevor Sie gehen, suchen Sie meinen Schatzmeister auf. Stellen Sie eine Liste mit allem zusammen, was Sie benötigen, sich wünschen oder sich als Belohnung vorstellen können. Dann werde ich entscheiden. Ich gebe Ihnen, was ich als Gegenwert für Ihre Informationen angemessen halte.«
Tuek beklagte sich nicht. »Vielen Dank, Graf Fenring«, sagte er mit einer Verbeugung. »Es freut mich, Ihnen zu Diensten sein zu können.«
Nachdem er alle bekannten Fakten über die antarktische Basis der Schmuggler preisgegeben hatte, verließ Tuek den Raum – im selben Augenblick, als Willowbrook wieder eintrat, da genau fünfzehn Minuten verstrichen waren.
»Willowbrook, bringen Sie meinen Freund zum Schatzmeister. Er weiß über alles Weitere Bescheid, hmm? Und für den Rest des Nachmittags lassen Sie mich bitte in Ruhe. Ich muss über vieles nachdenken.«
Als sich die Tür hinter den beiden Männern geschlossen hatte, ging Fenring auf und ab. Er summte vor sich hin, lächelte und zog im nächsten Moment eine besorgte Miene. Schließlich schaltete er das Holo-Puzzle wieder ein. Es würde ihm helfen, sich zu entspannen, damit sich seine Gedanken klären konnten.
Fenring hatte Spaß an verwickelten Intrigen, wenn sich Räder in Rädern drehten. Dominic Vernius war ein intelligenter und einfallsreicher Gegner, dem es gelungen war, sich jahrelang den Häschern des Imperiums zu entziehen. Für Fenring wäre es äußerst befriedigend, wenn der abtrünnige Graf sein Ende letztlich selbst herbeiführte.
Graf Fenring würde die Augen offen halten und ein weites Spinnennetz weben, aber Vernius sollte den nächsten Zug machen. Er selbst würde erst dann zuschlagen, wenn der Renegat alles vorbereitet hatte und kurz davor stand, seinen Plan in die Tat umzusetzen.
Es würde ihm großes Vergnügen bereiten, dem Gesetzlosen die Schlinge hinzuhalten, mit der er sich selbst erhängen würde ...