Schlechte Stimmung? Vom guten Umgang mit Konflikten

Wir brauchen Konflikte!

Konflikte, unterschiedliche Standpunkte, Meinungen und Sichtweisen gehören zum Alltag. Nicht nur beruflich, sondern auch privat. Wenn es zu einem Konflikt kommt, dann wird ganz klar erkennbar, dass es nicht nur einen Blick auf eine Situation gibt, sondern mehrere. Diese verschiedenen Ansichten können Sie als Bedrohung oder als Bereicherung erleben. Auch bei Konflikten gibt es das halbleere oder halbvolle Glas. Die gute Seite bei diesen anstrengenden Reibereien ist: Konflikte sind ein Merkmal dafür, dass eine Einrichtung, ein Team »lebt«. Das heißt, es entwickelt sich weiter und stagniert nicht, denn im Konfliktfall tauschen sich Menschen aus und rangeln um Standpunkte und verschiedene Positionen.
Jede Person, die an einem Konflikt beteiligt ist, hat einen ganz individuellen Blick auf das Geschehen, und jede empfindet die daraus resultierenden Spannungen anders. Dadurch erklärt sich, warum Sie in einer Teamsitzung mit einer Kollegin heftig streiten, während andere die Achseln zucken oder gar leicht gelangweilt fragen: »Warum regt ihr euch denn so auf?«
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Frage
Wie erging es Ihnen beim letzten beruflichen Konflikt? Können Sie sich noch an den Auslöser, das Gefühl erinnern, das Sie hatten? Wie haben Sie es geschafft, den Konflikt zu lösen? Ist etwas von diesem Lösungsweg auf die Lösung anderer Konflikte übertragbar? Gibt es eine gute Erfahrung, die für Sie der Gewinn des Konfliktes war?
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Typische Konflikte in pädagogischen Teams entstehen durch
• ungerechte/unklare Verteilung der Arbeit
• Ausfälle durch Krankheit (oft ein unterschwelliger Konflikt)
• Anforderungen des Trägers, der Leitung
• veränderte Arbeitsbedingungen, wie Änderung der Öffnungszeiten
• Antipathien einer Kollegin gegenüber
• sich nicht ernst genommen fühlen
• demografischer Wandel, ältere/junge Erzieherinnen
• Erwartungen der Eltern
• sowie das Problem, die Eltern als Kunden behandeln zu müssen
Konflikte können ein Motor für die Weiterentwicklung und Veränderung nicht nur eines Menschen sein, sondern für alle, die an der »Betriebsstörung« beteiligt sind.
Das Wort »Konflikt«, aus dem Lateinischen abgeleitet, bedeutet so viel wie »Zusammenstoß«, also ein kurzer Ruck. Die Realität gestaltet sich meist heftiger und langwieriger.
Wenn wir Konflikte mit anderen austragen, bedeutet dies nicht nur die Auseinandersetzung um eine Sache, eine Angelegenheit oder einen Vorgang. In der Regel fühlen wir uns auch oft selbst betroffen. Diese Betroffenheit drückt sich zumeist in Gefühlen aus und die sind wieder höchst individuell. Bedrücktheit, Traurigkeit oder Wut werden von jedem Menschen anders empfunden. Das, was Sie in der Folge zurückhaltend macht, kann einem anderen Menschen Ansporn sein.

Was hinter einem Konflikt stehen kann

Wir sind alle so verschieden, aber oft genug wollen wir das nicht wahrhaben. Erlauben wir uns das Wissen, dass wir nichts oder nur wenig vom anderen wissen?
Selbst die Kinder unserer Gruppe, deren Eltern und auch unsere langjährigen Kolleginnen bleiben uns zu einem Teil auf immer fremd. Erinnern Sie sich noch an das Bild von den »Landkarten« aus dem Kapitel über Teams?
Tritt ein Konflikt auf, so ist an der Oberfläche meist nur ein Teil dessen sichtbar, worum es eigentlich geht. Es gibt eine Ausgangssituation, einen Auslöser, aber das ist nur die Spitze des Eisbergs. Unter dem Wasserspiegel finden sich viele andere Aspekte, die zur aktuellen Lage beitragen.
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In einen Konflikt kann vieles mit hineinspielen, was vielleicht wenig oder gar nichts mit der akuten Situation zu tun hat. Das Bild oben zeigt, wie unterschiedlich und vielfältig die Aspekte sein können, die unser Gegenüber ebenso wie uns selbst aus der Tiefe heraus beeinflussen.
 
Manchmal kann allein die Erkenntnis, dass wir alle einen riesigen »unsichtbaren Eisberg« mit uns durch die Welt schieben, dazu beitragen, dass wir mit etwas mehr Gelassenheit, Humor und Mitgefühl für alle Beteiligten auf eine spannungsreiche Situation schauen.

Konflikte mal aus einer anderen Perspektive gesehen

Als Erzieherin, ich will es mal salopp ausdrücken, schmoren Sie mit Ihren Kolleginnen ein wenig im eigenen Saft, kann das sein? Ich kenne viele Teams, in denen manche Kolleginnen schon seit Jahrzehnten zusammenarbeiten. Einerseits kennt man sich, andererseits ist es ein wenig so wie mit der Familie: Gelegentlich wäre man sich auch gerne mal wieder »los«. Die Strukturen sind eingefahren, neue Kolleginnen bringen »Unruhe« mit, vielleicht sogar Besserwisserei.
Besonders Frauen suchen eher den Gleichklang, das Miteinander und die Harmonie, weil das Streben nach Gemeinsamkeiten und Kooperation in unserer Frauengeschichte verankert ist und so seit den Anfängen unserer Art zum Überleben der menschlichen Rasse beigetragen hat. Männer können Disharmonie oft sehr viel besser aushalten (und Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel). Wer hat das nicht schon einmal in einer Beziehung erlebt, dass der Partner nach einem Streit sich schnell und scheinbar unbelastet anderen Aufgaben zuwendet, während man selbst, als Frau, noch über den Vorwürfen und Streitpunkten kocht und brütet? Ich glaube, dass weder das eine noch das andere sehr hilfreich ist. Konflikte müssen bearbeitet werden und das kann auch mit Leichtigkeit geschehen.
Durch den Mangel an männlichen Erziehern werden Konflikte in Kitas meist »weiblich« gelöst, also oft nach gleichen Mustern. Es mangelt an frischem Wind, Herausforderungen und zuweilen auch an unbequemen Zeiten, wie man sie im Arbeitsteam mit Männern erlebt. Nun können Sie sich weder einen männlichen Kollegen basteln noch einen kidnappen, aber es bleibt dennoch die Frage: Wie können Sie die männliche Sicht und neue Herausforderungen in Ihre Arbeit und persönliche Weiterentwicklung integrieren? In einem Interview mit Rainer, 50 Jahre, einem früheren Kollegen im Heimbereich, der heute als Erzieher im Kindergarten tätig ist, wird sichtbar, von welchen »männlicheren« Herangehensweisen sich Erzieherinnen anregen lassen könnten.
Interview
Rainer: »Je kleiner die Kinder, desto weniger arbeiten Männer mit ihnen. Ich werde also gebraucht!« (lacht)
Christine: »Wie ist die Zusammenarbeit mit deinen Kolleginnen? Siehst du Unterschiede?«
Rainer: »Frauen müssen alles intensiver ausdiskutieren. Mir ist das manchmal zu viel. Ich würde das dann gerne abkürzen, zügiger abwickeln. Mir ist die Zeit dann zu schade, um noch mal um das Problem zu kreisen. Aber sicher hat es auch Vorteile, nicht immer so männlich schnell zu sein, sondern sich die Dinge von allen Seiten zu betrachten. Aber an sich ist unsere Kommunikation sehr gut. Wie unterstützen uns gegenseitig.«
Christine: »Merkst du einen Unterschied zu deinen Kolleginnen in Bezug auf die Eltern?«
Rainer: »Ja, die Väter kommen gerne auf mich zu. Die suchen das Gespräch von Mann zu Mann.«
Christine: »Und bei den Kindern?«
Rainer: »Die Jungs kommen auch eher zu mir. Die suchen das Reibende, wollen kämpfen, mit mir toben. Die Mädchen suchen das auch gelegentlich.«
Christine: »Raufen deine Kolleginnen auch mit den Kindern?« Rainer: »Nein, eher nicht. Obwohl ich diese Körperlichkeit sehr wichtig finde. Beim Raufen kommt man mit den Kindern wirklich noch mal neu in Kontakt. Da verändert sich etwas, kommt in Bewegung. Nicht nur bei den Kindern, auch mir ist das ganz wichtig. Ich finde, Erzieher, egal ob Männer oder Frauen, die nicht raufen, verpassen was.«
Christine: »Fällt dir noch ein Unterschied ein?«
Rainer: »Ja. Manchmal braucht es eine maskuline Herangehensweise. Ein: ›So wird’s jetzt gemacht. Fertig aus.‹ Es braucht auch die weibliche, einfühlsame, aber die ist ja in Kindergärten und Grundschulen meist eh schon überrepräsentiert.«
Christine: »Hast du dir einen männlichen Bereich im Kindergarten ausgewählt?«
Rainer: »Ich arbeite in der Holzwerkstatt, aber das machen Frauen auch. Ein weiterer Schwerpunkt ist das Angebot naturwissenschaftlicher Experimente. Das ist sehr spannend.«
Christine: »Was findest du an deiner Arbeit anstrengend?«
Rainer: »Die Lautstärke und die ständige Verfügbarkeit.«
Christine: »Wie sehen deine Perspektiven aus?«
Rainer: »Es gibt kaum welche. Ich möchte in keine Leitungsfunktion und der Tariflohn ist jetzt schon ausgereizt. Die momentane Situation ist auch so, dass viele Erzieher auf ihren Stellen bleiben, weil ein Wechsel nur finanzielle Verschlechterungen mit sich bringt. Ich weiß nicht, wie es bei mir weitergeht. Mit 65 Jahren noch immer Erzieher im Kindergarten?«
Christine: »Was hält dich?«
Rainer: »Na, entweder ist der Leidensdruck noch nicht groß genug, oder ich hab den Beruf einfach zu gern. Vermutlich ist es Letzteres.« (lacht)
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Nun sind Ihre Ideen gefragt.
Was könnte eine andere, »männliche« Sicht auf Konflikte sein?
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Wo gibt es neue Herausforderungen?
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Ich selbst habe immer sehr viel von Weiterbildungen profitiert und dann darauf geachtet, dass die Teilnehmergruppen (wenn möglich) hälftig aus Männern und Frauen bestanden. In der Weiterbildung bekomme ich einerseits eine gehörige Prise frischen Wind um die Nase und kann andererseits auch einmal von der männlichen Sicht auf Konflikte und Situationen profitieren.
Es geht nicht darum, es »männlich zu machen«, sondern um neue Sichtweisen und Perspektiven, die alte Strukturen und eingefahrene Grundmuster inspirieren können.

Schubladendenken: »Ich weiß schon, wie du bist!«

Wenn wir bereits beschreiben können, wie ein Mensch ist, ohne dass er bislang viel gesagt hat, ist er in einer unserer inneren Schubladen gelandet. Tatsächlich sind Schubladen zunächst wichtig, um sich von einer Situation ein Bild zu machen. Ist die Schublade aber tendenziell negativ und damit unflexibel, hat Ihre Kollegin in Konflikten kaum mehr eine Chance.
Verschlossene Schubladen erkennt man an Sätzen wie:
• »Sie wird es sowieso nicht verstehen.«
• »Den brauchst du gar nicht zu fragen, der kennt sich nur da aus, wo er will.«
• »Die ist so, die bleibt so, die wird immer so bleiben.«
• »Ich hab schon oft versucht, ihr was zu sagen, aber sie ändert sich nicht.«
• »Montags ist sie sowieso mies drauf. Danach kannst du den Kalender stellen.«
Übrigens: Nicht nur einzelne Kolleginnen, auch ganze Kindergartengruppen kann man in Schubladen pressen. Dann ist eine Gruppe »immer laut« und eine andere »sehr kreativ« und mit der nächsten »ist nichts anzufangen«.
Ist man in einer Schublade gelandet, fühlt man sich schnell beengt. Stefanie beschreibt das so: »Es kam mir so vor, als wäre ich wie angebunden. Ich wünschte mir nur noch, dass mich endlich mal jemand fragt, ob ich mich auch so sehe, wie meine Kollegin mich beschrieben hat.«
Fragen helfen uns, andere Menschen deutlicher wahrzunehmen und sie in ihren Handlungen zu verstehen. Fragen signalisieren Interesse. Dadurch kann sichtbar werden, was die Kollegin sich wünscht oder was sie bedrückt. Bloße Vermutungen werden so mit Realität unterfüttert. Was sichtbar ist, kann besprochen werden - so bekommen nicht nur die Kolleginnen, sondern auch Lösungen eine Chance. Sie haben darüber ja bereits schon einiges im Kapitel über Zusammenarbeit im Team erfahren.

Was hilft bei einem Konflikt?

Es gibt viele erprobte und sehr hilfreiche Tools, die Teams in der Weiterentwicklung und Konfliktlösung unterstützen und die gleichzeitig für Sie selbst eine persönliche Bereicherung sein werden. Wenn Sie eine Lösung finden, dann wird diese nie allein nur für Ihre Arbeit als Erzieherin hilfreich sein, sondern Sie werden sie auch in persönlichen Kontexten verwenden. Insofern ist gerade das Lösen von Konflikten ganzheitlich wirksam und sehr wertvoll.

1.) Worum geht es genau? Und was genau können Sie verbessern?

Je differenzierter und sachlicher Sie bei einem Konflikt werden, desto hilfreicher ist es für die Lösung. Folgen Sie bloß einer Stimmung, einem Gefühl oder können Sie einen ganz konkreten Fall benennen? »Konkret« bedeutet, dass Sie nachprüfbare Fakten ansprechen.
Schon von der ersten Formulierung kann abhängen, ob sich ein Problem relativ schnell beheben lässt oder ob ein Streit vom Zaun bricht. Sicher hören Sie den Unterschied selbst:
»Mann, warum achtet niemand außer mir auf solche Dinge? Immer lasst ihr die Tür auf!«
oder:
»Als ich um 11 Uhr an die Eingangstür ging, war sie nicht verschlossen.«
Verallgemeinerungen provozieren Rechtfertigungen und Gegenangriffe. Zu einer sachlichen Lösung (»Wie wollen wir in Zukunft sicherstellen, dass die Tür verschlossen ist?«) kommen Sie leichter, wenn Sie sich an schlichte Tatsachen ohne weitere »Ausschmückungen« halten.
Hier ein Beispiel, wie eine lösungsorientierte Gesprächsführung aussehen könnte, bei der die Kollegin wohlwollend miteinbezogen ist.
»In letzter Zeit arbeiten wir nicht mehr so reibungslos miteinander. Empfindest du das auch so? (Antwort abwarten) Ich würde gerne wieder an die Zeiten anknüpfen, in denen wir Hand in Hand gearbeitet haben. Wie wäre das für dich? (Antwort abwarten) Was haben wir damals besser gemacht als heute? (Liste erstellen) Gibt es etwas, das auch eine Lösung sein könnte? Wie wollen wir dafür sorgen, dass wir zukünftig nicht aneinander vorbeiarbeiten, sondern miteinander? Wie können wir Störungen benennen und wann ist dafür der beste Zeitpunkt? (Regelmäßige Teamsitzungen?)«

2.) Üben Sie den Perspektivenwechsel

Wie sieht Ihre Kollegin den Konflikt? Welche Gründe könnte sie anbringen? Denken Sie sich diesmal in andere Köpfe und versuchen Sie zu formulieren, was darin vorgehen könnte und welche Argumente Ihre Kollegin vorbringen würde, wäre sie jetzt gefragt. Möglicherweise können Sie sogar etwas spüren. Wir interpretieren oft, dass unser Gegenüber in einem Konflikt stark, sicher und unnahbar ist. Spüren wir dann hin, so fühlen wir, dass auch Kollegen nur Menschen sind, die Unsicherheiten und Ängste haben.

3.) Erzählen Sie von sich

In der Fachliteratur finden Sie viel über Ich-Botschaften. Diese sind in der Tat gerade bei einem Konflikt sehr hilfreich. Wenn Sie etwas sagen möchten, dann vermeiden Sie Schuldzuweisungen, sondern erzählen Sie von sich.
»Ich habe den Eindruck...«
»Bei mir taucht dann das Gefühl auf...«
»Mir ist wichtig...«
»Für mich ist in diesem Punkt entscheidend...«

4.) Nehmen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen

Es kann sein, dass Sie noch mal nachdenken müssen. Etwas in Ihnen wird Ihnen signalisieren, wenn es für Sie für ein Fazit noch zu früh ist. Das verfrühte »Beenden« eines Konfliktes (»Ja, schon in Ordnung, wir können es auch dabei belassen«) kann einen neuen provozieren. Etwas brodelt dann weiter und nach kurzer Zeit fängt man schon wieder damit an. »Ich dachte, es wäre gut!«, sagt unsere Kollegin dann vorwurfsvoll. Nein, es war eben noch nicht gut und der vorwurfsvolle Blick bringt Sie jetzt vermutlich erneut auf die Palme. Sie können diese Situationen vermeiden und Ihre eigenen Nerven schonen, wenn Sie sich gleich noch etwas Zeit ausbedingen. »Bitte lass mich noch eine Nacht drüber schlafen. Können wir morgen den Faden aufgreifen? Ich habe das Gefühl, dass ich vorab noch etwas für mich klären will, was für die Lösung hilfreich ist.«

5.) Nörgeln Sie nicht an Ihren Kolleginnen herum

Wenn es etwas gibt, das Sie stört, dann bleiben Sie sachlich und am Thema. Nörgeleien sind oft persönlich. Etwas »gefällt« uns nicht am anderen. Wir können aber die Struktur unseres Gegenübers nicht verändern und entsprechende Versuche wirken eher übergriffig als unterstützend. Fremdes Verhalten liegt nicht in unserer Macht. Was wir jedoch können, ist
• an unserer eigenen Haltung arbeiten
• unsere Kommunikation schulen
• herausfinden, wie wir für uns sorgen können
Das hilft, damit wir nicht unter (eigenen oder fremden) Druck geraten.
Je öfter und kollegialer Sie Missstimmungen im Team ansprechen, desto mehr Selbstsicherheit ist für Sie drin. Sie stellen dann bald fest, dass viele Menschen - genauso wie Sie - froh sind, wenn Spannungen verschwinden. Kein Mensch arbeitet gerne mit anderen zusammen, wenn der Haussegen schiefhängt. Viele Menschen wissen einfach gar nicht, was sie sagen sollen oder sind sehr scheu. Sie sind nun auf einem guten Weg und werden immer besser darin werden, wenn es darum geht, eine Situation sachlich und lösungsorientiert zu klären.

6.) Gehen Sie über das Gefühl hinaus

Es ist nahezu unmöglich, einen Konflikt fruchtbar zu beenden, wenn wir ausschließlich Gefühle als Auslöser benennen.
• »Mir stinkt es hier schon lange!«
• »Ich fühl mich nicht gut.«
• »Ich hab Frust.«
• »Das geht für mich nicht so weiter.«
• »Die Kollegin ist komisch.«
All das sind Aussagen, bei denen wir zwar eine Stimmung erahnen können, aber ändern können wir daran nichts. Ihr Gegenüber kann nicken oder den Kopf schütteln, aber dazu sagen kann er eigentlich nichts, denn es ist ja Ihr Gefühl. Gut möglich, dass er ein ganz anderes hat. Bei Gefühlen gibt es kein »Ich habe Recht!« oder »Nein, ich!«. Gefühle haben immer Recht und zwar für den, der sie fühlt und verbalisiert. Besser ist es, Sie beschreiben, welche Sicht Sie auf den Konflikt haben und was Sie sich wünschen würden.
• »Für mich stellt sich die Sachlage so dar:...«
• »Wenn ich mein Erleben beschreiben wollte, dann würde ich sagen...«
• »Meine Wahrnehmung der Situation ist...« 7.)

Zeigen Sie Respekt, Toleranz, Verständnis und dass Sie willens sind, den Konflikt zu lösen

Das ist nicht immer leicht, denn dafür müssen wir manchmal auch über unseren eigenen Schatten springen oder erkennen, dass wir einer Kollegin gar kein Feedback geben wollten, sondern ein »Fiesback«. Auch Sie sind nur ein Mensch und es kann auch Ihnen passieren, dass Sie ganz einfach eine Sauwut auf eine Kollegin haben und sich mal richtig Luft verschaffen wollen. Leider bringt zerschlagenes Porzellan weder Sie noch ein Team weiter. Es gibt nur Ärger mit den Scherben.
Wenn Sie noch nicht genau wissen, um was es eigentlich für Sie geht, dann beantworten Sie sich selbst folgende Fragen:
• Wie wäre meine Arbeitssituation, wenn alles wunderbar laufen würde?
• Was wäre anders im Unterschied zu der momentanen Situation?
• Gibt es etwas, das ich mir von meiner Kollegin, meinem Team wünsche?
• Gibt es etwas, das ich mir für mich wünsche?
Fragen dieser Art führen Sie zur Lösung.

Unterstützung bei schweren Konflikten

Es kann vorkommen, dass Sie - egal ob ein Konflikt klein oder groß ist - das Gefühl beschleicht, »mit Ihrem Latein am Ende zu sein«. Sie wissen, was allein falsch zugeschraubte Zahnpastatuben in Beziehungen anrichten können, es ist daher kein Wunder, dass sich auch im Beruf Konflikte so massiv anfühlen können, dass Versöhnung unvorstellbar scheint.
»Petra soll mich nicht schon morgens so dumm anmachen!«
»Iris hat einen Ton drauf, da mach ich dicht!«
»Ich möchte hier meine Arbeit tun und ansonsten sollen mich alle in Ruhe lassen!«
Wenn Sie als Team zusammenarbeiten, dann sind solche Haltungen auf Dauer nicht lebbar. Menschen sprechen, reden, verhandeln miteinander. Nur »die Arbeit tun« ist in Ihrem Beruf nicht drin. Damit Sie Ihre Arbeit gut tun können, brauchen Sie einander, und Sie brauchen eine Atmosphäre, in der sich auch konstruktiv zusammenarbeiten lässt.
Manchmal kommt man in schweren oder chronischen Konflikten alleine nur schwer weiter. In der Regel finden die Konfliktparteien dann mit Hilfe einer Supervision oder Mediation wieder zueinander. In Gesprächen wird dann herausgefunden, welche Anteile und Ansichten die einzelnen Kolleginnen in den Konflikt einbringen, welche Erwartungen und Wünsche dahinterstehen und was es braucht, damit alle wieder gerne arbeiten und zusammen sind. Der »Urknall«, der zuweilen den Konflikt ausgelöst hat, ist übrigens meistens wirklich nur ein Auslöser. Dahinter steht oft eine Ursache, ein Schwelbrand, der das ganze Team schon länger betroffen hat. Insofern stehen am Anfang zwar erst einmal Gespräche mit einzelnen Kolleginnen, die dann aber bald in eine Teamsupervision münden.
Scheuen Sie sich also nicht, auch wenn Sie direkt zu den Konfliktparteien zählen, sich Unterstützung zu holen. Es lohnt sich und wird sich positiv auf Ihre gemeinsame Arbeit auswirken. Letztendlich bringt jede Supervisionsstunde nicht nur dem Team etwas, sondern auch der persönlichen und beruflichen Reflexion. Das, was Sie selbst lernen, können Sie in die Arbeit mit den Kindern oder bei der Anleitung jüngerer Kollegen einfließen lassen. Und private Zahnpastatuben schrauben sich, als Bonus, häufig auch viel einfacher zu.

No-Gos im Konflikt

Schuldzuweisungen
»Weil du früher gehen willst, darf ich mal wieder länger bleiben!«
 
Du-Botschaften
»Du bist schuld!«
»Weil du auch immer...!«
 
Opferhaltung
»Lass nur... Ich mach die Küche halt.«
»Ich kenn es ja nicht anders.«
 
Ausreden
»Ich hätte es ja gemacht, wenn ich da gewesen wäre!«
»Wenn mein Wecker nicht klingelt, dann klingelt er nicht!«
 
Schuldverschiebung
»Moment mal, das hing an den Eltern, dass der Abend nicht klappte.«
»Die Mutter hatte mich abgelenkt!«
 
Frechheiten
»Hab ich dich grad etwas gefragt?«
»Halt die Klappe!«
 
Fiesheiten
»Hast du Probleme daheim, oder warum nörgelst du an mir herum?«
»Kümmere dich erst mal um dein Gewicht.«
 
Dominanz
»Also, ich sag jetzt mal, wie wir das machen.«
»Jetzt seid ihr mal alle ruhig!«

Viele Wahrheiten entdecken

Es gibt nicht die eine Wahrheit. Auch wenn wir sie zu gerne hätten. Besonders in Konflikten mit anderen Menschen. Wenn zwei sich streiten, dann haben meistens beide Recht, weil beide Menschen gute Gründe für ihr Handeln haben. Streit ist Energie. Wenn die noch vorhanden ist, lässt sich etwas verändern. Ist die Leidenschaft gestorben, stagniert ein Team. Deswegen sind Konflikte zwar lästig, tun aber gut.
Wenn wir unser Gegenüber ernst nehmen und reflektiert von uns erzählen, dann gibt es eine Aussicht, den Konflikt zu lösen, vorausgesetzt, auch unser Gegenüber entwickelt ein Interesse an unserer Welt. Zuhören ist gefragt und nicht Besserwissen. Kein »Ich weiß, was du sagen willst«, denn wir wissen es ja nicht.
Es gibt viele Wahrheiten, sogar in Ihnen. Denn heute handeln Sie nach dem einen Muster und morgen bereits nach einem anderen. Wir entwickeln uns permanent weiter und zeigen an verschiedenen Tagen unterschiedliche Reaktionen. Deswegen tun Fragen jetzt so gut. Wir sind von Wahrheiten umgeben und es ist erleichternd, nicht mehr die eine finden zu müssen, sondern überraschend viele Wahrheiten zu entdecken.
Annegret arbeitet seit zwanzig Jahren in einem Berliner Kinderladen. Das Team hat sich in dieser Zeit nur minimal verändert, obwohl die Konzeption der Einrichtung sich neuen Bedingungen anpassen musste und auch ganz neue Bereiche daraus entstanden sind.
Interview
Christine: »Was, glaubst du, habt ihr richtig gemacht, dass fast alle Kolleginnen noch miteinander arbeiten?«
Annegret: »Da war die Chemie, die bei uns gleich stimmte. Ich finde das sehr wichtig. Wir mögen uns, auch privat.«
Christine: »Und neben der Chemie?«
Annegret: »Wir sind sehr offen zueinander. Wenn einer etwas auf der Seele brennt, dann sagt sie das gleich. Wir haben kurze Dienstwege, nehmen einander ernst und versuchen Konflikte schnell zu lösen.«
Christine: »Seid ihr ehrlich zueinander?«
Annegret: »Unbedingt. Ich kann mich darauf verlassen, dass meine Kolleginnen die Dinge so meinen, wie sie sie sagen. Sie tratschen nicht hinter meinem Rücken, sondern sind direkt.« Christine: »Hattet ihr auch mal eine Kollegin, die nicht ins Team passte?«
Annegret: »Ja, die verstand unsere Arbeit und ihre Rolle ganz anders als wir. Das zeigte sich in ihrer Arbeit. Wir haben erst versucht, mit ihr darüber zu diskutieren, aber sie hatte einen komplett anderen Ansatz. Als verschiedene Kinder nicht mehr kommen wollten, weil ihr Stil und unserer einfach so unterschiedlich waren, da haben wir uns von ihr getrennt.«
Christine: »Was hat sich in den Jahren vom Konzept her verändert?«
Annegret: »Früher hatten wir Schulkinder, das geht nun nicht mehr, denn die Horte gehören jetzt zu den Schulen. Also haben wir eine Gruppe für Einjährige eröffnet. Die leite nun ich.« Christine: »Und wie erlebst du diese Veränderung?«
Annegret: »Am Anfang war das schrecklich für mich! Ich dachte mir: Was soll ich denn bloß mit den Kleinen machen? Ich hatte immer nur Schulkinder betreut.«
Christine: »Was hat dich unterstützt?«
Annegret: »Meine Kolleginnen. Die ließen mich an ihrer Erfahrung teilhaben, ich besuchte Fortbildungen, die ich mit ihnen nachbesprechen konnte, und jetzt ist mir mein neuer Arbeitsbereich schon sehr vertraut.«
Christine: »Findet ihr schnell einen Konsens? Seid ihr darum bemüht?«
Annegret: »Nur wenn es der Sache dient und nicht, um Befindlichkeiten zu schonen oder um Konflikte zu verdecken. Wir reiben uns auch. Für mich ist das wichtig, damit wir weiter voneinander lernen. Und manchmal muss man auch etwas ausprobieren, bei dem Kolleginnen erst einmal skeptisch sind.«