Strang 2 / Kapitel 3

 

Vor lange Zeit lebte einmal in der Klus hinter der Ruine Neu-Falkenstein ein Bauer, dessen Habgier seines Gleichen suchte. Eines Tages lief ein Ahnungsloser dem Bauern über den Weg. Der Bauer sah dem Mann den Reichtum an, was sogleich seine schlechteste Seite weckte. Aus reiner Habgier erschlug er den Mann und vergrub den leblosen Körper. Als der Bauer Jahre später gedankenlos ein Loch schaufelte, stiess er auf den Schädel des Ermordeten. Der Schädel begann zu bluten. Und der Mörder starb auf der Stelle. 

Er hatte sich im Unterholz verborgen und beobachtete die Leute ganz genau, die um den toten Peter herumschlichen. Das Gesicht, das derjenige gemacht hatte, der den blanken, blutbeschmierten Schädel in Peters Schoss entdeckt hatte, war zum Umfallen komisch gewesen. Beinahe hätte er laut herausgelacht. Im letzten Moment hatte er sich aber beherrschen können. 

Er freute sich, als er hörte, dass sie davon ausgingen, ein Blitz hätte das Geländer elektrisch aufgeladen. 

Wenn die wüssten. 

Wenn die wüssten, dass er es gewesen war. Dass er den Generator abgestellt hatte, um eine der unprofessionell verlegten Leitungen herauszureissen und an das Geländer zu montieren. Nur, um dann den Generator wieder einzustellen. Dummerweise hatte Peter zu wenig lange gepafft und war zu früh wieder im Haus verschwunden. Also musste das Auto leiden. Ein zielsicherer Wurf und das Scheinwerferglas zerbrach. Der gewünschte Effekt trat kurz darauf ein. Peter kam erneut heraus und lehnte sich prompt ans Geländer. 

Schön, wie er hilflos gebrutzelt hatte. 

Der Rest war dann ganz leicht gewesen. Weg mit dem Strom und Peter sackte in sich zusammen. Den Totenschädel auf seinem Schoss platziert und beendet war das Kunstwerk. 

Ihm fiel die Schweinerei wieder ein, die der Mord an dem Wanderer verursacht hatte. Ein wohliger Schauer lief über seinen Rücken. Schade, dass er so ein Gemetzel nicht noch einmal anrichten konnte. 

Oder vielleicht doch? 

Dass sich der Wanderer verlaufen hatte, war genausowenig ein Zufall gewesen, wie die Tatsache, dass er auf Peters Grundstück gelandet war. Man hatte ihm eines Nachts eine falsche Karte untergejubelt, woraufhin er die Orientierung verlor. Passenderweise war auf dieser falschen Karte Peters Haus als SAC-Hütte eingezeichnet gewesen. 

Nur: Peters Heim existiert auf keiner Karte. 

Seine Rettung vor Augen hielt der Wanderer direkt auf das Haus zu. Er kam wie berechnet kurz nach Mittag an. Doch bevor er die Haustür erreichte sprang eine kräftige Person aus dem Unterholz, legte dem Mann einen Arm fest um den Hals und brach ihm mit einem Ruck das Genick. Dann wurde der Wanderer an den Platz gezogen, an dem Peter sein Wild zu schlachten pflegte. 

Dort wurde ihm sorgfältig der Kopf abgetrennt und mit einiger Mühe die Gesichtshaut abgezogen. 

Dass Peter das Geschehen entdecken könnte, war ausgeschlossen, denn er war früh losgezogen um seine Vorräte aufzustocken. Das verschaffte genügend Zeit. 

Er konnte das Gefühl des Kopfes unter seinem Arm noch deutlich spüren, während er mit einem seligen Lächeln auf den Lippen sein heutiges Schaffen Revue passieren liess. Doch nun verlangten die Menschen, die um Peters Haus herumwuselten erneut seine volle Aufmerksamkeit. Ein weiteres Highlight stand an. Denn ein grosser Mann in einem dunklen Overall trat auf das kleine Holzhäuschen zu, in dem Peter seinen Fisch und das erlegte Wild räucherte. 

Diesen Augenblick wollte er keinesfalls verpassen. 

Der Mann öffnete die Tür und wich leicht zurück. 

Kein Wunder, von der Decke hingen lauter tote Fische, Tierkadaver und grosse Fleischstücke. Nach dem ersten Schrecken wagte sich der Mann weiter vor. Er verschwand im Dunkeln. Dann erleuchtete ein Lichtkegel den Raum. Der Mann hatte offenbar eine Taschenlampe angezündet. 

Man konnte deutlich hören, wie der stattliche Mann im Overall scharf die Luft einsog. 

Jetzt hatte er es entdeckt. Ganz sicher. Wieder konnte er in seinem Versteck das Lachen kaum unterdrücken. 

Und tatsächlich, der Pegel der Taschenlampe fiel direkt auf einen Torso. An einem Fleischerhaken hing er zwischen den Tieren. Als wäre der kopflose Körper ganz normal zum Räuchern aufgehängt worden. 

Er hockte auf seinem Posten und gluckste vor sich hin. Er war mächtig stolz auf sein Werk. Er fand, das war ihm ausserordentlich gut gelungen. 

Und er freute sich bereits auf das nächste. 

 

Unscheinbar
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