12 Uhr. Rom. In einigen Zeitungs-, Radio- und Fernsehredaktionen

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Der Ablauf der Telefonate war stets der gleiche. Der Mann verlangte, den Chefredakteur oder eine Person in leitender Position zu sprechen, und erklärte auf Nachfrage, er sei einer derjenigen, die für die Kreuzwegmorde verantwortlich seien. Spätestens nach diesem Satz dauerte es in den meisten Fällen nur Sekunden, bis die gewünschte Person am Hörer war.

Der Anrufer erklärte daraufhin, dass das große Finale anstände und man einigen wenigen ausgewählten Medienvertretern die Möglichkeit gebe, diesen entscheidenden Moment der Weltgeschichte hautnah mitzuerleben und exklusiv darüber zu berichten. Fragen beantwortete der Anrufer nicht. Er erklärte nur, man solle sich um 13 Uhr 30 vor dem Vatikan einfinden und die Kameras bereithalten. Und man solle den Petersplatz nicht betreten, sondern ein Stück außerhalb der Kolonnaden warten. Nein, mehr könne er nicht sagen, aber das sei auch nicht nötig. Um 13 Uhr 30 vor dem Petersplatz. Man würde schon sehen ...

In den Redaktionen hatte man kurz zuvor erfahren, dass die Ermittlungen der Polizei sich auf Castel Gandolfo konzentrierten, wo sich ein dramatisches Ende anzubahnen schien. Ein ganzes Heer an Reportern und Kamerateams war zur Sommerresidenz des Papstes unterwegs, so dass die Verantwortlichen dem Anrufer kein Wort glaubten. Wie alle aufsehenerregenden Verbrechen, so zog auch dieses offenbar verrückte Trittbrettfahrer an.

Nur einer der Chefredakteure wollte in der Sache zumindest einen kurzen Anruf tätigen, um damit sein schlechtes Gewissen zu beruhigen.