Gründe ein Museum

Museen zu gründen ist ein beliebtes Hobby der Isländer; es wird vor allem von liebenswerten und bisweilen kauzigen älteren Herren betrieben. Der eine verfügt über die größte Plattensammlung Islands, der andere hängt in seiner Scheune alte Werkzeuge auf und erklärt sie zur kostbaren Sammlung, doch das wohl skurrilste Museum hat sich Sigurður Hjartarson, ein pensionierter Lehrer für Geschichte und Spanisch, geschaffen. In Húsavík, einer Stadt im Norden Islands, leitet der bald 70-Jährige das Isländische Phallologie-Museum – seine Ausstellung ist gespickt mit abgeschnittenen Tierpenissen. Einige prangen an den Wänden, andere glibbern in formalingefüllten Einmachgläsern vor sich hin. In den vergangenen Jahrzehnten sammelte Sigurður über 270 Exponate von mehr als neunzig Arten. Die meisten bekommt er geschenkt, nur den Elefantenphallus kaufte er ein. Wer hat den längsten? Wer den kleinsten? Diese Fragen können hier ganz offen gestellt werden. Die Antwort: Der längste ist vom Pottwal, er wiegt über siebzig Kilo und misst 1,70 Meter. Der kleinste stammt von einem Hamster und ist kaum zu erkennen.

Robben, Eisbären, Pferde, Füchse, sie alle ließen unfreiwillig ihr bestes Stück. Es gibt auch eine Spezies, die sich als Spender anbietet: Einige Männer versprachen Sigurður, nach ihrem Ableben dem Museum ihren Penis zu vermachen, für sie steht schon jetzt ein leeres Glas in den Ausstellungsräumen bereit und kündigt an, wessen Glied eines Tages hier ruhen wird. Der Museumsgründer selbst spendet sein Exemplar natürlich ebenfalls. Das Phallus-Museum von Húsavík ist sicherlich das seltsamste Museum Islands, wenn nicht gar der Welt.

Auch im Hólmavíker Museum für Hexerei und Magie entdecken die Besucher Außergewöhnliches und Irritierendes: zum Beispiel die nábuxur, Leichenhose (zum Glück jedoch keine echte). Glaubt man der Legende, stammen die nábuxur aus der Haut eines verstorbenen Mannes, der noch zu Lebzeiten sein Einverständnis gab. Nach seinem Tode wurde er nachts ausgegraben und die Haut von der Hüfte abwärts in einem Stück abgezogen, damit sie später auch gut sitzt. Um seinen Zweck zu erfüllen, musste der Leichenhosenträger einer armen Witwe an Weihnachten oder Ostern eine Münze stehlen. Diese trug der Mann dann in einem der Hoden, der als Geldsack diente. »Anschließend musste er ein magisches Zeichen auf ein Papier zeichnen und es ebenfalls einstecken«, erklärt Sigurður Atlason, Siggi genannt, mit tiefer Stimme und großem Pathos. »Sodann hatte der nábuxur-Träger immer ausreichend Geld.« Der Reichtum war übrigens nur den Männern gegönnt.

Siggi erklärt eine Leichenhose

In der Region um Strandir gibt es zahlreiche Legenden, besonders im 17. Jahrhundert herrschte ein ausgeprägter Glaube an die Magie, die auch Hexenverfolgungen nach sich zog. »Nie mehr wurden so viele Menschen hingerichtet wie zu dieser Zeit«, weiß der Museumsbetreiber. »Viel« ist in Island natürlich immer ein relativer Begriff. Es waren 21 Personen: zwanzig Männer und eine Frau.

Des Hexers Torfhaus in der Abenddämmerung

Um vollends in die Vergangenheit einzutauchen, fahren wir zu einem 25 Kilometer entfernten Landhaus des Hexers, der zweiten Stätte des Museums. Auf einer Anhöhe im Bjarnarfjörður thront das grasbewachsene Torfhaus. Der 49-jährige Siggi hat sich nun schwere Lederfelle umgehängt, er trägt eine beige Filzmütze, auf deren Stirnhöhe ein altes Symbol prangt: der Ægishjálmur, Helm des Ægis. Es existiert in verschiedenen Formen, eine davon hat sich auch Popsängerin Björk als Teenager auf den Oberarm tätowieren lassen. Schon in den alten Eddas wurde es als Kraftsymbol erwähnt und sollte helfen, Ängste zu nehmen, und vor Machtmissbrauch schützen.

Der Ægishjálmur stammt wie die anderen magischen Zeichen aus isländischen Zauberbüchern, einige gehen auf das Mittelalter zurück, bei anderen finden sich Bezüge zu historischen Runen und zum alten germanischen Glauben an Thor und Odin (im Isländischen Þór und Óðinn). Die Menschen hatten für jede Lebenslage ein Symbol, das jeweils auf eine besondere Art eingeritzt werden musste: Sie schützten vorm Ertrinken oder vor Diebstahl, halfen dabei, die Liebe eines Mädchens zu gewinnen oder die Schafe folgsam zu machen. All diese Zeichen finden sich auch im Landhaus des Hexers, das Viktorías Vater Ólafur, ein gelernter Hausbauer, historisch nachempfand. Was ist noch Hobby und was ist schon wieder Beruf? In Island verschwimmt das, genau wie alles andere. Alles ganz Isi eben!

Die Torfhütte liegt nur unweit von Svanshóll. Ein bisschen magische Hilfe hätten Vikorías Eltern gut gebrauchen können, dann wären ihre beiden Schweine Egg und Bacon vielleicht folgsamer gewesen. Doch so wurden die Tiere zu »Rebellen«, sie büxten mehrmals aus, wüteten durchs Gewächshaus und auf anderen Höfen im Tal, jagten Kinder und fraßen alles, was ihnen in den Weg kam. Es endete, wie es kommen musste: Die dick gefutterten Schweine landeten im Schlachthaus – und lieferten stolze 117 Kilo Fleisch. Damit konnte Viktorías Familie ein rauschendes Scheunenfest für das ganze Tal ausrichten.

Hilfreiche Redewendungen für alle Lebenslagen

 

»Það var mjög gaman.« – »Es hat viel Spaß gemacht.«

 

»Helvítis fokking fokk.« – »Verdammtes fucking fuck.«

(Berühmt gewordenes Protestplakat seit den Finanzkrise- Demonstrationen.)

 

»Þetta var bara mjög óheppilegur misskilningur.« – »Das war nur ein sehr unglückliches Missverständnis.«

(Standardspruch von der TV-Figur Georg Bjarnfreðarson)

 

»Þetta er allt að koma.« – »Es regelt sich schon irgendwie.«

 

»Þú komst við hjartað í mér.« – »Du hast mein Herz berührt.«

(Titel eines Hjaltalín-Songs und perfekter Flirtspruch)

 

»Þetta er ekkert mál fyrir Jón Páll!« – »Das ist kein Problem für Jón Páll!«

(Jón Páll Sigmarsson war der stärkste Mann der Welt.)

 

»Bless, bless!« – »Tschüss!«