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Empörtes Gebrüll begleitete uns noch eine Weile, aber die Wurfgeschosse erreichten uns nicht mehr und schließlich blieben auch die Rufe zurück, wurden leiser und verhallten ganz. Nur der Wind lief noch mit uns um die Wette, riss an Haaren und Kleidung. Die Graue rannte keuchend und mit hängender Zunge neben uns – aber bald schon konnte sie mit den Pferden nicht mehr mithalten. Nach etwa einer Meile fiel sie zurück und verschwand hinter einem der flachen Hügel, die wir wie im Flug hinter uns ließen. »Halt an!«, rief ich Amadar zu.

Das Pferd stemmte die Vorderbeine ohne jede Vorwarnung in den Boden und bremste so jäh, dass ich erschrocken aufschrie. Hätte Amadar mich nicht festgehalten, ich wäre kopfüber vom Pferd gestürzt. Die anderen Pferde bockten und verfielen in holprigen Trab, kamen schließlich zum Stehen.

»Glaubst du mir jetzt, dass der Hund nicht zu gebrauchen ist?«, fuhr Amadar mich an.

»Das wolltest du mir beweisen? Und darum lieferst du mich diesen Kerlen aus?«

»Ausgeliefert?« Er lachte auf. »Du wolltest den Hund doch haben. Also war es deine Sache, mit seinen Besitzern zu verhandeln. Ich bin dein Sucher, nicht dein verdammter Lakai!«

»Du wusstest genau, dass sie nicht nur verhandeln wollten!«, schrie ich.

»Ja. Und ich hatte dich gewarnt, oder nicht? Zumindest weißt du jetzt, dass du es hier nicht mit gesichtslosen Dienern zu tun hast – sondern mit Menschen. Menschen mit gierigen Herzen und lockeren Fäusten. Und auch wenn du sie für Wilde hältst, denken und fühlen sie nicht anders als du. Sie sind zu klug, um auf Lügen hereinzufallen, auch wenn sie aus dem Mund einer Hohen kommen. Sie haben ihren Stolz, genau wie du und ich. Und wer mit ihren Hoffnungen spielt, muss ein schnelles Pferd haben – und am besten schon einen Fuß im Steigbügel.«

»Du verteidigst sie?«

»Ich erinnere dich nur daran, dass es Regeln gibt. Du bist nicht mehr in der Stadt und deine Wahrheit ist nicht das Gesetz für alle anderen. Also hör endlich auf, die Herrin zu spielen. Hier draußen bist du es nicht! Hier ist ein Handel einfach nur ein Handel und eine Lüge eine Lüge.«

»Aber ein Befehl ist immer noch ein Befehl. Die Mégana hat dir befohlen, mich zu beschützen.«

»Ich soll dich lebendig bei ihr abliefern. Von unverletzt hat niemand etwas gesagt.«

Das verschlug mir die Sprache. Ein Windstoß fauchte uns an, vielfarbige Strähnen strichen über meine linke Wange wie tastende Finger. Die Berührung entfachte einen Schauer von Funken auf meiner Haut. In diesem unwirklichen Moment wurde mir bewusst, dass wir immer noch umschlungen auf dem Pferd saßen und er so nah war, dass sein Atem kühl über meine Wange strich. Unter meiner Hand spürte ich sein Herz schlagen – kraftvoll, empört und so schnell wie meines. Dann kam das Erschrecken, das ich immer in seiner Nähe spürte, ein warnender Ruf in meinem Inneren.

»Lass mich runter!«

Er zuckte ebenso zurück wie ich und ließ los, als hätte er sich an mir verbrannt. Ich rutschte vom Sattel. Meine Knie waren so weich, dass ich einknickte. Schwer atmend richtete ich mich auf. Die Pferde scheuten und trabten ein Stück davon, nur Amadars Reittier stand still. Erst jetzt fiel mir auf, dass er ohne Zaum und Zügel ritt.

Er verzog den Mund zu einem arroganten Lächeln. »Sieh es als Lektion. Jetzt hast du zumindest eine Ahnung davon, wie es sich anfühlt, eine atmende Ware zu sein und jede Gewalt über dein Schicksal zu verlieren.«

»Ich weiß, wie es sich anfühlt. Ich war im Haus der Verwaisten gefangen, schon vergessen? Ich wurde wie ein Stück Wild durch die Straßen gejagt – auch von dir!«

Seine Augen waren dunkel wie ein Gewitterhimmel. »Und warum lernst du nichts daraus, Canda-Ara

Sklavin. Das traf härter als der Fausthieb des toten Wächters. Noch nie in meinem Leben war ich so beleidigt worden. Meine Hand griff ganz von selbst nach dem Dolch, aber die Lederscheide war leer.

Amadar sprang mit einem geschmeidigen Schwung vom Pferderücken und kam auf mich zu. Ich sah das Schnappen seines Handgelenks kaum. Es wirkte, als hätte er meinen Dolch herbeigezaubert.

Mein Zorn verflog so schnell, wie er gekommen war, und mit einem Mal war ich nur noch erschrocken über mich selbst und meine Unbeherrschtheit. Amadar las die Bestürzung in meiner Miene. »Ich habe dich doch davor gewarnt, auf die Toten zu hören. Hast du ihr Flüstern nicht gehört? Sie würden alles tun für ein paar Tropfen lebendiges Blut.«

Er hielt mir die Waffe immer noch hin. Mir blieb nichts anderes übrig, als sie an mich zu nehmen, aber meine Hand zitterte dabei. Der Griff war kalt wie das Wasser aus dem tiefsten Fels. Die Spitze zeigte auf Amadars Herz, und für eine Sekunde lang hatte ich den verrückten Gedanken, dass er mich absichtlich in Versuchung brachte und sogar hoffte, dass ich zustoßen würde. »Und jetzt?«, fragte er voller Verachtung. »Mutig genug, mich mit einem Sklavennamen anzureden, aber zu feige, eine richtige Herrin zu sein? In der Stadt ist man doch schnell dabei, anderen das Herz zu durchbohren oder ihnen die Hand abzuhacken. Hast du mit deinem Glanz auch deinen Mut verloren? Oder«, schloss er mit kalter Verachtung, »ist Mut einfach nicht deine Gabe, Canda Blauhand?«

Ich zuckte zusammen, als er mich mit dem geheimen Namen meiner Urahnin ansprach. Woher kennt er ihn?

Tu es! Töte ihn! Jetzt ist es noch nicht zu spät! Ich kannte diese Stimme nicht. Ich wusste nur, sie gehörte nicht mir – sie war ängstlich und hoch, wie die eines Kindes, und unendlich fremd.

Sei still!, dachte ich erschrocken. Ich zwang mich dazu, logisch zu denken, ruhig zu werden. Dreh jetzt nicht durch. Die Namensgleichheit war natürlich Zufall – ich hatte immer noch Reste der blauen Farbe an meinen Händen. Woher sollte ein Außenstehender auch Dinge wissen, die nur innerhalb meiner Familie weitergegeben wurden und die nicht einmal Tian jemals erfahren würde? Plötzlich war ich nur noch erschöpft und traurig – und unendlich müde davon, eine Härte zu zeigen, die mir so fremd war, als hätte jemand anderes sie mir aufgebürdet. Und ob ich wollte oder nicht: Amadar hatte recht gehabt. Auf eine verdrehte Weise war ich tatsächlich mit diesem Verrückten verbunden. Wir hatten beide das Kostbarste verloren, was wir hatten: er seine Freiheit – und ich einen Jungen mit rotem Haar. Ich senkte den Dolch und schob ihn zurück in die Lederscheide. Als ich die Waffe losließ, war es, als würde eine Last von mir abfallen.

Amadar holte tief Luft und schüttelte den Kopf. »Wie konnte ich nur denken, dass eine Hohe irgendetwas von dem versteht, was ich sage«, murmelte er. Es überraschte mich, wie enttäuscht er klang.

»Ich … verstehe sehr gut, Amad.« Irgendwo zwischen einer Nacht in einem Feuerring und einer Schlägerei mit zwei Männern hatte ich vergessen, was es hieß, eine Moreno zu sein. Noch nie in der Geschichte meiner Familie hatte sich einer von uns bei einem Niederen entschuldigt. Meine Ahnen hätten mich für dieses Zugeständnis gesteinigt. Aber trotzdem fühlte es sich richtig an.

Ich hatte nicht gedacht, dass ich Amad jemals aus der Fassung bringen könnte. Alle Feindseligkeit fiel von ihm ab – und plötzlich war er nur ein völlig überraschter junger Mann mit klaren Zügen und Augen, in denen sich die Wüste und der Himmel spiegelten. Gegen meinen Willen war ich fasziniert.

Eis, dachte ich. So muss gefrorenes Wasser aussehen. Oder erstarrter Schmerz?

»Was ist mit dir passiert? Wie bist du in unsere Stadt gekommen?«

»Was willst du hören? Eine rührselige Geschichte von einer tragischen Liebe, einem Verrat, einer Rache? Oder lieber eine Heldenballade?«

»Die Wahrheit würde mir genügen.«

Er lachte sarkastisch auf. »Wessen Wahrheit? Eure?«

Es war erstaunlich, wie mühelos er es schaffte, meinen Zorn wieder zu entfachen. »Du erträgst es nicht, dass ich dich Sklave nenne, aber du beschimpfst mich – und alle von meinem Stand gleich dazu!«, brach es aus mir heraus. »Du willst mir Lektionen erteilen und hasst mich einfach nur dafür, dass ich eine Moreno bin. Ich werde verrückt vor Angst um Tian, aber du machst dich über mein Leid lustig und verurteilst unsere Liebe. Wer beleidigt hier eigentlich wen, Amad?« Und obwohl meine Stimme zitterte, hob ich das Kinn und fügte leise hinzu: »Ich bin tief gefallen, aber noch bin ich nicht am Grund zerschellt. Und ich habe immer noch meinen Stolz – so wie du.« Es war eine Genugtuung zu sehen, dass er meinem Blick nicht standhalten konnte. »Was ist deine Wahrheit?«, beharrte ich. »Meine kennst du nämlich schon – du weißt alles über mein Unglück, und ich hatte nicht die Wahl, ob ich dir davon erzählen will oder nicht. Ich dagegen reise mit einem Fremden. Und wenn ich aufhören soll, die Herrin zu spielen, wie du es nennst, dann hör auch auf, mein Richter zu sein. Wenn wir Seite an Seite gehen, dann will ich wissen, wer du bist!«

Zum ersten Mal sah er wirklich mich an – verwundert, als er würde er mich erst jetzt wahrnehmen, und mit einem erstaunten Respekt, der mich verwirrte. Ich konnte mir denken, dass ich einen erbärmlichen Anblick bot: ein halb verdurstetes, schmutziges Mädchen in Lumpen, mit zerfranstem Haar und Lippen, die so trocken und rissig waren, dass ein Lächeln genügen würde, um sie wieder zum Bluten zu bringen. Mit anderen Worten: eine todunglückliche, verzweifelte Verrückte, die gegen alle Regeln erleichtert ist, nicht mehr befehlen zu müssen. Wenn meine Eltern mich nicht schon verstoßen hätten – jetzt würden sie es auf jeden Fall tun. Verlegen strich ich mir über die Stirn und zog die Kapuze, die beim Ritt nach hinten gerutscht war, wieder über mein Haar. Staub und Sand rieselten. Im selben Moment ärgerte ich mich schon über mich selbst. Warum macht es dir etwas aus, wenn er dich hässlich findet?

Amad räusperte sich. »Wenn dir die Wahrheit so wichtig ist, fang bei dir selbst an«, erwiderte er heiser. »Lass mich reden, wenn wir Leuten begegnen. Du kannst nämlich nicht gut lügen.«

Im Gegensatz zu dir? »Das muss ich auch nicht! Es ist nicht meine Gabe. Und jetzt weich mir nicht aus, sondern gib mir eine Antwort! Woher kommst du?«

Er schwieg. »Die Hundemagd sagte, du stammst aus einem Land, in dem Schnee fällt«, bohrte ich weiter. »Und du hast in einem Krieg gekämpft?«

Er nickte widerwillig. »Dem schlimmsten von allen.«

»Und seitdem musst du den Méganes dienen?«

Amad schwieg lange. »Ich meine es ernst, Canda«, sagte er dann so leise, als fürchte er, dass der Wind uns belauschen könnte. »Die Mégana konntest du vielleicht einmal täuschen, weil es über ihre Vorstellung geht, dass eine Tochter der Stadt ihr nicht bis zum letzten Tropfen Blut ergeben sein könnte. Aber glaubst du wirklich, du kannst sie um dein Versprechen betrügen?«

Ich lernte an diesem Tag tatsächlich eine Lektion: Er war keiner von uns, aber er besaß auch eine Gabe, die ebenso stark war wie jede einzelne von den unseren: Er konnte mit den Augen anderer sehen. Und er hatte mich schon in dem Augenblick durchschaut, als ich selbst nur ahnte, dass ich der Stadt nicht mehr ganz gehörte. Trotzdem hat er vor der Mégana geschwiegen.

Ich wich nicht zurück, als er sich zu mir beugte, so nah, dass ich wieder seinen Duft von Rauch und Wüstenwind wahrnehmen konnte. »Unterschätze deine Herrscher nicht, Canda«, raunte er mir zu. »Das haben schon Mächtigere als du getan.«

Die verächtlichen Worte der Frau kamen mir in den Sinn. »Sogar Könige und Heerführer aus den fernsten Ländern klopfen als Bittsteller an ihre goldenen Türen, bereit, ihre Seelen für eine Rache oder Macht zu verkaufen.«

»Sprichst du von dir? Worum ging es bei deinem Handel mit der Mégana?«

»Woher willst du wissen, dass ich gehandelt habe?«

»Offenbar bist du ja kein Sklave – aber frei bist du auch nicht.«

»Bist du es?«, fragte er ernst.

Nie hätte ich zugegeben, dass mir diese Frage einen Stich gab. »Lenk nicht ab, um mich geht es hier nicht. Die Mégana sagte, dein Blut ist an sie verschuldet.«

»So wie deins.«

Eben noch hatte ich gedacht, wir hätten die Rollen getauscht, aber mühelos hatte er es geschafft, wieder in die Position desjenigen zu kommen, der mich in die Enge trieb. Heftig schüttelte ich den Kopf. »Hör auf. Das … das ist etwas ganz anderes!«

»Wirklich, Canda?«, fragte er so sanft, dass ich fröstelte.

Ich wollte widersprechen, aber die Stichwunde in meiner Handfläche schien wieder zu pochen. Rasch schob ich meine Faust tief in die Köchertasche, aber die Erinnerung an mein Blut, das in die Flamme fiel, ließ sich nicht so einfach wegdrängen. Amads Stimme war nur noch ein Raunen im Wind. »Selbst wenn du Tian seine Tat verzeihst, mir im Schlaf den Dolch ins Herz jagst und mit ihm ans Ende der Welt fliehst, sie werden euch finden und dich zwingen, dein Versprechen einzulösen.«

»Das brauchen sie nicht. Weil Tian unschuldig ist.«

»Wenn du da so sicher bist – warum wolltest du unbedingt alleine in die Wüste gehen? Und warum hältst du mich für deinen Feind, statt froh zu sein, dass ein Sucher an deiner Seite ist?«

Dazu fiel mir keine Antwort ein. Und das erschreckte mich fast noch mehr als Amads Worte. Die Graue hatte uns eingeholt. Sie kam hechelnd zu mir und suchte nach meiner Hand, aber ich konnte mich nicht rühren.

»Hat die Mégana dir befohlen, Tian zu töten?« Ich schämte mich dafür, dass meine Stimme fast versagte.

»Ihn zu töten ist deine Aufgabe«, erwiderte er ruhig. »Meine ist es, dich zur Mégana zurückzubringen. Und das muss ich, Canda Löwenseele, koste es, was es wolle.«

Es war keine Drohung, nicht einmal eine Warnung. Vielmehr hatte ich den Eindruck, dass etwas Hoffnungsloses in seinem Tonfall mitschwang.

Lass dich nicht von ihm einwickeln, zischte die ängstliche Stimme in mir. Traue ihm nicht!

»Warum, Amad? Du könntest doch fliehen und mich zurücklassen. Dann wäre wenigstens einer von uns frei.«

Er lächelte schmerzlich. »Das wäre so einfach, nicht wahr? Aber bei einem Versprechen, das mit Blut besiegelt wird, geht es immer um Leben und Tod.«

»Eben war dir dein Leben noch sehr wenig wert.«

Sein Lächeln verschwand. Er biss die Zähne zusammen und schwieg. Der Wind hielt inne, als hätte die Zeit ausgeatmet. Aber mein Herz schlug immer noch und der Ring drückte mit jedem Pochen schmerzhaft gegen meine Fingerknöchel. Ich stutzte. Und plötzlich brauchte ich seine Antwort nicht mehr. Geht es etwa gar nicht um dein Leben, Amad?

»Wozu sollte ich ein Herz brauchen?«, hörte ich seine Worte. »Es stört nur bei der Jagd.« Er war wirklich ein viel besserer Lügner als ich. Aber der Ring erzählte etwas völlig anderes. Mühelos war er vorhin auf meinen kleinen Finger gerutscht, genau passsend. Weil er für den Ringfinger einer Frau gemacht war? Einer, die kleiner und zierlicher war als ich, ein Mädchen mit schmalen Händen. Amad hatte also einem Mädchen versprochen, zurückzukehren. Meine Mutter wäre stolz auf mich gewesen – vielleicht hielt ich die Schwäche meines Gegners in meiner Hand. Aber im Augenblick war ich mir nicht einmal mehr sicher, ob wir Gegner waren. Die Mégana ist klug. Sie weiß, dass Liebende zu allem fähig sind, wenn es um das Leben der Geliebten geht.

Der Schatten eines Vogels huschte über das Pferd und machte es nervös. Ein Falkenschrei durchschnitt das spinnwebenfeine Band, das zwischen Amad und mir entstanden war. Brüsk wandte Amad sich ab und schnallte eine Decke vom Sattel. Plötzlich war er wieder der abweisende Sucher. »Wenn wir noch mehr Zeit verlieren, holen uns die Brüder mit einem gemütlichen Spaziergang ein. Um den Hund musst du dich selbst kümmern. Ich helfe Dieben nicht dabei, ihre Beute wegzuschleppen.«

Ich atmete durch, um mein rasendes Herz zur Ruhe zu bringen. »Ich bin also eine Diebin? Und die Pferde hast du ehrlich ertauscht?« Es gelang mir immerhin, spöttisch zu klingen.

Amad ging zu meinem Pferd, verschob Gurte und Gepäck und zurrte die Decke fest, bis eine Art zweiter Sattel entstand, auf dem die Hündin genug Halt finden würde. »Ich wollte nur, dass die Hirten uns nicht verfolgen können. Sonst hätte ich mich möglicherweise noch um dich prügeln müssen. Die Pferde werden bald dorthin zurücklaufen, wo sie Wasser bekommen. Tja, wie du in den Sattel kommst, weißt du. Jetzt musst du nur noch lernen, dich im Galopp auf dem Pferderücken zu halten.«

»Was ist, wenn ich falle?«

Amad hielt inne und senkte den Kopf. Als er tief ausatmete, sanken seine Schultern herab, als würde eine viel zu schwere Last auf ihnen ruhen. Gedankenverloren strich er dem Pferd über den Hals, eine freundliche Geste, die nicht zu seiner Härte passte. Natürlich verstand er, was meine Frage bedeutete. Sind wir Gefährten? Reden wir von nun an miteinander? Hassen wir einander nicht mehr?

Aber er schwieg und wandte mir weiter den Rücken zu. Feigling, dachte ich grimmig. Heute reichst du mir die Hand, warnst mich vor der Mégana, und morgen bist du wieder der Bluthund, der mich verachtet? Seltsamerweise war ich diesmal nicht wütend oder gekränkt. Nur so enttäuscht, dass mir die Tränen in die Augen stiegen.

Doch jetzt war er es, der mich überraschte. Langsam drehte er sich zu mir um. »Wenn du fällst«, antwortete er mit einer Aufrichtigkeit, die mich völlig entwaffnete, »fange ich dich auf.«