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SIEBZEHN

Welche Macht auch immer Satchel auf mich ausgeübt hatte, sie war schon lange nicht mehr zu spüren.

Er hatte genau das bekommen, was er wollte – mich zu beherrschen war nicht mehr notwendig.

Ich steckte fest.

Allein.

Gefangen im Netz seiner Schrecken erregenden Träume. Ironischerweise hatte ich zwar meinen freien Willen wieder, aber ich hatte keine Möglichkeit, ihn einzusetzen. Keine Chance, mich zu befreien.

Ich war eine Gefangene. Und vollkommen abhängig von einem Funken Mitleid, den Satchel möglicherweise für mich empfand. Doch tief in meinem Inneren spürte ich, dass jegliche Hoffnung auf Gnade vergeblich war.

Der Platz, an dem Satchels Barmherzigkeit vielleicht verborgen war, war so düster wie der Ort, an dem ich mich befand.

Dennoch war nicht zu leugnen, dass ich allein die Schuld daran trug.

Ich hatte meine Instinkte ignoriert – sie einfach beiseitegeschoben, um meine eigennützigen Zwecke zu verfolgen. Ich war nicht bereit gewesen, mich an die Regeln zu halten und darauf zu warten, bis ich an der Reihe war. Stattdessen hatte ich alle Ratschläge in den Wind geschlagen, die man mir gegeben hatte, und war unbeirrt losgerannt, um meine eigenen Ziele und Pläne durchzusetzen, fest entschlossen, meinen eigenen Weg zu gehen. Und ich muss traurigerweise zugeben, dass ich so etwas nicht zum ersten Mal getan hatte.

Ganz im Gegenteil.

Mein einziges Ziel war es gewesen, einen schnellen und einfachen Weg zu finden, endlich eine Dreizehnjährige zu sein, aber letztendlich hatte ich genau das Gegenteil erreicht – ich hatte mich in ein kleines, verängstigtes Kind verwandelt.

Von dem Moment an, in dem ich Satchels Hand ergriffen hatte, von dem Augenblick an, in dem ich meine Handfläche gegen seine gedrückt hatte, war nicht nur mein Abkommen mit ihm besiegelt, sondern auch mein Schicksal.

Ohne es zu wissen, hatte ich Satchel erlaubt, mein Schicksal in die Hand zu nehmen.

Die schlimmen Träume hielten an, und es dauerte nicht lange, bis ich mich in dem nur allzu bekannten Albtraum befand, in dem man ständig fiel. Ich stürzte in einen tiefen, dunklen Abgrund und schlug wild um mich, während mein Körper spiralförmig durch einen unendlichen, bodenlosen Tunnel der Finsternis geschleudert wurde. Und ich hätte nicht sagen können, was schlimmer war – dass ich mich von Anfang an so sehr bemüht hatte, ihm zu gefallen und seine Anerkennung zu gewinnen, oder dass ich nun plötzlich erkennen musste, dass ich in der Klemme steckte.

Ich schloss die Augen, verschränkte die Arme vor der Brust und beschloss, nicht weiter zu kämpfen, sondern alles geschehen zu lassen, ganz gleich, was noch auf mich zukam. In meinem Job als Seelenfängerin hatte ich bereits mit bedrohlichen Geisterjungen zu tun gehabt, und ich wusste, dass alles nur noch schlimmer geworden war, weil ich mich wie ein Angsthase verhalten hatte – es hatte ihren Spaß an der Sache nur noch erhöht.

Aus irgendeinem Grund empfand Satchel, ebenso wie die anderen vor ihm, eine Art kranker Erregung, wenn er anderen Leuten Angst einjagen konnte – allen Leuten, von den armen schutzlosen Träumenden bis zu mir.

Angst.

Das war es, worum sich alles drehte. Satchel war getrieben von Angst, und er war entschlossen, auch mir Angst einzujagen.

Die beste Methode, das zu beenden und ihm den Wind aus den Segeln zu nehmen, bestand darin, diese Rolle zu verweigern. Ich hoffte nur, dass es nicht allzu lange dauern würde, bis er von seinem Spiel gelangweilt war.

Ich blieb bei meiner Entscheidung und ließ mich nicht beirren, ganz gleich, mit welcher Art Monster er mich bedrohte. Ich hielt meine Augen fest geschlossen, hielt die Arme vor der Brust verschränkt und weigerte mich, bei diesem Spiel mitzumachen. Und nach einer Weile – die sich sehr lange hinzog, viel länger, als ich gehofft hatte – hörte er auf.

Er hielt den Projektor an und damit auch alles andere, bis ich schließlich ganz allein auf der Bühne stand, merkwürdigerweise immer noch genau auf der Markierung. Dann baute er sich vor mir auf und starrte mich finster an.

Als er die Deckenbeleuchtung anschaltete, fiel es mir auf.

In diesem Moment begriff ich endlich, was genau mir an ihm so merkwürdig vorkam.

Er hatte kein Glühen.

Überhaupt keines.

Tatsächlich fehlte ihm nicht nur das Glühen – es war noch viel schlimmer als das.

Der Raum, der ihn umgab, der Bereich, wo das Glühen ihn umfassen sollte, war vollkommen lichtlos – stattdessen umwölkte ihn dunkler Nebel.

Ich wich voll Furcht zurück. Doch als ich sah, dass sich der dunkle Nebel daraufhin ausdehnte, riss ich mich zusammen. Angst war genau das, was ihn antrieb. Und wenn ich das überstehen wollte, musste ich mich weigern, auf all das zu reagieren – was auch immer als Nächstes kommen mochte.

Ich stemmte die Hände in die Hüften und sah Satchel an. »Also, Satchel, was soll das alles? Was sollen diese Albträume? Macht dir das Spaß? Unschuldige schlafende Kinder zu Tode zu erschrecken?«

Er funkelte mich wütend an; seine blauen Augen blitzten. »Du bildest dir wohl ein, alles zu wissen!«, schrie er mich an. »Und hältst dich für superschlau, oder?«

Ich wollte gerade protestieren, aber tatsächlich war es nicht das erste Mal, dass mir das vorgeworfen wurde. Bodhi hatte fast genau dasselbe gesagt – und das nicht nur einmal. Also blieb ich einfach schweigend vor Satchel stehen und beschloss, ihn weitertoben zu lassen, ohne ihn zu unterbrechen.

»Du verstehst es nicht! Du hast es überhaupt nicht kapiert! Niemand tut das. Aber das ist weder mein Problem noch meine Schuld.« Er steckte die Hände tief in seine Taschen und ging ein paar Mal im Kreis herum, bis er wieder stehen blieb und mich erneut anstarrte. »Ich habe gute Arbeit geleistet. Und dabei tatsächlich Leben verändert. Ich habe eine Menge im Verhalten der Menschen verändert und viele ihrer Entscheidungen beeinflusst. Doch dann …« Er hielt inne, verzog das Gesicht zu einer Grimasse und fuhr sich mit der Handfläche über sein hochglanzpoliertes Haar. »Aber dann … Die Macht, die sich großer Rat nennt …« Er spuckte das Wort mit einem verächtlichen, höhnischen Grinsen aus. »Den Leuten hat es nicht gefallen. Sie waren damit nicht einverstanden. Und bevor ich mich’s versah, wurde das Traumweben nicht mehr gern gesehen, und stattdessen ist Traumspringen angesagt.« Er schüttelte spöttisch den Kopf. »Aber sie können mich nicht aufhalten. Niemand kann mich stoppen. Sie können Öffnungszeiten anordnen und diesen Ort so dunkel und wenig verlockend gestalten, wie sie wollen, aber sie können mich nicht davon abhalten zu tun, was ich am besten kann. Begreifst du, dass niemand kommen wird, um dich hier herauszuholen, Riley? Hast du verstanden, dass kein weißer Ritter kommen wird, der dich vor mir, dem Bösewicht, retten wird? Im Hier und Jetzt ist nichts verboten. Rein gar nichts. Wir entwickeln uns weiter – in unserem eigenen Tempo, wenn man das so nennen will.« Er verdrehte die Augen. »Und einige von uns entscheiden sich dafür, sich überhaupt nicht weiterzuentwickeln. Sie können dich nicht dazu zwingen. Der freie Wille ist unantastbar, und ich mache meinen geltend.«

Außer einem nervösen Zwinkern erlaubte ich mir keine Reaktion. Was er gesagt hatte, war die Wahrheit. Zumindest betraf das die Aussage, dass niemand einen anderen zu etwas zwingen durfte – das wusste ich von meiner Aufgabe als Seelenfängerin. Es war mir nicht erlaubt, einen Geist von dem Platz zu vertreiben, den er sich zum Spuken ausgesucht hatte. Ich durfte die Geister auch nicht mit körperlicher Gewaltanwendung über die Brücke schubsen, um sie von meiner Liste streichen zu können (obwohl ich mich manchmal wirklich dazu versucht gefühlt hatte). Ich konnte lediglich versuchen, sie näher kennen zu lernen, eine Art Vertrauen zwischen ihnen und mir zu schaffen und dann eine Möglichkeit zu finden, ihnen gut zuzureden und sie dazu zu überzeugen, sich an den Ort zu begeben, an den sie wirklich gehörten.

Und genau das musste ich auch mit Satchel machen.

Ich musste ihn wie die verlorene Seele behandeln, die er war.

Vielleicht würde er den Weg über die Brücke finden, aber so wie es im Moment aussah, schien das nicht leicht zu werden. Aus seinen Erzählungen konnte ich schließen, dass er sich schon viel zu lange mit diesen Dingen beschäftigte, und es lag nun an mir, ihn davon abzubringen.

Der Gedanke ging mir immer wieder durch den Kopf.

Es lag an mir, ihn davon abzubringen!

Satchel stand sicher auf der Aufgabenliste des großen Rats, und wenn ich einen Weg finden würde, ihn davon abzuhalten, andere Menschen zu terrorisieren – wenn ich eine Möglichkeit finden könnte, ihm eine bessere Existenz vorzuschlagen –, dann würde mir das sicher einige Komplimente und Anerkennung einbringen, wenn nicht mehr …

Gab es einen besseren Weg zu bekommen, was ich wollte?

Eine bessere Möglichkeit, mein Glühen zu verstärken und zu hellerem Strahlen zu bringen?

Ich würde die Albträume, die er in die Welt hinausschickte, verringern, wenn nicht sogar komplett aufhalten, und das würde mich meinem einzig wahren Ziel einen großen Schritt näher bringen.

Dreizehn zu sein rückte endlich in greifbare Nähe.

Jetzt musste ich es nur noch schaffen, in seine Gedanken vorzudringen. Den Grund herauszufinden, warum er das alles tat.

Jeder wird von irgendetwas getrieben. Niemand tut so etwas nur zum Spaß. Es gibt immer einen Grund. Gruppenzwang, Rache, der Wunsch, die Weltherrschaft an sich zu reißen, das Streben nach Ruhm, was auch immer. Dieser Grund ist der Brennstoff, der die Flamme entzündet, die treibende Kraft hinter fast allem. Also musste ich jetzt herausfinden, was Satchel antrieb, und dann seine Argumente widerlegen und ihm all die Gründe aufzeigen, warum es so nicht weitergehen konnte.

»Erzähl mir doch mal, wie genau du Leben veränderst, indem du Leute erschreckst?«, wollte ich wissen und hoffte, mit dieser Frage einen Einblick in seine kranke, verdrehte Gedankenwelt zu bekommen.

Satchel sah mich an, und seine Miene wirkte offen und arglos, doch wenn man genauer hinschaute, konnte man erkennen, dass in seinen blauen Augen verhaltene Wut kochte.

»Die Menschen ängstigen sich nicht genug«, erklärte er.

Ich blinzelte und dachte an all die Dinge, vor denen ich mich fürchtete: Clowns, Spinnen, Treibsand, aus Versehen nackt zur Schule zu gehen – er hatte praktisch alle Ängste dargestellt. Das Einzige, was er vergessen hatte, war ein Zahnarztbesuch. Ach ja, und Schlangen, aber das würde ich ihm ganz gewiss nicht verraten.

»Menschen handeln leidenschaftlich und nehmen daher unnötige Risiken auf sich. Sie glauben, dass sie ewig leben, also betrachten sie ihr Leben als selbstverständlich. Sie ignorieren, wie extrem gefährlich die Welt tatsächlich ist.«

Obwohl er versuchte, sich nach außen hin ruhig zu geben, war es allzu offensichtlich, dass er aufgewühlt war. Das erkannte ich an der Art, wie seine Finger zuckten, während seine Lippen sich ruckartig verzogen.

Um ihn nicht noch mehr aufzuregen, sprach ich mit gleichmäßiger, ruhiger Stimme weiter. »Wirklich?« Ich kratzte mich am Kinn, als würde ich tatsächlich über seine Worte nachdenken. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich das ebenfalls so sehe.«

Seine Miene versteinerte sich, und seine Stimme nahm einen sarkastischen Ton an. »Ach ja? Dann darf ich dir eine Frage stellen: Wie bist du gestorben? Wie bist du im Hier und Jetzt gelandet?« Er zog herausfordernd eine Augenbraue in die Höhe.

Ich zuckte die Schultern und wehrte mich dagegen, mich aufstacheln zu lassen. »Ein Autounfall«, erwiderte ich. »Das kommt recht häufig vor, weißt du.«

Er schüttelte den Kopf und sah mich an, als könne er gar nicht glauben, wie dumm ich sei. »Dass sie häufig vorkommen, ist kein Grund dafür, dass sie überhaupt geschehen müssen. Die Leute passen einfach nicht auf. Sie lassen sich von den dümmsten Dingen ablenken! Sie drehen an ihrem Radio herum oder schauen nach irgendwelchen Dingen, die sie unter den Sitz haben fallen lassen. Frauen legen Make-up auf, Männer rasieren sich. Und jetzt, seit sie diese Handys entwickelt haben …« Er verdrehte die Augen und seufzte. »Seitdem schicken sich die Menschen E-Mails und SMS! Sie tun alle diese Dinge, während sie sich eigentlich auf die Straße konzentrieren sollten und auf nichts anderes! Man sollte niemals seinen Blick von der Straße abwenden! Ganz gleich, was geschieht!«

Seine Stimme wurde immer lauter und klang beinahe so, als kämen die letzten Worte nicht von ihm, sondern als hätte er sie von jemandem gehört und würde sie nun wiederholen.

Von jemandem, der möglicherweise der Schlüssel dafür sein konnte. Aber bevor ich nachforschen konnte, fragte er mich: »Also gut, sag mir, wer an dem Tag, an dem du gestorben bist, den Wagen gefahren hat?«

»Mein Dad«, antwortete ich, und meine Stimme war nur ein Flüstern.

»Und … was ist passiert?«

Ich holte tief Luft, bevor ich antwortete. »Ein Reh ist uns vor den Wagen gesprungen. Bevor ich mich’s versah, waren wir alle tot. Na ja, alle außer meiner Schwester. Sie war nur für eine Weile tot und fand dann den Weg zurück zu den Lebenden. Das ist eine lange Geschichte. « Ich zuckte die Schultern und gab mein Bestes, um bei den Fakten zu bleiben und meine Erzählung frei von den Gefühlen zu halten, die ich damals empfunden hatte.

Er fuhr ungeduldig mit der Hand durch die Luft. Solche Details interessierten ihn offensichtlich nicht.

»Ich meinte die letzte Sekunde davor. Was geschah direkt vor dem Aufprall?« Er starrte mich unverwandt an.

Ich hielt einen Moment inne und überlegte – zumindest gab ich vor, darüber nachzudenken. In Wahrheit hatte ich diese Szene so oft in Gedanken wiederholt, dass sie immer abrufbereit war. Aber ich zögerte, ihm davon zu erzählen, denn ich wusste, dass ich ihm damit ein perfektes Szenario bieten würde, das er gegen mich verwenden konnte. Aber dann erzählte ich es ihm dennoch. Ich dachte mir, dass ein wenig Offenheit von meiner Seite sein Vertrauen zu mir fördern könnte. Zumindest hoffte ich das.

»Ich stritt mich gerade mit meiner Schwester.« Ich sah ihn offen an. »Mein Dad schaute in den Rückspiegel. Die beiden tauschten einen Blick, und dann, ein paar Sekunden später, tauchte das Reh auf, und … das war’s. Es ging ziemlich schnell.«

Satchel nickte, so als hätte er gerade seinen Standpunkt bewiesen. »Siehst du? Du hast ihn abgelenkt.« Er zog seine blassen Augenbrauen hoch und schenkte mir ein grauenvoll triumphierendes Lächeln.

»Willst du damit sagen, dass es meine Schuld war?« Ich versuchte, meine Stimme ruhig klingen zu lassen und den langsam in mir hochsteigenden Zorn zu unterdrücken. »Ich meine, willst du tatsächlich mir die Schuld dafür geben, was meiner Familie zugestoßen ist?«

Satchel betrachtete eingehend seine Fingernägel. Er hatte alles gesagt, was er hatte sagen wollen. Der Schaden war bereits angerichtet.

»Vielleicht müssen manche Dinge so sein. Vielleicht müssen sie einfach passieren, was auch immer sonst geschieht. Hast du jemals darüber nachgedacht?« Ich sah ihn wütend an und dachte daran, wie meine Schwester Ever sich gequält hatte, weil sie sich die Schuld für unseren Tod gegeben hatte. Und daran, wie ich sie endlich von all den Dingen überzeugen konnte, die ich gerade gesagt hatte, und wie diese Worte sie ein klein wenig befreit hatten, auch wenn sie immer noch nicht hundertprozentig davon überzeugt war.

Aber Satchel blieb davon unbeeindruckt. Er weigerte sich, die Dinge so zu sehen, wie ich es tat.

»Vielleicht. Vielleicht auch nicht«, erwiderte er. »Eines weiß ich ganz genau: Die Träume, die ich webe, wecken die Menschen auf. Meine Träume helfen den Leuten zu begreifen, wie klein, verletzlich und zerbrechlich sie in Wahrheit sind. Und sie machen die Menschen vorsichtig. Sie bringen sie dazu, ein zweites Mal über alles nachzudenken. Und diese Kinder sind nicht unschuldig, auch wenn du das glauben magst. Dieses Mädchen, das von den Krokodilen gefressen wurde …« Er warf mir einen Blick zu. »Sie hat in der Nähe des Sumpfes Dinge mit ihrem Freund getan, die sie nicht hätte tun dürfen. Und das wusste sie genau. Schlimme Dinge. Gefährliche Dinge. Dinge, vor denen ihre Eltern sie gewarnt hatten. Aber jetzt, nach meinem Traum, wird sie noch einmal über ihr Handeln nachdenken. Und sie wird so etwas nicht wieder tun.« Er grinste selbstzufrieden. »Und diese Jungs im Park?«, fuhr er fort. »Sie hängen dort fast jeden Abend herum, trinken, rauchen und prügeln sich. Ich habe der ganzen Gang einen Traum geschickt, und ich kann dir hundertprozentig garantieren, dass sie Todesangst haben werden, sobald sie sich einander anvertrauen, sich austauschen und feststellen, dass sie alle die gleichen Bilder gesehen haben. Sie werden sich zu Recht so sehr fürchten, dass sie mit all diesem Unsinn aufhören werden, sich nicht mehr selbst kaputtmachen und auch andere nicht mehr ins Unglück stürzen werden und ein besseres Leben führen werden. Und wenn nicht, werde ich sie jagen und zur Strecke bringen. Ich werde meine Träume ausschließlich für sie gestalten, bis sie es begreifen oder frühzeitig im Hier und Jetzt landen – was auch immer zuerst kommt. Und das gilt auch für alle anderen. «

Er legte eine Pause ein und gab mir die Möglichkeit, darauf zu antworten, aber ich schwieg.

»Ich erledige hier gute Arbeit, Riley. Eine Arbeit, für die ich belohnt werden sollte. Aber manche Leute sind einfach zu kurzsichtig, um den Wert darin zu sehen. Du hast Glück, dass du mich getroffen hast, weißt du. Du magst ja bereits tot sein – das kann ich dir nicht ersparen – , aber du bist leichtsinnig. Du hältst dich für schlauer, als du bist. Du glaubst, du wüsstest mehr als alle anderen. Und vielleicht bin ich hier, um dich vor dir selbst zu retten. Denk mal darüber nach.« Er lachte, aber sein Lachen klang so schrecklich, dass ich unwillkürlich zurückwich. »Du solltest ernsthaft darüber nachdenken. Dir alles durch den Kopf gehen lassen, was ich gesagt habe. Ist es nicht das, was dich hierhergebracht hat? Ist es nicht das, was dich dazu gebracht hat, dich ins Traumland zurückzuschleichen, obwohl du wusstest, dass es bereits geschlossen war? Obwohl man dir gesagt hat, dass das nicht erlaubt sei?«

Er hielt inne.

Ich zuckte die Schultern.

Offensichtlich befanden wir uns in einer ausweglosen Situation.

Schließlich ergriff er erneut das Wort. »Also, Riley, sag mir die Wahrheit. Glaubst du immer noch, nach allem, was du hier erlebt hast, dass nur Weicheier sich fürchten? Das interessiert mich sehr.«

Sein Blick war wie zuvor durchdringend und beschwörend. Er versuchte, mich dazu zu bringen, seine Anerkennung zu suchen und alles zu tun, um ihm zu gefallen und dafür nach seiner Pfeife zu tanzen.

Doch das funktionierte nicht mehr, aber als ich fliehen wollte, tja, da begriff ich, dass der Albtraum noch lange nicht vorbei war.

Meine Füße waren an die Bühne genagelt, und meine Lippen waren zusammengeheftet.