DREI
Nachdem ich zwei geschlagene Wochen lang in Damens Bett aufgewacht bin, von seinen Armen umschlungen, sollte man meinen, dass ich mittlerweile daran gewöhnt wäre.
Aber nein.
Nicht einmal ansatzweise.
Obwohl ich mich daran gewöhnen könnte.
Mich gern daran gewöhnen würde.
An die sichere Geborgenheit seines dicht an mich gekuschelten Körpers und die Wärme seines Atems an meinem Ohr …
Doch momentan bin ich weit davon entfernt.
Zuerst bin ich ein bisschen desorientiert und brauche ein paar Augenblicke, um die neuen Umstände zu verarbeiten – mich und meine Situation neu zu verorten und zu begreifen, wie ich hierhergekommen bin.
Und es ist stets der letzte Teil, die Frage danach, wie ich hierhergekommen bin, die mich immer wieder ernüchtert.
Was nie eine gute Art ist, einen neuen Tag zu beginnen.
»Buon giorno«, flüstert Damen mit leicht belegter Stimme. Jeden Morgen beginnt er mit einer der vielen Sprachen, die er spricht, wobei er sich heute auf seine italienische Muttersprache verlegt hat. Er drückt das Gesicht in den Vorhang aus langen blonden Haaren, der mir über den Hals fällt, und atmet tief ein.
»Ebenfalls buon giorno«, sage ich mit gedämpfter Stimme in das dicke Daunenkissen hinein, in das ich mein Gesicht vergraben habe.
»Wie hast du geschlafen?«
Ich rolle mich auf den Rücken, wische mir die Haare aus den Augen und gönne mir einen genüsslichen, langen Moment, in dem ich ihn einfach nur bewundere. Das ist noch etwas, woran ich nach wie vor nicht ganz gewöhnt bin – sein Aussehen. Seine reine, unverfälschte Schönheit. Ein ziemlich umwerfender Anblick.
»Okay.« Ich schließe kurz die Augen, um mir einen minzfrischen Atem zu manifestieren, ehe ich weiterrede. »Jedenfalls kann ich mich nicht erinnern – das ist doch ein gutes Zeichen, oder?«
Er richtet sich halb auf und stützt sich auf den Ellbogen, während er den Kopf in seine offene Hand legt, um mich besser zu sehen. »Du erinnerst dich nicht? An gar nichts?«, fragt er in einem lächerlich hoffnungsvollen Tonfall.
»Hm, mal sehen …« Ich tue so, als würde ich nachdenken, und tippe mir mit dem Zeigefinger ans Kinn. »Ich weiß noch, wie du das Licht ausgemacht hast und neben mir ins Bett geschlüpft bist …« Verstohlen werfe ich ihm einen Blick zu. »Ich erinnere mich an deine Hände oder zumindest das Beinahe-Gefühl deiner Hände …« Sein Blick verschleiert sich leicht, ein sicheres Anzeichen dafür, dass er sich auch daran erinnert. »Und irgendwie erinnere ich mich vage an das Beinahe-Gefühl deiner Lippen, aber, wie gesagt, meine Erinnerung ist ziemlich vage, also bin ich mir nicht ganz sicher …«
»Vage?« Er grinst, und seine Augen blitzen auf eine Weise, die nur allzu klarmacht, wie gern er meinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen würde.
Ich erwidere sein Lächeln, doch es schwindet schnell wieder, als mir etwas einfällt. »Ach ja, und ich erinnere mich irgendwie an einen spätnächtlichen Spontanbesuch im Sommerland und an die verrückte Alte, bei der wir Havens Habseligkeiten vergraben haben, und dass du dich irgendwie widerwillig bereiterklärt hast, mir dabei zu helfen, den Sinn ihrer rätselhaften Botschaft zu entschlüsseln …« Erneut fange ich seinen Blick auf, und es ist genau, wie ich dachte. Er schaut, als hätte ich ihm eine Ladung kaltes Wasser über den Kopf gegossen.
Er rollt sich auf den Rücken und starrt an die Decke. Eine ganze Weile schweigt er eisern und nachdenklich, ehe er sich wieder aufsetzt, die Beine über die Bettkante schwingt und sich die Decke von den Knien zerrt.
»Damen …« beginne ich, unsicher, was nun folgen soll, doch das spielt keine Rolle, da er mich rasch aufklärt.
»Ich hatte gehofft, wir könnten die Winterferien mit anderen Dingen verbringen.« Er geht zum Fenster, bleibt stehen und wendet sich zu mir um.
»Was für Dinge?« Ich kneife die Augen zusammen und frage mich, was für andere Dinge es wohl geben könnte.
»Tja, zunächst einmal, findest du nicht, dass es höchste Zeit ist, mit Sabine ins Reine zu kommen?«
Ich packe das Kissen an der Seite und ziehe es mir übers Gesicht. Mir ist klar, dass das ein völlig nutzloses Unterfangen ist, ganz zu schweigen davon, wie kindisch es ist, aber das ist mir im Moment egal. Also, wenn ich nicht einmal an Sabine denken will, dann kann man wohl davon ausgehen, dass ich auch nicht über sie reden will. Und da kommt er und will mit mir über mein schlimmstes, verhasstestes und – zumindest für den Moment – unantastbarstes Problem debattieren.
»Ever …« Er zieht an meinem Kissen, doch ich umklammere es nur umso fester. »Du kannst es nicht einfach so stehen lassen. Das ist nicht richtig. Du musst irgendwann wieder zu ihr gehen.« Er zupft noch einmal, ehe er seufzend zu seinem Platz am Fenster zurückkehrt.
»Du wirfst mich raus?« Ich schiebe das Kissen nach unten, bis auf meinen Bauch, drehe mich zur Seite und umklammere es, als müsste es mich vor dem beschützen, was als Nächstes kommt.
»Nein!« Hastig schüttelt er den Kopf. Dann fährt er sich mit den Fingern durch sein verstrubbeltes Haar und streicht es zurecht. »Warum sollte ich das tun?«, fragt er schließlich und sieht mich erstaunt an, ehe er die Hand wieder sinken lässt. »Ich liebe es, mit dir schlafen zu gehen, genauso wie ich es liebe, neben dir aufzuwachen. Ich dachte, das wüsstest du?«
»Bist du sicher?«, hake ich nach, als ich seinen bestürzten Blick sehe. »Ich meine, ist es nicht zu frustrierend für dich? Du weißt schon, wir schlafen zusammen in einem Bett, ohne dass wir wirklich miteinander schlafen können?« Ich presse die Lippen zusammen und spüre, wie mir die Hitze in die Wangen steigt.
»Das Einzige, was ich frustrierend finde, ist, dass du dich unter einem Kissen verkriechst, um nicht über Sabine reden zu müssen.«
Ich schließe die Augen, zupfe gedankenlos am Saum des Kissenüberzugs herum und merke, wie sich meine Stimmung wandelt und ins Gegenteil von seiner umschlägt. Hoffentlich kann ich das noch aufhalten, ehe es zu weit geht und uns allzu sehr voneinander trennt.
»Da gibt es nichts zu reden. Sie glaubt, ich bin verrückt. Ich glaube das nicht. Oder zumindest nicht in dem Sinn, wie sie es meint.« Ich spähe zu ihm hinüber und versuche, dem Ganzen ein wenig Leichtigkeit zu verleihen, doch das geht völlig an ihm vorbei. Er nimmt die Sache viel zu ernst. »Jedenfalls ist sie derart von ihrer Ansicht überzeugt, dass ich keine andere Wahl habe, als mich zu beugen oder zu gehen. Das sind die Alternativen, vor die sie mich gestellt hat. Und ja, auch wenn ich offen zugebe, dass es wehtut, und zwar auf eine Art, die verteufelt tief geht, sage ich mir andererseits trotzdem, dass es vielleicht besser so ist. Weißt du?«
»Nein, weiß ich nicht. Erklär’s mir doch.«
»Na ja, es ist so, wie du immer sagst: Irgendwann muss ich mich verabschieden – und zwar eher früher als später. Laut deiner Aussage ist das doch unvermeidlich, oder? Also, was hat es für einen Sinn, Frieden zu schließen und noch ein paar Monate hier herumzulungern, wenn ich sowieso bald verschwinden muss? Du hast es selbst gesagt: Es wird nicht mehr lange dauern, bevor sie es spitzkriegt – bevor alle es spitzkriegen. Sie wird merken, dass keiner von uns gealtert ist, nicht einmal um einen Tag. Und da man so was nicht logisch erklären kann und Sabine eine Frau ist, die grundsätzlich immer perfekte Schwarz-Weiß-Logik erwartet, gibt es zu dem Thema eigentlich nicht mehr viel zu sagen, oder?«
Wir wechseln einen Blick, und obwohl ich alle Punkte abgehakt habe, einschließlich derjenigen, die ursprünglich von ihm kamen, ist offenkundig, dass ihm das nicht reicht. Er sieht nach wie vor nicht ein, warum ich nicht rüberfahren und versuchen kann, mit Sabine Frieden zu schließen. Was heißt, dass er entweder unglaublich stur ist oder es mir nicht gelungen ist, meinen Standpunkt klarzumachen, oder beides.
»Also warum das Unvermeidliche aufschieben?« Ich schlucke schwer und umarme erneut das Kissen. »Vielleicht ist das alles ja nicht ohne Grund passiert. Du weißt ja, wie sehr ich den Abschied gefürchtet habe, und jetzt, da es passiert ist, macht es das vielleicht einfacher – vielleicht ist das die Lösung, nach der ich die ganze Zeit gesucht habe – , vielleicht ist es wie ein Geschenk des Himmels?« Die Worte kommen so schnell, dass ich innehalte, um nach Luft zu schnappen. Auch wenn mir ein Blick in Damens Augen genügt, um mir zu versichern, dass er nicht einer Meinung mit mir ist. Also schalte ich um, versuche es auf einem anderen Weg, in der Hoffnung, dass es so ein bisschen besser funktioniert. »Sag mir, Damen, sag mal ehrlich, in all deinen Lebensjahren, bei all deinen Ankünften und Abreisen, hast du da nie einen Streit vom Zaun gebrochen oder einen Streit als Grund zum Verschwinden genommen?«
»Doch, natürlich. Mehr als einmal, das kann ich dir sagen. Aber das heißt nicht, dass es richtig gewesen wäre.«
Ich schweige, weil mir nichts mehr einfällt. Blinzelnd verfolge ich, wie er sich umdreht und die Jalousie aufdreht, sodass ein matter Lichtstrahl hereinscheint, der auf einen sonnenlosen Tag mitten im Dezember schließen lässt.
»Vielleicht hast du Recht.« Er mustert die Landschaft vor dem Fenster. »Vielleicht sorgt das für den saubersten Schnitt. Die Wahrheit kannst du ihr nicht sagen. Das wäre Wasser auf ihre Mühlen. Sie würde es nicht akzeptieren. Und wenn sie es wundersamerweise doch täte, dann würde sie es im Handumdrehen verurteilen. Und das Schlimmste daran ist, dass sie Recht hat. Was ich getan habe – was ich aus dir gemacht habe –, ist unnatürlich. Es widerspricht jedem Naturgesetz.« Er wendet sich zu mir um, wobei ein Ausdruck tiefer Reue in seiner Miene liegt. »Wenn ich mir einer Sache sicher bin, dann dessen, dass wir nicht das Leben führen, das uns zugedacht war. Unsere Körper sind unsterblich, das stimmt, doch unsere Seelen sind es eindeutig nicht. Unsere Leben setzen sich über die grundlegendsten Naturgesetze hinweg. Wir sind das Gegenteil dessen, was wir sein müssten.«
Ich will etwas einwenden, irgendetwas sagen, wenngleich aus keinem anderen Grund als dem, dass es mir ein Gräuel ist, ihn so zu sehen. Doch er lässt mich nicht. Er ist noch lange nicht fertig. Es gibt noch ein paar Dinge, die er unbedingt aussprechen muss.
»Davon hat mich das Schattenland jedenfalls hundertprozentig überzeugt. Du warst dort, Ever, zweimal, wenn ich mich recht erinnere – das erste Mal durch mich und in jüngerer Zeit wegen Haven. Und jetzt sei ehrlich, kannst du abstreiten, was ich gesagt habe? Kannst du leugnen, dass es stimmt?«
Ich hole tief Luft und denke an den entsetzlichen Tag, als mir Haven die Faust mitten in die Kehle geschlagen hat. Mitten in meinen wunden Punkt – mein fünftes Chakra – das Zentrum für mangelndes Urteilsvermögen, irrige Verwendung von Informationen und Vertrauen gegenüber den falschen Leuten. Ein einziger harter Schlag hat ausgereicht, um mich zu töten, mich zu vernichten, mich fallend, drehend, wirbelnd in jenes grauenvolle, finstere Vergessen zu stürzen. Den Abgrund. Die Heimat für die Seelen der Unsterblichen. Ich muss daran denken, wie ich durch die Schwärze getaumelt bin, verloren in der Leere, gequält von einem endlosen Strom von Bildern aus all meinen früheren Leben. Gezwungen, die Fehler, die ich begangen habe, sämtliche Fehlentscheidungen und Irrtümer, die ich verübt habe, noch einmal zu durchleben, wobei ich das Leid der anderen ebenso intensiv empfand wie mein eigenes. Herausgefunden habe ich es erst, als letztlich die Wahrheit ans Licht kam. Verschont von einer Ewigkeit tiefer Isolation, als ich nicht mehr den geringsten Zweifel daran hegte, dass Damen der Richtige ist.
Mein Seelengefährte.
Mein Ein und Alles für alle Ewigkeit.
Die plötzliche Erkenntnis, zusammen mit meiner rückhaltlosen und umfassenden Erklärung, in der ich die Wahrheit über Damen und mich und unsere Liebe anerkannte, ist das Einzige, was mich geheilt, was mich erlöst hat.
Das Einzige, was mich von der Bürde meines schwachen Chakras befreit hat.
Der einzige Grund, aus dem ich noch hier sitze.
Ich nicke und habe nichts hinzuzufügen. Er weiß, was ich gesehen, was ich erlebt habe, und zwar so genau, als wäre er selbst dabei gewesen.
»Es gibt nur dich und mich, Ever. Wir haben nur einander. Eine Aussicht, die für mich attraktiver sein mag als für dich, aber nur, weil ich mich an das Leben als einsamer Wolf gewöhnt habe.«
»Wir haben Miles«, sage ich und erinnere Damen sogleich daran, dass Miles jetzt in unser unsterbliches Geheimnis eingeweiht ist. »Und Jude.« Mir stockt der Atem, und ich fühle mich immer noch ein bisschen seltsam dabei, ihn in Damens Gegenwart zu erwähnen, obwohl die beiden kürzlich beschlossen haben, die Vergangenheit ruhen zu lassen und neu anzufangen. »Dann stehen wir ja nicht ganz ohne Freunde da, was?«
Doch er zuckt nur die Achseln und denkt über den Teil nach, den ich geflissentlich unterschlagen habe, den Teil, der zu schmerzlich ist, um ihn anzusprechen. Die Tatsache, dass Miles und Jude eines Tages alt und grau werden, Seniorenteller bestellen und sich auf rauschende Bingo-Abende freuen werden, während Damen und ich immer exakt gleich, völlig unverändert bleiben.
»Irgendwie finde ich es einfach furchtbar, dass es zwischen Sabine und dir so enden soll«, sagt er schließlich und blickt wie ein personifizierter Seufzer drein. »Aber vielleicht hast du Recht, vielleicht ist es so nicht schlechter als anders. Da es ja ohnehin unvermeidlich ist und so.«
Ich werfe das Kissen beiseite und strecke die Arme nach Damen aus. Es ist mir zuwider, wenn er so düster wird, wenn sich seine Gedanken nach innen richten und er beginnt, sich selbst Vorwürfe zu machen. Dann tue ich alles, um das Thema zu wechseln, es komplett auszulöschen. Doch er hat sich bereits umgewandt und sieht meine Geste nicht, also lasse ich den Arm wieder fallen.
»Okay, und was fällt dir abgesehen von einem großen Kriegsrat mit Sabine sonst noch ein? Für unsere Winterferien, meine ich?«, frage ich in der Hoffnung, die dunkle Wolke zu vertreiben.
Es dauert einen Moment, bis er antwortet, bis er über seine Bedrücktheit hinwegkommt. Doch als er es tut, ist es mehr als lohnend. Das Lächeln, das sein Gesicht aufleuchten lässt, macht den bisher so tristen Tag augenblicklich heller.
»Na ja, ich habe mir gedacht, wir könnten etwas Spontanes machen, vielleicht sogar etwas ein klein wenig Verrücktes. Vielleicht könnten wir zur Abwechslung sogar mal Spaß haben. Du erinnerst dich doch an Spaß, oder?«
»Vage.« Ich nicke und mache bereitwillig bei seinem Spiel mit.
»Vielleicht könnten wir irgendwohin in Urlaub fahren …« Er wirft mir einen schelmischen Blick zu und tappt zu dem cremefarbenen Ledersofa auf der anderen Seite des Raums hinüber. Dann greift er nach dem dunklen Seidenmorgenrock, den er letzte Nacht auf der Armlehne abgelegt hat, und schlüpft rasch hinein. Dies tut er mit so fließenden Bewegungen, dass es aussieht, als schmölze er hinein.
Ich mustere ihn aufmerksam und frage mich, ob er tatsächlich die ganze Zeit heimlich Pläne geschmiedet hat oder ob er mich nur mit einer Idee verlocken will, die ihm gerade gekommen ist.
»Aber …« Er hält inne und bindet den Gürtel so, dass er ihm tief auf den Hüften hängt und der Morgenmantel locker und offen bleibt, sodass ein großes Stück nackte Brust und ausgeprägte Bauchmuskulatur zu bestaunen ist.
Ich rutsche hoch, lehne mich mit dem Rücken gegen das Kopfteil und ziehe mir die Decke bis ans Kinn, da mir sein Zustand fast völliger Nacktheit extrem meinen eigenen bewusst macht. Ich bin noch nicht daran gewöhnt, als Paar zu leben, so intim zusammenzuwohnen, sodass ich jeden Morgen aufs Neue entsetzlich schüchtern und gehemmt bin.
»Ever, ich weiß, wie versessen du darauf bist, allen Dingen, die dich belasten, auf den Grund zu gehen. Und, wie ich letzte Nacht schon gesagt habe, ich bin gern bereit, dir zu helfen …«
Ich sehe ihn an und wappne mich gegen die volle Breitseite seines geschliffenen, ausgefeilten Verhandlungsgeschicks. Ja, ich sehe ihm geradezu an, wie er seine Argumentation aufbaut.
»Also, ich gebe der Sache eine Woche Zeit. Ich gebe dir eine Woche meiner ununterbrochenen, ungeteilten Aufmerksamkeit fürs Knacken des Codes der verrückten Alten, aber wenn die Woche um ist und wir nicht weitergekommen sind, bitte ich dich, die Niederlage mit Anstand zu akzeptieren, damit wir mit meinem wesentlich besseren, amüsanteren und viel spaßigeren Plan weitermachen können. Was meinst du?«
Ich kaue an der Innenseite meiner Wange und überlege kurz, ehe ich antworte. »Tja, kommt darauf an.«
Er sieht mich an und verlagert so das Gewicht, dass der Morgenmantel noch weiter aufgeht. Und die Aussicht erweitert. Ganz schön unfair.
»Kommt auf deinen Plan an.« Ich fixiere ihn mit meinem Blick. »Ich muss wissen, worauf ich mich einlasse – was du mit mir vorhast. Ich kann nicht einfach in irgendwas X-Beliebiges einwilligen. Ich habe auch meine Maßstäbe, weißt du.« Ich wende mich ab, sehe auf meine Hände herab und verweigere seinen Anblick, die gesamte Herrlichkeit seines Körpers, und konzentriere mich stattdessen auf meine Fingernägel.
Anstelle einer Antwort lacht er, und es klingt wie ein inbrünstiger Jubelschrei, der den ganzen Raum ebenso erfüllt wie mein Herz. Ich bin total erleichtert, dass der dunkle Moment von vorhin fürs Erste vergessen ist.
Er dreht sich um und macht sich auf den Weg ins Badezimmer. »Ein Urlaub«, sagt er über die Schulter. »Nur wir zwei und irgendein traumhafter exotischer Ort. Ein richtiger Urlaub, Ever. Weit weg von allem und jedem. Ein Urlaub an einem Ort meiner Wahl. Das ist alles, worauf du dich einlassen musst. Überlass mir die Einzelheiten.«
Ich lächele vor mich hin, da mir gefällt, was er sagt, und was für Bilder es in meinen Gedanken auslöst. Doch das will ich ihm nicht verraten, und so sage ich nur: »Mal sehen.« Meine Worte werden vom Rauschen seiner überdimensionalen Regendusche übertönt. »Mal sehen«, flüstere ich, versucht, mich zu ihm zu gesellen, da ich weiß, dass das genau das ist, was er will, aber da mir nur eine Woche bleibt, um das Rätsel der Alten zu lösen, setze ich mich stattdessen an seinen Laptop.