18. KAPITEL

I n Gwens Kopf drehte sich alles und verschwand schließlich in einer dunklen Wolke. Vergangene Nacht hatte sie versucht, den Reiz zu ignorieren, weil Sabin sie offenbar nicht gewollt hatte. Er hatte neben ihr geschlafen – sein Zitronen-Minze-Duft war ihr in die Nase gestiegen, sie hatte seine Wärme gespürt, seine rauen Atemzüge gehört. Sie hatte sich an jede seiner Bewegungen angepasst, obwohl ihre Haut vor Sehnsucht danach gekribbelt hatte, nur ein einziges Mal berührt zu werden. Ihr Herz hatte gerast – aber er hatte keinen einzigen Annäherungsversuch gemacht. Ihn zu ignorieren war jetzt keine Option mehr.

Inzwischen war sie besessen von ihm. Sie wollte mehr über ihn erfahren. Sie wollte jeden Tag jede Minute mit ihm verbringen. Sie wollte ihn besitzen. Ich werde ihn besitzen, kreischte eine Stimme in ihrem Kopf. Die Harpyie. Sie zog jetzt die Fäden und zwang sie, all die ungezogenen Dinge zu tun, von denen sie die ganze Zeit geträumt hatte. Was machte es schon, dass Sabin das genaue Gegenteil von dem war, was sie immer gewollt hatte? Was machte es schon, dass er sie, ohne mit der Wimper zu zucken, betrügen würde, wenn er dadurch seinen Krieg gewann? Es war nichts Falsches daran, das Hier und Jetzt zu genießen. Mit ihm. Wenn er daran dachte, ihre Schwestern zu vernaschen …

Sie hatte gewusst, dass Zweifel ihr diese schrecklichen Dinge zugeflüstert hatte. Sie hatte sein vergiftetes Gemurmel erkannt, war jedoch nicht in der Lage gewesen, die gigantische Welle der Gewalt aufzuhalten, die sich in ihr aufgetürmt hatte. Sabin und Kaia – zum Teufel, nein. Niemand durfte ihn berühren, auch ihre Familienmitglieder nicht. Das mochte unvernünftig sein, aber das kümmerte sie nicht.

Er hatte mehrfach behauptet, nur sie zu begehren. Tja, er täte verdammt gut daran, es ihr zu beweisen.

Sie presste ihn fest gegen einen Baum, und er konnte nichts tun, um zu entkommen. Er gehörte ihr. Ihr, ihr, ihr, und sie konnte mit ihm machen, was sie wollte. Jetzt wollte sie ihn nackt sehen. Das Hemd hatte er sich ja schon auf dem Feld ausgezogen, blieb also noch die Hose. Sie machte sich an die Knöpfe, dann an den Reißverschluss. Binnen Sekunden hatte sie den Jeansstoff in zerfetzte Bänder verwandelt, die in der lauen Brise wehten.

Er trug keine Unterwäsche.

„Ich glaube, man hat mir die Unterhose gestohlen“, sagte er verlegen, als er ihrem Blick folgte.

Seine Erektion war unübersehbar – lang, dick und stolz. Gwen keuchte vor Freude. Seine Hoden waren schwer und fest hochgezogen. Das Sonnenlicht ergoss sich über ihn und verwandelte den Bronzeton seiner Haut in ein köstliches Gold. Er hatte sie an diesem Tag herumgeschubst, und sie hatte es ohne große Klagen hingenommen. Tief in sich hatte sie gewusst, dass sie sein hartes Training brauchte. Denn sie wollte sich nie wieder arglos anschießen lassen. Außerdem wollte ein Teil von ihr tatsächlich die Männer besiegen, die sie missbraucht hatten. Und sie hatte Sabin beeindrucken wollen.

„Meins“, sagte sie, als sie die Finger um seinen Penis legte. Sie erkannte ihre Stimme kaum wieder. Sie war höher und rauer als sonst. Ein milchiger Tropfen benetzte ihre Haut.

Sabin bewegte die Hüfte, sodass ihre Hand bis zum Ende seines harten Schafts glitt. „Ja“, presste er hervor.

Sie fasste fester zu. Ihre Sicht war leicht infrarot und verzerrt, aber sie sah die Hitze, die in ihm pulsierte. „Sag deinem Dämon, er soll den Mund halten. Sonst weide ich ihn aus.“

„Er ist still, seit du mich gegen den Baum gerammt hast.“

Gut. Anscheinend hatte sie auch den Waldtieren Angst gemacht, denn es war weder Vogelgezwitscher zu hören, noch waren Schritte zu vernehmen. Sie und Sabin waren ganz allein, etwa eine Meile vom Trainingsgelände entfernt. „Reiß mir die Kleider vom Leib. Sofort.“

Da er es nicht gewohnt war, herumkommandiert zu werden, reagierte er nur langsam. Sie ließ bereits von ihm ab, um es selbst zu tun, da sagte er keuchend: „Leg deine Hand zurück.“

In der Sekunde als sie es tat, zog er an ihrer Kleidung und tat alles, was notwendig war, um sie ihr auszuziehen, ohne den Körperkontakt zu unterbrechen. Dann war sie endlich nackt, ihre erhitzte Haut berührte seine, er stöhnte.

„Wunderschön.“ Er fuhr mit den Händen an ihrem Rücken hinunter. Dann hielt er inne. „Flügel?“

„Problem?“ Warme Luft liebkoste sie, ließ ihre Brustwarzen hart werden, verstärkte den süßen Schmerz ihres Verlangens. Es war ein konstanter Schmerz. Einer, der seit dem gemeinsamen Duschen nicht nachgelassen hatte.

„Ich will sie sehen.“ Er drehte sie um. Einen Moment lang hörte sie nichts – keine Reaktion, keinen Kommentar. Er atmete nicht mal. Dann hauchte er einen Kuss auf einen der flatternden Flügel. „Sie sind atemberaubend.“

Kein Mann hatte je ihre Flügel gesehen. Sogar vor Tyson hatte sie sie versteckt, indem sie sorgfältig darauf geachtet hatte, dass sie nicht aus den Schlitzen hervorlugten. Sie machten sie zu etwas Besonderem. Sie bewiesen, wie anders sie war. Doch unter Sabins Blick fühlte Gwen sich … stolz. Zitternd drehte sie sich auf der Ferse um und kehrte in ihre vorherige Position zurück. „Lass uns anfangen.“

„Bist du sicher, dass du das willst, Gwendolyn?“ Seine Stimme war heiser und belegt, er klang fast, als hätte er Drogen genommen.

„Du kannst mich nicht aufhalten.“ Nichts würde sie noch aufhalten, nicht einmal sein Protest. Sie würde ihn nehmen, ihn schmecken, ihn in sich spüren, heute, jetzt, sofort. Einerseits wusste sie, dass sie gerade nicht sie selbst war, andererseits war es ihr auch egal. Noch vor Kurzem hatte Sabin sie kennzeichnen wollen, um seine Freunde von ihr fernzuhalten. Jetzt würde sie ihn kennzeichnen.

„Bist du sicher, dass du es auch willst, und nicht nur deine Harpyie?“

Er würde ihr keine Schuldgefühle einreden. „Hör auf zu reden. Ich werde dich jetzt nehmen, und es ist mir egal, was du sagst.“

„Also gut.“ Ihre Welt drehte sich, und dann schnitt ihr zerklüftete Baumrinde in den Rücken. Sabin trat zwischen ihre Knöchel, woraufhin sie unwillkürlich die Beine spreizte. Dann schob er schnell sein Knie dazwischen, sodass es direkt unter ihrer Klitoris war. „Das wird Konsequenzen haben. Ich hoffe, du weißt das.“

„Warum redest du so viel?“ Seine Erektion war so dick, dass sie die Hand nicht richtig hatte schließen können und abgerutscht war. Das ärgerte sie so sehr, dass sie wütendhervorpresste: „Gib ihn mir zurück.“

„Nein.“

„Sofort!“

„Später“, murmelte er und biss ihr ins Ohrläppchen. Um sie abzulenken? Der diabolische Mann! Egal, es funktionierte.

Als sie bei dem herrlichen Gefühl aufschrie, strich er mit den Lippen zu ihren. Mit der Zunge drang er tief in ihren Mund ein, nahm, gab, forderte, suchte, bettelte, markierte jeden Millimeter. Zuerst schmeckte sie Minze, dann Zitrone, dann wurden die Aromen ein Teil von ihr, sein Atem wurde zu ihrem.

Mit den Fingern spielte sie in seinem Haar, und sie zog ihn näher an sich heran. Ihre Zähne schabten aneinander, und er vertiefte den Kuss. Ihre Brüste rieben an seiner Brust, und das Gefühl, das das in ihr hervorrief, brachte ihre Beine zum Zittern. Dann hielten nicht ihre Beine sie weiter aufrecht, sondern seine. Sie hatte sich auf sein Knie gesetzt, rutschte hoch und runter, vor und zurück, und wahre Gefühlsblitze durchzuckten sie.

„Das nenne ich einen festen Griff“, brachte er mit kratziger Stimme hervor.

Es erforderte zwar jedes Gramm Menschlichkeit, das in ihr steckte, aber sie lockerte ihren Griff. Enttäuschung stieg in ihr auf, und die Harpyie forderte kreischend, dass sie schon dafür sorgen würde, dass es ihm gefiel.

Sabin sah sie stirnrunzelnd an. „Was machst du da? Es ist ein fester Griff, aber ich will es fester. Du wirst mich schon nicht kaputt machen, Gwen.“ Als er ihre Pobacken umfasste, drückte und sie damit zwang, weiter hochzurutschen, senkte er den Kopf und saugte fest an einer ihrer Brustwarzen.

Sie schrie auf, ihre Bauchmuskeln zitterten, sie griff wieder in sein Haar und zog kräftig daran. Seine Worte … verdammt, sie waren so schön wie eine Liebkosung und auf unvorstellbare Art befreiend. „Ich liebe es, wie stark du bist.“

„Gleichfalls. Ich will alles, was du mir geben kannst.“ Er trat ihr gegen die Knöchel, und sie fiel zu Boden. Sabin folgte ihr, ohne sie auch nur einmal loszulassen oder aufzuhören, sie zu berühren. Nachdem er die Hand zwischen ihre Oberschenkel geschoben hatte, spreizte er ihre Beine so weit wie möglich und sah sie einfach nur an.

„Anfassen“, befahl sie ihm.

„Wie schön. So rosa und feucht.“ Seine Augenlider waren schwer, und er leckte sich die Lippen, als könnte er sich genau vorstellen, wie sie schmeckte. Die dunklen Augen leuchteten. „Hattest du schon mal einen Mann?“

Es gab keinen Grund zu lügen. „Ja, das weißt du doch.“

Sein Wangenmuskel zuckte. „Hat Tyson, dieser Vollidiot, dich anständig behandelt?“

„Ja.“ Wie hätte es auch anders sein können, so zaghaft, wie sie miteinander geschlafen hatten? Aber hier und jetzt wollte sie es nicht zaghaft. Wie Sabin gesagt hatte, sie konnte ihn nicht kaputt machen. Alles, was sie gab, konnte er verkraften … wollte er. Obwohl er noch nicht mal in sie eingedrungen war, wuchs ihre Lust auf ein neues Niveau.

„Ich denke, ich muss ihn umbringen“, murmelte er, als er ihre Brustwarzen mit den Fingern reizte. „Denkst du noch an ihn?“

„Nein.“ Und sie wollte auch nicht über ihn reden. „Hattest du schon andere Frauen?“

„Nicht viele, wenn man bedenkt, wie alt ich bin. Aber vielleicht mehr, als ein Mensch je haben wird.“

Wenigstens war er ehrlich. „Ich denke, ich werde sie umbringen.“ Traurigerweise war das nicht nur eine leere Drohung. Gwen hatte Gewalt immer verabscheut und war Konflikten stets aus dem Weg gegangen, aber in diesem Moment hätte sie mit einem zufriedenen Lächeln einen Dolch in das Herz jeder Frau versenken können, die von diesem Mann gekostet hatte. Er gehörte ihr.

„Brauchst du nicht“, erwiderte Sabin mit gespenstischem Blick. Dann tauchte er ganz zu ihr hinab, leckte sie und stöhnte. Seine Miene war ein Spiegel der Lust, die er empfand.

Sie bog den Rücken durch, den Blick zum Himmel gerichtet. Welch süßes Feuer. Das fühlte sich gut an. Sie streckte die Arme nach hinten über den Kopf aus und klammerte sich an den unteren Teil eines Baumes, denn instinktiv wusste sie, dass sie sich für den Ritt ihres Lebens festhalten musste.

„Mehr?“, fragte er heiser.

„Mehr!“

Wieder und wieder glitt seine Zunge über ihre Klitoris, und dann setzte er ebenfalls seine Finger ein, spreizte sie und versank tief in ihr. Sie brauchte ihn nicht zu fragen, ob es ihm gefiel. Er schleckte an ihr, als wäre sie ein köstlicher Lolli, und sie passte sich dem Rhythmus jedes lüsternen Hineingleitens an.

„Ja, gut“, sagte er schwärmerisch. „Genauso ist es gut. Ich habe meinen Schwanz in der Hand und stelle mir vor, es wäre deine Hand, während ich den Himmel im Mund habe.“

Ihre Schreie hallten durch den Wald, einer heiserer als der andere. Fast am Ziel… so nah dran … „Sabin. Bitte.“ Er knabberte mit den Zähnen an ihr, und mehr brauchte es gar nicht. Sie kam. Ihre Haut straffte sich, ihre Muskeln zitterten vor Wonne, ihre Knochen rasteten ineinander.

Er leckte sie so lange weiter, bis er jeden Tropfen aufgefangen hatte.

Während sie nach Atem rang, drehte Sabin sie um, sodass sie auf Händen und Knien vor ihm hockte. Er reizte sie mit der Spitze seines Schafts und führte sie an ihr entlang, ohne jedoch in sie einzudringen.

„Ich will dich sehen.“

„Ich will deine Flügel nicht verletzen.“

Netter Mann. „Ich will dich schmecken“, verlangte sie und entlockte ihm ein Stöhnen. Außerdem wollte sie sein Tattoo lecken. Es machte sie an. Die Tätowierung allein war schon ein Aphrodisiakum, auch wenn sie noch nie die Gelegenheit bekommen hatte, sie sich so anzusehen, wie sie es ersehnte und erträumte.

„Wenn du mich schmeckst, kann ich nicht mit dir schlafen. Und ich will gern mit dir schlafen. Aber die Entscheidung liegt bei dir.“ Er presste seine Brust an ihren Rücken, und sein Gesicht war nur noch wenige Zentimeter von ihrem entfernt.

Ihn in ihrem Mund oder zwischen ihren Beinen. Harte Entscheidung – wortwörtlich. Doch letztlich wählte sie das, woran sie die ganze vergangene Nacht gedacht hatte. Sie musste wissen, wie es war, seine Frau zu sein. Ganz und gar. Sonst würde sie es für den Rest ihres Lebens bereuen. Wie lang oder kurz das auch war. Nachdem sie niedergeschossen worden war und begriffen hatte, dass sie Sabin tatsächlich dabei helfen wollte, den Jägern das Handwerk zu legen, war ihr eines klar geworden: Für die eigene Lebenszeit gab es keine Garantie – auch nicht für Unsterbliche.

„Dann halt beim nächsten Mal.“ Sie fasste um ihn herum, packte sein Haar und zog seinen Mund auf ihren. Wieder steckte er seine Zunge tief in ihren Mund, und dieses Mal schmeckte er nach ihr.

Er drängte sich an sie, doch kurz bevor er in sie eindrang, erstarrte er. Und fluchte. „Ich habe kein Kondom dabei.“

„Harpyien sind nur einmal im Jahr fruchtbar, und das ist gerade nicht die Zeit.“ Noch ein Grund dafür, dass Chris gewillt gewesen war, sie so lange zu behalten. „Zu mir. Jetzt.“

Einen Moment später spürte sie ihn ganz in sich. Sie unterbrachen den Kuss, und Gwen stieß erneut einen Lustschrei aus. Er dehnte sie, füllte sie aus, berührte jeden Teil von ihr, und es war sogar noch besser, als sie sich erträumt hatte.

Er biss ihr ins Ohrläppchen. Den Arm immer noch um ihn geschlungen, drückte sie die Fingernägel in seine Schulter und fühlte, wie warmes Blut hinuntertröpfelte. Er rang hörbar nach Atem. Mmmh, der süße Duft wehte zu ihr, und ihr lief das Wasser im Mund zusammen. „Ich will … ich muss …“

„Was du auch willst, es gehört dir.“ Wieder und wieder drang er in sie ein, hörte nicht auf, vor, zurück, schnell, hart, seine Hoden klatschten gegen sie.

„Ich will … alles. Alles!“ Als sie Sabin so intensiv spürte, verlor sie fast den Verstand, war sie verloren, war sie nicht mehr Gwen oder die Harpyie, sondern ein Teil von Sabin. „Ich will dein Blut“, fügte sie hinzu. Nur seins. Allein der Gedanke an das Blut eines anderen rief in ihr ein hohles, unbefriedigtes Gefühl hervor.

Sabin zog sich ganz aus ihr zurück.

Ihr entfuhr ein Wimmern. „Sabin …“

Eine Sekunde später lag er auf dem Boden, setzte sie auf sich, war tief in ihr, glitt in sie und aus ihr heraus. Ein dünner Ast drückte gegen ihr Knie, bis es blutete, doch selbst das schien sie nur noch weiter anzuheizen und das Stadium purer Empfindungen zu intensivieren. Lust, Schmerz – es war egal. Das eine nährte das andere und zog sie immer weiter hinaus auf den schwarzen Ozean der Seligkeit.

„Trink“, befahl er ihr, packte ihren Kopf und drückte ihren Mund an seinen Hals.

Ihre Zähne waren bereits messerscharf. Sie zögerte keinen Augenblick. Er brüllte laut und lange, und sie saugte die warme Flüssigkeit tief in ihre Kehle, wobei ihre Zunge über seine Haut tänzelte. Wie eine Droge wirkte sein Lebenssaft auf sie. Die Wärme begann zu sieden, zu blubbern, ihre Venen anzusengen. Schon bald zitterte sie und wand sich auf ihm.

„Mehr“, sagte sie. Sie wollte alles, was er hatte, jeden Tropfen. Musste es haben. Sie würde … ihn umbringen, wie ihr schlagartig klar wurde. Also zwang sie sich, sich aufrecht hinzusetzen. Er rutschte noch tiefer in sie hinein, und sie erzitterte. „Ich hätte fast zu viel getrunken.“

„Nicht doch.“

„Du hättest …“

„Keine Sorge. Und jetzt gib mir mehr. Alles, wie du gesagt hast.“

Hoch und runter, sie ritt ihn hemmungslos. Er presste seine Fingerkuppen so tief in ihre Haut, dass sie fast eingerissen wäre. Ihre Angst, ihn zu verletzen, war verschwunden. Nur das alles andere verschlingende Gefühl des Verlangens war geblieben.

„Ja, genau. So ist es gut. Guuut …“ Er atmete schwer, rieb sich an ihr, streichelte mit dem Daumen ihre Klitoris. „Ich will nicht … dass es aufhört.“

Das wollte sie auch nicht. Nichts hatte sie je so verzehrt wie das. Nichts hatte ihren Körper und Geist je so an den Punkt getrieben, an dem alles andere egal war. Womöglich fanden ihre Schwestern sie, suchten sogar in diesem Moment nach ihnen. Schnell, wie sie waren, könnten sie schon längst hier sein. Ich kann nicht aufhören. Ich brauche mehr.

Ihr Kopf fiel in den Nacken, ihre Haarspitzen streiften seine Brust. Er umfasste ihre Brüste, massierte sie und drückte leicht gegen ihren Oberkörper, damit sie sich weiter nach hinten lehnte. Sie fügte sich und stützte sich mit den Händen auf seinen Oberschenkeln ab.

„Dreh dich um“, befahl er rau. „Jetzt will ich dein Blut.“

Vielleicht zögerte sie zu lange – was genau wollte er? Hatte sie sich verhört? Er nahm ihre Knie, hob sie etwas hoch und drehte sie um, ohne aus ihr zu gleiten. Als sie in die andere Richtung blickte, legte er ihr die Finger um den Hals und zog sie nach unten. Ihr Rücken lag auf seiner Brust. Im nächsten Augenblick waren seine Zähne in ihrem Hals, und sie zuckte wild und schrie vor Lust.

Er trank nicht lange, gerade genug, um selbst zu kommen. Mit seinen Hüftbewegungen trieb er sich tief in sie hinein, und mit einer Hand, die flach auf ihrem Bauch lag, drückte er sie fest an sich. Es war unvergleichlich. Nichts war so wild, so lebensnotwendig, so befreiend. Verloren in der Glückseligkeit eines weiteren Höhepunkts, flogen sie und die Harpyie durch den Himmel.

Eine Ewigkeit verging, ehe sie zusammensank, vollkommen verausgabt und unfähig zu atmen. Ihre Brust war viel zu eng. Auch Sabin atmete unregelmäßig, und sein Griff hatte sich gelockert.

Die Harpyie war still, wahrscheinlich war sie bewusstlos. Gwen rollte sich nicht von ihm herunter, obwohl auch sie am liebsten in Ohnmacht gefallen wäre. Sie hatte sich so lange gegen den Schlaf gewehrt – gegen erholsamen Schlaf, der nicht von Schmerzen oder Verletzungen vergiftet wurde –, aber jetzt kroch er in ihr hoch und war fest entschlossen, sie mit Haut und Haar zu verschlingen.

Sie blieb reglos liegen, den Kopf an Sabins Hals gebettet, seine Arme um sie geschlungen, sein Glied immer noch in ihr. Sterne funkelten vor ihren Augen – oder vielleicht war es auch die Sonne, die zwischen den Wolken tanzte.

Was sie gerade getan hatten … die Dinge, die sie getan hatten …

„Ich habe dich doch nicht vergewaltigt, oder?“, fragte sie leise. Ihr brannten die Wangen. Ohne die Wolken der Lust musste sie sich eingestehen, dass sie eifersüchtig gewesen war und ihn dann angegriffen und beschlossen hatte, Sex mit ihm zu haben – ob er es wollte oder nicht.

Er lachte. „Willst du mich auf den Arm nehmen?“

„Na ja, ich war ziemlich grob.“ Ihre Augenlider waren so schwer, dass sie blinzeln musste – zu, auf, zu –, und dann weigerten sie sich, wieder aufzugehen, als wären sie zusammengeklebt. Wenn ihre Schwestern sie schlafend fanden, würden sie ausrasten. Sie wären schwer von ihr enttäuscht, und sie hätten jedes Recht dazu. Hatte sie denn nichts aus ihrer Entführung gelernt?

„Eigentlich warst du perfekt.“

Worte, die sie zum Dahinschmelzen hätten bringen müssen. Stattdessen verkrampfte sie sich, weil sie immer noch mit aller Macht dagegen ankämpfte, einzuschlafen. Nur noch ein bisschen durchhalten. Jedes Mal, wenn sie und Sabin gemeinsam entspannten – es also keinen Ärger zwischen ihnen gab –, meldete sich für gewöhnlich Zweifel zu Wort.

„Stimmt was nicht?“ Sabin war plötzlich beunruhigt.

„Ich habe darauf gewartet, dass Zweifel versucht, mich zu ärgern.“ Waren ihre Worte tatsächlich so undeutlich, wie sie in ihren Ohren klangen? „Du sagst etwas Nettes, und schon klopft er an meine Tür, um mir zu erklären, warum du dich irrst.

Sabin drückte ihr einen zärtlichen Kuss auf den Hals. „Ich vermute, er hat Angst vor deiner Harpyie. Wenn sie rauskommt, verzieht er sich.“ Am Schluss hatten sich Freude und Ehrfurcht in seinen Ton gemischt, als hätte er mit seinen Worten irgendeine Entscheidung gefällt. Aber welche?

„Jemand, der Angst vor mir hat?“ Sie lächelte träge. „Das hört sich gut an.“

„Finde ich auch.“ Er streichelte sie zwischen den Brüsten, seine Fingerspitzen streiften ihre Brustwarze. „Haben Harpyien irgendwelche Schwächen, von denen ich wissen sollte?“

Ja, aber das zuzugeben käme dem Bitten um Bestrafung gleich. Ihre Schwestern würden sie genauso verstoßen, wie ihre Mutter es getan hatte. Sie hätten keine andere Wahl. Es war eine Regel, die nicht gebrochen werden konnte. Die Lethargie zerstückelte ihre Gedanken, bevor Gwen zu einer Schlussfolgerung kam. Leidenschaftlich gähnend kuschelte sie sich noch fester an ihn und driftete davon … ohne aufzuhören zu kämpfen …

„Gwen?“

Es war nur ein sanftes Flehen, doch es pochte in ihr, und sie hielt sich daran fest wie an einem rettenden Strohhalm. „Ja?“

„Ich konnte dir einen Moment nicht mehr folgen. Du hast mir gerade von der größten Schwäche der Harpyien erzählt.“

Hatte sie? „Warum willst du das wissen?“

„Ich will nur, dass du in Sicherheit bist. Dass niemand deine Schwäche gegen dich einsetzen kann.“

Gute Idee. Ich kann nicht glauben, dass du das wirklich in Erwägung ziehst. Aber es war doch Sabin – der Mann, der sie eben noch überall geküsst und berührt hatte. Der Mann, der sie stark und unbesiegbar sehen wollte. Und ihr gefiel es ja auch nicht, dass sie diese Schwäche hatte. Ihretwegen hatten die Jäger sie überwältigen können, auch wenn ihnen nie richtig klar gewesen war, was sie eigentlich getan hatten. Es war diese Schwäche, die sie jedes Mal mit Sorge erfüllte, wenn ihre Schwestern beschlossen, ihre Dienste gegen Bezahlung anzubieten.

„Du kannst es mir sagen“, meinte er. „Ich werde es nicht benutzen, um dir wehzutun. Ich schwöre es.“

Einst hatte er ihr gestanden, seine Ehre zu verraten, wenn er dadurch eine Schlacht gewinnen könnte. Würde er seinen Schwur brechen? Sie seufzte und fiel noch ein Stück tiefer in die Schwärze. Bleib wach. Du musst wach bleiben. Das Ganze lief auf eine zentrale Entscheidung hinaus: ihm vertrauen oder nicht. Er wünschte sich so verzweifelt, dass sie ihm bei der Vernichtung seines Feindes half. Auf keinen Fall würde er das aufs Spiel setzen, indem er sie verriet.

„Unsere Flügel. Zerbrich sie, schneide sie ab, binde sie zusammen, und wir sind machtlos. So haben mich auch die Jäger erwischt. Sie wussten es zwar nicht, aber als sie mich in die Decke eingewickelt haben, um mich abzutransportieren, haben sie meine Flügel bewegungsunfähig gemacht und mich dadurch geschwächt.“

Er drückte sie. Tröstend? „Vielleicht können wir irgendetwas entwerfen, das sie schützt, sie gleichzeitig aber nicht in ihrer Bewegungsfreiheit einschränkt. Aber du wirst auch mit zusammengebundenen Flügeln trainieren müssen. Das ist der einzige Weg, um …“

Seine Stimme verlor sich in der Dunkelheit, die dichter denn je war. Oh Herr, in der vergangenen Stunde hatte sie so viele schlimme Dinge getan. Sie hatte ihm ihren Körper überlassen und sich an ihn gekuschelt, als wäre er ein gemütliches Sofa. Harpyien-Regel: danach immer gehen!

Wenn sie einschlief, musste Sabin sie aus dem Wald und an ihren Schwestern vorbeitragen, die sie schlafend und verwundbar sehen würden. Also genau das, wovor sie sich fürchtete.

Ich bin in jeder Hinsicht eine Niete.

„Sie dürfen … mich … nicht so … sehen“, brachte sie noch hervor, ehe sie ins Vergessen sank.