An dem Tag, an dem wir Luthers Schwester Sylla Caleb Mitchell in Portland, Maine, besuchten, war strahlendes Wetter. Es war Freitag, der 18. Juli 2008. Die Mitchells bewohnten ein schmuckes Haus in einem Wohnviertel nahe der Anhöhe, auf der das Zentrum der Stadt liegt. Sylla empfing uns in der Küche. Bei unserem Eintreffen standen auf dem Tisch zwei identische Kaffeetassen dampfend bereit, daneben lag ein Stoß Fotoalben.

Gahalowood hatte sie am Abend zuvor erreicht. Auf der Fahrt von Concord nach Portland erzählte er mir, dass er am Telefon den Eindruck gehabt habe, sie hätte mit seinem Anruf gerechnet. »Ich habe mich ihr als Polizist vorgestellt und gesagt, dass ich in den Mordfällen Deborah Cooper und Nola Kellergan ermittle und sie treffen müsse, um ihr ein paar Fragen zu stellen. Normalerweise werden die Menschen nervös, wenn sie den Ausdruck State Police hören. Sie wollen wissen, was los ist und was sie mit der Sache zu tun haben. Aber Sylla Mitchell hat einfach nur geantwortet: Kommen Sie morgen, wann Sie wollen. Ich bin den ganzen Tag zu Hause. Es ist wichtig, dass wir uns mal unterhalten

In ihrer Küche nahm sie uns gegenüber Platz. Sie war eine schöne Frau um die fünfzig, die sich gut gehalten hatte, eine elegante Erscheinung und zweifache Mutter. Ihr ebenfalls anwesender Mann blieb im Hintergrund stehen, als befürchtete er, er könnte aufdringlich wirken.

»Und?«, fragte sie. »Ist das alles wahr?«

»Was meinen Sie?«, fragte Gahalowood zurück.

»Was man in der Zeitung liest … All diese grauenhaften Dinge über dieses arme Mädchen aus Aurora.«

»Ja. Die Presse hat zwar alles ein wenig verzerrt, aber die Fakten entsprechen der Wahrheit. Mrs Mitchell, Sie haben gestern nicht den Eindruck gemacht, als hätte mein Anruf Sie überrascht …«

Sie wirkte bekümmert. »Wie ich Ihnen gestern schon am Telefon gesagt habe«, sagte sie, »standen in der Zeitung zwar keine Namen, aber ich habe auch so begriffen, dass mit E. S. Elijah Stern gemeint war. Und Luther war sein Fahrer.« Sie holte einen Zeitungsausschnitt hervor und las ihn laut vor, als könnte sie dadurch besser verstehen, was ihr unbegreiflich war. »E. S., einer der reichsten Männer von New Hampshire, schickte seinen Fahrer, um Nola im Stadtzentrum abzuholen und zu ihm nach Concord zu bringen. Dreiunddreißig Jahre später erzählt eine Freundin von Nola, die damals noch ein halbes Kind war, dass sie eines Tages ein solches Treffen zwischen Nola und dem Fahrer miterlebt habe und Nola eingestiegen sei, als ginge es zum Schafott. Die Zeugin beschrieb den Fahrer als furchteinflößenden Kerl mit kräftiger Statur und entstelltem Gesicht. Der Beschreibung nach kann das nur mein Bruder sein.« Sie verstummte und musterte uns erwartungsvoll.

Gahalowood legte die Karten auf den Tisch. »Wir haben bei Elijah Stern ein Gemälde gefunden, das Nola Kellergan mehr oder weniger nackt zeigt«, erklärte er. »Stern zufolge hat Ihr Bruder es gemalt. Offenbar hatte Nola eingewilligt, sich gegen Geld malen zu lassen. Luther holte sie in Aurora ab und fuhr sie zu Stern nach Concord. Was sich dort genau abspielte, entzieht sich unserer Kenntnis, aber auf jeden Fall hat Luther ein Bild von ihr gemalt.«

»Er malte viel!«, rief Sylla aus. »Er war sehr begabt und hätte als Maler Karriere machen können. Haben Sie … Haben Sie ihn im Verdacht, das Mädchen getötet zu haben?«

»Sagen wir, er steht auf der Liste der Verdächtigen«, erwiderte Gahalowood.

Eine Träne lief über Syllas Wange. »Wissen Sie, Sergeant, ich erinnere mich noch an den Tag, an dem er umgekommen ist. Es war ein Freitag Ende September. Ich war kurz vorher einundzwanzig geworden. Wir haben einen Anruf von der Polizei erhalten, in dem man uns mitteilte, dass Luther bei einem Autounfall ums Leben gekommen war. Ich erinnere mich noch, wie das Telefon geklingelt und meine Mutter abgehoben hat. Mein Vater und ich standen um sie herum. Meine Mutter hat den Anruf entgegengenommen und uns zugeflüstert: Es ist die Polizei. Sie hat aufmerksam zugehört und dann Okay gesagt. Diesen Augenblick werde ich nie vergessen. Da erzählt ihr ein Polizeibeamter am anderen Ende der Leitung, dass ihr Sohn tot ist. Er sagt etwas in der Art wie Madam, ich habe die traurige Pflicht, Ihnen mitzuteilen, dass Ihr Sohn bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist, und sie antwortet: Okay. Danach hat sie aufgelegt, uns angesehen und gesagt: Er ist tot.«

»Was war passiert?«, fragte Gahalowood.

»Ein Sturz aus zwanzig Meter Höhe von den Klippen bei Sagamore in Massachusetts. Angeblich war er betrunken. Die Strecke ist kurvenreich und nachts unbeleuchtet.«

»Wie alt war er?«

»Dreißig … Er war damals dreißig. Mein Bruder war ein guter Mensch, aber … Wissen Sie, ich bin froh, dass Sie hier sind. Ich glaube, ich sollte Ihnen etwas erzählen, was wir vielleicht schon vor dreiunddreißig Jahren hätten erzählen sollen.«

Mit bebender Stimme schilderte uns Sylla, was am Samstag, den 30. August 1975, gute drei Wochen vor dem Unfall, vorgefallen war.

30. August 1975, Portland, Maine

An jenem Abend wollte die Familie Caleb in Syllas Lieblingsrestaurant Horse Shoe essen gehen, um ihren einundzwanzigsten Geburtstag am 1. September vorzufeiern. Jay Caleb, ihr Vater, hatte als Überraschung den Bankettraum im ersten Stock des Restaurants reserviert und all ihre Freunde sowie ein paar Verwandte eingeladen, insgesamt dreißig Personen, darunter auch Luther.

Um achtzehn Uhr fuhren die Calebs – Jay, die Mutter Nadia und Sylla – zum Restaurant. Die anderen Gäste erwarteten Sylla bereits und ließen sie bei ihrer Ankunft hochleben. Das Fest begann: Es gab Musik und Champagner. Nur Luther fehlte noch. Der Vater dachte zuerst, er sei unterwegs aufgehalten worden. Aber um neunzehn Uhr dreißig, als das Abendessen serviert wurde, war sein Sohn immer noch nicht da. Es war nicht Luthers Art, zu spät zu kommen, und Jay begann sich Sorgen zu machen. Er versuchte Luther in seiner Dienstwohnung auf Sterns Anwesen anzurufen, aber es hob niemand ab.

Luther verpasste das Abendessen, den Kuchen, den Tanz. Um ein Uhr morgens fuhren die Calebs schweigend nach Hause. Sie waren besorgt, denn Luther würde um nichts auf der Welt leichtfertig die Geburtstagsfeier seiner Schwester verpassen. Zu Hause stellte Jay im Wohnzimmer in einem Reflex das Radio an. In den Nachrichten wurde über einen groß angelegten Polizeieinsatz in Aurora nach dem Verschwinden eines fünfzehnjährigen Mädchens berichtet. Der Name »Aurora« war ihnen vertraut. Luther hatte erzählt, dass er sich dort oft um die Rosen im Garten eines wunderschönen, am Meer gelegenen Hauses kümmerte, das Elijah Stern gehörte. Jay Caleb hielt es für einen Zufall. Aufmerksam hörte er sich die restlichen Nachrichten an und anschließend auch noch die auf ein paar anderen Radiosendern, um herauszufinden, ob sich in der Gegend ein Verkehrsunfall ereignet hatte, aber es wurde nichts dergleichen gemeldet. Beunruhigt blieb er die halbe Nacht auf, weil er nicht wusste, ob er die Polizei verständigen, zu Hause warten oder die Strecke nach Concord abfahren sollte. Schließlich schlief er im Wohnzimmer auf dem Sofa ein.

Da er am nächsten Morgen noch immer nichts von Luther gehört hatte, rief er in aller Frühe Elijah Stern an und fragte nach seinem Sohn. »Luther?«, entgegnete Stern. »Der ist nicht da. Er hat Urlaub genommen. Hat er Ihnen das nicht erzählt?«

Das war sehr seltsam. Warum hätte Luther verreisen sollen, ohne ihnen etwas davon zu sagen? Besorgt und weil er nicht länger untätig bleiben wollte, beschloss Jay Caleb, sich auf die Suche nach seinem Sohn zu machen.

Bei der Erinnerung an diese Geschehnisse begann Sylla Mitchell zu zittern. Abrupt stand sie auf und machte frischen Kaffee.

»An jenem Tag ist mein Vater nach Concord gefahren, und meine Mutter ist zu Hause geblieben für den Fall, dass Luther auftauchte. Ich habe mich mit ein paar Freundinnen getroffen, und als ich abends nach Hause kam, saßen meine Eltern im Wohnzimmer und redeten miteinander. Ich habe gehört, wie mein Vater zu meiner Mutter gesagt hat: Ich glaube, Luther hat eine Riesendummheit begangen. Ich habe gefragt, was los sei, und er hat mir befohlen, niemandem zu erzählen, dass Luther verschwunden war, vor allem nicht der Polizei. Er wollte es selbst in die Hand nehmen, ihn zu finden. Er hat ihn drei Wochen lang vergeblich gesucht – bis zum Tag des Anrufs.« Sie unterdrückte ein Schluchzen.

»Was war passiert, Mrs Mitchell?«, fragte Gahalowood behutsam. »Warum glaubte Ihr Vater, dass Luther eine Dummheit begangen hatte? Warum wollte er nicht die Polizei rufen?«

»Das ist kompliziert, Sergeant. Es ist alles so kompliziert …«

Sie schlug die Fotoalben auf und erzählte uns von ihrer Familie: von Jay, ihrem sanftmütigen Vater, und von ihrer Mutter Nadia, einer ehemaligen Miss Maine, die ihren Kindern den Sinn für das Schöne mitgegeben hatte. Luther war neun Jahre älter als Sylla. Beide waren sie in Portland geboren worden.

Sie zeigte uns Fotos aus ihrer Kindheit: das Elternhaus, die Ferien in Colorado, das riesige Lager des väterlichen Unternehmens, in dem Luther und sie ganze Sommer verbracht hatten. Auf einer Reihe von Fotos aus dem Jahr 1963 war die Familie im Yosemite-Nationalpark zu sehen. Mit achtzehn war Luther ein schlanker, eleganter, gutaussehnder junger Mann gewesen. Dann sahen wir eine Aufnahme von Syllas zwanzigstem Geburtstag im Jahr 1974. Die Personen darauf waren gealtert: Jay, der stolze Familienvater, war mittlerweile um die sechzig und hatte einen Bauch, die Mutter hatte Falten im Gesicht, gegen die sie nicht mehr ankam, Luther war fast dreißig, sein Gesicht war entstellt.

Lange betrachtete Sylla dieses letzte Bild. »Davor waren wir eine prächtige Familie«, meinte sie. »Davor waren wir so glücklich.«

»Vor was?«, fragte Gahalowood.

Sie sah ihn an und erwiderte, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt: »Vor dem Überfall.«

»Was für ein Überfall?«, fragte Gahalowood. »Ich bin nicht im Bilde.«

Sylla legte die beiden Fotos ihres Bruders nebeneinander. »Es passierte im Herbst nach unserem Urlaub im Yosemite-Nationalpark. Sehen Sie sich dieses Foto an … Sehen Sie, was für eine blendende Erscheinung er war! Luther war ein ganz besonderer junger Mann. Er liebte die Kunst und war ein begabter Maler. Nach der Highschool war er von der Kunstakademie in Portland aufgenommen worden. Alle sagten, dass er großes Talent hatte. Als der Vietnamkrieg ausbrach, wurde er zur Armee eingezogen, aber nach seiner Rückkehr wollte er dann Kunst studieren und heiraten. Verlobt war er bereits. Sie hieß Eleanore Smith, er kannte sie von der Highschool. Glauben Sie mir, er war ein glücklicher junger Mann – bis zu jenem Abend im September 1964.«

»Was ist an jenem Abend passiert?«

»Haben Sie schon mal von der Field-Goals-Bande gehört, Sergeant?«

»Field-Goals-Bande? Nein, noch nie.«

»So hat die Polizei eine Gruppe von Rowdys genannt, die damals die Gegend unsicher machte.«

September 1964

Es war gegen zweiundzwanzig Uhr. Luther hatte den Abend bei Eleanore verbracht und machte sich zu Fuß auf den Heimweg. Am nächsten Tag sollte er zur Armee einrücken. Eleanore und er hatten gerade beschlossen, dass sie nach seiner Rückkehr heiraten wollten. Sie hatten sich Treue gelobt und sich zum ersten Mal in Eleanores schmalem Jugendbett geliebt, während ihre Mutter ihnen in der Küche Plätzchen backte.

Nachdem Luther das Haus der Smiths verlassen hatte, drehte er sich noch einige Male um. Im Schein der Straßenlaternen hatte er Eleanore auf der Vorderveranda stehen sehen: Sie hatte ihm weinend nachgewunken. Jetzt ging er die Lincoln Road entlang, eine zu dieser Uhrzeit wenig befahrene, schlecht beleuchtete Straße, aber es war der kürzeste Weg nach Hause. Drei Meilen Fußmarsch lagen vor ihm. Ein Auto fuhr an ihm vorbei; der Lichtkegel seiner Scheinwerfer leuchtete die Straße bis weit vor ihm aus. Kurz darauf kam hinter ihm ein zweites Fahrzeug angerast. Die offensichtlich ziemlich aufgekratzten Insassen schrien und johlten durchs Fenster, um ihn zu erschrecken. Als Luther nicht darauf reagierte, hielt der Wagen plötzlich ein Stück vor ihm mitten auf der Straße. Luther ging weiter. Was sonst hätte er tun sollen? Auf die andere Straßenseite wechseln?

Als er am Wagen vorbeikam, fragte ihn der Fahrer: »He, du! Bist du von hier?«

»Ja«, antwortete Luther.

Er bekam einen Schwall Bier mitten ins Gesicht.

»Ihr Typen aus Maine seid alle Hinterwäldler!«, brüllte der Fahrer.

Die anderen Insassen johlten. Insgesamt waren sie zu viert, aber Luther konnte ihre Gesichter im Dunkeln nicht erkennen. Er schätzte sie jung ein, zwischen fünfundzwanzig und dreißig; sie wirkten betrunken und sehr aggressiv. Er bekam es mit der Angst und setzte mit klopfendem Herzen seinen Weg fort. Er schlug sich nicht gern und wollte keinen Streit.

»He!«, pöbelte ihn der Fahrer an. »Wohin willst du, du kleiner Hinterwäldler?«

Luther antwortete nicht, sondern legte einen Schritt zu.

»Komm zurück! Na los! Wir werden dir zeigen, wie man mit kleinen Pissern wie dir umspringt!«

Luther hörte, wie die Wagentüren aufgingen und der Fahrer schrie: »Gentlemen, die Jagd auf Hinterwäldler ist eröffnet! Hundert Dollar für den, der ihn fängt!«

Luther rannte los, so schnell er konnte. Er hoffte, dass ein anderes Auto vorbeifahren würde, aber niemand kam, der ihm hätte helfen können. Einer seiner Verfolger holte ihn ein, stieß ihn zu Boden und rief den anderen zu: »Ich habe ihn! Ich habe ihn! Die hundert Dollar gehören mir!« Alle vier stürzten sich auf Luther und verprügelten ihn nach Strich und Faden. Als er wehrlos auf der Straße lag, rief einer der Angreifer: »Wer hat Lust auf eine Partie Football? Ich schlage ein paar Field Goals * [* Field Goal: Bezeichnet im American Football den Versuch der angreifenden Mannschaft, den auf dem Boden stehenden Ball mit dem Fuß über die Torlatte durch die Torstangen zu kicken und damit Punkte zu erzielen.] vor!« Die anderen stießen begeistertes Gebrüll aus und traten ihm nacheinander mit dem Fuß mit voller Wucht ins Gesicht, als würden sie einen Ball aufs Tor schießen. Als sie genug hatten, ließen sie ihn für tot am Straßenrand liegen. Ein Motorradfahrer entdeckte ihn vierzig Minuten später und rief einen Rettungswagen.

»Nach mehreren Tagen im Koma erwachte Luther. Sein Gesicht war restlos zertrümmert«, erklärte uns Sylla. »Es gab mehrere rekonstruktive Operationsversuche, aber keiner konnte ihm sein früheres Aussehen zurückgeben. Zwei Monate lag er im Krankenhaus. Als er entlassen wurde, war sein Gesicht für immer entstellt, und das Sprechen fiel ihm schwer. Vietnam hatte sich natürlich erledigt, aber das galt auch für alles andere. Er verkroch sich den ganzen Tag im Haus, malte nicht mehr und hatte alles aufgegeben. Nach sechs Monaten löste Eleanore die Verlobung. Sie zog sogar aus Portland weg. Wer konnte es ihr verübeln? Sie war erst achtzehn und hatte keine Lust, sich ihr Leben lang aufopferungsvoll um Luther zu kümmern, der nur noch ein Schatten seiner selbst war und mit seinem Schicksal haderte.«

»Und seine Angreifer?«, fragte Gahalowood.

»Die wurden nie gefasst. Die Bande hatte in der Gegend offenbar schon öfter zugeschlagen und sich bei ihrem Field-Goals-Spielchen immer prächtig amüsiert. Aber bei Luther waren die Kerle besonders brutal vorgegangen, sie hätten ihn beinahe umgebracht. In allen Zeitungen wurde darüber berichtet, und die Polizei rief eine Großfahndung aus. Danach hat man nie wieder von ihnen gehört. Sie hatten wohl Angst, geschnappt zu werden.«

»Wie ist es Ihrem Bruder anschließend ergangen?«

»Luther ist zwei Jahre lang wie ein Gespenst durchs Haus geschlichen und hat keinen Finger mehr gerührt. Mein Vater ist so lange wie möglich in seiner Firma geblieben, und meine Mutter hat es so eingerichtet, dass sie ihre Tage außer Haus verbracht hat. Diese zwei Jahre waren kaum zu ertragen. Doch dann klingelte 1966 eines Tages jemand an der Tür.«

1966

Er zögerte, bevor er die Haustür entriegelte. Er konnte es nämlich nicht ertragen, wenn jemand ihn sah. Doch er war allein zu Hause, und es konnte wichtig sein. Als er die Tür öffnete, sah er einen sehr eleganten Mann in den Dreißigern vor sich.

»Hallo«, begrüßte ihn der Mann. »Tut mir leid, dass ich einfach so klingele, aber mein Wagen ist ungefähr fünfzig Meter von hier liegen geblieben. Du kennst dich nicht zufällig mit Autos aus?«

»Daf kommt drauf an«, erwiderte Luther.

»Nichts Schlimmes, nur ein Plattfuß. Aber ich komme mit dem Wagenheber nicht klar.«

Luther willigte ein, sich die Sache anzusehen. Der Wagen entpuppte sich als ein sündhaft teures Coupé. Es stand knapp hundert Meter vom Haus entfernt am Straßenrand. Ein Nagel hatte sich in den rechten Vorderreifen gebohrt. Der Wagenheber klemmte, weil er nicht gut geschmiert war. Trotzdem schaffte Luther es, damit das Rad zu wechseln.

»Ich bin beeindruckt«, sagte der Mann anerkennend. »Ein Glück, dass ich dir begegnet bin! Was machst du beruflich? Bist du Mechaniker?«

»Nichf. Früher habe ich gemalt. Aber dann hatte ich einen Unfall.«

»Und womit verdienst du deinen Lebensunterhalt?«

»Mit nichf.«

Der Mann musterte ihn kurz und streckte ihm dann die Hand hin. »Ich heiße Elijah Stern. Danke. Du hast was bei mir gut.«

»Lufer Caleb.«

»Freut mich, Luther.«

Sie betrachteten sich einen Moment schweigend. Dann stellte Stern die Frage, die ihn beschäftigte, seit Luther ihm die Tür geöffnet hatte: »Was ist mit deinem Gesicht passiert?«

»Haben Fie fon mal von der Field-Goalf-Bande gehört?«

»Nein.«

»Daf find Typen, die andere auf Fpaf überfallen. Sie treten ihren Opfern mit dem Fuf inf Geficht, alf wäre ef ein Ball.«

»Mein Gott, wie furchtbar! Das tut mir leid.«

Luther hob schicksalsergeben die Achseln.

»Lass dich nicht unterkriegen!«, riet Stern ihm freundschaftlich. »Wenn das Leben dir einen Tiefschlag verpasst, zeig ihm die Zähne! Hast du vielleicht Lust auf einen Job? Ich suche jemanden, der sich um meine Autos kümmert und als Fahrer für mich arbeitet. Du gefällst mir. Wenn dich das Angebot reizt, stelle ich dich ein.«

Eine Woche später zog Luther ins Dienstbotenhaus auf dem riesigen Besitz der Sterns in Concord.

Sylla fand, dass die Begegnung mit Stern für ihren Bruder ein Geschenk des Himmels gewesen war. »Dank Stern ist Luther wieder zum Menschen geworden«, erklärte sie. »Er hatte Arbeit und wurde dafür bezahlt. Und vor allem fing er wieder mit dem Malen an. Stern und er verstanden sich sehr gut. Luther war zwar sein Fahrer, aber auch seine rechte Hand, ja fast so etwas wie ein Freund, würde ich sagen. Stern hatte kurz zuvor die Geschäfte seines Vaters übernommen. Er lebte allein in diesem Herrenhaus, das viel zu groß für ihn war. Ich glaube, er freute sich über Luthers Gesellschaft. Sie hatten eine starke Verbindung zueinander. Luther ist neun Jahre lang in seinen Diensten geblieben, bis zu seinem Tod.«

»Mrs Mitchell, was für ein Verhältnis hatten Sie zu Ihrem Bruder?«

»Luther war ein ganz besonderer Mensch. So sanft! Er liebte Blumen, und er liebte die Kunst. Er hätte nicht als gewöhnlicher Chauffeur enden dürfen. Nichts gegen Chauffeure, aber Luther war etwas Besseres! Er besuchte uns sonntags oft zum Mittagessen. Er kam vormittags, verbrachte den Tag mit uns und fuhr abends zurück nach Concord. Ich liebte diese Sonntage, vor allem wenn er zum Malen in sein ehemaliges Zimmer ging, das er zum Atelier umfunktioniert hatte. Er besaß enormes Talent. Sobald er zu zeichnen begann, ging von ihm eine wilde Schönheit aus. Ich setzte mich hinter ihn auf einen Stuhl und sah ihm dabei zu. Ich beobachtete, wie die Striche zuerst chaotische Formen bildeten, die sich schließlich in unfassbar realistische Darstellungen verwandelten. Anfangs wirkte es so, als würde er einfach drauflosmalen, aber plötzlich entstand inmitten des Gekritzels ein Bild, bei dem jede einzelne Linie saß. Es war einfach unglaublich. Ich habe zu ihm gesagt, dass er mit dem Zeichnen weitermachen, auf die Kunstakademie gehen und seine Bilder ausstellen soll, aber davon wollte er nichts mehr wissen – wegen seines Gesichts, seiner Aussprache, wegen allem. Vor dem Überfall hatte er immer gesagt, dass er malt, weil es in ihm steckt. Als er endlich wieder damit anfing, hat er gesagt, dass er malt, um nicht mehr so einsam zu sein.«

»Dürften wir ein paar von seinen Bildern sehen?«, fragte Gahalowood.

»Ja, selbstverständlich. Mein Vater hat so eine Art Sammlung angelegt, sie umfasst sämtliche Gemälde, die Luther bei uns in Portland gelassen hat, und auch die, die wir nach seinem Tod aus seinem Zimmer bei Stern geholt haben. Er meinte, dass man sie vielleicht eines Tages einem Museum schenken könnte, aber letztlich hat er sie lediglich gehortet. Seit dem Tod meiner Eltern bewahre ich sie hier bei mir auf.«

Sylla führte uns in den Keller, wo einer der Vorratsräume mit großen Holzkisten vollgestellt war. Mehrere große Gemälde ragten aus ihnen heraus, während sich in ihrem Innern gerahmte Zeichnungen und Skizzen stapelten. Die schiere Menge war beeindruckend.

»Es ist ein riesiges Durcheinander«, entschuldigte sie sich. »Ein Wust aus Erinnerungen. Ich habe mich nicht getraut, etwas wegzuwerfen.«

Beim Herumstöbern stieß Gahalowood auf ein Gemälde, das eine blonde junge Frau darstellte.

»Das ist Eleanore«, erklärte Sylla. »Diese Bilder stammen aus der Zeit vor dem Überfall. Er liebte es, Eleanore zu malen. Er sagte, er könnte sie sein ganzes Leben lang malen.«

Eleanore war eine hübsche blonde junge Frau. Und das Verblüffendste: Sie sah Nola sehr ähnlich. Es gab noch zahlreiche Porträts mehrerer anderer, durch die Bank blonder Frauen, die dem Datum nach alle aus der Zeit nach dem Überfall stammten.

»Wer sind die Frauen auf diesen Bildern?«, erkundigte sich Gahalowood.

»Das weiß ich nicht«, erwiderte Sylla. »Wahrscheinlich sind sie Luthers Phantasie entsprungen.«

In diesem Augenblick entdeckten wir eine Reihe von Kohlezeichnungen. Auf einer von ihnen glaubte ich das Innere des Clark’s mit einer schönen, aber traurigen Frau an der Theke zu erkennen. Die Ähnlichkeit mit Jenny war frappierend, aber ich hielt sie für einen Zufall, bis ich die Zeichnung umdrehte und die Aufschrift auf der Rückseite las: Jenny Quinn, 1974. Ich fragte: »Warum war Ihr Bruder geradezu besessen davon, blonde Frauen zu malen?«

»Ich habe wirklich keine Ahnung«, sagte Sylla.

Gahalowood sah sie mit sanftem, aber auch strengem Blick prüfend an und sagte dann: »Mrs Mitchell, es ist Zeit, uns zu sagen, warum Ihr Vater am Abend des 31. August 1975 meinte, dass Luther eine Dummheit begangen hatte.«

Sie nickte.

31. August 1975

Als Jay Caleb um neun Uhr morgens den Hörer auflegte, war ihm klar, dass etwas nicht stimmte. Elijah Stern hatte ihm gerade mitgeteilt, dass Luther für unbestimmte Zeit Urlaub genommen hatte. »Sie suchen Luther?«, hatte Stern verwundert gefragt. »Er ist nicht hier. Ich dachte, das wüssten Sie.« – »Nicht hier? Aber wo ist er dann? Wir haben ihn gestern zur Geburtstagsfeier seiner Schwester erwartet, aber er ist nicht gekommen. Ich mache mir große Sorgen. Was genau hat er zu Ihnen gesagt?« – »Dass er wohl nicht länger für mich arbeiten kann. Das war am Freitag.« – »Nicht länger für Sie arbeiten? Aber wieso?« – »Das weiß ich auch nicht. Ich dachte, Sie wüssten es.«

Kaum hatte Jay aufgelegt, griff er erneut zum Hörer, um die Polizei anzurufen, aber er führte die Bewegung nicht zu Ende. Ein ungutes Gefühl beschlich ihn. In diesem Moment erschien seine Frau Nadia im Büro. »Was hat Stern gesagt?«, wollte sie wissen.

»Dass Luther am Freitag gekündigt hat.«

»Gekündigt? Wieso das?«

Jay seufzte. Die kurze Nacht steckte ihm in den Knochen. »Ich habe keine Ahnung«, antwortete er. »Ich weiß nicht, was das zu bedeuten hat. Ich verstehe gar nichts mehr … Ich muss ihn suchen gehen.«

»Aber wo?«

Er zuckte mit den Schultern, denn er hatte nicht die leiseste Ahnung.

»Du bleibst hier«, befahl er Nadia, »für den Fall, dass er auftaucht. Ich rufe dich stündlich an, um dich auf dem Laufenden zu halten.«

Er schnappte sich die Schlüssel seines Pick-ups und fuhr los, ohne zu wissen, wo er mit der Suche anfangen sollte. Schließlich entschied er sich, nach Concord zu fahren. Er kannte die Stadt kaum und irrte mit dem Wagen ziellos durch die Straßen. Er fühlte sich ziemlich hilflos. Mehrmals kam er an einem Polizeirevier vorbei. Am liebsten hätte er angehalten und die Beamten um Unterstützung gebeten, aber jedes Mal, wenn er es in Erwägung zog, riet ihm seine innere Stimme davon ab. Am Ende fuhr er zu Elijah Stern. Der war zwar nicht zu Hause, aber ein Angestellter führte ihn zum Zimmer seines Sohns. Jay hoffte, dass Luther eine Nachricht hinterlassen hatte, doch er fand nichts dergleichen. Das Zimmer war aufgeräumt, und es gab weder einen Brief noch sonst einen Hinweis, der seine Abreise erklärt hätte.

»Hat Luther irgendetwas zu Ihnen gesagt?«, fragte Jay den Angestellten, der ihn begleitet hatte.

»Nein. Ich war die letzten beiden Tage nicht hier, aber man hat mir gesagt, dass Luther vorerst nicht mehr hier arbeiten wird.«

»Nicht mehr hier arbeiten? Hat er nun Urlaub genommen oder gekündigt?«

»Das kann ich Ihnen nicht sagen, Sir.«

Diese ganze Verwirrung um Luther war sehr seltsam. Jay war mittlerweile überzeugt, dass etwas Schlimmes passiert war, sonst wäre sein Sohn nicht sang- und klanglos verschwunden. Er verließ Sterns Anwesen und fuhr zurück in die Stadt. Dort hielt er an einem Restaurant, um seine Frau anzurufen und schnell ein Sandwich zu essen. Nadia teilte ihm mit, dass sie noch immer nichts von Luther gehört hatte. Beim Essen blätterte Jay die Zeitung durch, doch darin war nur von den Ereignissen in Aurora die Rede.

»Was ist das mit dem verschwundenen Mädchen für eine Geschichte?«, fragte er den Wirt des Lokals.

»Das ist eine ganz üble Sache …In einem Kaff eine Autostunde von hier entfernt sind eine arme alte Frau ermordet und ein fünfzehnjähriges Mädchen entführt worden. Die Polizei von ganz New Hampshire sucht nach der Kleinen …«

»Wie kommt man nach Aurora?«

»Sie fahren die 101 Richtung Osten. Sobald Sie ans Meer kommen, folgen Sie der Route 1 Richtung Süden, und schon sind Sie da.«

Einer dunklen Vorahnung folgend, fuhr Jay Caleb nach Aurora. Auf der Route 1 wurde er zweimal von Polizeisperren aufgehalten, und als er wenig später am dichten Wald von Side Creek entlangfuhr, offenbarte sich ihm das ganze Ausmaß der Suchaktion: Dutzende Einsatzfahrzeuge, ein Heer von Polizisten, Hundestaffeln und jede Menge Hektik. Er fuhr in die Stadtmitte und parkte kurz hinter dem Jachthafen in der Hauptstraße vor einem brechend vollen Diner. Jay ging hinein und setzte sich an die Theke. Eine bildhübsche junge Blondine brachte ihm den Kaffee. Für den Bruchteil einer Sekunde bildete er sich ein, sie zu kennen, obwohl er noch nie zuvor im Leben hier gewesen war. Er betrachtete sie, sie lächelte ihm zu, dann sah er ihr Namensschild. Darauf stand: Jenny. Und plötzlich begriff er: Die Frau auf einer Kohlezeichnung von Luther, die ihm besonders gut gefiel, das war sie! Er wusste genau, dass auf der Rückseite stand: Jenny Quinn, 1974.

»Kann ich Ihnen behilflich sein, Sir?«, erkundigte sich Jenny. »Sie wirken so verloren.«

»Ich … Das ist ja entsetzlich, was hier passiert ist …«

»Wem sagen Sie das? Man weiß immer noch nicht, was mit der Kleinen passiert ist. Sie ist noch so jung, gerade mal fünfzehn! Ich kenne sie gut. Sie arbeitet samstags hier und heißt Nola Kellergan.«

»Wie … Wie heißt sie, haben Sie gesagt?«, stotterte Jay und hoffte, sich verhört zu haben.

»Nola. Nola Kellergan.«

Als er diesen Namen abermals hörte, war ihm, als täte sich der Boden unter seinen Füßen auf. Ihm wurde kotzübel. Er musste hier weg. Weit weg. Er legte zehn Dollar auf die Theke und verließ fluchtartig das Lokal.

Als er sein Haus betrat, sah Nadia ihrem Mann die Bestürzung sofort an. Sie eilte ihm entgegen, und er brach in ihren Armen regelrecht zusammen.

»Mein Gott, Jay, was ist passiert?«

»Weißt du noch, wie Luther und ich vor drei Wochen zusammen angeln gegangen sind?«

»Ja. Ihr habt dann diese ungenießbaren Forellenbarsche mitgebracht. Aber warum fragst du?«

Jay erzählte seiner Frau von jenem Tag. Es war Sonntag, der 10. August 1975, gewesen. Luther war am Abend zuvor nach Portland gekommen, weil sie frühmorgens zum Angeln an einen kleinen See fahren wollten. Es war ein schöner Tag gewesen, die Fische hatten gut angebissen, und sie hatten sich ein ruhiges Fleckchen ausgesucht, wo niemand sie störte. Sie hatten ein Bier getrunken und über das Leben geredet.

»Ich muff dir waf fagen, Dad«, hatte Luther gesagt. »Ich habe eine ganf befondere Frau kennengelernt.«

»Wirklich?«

»Wenn ich ef dir doch fage! Fie ift nicht wie die anderen. Wenn ich fie fehe, flägt mein Herz höher, und weift du waf? Fie liebt mich. Daf hat fie mir gefagt. Irgendwann werde ich fie dir vorftellen. Ich bin ficher, daff fie dir fehr gefallen wird.«

Jay hatte gelächelt. »Und hat die junge Frau auch einen Namen?«

»Nola, Dad. Fie heift Nola Kellergan.«

»Nola Kellergan ist der Name des Mädchens, das in Aurora entführt wurde!«, sagte Jay Caleb zu seiner Frau. »Ich glaube, Luther hat eine Riesendummheit begangen.«

In diesem Moment kam Sylla nach Hause. Sie hörte die Worte ihres Vaters. »Was soll das heißen?«, rief sie. »Was hat Luther getan?« Ihr Vater erklärte ihr die Lage und befahl ihr, keinem je etwas davon zu erzählen. Niemand sollte einen Zusammenhang zwischen Luther und Nola herstellen. Er suchte die ganze Woche nach seinem Sohn. Zuerst klapperte er Maine ab, dann die gesamte Küste von Kanada bis hinunter nach Massachusetts. Er suchte die entlegensten Winkel, die Seen und Hütten auf, die sein Sohn besonders mochte. Vielleicht hatte er sich dort in panischer Angst verkrochen wie ein von der Polizei des ganzen Landes gehetztes Tier. Doch er fand keine Spur von Luther. Abend für Abend wartete er auf ihn, horchte auf das leiseste Geräusch. Als die Polizei anrief, um ihn von Luthers Tod in Kenntnis zu setzen, wirkte er fast erleichtert. Er verlangte von Nadia und Sylla, nie wieder über die Angelegenheit zu sprechen, um das Andenken seines Sohns nicht zu beschmutzen.

Als Sylla ihren Bericht beendet hatte, fragte Gahalowood: »Glauben Sie, Ihr Bruder hatte etwas mit Nolas Entführung zu tun?«

»Sagen wir so: Sein Verhalten gegenüber Frauen war merkwürdig. Er malte sie gerne, vor allem Blondinen. Ich weiß, dass er sie manchmal auch heimlich an öffentlichen Plätzen zeichnete. Ich habe nie verstanden, was er daran fand … Ja, ich könnte mir vorstellen, dass da etwas mit diesem Mädchen war. Mein Vater hat geglaubt, dass Luther die Sicherung durchgebrannt ist, weil die Kleine sich ihm widersetzt hat, und dass er sie ermordet hat. Als die Polizei angerufen hat, um uns zu sagen, dass Luther sich umgebracht hat, hat mein Vater lange geweint. Ich habe ihn zwischen den Tränen hindurch sagen hören: ›Es ist besser, dass er tot ist … Wenn ich ihn gefunden hätte … Ich glaube, ich hätte ihn eigenhändig getötet, um ihm den elektrischen Stuhl zu ersparen.‹«

Gahalowood nickte. Sein Blick fiel auf ein Notizbuch, das sich unter Luthers Sachen befand. »Ist das die Handschrift Ihres Bruders?«

»Ja, in dem Heft stehen Anweisungen für den Rosenschnitt … Luther kümmerte sich auch um Sterns Rosen. Ich weiß nicht, warum ich es aufgehoben habe.«

»Darf ich es mitnehmen?«, fragte Gahalowood.

»Ja, natürlich. Aber ich fürchte, es ist für Ihre Ermittlungen nicht sonderlich interessant. Ich habe darin geblättert: Es ist nur ein Handbuch für Gartenarbeiten.«

Gahalowood nickte. »Ich brauche eine Probe von der Handschrift Ihres Bruders, um sie untersuchen zu lassen, müssen Sie wissen.«